Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Herren und Damen! Ich bin immer etwas verwundert, wenn ich in dieses Hohe Haus komme und Debatten, die in den Landtagen ähnlich geführt werden, hier mit vertauschten Rollen erlebe.
Die Regierung preist die Erfolge der Wohnungspolitik, die Opposition weist auf die noch vorhandenen Defizite hin. Ich denke, beide haben recht. Wir haben Erfolge gehabt, aber nach wie vor sind hohe Defizite vorhanden. Wir haben in den nächsten Jahren noch viel zu tun.
Aber was die Erfolge anbetrifft, so wird von seiten der Vertreter der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen dieses Hohen Hauses immer so getan, als hätten sie jede Wohnung selbst gebaut, die in den letzten Jahren erstellt worden ist. Ich möchte ganz bescheiden darauf hinweisen: Was die finanziellen Mittel anbetrifft, so haben Nordrhein-Westfalen 80 %
Ministerin Ilse Brusis
und die Bundesregierung in den letzten Jahren etwa 20 % erbracht. In diesem Jahr ist der Anteil des Bundes sogar auf 15,5 % abgesunken. Das nur in aller Bescheidenheit.
Also sagen wir doch offen: Es waren unsere gemeinsamen Erfolge, und das, was wir noch nicht geleistet haben, müssen wir in den nächsten Jahren gemeinsam noch leisten.
Nun bitte ich aber darum, dieses Gemeinsame noch einmal unterstreichen zu dürfen; denn Wohnungspolitik ist in der Tat ein Geschäft, das Bund, Länder und Gemeinden nur mit einem gewissen Maß an Gemeinsamkeit bewerkstelligen können,
und dazu brauchen sie auch noch die Investoren.
Aber wenn ein Geschäft nur in Gemeinsamkeit betrieben werden kann - auch gemeinsam mit der freien Wirtschaft -, ist es um so wichtiger, daß die Politik klare Rahmensetzungen gibt und rechtzeitig genug sagt, wohin es gehen soll.
- Ja, nur habe ich die konkreten Aussagen beim Herrn Kollegen Töpfer vermißt, wohin es denn nun gehen soll.
Herr Kollege Töpfer, Sie haben natürlich recht: Wir haben alle Ihre Stellungnahme zum Gutachten der Expertenkommission bekommen. Aber wo sind denn die konkreten Aussagen?
Als ich die Regierungserklärung las, die einige wichtige Grundsätze der Wohnungspolitik noch einmal unterstrichen hat, die aber auch viele Gemeinplätze enthielt, war ich ja noch guten Mutes und dachte, jetzt träte endlich eine Wende ein, die Bundesregierung würde erst einmal mit den Ländern und mit allen an der Wohnungspolitik Beteiligten die Gespräche aufnehmen, und dann würden wir ans Werk gehen, weil wir es nur in gemeinsamer Arbeit schaffen können. Ich kann bisher nicht feststellen, daß dies geschehen ist; aber es ist dringend notwendig.
Noch haben wir eine gute Konjunktur im Wohnungsbau, Gott sei Dank. Dies hat auch Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Löhne, worüber ich sehr froh bin. Aber es gibt Warnungen, daß wir 1996 einen Einbruch im Wohnungsbau bekommen könnten. Es muß unser aller Sorge sein, dies zu verhindern. Dazu sind jetzt klare Entscheidungen notwendig.
Nun haben wir also erst einmal ein Expertengutachten. Das finde ich auch gar nicht schlecht. Es enthält ja viele gute Vorschläge, und bei denen, die man nicht unbedingt akzeptiert, ist es wichtig, daß man sich mit ihnen noch einmal auseinandersetzt und dann weiß, warum man sie nicht akzeptiert, und dafür gute Gründe hat. Dagegen habe ich überhaupt nichts. Nur, die Zielbestimmung, Herr Kollege Töpfer, von der Sie hier vorhin behauptet haben, daß man an ihr die wohnungspolitischen Instrumente und deren Tauglichkeit messen müßte, ist in diesem Gutachten - das haben ja auch die Landesbauminister bemängelt - bedauerlicherweise nicht vorgenommen worden.
Deshalb meine ich, daß wir wenigstens im Bereich der Politik versuchen sollten, uns über die Zielbestimmung klarzuwerden, und zwar möglichst schnell.
Ich höre jetzt nicht nur in Presseveröffentlichungen, sondern auch bei Diskussionen immer wieder, daß inzwischen viele Investoren verunsichert sind und fragen, wohin es denn nun geht.
Wir brauchen einen etwas längeren Atem, beispielsweise auch, was die Finanzierung der Wohnungsbaupolitik anbetrifft. Der Bundeshaushalt für 1995, wie er von der Bundesregierung vorgelegt worden ist und dieses Hohe Haus ihn beschlossen hat, zeigt in der Wohnungspolitik diesen langen Atem nicht. Er ist nach wie vor von kurzfristigen Programmen gekennzeichnet. Das Sonderprogramm wird weitgehend abgebaut. Der Schuldzinsenabzug, den ich nie befürwortet habe, aber den wir nun einmal als ein Finanzierungsinstrument hatten, wird nicht fortgeführt. So kann es nicht gehen. Wir brauchen auch im Hinblick auf die finanziellen Rahmenbedingungen mehr Langfristigkeit und mehr Sicherheit auch für die Investoren.
Um auf das Gutachten zurückzukommen: Wichtige Erkenntnisse hat uns ja nicht erst das Gutachten vermitteln müssen. Daß man das Wohneigentum angemessener fördern kann, habe ich schon 1990 durch eine Bundesratsinitiative deutlich gemacht. Da hatte ich nämlich schon eine Änderung des § 10e EStG mit dem Instrument eines einkommensunabhängigen Abzugs von der Steuerschuld und eine Erhöhung des Baukindergeldes vorgeschlagen. 1990! Ich bin ja sehr froh, Herr Kollege Töpfer, daß Sie inzwischen auch zu der Erkenntnis gekommen und durch das Gutachten darin bestärkt worden sind, daß dies das
Ministerin Ilse Brusis
bessere Instrument ist. Nur: Wo bleibt eigentlich die Gesetzesinitiative? Die brauchen wir jetzt.
Wir müssen ab 1. Januar 1996 eine bessere steuerliche Förderung haben, um einen neuen Anschub in die Wohnungsbaupolitik hineinzubekommen.
Vorhin ist behauptet worden, es lägen doch Gesetzesentwürfe von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vor. Wo denn? Es gibt eine Entschließung des Bundesrates auf der Grundlage eines Antrages des Landes Baden-Württemberg, keinen Gesetzentwurf.
Einen Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz kenne ich auch nicht. Ich kenne ein sehr diskussionswürdiges Konzept meines Kollegen Mittler. Aber woran liegt es denn, daß es kein Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz ist?
Wenn Sie, Herr Kollege Töpfer, mir Wahlkampf unterstellen, dann will ich deutlich sagen: An dieser Stelle mache ich Wahlkampf, weil nämlich dieses Exempel deutlich macht, wie wichtig klare, eindeutige, absolute Mehrheiten sind; denn in bestimmten Fragen kann man sich auf Koalitionspartner nicht verlassen.
Das zeigt dieses Beispiel des § 10e EStG und seine Diskussion in einigen Bundesländern.
Wo bleibt denn Ihr Gesetzentwurf, Herr Kollege Töpfer? Ich unterstütze Sie, wenn Sie über einen einkommensunabhängigen Abzug von der Steuerschuld sprechen. Die Landesregierung NordrheinWestfalen wird in dieser Frage tätig werden. Wir werden einen Gesetzentwurf vorlegen, wie wir es in der letzten Legislaturperiode schon mehrfach gemacht haben. Wir werden damit insbesondere die jungen Haushalte, die jungen Familien unterstützen. Wir werden das Baukindergeld anheben und damit insbesondere die Familien mit Kindern unterstützen.