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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. März 1995 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 2321 A Erweiterung der Tagesordnung . . . 2439 D Tagesordnungspunkt II: Wahl des Wehrbeauftragten (Drucksache 13/1000) . . . . . . . . . . 2321 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414) Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 13/504, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 13/505, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 13/514, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Rudolf Scharping SPD 2322 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 2333 D Otto Schily SPD 2344 C Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2344 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 2349 A Michael Glos CDU/CSU 2349 C Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . 2349 D Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2354 C Dr. Gregor Gysi PDS 2354 C I fans Klein (München) CDU/CSU . . 2357 D Jochen Feilcke CDU/CSU 2358 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 2360 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 2369 B Michael Glos CDU/CSU 2375 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 2379 D Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . 2384 B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2386 D Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 2389 A Günter Verheugen SPD 2391 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . 2395 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . 2396 D Ulrich Irmer F.D.P 2397 D Günter Verheugen SPD . . . . . . 2398 B Eckart Kuhlwein SPD 2399 D Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . 2401 D Eckart Kuhlwein SPD . . . . . . . . . 2401 D Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . 2403 A Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 2403 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 2406 B Paul Breuer CDU/CSU 2409 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2411 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . 2412 B Ulrich Heinrich F.D.P. 2412 D Jürgen Koppelin F.D.P 2413 B Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 2415 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2416 C Norbert Gansel SPD 2417 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 2418 C Dr. Emil Schnell SPD 2421 A Armin Laschet CDU/CSU . . . 2422 B, 2431 B Michael von Schmude CDU/CSU . . . 2424 C Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2425 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 2427 B Dr. R. Werner Schuster SPD . . . . 2428 C Karl Diller SPD 2429 B Eckart Kuhlwein SPD 2429 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 2430 A Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . . . 2430 D Dr. Willibald Jacob PDS 2431 C Eckart Kuhlwein SPD (Erklärung nach § 31 GO) 2439 A Namentliche Abstimmungen . . . 2433 C, 2436 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . 2433 C, 2436 C Haushaltsgesetz 1995 (Drucksachen 13/528, 13/529, 13/966) . . . . . . . 2439 B Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1994 bis 1998 (Drucksachen 12/8001, 13/530) . . . . . . . . . . 2439 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Initiative zum Karabach-Konflikt (Drucksache 13/1029) 2439 D Vizepräsident Hans Klein 2441 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2441 C Tagesordnungspunkt VI a: Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Francke (Hamburg), Peter Kurt Würzbach und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Karsten D. Voigt (Frankfurt), Uta Zapf und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Dr. Olaf Feldmann und der Fraktion der F.D.P.: Unbefristete und unkonditionierte Verlängerung des Nichtverbreitungsvertrages zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Lederer, Heinrich Graf von Einsiedel und der weiteren Abgeordneten der PDS: Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Nichtverbreitung von Kernwaffen zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika Beer, Ludger Volmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reform und Stärkung des Nichtweiterverbreitungsvertrages für Atomwaffen und das Mandat der Bundesregierung für die Verlängerungskonferenz in New York (Drucksachen 13/398, 13/429, 13/537, 13/838) Uta Zapf SPD 2440 B Klaus Francke (Hamburg) CDU/CSU . 2441 D Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2442 B Dr. Olaf Feldmann F.D.P 2443 A Andrea Lederer PDS 2443 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 2444 C Nächste Sitzung 2445 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2447* A 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 30. 03. 95 Blunck, Lilo SPD 30. 03. 95 Büttner (Ingolstadt), SPD 30. 03. 95 Hans Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 30. 03. 95 Hartmut Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Hartenstein, Liesel SPD 30. 03.95 Heym, Stefan PDS 30. 03. 95 Meißner, Herbert SPD 30. 03. 95 Scheel, Christine BÜNDNIS 30. 03. 95 90/DIE GRÜNEN Tippach, Steffen PDS 30. 03. 95 Vergin, Siegfried SPD 30. 03. 95
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    haben wir die Staatsquote von 52 % auf unter 46 % zurückgeführt. Dann kam die Wiedervereinigung. Die wird gelegentlich bei Ihnen vergessen. Sie hat aber Gott sei Dank stattgefunden, und wir haben sie auch gewollt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    1990 haben wir einige der Aufgaben noch nicht vorhergesehen, um das gleich zuzugeben.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aha!)

    - Ja, Herr Lafontaine soll heute ja noch kommen. - Wir transferieren jedoch inzwischen jährlich über 150 Milliarden DM in die neuen Bundesländer, um diese aufzubauen.
    Deswegen gibt es den Solidarpakt, den Solidaritätszuschlag und einen Anstieg der Steuern und der Abgaben und der Staatsquote auf erneut 52 %. Dies ist genauso wie 1982 am Ende der sozialdemokratischen Regierungszeit, allerdings damals ohne und heute mit der Wiedervereinigung. Jedoch muß die Staatsquote wieder zurückgeführt werden.
    Aus diesen Gründen ist die Steuer- und Abgabenbelastung so hoch. Deswegen ist das Argument, jetzt keine neuen Steuern einzuführen, sondern zu versuchen, die bestehenden Steuern zu senken, durchaus ernst zu nehmen.
    Das andere Argument ist genauso wichtig: Wir müssen in der Energiepolitik nicht nur den Anteil fossiler Brennstoffe zurückführen, sondern wir müssen auch das Energiesparen fördern. Das heißt im Ergebnis, daß der Energieverbrauch nicht verbilligt werden darf, sondern eher teurer werden muß.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. sowie beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Es ist natürlich problematisch - das weiß der Kollege Solms so gut wie ich -, jetzt den privaten Stromverbrauch zu verbilligen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wenn Sie es nur täten!)

    - Herr Kollege Fischer, ich beschreibe doch gerade dieses Problem. Ich glaube, die meisten Menschen haben die Art von Debatten, in denen wir uns gegenseitig die Plakate vorhalten, im Grunde satt. Lassen Sie uns doch über die Probleme ernsthaft reden.
    Es gibt nun einmal bei jeder Entscheidung Argumente pro und contra. Deswegen haben wir uns dafür entschieden - es ist wirklich nicht jedem leichtgefallen, auch mir nicht; das weiß jeder, das ist auch gar kein Geheimnis -, zu sagen: Gut, jetzt gibt es keine neue Abgabe. Das heißt aber nicht, daß wir nicht auch weiter daran arbeiten, und dazu bietet auch der Energiekonsens unter Beteiligung der Mehrheit im Bundesrat - denn der muß ja zustimmen - gute Möglichkeiten.
    Wir sind bereit - ich glaube, die Koalition insgesamt -, Elemente, die den sparsameren Energieverbrauch fördern, in unser Steuersystem stärker und möglichst schnell einzuführen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wozu brauchen Sie dann einen Konsens? Sie haben doch eine Mehrheit!)

    - Weil uns erstens bei jeder Gelegenheit gesagt wird, daß solche Gesetze der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, und weil wir zweitens, wenn wir auf der einen Seite zu Belastungen kommen, auf der anderen Seite zu Entlastungen kommen müssen. Anders ist Umbau nicht möglich.
    Bei den Entlastungen verweigern Sie Ihre Zustimmung, und bei allen Sparmaßnahmen blockieren Sie uns. Sie machen uns unsere Spielräume mit Ihrer Mehrheit im Bundesrat viel geringer, als wir sie gern hätten, zumindest bei allen zustimmungspflichtigen Gesetzen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch abwegig!)

    - Sie haben es doch gerade angekündigt. (Zuruf des Abg. Rudolf Scharping [SPD])

    - Ich will Ihnen ein wunderbares Beispiel sagen. Herr Kollege Scharping, Sie haben doch die Gespräche so sehr belastet, weil Sie im Vorfeld gesagt haben: Ohne eine Vorabsicherung der Kohlefinanzierung - der nun umweltfeindlichsten Energietechnologie -

    (Rudolf Scharping [SPD]: Oje!)

    würden Sie noch nicht einmal der Verbesserung des Familienleistungsausgleichs zustimmen. Das haben Sie gesagt.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Sie haben gesagt: Der Bundesrat wird nicht zustimmen.
    Gestern sagte Ministerpräsident Schröder: Ohne eine Erhöhung der Werftenhilfe - natürlich auch wünschenswert -

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)


    Dr. Wolfgang Schäuble
    wird die Mehrheit der SPD dem Haushalt nicht zustimmen. Also ständig Erpressung, Drohung, Blokkade und Boykott. Deswegen ist der Umbau schwieriger.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Man wird doch wohl noch eine politische Meinung äußern können!)

    Auch wenn wir jetzt bei der Ersatzregelung für den Kohlepfennig das Ziel noch nicht erreicht haben, bleiben wir dem Ziel verpflichtet, unser Steuersystem so umzubauen, daß Energieeinsparung gefördert wird und die Anreize dafür verstärkt werden. Das ist notwendig, und wir werden es auch durchsetzen, auch wenn es wieder auf Widerstände treffen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen zugleich auch im Bereich der Lohn- und Lohnnebenkosten zu weiteren Absenkungen kommen. Das geht aber nicht in der Art von Herrn Scharping, der, nachdem er erst die zu hohen Arbeitskosten beklagt hat, in einem weiteren Teil seiner Rede gesagt hat, daß nach Jahren realen Kaufkraftverlustes endlich wieder einmal Kaufkraftgewinne durch höhere Lohnsteigerungen erzielt werden müßten. So senken Sie die Lohnkosten nicht. Darauf will ich Sie aufmerksam machen. Es kann nur das eine oder das andere sein.
    Gestern haben Sie die vernünftigen und richtigen Überlegungen der Bundesregierung und des Bundesministers Seehofer zur Sozialhilfe zu diffamieren versucht, Herr Kollege Dreßler. - Er ist momentan nicht im Saal. Das ist auch in Ordnung. Nicht jeder kann immer da sein. -

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Seehofer auch nicht!)

    Aber wenn Sie immer die Notwendigkeit diffamieren und dagegen hetzen, daß bei den sozialen Sicherungssystemen dafür gesorgt werden soll, daß die Motivation zur Arbeit, daß Leistungsbereitschaft, Eigenverantwortung und freiwillige Solidarität nicht immer mehr an den Rand gedrängt werden, dann machen Sie den notwendigen Umbau schwerer, auch im Sinne von Einsparungen in Sachen ökologischer Reform.

    (Beifall bei der CDU/CSU Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Dann senken Sie unten doch die Steuern!)

    - Frau Kollegin Matthäus-Maier, wenn Sie einen sinnvollen Sparvorschlag machen würden, könnten wir sofort über weitere Steuersenkungen reden. Im Augenblick haben wir ein Steuersenkungsvolumen in der Größenordnung von 30 Milliarden DM für das nächste Jahr.

    (Zuruf des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] Zuruf von der SPD)

    - Ja, ja. Es wird schon wieder damit gedroht, daß der Bundesrat das blockiert. - Wenn wir durch weitere Ausgabenkürzungen weitere Spielräume erschließen, um so besser. Ich will aber auch darauf hinweisen, daß es mindestens genauso wichtig ist, daß wir den Anstieg der Lohnnebenkosten begrenzt halten.

    (Rudolf Scharping [SPD]: Die können Sie sogar senken!)

    Deswegen werden wir nicht darum herumkommen, bei den sozialen Sicherungssystemen Veränderungen vorzunehmen. Das muß bei der Sozialhilfe anfangen, bei der Hilfe zur Arbeit, um Sozialhilfeempfänger wieder zu ermutigen, eine vorhandene Arbeit auch anzunehmen.

    (Zuruf des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    - Herr Kollege Fischer, wir erteilen im Jahr annähernd 1 Million Ausnahmegenehmigungen vom Verbot des Anwerbens ausländischer Arbeitskräfte von außerhalb der Europäischen Union. Wenn wir nahezu 1 Million Ausnahmegenehmigungen im Jahr brauchen, dann muß es doch erlaubt sein, einmal darüber nachzudenken, ob wir nicht doch für die viel zu große Zahl von Menschen in Deutschland, die keine Arbeit finden können, verbesserte Möglichkeiten schaffen könnten. Das lassen wir durch Ihre Diffamierungskampagnen nicht von vornherein tabuisieren. Wir werden daran weiterarbeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Man könnte der Beispiele viele nennen. Mir ging es darum, gerade im Anschluß an die Rede von Herrn Scharping das Dilemma zu beschreiben. Auf der einen Seite sollten wir nicht so tun, als wäre unser Land ein reines Jammertal, als gäbe es nur noch Not und Elend in unserem Land. Mit solchen Zerrbildern dienen wir den Menschen nicht und erleichtern wir uns im übrigen auch nicht realitätsnahe Entscheidungen für die Zukunft.

    (Otto Schily [SPD]: Zerrbild das ist Ihre Interpretation!)

    Wer die Gegenwart so verzerrt wie die Sozialdemokraten in ihren Analysen, ist unfähig, die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wer auf der anderen Seite jeden vernünftigen gedanklichen Ansatz zu notwendigen Veränderungen von vornherein tabuisiert, der ist unfähig zur Innovation und Erneuerung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deswegen sind Sie eine politische Kraft, die in Wahrheit die Strukturen in unserem Lande verkrustet.

    (Zuruf von der SPD: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    - Aber natürlich! Warum haben Sie denn Probleme? Soll ich Ihnen das Papier des hamburgischen Landesvorstands der SPD vorlesen? Ich habe es hier bei mir. Dieses Papier ist im Januar verfaßt worden. Da

    Dr. Wolfgang Schäuble
    wird auch auf Hamburg Bezug genommen. Das erspare ich Ihnen jetzt. Ich lese Ihnen nur etwas mit Bezug auf die Bundesebene vor. Auf Seite 2 heißt es:
    Die SPD wird nicht annähernd als Ort wahrgenommen, an dem über die Zukunft unseres Landes integrierend und Konzepte formulierend nachgedacht wird.
    Das sagt der Landesvorstand der SPD Hamburg.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Soll ich Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, noch vorlesen, was Herr Scharping aus dem Stegreif den Genossinnen und Genossen des Seeheimer Kreises in Tutzing gesagt hat?

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zukunftswerkstatt des Dr. Kohl!)

    Nein, ich lese es nicht vor. Ich finde, er hat es zur Zeit so schwer. Ich will nicht Salz in die Wunden streuen.

    (Ilse Janz [SPD]: Sie wollen von Ihrem miesen Haushalt ablenken!)

    Es bleibt dabei. Einer Ihrer Kollegen hat dieser Tage gesagt: Die letzte technologische Erneuerung, der die SPD ohne Vorbehalt zugestimmt hat, war die Einführung des Farbfernsehens. Ein bißchen weiter sind wir inzwischen schon gekommen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie sind die Partei der Zukunftsverweigerung. Diese Regierung, diese Koalition geht einen zugegebenermaßen schwierigen Weg

    (Ministerpräsident Oskar Lafontaine [Saarland] nimmt auf der Bundesratsbank Platz Beifall bei der SPD Oh-Rufe von der CDU/ CSU Zurufe von der CDU/CSU: Guten Morgen!)

    - Herr Ministerpräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe ein gewisses Verständnis dafür, daß es nach der Rede von Herrn Scharping durchaus von Interesse ist, daß Herr Lafontaine in den Plenarsaal des Bundestages gekommen ist.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Ministerpräsident Lafontaine, es war nichts Unfreundliches gegen Ihre Person.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich war lediglich gerade dabei zu erklären, daß die
    Sozialdemokratische Partei im Bundestag wie im
    Bundesrat leider immer dann, wenn es um konkrete
    Entscheidungen geht, notwendige Innovationen verhindert und blockiert und daß sie deshalb eine Partei der Zukunftsverweigerung ist.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Zur Bestätigung hat er dann den Saal betreten. Jetzt fehlt nur noch Herr Schröder, dann hätten wir sie zusammen.
    Es ist gut, daß Sie da sind; ich wollte nämlich noch einen ganz anderen Punkt ansprechen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Herr Scharping, man kann natürlich kritisieren, daß manche Probleme noch nicht gelöst sind, daß wir daran noch arbeiten und daß wir uns gelegentlich schwertun. Auch bei uns ist nicht alles hundertprozentig. Aber wir bleiben auf dem Weg, die notwendigen Erneuerungen, Entscheidungen und Veränderungen für die Gewinnung der Zukunft Schritt um Schritt durchzusetzen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da sind wir aber mal gespannt!)

    Wir haben uns seit der deutschen Einheit 1990 auf den Weg gemacht, diese Probleme Schritt um Schritt zu lösen. Ich sage im übrigen: Der Aufbau der neuen Bundesländer wird für die Union auch in den kommenden vier Jahren oberste Priorität auf dem Feld der Wirtschafts- und Finanzpolitik haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wir bleiben auch in einer Zeit hohen Wohlstands, hoher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, härtester internationaler Konkurrenz dem Ziel verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die Menschen in Deutschland die Hoffnung nicht aufgeben, daß wir das Ziel, Arbeit für alle zu schaffen, wieder erreichen. Das wird aber nicht mit einer Tabuisierung von Besitzständen gehen, sondern nur dadurch, daß wir uns zu ganz neuen Schritten und Entscheidungen durchringen: mehr Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor, flexiblere Arbeitszeiten und Maschinenlaufzeiten, auch irgendwann flexiblere Ladenöffnungszeiten, die vermehrte Nutzung privater Haushalte als reguläre Arbeitgeber, mehr Arbeitsplätze im Pflegebereich, überhaupt eine stärkere Förderung des Leistungsaustauschs. Die Nivellierung, die Sie zum Kernthema Ihrer Steuer- und Finanzpolitik machen, wird am Ende nicht den Leistungsaustausch fördern, sondern sie wird dazu führen, daß immer mehr Arbeit in die Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit oder in das Ausland abgedrängt werden wird. So verlieren wir das Ziel „Arbeit für alle" aus den Augen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir werden auch an der Aufgabe weiterarbeiten, den Verbrauch endlicher Ressourcen, insbesondere die Verbrennung fossiler Brennstoffe, zurückzudrängen. Deswegen können wir trotzdem nicht aus der Kernenergie aussteigen. Wir müssen an den ökologischen Elementen unseres Steuersystems weiterarbeiten.

    Dr. Wolfgang Schäuble
    Wir werden das Ziel nicht aufgeben, die europäische Einheit zu vollenden.

    (Zuruf von der SPD)

    - Nein, nein. Es ist gut, daß Herr Lafontaine jetzt da ist. Da wird schon das nächste Spiel vorbereitet. Das sage ich heute, und das werden wir in den nächsten Jahren erleben.
    Herr Lafontaine und die Sozialdemokraten werden wieder die Ängste der Menschen, die sich mit der Vollendung der Währungsunion verbinden, zu politischen Zwecken ausbeuten wollen. Wir dürfen dem nicht nachgeben, meine Damen und Herren.
    Wenn wir auf dem Wege zur unumkehrbaren Einheit Europas resignieren würden, weil die demagogischen Widerstandskräfte zu stark erscheinen, dann würden wir das Wichtigste, das wir in den fünfzig Jahren seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges errungen haben, wieder aufs Spiel setzen. Das werden wir nicht zulassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Auch dies wird manche unbequeme Frage aufwerfen und manche Veränderung für die Deutschen, für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mit sich bringen. Das ist unvermeidlich. Aber man kann den Frieden nicht mit sozialdemokratischen Parteitagsresolutionen bewahren, sondern nur mit verantwortlichem Handeln, und das Verantwortlichste in der Außen- und Sicherheitspolitik ist, daß wir die europäische Einigung unumkehrbar voranbringen, und zwar jetzt und heute und so schnell wie möglich.
    Dazu ist die Vollendung der Währungsunion ein notwendiger Schritt. Ein Scheitern der Währungsunion könnte die Gefahr eines schweren Rückschlags mit sich bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie einmal, wie realistisch das ist!)

    - Ja, ich weiß schon, wie Sie dagegenreden. Ich sage ja - deswegen spreche ich es heute schon an -, das wird uns die nächsten Jahre begleiten. Es ist eine zentrale Aufgabe deutscher Politik.
    Ich füge hinzu: Wenn wir diesen Weg nicht weiter vorangehen, dann werden alle Beteuerungen, man sei für das friedliche Zusammenleben von deutschen und ausländischen Mitbürgern, durch die Wirklichkeit Makulatur werden. Ohne europäische Einigung werden wir angesichts der unabsehbaren Risiken im Osten wie im Süden und im Südosten nicht in der Lage sein, Stabilität als Voraussetzung für friedliches Zusammenleben der Menschen im Innern wie im Äußeren so sicher zu gewährleisten, daß Liberalität und Toleranz in unserer Gesellschaft erhalten bleiben.
    Deswegen auch ist die Bewahrung des inneren Friedens eine Aufgabe von allerhöchster Bedeutung. Aber sie ist wiederum nicht allein mit gutgemeinten Appellen zu bewältigen, sondern sie ist nur zu bewältigen, wenn wir eine Politik von Vernunft und Verantwortung mit einem möglichst breiten Konsens gerade in diesen schwierigen Fragen betreiben.
    Deswegen warne ich davor, am Asylkompromiß herumzuzündeln. Wer diesen wieder aufs Spiel setzt, versündigt sich gerade an unseren ausländischen Mitbürgern.

    (Beifall bei der CDU/CDU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Rudolf Scharping [SPD]: Da sind wir uns einig, aber jetzt bitte etwas zu den praktischen Fragen!)

    Wer in der inneren Sicherheit den Konsens zwischen den Verantwortlichen in Bund und Ländern immer weiter erodieren läßt, immer mehr zerbröseln läßt, der versündigt sich an der inneren Sicherheit und am Vertrauen der Menschen in die Schutzfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats.
    Deswegen müssen wir die sozialdemokratischen Innenminister in zu vielen Bundesländern auffordern, daß sie endlich wieder mehr zur gemeinsamen Verantwortung für die innere Sicherheit in unserem Lande zurückkehren.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Beim Abschiebestopp, in der Frage der Abschiebepraxis zündeln Sie am Asylkompromiß. Wenn Sie sich in den Ländern nicht mehr zu einer einheitlichen gesetzestreuen Abschiebepraxis bekennen, dann zündeln Sie am Asylkompromiß. Wenn Sie in der inneren Sicherheit nicht mehr zu einem einheitlichen polizeilichen Vollzug in Bund und Ländern kommen, zündeln Sie an der inneren Sicherheit. Indem Sie im Vollzug von Bundesgesetzen bei der Kernenergie auf ausstiegsorientierten Gesetzesvollzug setzen, zündeln Sie an den Grundlagen unseres föderalen Rechtsstaates.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die Länder dürfen nicht aus ideologischen Gründen beim Vollzug der Bundesgesetze von der gesetzlichen Praxis abweichen.
    Deswegen sage ich: Lassen Sie uns die Grundlagen unseres freiheitlichen Rechtsstaates intakt halten. Lassen Sie uns mit übrigens schwierigen - auch außenpolitischen - Fragen sensibler umgehen, Herr Kollege Scharping, als Sie das in Ihrer Rede gerade getan haben!

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Sehr wahr! Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Sensibler" ist gut! Das sagen Sie mal dem Kohl! Das sagen Sie mal dem Kanzler! Wieso sagen Sie das hier zur Opposition!)

    - Herr Kollege Fischer, wenn Sie die Liebenswürdigkeit hätten, mir das Recht zuzugestehen, daß ich das sage, was ich sagen möchte. Sie sagen das, was Sie für richtig halten. Jetzt bin ich gerade dabei zu reden.

    Dr. Wolfgang Schäuble
    Was Sie zu den Vorbereitungen der Feiern zum 8. Mai gesagt haben, Herr Kollege Scharping, war nicht nur wahrheitswidrig, sondern es war unverantwortlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich angesichts dessen, was Sie zu verantworten haben! Das ist unglaublich! Sie wissen besser, wie es war!)

    - Herr Präsident, könnten Sie diesen Schreihals einmal abstellen?


Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Darf ich Sie für einen Moment unterbrechen? - Herr Kollege Fischer, es ist Ihre Sache, als wessen Protektor Sie sich hier aufspielen. Aber es ist die Sache des Präsidenten, dafür zu sorgen, daß der Redner zu Wort kommt. Sie lassen den Redner gelegentlich überhaupt nicht mehr zu Wort kommen. Also bitte, mäßigen Sie sich.

(Widerspruch bei der SPD - Otto Schily [SPD]: Was heißt hier „Protektor", Herr Präsident? Was soll diese Bemerkung? Sie haben hier nicht in die Debatte einzugreifen!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Fischer, darf ich Ihnen in aller Freundschaft etwas sagen?

    (Zuruf von der SPD: Aus Gründen der Wahrheit!)

    - Ich wollte ja gerade die Wahrheit sagen; ich werde sie auch sagen. Sie werden mich nicht daran hindern.
    Ich wollte Ihnen bei dieser Gelegenheit einmal etwas sagen und Sie um etwas bitten. Aus Gründen, die ich nicht weiter erläutern möchte, habe ich nicht eine so kräftige Stimme wie andere. Jetzt bin ich auch noch erkältet. Da geht es mir wie Herrn Scharping. Ich wünsche Ihnen gute Besserung und Sie mir auch. Vielen Dank.

    (Heiterkeit)

    Tun Sie mir den Gefallen, und machen Sie mir akustisch das Reden nicht so schwer. Aber lassen Sie die Hoffnung fallen, Sie würden mich, wenn Sie es mir schwermachen, daran hindern. Sie werden mich nicht daran hindern.
    Jetzt will ich Ihnen sagen, was ich im Hinblick auf den 8. Mai in Ihrer Rede unverantwortlich fand. Herr Kollege Scharping, die Repräsentanten der fünf Verfassungsorgane des Bundes - der Herr Bundespräsident, der Bundeskanzler, die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, die Präsidentin des Bundestages und der Präsident des Bundesrates - haben im Januar am Rande des Neujahrsempfangs des Herrn Bundespräsidenten in Berlin miteinander gesprochen. Der Herr Bundespräsident hat mich danach zu einem Gespräch empfangen - weil ich zu spät gekommen war - und mir darüber berichtet. Sie haben den Staatsakt zum 8. Mai miteinander verabredet. Die Planung war anders als die jetzt vorgesehene Feier. Sie wissen, daß dann der Präsident der Französischen Republik, François Mitterrand, den Wunsch geäußert hat, am 8. Mai, 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, in Deutschland zu den Deutschen zu sprechen, was ich übrigens für ein großartiges Angebot halte und für das ich mich bedanke.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Sie wissen, daß sich daran - das liegt ja nahe - die Überlegung angeknüpft hat, ob nicht auch ein Vertreter Rußlands, ein Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika und der britische Premierminister zusammen mit dem Präsidenten der Französischen Republik am 8. Mai zu den Deutschen sprechen sollten.
    Dann haben wieder die Repräsentanten der Verfassungsorgane des Bundes - der Herr Bundespräsident, der Herr Bundeskanzler, die Frau Bundestagspräsidentin und der Herr Bundesratspräsident, ich nehme an, auch die Frau Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts - verabredet - so bin ich und sind auch Sie, alle Fraktionsvorsitzenden, durch die Frau Bundestagspräsidentin unterrichtet -, daß man nicht mehr an der ursprünglichen Planung des Staatsakts festhalten wolle. Man hat sich angesichts des großartigen Angebots und der großartigen Chance für das entschieden, was nun für den 8. Mai in Berlin geplant ist.
    Das deutsch-polnische Verhältnis ist wichtig. Ich gehöre zu denjenigen, die sagen: Die Entwicklung in Polen gehört für mich zum Wunderbarsten. Diese Entwicklung

    (Zuruf von der SPD: Das wird ja immer schlimmer!)

    - lassen Sie mich das doch einmal im Ernst sagen -, die den Deutschen die Einheit in Frieden und Freiheit im Jahre 1990 gebracht hat, hat für mich in Polen mit Solidarnosc 1980/81 begonnen. Das ist am Ende dieses Jahrhunderts etwas ungeheuer Großartiges.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Nun ist die Frage, wie man damit umgeht.

    (Zuruf von der SPD: Jedenfalls nicht taktlos!)

    Dabei sind möglicherweise mancherlei Fehler gemacht worden.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    - Klatschen Sie nicht so laut.
    Ich bin nicht ganz sicher, ob der polnische Außenminister - der Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels ist ein ganz großartiger Mann - ganz glücklich darüber ist, öffentlich eine Initiative ergriffen zu haben, die man nicht öffentlich macht und mit der man Dinge erschwert. Ich finde, man sollte darüber im Deutschen Bundestag nicht streitig reden.

    (Otto Schily [SPD]: Warum reden Sie dann darüber?)


    Dr. Wolfgang Schäuble
    - Entschuldigung. Ich sage das, weil Herr Scharping den Bundeskanzler in einer Weise persönlich diffamiert hat, die völlig unerträglich ist und die zurückgewiesen werden muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Und dann sage ich Ihnen auch das zweite. Es wird darüber debattiert, ob der 8. Mai zu Freude oder Trauer, zu Feier oder Gedenken Anlaß gibt. Herr Scharping, Sie sind ein wenig jünger als ich. Ich bin 1942 geboren; ich habe keine Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg. Aber wollen wir denen, die im Krieg waren, denen, die ihre Männer, Väter, Söhne im Krieg verloren haben, absprechen, daß sie um die Opfer, um die Toten, um die entsetzlichen Verluste des Zweiten Weltkrieges trauern?

    (Rudolf Scharping [SPD]: Entschuldigung, darum ging es nicht! Ingrid MatthäusMaier [SPD]: Schämen Sie sich! Pfui-Rufe von der SPD)

    - Entschuldigung, Sie, Herr Kollege Scharping, haben es für richtig gehalten, einen Kollegen meiner Fraktion, dem Ehrenvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alfred Dregger - Sie haben ihn nicht namentlich genannt, aber er ist gemeint - vorzuwerfen, daß er gesagt hat, für ihn und bei seinem Lebensweg sei die Erinnerung an den 8. Mai 1945 vor allem auch mit Trauer verbunden. Wer sind wir denn, daß wir diejenigen, die ihre Väter, Söhne, Brüder verloren haben, dafür kritisieren, daß sie darum trauern!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei der F.D.P.)

    Deshalb finde ich, daß diese Art von Streit, die Sie hier zu entfachen versucht haben, schäbig, kleinlich und verantwortungslos ist.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei der F.D.P.)

    Deswegen finde ich, daß wir uns einig sein sollten, daß wir in bezug auf diese 50 Jahre seit dem Zweiten Weltkrieg mit seinen entsetzlichen Verlusten, mit den entsetzlichen Verbrechen der nationalsozialistischen Zeit, mit der Vertreibung und all dem sagen sollten: Jetzt haben wir 50 Jahre Frieden und europäische Einigung, sogar die deutsche Einheit, und daher sollten wir uns jetzt gemeinsam darum bemühen, daß dieses großartige Werk des Friedens, der Einheit und der europäischen Einigung weiter fortgesetzt wird. Dafür wird die Union arbeiten.
    Das ist auch ein Teil der Politik, die mit dem Haushalt 1995 durch die Koalition fortgesetzt wird. Deswegen stimmt die Fraktion der CDU/CSU dem Einzelplan 04 des Haushalts 1995 zu.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU und der F.D.P.)