Rede von
Joachim
Hörster
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat am 31. März 1995 das Haushaltsgesetz mit der gesetzlichen Mehrheit seiner Mitglieder verabschiedet. Und obwohl der Bundesrat genau weiß, daß ohne Zustimmung der Regierungskoalition an diesem Bundeshaushalt nichts zu ändern ist, hat er den Vermittlungsausschuß angerufen. Dies ist ein sehr seltener Vorgang in der Parlamentsgeschichte und in der Geschichte der Zusammenarbeit zwischen Bundesrat und Bundestag.
Eine solche Anrufung wäre ja noch zu vertreten gewesen, wenn sie mit einigen sachlichen Gründen untermauert worden wäre. Allerdings sind die Änderungsvorschläge des Bundesrates in Höhe von 1,7 Milliarden DM bei einem Haushaltsvolumen von 477 Milliarden DM, dazu noch in vielfältiger Weise auf Verpflichtungsermächtigungen gegründet, die in diesem Haushaltsjahr überhaupt nicht mehr zum Zuge kommen, nicht gerechtfertigt. Wenn man sich dann noch die Gegenbuchungen anschaut, mit denen der Bundesrat seine Mehranforderungen an den Bundeshaushalt begründet hat - der Kollege Blens hat vorhin darauf hingewiesen, daß man im Bereich der Personalhaushalte mid der Zinsausgaben des Bundes einfach Schätzungen verändert hat -, dann wird überdeutlich, daß dies ein unseriöser Vorschlag ist.
Er riecht sehr nach Oskar Lafontaine. Jeder ordentliche Gemeinderat würde sich eines solchen Gegenfinanzierungsvorschlags schämen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daß es sich um reine Obstruktions- und Wahlkampfpolitik handelt,
wird besonders am Beispiel der Werftenhilfen deutlich.
Es ist unglaublich, daß der Bundesrat zwei Tage vor der Landtagswahl in Bremen einen Vorschlag einbringt, in dem gefordert wird, daß die Komplementärmittel für die Werftenhilfe für das Bundesland Bremen auch aus dem Bundeshaushalt zu bezahlen sind. An diesem Donnerstag - nachdem die Wahlen in Bremen und Nordrhein-Westfalen gelaufen sind - ändert der Bundesrat exakt diesen Vorschlag und sagt jetzt, die Bremer müßten die Komplementärhilfen selbst aufbringen.
Das macht doch überdeutlich, was hinter diesem Vorgang steckt.
Wenn ich dann noch in den Medien lesen darf, innerhalb des Bundesrates wisse man zwar, daß man an den Entscheidungen des Bundestages nichts ändern könne, aber man wolle die Abstimmungsfähigkeit der Koalition testen, dann komme ich zu der Auffassung: Im Zusammenwirken von Bundesorganen bei der Gesetzgebung kann man so nicht miteinander umgehen.
Ich rate dringend, daß der Bundesrat solche Mätzchen unterläßt, wenn wir demnächst über den Bundeshaushalt 1996 zu beraten haben.
Im übrigen tut der Bundesrat der Opposition auch überhaupt keinen Gefallen, wenn sie zum wiederholten Mal in diesem Hause bewiesen bekommt, daß die Mehrheiten, die der Wähler für den Deutschen Bundestag entschieden hat, hier auch Geltung finden.