Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Äußerungen des Entwicklungsministers verlangen doch eine Antwort.
Herr Minister Spranger, im Grunde tun Sie mir leid in der Rolle, die Sie heute gespielt haben.
Sie sprechen mit dem Bundeskanzler über globale Risiken, deutsche Verantwortung, Destabilisierung der Welt, Bevölkerungsvermehrung, Armutsbekämpfung, Zukunftssicherung zentral durch, so sagen Sie, Entwicklungspolitik. Sie tun mir leid, wenn Sie diese Worte in den Mund nehmen und sich dann in den letzten Wochen und heute hier als der große Verlierer im Kabinett darstellen.
Die Zahlen sind ja genannt: Wir haben 2,5 % des Bundeshaushalts für Zukunftssicherung in einer Zeit mit weniger Weltbevölkerung, mit weniger Umweltproblemen, mit weniger Konflikten in der Welt ausgegeben. Heute sind es nur noch 1,7 %. In der Regierungszeit von Helmut Schmidt haben wir 0,48 des Bruttosozialprodukts dafür ausgegeben, heute sind es noch knapp 0,3 %, und dieser Anteil droht noch weiter zu fallen. Der Bundeskanzler betont auf den internationalen Konferenzen in Rio, jetzt wieder in Kopenhagen: Wir Deutsche kämpfen dafür, 0,7 % einzusetzen. Ja wann denn, Herr Bundeskanzler?
Wenn die Katastrophe da ist? Jetzt muß gehandelt werden und nicht irgendwann in der Zukunft.
Herr Bundesfinanzminister, 8,8 Milliarden DM standen in der mittelfristigen Finanzplanung noch vor zwei, drei Jahren. Jetzt lassen Sie gerade noch 8,1 Milliarden DM zu. Damals schon waren die Haushaltsrisiken bekannt. Wie kommt es also, daß Sie jetzt den Haushalt so herunterfahren? Herr Minister Spranger, beklagen Sie sich also nicht weinerlich irgendwo bei der Presse oder vor anderen Leuten! Kämpfen Sie endlich im Parlament für Ihre Aufgabe. Kämpfen Sie für die Zukunft!
Kämpfen Sie für Ihr Anliegen, für unser aller Anliegen! Das ist es doch, was wir verlangen. Sie sollen Zukunftsminister werden. Das werden Sie nicht mehr; das machen dann andere. Zukunftsminister sollten Sie sein. Sie sind statt dessen ein Propagandaminister dieser Bundesregierung geworden.
Sie sind deshalb Propagandaminister, weil Sie sich in der ganzen Welt rühmen: Die Deutschen setzen sich für die Menschenrechte, für Demokratie und für Armutsbekämpfung ein. Sie sagen: Da sind wir Deutsche die Vorreiter. Das sind Ihre Worte. Was sind aber die Tatsachen? Menschenrechte? Wer bekommt denn am meisten Entwicklungsgeld? Das sind China, Indonesien und die Türkei. Das sind die Länder, die die größten Probleme mit den Menschenrechten haben. Wie sieht es mit dem Rechtsstaat aus? Sie sagen: Das ist ein großes Problem, und die Entwicklungsländer sollen endlich einmal ihren Rechtsstaat in Ordnung bringen. Was ist Sache? Sie setzen sich nicht einmal dafür ein, daß wir endlich die internationale Korruption bekämpfen.
Sie auf der rechten Seite des Hauses leisten Beihilfe zur Bestechung, zur Zerrüttung des Rechtsstaates.
Sie leisten Beihilfe, und zwar dadurch, daß Sie es weiterhin zulassen, daß Gelder für Bestechungen von ausländischen Bediensteten und Politikern noch von der Steuer abgezogen werden können.
Das ist ein Riesenskandal. Tun Sie endlich einmal Ihre Pflicht! Sie haben sich in der OECD verpflichtet, endlich Schritte einzuleiten, um das in Ordnung zu bringen. So geht das nicht weiter.
Ich sage Ihnen, Herr Minister, ein Weiteres: Sie sind zum reinen Projektminister geworden. Sie dürfen ein paar Projekte in der Welt machen. Schlecht genug sind sie oft. Sie sollten aber ein Strukturminister sein; denn die Probleme der Dritten Welt lösen Sie nicht nur mit Transfer und deutschen Modellen, sondern hauptsächlich dadurch, daß Sie Einfluß nehmen auf gerechtere, fairere Weltwirtschaftsbeziehungen und auf eine internationale Finanzpolitik, bei der die Zinsen die armen Länder nicht erschlagen.
Das sind letzten Endes Ihre Aufgaben, nicht aber, immer nur mit der Projekttüte durch die Welt zu laufen.
Wo waren Sie denn beim Umweltgipfel, beim Sozialgipfel und bei der Weltbevölkerungskonferenz? Da haben Sie mit Abwesenheit geglänzt und haben Ihre Kollegen die Arbeit machen lassen.