Rede von
Diethard
Schütze
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich bitte um Verständnis dafür, auch angesichts der knappen Redezeit, daß ich hier im Zusammenhang weiter vortragen möchte.
Es entspricht doch einfach nicht den Tatsachen, daß Banken und Sparkassen, wie im Antrag der GRÜNEN behauptet, in zunehmendem Maße Kontoinhabern rigoros das Girokonto kündigen. Genau das Gegenteil ist doch der Fall. Dazu will ich Ihnen als Beispiel etwas zum allgemeinen Geschäftsgebaren der Berliner Sparkasse berichten. Diese richtet grundsätzlich für jeden Privatkunden ein Girokonto ein, unabhängig von seiner sozialen Situation. Auch negative Meldungen von der Schufa bei der Kontoeröffnung - das ist hier angesprochen worden - bedeuten keineswegs die zwangsläufige Schließung des Kontos. Stellt sich bei einem Gespräch mit dem Kunden heraus, daß er unverschuldet in eine wirtschaftliche Notlage geraten ist und sich um die Regulierung der Verbindlichkeiten bemüht, kann das Konto auf Guthabenbasis laufen. Guthabenkonten haben zwar gegenüber dem Standardangebot eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten. Das heißt, es wird kein Überziehungskredit gewährt, und es werden auch keine EC- und Kreditkarten ausgegeben. Doch sind sogar bei dieser Praxis Einzugsermächtigungen und Daueraufträge zugelassen. Ein Kunde, der eine Betreuung durch die „Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung Berlin" nachweisen kann, kann ohne weitere Prüfung des Sachverhalts ein Guthabenkonto zu den oben genannten Bedingungen führen.
Das sind die Fakten aus der täglichen Praxis. Die von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, angeführten Gründe wie etwa plötzliche Arbeitslosigkeit oder Krankheit - im übrigen weiß es die Bank im Zweifel gar nicht -, die angeblich von vornherein eine Kontoeröffnung unmöglich machen sollen oder zu einer entsprechenden Kündigung führen, weil der Kunde nicht mehr lukrativ für die Bank sei - so formulieren Sie es nahezu wörtlich -, haben doch mit der Realität nun wirklich nichts zu tun. Solche Anlässe reichen für eine Aufkündigung oder die Verweigerung eines Kontos nun wahrhaftig nicht aus. Lediglich dann, wenn es zu Mißbrauchstatbeständen kommt, muß der Betreffende mit einer Kündigung des Kontos rechnen. Dann sage ich: Das ist auch richtig so.
Nun prangern ja gerade die Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die „bösen Banken" an und sonnen sich im Lichte der vermeintlichen Verbraucherfreundlichkeit. Was an der Umle-
Diethard Schütze
gung der zusätzlichen Kosten für Girokonten auf Guthabenbasis auf sämtliche Privatkunden, so wie im Antrag der GRÜNEN gefordert, verbraucherfreundlich sein soll, müssen Sie mir erst einmal erklären. Wenn umgekehrt Sanktionen bei eventuellen Verstößen der Banken gegen das geplante Gesetz bis hin zur Abberufung des Geschäftsführers gehen sollen, kann ich das nur als völlig unverhältnismäßig bezeichnen. Mit uns ist das jedenfalls nicht zu machen.
Meine Damen und Herren, das Vorgehen der Opposition macht doch nur eines deutlich: Diese Anträge sind Teil einer Strategie, die Banken an die Kette zu legen, sie in ihrer vermeintlichen Macht zu beschneiden und sie in ihrem Handlungsspielraum zu beschränken.
Der von Ihnen vorgesehene Kontrahierungszwang ist wieder ein Meines Stück Beschneidung der Privatautonomie - Kollege Steiger hat schon darauf hingewiesen -, und das ist genau das Gegenteil von dem, was man in einer freiheitlichen Gesellschaft anstreben sollte.
Die Sozialdemokraten lassen ja nun auch folgerichtig die Katze aus dem Sack, indem sie gestern einen neuen Antrag vorgelegt haben, der weit über das hinausgeht, was ursprünglich Gegenstand dieser Debatte sein sollte. Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, einen Gesetzentwurf zum Schutz des Girokontos vorzulegen. Der gesamte Bereich des Girokontos soll durch den Gesetzgeber reglementiert werden, um die Handlungsfreiheit der Banken weiter einzuschränken. Da sind solch unvertretbare Forderungen zu lesen wie ein Verbot des einseitigen Zugriffs der Banken auf das Girokonto, insbesondere bei Forderungen gegen ihre Kreditkunden. Nicht genug damit: Es werden zusätzlich Dinge verlangt, die in der Praxis bereits gang und gäbe sind und nicht durch den Gesetzgeber reglementiert werden müssen.
Kurzum, ich kann nur noch einmal mit allem Nachdruck wiederholen: Die Neigung der Opposition, alle Belange der Bürger in Gesetzesform zu zwingen, schafft zwangsläufig eine Kettenreaktion von neuen Folgegesetzgebungen. Wenn ich mir die vorliegenden Anträge ansehe, dann komme ich zu dem Schluß, daß wir uns über etwas Gedanken machen müssen, worüber Sie kein Wort verlieren.
Bankkonten können jederzeit bei Vorliegen entsprechender Urteile - das dürfte häufig zumindest bei dem Personenkreis der Fall sein, der eine negative Schufa-Auskunft aufweist - im Wege der Forderungspfändung bis auf den Pfändungsfreibetrag gepfändet werden. Und dann stehen die Leute da, denen Sie einen gesetzlichen Anspruch auf ein Girokonto bescheren wollen, und verstehen die Welt nicht mehr, weil sie wieder nichts mit ihrem schönen neuen Girokonto anfangen können, weil es nämlich gepfändet worden ist.
Also müßten Sie doch, wenn Sie folgerichtig denken, wenigstens in der Zivilprozeßordnung Regelungen darüber treffen, daß derartige Konten nicht mehr gepfändet werden dürfen. Aber auch das dürfte ein sehr fragwürdiger Schritt sein, wenn ich mir einmal die Gläubiger anschaue, die Forderungsausfällen in Millionenhöhe hinterherlaufen und dafür sicher wenig Verständnis aufbringen würden.
Wer setzt sich eigentlich für die Rechte dieser Gläubiger ein, damit sie z. B. schneller zu einer vollstreckbaren Urkunde kommen und nicht monatelang oder gar jahrelang auf ihr Geld warten müssen, wenn sie es denn überhaupt bekommen? Darüber sollten wir vielleicht hier an dieser Stelle auch einmal diskutieren.
Sie sehen also, Ihre Gesetzesanträge sind nicht nur überflüssig; sie sind auch unausgegoren.
Anstatt Ihre Energie auf derartig zweifelhafte Gesetzesanträge zu verschwenden, sollten Sie diese Energie lieber dafür einsetzen, Vorschläge zu entwickeln, wie die Schuldnerberatungen zu verbessern sind und wie unverschuldet in wirtschaftliche Not geratenen Personen besser geholfen werden kann. Ich bin sicher, daß würde uns alle wesentlich weiterbringen als diese Gesetzesanträge.