Rede von
Kristin
Heyne
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich den Kollegen Fischer als Mitglied des Vermittlungsausschusses entschuldigen. Er ist heute einer offiziellen Einladung nach Israel anläßlich des Jahrestages des Kriegsendes gefolgt.
Der Vermittlungsausschuß wurde angerufen, weil die Mehrheit in diesem Hause einen Haushaltsplan verabschiedet hat, der Wesentliches schuldig bleibt, der die Länder und Kommunen im Regen stehen läßt und der die gesellschaftliche und die wirtschaftliche Entwicklung in eine falsche Richtung lenkt.
Die gravierenden Defizite besonders im sozialen Bereich hat der Kollege Struck genannt. Es geht im wesentlichen um die Schaffung von Kindergartenplätzen, um den Wohnungsbau und um die Arbeitslosenhilfe. Auch beim Hochschulbau und beim BAföG gibt es wesentliche Mängel.
Ich möchte ergänzen, daß wir schwere Mängel auch im aktiven Klimaschutz sehen. Investitionshilfen für Wärmedämmung, für erneuerbare Energien und für rationelle Energieverwendung wie auch finanzielle Anreize für umweltverträgliche Produktionsweisen sind völlig unzureichend oder fehlen ganz.
Eine der größten Fahrlässigkeiten dieses Haushalts verschweigen der Bundesrat und damit auch die Empfehlung. Das ist die sogenannte Privatfinanzierung von Straßen. Tatsächlich ist dieser Ratenkauf von Straßen eine gut versteckte zusätzliche Verschuldung des Bundes, und sie wird auf Jahrzehnte Gelder blockieren, die wir dringend für eine umwelt-
und klimafreundliche Verkehrspolitik brauchen.
Diese haushaltspolitische Piraterie macht auch die SPD mit - im Kniefall vor dem freien Bürger mit seinem Auto.
Die Finanzpolitik dieser Koalition führt zu untragbaren Einschnitten bei den grundlegenden Bedürfnissen Wohnung und Beschäftigung, und sie verfehlt die Aufgabe der Zukunftsgestaltung.
Die sozialen und ökologischen Probleme werden sich weiter verschärfen, wenn Sie Ihre Finanzpolitik nicht grundlegend ändern. Mit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zur Freistellung des Existenzminimums wurde die kontinuierlich steigende steuerliche Belastung der Löhne gestoppt. Doch statt diesen richterlichen Hinweis zu beherzigen und eine Entlastung der Löhne konsequent umzusetzen, wird im Finanzministerium jetzt schon erwogen, die Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit gänzlich zu streichen und damit die Löhne noch weiter zu belasten. Dies ist ein Schritt in die falsche Richtung.
Die Löhne als tragende Säule der Staatsfinanzen sind übermäßig belastet.
Herr Waigel, Ihr Finanzhaus ist schon reichlich windschief geworden. Es schreit nach Umverteilung der Gewichte. Der Verbrauch an Umwelt und an Ressourcen muß zu einer weiteren Säule der Staatseinnahmen werden. Wir brauchen den Einstieg in eine ökologisch-soziale Steuerreform.
Diese Bundesregierung erweist sich als unfähig, den ökologischen und sozialen Erfordernissen dieser Gesellschaft noch gerecht zu werden. Schon die Freistellung des Existenzminimums überfordert ihre Reformfähigkeit offenkundig. Die ängstlichen und hausbackenen Versuche des Finanzministers, sich aus der Situation zu winden, lassen finanziellen Weitblick vermissen.
Diese Regierung ist nicht einmal fähig, das aus ökologischer Sicht fatale Sinken der Strompreise, das infolge des Verfassungsgerichtsbeschlusses entsteht, zu verhindern. Sie ist ausgebremst durch einen Profil- und konzeptlosen Koalitionspartner. So verschleppt die Union den dringend nötigen Einstieg in die Energiesteuer.
Meine Damen und Herren von der Union, reden Sie nicht nur von ökologisch-sozialem Wirtschaften; fangen Sie endlich damit an!
Ich überrasche Sie nicht, wenn ich feststelle, daß die Änderungswünsche meiner Fraktion bezüglich des Haushalts 1995 weit über die Empfehlung des Vermittlungsausschusses hinausgehen. Da diese Empfehlung aber in die richtige Richtung weist, werden wir sie unterstützen.