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    Plenarprotokoll 13/39 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 39. Sitzung Bonn, Freitag, den 19. Mai 1995 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3071 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414, 13/528, 13/966, 13/529, 13/1030, 13/1255, 13/1400) Dr. Heribert Blens CDU/CSU 3071 B Joachim Hörster CDU/CSU 3072A Dr. Peter Struck SPD 3072 D Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3074 A Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) F.D.P. . . 3075A Dr. Christa Luft PDS 3076A Namentliche Abstimmung 3077B Ergebnis 3083 C Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans Martin Bury, Dr. Uwe Jens, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung von Transparenz und Beschränkung von Machtkonzentration in der deutschen Wirtschaft (Transparenz- und Wettbewerbsgesetz) (Drucksache 13/367) Hans Martin Bury SPD 3077 C Friedhelm Ost CDU/CSU 3085D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 3088 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 3091, 3105 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 3095 B Joachim Gres CDU/CSU 3097 A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 3089 B Dr. Uwe Jens SPD 3100A Ernst Hinsken CDU/CSU 3101 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 3102B Ernst Hinsken CDU/CSU 3102D Dr. Susanne Tiemann CDU/CSU . . . 3106A Tagesordnungspunkt 12: a) Antrag der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ursula Schönberger, Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Durchsetzung der Einhaltung des Stromeinspeisungsgesetzes (Drucksache 13/1303) b) Antrag der Abgeordneten Rolf Köhne, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Bürgschaftsverpflichtung der Bundesregierung zur Umsetzung des Stromeinspeisungsgesetzes (Drucksache 13/1309) c) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Einhaltung des Stromeinspeisungsgesetzes (Drucksache 13/ 1397) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktion der SPD: Respektierung des Stromeinspeisungsgesetzes - Far erneuerbare Energien (Drucksache 13/1384) Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU 3108A Dr. Hermann Scheer SPD . . . . 3111B, 3117D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3112B Paul K. Friedhoff F.D.P 3114 A Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3115A Dr. Hermann Scheer SPD 3115A, 3118B, 3120B Rolf Köhne PDS 3115 D Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD 3116B Hartmut Schauerte CDU/CSU 3117 C Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 3118A Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD 3119D Marion Caspers-Merk SPD 3120A Marion Caspers-Merk SPD 3121 B Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär BMU 3122C Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . 3123 D Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Gerd Poppe, Dr. Helmut Lippelt, Angelika Beer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einladung nach Europa (Drucksache 13/806) b) Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Angelika Beer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherstellung der Humanitären Hilfe für BosnienHerzegowina (Drucksache 13/1015) c) Antrag der Abgeordneten Angelika Beer, Dr. Helmut Lippelt, Gerd Poppe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stärkeres politisches Engagement der Bundesrepublik Deutschland in Bosnien-Herzegowina (Drucksache 13/1252) Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3125B Heinrich Lummer CDU/CSU 3126 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3128A, 3129C Freimut Duve SPD 3128D, 3132C Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P 3130B Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA 3131A Nächste Sitzung 3133 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3135* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3135* B 39. Sitzung Bonn, Freitag, den 19. Mai 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Babel, Gisela F.D.P. 19. 05. 95 Beck (Bremen), BÜNDNIS 19. 05. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 19. 05.95 Hartmut Dr. Fell, Karl. H. CDU/CSU 19. 05.95 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 19. 05. 95 Joseph 90/DIE GRÜNEN Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 19. 05.95 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 19. 05. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 19. 05. 95 Marx, Dorle SPD 19. 05. 95 Metzger, Oswald BÜNDNIS 19. 05. 95 90/DIE GRÜNEN Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 19. 05. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 19. 05.95 Hermann Stiegler, Ludwig SPD 19. 05. 95 Tippach, Steffen PDS 19. 05. 95 Volmer, Ludger BÜNDNIS 19. 05. 95 90/DIE GRÜNEN Wettig-Danielmeier, SPD 19.05.95 Inge Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 19. 05. 95 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 683. Sitzung am 28. April 1995 der vom Deutschen Bundestag am 26. April 1995 mit Änderungen beschlossenen Weitergeltung der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zugestimmt. Der Bundesrat hat in seiner 684. Sitzung am 12. Mai 1995 unter Berufung auf Artikel 76 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes beschlossen, zu nachfolgenden Gesetzentwürfen eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zu verlangen: - Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 - Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG -) Der Bundesrat hat in seiner 684. Sitzung am 12. Mai 1995 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß § 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - ... Strafrechtsänderungsgesetz - §§ 44, 69b StGB - (StrAndG) - Gesetz zur Rechtsvereinheitlichung der Sicherungsverwahrung (SichVG) - Gesetz zu dem Beschluß des Rates vom 31. Oktober 1994 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften Anlagen zum Stenographischen Bericht Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat nimmt Bezug auf seine Stellungnahme vom 20. Januar 1995 - Drucksache 1102/94 (Beschluß) -. Er ist der Auffassung, daß die Finanzbeziehungen zwischen der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland als Voraussetzung für eine erfolgreiche Integrationspolitik auf Dauer von einem fairen Interessenausgleich geprägt sein müssen. Er sieht angesichts der im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten überproportionalen Belastung Deutschlands eine grundsätzliche Neuordnung der Gemeinschaftsfinanzen für die Zeit nach 1999 als unbedingt notwendig an. Wichtig wird dabei sein, die Lasten starker als bisher an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu orientieren und als Maßstäbe das Pro-Kopf-Einkommen sowie das Bruttosozialprodukt in Kaufkraftstandards in Betracht zu ziehen. Der Bundesrat fordert, daß schon auf der Regierungskonferenz 1996 das künftige Finanzsystem der Gemeinschaft mit dem Ziel der Beseitigung des Ungleichgewichts zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland thematisiert wird. Darüber hinaus fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, während des gesamten durch den neuen Eigenmittelbeschluß geregelten Zeitraums - nachhaltig für strikte EU-Haushaltsdisziplin einzutreten, - auf eine Umgehung der Ausgabendisziplin gerichtete Anleihewünsche der Kommission abzuwehren und - sich für einen verstärkten Mittelrückfluß nach Deutschland einzusetzen. 2. a) Der Bundesrat betont nochmals, daß die Erfüllung der Finanzverpflichtungen Deutschlands gegenüber der Europäischen Union Bundesaufgabe ist und nicht den Ländern obliegt. Er weist darauf hin, daß diese haushaltsbelastung des Bundes bei der Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Ländern berücksichtigt wird und die Lander damit bereits jetzt indirekt am Finanzierungsbeitrag der Bundesrepublik Deutschland an die Europäische Union angemessen beteiligt sind. Eine darüber hinausgehende Beteiligung der Länder wird abgelehnt. b) Auch der Hinweis der Bundesregierung auf die Stärkung der Mitwirkungsrechte der Länder an der Willensbildung des Bundes in Angelegenheiten der Europäischen Union nach Artikel 23 des Grundgesetzes kann eine zusätzliche finanzielle Inanspruchnahme der Länder nicht begründen, da nach der Ordnung des Grundgesetzes Mitwirkungsrechte des Bundesorgans Bundesrat nicht zu speziellen Finanzierungsverpflichtungen der Länder führen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 12/8090 Drucksache 13/26 Drucksache 13/370 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 13/218 Nr. 19 Drucksache 13/269 Nr. 2.2 Drucksache 13/343 Nr. 2.19 Drucksache 13/343 Nr. 2.20 Innenausschuß Drucksache 12/2582 Drucksache 13/269 Nr. 1.2 Drucksache 13/218 Nr. 5 Drucksache 13/218 Nr. 2 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/218 Nr. 89 Drucksache 13/218 Nr. 90 Drucksache 13/218 Nr. 92 Drucksache 13/478 Nr. 2.1 Drucksache 13/725 Nr. 152 Drucksache 13/725 Nr. 157
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich muß wirklich gestehen: Frau Wolf, was Sie hier zum Schluß gesagt haben - dem einen oder anderen kann ich ja durchaus zustimmen; darauf komme ich nachher noch zurück -, zieht mir wirklich die Schuhe aus. Während Sie hier erzählen, daß Sie Ihre Steuerpolitik den Kapitalmarktbedingungen anpassen und insbesondere die Risikokapitalbedingungen verbessern wollen, lese ich in einem Kommentar zu der gestern von Ihrer Fraktion vorgestellten Steuerpolitik folgenden Satz:
    Wenn sich solche unbedachte Experimentierfreude im Gesetzesblatt austoben darf, dann sind alle ökonomischen Feinheiten einer Debatte über die Wettbewerbskraft des Standorts Deutschland obsolet.
    Das ist die Wahrheit. Das ist eben das, meine Damen und Herren, was ich beanstande: Sie reden bei jeder Gelegenheit das, was Ihnen gerade paßt; ob es mit dem anderen zusammenpaßt oder nicht, ist Ihnen völlig gleichgültig.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Sie widersprechen sich innerhalb von 24 Stunden, und das halte ich für schlichte Wählertäuschung.

    (Zustimmung bei der F.D.P.)

    Herr Bury, wir haben - Sie haben mit Recht darauf hingewiesen - schon vor einem Jahr hier diskutiert, und ich will gern bestätigen: Der zweite Entwurf, den Sie jetzt angefertigt haben, ist besser als der erste. Gut ist er trotzdem noch nicht. Noch immer enthält er die Forderung nach einer Offenlegung der Einkünfte von Organmitgliedern, was eine massive Verletzung des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen darstellt. Wozu eigentlich? Das macht überhaupt keinen Sinn.
    Noch immer werfen Sie Banken und Versicherungen in einen Topf, was vom Geschäftszweck her völlig falsch ist. Sie eröffnen die Mißbrauchsmöglichkeiten der Aktionärsklage. Sie wissen ganz genau, welche Erpressungsmanöver sich auf diesem Feld in der Vergangenheit abgespielt haben. Sie sind da viel zu unvorsichtig.
    Was ich besser finde: Sie sind nicht mehr für die Abschaffung des Vollmachtstimmrechts. Das hat Frau Wolf aufgegriffen: schlichte Abschaffung des Vollmachtstimmrechts.
    Dann kommen Sie zu Präsenzen, die jammervoll sind, zu Präsenzen, wie es sie bei amerikanischen Gesellschaften gibt. Gelegentlich werden Zahlen vorgebracht, wie schön es dort sei. In Wirklichkeit nehmen dort aber die Verwaltungen der betroffenen Gesellschaften selber die Depotstimmrechte wahr. Das ist noch viel schlimmer, als wenn es durch die Banken gemacht wird. Diese „proxy rights" wollen wir bei uns doch wohl nicht einführen.
    Die Abschaffung des Vollmachtstimmrechts ist ein Ausschluß der Aktionäre von der Aktionärsdemokratie. Der einzelne Aktionär, der ein paar Aktien von Siemens hat und in Hamburg wohnt, kann doch nicht nach München fahren und seine Dividende verreisen, nur weil er gezwungen ist, sein Stimmrecht auf der Hauptversammlung selber wahrzunehmen.
    Außerdem haben Sie - Herr Bury, ich bedanke mich, Sie haben die Anregungen, die ich hier in der Debatte gemacht habe, zum Teil aufgegriffen - die Position und Aufgabe des Wirtschaftsprüfers in Ihren Gesetzentwurf einbezogen. Das war damals ein erhebliches Manko.
    Wir führen diese Diskussion seit Jahren. Ich beteilige mich mindestens seit zehn oder zwölf Jahren an ihr. Ich bin deswegen über den jetzt erreichten Diskussionsstand ganz vergnügt. Sie beklagen, daß er zu spät erreicht wurde. Aber Sie gehören auch zu denen, die ich und andere hierhergetrieben haben, damit Sie endlich tätig werden.

    (Zuruf des Abg. Freimut Duve [SPD])

    - Die Tatsache, daß der Kollege Duve uns heute von seiner hohen literarischen Warte aus in dieser niederträchtigen Debatte mit seinen Zwischenrufen erfreut, ist auch ein Zeichen dafür, wie weit wir es gebracht haben. Herzlich willkommen, Herr Duve.

    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen und der PDS)

    In den letzten Koalitionsverhandlungen haben wir es geschafft, das Stichwort in die Koalitionsvereinbarung einzubringen. Ich muß den Kollegen Ost erinnern, daß das Stichwort Beteiligungsbesitz der Banken darin ausdrücklich erwähnt wird. Da der Kollege Ost ein außerordentlich getreuer Koalitionspartner ist, erinnert er sich dessen und wird sich natürlich auch daran halten.
    Herr Bury, wir sind im Koalitionsgespräch ohne Herrn Ost - aber er hätte das genauso behandelt, gerade bei diesem Thema - ein gutes Stück weitergekommen. Aber Sie haben recht: Es wird Zeit, daß Ihrem Gesetzentwurf ein Entwurf der Koalition gegenübergestellt wird, damit wir gemeinsam, wie ich hoffe, zu vernünftigen Ergebnissen kommen. Ich habe Ihnen das schon vor einigen Wochen gesagt.
    Das Stichwort Bankenmacht ist natürlich leicht polemisch. Aber eine demagogische und etwas überzeichnete Formulierung erregt auch das Interesse der Öffentlichkeit, das komischerweise durch die Fälle Schneider, Metallgesellschaft, Procedo Balsam ausgelöst und verschärft worden ist, die mit dem Ursprungsthema Beteiligungsbesitz eigentlich nichts zu tun haben; Sie haben in dieser Hinsicht recht.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Den Schneider haben sie pünktlich zur heutigen Debatte gefaßt!)

    Es besteht hier eine Konstellation, die Mißbrauch möglich macht. Ich behaupte nicht und habe nie behauptet, daß es Mißbrauch nachweisbar gegeben hat. Die Fälle EK 56 bei Daimler-Benz und Metallgesellschaft, Herr Bury, eignen sich dafür nicht; denn

    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    die Banken haben z. B. im Fall EK 56 gegen ihr eigenes Portemonnaie gestimmt. Das geschah aus Gründen, die mit der Kapitalisierung des Unternehmens zu tun hatten.
    Ich will hinzufügen, daß wir uns, glaube ich, darüber einig sind: Das Universalbankensystem in Deutschland hat sich bewährt. Das stimmt, Herr Ost; wir wollen kein Trennbankensystem. Das Universalbankensystem sollte bleiben.
    Herr Bury, die SPD hat ihren Gesetzentwurf folgendermaßen überschrieben: für mehr Transparenz und Wettbewerb. Das finde ich fein. Aber, Herr Bury, lesen Sie sich doch einmal durch, was Sie vor drei Tagen zu den Telekommunikationsmärkten gesagt haben - nichts von Transparenz und Wettbewerb.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Genau das gleiche!)

    Nein, nein: Monopole, Regulierungen - von wegen Wettbewerb. Im Mobilfunkbereich sind Sie schlicht gegen Wettbewerb.
    Sehen Sie sich doch einmal an, Herr Bury, was Sie zur öffentlichen Bankenmacht gesagt haben. Sie reden immer über die private Bankenmacht. Ich finde, wir sollten ungeteilt über die private und die öffentliche Bankenmacht reden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Zitieren Sie den niedersächsischen Ministerpräsidenten doch korrekt: Natürlich hat er auf dem Sparkassentag davon gesprochen, daß er Banken für Sanierungsfälle braucht. Er hat von Landesbanken gesprochen; das verstehe ich auch: Er hat eine vor seiner Haustür und packt jeden faulen Hund, der in Niedersachsen Pleite macht, schnell in die Norddeutsche Landesbank. Die muß das dann schlucken. Im übrigen hat er sich über Ihren Gesetzentwurf keineswegs begeistert geäußert. Auch Herrn Neuber haben Sie nur teilweise zitiert. Genau zu dem Punkt, den Sie hier breit behandelt haben, nämlich zum Beteiligungsbesitz der Banken, hat Herr Neuber Ihnen gesagt, der SPD-Gesetzentwurf sei wirklichkeitsfremd - so nachzulesen in seinem Interview.
    Frau Wolf hat das Thema angesprochen, daß der § 102 des Kartellgesetzes abgeschafft werden soll. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß das notwendig und richtig ist. Bei den Versicherungen brauchen wir ihn nach der Deregulierung und Liberalisierung, die aus Europa gekommen ist, ohnehin nicht mehr. Im Bankenbereich kann er verschwinden. Er hat keine Wirkung mehr. Seit der Aufhebung der Zinsverordnung geht es allenfalls noch um die Habenzinsseite.
    Aber ich frage Sie: Wenn Sie § 102 abschaffen wollen, sind Sie dann auch bereit, § 103 abzuschaffen? Denn dann wollen wir gleich alle Ausnahmebereiche beseitigen. Mich finden Sie dabei auf Ihrer Seite. Wettbewerb sollte möglich sein, auch im Energieversorgungsbereich.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, zum Stichwort „Beteiligungsbesitz der Banken" möchte ich versuchen, mit dem einen oder anderen Urteil aufzuräumen. Es
    wurde gesagt, das sei verfassungswidrig. Natürlich ist es nicht verfassungswidrig, es sei denn, wir wollten die Veräußerungsgewinne auch noch besteuern. Selbstverständlich müssen wir eine steuerneutrale Lösung finden, wie etwa beim Umwandlungsgesetz und beim Umwandlungssteuerrecht.
    Manche sagen, das sei nicht marktwirtschaftlich. Der frühere Präsident der Federal Reserve in Amerika hat mir neulich gesagt: Ich wundere mich, daß das bei euch überhaupt erlaubt ist. Bei uns ist das nicht erlaubt. Ich hätte das bei euch schon langst abgeschafft. - Daß Amerika ein nicht marktwirtschaftliches Land sei, wird man nicht gut behaupten können.
    Selbstredend müssen wir diesen Bereich für Sanierung offenhalten. Das haben Sie ja auch getan. Aber ich bin nicht so schrecklich davon überzeugt, wenn ich von einigen Großbanken höre, daß ihnen Karstadt- und Kaufhof-Beteiligungen in den 20er Jahren aus Sanierungsfällen zugewachsen seien, und nun haben sie sie unglückseligerweise heute noch und können sie gar nicht loswerden, selbst wenn sie wollten.
    Also: Sanierung ja, für einen bestimmten Zeitraum. Das ist übrigens im amerikanischen Bankenrecht genauso.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Wollen Sie damit den Konzentrationsprozeß im Handel anprangern?)

    - Diese Dinge hat es schon immer gegeben. Der Konzentrationsprozeß im Handel spielt sich auf ganz anderer Ebene ab, verehrter Herr Schwanhold. Darüber können wir bei Gelegenheit auch reden.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Sehr gerne!)

    Die Beteiligungsbegrenzung ist auch deswegen wünschenswert - ich wiederhole es noch einmal -, weil die Kumulation von Beteiligungsbesitz, Aufsichtsratsmandaten, Vollmachtstimmrecht, Emissionskonsortium, Kreditkonsortium eine Machtposition schafft, die Mißbrauchsmöglichkeiten eröffnet. Ordnungspolitik heißt, etwas vorsorglich zu verhindern, ohne daß man erst wartet, bis es eingetreten ist, um dann als Reparaturbetrieb hinterherzulaufen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, es ist auch richtig, daß der Beteiligungsbesitz der Banken tendenziell innovationshindernd ist. Der Präsident des Bundeskartellamtes hat da recht. Auch die Studie aus Mannheim hat in meinen Augen in der Tendenz recht. Man kann das nicht bestreiten.
    Es liegt auch ein wenig daran - das wird bei der Eigenkapitalfrage deutlich -, daß es nicht in allen, aber in vielen Fällen durchaus auch im Interesse kreditgebender Banken liegen kann, die Eigenkapitalquote des kreditempfangenden Unternehmens nicht allzu hoch werden zu lassen, damit der Kreditkunde nicht verlorengeht. Das muß nicht so sein, kann aber so sein.
    Daß im übrigen in der Konstruktion, die wir in Deutschland haben, ein Schutz des Managements

    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    vor Übernahmeangeboten liegt, ist zweifellos richtig. Detlev Rohwedder hat einmal gesagt, die größte Sperre gegen feindliche Übernahmeangebote in Deutschland sei die Mitbestimmung. Das stimmt auch.
    Aber in diesem Bereich funktioniert dann - ich bin ganz erstaunt, so etwas aus Ihrem grünen Munde zu hören, aber Sie haben recht - wegen der Konstruktion, die wir bei uns haben, ein Kontrollmechanismus des Kapitalmarktes nicht. Ich wünschte mir schon, daß es in Deutschland gelegentlich erfolgreiche feindliche Übernahmeangebote gäbe, wenn sie sauber finanziert sind. Junk-bond-Finanzierungen bitte nicht in Deutschland! Sie führen anschließend, wie wir gesehen haben, zu großen Problemen.
    Aber so sind die Konstruktionen ein Schutz für das Management. Hinter diesem Schutzzaun kann man sich sehr gut verbergen. Das gilt in gleicher Weise - vielleicht sollte in dem Zusammenhang auch darüber nachgedacht werden - hinsichtlich Mehrfachstimmrechten und Stimmrechtsbeschränkungen, die wir im deutschen Aktiengesetz immer noch haben und die ich persönlich für falsch halte.
    Man muß, wenn man über den Beteiligungsbesitz redet, selbstverständlich auch daran denken, welche Auswirkungen eine solche Auflage für vorhandenen Beteiligungsbesitz und sein Abschmelzen auf die Börsen, auf die Kapitalmärkte und damit auf die Vermögenswerte unbeteiligter Dritter hätte. Das kann man nicht einfach beiseite schieben und so tun, als ob ein Kursverfall einen gar nicht interessiere.
    Was macht es in diesem Zusammenhang für Sinn, über den Beteiligungsbesitz der Versicherungen in gleicher Weise zu sprechen, Herr Bury? Es macht eben keinen Sinn. Es ist die Aufgabe von Versicherungen, insbesondere von Lebensversicherungen, das Kapital der Versicherten zu sammeln, den Prozeß der Transformation von Geld in Kapital in die Kapitalmärkte umzusetzen. Dazu müssen sie selbstverständlich Beteiligungen haben und bilden können. Wir klagen doch darüber, daß der Aktienbesitz deutscher Versicherungen im internationalen Vergleich viel zu niedrig sei. Bei deutschen Sachversicherungen liegt er bei 14 % des Gesamtportefeuilles; bei deutschen Lebensversicherungen liegt er noch weit darunter. Es müßte mehr sein. Es müßte mehr Initiative an den Aktienbörsen geben.
    Bei der wechselseitigen Beteiligung von Banken und Versicherungen untereinander entstehen allerdings Finanzinstitute, bei denen man nachdenken muß, ob das sinnvoll ist. Die Kooperationsmöglichkeit beider Institute darf man nicht beschränken; das ist im Markt frei zu entscheiden. Aber ob das durch wechselseitige Beteiligungen unterlegt werden darf, ist, meine ich, durchaus prüfenswert.
    Für völlig - entschuldigen Sie - sinnlos halte ich nun Ihren Vorschlag, den ich jetzt in dem Gesetzentwurf finde, daß man Banken und Versicherungen verbieten will, Kapitalanlagegesellschaften zu halten. Du liebe Zeit, wozu ist denn das KAGG, das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, seinerzeit geschaffen worden? Doch genau, um hier über das Investmentsparen, ausgegliedert aus den Banken, mit größeren Auflagen, Kontrollvorschriften, Aufsicht, Anlagevorschriften ein Instrument zu schaffen, mit dem man den Kleinaktionär an das Sparen in Risikopapieren heranführen kann.

    (Beifall bei der F.D.P. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Wo sollen sie denn sonst hin mit dem Geld?)

    Ihr Vorschlag macht überhaupt keinen Sinn. Da fängt es nun wirklich an, ideologisch zu werden. Das sollten wir bleibenlassen. Die Kapitalanlagegesellschaften sollten so bleiben, wie sie sind.
    Vielleicht kann man über einen Stimmrechtsbeirat reden, damit die Übernahme der Stimmrechte aus den Anlagen der Kapitalanlagegesellschaften etwas von den Banken entfernt wird, denen sie gehören. Bei den Versicherungen ist das sowieso ein anderes Problem.
    Sie müssen im übrigen bei dem Beteiligungsbesitz - das ist lästig; ich weiß das, aber es ist nun einmal so; wir leben nun einmal in der Welt, wie sie ist - auch über die europarechtlichen Auswirkungen und Beschränkungen, die Diskriminierungsgefahren im Vergleich zu anderen Banken, die daraus entstehen können, nachdenken. So einfach kommen wir über diese Hürde nämlich nicht hinweg.

    (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    Ich komme zu dem Problem der Aufsichtsräte. Sie wollen die Aufsichtsratsmandate auf fünf begrenzen und arbeiten dann noch mit der Doppelanrechnung. Auch die Doppelanrechnung haben Sie von mir übernommen; ich hatte sie in der erwähnten Rede hier vorgebracht, ebenso wie den Wirtschaftsprüferwechsel. Nachahmung ist die höchste Form des Lobes. Ich bin insofern sehr zufrieden. Die Begrenzung auf fünf Aufsichtsratsmandate ist eine Vorschrift zugunsten der Großbanken; ich kann es Ihnen nur noch einmal sagen. Die sind selbstverständlich in der Lage, alle ihre Mandate durch die zweite Reihe besetzen zu lassen. Ich frage: Wen wollen Sie eigentlich damit treffen? Wir sollten es bei zehn belassen - das scheint mir vernünftiger zu sein - und die Doppelanrechnung von Vorsitz und stellvertretendem Vorsitz vornehmen. Wir sollten im übrigen die Aufgaben und Pflichten des Aufsichtsrates erweitern bzw. verschärfen. Die Diskussion darüber läuft ja in aller Breite. Dann verbietet sich die Vollausschöpfung einer übergroßen Zahl von Aufsichtsratsmandaten sowieso.

    (Beifall bei der F.D.P. Hans Martin Bury [SPD]: Wieviel haben Sie denn, Herr Lambsdorff?)

    - Ich habe zur Zeit neun; das reicht gerade. Mehr will ich auch nicht.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Wie viele haben Sie, Herr Bury? Weitere Zurufe von der SPD und der PDS)


    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    - Es ist ja immer ganz verderblich, wenn jemand hier steht und aus der eigenen Erfahrung im täglichen Leben spricht. Das ist von Übel; ich weiß. Man redet besser ungetrübt von Sachkenntnissen; dann läßt sich auch viel besser argumentieren.

    (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das war nicht gegen jemanden gerichtet; das war eine Lebensweisheit! Zuruf des Abg. Freimut Duve [SPD])

    - Herr Duve, ich habe Sie ja schon herzlich willkommen geheißen.
    Sie wollen die Konzernklausel streichen, Herr Bury. Dann müssen Sie z. B. die Spartentrennung bei den Versicherungen streichen. Es ist die Aufgabe eines Vorstandes, in den Tochtergesellschaften, die er hat, den Aufsichtsratsvorsitz oder eine andere Aufsichtsratstätigkeit wahrzunehmen, um die Gesellschaft zu kontrollieren. Wenn die Obergesellschaft einer Versicherungsgesellschaft unter sich, gesetzlich vorgeschrieben, eine Lebensversicherung, eine Sachversicherung und eine Krankenversicherung getrennt haben muß, dann muß man dem Vorstand doch erlauben, in diesen Gesellschaften tätig zu werden. Das kann er eben nicht, wenn Sie die Konzernklausel streichen. Sie muß also erhalten bleiben. Mit Verlaub gesagt: Dies geht so nicht. Ich will mich zurückhaltend ausdrücken. Ich möchte ja, daß wir zusammenkommen. Deswegen will ich Ihnen hier nicht allzusehr auf das Fell rücken.
    Ich komme zur Transparenz bei Aufsichtsratsmandaten in konkurrierenden Unternehmen. Ich babe immer gedacht: Man muß das gesetzlich verbieten. Es stellt sich heraus, daß das rechtlich sehr schwierig ist. Wir haben neulich darüber diskutiert, ob man das über das Kartellgesetz regeln kann oder wie man es sonst griffig machen könnte. Herr Zwickel ist der letzte, der das jetzt aufgibt. Ich kenne sonst keinen anderen. Er hat es aber geerbt. Ich habe den Eindruck, daß die öffentliche Diskussion dazu geführt hat, daß sich das von selbst bereinigt und daß man hier vermutlich gesetzgeberisch nicht mehr tätig werden muß.
    Zur Haftung des Aufsichtsrates, die Sie ebenfalls angesprochen haben: Man braucht nicht die materielle Basis der Haftung zu verschärfen. Aber die Schwelle für die Geltendmachung eines Haftungsanspruchs ist so hoch, daß man sie vermutlich heruntersetzen muß. Insofern stimmt Ihr Zitat von Hermann Josef Abs. Ich wundere mich, daß Sie mit so alten Witzen Ihre Kollegen noch erfreuen können.
    Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer: Ich bin der Meinung, daß nach dem, was wir bei Procedo, Balsam und anderen erlebt haben, die Wirtschaftsprüfertätigkeit unter die Lupe genommen werden muß. Ich bin dafür, daß es eine engere Verbindung zwischen dem Aufsichtsrat und den Wirtschaftsprüfern gibt und nicht nur die enge Verbindung zwischen Vorstand und Wirtschaftsprüfer, daß der Prüfbericht des Abschlußprüfers nicht über den Vorstand und dann erst bereinigt in dritter Fassung an den Aufsichtsrat geleitet wird, sondern daß der Aufsichtsrat den Wirtschaftsprüfer beauftragt, einen Vertrag mit ihm abschließt - die Hauptversammlung muß ihn natürlich wählen - und daß dann dessen erster Bericht, der Management Letter oder der erste Entwurf eines Prüfberichts beim Aufsichtsrat landet.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Daß die Haftungsgrenze für Wirtschaftsprüfer erhöht werden muß, ist klar. Man sollte auch, wenn man schon dabei ist, vorschreiben, daß der Wirtschaftsprüfer an der Bilanzsitzung teilzunehmen hat. Das war bisher keineswegs die Regel. Ich sehe aber schon in der Wirklichkeit, was diese Diskussion bedeutet. Zur Zeit finden die Bilanzsitzungen statt, und überall dort, wohin ich komme, sitzt der Wirtschaftsprüfer mit freundlichem Gesicht am Tisch. Es macht sich also schon. Auch dafür ist eine solche Diskussion gut.
    Ich habe den Wechsel der Abschlußprüfer, Herr Bury, vorgeschlagen. Sie haben das in den Gesetzentwurf aufgenommen, nachdem Herr Jens zugerufen hat, das sei vielleicht eine brauchbare Idee. Ich habe das im Protokoll nachgelesen.
    Natürlich hat es eine lebhafte Diskussion mit den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gegeben. Mir scheint, daß die Schwierigkeiten und die wirtschaftlichen Konsequenzen, die daraus entstehen, zu kompliziert sind. Ich denke aber, daß wir mindestens den Wechsel der Führungsgruppe der Prüfer - nicht der Firma, sondern nur des Abschlußteams - vorschreiben sollten. Das würde auch von den Wirtschaftsprüfern akzeptiert werden.
    Sie haben heute Prüfer in Großunternehmen, die das ganze Jahr im Hause sind. Diese alle wechseln zu lassen ist vermutlich doch zu schwierig.

    (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

    Schließlich das Vollmachtstimmrecht und die Hauptversammlung: Die Regelung, die Sie vorgeschlagen haben, ist an Bürokratie und Regulierung nicht zu überbieten. Ich halte es wirklich nicht für nötig, daß man den Aktionärsvereinigungen etwas zutreibt, lieber Herr Ost. Das ist nicht der Sinn der Veranstaltung.
    Mein Wunsch ist, daß die Formulare für die Vollmachtstimmrechte, die die Banken für die nächsten 15 Monate versenden, den Hinweis enthalten, daß man sich durch Aktionärsvereinigungen vertreten lassen kann, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
    Die Abschaffung des Vollmachtstimmrechts, Frau Wolf - das habe ich schon einmal gesagt -, kommt meiner Meinung nach nicht in Betracht. Wie unabhängig ist der Stimmrechtsbeauftragte? Er ist genauso unabhängig wie der Datenschutzbeauftragte, der Umweltschutzbeauftragte und der Frauenbeauftragte im Unternehmen. Er bleibt ein abhängiger Beschäftigter des Unternehmens, ist aber in dieser Funktion unkündbar. Ich weiß, daß das keine Riesenauswirkungen hat.

    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    Sie sind doch sonst immer so für diese Beauftragtendemokratie und auch für die Räterepublik. Ich habe damit nicht so schrecklich viel im Sinn.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Aber Sie lernen dazu!)

    Wenn es etwas dazu beitragen kann, einen gewissen Abstand zwischen der Ausübung des Vollmachtstimmrechts und der Depotverwaltung zu erreichen, wäre es gut. Ich bin strikt dafür, daß wir in Zukunft verhindern, daß sich die Banken mit den von ihnen in ihrem Depot gehaltenen Aktien ihrer Kunden selber entlasten können. Da hört es doch auf. Das muß abgeschafft werden.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, ich begrüße, daß die Diskussion stattfindet. Ich bin guten Mutes, daß wir, wenn wir vernünftig und mit Augenmaß auf diesem Gebiet zusammenarbeiten, etwas zur Verbesserung der Finanzplätze und des Kapitalmarktes, zur Verbesserung der Situation des Streubesitzes und auch dazu, daß deutsche Aktiengesellschaften wettbewerbsfähiger werden, daß sich deutsche Banken in den Bereichen, die wir angesprochen haben, etwas mehr zurückhalten, und daß wir insgesamt etwas Vernünftiges für den Standort Deutschland tun können.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Uwe-Jens Heuer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Uwe-Jens Heuer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fälle Metallgesellschaft, Schneider und Balsam/Procedo - das ist heute bereits von anderen gesagt worden - haben aus unterschiedlichen Blickwinkeln einige Aspekte der strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft beleuchtet: Aufsichtsräte, die nicht in der Lage oder willens sind, die Geschäftsleitungen zu kontrollieren, Vorstände, die monatelang hasardieren, gewaltige Schäden anhäufen, Arbeitsplätze im eigenen Unternehmen und bei zahlreichen Geschäftspartnern vernichten und sie in den Untergang hineinreißen und dann persönlich, schlimmstenfalls unter Zurücklassung eines Scherbenhaufens, in den wohldotierten Ruhestand gehen.
    Man denkt an Tucholsky, der daran erinnerte, daß früher die Häuptlinge gefressen wurden, wenn sie eine Schlacht verloren hatten, während sie heute sagen - wenn sie es denn sagen -: „Ich übernehme die Verantwortung" und in den Ruhestand gehen.

    (Beifall bei der PDS)

    Die Drucksache 13/367 gibt ein eindrucksvolles Bild - und die verfügbaren Untersuchungen zur Kapital- und Personalverflechtung bestätigen dieses Bild - von den entstandenen oligarchischen Verhältnissen: Die Spitzen der deutschen Banken und der deutschen Industrie haben die Tür hinter sich geschlossen. Sie haben sich nicht nur der Kontrolle durch die privaten Aktionäre entzogen. Durch die Kapital- und Personalverflechtung von Unternehmen, die theoretisch im gleichen Markt konkurrieren, schränken sie auch den Wettbewerb ein. Sie predigen öffentlich das Wasser der Kontrolle durch den Markt und trinken heimlich den Wein der ausgeschalteten Kontrolle durch die Oligarchie der über Kreuz und im Ring verflochtenen Unternehmen.
    Von welchem Wettbewerb kann denn die Rede sein, wenn auf den Hauptversammlungen der großen Kaufhauskonzerne die drei größten deutschen Banken jeweils zwischen 56 und 90 % der vertretenen Stimmrechte repräsentieren? Das gleiche gilt für die drei großen Chemiekonzerne.
    Die Spitze der deutschen Banken- und der Industriewelt hat auch insofern die Tür hinter sich geschlossen, als sie sich auch persönlich nicht mehr dem kalten Wind des Wettbewerbs am sogenannten Arbeitsmarkt aussetzt, sondern sich durch Kooptation aus den eigenen Reihen ergänzt.
    Im Ergebnis ist zumindest in der großen Industrie ein Unternehmertyp dominierend geworden, der weniger unternimmt und mehr verwaltet und dem wir nicht zuletzt die strukturellen Schwächen der bundesrepublikanischen Wirtschaft, ihren schon seit zwei Jahrzehnten anhaltenden Positionsverlust bei Zukunftstechnologien zu verdanken haben.
    Angesichts der erheblichen Machtzusammenballung - ich verwende auch nach den Ausführungen von Herrn Lambsdorff das Wort „Macht"; ich halte das für wahr: Ökonomische Macht ist ebenso wie politische Macht eine Macht -, die die hier in Rede stehenden Unternehmen und Kreditinstitute repräsentieren, stellt sich natürlich die Frage, ob eine solche unkontrollierte Macht noch systemkonform ist.
    Der vorliegende Gesetzentwurf will nun durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen die Rechte der Privataktionäre verbessern, die Transparenz der Verflechtungsbeziehungen erhöhen, die Möglichkeiten von Interessenkonflikten der in den Aufsichtsräten von offiziell konkurrierenden Unternehmen vertretenen Kreditinstitute mindern, den Mißbrauch der Rechtsform des Idealvereins für wirtschaftliche Zwecke beseitigen, die Einflußkumulation bei einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern bzw. den von ihnen vertretenen Banken einschränken, den Wettbewerb erhöhen und schließlich auch noch strukturelle Innovationshindernisse beseitigen.
    Das Anliegen dieses Entwurfs, die Refugien unkontrollierter Machtzusammenballung wenigstens etwas besser auszuleuchten und die oligarchische Machtausübung aufzubrechen, verdient zweifellos Unterstützung. Manches scheint mir allerdings ein wenig blauäugig, anderes inkonsequent. Die Innovationshemmnisse, die sich aus der langjährigen Auslese in Richtung auf einen bestimmten Managertyp ergeben, können nicht durch ein Dekret, daß die Banken oder die Manager mutiger zu sein haben, beseitigt werden.
    Das Versagen des Aufsichtsrates im Falle Metallgesellschaft legt den Gedanken nahe, der in Art. 2

    Dr. Uwe-Jens Heuer
    ausgeführt wird, nämlich die Zahl der Aufsichtsratsmandate, die eine Person wahrnehmen darf, weiter zu begrenzen.
    Diese sicher mögliche und wünschenswerte Maßnahme könnte aber in meinen Augen deutlich an Wirksamkeit gewinnen, wenn die Haftung der Aufsichtsräte und ihrer Mitglieder deutlich verschärft würde.

    (Beifall bei der PDS)

    Dagegen wird nun eingewandt, daß die Milliardenschäden, wie sie etwa bei der Metallgesellschaft entstanden sind, nicht durch das Vermögen einer Handvoll von Aufsichtsratsmitgliedern kompensiert werden könnten. Das ist natürlich richtig. Für die geschädigten Aktionäre und Gläubiger - von den entlassenen Arbeitnehmern ganz zu schweigen - wäre eine stärkere persönliche Haftung der Vorstände und Aufsichtsräte wenig tröstlich. Aber sie zwänge die Aufsichtsräte zu dem, was der eigentliche Sinn ihrer Bestellung ist: zu genauem Hinsehen.
    Eine solche verschärfte Haftung, die tatsächliche Abhängigkeit des eigenen Vermögens von der peniblen Ausübung des Mandats, könnte unter Umständen wirksamer zu einer Begrenzung der Zahl der wahrgenommenen Aufsichtsratsmandate zwingen als die formelle Begrenzung durch den jetzigen Vorschlag.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein persönliches Wort aus meiner eigenen Erfahrung sagen: Ich mußte 1959 die Humboldt-Universität Berlin verlassen und wurde von der SED zur Erziehung in die Praxis an das staatliche Vertragsgericht geschickt. Ich habe dort sehr interessante Erfahrungen gemacht; ich möchte nur eine nennen.
    Die Vertragsgerichte entschieden bekanntlich über Streitigkeiten zwischen volkseigenen und Privatbetrieben sowie den sogenannten halbstaatlichen Betrieben. Auffällig war nach meiner Erfahrung, daß durch Geldzahlungen eigentlich nur die halbstaatlichen Betriebe betroffen waren, weil dort der private Komplementär tatsächlich persönlich bezahlen mußte, während die volkseigenen Betriebe nicht ernsthaft betroffen waren, wenn sie 50 000 oder 80 000 Mark Schadensersatz oder Vertragsstrafe zahlten. Bei den halbstaatlichen Betrieben wirkte die Strafe direkt auf das persönliche Vermögen, und das war sehr wirksam. Aus diesem Grunde waren die halbstaatlichen Betriebe übrigens gar nicht so schlecht. Ihre Beseitigung im Jahre 1972 halte ich für eine der Unsinnigkeiten der damaligen Wirtschaftspolitik.
    Das hier Geforderte setzt allerdings auf der anderen Seite voraus, daß den Aufsichtsräten die Informationen zur Verfügung stehen, die sie wirklich in die Lage versetzen, die Vorstände zu kontrollieren. Gegenwärtig sind die Kontrolleure doch wohl fast ausschließlich von den Informationen abhängig, die ihnen die Kontrollierten zur Verfügung stellen.
    Die vorgeschlagene Begrenzung auf fünf Mandate pro Person würde übrigens die Zahl der von Vertretern eines Unternehmens in anderen Unternehmen wahrgenommenen Aufsichtsratsmandate nicht verringern oder begrenzen.
    Nicht länger hinzunehmen ist die Wettbewerbsverschränkung, die sich einfach dadurch ergibt, daß die großen Kreditinstitute bei Unternehmen, die sich theoretisch im Wettbewerb zueinander befinden, die Mehrheit der Stimmrechte in den Hauptversammlungen repräsentieren und in den Aufsichtsräten vertreten sind. Hier bietet sich eine kartellrechtliche Untersagung von Aufsichtsratsmandaten in konkurrierenden Unternehmen an, wie sie in Art. 5 des vorliegenden Entwurfs angestrebt wird.
    Dabei sollte allerdings nach meiner Auffassung die Lösung konsequenterweise nicht primär auf Personen, sondern auf die Unternehmen bezogen sein. So wie es Rechtsanwälten selbstverständlich verboten ist, gegnerische Parteien gleichzeitig zu vertreten, weil Interessenkollisionen unvermeidlich sind, sollte es auch untersagt sein, daß Unternehmen und Personen gleichzeitig in den Organen konkurrierender Unternehmen vertreten sind.

    (Beifall bei der PDS)

    Insofern erscheint mir die in Art. 5 Nr. 3 vorgeschlagene personenbezogene Lösung inkonsequent. Herr Lambsdorff hat gesagt, daß die Großbanken durch diese Lösung bevorzugt werden, weil sie mit unterschiedlichen Personen arbeiten können. Deswegen, meine ich, wäre es sinnvoll, das nicht nur hinsichtlich der Personen, sondern auch hinsichtlich der Unternehmen zu regeln.
    Das in Art. 2 Nr. 8 angesteuerte Ziel, den Privataktionären die Chance einer von den Banken unabhängigen Vertretung zu eröffnen, wird von mir unterstützt. Wir stellen empirisch fest - das ist hier von vielen gesagt worden -, daß die Beteiligung der Privataktionäre an den Hauptversammlungen kontinuierlich zurückgeht. Ein wesentlicher Grund dafür besteht zweifellos darin, daß die Kosten der Teilnahme an den Hauptversammlungen für Kleinaktionäre prohibitiv sind.
    Das Depotstimmrecht der Banken ist seit langem umstritten. Seine Befürworter sind fast ausschließlich die Banken selbst. Bei der relativ dünnen Eigenkapitaldecke vieler deutscher Unternehmen bringt gerade das Depotstimmrecht einen überproportionalen Einfluß für die Banken mit sich. Der Konflikt zwischen Eigeninteressen, Interessen des Unternehmens, seiner Verwaltung und Interessen der Aktionäre könnte durch das Angebot des Art. 2 Nr. 8 aufgelöst werden. Ob dies die Demokratie in den Aktiengesellschaften im Sinne eines Abbaus der Apathie der Privataktionäre und ihres zunehmenden wirklichen Einflusses auf die Entscheidungen der Hauptversammlungen beleben wird, muß allerdings die Zukunft zeigen.
    Sosehr ich das Gesamtanliegen des vorliegenden Entwurfs unterstütze, bin ich hinsichtlich der zu erwartenden Wirkungen doch skeptisch. Diese Skepsis speist sich sowohl aus den bereits genannten In-

    Dr. Uwe -Jens Heuer
    konsequenzen als auch aus Untersuchungen, die z. B. Albach/Kless über die Auswirkungen der Aktienrechtsreform von 1965 und der Einführung der Mitbestimmung 1976 auf die personellen Verflechtungen zwischen großen Unternehmen und den drei Großbanken angestellt haben.
    Nach diesen Untersuchungen ist zwar der Anteil der Aufsichtsratsmandate, die von Bankenvertretern gehalten wurden, zwischen 1964 und 1978 um 40 % zurückgegangen, der Anteil ihrer Kontrollmöglichkeiten aber nur um 5 %, weil sie durch entsprechende Gegenmaßnahmen die Auswirkungen der Gesetzgebung auf ihre Kontrollmacht zu mindern wußten.
    Ich befürchte, daß die Auswirkung des vorliegenden Gesetzentwurfs, wenn er denn je in Kraft treten sollte, in ähnlicher Größenordung zu sehen sein wird. Trotzdem meinen wir, daß es sinnvoll ist, in dieser Richtung zu arbeiten. Möglicherweise bewegt sich auch die Koalition etwas, was ich ihr dringend wünsche.
    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS)