Rede:
ID1303103100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Gestatten: 1
    2. Sie: 1
    3. eine: 1
    4. Zwischenfrage: 1
    5. des: 1
    6. Kollegen: 1
    7. Lippelt?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. März 1995 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 2321 A Erweiterung der Tagesordnung . . . 2439 D Tagesordnungspunkt II: Wahl des Wehrbeauftragten (Drucksache 13/1000) . . . . . . . . . . 2321 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414) Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 13/504, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 13/505, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 13/514, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Rudolf Scharping SPD 2322 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 2333 D Otto Schily SPD 2344 C Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2344 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 2349 A Michael Glos CDU/CSU 2349 C Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . 2349 D Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2354 C Dr. Gregor Gysi PDS 2354 C I fans Klein (München) CDU/CSU . . 2357 D Jochen Feilcke CDU/CSU 2358 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 2360 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 2369 B Michael Glos CDU/CSU 2375 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 2379 D Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . 2384 B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2386 D Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 2389 A Günter Verheugen SPD 2391 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . 2395 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . 2396 D Ulrich Irmer F.D.P 2397 D Günter Verheugen SPD . . . . . . 2398 B Eckart Kuhlwein SPD 2399 D Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . 2401 D Eckart Kuhlwein SPD . . . . . . . . . 2401 D Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . 2403 A Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 2403 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 2406 B Paul Breuer CDU/CSU 2409 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2411 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . 2412 B Ulrich Heinrich F.D.P. 2412 D Jürgen Koppelin F.D.P 2413 B Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 2415 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2416 C Norbert Gansel SPD 2417 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 2418 C Dr. Emil Schnell SPD 2421 A Armin Laschet CDU/CSU . . . 2422 B, 2431 B Michael von Schmude CDU/CSU . . . 2424 C Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2425 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 2427 B Dr. R. Werner Schuster SPD . . . . 2428 C Karl Diller SPD 2429 B Eckart Kuhlwein SPD 2429 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 2430 A Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . . . 2430 D Dr. Willibald Jacob PDS 2431 C Eckart Kuhlwein SPD (Erklärung nach § 31 GO) 2439 A Namentliche Abstimmungen . . . 2433 C, 2436 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . 2433 C, 2436 C Haushaltsgesetz 1995 (Drucksachen 13/528, 13/529, 13/966) . . . . . . . 2439 B Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1994 bis 1998 (Drucksachen 12/8001, 13/530) . . . . . . . . . . 2439 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Initiative zum Karabach-Konflikt (Drucksache 13/1029) 2439 D Vizepräsident Hans Klein 2441 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2441 C Tagesordnungspunkt VI a: Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Francke (Hamburg), Peter Kurt Würzbach und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Karsten D. Voigt (Frankfurt), Uta Zapf und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Dr. Olaf Feldmann und der Fraktion der F.D.P.: Unbefristete und unkonditionierte Verlängerung des Nichtverbreitungsvertrages zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Lederer, Heinrich Graf von Einsiedel und der weiteren Abgeordneten der PDS: Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Nichtverbreitung von Kernwaffen zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika Beer, Ludger Volmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reform und Stärkung des Nichtweiterverbreitungsvertrages für Atomwaffen und das Mandat der Bundesregierung für die Verlängerungskonferenz in New York (Drucksachen 13/398, 13/429, 13/537, 13/838) Uta Zapf SPD 2440 B Klaus Francke (Hamburg) CDU/CSU . 2441 D Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2442 B Dr. Olaf Feldmann F.D.P 2443 A Andrea Lederer PDS 2443 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 2444 C Nächste Sitzung 2445 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2447* A 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 30. 03. 95 Blunck, Lilo SPD 30. 03. 95 Büttner (Ingolstadt), SPD 30. 03. 95 Hans Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 30. 03. 95 Hartmut Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Hartenstein, Liesel SPD 30. 03.95 Heym, Stefan PDS 30. 03. 95 Meißner, Herbert SPD 30. 03. 95 Scheel, Christine BÜNDNIS 30. 03. 95 90/DIE GRÜNEN Tippach, Steffen PDS 30. 03. 95 Vergin, Siegfried SPD 30. 03. 95
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren, die Äußerungen des Kollegen Scharping, der offensichtlich jetzt nicht anwesend sein kann, zum 8. Mai habe ich als peinlich, unangemessen und insbesondere völlig unnötig empfunden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das ist nicht die Art, das kann nicht die Art sein, in der wir mit so einem Anlaß umgehen und über Staatsgäste reden, die sich damit angesprochen fühlen müssen.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich hätte ihn gerne gefragt, ob er ein so geringes Erinnerungsvermögen hat, daß er nicht weiß, welche Staaten für die Sicherheit und Freiheit unserer Bürger nach 1945 Mitverantwortung getragen haben und welche Staaten mit uns zusammen an den Zweiplus-Vier-Gesprächen, die ja der Bundeskanzler und Hans-Dietrich Genscher geführt haben, beteiligt waren und dafür gesorgt haben, daß die Einheit Deutschlands zustande kommen konnte.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das war eben die ganz besondere Verantwortung dieser Staaten. Und wenn diese von sich aus bereit sind und es sogar wünschen, mit uns zusammen den 8. Mai festlich zu begehen, die Beendigung des Krieges, die Niederschlagung des Naziterrors ebenso wie 50 Jahre Frieden und die deutsche Einheit zu feiern, dann sollten wir darüber froh und stolz sein und das nicht in typisch deutscher Art niedermachen und darüber lamentieren.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, Politik ist, wie Max Weber unübertroffen formuliert hat, ein starkes, langsames Bohren dicker Bretter. Und in schwierigen Zeiten muß man das mit großer Geduld tun, und zwar - das fordert er von den Politikern - mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. Der Haushalt 1995 weist aus, daß er ein Ergebnis solcher Politik ist. Die Reduzierung der Neuverschuldung auf 49 Milliarden DM ist ein nicht erwartetes positives Ergebnis. Dabei wird immer vergessen, daß wir im Haushaltsvollzug 1994 die Neuverschuldung bereits um über 20 Milliarden DM gegenüber der Planung unterschritten hatten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Auch das ist ein positives Ergebnis, das nicht richtig gewürdigt worden ist.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Jetzt müssen wir eine Doppelstrategie verfolgen, die wir einige Jahre durchhalten müssen, nämlich Konsolidierung einerseits und Steuersenkungen andererseits. Das ist ein ehrgeiziges Ziel - zugegeben -, aber eines, das man erreichen kann.
    Aber lassen Sie mich nochmals an Max Weber erinnern: Er hat von Politikern verlangt, daß sie über zwei Dinge verfügen müssen, nämlich über Gesinnungsethik und Verantwortungsethik. Beides gehört zusammen. Verantwortliches Handeln ohne eine dazugehörige Gesinnung im demokratischen, liberalen und toleranten Sinne ist genauso gefährlich wie eine Gesinnung ohne verantwortliches Handeln.
    Heute stelle ich in der Bundesrepublik fest, daß immer mehr Politiker ihre Gesinnung vor sich her tragen - Max Weber nennt solche Leute Windbeutel - und in Wirklichkeit nicht bereit sind, zu sagen, daß die Wohltaten, die sie landauf, landab wohlfeil versprechen, andere bezahlen müssen. Auf Kosten anderer ist leicht gut Stimmung machen.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das reicht jedoch nicht aus.
    Die Engländer haben einen guten Begriff für diese Menschen; sie nennen sie die Good-doers. Solche Menschen laufen überall in der Welt herum und erklären, was alles gut gemacht werden muß. Sie erklären den Menschen auch noch, wie schlecht es ihnen gehe und daß sie selber nötig seien, damit es den Menschen bessergehe. Sie sagen jedoch nicht, wie das geschehen soll. Leider ist die Zahl derjenigen im

    Dr. Hermann Otto Solms
    Bundestag, die ich zu den Good-doers zähle, durch den Einzug der GRÜNEN und der PDS noch dramatisch gestiegen. So kann man aber keine Politik machen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Zur Politik gehören vor allem Verantwortung und der Beweis des Handelns sowie der Beweis für den Bürger, daß er in seiner Belastungsfähigkeit nicht über alle Maßen beansprucht wird. Wer die Menschen und gerade die Jugend nicht zu eigenverantwortlichem Handeln erzieht, wird die Anspruchsmentalität, die wir uns erzogen haben, natürlich nicht loswerden.
    Verantwortung für die Gemeinschaft kann nur aus eigenverantwortlichem Bewußtsein entstehen. Man muß diesen Zusammenhang erkennen, um konsequenterweise sagen zu können, daß wir das Subsidiaritätsprinzip in allen Bereichen der Gesellschaftspolitik durchsetzen müssen und daß es nicht reicht, das Gute nur zu wollen, sondern daß man es auch verantwortlich tun und finanzieren können muß. Erst dann entsteht eine Erziehung für die Jugend, aus der ein liberaler, demokratischer, freiheitlicher und toleranter Rechtsstaat erwachsen und bestehen kann.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir haben in dieser Legislaturperiode eine Reihe von Aufgaben zu erfüllen, an denen wir von den Wählern und Bürgern gemessen werden.
    Ich will zunächst auf die Steuer- und Abgabenbelastungen eingehen. Wir haben - Herr Schäuble hat darauf hingewiesen - ein Maß an Steuer- und Abgabenbelastung erreicht, welches die Leistungsbereitschaft der Menschen und die Investitionsfähigkeit der Unternehmen einschränkt, ja, geradezu abschnürt. Eine durchschnittliche Steuer- und Abgabenbelastung von 47 % ist nicht auf Dauer durchhaltbar. Zwar ist das unter der besonderen Veranlassung der deutschen Einheit befristet machbar, aber wenn die Sonderlasten abgebaut werden, muß die Steuerentlastung Vorrang haben.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Deswegen haben wir die Auseinandersetzung um die Ersatzfinanzierung des Kohlepfennigs geführt. Die Bürger dürfen nicht den Eindruck haben, bei der ersten Problemsituation werde sofort wieder in ihre Tasche gegriffen. Jetzt geht es auf Grund des moralisch wichtigen, aber auch effizienten Drucks der leeren Kassen darum, eine vernünftige, eiserne Sparpolitik durchzuführen und unsere Ausgaben daraufhin zu überprüfen, ob sie in der Weise, mit den Zielen, mit der Organisation richtig sind oder ob man das Ganze nicht auch effizienter, besser und zielgerichteter gestalten kann.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es ist schon ein starkes Stück, wie einige noch immer versuchen, die Kohlepfennig-Ersatzsteuer als eine Art ökologischer Wohltat zu verklären. Ausgerechnet eine CO2-/Energiesteuer zur Finanzierung des am meisten CO2 emittierenden Energieträgers, der Steinkohle, kann doch keinen Sinn machen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Gerade in dieser Frage habe ich die Äußerung der GRÜNEN hier in Bonn vermißt. Ihr Kollege in Düsseldorf, Herr Vesper, hat sich dazu sehr vernünftig im „Focus" geäußert. In Bonn kein Wort! Ich weiß nicht, wie ernst Sie es mit Ihren energie- und umweltpolitischen Zielsetzungen nehmen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Gar nicht!)

    Ich kann Ihnen nur sagen, daß es völlig ungerechtfertigt ist, dies mit der Frage der Notwendigkeit der Einführung einer CO2-/Energiesteuer zu vermischen.
    Wir werden und wollen ebenfalls eine ökologische Steuerreform machen, und wir werden in der Koalition über die Einführung einer CO2-/Energiesteuer beraten und unseren Vorschlag hier einbringen. Aber dies wird natürlich unter der Voraussetzung geschehen, daß die Steuerbelastung insgesamt nicht steigt und die Bürger nicht zusätzlich belastet werden. Ich hatte ja vorher darauf hingewiesen, daß es notwendig ist, sie zu entlasten. Wir wollen eine CO2-/ Energiesteuer möglichst auf internationalem Weg einführen; aber wenn das nicht möglich ist, dann sollte man auch national vorangehen.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Diese Aufgabe liegt vor uns, und ihr werden wir uns entschlossen annehmen.
    Meine Damen und Herren, morgen wird - das widerspricht auch dem Vorwurf, die Steuerentlastung würde insbesondere die Besserverdienenden begünstigen - das Jahressteuergesetz im Bundestag eingebracht und auf den Weg gebracht werden. Die dort geplanten Steuersenkungen in Höhe von 30 Milliarden DM betreffen ja insbesondere die Niedrigverdienenden, weil das Existenzminimum von jeder Besteuerung freigestellt werden soll. Deswegen geht dieser Vorwurf auch völlig an der Sache vorbei.
    Im Rahmen dieser Steuerreform wollen wir auch die Unternehmensteuerreform fortsetzen. Das haben wir zugesagt, und das werden wir einhalten. Dazu ist hier der Vorwurf von Herrn Scharping gemacht worden, die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer sei eine mittelstandsfeindliche Maßnahme. Das Gegenteil ist der Fall.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich habe gerade gestern eine Konferenz mit Obermeistern des Handwerks abgehalten. Sie haben geschlossen die Position vertreten, daß die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und die mittelstandsfreundliche Senkung der Gewerbeertragsteuer voll

    Dr. Hermann Otto Solms
    in ihrem Sinne seien und daß sie auch nicht so kurzsichtig und engstirnig seien, nicht zu sehen, daß Entlastungen auch da, wo sie nicht direkt bei ihnen ankämen, sie auch indirekt betreffen würden,

    (Zustimmung bei der F.D.P.)

    weil das Handwerk natürlich mit der großen Wirtschaft und der Industrie zusammenarbeitet und mit auf deren Entlastung angewiesen ist.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Hierzu gehört noch eines. Herr Metzger von den GRÜNEN hat vorgestern erklärt, die Gegenfinanzierung, nämlich die Senkung der Abschreibungssätze bei der degressiven MA, hätten insbesondere die Kleinen zu bezahlen. Das Gegenteil ist der Fall. Die kapitalintensive Wirtschaft ist die Großindustrie. Die Kleinen sind ja besonders personalintensiv und werden von der Gegenfinanzierung wesentlich weniger betroffen als die Großen.
    Die Unternehmensteuerreform muß fortgesetzt werden. Sie wird ein Prüfstein für die SPD sein, insbesondere, wenn es darum geht, über die Verfassungsänderungen zu beschließen und damit zu entscheiden, ob die Gemeinden einen eigenen Anteil an der Umsatzsteuer erhalten sollen.
    Meine Damen und Herren, das ist eine Jahrhundertchance für die Gemeinden. Die Gemeindeväter, auch Sozialdemokraten oder Christdemokraten, sind geschlossen der Überzeugung, daß eine Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer für sie wesentlich besser als das alleinige Angewiesensein auf die Beteiligung an der äußerst zyklisch anfallenden Gewerbesteuer wäre. Deswegen interessiert mich, wie die SPD auf diesen Antrag reagieren wird, der morgen mit eingebracht werden wird.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Die schreien laut „Nein" und werden hinterher zustimmen!)

    Der Städtetag hat ja in dem Papier, daß er zusammen mit der Wirtschaft erarbeitet hat, bereits erklärt, daß er eine solche Beteiligung wünsche, und im Städtetag führen Oberbürgermeister und Bürgermeister, die der SPD angehören, ja ein gewichtiges Wort.
    Darüber hinaus - das ist in der Öffentlichkeit verkündet worden - wollen wir den Familienlastenausgleich umgestalten. Die Kritik, die Herr Scharping heute gegen diesen Plan vorgebracht hat, war mir nun wirklich total unverständlich. Wir lösen das Problem in nahezu genialer Weise; denn das System, das wir vorschlagen, ist familienfreundlich, es ist durch die Finanzamtslösung verwaltungseinfach, und es ist solide finanzierbar. Wir halten die Vorgabe des Finanzministers, 6 Milliarden DM nicht zu überschreiten, ein. Im Gegensatz zum SPD-Vorschlag ist dieser Vorschlag verfassungskonform. Das ist das Entscheidende.
    Der Vorschlag, 250 DM Kindergeld für alle unabhängig vom Steuertarif, vom Einkommen und der Steuerbelastung, ist eindeutig verfassungswidrig.
    Deswegen werden Sie zum Schluß, auch wenn Sie Widerstand leisten wollen, zustimmen müssen.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ein Wort zum Solidaritätszuschlag: Wir haben gefordert, daß dieser Zuschlag so schnell abgebaut werden muß, wie die Lasten, die daraus finanziert werden sollen und die aus dem Solidarpakt zugunsten der neuen Bundesländer vom Frühjahr 1993 stammen, sinken. Auf Grund der wirklich äußerst günstigen wirtschaftlichen Entwicklungen in den neuen Bundesländern können wir heute sagen, daß ab dem nächsten Jahr diese Lasten allmählich auch abgebaut werden können. Der Solidaritätszuschlag muß jährlich überprüft und so schnell wie möglich abgebaut werden.
    Wer die Idee hat, den Solidaritätszuschlag mit dem Kohlepfennig zu verrechnen, den möchte ich daran erinnern, wie er geschaffen worden ist. Der Solidaritätszuschlag war für den Aufbau Ost und nicht für die Steinkohle West gedacht. Deswegen besteht überhaupt kein Zusammenhang zwischen beiden.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, leider ist es so - das ergibt sich immer wieder aus der Debatte -, daß Gutes versprochen wird, und man nicht zu handeln bereit ist. Man erweckt öffentlich den Eindruck, immer nur das moralische Gute und Hehre zu tun, hält sich aber in Wirklichkeit nicht immer daran.
    Vor kurzem habe ich gesehen, wie sich beispielsweise die Kollegin Antje Vollmer gegen das Reisen der Kollegen ins Ausland verwehrt oder wie sich der Kollege Such in der Boulevard-Presse gegen diese Reisen äußert, gleichzeitig hat er aber einen Antrag eingebracht, solche Reisen zu machen.

    (Jörg van Essen [F.D.P.]: Nach Australien!)

    Die Frauen der GRÜNEN befinden sich in einem Wettbewerb, wer zum Frauenkongreß nach China fahren darf. Frau Kollegin Vollmer hat all diesen Reisen im Präsidium des Deutschen Bundestages zugestimmt.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Wie nennt man so etwas denn?)

    - Das nenne ich Doppelzüngigkeit oder doppelte Moral.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

    So geht das nicht. Man kann ja auf der Woge des Zeitgeistes schwimmen, aber die Fakten holen Sie ein.


Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lippelt?


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nein, ich möchte jetzt nicht mehr unterbrochen werden.

    (Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr enttäuschend!)

    Das gleiche gilt auch für die Energiepolitik. Ich habe im Wahlprogramm der nordrhein-westfälischen GRÜNEN nachgelesen. Das ist ein umfangreiches Werk und etwas mühsam zu lesen. Dort äußert man sich gegen die Kernenergie, das kennen wir. Man äußert sich natürlich auch gegen die fossilen Energieträger - Steinkohle, Braunkohle, Erdöl und Erdgas -, man wendet sich gegen die Windenergie im Norden, weil das die Umwelt verschandelt. Was bleibt denn noch übrig?

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sparen!)

    Wenn Sie Ihre Politik umsetzen wollen, dann müssen wir uns in Zukunft sehr warm anziehen, weil es keine Heizung mehr gibt.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich habe einen noch interessanteren Vorschlag gefunden. Ich erwähne das jetzt nur, weil ich dabei bin und es so schön ist. Man will ein Sabbatjahr für die Lehrer in Nordrhein-Westfalen zur Selbstreflektion einführen.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. Günter Verheugen [SPD]: Der Vorschlag stammt aber aus der F.D.P.! Der stammte vor 20 Jahren aus Ihrer Partei, von Herrn Dahrendorf! Gegenruf von der F.D.P.: Wir haben es nicht gemacht!)

    - Herr Verheugen, ich weiß, daß Sie gute Erinnerungen an unsere Parteigeschichte haben. Das ist mir klar.
    Da ich das nicht kenne, kann ich nur sagen: Ich halte es für groben Unfug, auf die Lehrer konzentriert ein Sabbatjahr zur Selbstreflektion einzuführen. Aber das wird sicherlich dazu beitragen, daß in Zukunft die Zusammensetzung Ihrer Fraktion mit Lehrern noch homogener sein wird und Sie als Lehrerpartei identifiziert werden können.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir wollen das Vergleichsmietensystem für den Wohnungsbau in den neuen Bundesländern einführen. Nun gibt es eine Debatte darüber, ob es richtig sei, auch für Neu- und Wiedervermietung eine Kappung einzuführen. Wer ein Vergleichsmietensystem haben will, der muß einen Marktpreis haben. Wenn Sie gleichzeitig mit der Einführung dieses Vergleichsmietensystems verhindern, daß ein solcher Marktpreis überhaupt erst entstehen kann, dann wird der Markt als Ausgleichsmechanismus dafür, daß der Wohnungsmarkt funktioniert, ausscheiden. Dann haben wir staatliche Wohnungswirtschaft. Staatliche Wohnungswirtschaft ist in ihren Ergebnissen so, wie die Wohnungswirtschaft in der DDR war. Etwas Besseres werden Sie nicht bekommen. Sie werden erleben, wenn sie so etwas machen, daß die Baukonjunktur im Osten in kürzester Zeit dramatisch zusammenbricht. Dann haben Sie das Gegenteil von dem erreicht, was Sie eigentlich wollen. Es wundert mich nicht, daß der Ministerpräsident des Landes Sachsen, Herr Professor Biedenkopf, ebenfalls der Meinung ist, daß die Einführung einer solchen Kappungsgrenze völlig verfehlt wäre und das Gegenteil dessen erreichen würde, was man damit eigentlich gemeint und gewollt hat.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es hilft auch hier wieder nichts, das Gutgemeinte zu verkünden, wenn man die Folgen nicht beachtet. Deswegen kann ich nur empfehlen, diesem Vorschlag von Biedenkopf und von uns zu folgen, und erinnere den Ökonomieprofessor Töpfer daran - er kommt aus einer guten Schule, der Universität des Saarlandes; er hat unter Herrn Stützel und Herrn Siewert gelernt -, sich an die ökonomischen Zusammenhänge zu halten und eine solche Politik auch dann zu betreiben.
    Wir wollen einen schlanken Staat. Tucholsky hat noch gesagt:
    Deutsches Schicksal, vor dem Schaltern zu stehen, deutsches Ideal, hinter dem Schalter zu sitzen.
    Wir sind darüber Gott sei Dank hinweg. Aber wir sind noch nicht bei dem schlanken Staat, den wir brauchen. Deswegen müssen wir gerade in diesem Bereich enorme Anstrengungen unternehmen, denn es gilt natürlich, große Widerstände zu überwinden. Bei Bundespost und Bundesbahn haben wir die entscheidenden Schritte schon getan. Es geht aber darum, die Verwaltung insgesamt Leistungskriterien zu unterwerfen, schlanker, effizienter zu machen, weniger Hierarchieebenen einzuführen und dadurch nützlicher für den Bürger zu gestalten. Daran werden wir uns auch in dieser Legislaturperiode machen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Schließlich ein Wort zum Umbau des Sozialstaates. Wer sieht, daß der Sozialstaat, so wie er heute gestaltet ist, zu erheblichen Verwerfungen und zu ungeheuren mißbräuchlichen Ausnutzungen führt, daß er einfach nicht mehr bezahlbar ist, der muß die unpopuläre Aufgabe, den Sozialstaat umzubauen, auf sich nehmen. Ich unterstütze Minister Seehofer ausdrücklich in seinem Vorhaben - das haben wir in der Koalition auch festgelegt -, die Sozialhilfe zu reformieren. Sie ist dringend reformbedürftig,

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    denn wir brauchen dringend gleiche Standards, gleiche Kriterien sowohl in der Sozialgesetzgebung wie auch in der Steuergesetzgebung. Wir brauchen einen gleichen Einkommensbegriff. Wenn wir nicht gleiche Standards haben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn sich die verschiedenen Systeme aneinander vorbeientwickeln und sich die Menschen ganz anders verhalten, als sie eigentlich sollen. Wir müs-

    Dr. Hermann Otto Solms
    sen dafür sorgen, daß das Abstandsgebot durchgesetzt wird, damit der Anreiz zur Arbeit wieder zur Wirkung kommt.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Schließlich noch einige Bemerkungen zum ökologischen Umbau unseres Staates, zur Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie. Das geht eben in erster Linie nicht nur durch Gebote und Verbote und staatliche Interventionen, vielmehr erreichen wir die höchste Effizienz in der Umweltpolitik, indem wir die Menschen selbst anreizen, sich umweltpolitisch zu verhalten. Das geht in erster Linie nur mit marktwirtschaftlichen Instrumenten. Ich will nur einige aufzählen: Kompensationslösungen, Steuerlösungen - ich habe über die CO2/-Energiesteuer gesprochen -, handelbare Umweltnutzungslizenzen und Zertifikatslösungen, freiwillige Vereinbarungen wie jetzt mit der Automobilindustrie, die Gewährung von steuerlichen Anreizen, das Einräumen von Benutzervorteilen, umweltrelevante Verbraucherinformationen und insbesondere der technische Fortschritt. In der Umweltpolitik müssen wir in allererster Linie auf den technischen Fortschritt setzen.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wer diesen bremst - und das auch noch im Namen der Ökologie-, der versündigt sich an einer gesunden Umweltpolitik. Deswegen müssen wir ihn darauf hinweisen, daß eine solche Politik von uns nicht mitgetragen werden kann.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wird werden dem Haushalt des Bundeskanzleramts zustimmen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das ist überraschend!)

    Wir werden eine konsequente Politik betreiben - wie Max Weber sagt, mit Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß - und zwar im Sinne unserer Bürger. Wir werden auch unpopuläre Maßnahmen ergreifen, wenn wir davon überzeugt sind, daß sie notwendig sind.
    Die Opposition hat nun die Wahl: Wird sie diesen Prozeß konstruktiv begleiten, oder will sie ihn über ihre Mehrheit im Bundesrat blockieren und behindern? Der Wähler wird sehr genau empfinden, was er dann davon zu halten hat. Das ist dann auch Ihre Verantwortung, aus der Sie sich nicht herausstehlen können. Wir werden jedenfalls dann darauf hinweisen, in welcher Weise Sie sich verhalten haben. Das wird dann die Grundlage für die späteren Wahlentscheidungen sein.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)