Rede von
Dietmar
Schütz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Kollegin, ich wäre gleich noch dazu gekommen, daß wir natürlich nicht nur im Verkehr - und das hat Herr Matthiesen auch schon dargelegt -, sondern auch im industriellen Bereich reagieren müssen, daß wir andere Substanzen einsetzen müssen, daß wir auch Beschränkungen aussprechen müssen. Darüber gibt es gar keinen Streit. Aber jetzt streiten wir hauptsächlich über die Maßnahmen zum Verkehr, und lassen Sie mich dazu jetzt auch in meinem Text weitergehen.
Wir brauchen - und das haben Sie schon gesagt - einen Umbau im Verkehr, wir brauchen eine Schadstoffreduzierung durch das Fünf-Liter-Auto, durch das 3,5-Liter-Auto, das wir fordern, und wir brauchen natürlich massive Verkehrsvermeidungsstrategien, um den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das ich jedesmal zitiere und das ich Ihnen auch heute nicht vorenthalten will. Mein Kollege Bredehorn kennt das sehr gut.
In der Krummhörn werden die Krabbenpuler zu hoch bezahlt. Deswegen werden Kühltransporter eingesetzt, die jeden Tag von der Krummhörn, also von Ostfriesland, nach Stettin fahren. Dort werden die Krabben gepult, als gepulte Krabben wieder zurücktransportiert und dann verpackt und umverteilt. Das ist doch ein Widersinn in unserer Transportpolitik. Nur weil die Preise die ökologische und ökonomische Wahrheit nicht wiedergeben, machen wir einen solchen Schwachsinn. Wenn wir damit nicht aufhö-
Dietmar Schütz
ren und nicht den Ausstoß dieser Schadstoffe verhindern, dann können wir jahrelang über Sommersmog reden, weil wir keine vernünftige Verkehrspolitik machen.
Also, wir müssen mit den Transportkosten anders umgehen, wir müssen sie anrechnen.
Aber ich komme zur Sommersmogverordnung zurück. Ich will nur noch sagen, daß wir großflächige Lösungen brauchen. Deswegen müssen die Länder zusammenarbeiten, aber auch der Bund muß mit den Ländern zusammenarbeiten. Ich weiß nicht, ob wir diese Cluster brauchen, die die LAI vorgeschlagen hat. Wir werden darüber diskutieren, wie wir die Großflächigkeit organisieren, aber wir brauchen sie.
Ich will noch etwas über die Grenzwerte sagen. Bei der Ermittlung der Grenzwerte, Herr Rieder, müssen wir auch darüber reden, daß wir diese Grenzwertdiskussion an einem bestimmten Menschentyp, nämlich 70 kg schwer, 2 m über dem Boden, geführt haben. Darauf ist das alles abgestellt, nicht auf das 1 m große, 25 oder 30 kg schwere fünfjährige Kind. Dieses Kind leidet viel eher darunter. Deswegen ist also die Diskussion über einen sehr hohen Schwellenwert gerade für Kinder am schädlichsten.
Lassen Sie mich etwas zu den Schwellenwerten sagen. Die Weltgesundheitsorganisation hat - das wissen wir auch, und darüber gibt es unter uns auch keinen Streit - einen Schwellenwert von 120 Mikrogramm Ozon je Kubikmeter Atemluft als erste Gesundheitsgefährdung angesehen. Deswegen wollen wir bei Erreichung dieses Wertes wenigstens als Informationsübermittlung sagen, daß sich eine Ozonsituation aufbaut. Ich glaube, darüber brauchen wir auch nicht zu streiten.
Der Streit geht darum, wo wir mit einer Alarmierung ansetzen. Wir sehen, meine Kolleginnen und Kollegen bei den Grünen, Ihre Alarmierung, die schon bei 120 einsetzt, als wesentlich zu früh an. Wenn Sie das so machen und dann schon Alarm auslösen wollen, dann haben Sie in den Sommermonaten eine permanente Alarmsituation. Das können wir nicht akzeptieren.
Ich finde, wir sollten bei dem Wert in Höhe von 180 bleiben. Er ist hoch genug, um nicht jedesmal einen Alarm auszulösen, aber gering genug, um noch Maßnahmen wirksam durchsetzen zu können. Die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, ob dies nun abgestuft oder gleichzeitig geschieht, sind Tempolimit, Fahrverbote für Fahrzeuge ohne Katalysator und Maßnahmen im Industriebereich, Frau Homburger.
In unserem Antrag haben wir geschrieben, daß wir für Pkws auf Autobahnen ein Tempolimit von 80 km/h wollen; die Länder diskutieren ein Tempolimit von 90 km/h. Wir haben die LAI-Zahlen genannt, weil wir meinen, daß wir zunächst mit den von der Wissenschaft vorgeschlagenen Grundlagen in die Diskussionen gehen sollten. Wir werden das in den Ausschüssen weiterdiskutieren und mit den Ländern abzustimmen haben. Ich will das, was die Positionen anbetrifft, hier so offen sagen.
Wir sollten sehr früh über Fahrverbote für umweltschädigende Fahrzeuge diskutieren. Herr Lippold, wenn frühzeitig Katalysatoren eingebaut worden wären, wenn wir damals das Tempo dafür erhöht hätten, hätten wir die Diskussion gar nicht in diesem Umfang führen müssen;
denn dann gäbe es faktisch weniger Autos, die keine Katalysatoren haben. Jetzt gibt es auf der Straße noch 40 % solcher Fahrzeuge.
Meine Damen und Herren, ich muß zum Schluß kommen: Wir müssen gemeinsam, in Abstimmung mit den Ländern handeln. Wir sollten nicht jedesmal zurückschrecken. Dieser Sommer muß der letzte sein, in dem wir kein Instrument haben. Wir sollten nach diesem Sommer nur mit einer SommersmogVerordnung oder einem entsprechenden Gesetz aus diesem Bundestag herausgehen. Dazu sind wir aufgefordert.
Ich danke Ihnen.