Rede von
Dr.
Wolfgang
Schäuble
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht darf man in all der Aufregung ein paar Dinge klarstellen. Der Termin dieser Debatte hat einen einfachen Grund. Wir könnten uns auch sofort darüber verständigen, zu einem anderen Termin abzustimmen. Das könnten wir sogar jetzt noch machen.
Eine grundlegende Neugestaltung des Einkommensteuerrechts und des Gewerbesteuerrechts zum 1. Januar 1996 muß rechtzeitig von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Bis jetzt haben wir aber von der Opposition im Bundestag und der Mehrheit im Bundesrat in allen Fristen- und Terminfragen nicht die geringste Kooperationsbereitschaft erfahren,
sondern das Gegenteil ist der Fall: Jede Verzögerung wird genutzt. Ich wiederhole: Jede Verzögerung wird genutzt.
Sie haben keinerlei Bereitschaft erklärt mitzuwirken.
- Ich will Ihnen die Argumente sagen, damit Sie nicht die Lüge verbreiten, der Termin dieser Debatte sei lediglich wahlkampfbestimmt.
Nein, der Termin dieser Debatte hat seinen Grund darin, daß wir alles, was in unserer Macht steht, tun wollen, damit diese Gesetzgebung bis zur Jahresmitte verabschiedet ist, so daß sich die Steuerverwaltung, die steueranwendende Wirtschaft und die Berater rechtzeitig auf die neue Gesetzeslage einstellen können.
Wenn Sie erklären, Sie möchten nicht heute abstimmen, sondern lieber erst in 14 Tagen, weil es Ihnen ja offenbar doch unangenehm ist, wie der Eiertanz zeigt, den Sie hier aufführen, dann sagen Sie bitte, daß Sie in den Fristenfragen bereit sind, mitzuwirken, daß die Verabschiedung der Gesetzgebung zur Jahresmitte sichergestellt ist. Dann können wir
uns sofort darauf verabreden, daß wir die Sache hier unterbrechen.
Solange Sie aber so verfahren wie der Bundesrat in Sachen Verabschiedung des Haushalts 1995, ist das nicht in Ordnung. Der Haushalt 1995 ist vom Deutschen Bundestag im März verabschiedet worden, meine Damen und Herren. Die Mehrheit im Bundesrat hat bisher noch nicht einmal einen Vermittlungsvorschlag bzw. einen Antrag im Vermittlungsausschuß zur Abstimmung gestellt.
Sie verzögern und vertagen mit Ihrer Mehrheit. Sie wollen die Verabschiedung des Haushalts jetzt am liebsten weit in den Juni schieben. Wir können das Jahressteuergesetz aber nicht erst Ende September verabschieden. Deswegen müssen wir die Gesetzesberatung und die Grundgesetzänderung so beschleunigen wie irgend möglich. Im übrigen sieht das Grundgesetz für eine solche Änderung längere Fristen als für nicht grundgesetzändernde Gesetze vor. Diese Änderung wollen wir schon heute verabschieden, damit wir, wenn Sie Ihre Möglichkeiten der Verzögerung so extensiv wahrnehmen, trotzdem eine Verabschiedung bis zur Jahresmitte erreichen. Das ist der Grund, warum wir es auf heute vorziehen.
- Aber natürlich. Ich bin derjenige gewesen, der vorgeschlagen hat, so zu verfahren. Ich werde doch meine eigenen Gründe kennen! - Wenn Sie die Abstimmung nicht wollen, wenn Sie sagen, Sie wirken, was die Termine betrifft, mit, so daß wir bis Ende Juni fertig sind, dann sagen Sie es jetzt.