Rede von
Dr.
Wolfgang
Schäuble
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident, ich sage es zum fünftenmal - -
- Tun Sie nicht so, als wäre eine Unternehmenssteuerentlastung nicht dringend notwendig! Wir sind mit dem Arbeitsmarkt noch nicht über den Berg. Wir haben eine gute wirtschaftliche Entwicklung, aber wir haben noch zuwenig Bewegung am Arbeitsmarkt. Wir brauchen mehr Arbeitsplätze. Dazu brauchen wir eine Verbesserung der Investitionsbedingungen.
Mehr Arbeitsplätze zu schaffen, das geht nicht auf die Art, Herr Scharping - das war wirklich unter jedem Niveau -,
hier zu sagen, die Stärke der D-Mark behindere den Export und sei schuld an unseren wirtschaftlichen Problemen. In einem haben Sie recht. Das habe ich in den letzten Wochen des öfteren gedacht, als wir gewisse Probleme an den Devisenmärkten hatten, weil die D-Mark stark und der Dollar eher schwach ist. Wäre Herr Lafontaine Finanzminister, hätten wir die Sorgen nicht, denn dann hätten wir keine starke D-Mark. Das ist wohl wahr!
Dr. Wolfgang Schäuble
Die Tatsache, daß wir über die Auswirkungen einer starken D-Mark diskutieren, ist ein Gütesiegel für den Finanzminister Theo Waigel, für die Regierung von Helmut Kohl und für die ganze Koalition.
Ich sage Ihnen auch: Eine schwache D-Mark heißt Inflation, und Inflation ist die brutalste Form der Ausbeutung der sozial Schwächeren. Unsere Stabilitätspolitik ist eine soziale Großtat, und wir werden sie fortsetzen.
Ich sage Ihnen ein Zweites: Sie haben sich lange genug gewundert, warum wir in den 80er Jahren einen langanhaltenden, stetigen Aufschwung hatten. Wenn Sie sich jetzt darüber wundern, daß es wirtschaftlich schon wieder nachhaltig bergauf geht, und zwar bei Preisstabilität - Sie haben uns ja vor einem Jahr noch verspottet, als wir sagten, wir würden 1994 wieder Wachstum in Stabilität schaffen -, dann hat es damit zu tun - das sollten Sie wirklich einmal begreifen -, daß man nicht zwischen Wachstum oder Stabilität wählen kann, sondern daß Stabilität die Voraussetzung für dauerhaftes Wachstum ist. Deswegen sind es keine Gegensätze, sondern das eine ist die Bedingung für das andere.
Deswegen müssen wir diesen Weg fortsetzen. Deswegen sind die Erfolge Ihrer Politik dort, wo Sie Verantwortung tragen, schlechter als die Erfolge unserer Politik.
Sie können doch bei allen Schwierigkeiten, die wir auch finanzpolitisch mit den gewaltigen Belastungen nach 40 Jahren Teilung und Sozialismus haben, nicht darüber hinwegsehen, Herr Kollege Scharping, daß die Staatsquote am Ende sozialdemokratischer Regierungszeit 1982 ohne Wiedervereinigung wesentlich höher war, als sie mit Helmut Kohl und Theo Waigel im Jahre 1995 mit Wiedervereinigung ist. Das zeigt doch, wie erfolgreich wir sind.
Sie können im übrigen ja auch nicht bestreiten - wenn Sie schon über Nordrhein-Westfalen reden wollen -, daß in der Regierungszeit des Ministerpräsidenten Rau das Wachstum in Nordrhein-Westfalen um 10 % hinter dem durchschnittlichen Wachstum aller westdeutschen Bundesländer zurückgeblieben ist. Das ist der „Erfolg" von sozialdemokratischer Politik.
Sie können auch nicht bestreiten, daß wir im vergangenen Jahr in Deutschland nicht nur ein reales Wachstum von 1,5 % - wie im Jahreswirtschaftsbericht vorhergesagt - hatten, sondern daß wir deutlich über 2 % lagen. Wahr aber ist, daß Nordrhein-Westfalen unter allen westdeutschen Ländern den zweitletzten Platz hatte. Schlußlicht war das Saarland, das eine besondere Struktur hat. Aber das zweitletzte Land war Nordrhein-Westfalen, und das kann am
Sonntag geändert werden, wenn es dort einen neuen Anfang gibt.
Weil ich die beiden Ministerpräsidenten, Herrn Lafontaine und Herrn Schröder, am Ende dieser Woche zum erstenmal persönlich sehe, muß ich noch eine Bemerkung loswerden.
Es ist nett, daß Sie heute hier sind. Meine Herren Ministerpräsidenten, es wäre schön gewesen, wenn Sie am Montag auch in Berlin gewesen wären.
Ich finde das nicht in Ordnung. Zum 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges veranstaltet die Bundesrepublik Deutschland einen Staatsakt - -