Rede von
Paul K.
Friedhoff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In edler Gemeinsamkeit fordern heute SPD, PDS und GRÜNE das Recht auf ein Girokonto. Sie fordern, es durch Bundesgesetz zu verankern. Das wirft einige Fragen auf: Wo liegt der eigentliche Kern des Problems? Wer hat es zu lösen, und ist ein Bundesgesetz zur Lösung geeignet? Das alles werden wir im weiteren Gesetzgebungsverfahren in den Ausschüssen prüfen.
Interessant ist jedenfalls, daß hier etwas aus einer Kiste geholt wird, was schon in der letzten Legislaturperiode von diesem Hohen Hause erörtert und abgelehnt wurde.
Aber ich will Ihnen nicht das Recht bestreiten, uns die gleichen alten Kamellen in jeder Legislaturperiode aufs neue als frische Sahnebonbons zu präsentieren.
- Vielleicht hören Sie einmal zu, Frau Blunck.
Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland eine besonders dichte Versorgung mit Bankstellen. Private Banken, Genossenschaftsbanken, Raiffeisenbanken sowie öffentliche und private Sparkassen stehen in einem intensiven Wettbewerb um jeden einzelnen Kunden.
Die Institute wollen gern für jedermann Girokonten führen, wie jeder Bäcker auch seine Brötchen an jedermann verkaufen möchte.
Wie kann es also in dieser Situation überhaupt zu einem Problem kommen? Ein Problem ist es sicher, wenn jemand in unserer bargeldlos gewordenen Gesellschaft kein Girokonto hat.
In solchen Fällen allerdings von einer gewissen Eigenverantwortung zu reden muß hier erlaubt sein.
Soweit ich das bisher erkenne - aber das werden wir ja im Gesetzgebungsverfahren alles noch ganz genau sehen -, handelt es sich hauptsächlich um ein Problem, welches sich fast ausschließlich in unseren Großstädten abspielt. Diese haben gelegentlich Schwierigkeiten mit der bargeldlosen Auszahlung von Sozialhilfe.
Nun muß man einfach darauf verweisen, daß in unserem Land die Deutsche Mark das gesetzliche Zahlungsmittel ist, nicht der Scheck und auch nicht die Überweisung. Jeder hat also ein Recht auf Auszahlung in D-Mark, sozusagen bar auf die Hand. Das ist den Sozialämtern und damit auch den Kommunen lästig. Deshalb sind die Sozialämter dieser Großstädte
Paul K. Friedhoff
findig genug, zusammen mit der örtlichen Kreditwirtschaft praktische Lösungen zu finden. Das scheint mir die richtige Stelle für die hier geforderte Problemlösung zu sein.
Rufen nicht häufig die Gemeinden immer wieder völlig zu Recht, daß ihre Kompetenz und ihre Autonomie zur Lösung lokaler Probleme übergangen werden? Hier haben wir ein solches Problem. Ich denke, die Kommunen können es lösen, und sie lösen es, damit sie nicht den höheren Verwaltungsaufwand der Auszahlung des Bargeldes durchführen müssen.
SPD, PDS und GRÜNE in ihrer trauten Gemeinsamkeit mit dem Ruf nach dem alles regelnden Staat wollen aber ein Bundesgesetz.
Will man die Sache durch Bundesgesetz regeln, dann muß da natürlich alles ganz genau geregelt werden. Ich denke einmal, Herr Bury, mit zwei oder drei Paragraphen, wie es die SPD in ihrem Gesetzentwurf vorschlägt, kommen wir bei weitem nicht aus.
Sicher wären Sie doch bereit, überführte Bankräuber vom Recht auf ein Girokonto auszunehmen, jedenfalls bei der überfallenen Bank. Das muß man dann alles regeln und kontrollieren. Wenn schon, denn schon.
- Tun Sie das bitte nicht. Das ist gefährlich. Wenn Sie sich halbtot lachen, könnte ich das nicht verantworten.
Sicher würde es Ihnen doch genügen, daß man ein Recht auf ein und nur auf ein Konto hat. Das haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf nicht geregelt. Es müßte geprüft werden, ob jemand schon ein Konto hat. Ein Kontenzentralregister müßte her, um dem Mißbrauch vorzubeugen; denn es soll ja nicht so sein, daß jemand, weil er viel Zeit hat, in seiner Stadt von einem Kreditinstitut zum nächsten geht, um Konten zu sammeln.
Damit aber mit dem Kontenzentralregister kein Mißbrauch betrieben wird - der Datenschutz liegt uns ja allen am Herzen -, müssen wir dagegen entsprechende Vorkehrungen treffen. Es muß gegen unwillige Institute einen Rechtsschutz geben, mit dem man die Kontoeröffnung erzwingen kann.
Ich wollte hier nur einmal ein paar Beispiele anführen. Sie treiben den Staat mit solchen Vorschlägen - ich glaube, es gibt wichtigere Probleme zu lösen - in eine Regierungshypertrophie,
und den Betroffenen helfen Sie nicht.
Ihr Vorschlag ist nicht tätige Hilfe, er ist nur das Vorspiegeln tätiger Hilfe, er ist nur schöner Schein. Konkrete Hilfe kommt aus der Kreditwirtschaft selbst: Die Sparkassen haben erklärt, daß sie bereitstehen; die Genossenschaftsbanken ziehen mit. Ich denke, auch die privaten Banken werden dabei sein. Damit wird das Problem einer Lösung ohne den Staat zugeführt werden.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.