Danke schön, Herr Präsident.
Herr Verheugen, Sie haben weiter gesagt, Sie seien für die AWACS-Einsätze und für den Einsatz der deutschen Beobachterschiffe in der Adria gewesen.
- Ja, Sie haben zugestimmt. Aber ich frage Sie einmal: Was ist denn von Ihnen im Zusammenhang mit der Frage der Bundeswehreinsätze im Laufe der Zeit geboten worden und wird nach wie vor geboten?
Ich sage ja nur, daß es nicht genügt, von Ihrer Seite die Bundesregierung für alles mögliche verantwortlich zu machen, was umgekehrt vorausgesetzt hätte, daß die Bundesregierung ganz anders aufgetreten wäre, und zwar in einer Weise, die Sie immer kritisieren. Wenn man Ihre Kritik an der Außenpolitik der Bundesregierung hört, dann kommt man zu dem Schluß, daß Sie von der Bundesregierung erwarten, daß sie eine Weltmachtpolitik betreiben soll. Denn Sie schieben der Bundesregierung alles in die Schuhe, das Blutvergießen in Tschetschenien, die Tatsache, daß die Kontaktgruppe nicht den Erfolg gehabt hat, den man ihr wünschen möchte. Sie sagen: Die Kontaktgruppe ist am Ende. Wer ist schuld? Die Bundesregierung. -
Nein, meine Damen und Herren, so geht es nicht.
Sie haben am Anfang etwas Richtiges gesagt, und zwar, Außenpolitik müsse insbesondere durch zwei Elemente gekennzeichnet sein, nämlich Kontinuität und Berechenbarkeit. Genau darum bemüht sich die Koalition. Kontinuität ist insoweit gegeben, als wir in der Tradition der Politik stehen, die zur Überwindung des Ost-West-Konfliktes und auch der deutschen Teilung geführt hat, indem Deutschland damals gesagt hat und heute sagt: Wir handeln nicht allein. Wir sind auf der Welt nicht isoliert. Wir betten uns ein in die internationalen Organisationen, denen wir angehören, die wir stärken müssen. Dann können wir unseren Beitrag zur Friedensschlichtung, Konfliktverhütung, Friedenserhaltung und, wenn es nicht anders geht, zur Friedensherstellung leisten, das aber eben nicht von Deutschland allein, sondern von allen zusammen.
Der nächste Punkt bezieht sich auf die Überwindung des Ost-West-Konfliktes. Die Aufgabe ist nicht abgeschlossen. Die Westeinbindung der alten Bundesrepublik herbeizuführen und nach 1969 die neue Ostpolitik einzuleiten waren wesentliche Elemente der Außenpolitik nach dem Kriege.. Jetzt kommt es als drittes und genauso wesentliches Element darauf an, die heute noch bestehende Spaltung Europas zu überwinden, indem wir den mittel- und osteuropäischen Reformdemokratien den Weg in unsere Institutionen eröffnen.
Auch hier höre ich von Ihnen leider Widersprüchliches. Ich habe den Verdacht - ich äußere ihn hier einmal -, daß von der SPD jetzt das Projekt NATO-Erweiterung deshalb so ausschließlich betrieben wird, weil Sie dem Projekt EU-Erweiterung nichts mehr abgewinnen können. In der Tat, das wird teuer und wird uns Opfer kosten. Die NATO-Erweiterung dagegen ist fast zum Nulltarif zu haben.
Ich fordere Sie auf, mit uns daran mitzuwirken, die Erweiterung unserer Organisationen, sowohl NATO als auch die Europäische Union, um die Reformstaaten parallel, mit gleichem Engagement und gleicher Verve zu betreiben.
Ich danke Ihnen.