Rede von
Joachim
Gres
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bury, Sie haben zu Beginn in die Debatte den Bankrotteur Jürgen Schneider eingeführt. Lassen Sie mich zunächst sagen, daß ich es außerordentlich begrüße und daß es mich mit Genugtuung erfüllt, daß dieser Herr in der Nacht von gestern auf heute in den USA festgenommen worden ist.
Vor zwei Tagen hat das ZDF ein Statement des Herrn Schneider ausgestrahlt, aus dem ich kurz zitiere. Er sagt:
Genauso wie in all den Jahren vorher sind auch meine Frau und ich nur ein privater Bankkunde und stehen der ungeheuren Macht der Banken gegenüber.
Herr Bury, daß Sie ausgerechnet diesen Herrn, dem verschiedene Banken insgesamt ca. 6 Milliarden DM zur Verfügung gestellt haben, als Zeugen für Ihren Kampf gegen die Bankenmacht anführen,
ist wohl eher in das Reich des Bizarren zu verweisen.
Ausgangspunkt der Überlegung der SPD für ihren Gesetzentwurf ist ihr Befund, daß sich die großen deutschen Geschäftsbanken und Versicherungsgesellschaften durch Ring- und Überkreuzbeteiligungen sowie durch personelle und kapitalmäßige Verflechtungen im Sinne einer gezielten Verschwörungsstrategie zu einer Art „Deutschland-AG" verbunden haben, die sich jeder Kontrolle durch außenstehende Aktionäre oder durch Dritte entziehe, und daß diese „Deutschland-AG" das eigentliche Machtzentrum bilde. Die eigentlich Mächtigen in unserem Lande seien der „Herrenklub", wie Sie es gerade genannt haben. Daß die SPD bei ihrer Beschreibung dieses Horrorszenarios wenigstens noch vor dem Vorwurf mafioser Strukturen zurückschreckt, müssen wir schon fast dankbar vermelden.
In den 70er Jahren geisterte einmal der Kampfbegriff des staatsmonopolistischen Kapitalismus, kurz Stamokap, durch die Diskussionszirkel der sogenannten Neuen Linken, insbesondere der Jungsozialisten. Diese Theorie ist dann mit der zunehmenden Bedeutungslosigkeit dieser Gruppen erfreulicherweise von der politischen Bühne verschwunden. Wenn man sich allerdings anschaut, mit welcher Intensität von der SPD mit ihrem Gesetzentwurf und mit welcher publizistischen Begleitmusik an diesem Bild einer angeblich unangreifbaren „DeutschlandAG" aus Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen gemalt wird, dann könnte man wirklich meinen, daß die alte Stamokap-Theorie als „Bamokap"-Theorie, also als Theorie vom bankmonopolistischen Kapitalismus, fröhliche Urständ feiert.
Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich mich dieser neuen Verschwörungstheorie der SPD nicht anschließen kann. Friedhelm Ost hat dazu das Notwendige gesagt. Wenn Sie, Herr Bury, Friedhelm Ost schon nicht glauben, dann glauben Sie doch bitte den Mitgliedern des Forums Wirtschaft, das sich in ein paar Tagen mit Herrn Scharping treffen soll. Wenn ich es recht sehe, wird dann die personifizierte „Deutschland-AG" bei Herrn Scharping sein, angefangen mit dem Vorstandsvorsitzenden der VEBA, Ulrich Hartmann, mit seinen zahlreichen Aufsichtsratsvorsitzmandaten über Herrn Ulrich Weiß von der Deutschen Bank mit seinen diversen Aufsichtsratsmandaten und den so viel geschmähten Beteiligungen der Deutschen Bank bis hin zu Karl Otto Pöhl und Edzard Reuter, bei denen die Aufzählung der Aufsichtsrats- und Beiratsmandate selbst dem Munzinger-Archiv nicht mehr gelingt.
Nach SPD-Presseerklärungen will sich Herr Scharping, wenn ich es recht verstanden habe, von diesen hochkarätigen Wirtschaftsvertretern Rat holen. Das ist eine gute Idee. Es ist nur sehr schade, daß die Initiatoren des SPD-Gesetzentwurfs zu diesem Treffen von Herrn Scharping offenbar nicht eingeladen worden sind. Sie könnten da, Herr Bury, über die tatsächlichen Abläufe in der freien Wirtschaft viel lernen.
Wie Sozialdemokraten im bewußten und gewollten Zusammenwirken zur Sache gehen können, wenn sie die Macht dazu tatsächlich einmal haben, wie Sozialdemokraten personelle und kapitalmäßige Verflechtungen zwischen Unternehmen nutzen und politische Möglichkeiten einsetzen, läßt sich an vielen Beispielen aufzeigen. Ich will Ihnen nur ein Beispiel aus der „FAZ" von gestern für die Situation in Nordrhein-Westfalen zitieren:
Welche Auswirkungen eine solche konsequente
Sozialdemokratisierung haben kann, zeigte sich
Joachim Gres
bei dem Vorhaben, in Oberhausen ein neues Stadtviertel auf einem riesigen Brachgelände zu errichten. Veräußerer des Grundstücks waren Gesellschaften des Thyssen-Konzerns. Mitglied des Aufsichtsrats der Thyssen AG: Finanzminister Schleußer. Erwerber war das Land Nordrhein-Westfalen. Zuständiger Minister: Schleußer. Das Land verkaufte das Grundstück wiederum an die Gesellschaft GEG. Im Aufsichtsrat der GEG: Schleußer. An der GEG war die Westdeutsche Landesbank über ein Tochterunternehmen beteiligt. Vorsitzender des Verwaltungsrats der Landesbank zu dieser Zeit: Schleußer. Abgeordneter des Wahlkreises Oberhausen I: Schleußer.
Und Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, wollen als Saubermann in Sachen Verbesserung von Transparenz und Beschränkungen von Machtkonzentration in der deutschen Wirtschaft auftreten? Das nimmt Ihnen doch keiner ab.