Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich nehme das aber gern zum Anlaß, zu sagen: Ich wünschte mir, daß sich die Bundesregierung dieser Sache voll annehmen würde, ohne Ausnahme,
Volker Kröning
ohne Lücke zwischen Außenminister Kinkel und Botschafter Holik.
Wir wollen mit unserem Antrag diesem Ziel dienen. Ich erkläre gleich zu Anfang, daß wir für eine gemeinsame, fraktionsübergreifende Entschließung nach den Beratungen in den Ausschüssen offen sind.
Doch ich beobachte eine leichte Diskrepanz zwischen dem, was Herr Kollege Pflüger hier gesagt hat, und dem, was in dem Koalitionsantrag steht. Ich erkläre deshalb: Wir werden nicht hinter der Forderung zurückbleiben, die auch das Rote Kreuz erhebt, nämlich zumindest Anti-Personen-Minen weltweit zu ächten und zu beseitigen.
Dies ist in den Vorbereitungstreffen zur Überprüfungskonferenz zum VN-Waffenübereinkommen im Herbst noch nicht erreicht worden. Das ist deutlich geworden. Darum wollen wir der Regierung - um es zart zu umschreiben - für weitere Anstrengungen auf der europäischen und der internationalen Bühne den Rücken stärken.
Aber es sind auch deutsche Beiträge zu der Minenräumkonferenz im Sommer nötig, die von der Öffentlichkeit noch gar nicht so recht in den Blick genommen worden ist und auf die die Regierung bisher augenscheinlich noch nicht vorbereitet ist, jedenfalls nicht erkennbar.
Wir sind, meine Damen und Herren, auch offen, über ein Verbot aller Landminen zu reden. Doch dies ist nicht allein eine Frage des humanitären Rechts in bewaffneten Konflikten und seiner Weiterentwicklung, sondern auch eine Frage der militärischen Rahmenbedingungen und der - wie man es dabei kroß ausdrückt - militärischen Notwendigkeit. Selbst wenn man diese militärische Notwendigkeit voll den heutigen Standards des Gewaltverbots, der Beschränkung des Rechts auf Selbstverteidigung, des Übermaßverbots und der Menschenrechte unterwirft, bleibt die Frage, ob Minen nicht gerade als Mittel der Defensive zulässig bleiben müssen, einer statischen Verteidigung. Das ist sicherheitspolitisch und militärisch in der Bundesrepublik Deutschland weder ausdiskutiert noch andiskutiert.
Wir wollen diese Debatte bei anderer Gelegenheit weiterführen, doch wir haben uns entschlossen, unabhängig von der Beurteilung dieser Frage ein Exportverbot für alle Minen zu fordern. Das finden Sie in unserem Antrag. Ich kann den Antrag gar nicht in voller Länge wiedergeben. Das ist neben der Forderung nach einem Verbot der Entwicklung, der Produktion und des Einsatzes von Anti-Personen-Minen die zweite Hauptforderung unseres Antrags.
Warum ist das so? Die Abgrenzung zwischen Zivilpersonen und Kombattanten bleibt im Zusammenhang mit Landminen zweifelhaft. Auch die Selbstzerstörung nach einem Einsatz bleibt ungewiß. Dazu müssen wir, sofern noch nicht vorhanden, die erforderlichen Informationen im Gespräch mit den Hilfsorganisationen und auch mit den staatlichen Stellen einholen.
Wir sind der Meinung, daß Minen kein Gegenstand der Technologiepolitik und der Handelspolitik eines Landes sein können, das anderen nicht zumuten will, was es bei sich selbst noch nicht geklärt hat.
Zu Recht werden Minen als „ewige Terroristen" bezeichnet - das gilt leider nicht nur für schmutzige Minen, sondern auch für High-Tech-Minen -, da sie noch nach bewaffneten Konflikten ihre schrecklichen Leiden verbreiten.
Neben diesen präventiven Forderungen und Überlegungen geht unser Antrag ausführlich auf die Minenbeseitigung ein, die dank amerikanischer Initiative zum Thema der schon erwähnten weiteren Konferenz, die bereits vor der Sommerpause stattfinden soll, gemacht worden ist.
Wenn man sich mit nichtstaatlichen Hilfsorganisationen unterhält - ich habe dies neben dem Deutschen Roten Kreuz auch mit Terre des hommes und anderen getan -, dann wird einem klar, daß es vor allem um Geld geht. Ich finde es pervers, daß die Bundesrepublik Deutschland jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag für die Modernisierung von Minen ausgibt, deren verteidigungspolitischer und militärischer Sinn noch nicht geklärt ist, während ihre Beiträge zu internationalen Minenräumaktionen pro Jahr kaum über 1 Million DM hinauskommen.
- Das rufen Sie zu Recht.
Auch der von der Europäischen Union vorgesehene Betrag von 3 Millionen ECU jährlich kann nicht das letzte Wort sein.
Ich hoffe, daß sich die Koalition gerade auf diesem Gebiet im Vorfeld der beiden Konferenzen bewegt. Als Finanzer weiß ich natürlich auch, daß der Bewegungsspielraum gering ist. Aber hier ist eine klare humanitäre Priorität zu setzen.
In diesem Sinne appelliere ich nachdrücklich, eine vorverlegte Position der Bundesregierung und der Koalition zu entwickeln.
Volker Kröning
Doch neben Geld geht es auch um personelle und technische Hilfe. Dazu sagt unser Antrag im Unterschied zum Koalitionsantrag einiges. Ich nehme die Ankündigung zur Kenntnis, daß Sie dazu einen weiteren Antrag ausarbeiten wollen.
Ich möchte in Kürze vier Punkte aus unserem Antrag erwähnen: Mobilisierung aller vorhandenen staatlichen Ressourcen, nicht nur bei der Bundeswehr; Unterstützung der nichtstaatlichen Hilfsorganisationen, die viel mehr Erfahrung haben, aber Qualifikationsunterstützung und technische Unterstützung benötigen; Entwicklung und Beschaffung von Gerät, das statt der ständigen Verfeinerung von Minen ihrer Auffindung und Zerstörung dient; Förderung von internationalen Projekten zu diesem Zweck, auch im Zusammenwirken mit der Europäischen Union und dritten Staaten. Ich appelliere deshalb nicht nur an das Auswärtige Amt, sondern auch an das Bundesverteidigungsministerium. Ich freue mich, daß das Bundesverteidigungsministerium ebenfalls politisch vertreten ist. Ich appelliere nicht nur an den Bund, sondern auch an die Länder: Wenn z. B. die verdienstvolle Hilfe von Halo Trust in Kambodscha im gegenwärtigen Tempo weitergehen müßte, dann wären die vielen Millionen Minen in diesem Land erst in 400 Jahren geräumt. Helfen wir sofort!
Noch ein Wort zur Bundeswehr. Die SPD-Bundestagsfraktion wird die Bereitschaft unserer Streitkräfte und aller für sie politisch Verantwortlichen, für humanitäre Aufgaben in der Welt gerüstet zu sein, darauf abklopfen, ob sie diesen einfachsten und effektivsten Weg, nämlich die Minen aus früheren Konfliktgebieten zu beseitigen, einschlagen. Das ist mit dem „Keiler" nicht getan. Das ist inzwischen Marge-
worden. Auf diesem Gebiet liegt ein echtes Betätigungs- und Bewährungsfeld für Blauhelme und auch für alternative Entwicklungen und alternatives Gerät bei der Bundeswehr. Darüber möchten wir mit dem Verteidigungsministerium ins Gespräch kommen.
Ich habe dem Staatsakt am 8. Mai in Berlin, der heute schon einmal in einem anderen Zusammenhang erwähnt worden ist, mit Spannung entgegengesehen. Diese Spannung hat sich während des nüchternen Verlaufs und der vorwärtsweisenden Reden in Zuversicht für Deutschland und Europa verwandelt. Aber ich muß gestehen: Ich habe die Erwähnung der Dritten Welt vermißt. Setzen wir in diesem Jahr von Deutschland aus ein Zeichen der Hoffnung! Wie heißt es beim Roten Kreuz? Nicht reden, tun!