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ID1303023300

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    Plenarprotokoll 13/30 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 30. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. März 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414) Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 13/506, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksachen 13/524, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 13/525, 13/527) Uta Titze-Stecher SPD 2131 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 2136A Uta Titze-Stecher SPD 2136C Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . 2137A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2138D Ina Albowitz F.D.P. 2140C Ulla Jelpke PDS 2143C Manfred Kanther, Bundesminister BMI 2145A Dr. Winfried Wolf PDS . 2147B Otto Schily SPD . . . . . . . . . 2148A Erwin Marschewski CDU/CSU 2150 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . 2151 D Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 13/507, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache 13/527) Gunter Weißgerber SPD 2153 D Manfred Kolbe CDU/CSU 2156 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2158A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 2159C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2159D Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . 2160 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 2161 B Dr. Susanne Tiemann CDU/CSU . . . 2162B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 2164 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 2166B Norbert Geis CDU/CSU 2167 B Hermann Bachmaier SPD 2167 D Otto Schily SPD 2168 B Einzelplan 11 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 13/511, 13/527) Dr. Konstanze Wegner SPD 2169 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU 2172 C Uta Titze-Stecher SPD 2174 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2174D Dr. Gisela Babel F.D.P 2175B, 2192D Ina Albowitz F.D.P. 2178A Dr. Heidi Knake-Werner PDS 2179D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 2181 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2182C Dr. Gisela Babel F.D.P 2184D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 2186A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2187C Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 2189C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 2190A Ottmar Schreiner SPD 2190 B Volker Kauder CDU/CSU 2191 A Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 2194A Horst Seehofer CDU/CSU 2195A Jürgen W. Möllemann F.D.P. 2196D Heiner Geißler CDU/CSU . . . . . . . 2197 C Einzelplan 30 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (Drucksachen 13/522, 13/527) Dieter Schanz SPD 2200 D Steffen Kampeter CDU/CSU 2204 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2206B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 2207 C Dr. Ludwig Elm PDS 2209 A Christian Lenzer CDU/CSU 2210B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF . . . . . . . . . . . . . . . 2211 C Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drucksachen 13/517, 13/527) Siegrun Klemmer SPD . . . . 2215A Peter Jacoby CDU/CSU . . . . . . . . 2219B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . 2221 A Heinz Lanfermann F.D.P 2222 B Heidemarie Lüth PDS 2223 D Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 2224 C Christel Hanewinckel SPD 2226 A Maria Eichhorn CDU/CSU 2227 C Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit (Drucksachen 13/515, 13/527) Gerhard Rübenkönig SPD . . . . . . 2228 D Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU . . . 2232B Uta Titze-Stecher SPD 2232 C Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2234 D Dr. Dieter Thomae F.D.P 2236B Dr. Ruth Fuchs PDS 2237 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG 2238 C, 2243 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2239 A Klaus Kirschner SPD 2239 D Klaus Kirschner SPD . . . . . . . . 2243 A Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 13/516, 13/527) Eckart Kuhlwein SPD 2244 A Arnulf Kriedner CDU/CSU 2247 A Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2249 A Steffen Kampeter CDU/CSU 2250C Birgit Homburger FD P. 2250D Rolf Köhne PDS 2253 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . 2253D Ulrike Mehl SPD 2256 A Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU . . . . . . . . . . . . . . . 2257 C Uta Titze-Stecher SPD 2258 B Einzelplan 25 Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 13/521, 13/527) Dr, Rolf Niese SPD 2259C Herbert Frankenhauser CDU/CSU . . 2262D Dieter Pützhofen CDU/CSU 2263 B Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2265 C Jürgen Koppelin F.D.P 2267 A Klaus-Jürgen Warnick PDS 2268 C Gert Willner CDU/CSU 2269 B Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 2271 A Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr (Drucksachen 13/512, 13/527) Hans Georg Wagner SPD 2274 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2278B, 2280 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 2279 B Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . 2281D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . 2283 B Dr. Dionys Jobst CDU/CSU 2283 D Horst Friedrich F.D.P. . . . . . .. . 2284 B Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . 2285 C Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 2287B Einzelplan 13 Bundesministerium für Post und Telekommunikation (Drucksachen 13/513, 13/527) Hans Martin Bury SPD 2289 D Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 2294 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2296C Jürgen Koppelin F.D.P 2298 A Gerhard Jüttemann PDS 2299 B Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 2300C Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/510, 13/527) Ilse Janz SPD 2302D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 2307 B Ulrike Höfken-Deipenbrock BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2309 C Dr. Günther Maleuda PDS . . . . 2310 D Meinolf Michels CDU/CSU 2311D Jochen Borchert, Bundesminister BML 2313A Erweiterung der Tagesordnung 2315A Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrages der PDS: Einladung von Repräsentanten aller Länder, die Opfer des von Nazi-Deutschland ausgegangenen Aggressionskrieges wurden (Drucksache 13/965) . . 2315 A Nächste Sitzung 2315 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2317* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 22 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 12 - Bundesministerium für Verkehr) Dr. Dagmar Enkelmann PDS 2317* A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 23 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 13 - Bundesministerium für Post und Telekommunikation) Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU , 2318* A Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 24 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 10 - Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . 2319* C 30. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 29. 03. 95 Büttner (Ingolstadt), SPD 29. 03. 95 Hans Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 29. 03. 95 Hartmut Gansel, Norbert SPD 29. 03. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 29. 03. 95 Heym, Stefan PDS 29. 03. 95 Meißner, Herbert SPD 29. 03. 95 Tippach, Steffen PDS 29. 03. 95 Vergin, Siegfried SPD 29. 03. 95 Welt, Jochen SPD 29. 03. 95 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 22 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 12 - Bundesministerium für Verkehr) Dr. Dagmar Enkelmann (PDS): „Die Völker erwarten von uns, daß wir die notwendigen Beschlüsse fassen, um sie vor drohendem Schaden zu bewahren", so wird Umweltministerin Merkel aus ihrer Eröffnungsrede der Klimakonferenz zitiert. Wenn ich mir einerseits solch beschwörende Reden anhöre und andererseits die nackten Tatsachen dieses Haushalts betrachte, kann ich mich nur wundern. Wo, bitte schön, sind denn die „notwendigen Beschlüsse", die eine Klimakatastrophe vielleicht noch abwenden könnten? Ist das vielleicht der Beschluß, die Mittel für Investitionen in die Schiene um mehr als eine halbe Milliarde DM zu kürzen und die vorgesehenen Kürzungen für Straßenbauinvestitionen wieder um 350 Millionen DM zurückzunehmen? Ist damit vielleicht der Beschluß gemeint, in diesem Land, das ohnehin über eines der dichtesten Straßennetze der Welt verfügt, jährlich über 8 Milliarden DM in Straßen zu investieren? Die Glaubwürdigkeit dieser Bundesregierung ist wirklich keinen Pfifferling mehr wert. Sie heften sich den Rückgang der CO2-Emissionen stolz als Erfolg Ihrer Reduktionsbemühungen an die Brust und verschweigen dabei, daß der verzeichnete Rückgang nur auf die Deindustrialisierung in den neuen Län- Anlagen zum Stenographischen Bericht dem zurückzuführen ist. Im Westen stieg nämlich der Kohlendioxid-Ausstoß um 3 %, im Verkehrssektor - hören Sie gut zu, Herr Wissmann - sogar um 17 % zwischen 1987 und 1992. Ihr Haushalt ist ein Klimakiller-Haushalt und ein sicherer Garant dafür, daß diese Steigerungsraten auf weitere Jahre festgeschrieben werden. Erforderlich wäre wohl eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Ihren gesamten Haushalt. Mit dieser Zielrichtung müßte dann auch der Bundesverkehrswegeplan revidiert werden. Ein erster Schritt wäre ein Ausbaustopp für Bundesfernstraßen in den alten Bundesländern. Konnte man bisher darauf hoffen, daß das, was Studien und Appelle nicht vermochten, nämlich weiteres durch Straßenneubau induziertes Verkehrswachstum zu verhindern, dann letztlich durch leere Kassen des Bundes bedingt wurde, so gilt auch das seit neuestem nicht mehr. Die Bundesregierung läßt sich den Straßenneubau privat vorfinanzieren und baut so einen weiteren Schattenhaushalt auf. Um auf dem Papier einen Anstieg der Neuverschuldung zu vermeiden, verschwendet die Bundesregierung zig Millionen DM. Das Konzessionsmodell ist nämlich gegenüber einer Haushaltsfinanzierung schlicht und einfach unwirtschaftlich. Die Projekte verteuern sich durch die Einschaltung privater Geldgeber um 30 bis 40 %, da der Staat für die hohen Refinanzierungskosten der privaten Projektträger aufkommen muß. Nun sagen Sie, es handelt sich bei den Projekten, für die jetzt Verpflichtungsermächtigungen ausgebracht sind, ja nur um Pilotprojekte. Sie wollen testen, wie sich die private Vorfinanzierung gesamtwirtschaftlich auswirkt. Das ist doch lächerlich. Können Sie mir einen Grund nennen, warum die Berechnungen des Bundesrechnungshofes nicht ausreichend sein sollten, um das zu belegen, was heute ohnehin schon jedes Kind weiß: Der Kauf auf Raten kommt teurer. Der Bundesrechnungshof hat berechnet, daß eine private Vorfinanzierung beim Engelberg-Tunnel z. B. rund 8 Millionen und bei der vierten Elbtunnel-Röhre sogar mehr als 23 Millionen DM teurer würde. Das sollte eigentlich ausreichen, um jeden verantwortlich denkenden Menschen von solch abenteuerlichen Finanzierungsmodellen abzubringen. Auch das Argument, Sie kaufen damit Zeit ein, ist an den Haaren herbeigezogen. Der öffentliche Haushalt kann jederzeit Kredite für Investitionen in unbegrenzter Höhe aufnehmen. Wenn Sie das täten, müßten Sie allerdings den Bürgerinnen und Bürgern die Wahrheit darüber sagen, wie verschuldet diese Bundesregierung tatsächlich ist. Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit aber scheuen Sie wie der Teufel das Weihwasser. So lügen Sie sich, vor allem aber den Bürgerinnen und Bürgern in die Taschen und bauen weiter an der betonierten Republik Deutschland. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 23 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 13 - Bundesministerium für Post und Telekommunikation) Elmar Müller (Kirchheim) (CDU/CSU): Die Aufgabe, die wir uns mit der Postreform II gestellt haben, war es, das Überleben der Postunternehmen auf Dauer zu sichern und gleichzeitig Leben in den Kommunikationsmarkt zu bringen. Meine Kollegen und ich wissen, daß wir uns hier auf einer schwierigen Gratwanderung befinden. So scheint es mir bezeichnend, daß es in der CSU Herrn Stoiber deutlich zu langsam mit dem Wegfall der Telekommonopole geht, wogegen Herr Waigel, aus Sorge um eine zu starke Belastung der Telekom AG, zur Zurückhaltung mahnt. Die F.D.P. macht es sich da viel leichter. Sie fordert den Fortfall der Monopole und verheimlicht ihrer Klientel einfach, daß sie dem Gesetz selbst zugestimmt hat, mit dem der Telekom AG bis zum 1. Januar 1998 das Netz- und Sprachdienstmonopol übertragen wurde. Unzuständigkeitshalber, aber wortreich kann Herr Rexrodt als Bundeswirtschaftsminister dann genau das anmahnen, was der Bundespostminister gerade erarbeitet und Anfang dieser Woche veröffentlicht hat, nämlich die Eckpunkte des zukünftigen Regulierungsrahmens im Telekommunikationsbereich. Die SPD tut sich wie gewohnt schwer. Die einen fürchten mit einem schrittweise wachsenden Wettbewerb um den Börsenwert der Deutschen Telekom AG und unterschätzen offensichtlich die Intelligenz der Anleger. Wer kauft schon gerne einen Monopolisten im Sack, der 1998 plötzlich nackt vor den Anlegern steht, weil man ihm in einem Rutsch die schützende Monopoldecke weggezogen hat. Die anderen in der SPD setzen zwar auf die im Wettbewerb neu entstehenden zukunftssicheren Beschäftigungsmöglichkeiten, entpuppen sich aber allzu schnell als Pseudoliberale, deren Presseerklärungen mit Vorsicht zu genießen sind. Für sehr begrüßenswert halte ich das erste konkrete Papier der SPD zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes, so wie es als Presseerklärung am letzten Wochenende abgesetzt worden ist. Allerdings erscheint die plakative Kritik an dem Entwurf eines Eckpunktepapiers des Ministers eher grotesk, da man offensichtlich weder den vollständigen Inhalt kannte noch bereit war, zwei Tage bis zur Vorlage des Eckpunktepapiers zu warten. Einer seriösen und der Sache angemessenen Auseinandersetzung scheint es mir nicht dienlich, sich mit „bekanntgewordenen Vorstellungen" eines Entwurfs statt mit dem Papier selbst auseinanderzusetzen. Wer die Papiere sorgfältig studiert, wird feststellen, daß wir nicht weit auseinanderliegen, und es sollte uns gelingen, mit vernünftigen Argumenten Dissenspunkte abzubauen und schnellstmöglich zu einer tragfähigen Lösung zu gelangen. Wir haben in unserem Positionspapier ganz deutlich festgestellt, daß bis zum Jahre 1998 der Telekom AG die Möglichkeit eingeräumt werden muß, sich geordnet auf den Wettbewerbsmarkt einzurichten. Dies entspricht unserer Überzeugung, da eine finanziell angeschlagene Deutsche Telekom AG weder der deutschen Wirtschaft in ihrer Gesamtheit dienen würde noch im Hinblick auf den zukünftigen Börsengang und den Finanzplatz Deutschland hinnehmbar wäre. Es kann auch keine Rede davon sein, daß die Telekom übermäßig einseitig belastet werden soll. Aber, um es klar und deutlich zu sagen: Wir werden hier einen Markt und einen fairen Wettbewerb erst schaffen müssen. Die Warnung der SPD vor einer übermäßigen asymmetrischen Belastung der Telekom AG scheint konsensfähig zu sein. Wir sollten uns doch einig sein, daß das fünftgrößte deutsche Unternehmen mit einem Umsatz von fast 70 Milliarden D-Mark und dem einzigen flächendeckenden Kommunikationsnetz eine andere Infrastrukturverantwortung tragen muß als etwa kleine mittelständische Anbieter zukünftiger Telefondienstleistungen. Gerade hier kommen doch regional beschränkte oder sogar anwendungsbezogen innovative Dienste in Betracht. Es gibt unzählige technische Anwendungsmöglichkeiten, die nur für kleine Benutzergruppen Sinn machen. Der Markt wird sofort versuchen, die jeweils erforderlichen Techniken den Kunden zur Verfügung zu stellen. Vielen Anwendungen im Multimediabereich, wie z. B. Homeshopping, kommt gerade außerhalb der Ballungsräume große Bedeutung zu. Pauschale Ausbauverpflichtungen würden mittelständische Unternehmen völlig überfordern und auch gar keinen Sinn machen, da nur Megakonsortien derartige Investitionen aufbringen könnten. Hunderte kleine zusammenwachsende Inseln decken die Bedürfnisse der Bürger aber sicher besser ab, als auf wenige Großunternehmen zu setzen. Wir wollen nicht Flächendeckung als Auflage für alle. Wir wollen Flächendeckung durch alle! Das bedeutet, Insellösungen ja, und zwar so schnell und so viele wie möglich. Wie können Sie denn, Herr Bury, von einer Schieflage unseres Wettbewerbsmodells sprechen, wenn wir Unternehmen mit vielleicht einigen Dutzend Beschäftigten nicht mit den gleichen Infrastrukturauflagen belasten wollen wie die Deutsche Telekom mit über einer Viertelmillion Mitarbeitern? Sie fordern Chancengleichheit und gleichzeitig Infrastrukturauflagen bereits bei unter 25 % Marktanteil. Ab wieviel Prozent, Herr Bury, gedenken Sie denn bei Ihrer Art Chancengleichheit kleine Anbieter genauso zu behandeln wie den fünftgrößten Telekommunikationskonzern der Welt? Für kritisch und undurchführbar halte ich die Forderung der SPD nach Bereitstellung einer breitbandigen Infrastruktur für alle Bürger, und das, wie der Vorsitzende des Postausschusses, der Kollege Börnsen, gefordert hat, innerhalb etwa 5 Jahren. Dies geht jedoch völlig an den Realitäten vorbei und wäre nicht einmal, und dies weiß die SPD ganz genau, vom bisherigen Monopolunternehmen Telekom zu leisten, geschweige denn zu finanzieren. Bei rund 37 Millionen Wohnungen liegt der Versorgungsgrad etwa beim Breitbandkabelnetz der Telekom nach nunmehr 12 Jahren bei immerhin 62 %. Nach 5 Jahren waren gerade einmal 3 Millionen Wohnungen angeschlossen. Kein Mensch - ja nicht einmal Politiker - hätte von der Telekom jemals gefordert, den bevorzugten Ausbau von Ballungsgebieten zu stoppen und statt dessen ländliche Regionen zu erschließen. Zu Recht hat sich die Telekom auf Ballungsräume konzentriert, und selbst hier warf ihr der Bundesrechungshof noch das „planlose Verlegen von Fernsehkabeln" vor. Wir brauchen uns doch, lieber Herr Börnsen, nicht tatsächlich über die Versorgung mit Kabelfernsehen auf dem Lande zu unterhalten, wenn sich heute nach 12 Jahren Breitbandkabelausbau die Bundesbürger in unzähligen Stadtrand-Lagen darüber beschweren, daß die Telekom zu einem weiteren Ausbau aus Rentabilitätsgründen nicht mehr bereit ist. Jeder kennt doch die Klagen abseits gelegener Dörfer aus seinem Wahlkreis. Und hier betreiben nicht etwa die privaten Anbieter „Rosinenpicken", sondern die Telekom. Sie allein bestimmt nach Rentabilitätsgesichtspunkten sogenannte Ausbaugebiete, in denen die privaten Kabelnetzbetreiber nicht tätig werden durften. Dennoch haben die Privaten in den vergangenen Jahren bis heute rund 3,5 Millionen Wohneinheiten über Breitbandkabelnetz mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen in den für die Telekom unrentablen Gebieten versorgt. Der von der SPD immer wieder bemühte Infrastrukturauftrag wird, wenn man hierunter also die Versorgung der weniger lukrativen Bereiche in Deutschland versteht, ganz eindeutig von den über 300, häufig mittelständischen Wettbewerbern mit Leben erfüllt. Wenn wir dann auch noch auf neue alte Kampfbegriffe wie der „Zwei-Klassen-Informationsgesellschaft" verzichten, wird es uns eher gelingen, dem gerecht zu werden, was sowohl Bürger wie Wirtschaft von uns fordern, nämlich bereits in den nächsten Monaten die wesentlichen politischen Entscheidungen zu treffen, die einen möglichst raschen Ausbau einer zukunftsweisenden deutschen Telekommunikationsinfrastruktur ermöglichen. Wer allerdings bereits vor der Veröffentlichung des Eckpunktepapiers des Ministers und ohne ein einziges Gespräch abzuwarten mit der notwendigen Zustimmung der SPD im Bundesrat droht, wie der Kollege Bury dies meinte tun zu müssen, der scheint unter dem ständigen Gefühl zu leiden, ohne massive Drohungen nicht ernstgenommen zu werden. Die vorgelegten Papiere sollten zur politischen Diskussion einladen. Sie dienen nicht als Plattform für Profilierungsversuche einzelner Politiker. Wir suchen konsensfähige Lösungen. Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, über die Papiere zu sprechen und offen zu diskutieren. Drohungen sind da sicherlich wenig hilfreich. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 24 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 10 - Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) Jürgen Koppelin (F.D.P.): Die Haushaltskonsolidierung konnte auch vor dem Einzelplan 10 des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nicht haltmachen. Doch dabei haben wir als F.D.P. die wesentlichen agrarpolitischen Ziele nicht vernachlässigt. Mein Kollege Günther Bredehorn hat schon einmal hier sehr richtig festgestellt: „Sparzwänge können auch etwas Positives haben. Sie zwingen zur Prioritätensetzung. " Das geschieht beim Einzelplan 10. Politische Herausforderung der nächsten Jahre bleibt die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft. Die Landwirte und ihre Familien müssen auch weiterhin die Chance erhalten, ihren eigenen, individuellen Weg bei der Bewirtschaftung ihrer Betriebe zu gehen. Zusätzliche Freiräume zur Steigerung der Produktivität und Effizienz sind dabei notwendig. Den nachwachsenden Rohstoffen gilt dabei unser besonderes Interesse. Ihr Anbau kann zukunftsweisend sein. Die Mittel, die wir hier den Landwirten zur Verfügung stellen, sind ein Beitrag zur Umwelt. Völlig überrascht habe ich bei den Berichterstattergesprächen zur Kenntnis nehmen müssen, daß die GRÜNEN eine Reduzierung der Haushaltsmittel in diesem Bereich wollten. Hier zeigt sich die Ernsthaftigkeit „grüner" Politik. Mit der Anhebung des förderfähigen Investitionsvolumens im Rahmen der einzelbetrieblichen Investitionsförderung auf 100 Millionen DM machen wir den Weg frei für eine zukunftsweisende Agrarpolitik. Mit den Komplementärmitteln der Länder stehen damit 170 Millionen DM mehr zur Verfügung. Aber die Herausbildung effizienter Betriebsstrukturen - und die sind notwendig, um langfristig den Sonderstatus der Landwirtschaft im nationalen und internationalen Wirtschaftsgefüge abzubauen - kann nicht allein über die Stärkung der landwirtschaftlichen Erwerbsmöglichkeiten erfolgen. Ein zweites wirtschaftliches Standbein muß aufgebaut werden. Die F.D.P. plädiert daher für eine stärkere Gewerbe- und Dienstleistungsorientierung des landwirtschaftlichen Unternehmertums. Erste und erfolgreiche Schritte sind bereits von den Landwirten gemacht worden. Die Steigerung des Direktabsatzes landwirtschaftlicher Produkte ist nur ein Beispiel unter vielen. Hier zeigen sich die Stärken der deutschen Landwirtschaft: hohes Qualitätsniveau auf der Basis guter natürlicher Bedingungen kombiniert mit Anbindung an die Verbraucher. Diese Kombination kann zu einer weiteren, soliden Erwerbsquelle für die Landwirte werden. Allerdings, wenn wir das von Minister Seehofer vorgelegte Geflügelfleischhygiene-Gesetz beschließen würden, wäre das ein erheblicher Rückschlag für die Bemühungen um die Direktvermarktung. Der ländliche Raum bietet sich als Wirtschaftsbasis für Unternehmertätigkeit geradezu an. Für kreative Landwirte, bei denen Selbständigkeit und Gesamtverantwortung Tradition haben, ist er eine ideale Grundlage. Sie sollten ihn verstärkt zum eigenverantwortlichen Handeln nutzen. Nicht der staatliche Prämienempfänger, sondern nur der im Wettbewerb fit gemachte Unternehmer ist in der Lage, sich gegen die inner- und außereuropäische Konkurrenz durchzusetzen. Der Landwirt als Dienstleister im ländlichen Raum - ein Ziel liberaler Landwirtschaftspolitik, das von uns allen weiter verfolgt werden sollte. Davon profitieren nicht nur die Landwirte und ihre Familien. Deshalb gilt unser uneingeschränktes Ja den Strukturverbesserungen. Beim Küstenschutz hätte die F.D.P. gern mehr gemacht. Aber die zuständigen Länderminister haben die Latte der Anforderungen zu hoch gelegt. Die überzogenen Umweltanforderungen beim Küstenschutz in den norddeutschen Ländern sind inzwischen völlig inakzeptabel; die Effizienz der Hilfestellung ist damit nicht mehr sichergestellt. Nicht nur innerhalb des Agrarsektors sind strukturverbessernde Maßnahmen notwendig, sondern auch bei Hilfen für die Schaffung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten, in anderen Unternehmensformen und auch außerhalb der Landwirtschaft. Soviel ist heute schon sicher: Die derzeitigen Haushaltsbelastungen im Agrarbereich sind zu hoch und unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen und Umwälzungsprozessen innerhalb Europas auf Dauer nicht vertretbar. In der Agrarsozialpolitik sind in der letzten Legislaturperiode die entscheidenden Weichen gestellt worden. In den Jahren 1995 bis 1997 wird die Bundesregierung 1 Milliarde DM bereitstellen. Ein Betrag, mit dem die eigenständige soziale Sicherung der Bäuerin eingeführt werden kann. Das Agrarsozialreformgesetz ist bei den Betroffenen überwiegend positiv aufgenommen worden. Daß Kritik geübt wird, ist normal. Wir werden Einwände gegenüber einzelnen Bestimmungen des Agrarsozialgesetzes prüfen. Erste Gespräche sind in der F.D.P. bereits dazu geführt worden. Wichtig war uns, daß mit der Agrarsozialreform erreicht wird, daß rund 230 000 Bäuerinnen endlich eine eigene Alterssicherung und Schutz bei Erwerbsunfähigkeit erhalten, der Explosion der Beiträge zur Altershilfe ein Riegel vorgeschoben wird. Das gesamte System der agrarsozialen Absicherung ist finanziell stabilisiert worden. Besonders freuen dürfte sich darüber sicher unser Freund Josef Ertl, der einst die neue Agrarsozialpolitik einleitete. Von dieser Stelle auch nachträglich herzliche Glückwünsche an Josef Ertl zum 70. Geburtstag. Die Landwirtschaft befindet sich inmitten eines schwierigen Anpassungsprozesses. Der Haushalt trägt dem durchaus Rechnung. Die Vergabe staatlicher Mittel bietet gerade in Zeiten knapper Kassen die Chance, den notwendigen Entwicklungsprozeß zu flankieren und Effizienzsteigerungen sowie Strukturanpassungen zu beschleunigen. Dauersubventionen und Regulierungen müssen abgebaut werden, neue Subventionsfelder vermieden werden. Denn heute geht es mehr denn je darum, der unternehmerischen Landwirtschaft eine Bresche zu schlagen. Nur mit ihr ist eine Stärkung der Landwirtschaft langfristig möglich und auf Dauer erfolgreich.
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    Rede von Arnulf Kriedner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kuhlwein, zunächst einmal kann ich mich, in einem etwas kürzeren Teil, Ihrem Dank an die Mitberichterstatter anschließen und vor allen Dingen für die ausgezeichnete Vorbereitung im Ministerium bedanken. Frau Ministerin, ich muß sagen: Uns wurde wirklich jeder Wunsch nach Beschaffung von Unterlagen erfüllt, und das in einer Art und Weise, die ich als kritikfrei bezeichnen würde. Ein herzliches Dankeschön für diese hervorragende sachliche Vorbereitung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Kollege Kuhlwein hat eben den üblichen Rundumschlag der Opposition zu betreiben versucht. Wenn ich einmal mit dem letzten Punkt, als Sie etwas zur Reaktorsicherheit gesagt haben, beginnen darf: Auch da sind Ihnen die GRÜNEN überlegen. Die haben eine in sich schlüssige Politik auf dem Gebiet, auch wenn ich sie nicht teile. Aber Sie müssen erst einmal Ordnung in Ihren eigenen Reihen schaffen und dafür sorgen, daß Sie eine einvernehmliche Linie haben; denn das, was Sie hier gesagt haben, ist nicht die Linie Ihrer Partei.

    (Eckart Kuhlwein [SPD]: Doch!)

    - Na ja, ich sage, das ist nicht die Linie Ihrer Partei, wenigstens stellen Sie sie nicht so dar. Das ist das erste. Das zweite, Herr Kollege Kuhlwein, ist: Es ist eine Augenwischerei, wenn Sie sich hier hinstellen und Fragezeichen hinsichtlich der Reaktorsicherheit setzen, obwohl Sie genau wissen, daß dies ein Riesenproblem ist, das gelöst werden muß. Und es ist klar, daß dafür auch Finanzen eingesetzt werden müssen.
    Übrigens ist das auch die Kritik, die ich an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN richte. Man kann sich bei Haushaltsberatungen nicht hinstellen und so tun, als ob dieses Problem gar nicht existiere, und die gesamten Beträge aus dem Haushalt herausstreichen wollen. Was machen wir dann mit dem Problem?
    Das gleiche gilt für die Endlagerung. Das ist das berühmte Sankt-Florians-Prinzip: Jeder schiebt die Probleme in irgendein anderes Bundesland, wo er vielleicht zufällig nicht die Verantwortung hat. So leicht kann man es sich bei einem Problem wie diesem nicht machen.
    Sie, Herr Kollege Kuhlwein, haben hier von einer Dinosauriertechnologie gesprochen.

    (Karl Diller [SPD]: Das ist zutreffend!)

    Ich kann Ihnen nur sagen: Auch darüber wird in Ihren eigenen Reihen ganz trefflich gestritten, ob dem so ist, wie Sie behauptet haben.

    (Walter Hirche [F.D.P.]: Genauso ist es im Europaparlament!)

    Ich stelle hier fest - das tue ich mit Blick auf Ihre gesamte Kritik; jetzt lasse ich einmal die Fragen nach der Reaktorsicherheit, Endlagerung, Zwischenlagerung weg -: Die deutsche Umweltpolitik gilt weltweit als Gütesiegel auf diesem Gebiet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das sollten Sie sich einmal verinnerlichen. Das wird Ihnen von jedem gesagt, wenn Sie in Berlin aufmerksam zuhören oder wenn Sie irgendwo in der Welt umherreisen.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Aber das haben wir nicht durch Technikfeindlichkeit erreicht!)

    - Das haben wir sicher nicht durch Technikfeindlichkeit erreicht, Herr Kollege. Ich stimme mit Ihnen völlig überein.
    Ich glaube, Sie haben Ihren Warenhauskatalog an der falschen Stelle ausgebreitet.
    Ich will im Gegensatz zu Ihnen den Versuch machen, keine umweltpolitische Grundsatzrede zu halten. Das kann nicht Gegenstand der Haushaltsdebatte sein. Vielmehr will ich versuchen, darüber zu sprechen, was der Haushalt als Schwerpunkt in der Umweltpolitik insgesamt aufweist. Da müssen Sie anerkennen, Herr Kollege Kuhlwein - Sie haben das auch in einem eleganten Nebensatz vereinnahmt -, daß Naturschutzgroßobjekte z. B. eine Steigerungsrate von 9 % im Bundeshaushalt aufweisen und jetzt 40 Millionen DM ausmachen.
    Sie müssen anerkennen- und auch das haben Sie auch in einem eleganten Nebensatz gesagt, aber Sie haben es nicht so deutlich formuliert -, daß etwa mit den Hilfen, die wir Nachbarstaaten geben - das sind im Grunde Hilfen für uns selbst -, nämlich der Tschechei oder Polen, Projekte von uns unterstützt werden, die für Deutschland und unsere Nachbarländer von großer Wichtigkeit sind; etwa die Rauchgas-Entschwefelungs- und Entstaubungsanlage in Tisora

    Arnulf Kriedner
    oder die Sanierung des Braunkohlekraftwerks in Leutensdorf, die ökologische Klärschlammverbrenflung, modellhafte kommunale Kläranlagen im Einzugsgebiet der Elbe auf dem Gebiet der Tschechei oder die Großkläranlagen in Polen. Ich finde, da geht Deutschland beispielhaft in seine Nachbarländer und tut etwas.
    Dann noch etwas zum Aktionsprogramm Tschernobyl. Ja, meine Damen und Herren, wer denn in der Welt tut auf diesem Gebiet im Ausland mehr als die Bundesrepublik Deutschland? Addieren Sie doch einmal die Beträge, die da zusammenkommen! Allein in diesem Jahr eine Rate von 15 Millionen DM, bis 1997 insgesamt 53 Millionen DM für dieses Projekt. Der multilaterale Sicherheitsfonds in den mittel- und osteuropäischen Ländern wird im wesentlichen von unserem Land gespeist, insgesamt mehr als 200 Millionen DM zur Sanierung und Steigerung der Sicherheitsstandards in diesen Staaten.

    (Dr. Jürgen Rochlitz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die falsche Richtung!)

    - Das ist ein falscher Ansatz? Tschernobyl sanieren zu helfen, ist für Sie ein falscher Ansatz? Wenn Sie diese Meinung vertreten, dann tun Sie mir wirklich leid, Herr Kollege; denn dann diskutieren Sie an den Problemen dieser Welt total vorbei.

    (Eckart Kuhlwein [SPD]: Wir sind der Meinung, daß Tschernobyl stillgelegt werden muß!)

    - Der Meinung bin ich übrigens auch. Das ist zwischen uns einvernehmlich. Nur, der Kollege will überhaupt nichts im Haushalt dafür haben, und das halte ich für eine falsche Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben sich hier, Herr Kollege Kuhlwein, mit der Tatsache polemisch auseinandergesetzt, daß diese Regierung den Grundsatz des Verursacherprinzips verfolgt. Ich sage Ihnen, dies ist der richtige marktwirtschaftliche Ansatz. Denn eins haben auch wir schon im anderen Teil Deutschlands, solange es den noch als eigenständiges Staatswesen gab, gewußt: daß ein marktwirtschaftlicher Ansatz allemal bësser ist als eine staatliche Regelung, die keiner befolgt, und als Gesetze, die vom Staat selbst nicht beachtet werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich glaube, daß wir hier die richtige Politik verfolgen, indem wir sagen: keine aufgeblähte Staatskontrolle, sondern Verursacherprinzip, so daß diejenigen die Umweltschäden bezahlen, die sie verursachen, und nicht der Steuerzahler dafür aufkommen muß.
    Das Bundesministerium hat in diesem Jahr und im nächsten Jahr eine wichtige Integrationsaufgabe zu vollziehen: Das Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene, das vorher beim Bundesgesundheitsamt war, muß integriert werden.
    Ich weise auf eine Sonderbriefmarke hin, die dankenswerterweise herausgekommen ist und die für Projekte gemeinnütziger Träger insgesamt 3,5 Millionen DM erbringt.

    (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Peanuts!)

    - Wenn Sie das für Peanuts halten, dann sagen Sie das doch laut! Ich halte 3,5 Millionen DM, die insgesamt in über dreißig Projekte gemeinnütziger Träger fließen, für eine ausgesprochen gute Sache. Diese Sonderbriefmarken sind eine hervorragende Gelegenheit, das zu ermöglichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Auch wenn ich der Koalition angehöre: Natürlich habe ich meine Probleme damit - da treffen wir uns, Herr Kollege Kuhlwein -, daß die Möglichkeiten zu Kürzungen in einigen Bereichen erschöpft sind. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Etwa bei der Förderung von Umweltschutzprojekten und auch beim Naturschutz hätte ich mir mehr gewünscht.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Wir werden im nächsten Haushalt gemeinsam darüber reden müssen, ob nicht in der Tat die Untergrenze endgültig erreicht ist. Denn wenn man drei Jahre hintereinander bei einem so wichtigen Zukunftsprojekt spart - auch da stimme ich mit Ihnen überein -, dann muß man einmal darangehen und sagen: Jetzt müssen wir wieder etwas draufpacken. Ich glaube, dieser Punkt ist erreicht.
    Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen. Ich habe vorhin sehr aufmerksam Herrn Minister Seehofer zugehört, als er gesagt hat, in seinem Bereich seien die Fragen für die im Osten Tätigen zu Arbeitsverträgen, die auslaufen, und zu den kw-Vermerken geregelt. Ich wünsche mir, daß wir dies bei der nächsten Haushaltsfindung auch für den Bereich, den Sie, Frau Ministerin, zu vertreten haben, regeln können.

    (Zustimmung bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wir sollten uns eigentlich bei all dem, was uns sicher bei dem einen oder anderen Punkt trennt, nicht zu weit auseinanderdividieren lassen, weil wir, glaube ich, in einem Grundsatz übereinstimmen: Für Deutschland ist die Frage der Umweltschutztechnik, der Umweltschutzpolitik eine Zukunftsfrage, nicht nur um die eigene Zukunft zu sichern, sondern auch um uns mit diesen Projekten im Umweltschutz wirtschaftlich voranzubringen. Wenn wir in diesem Punkt übereinstimmen und auf unseren Gebieten, auf denen wir tätig sind, dafür etwas tun, dann bin ich zufrieden.
    Wir empfehlen, diesen Haushalt anzunehmen, weil wir ihn alles in allem für einen Schritt in die richtige Richtung halten.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Kristin Heyne.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kristin Heyne


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Kriedner hat eben eindrucksvoll die erfolgreichen Umweltprojekte der Regierung dargestellt. Der Einzelplan 16 firmiert unter dem Namen Umwelthaushalt. Ich behaupte: Dieser Name ist Etikettenschwindel.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Das Spannende an Haushaltsplänen ist, daß sie unabweisbar Realität zeigen. Wenn ich die Realität des Einzelplans 16 einmal mit einem Namen belegen will, dann ist das der Einzelplan für Förderung der Atomenergie, nochmals Förderung der Atomenergie, Umweltflickschusterei und ein kleines bißchen Naturschutz. Das ist mit Zahlen zu belegen - denn darum geht es schließlich im Haushalt -: Der Bereich der Atomenergie und ihrer Folgekosten umfaßt 60 % dieses Etats. Es verbleiben 33 % für die Umwelt und ganze 7 % für den Naturschutz.
    Frau Merkel, Sie sollten fairerweise wenigstens den Namen Ihres Ministeriums umstellen und die Reaktorsicherheit nach vorne nehmen. Sie sind in allererster Linie Ministerin für Atomkraft, und erst unter „ferner liefen" sind Sie Ministerin für Umwelt und für Naturschutz.
    Ich habe von 33 % Umweltflickschusterei gesprochen. Damit will ich die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesministerium und in den Bundesämtern keineswegs schlechtmachen. Dort wird sehr engagiert gearbeitet. Aber angesichts der Problemfülle, der geringen Mittel und als Bedienstete dieser Regierung haben sie nicht die Chance, mehr als Flickwerk zustande zu bringen. Sie stehen mit relativ kleinen und unscharfen Schwertern einer Riesenkrake gegenüber, die längst an drei anderen Stellen wildert, wenn sie sie an einer ein bißchen zurückgedrängt haben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Vermutlich würde gezieltes Anfüttern auch mehr helfen als Nadelstiche mit zu kleinen Schwertern, aber anfüttern kann natürlich nur, wer über die Vorräte verfügt.
    Frau Merkel, als wir hier das Vetorecht für Umweltbelange im Kabinett gefordert haben, da haben Sie dies als unnötig zurückgewiesen. Sie haben gesagt, alle Aspekte der Politik werden dort gleichwertig verhandelt. Offenkundig gibt es aber durchaus gleichere Minister, die so etwas wie ein Vetorecht haben. Sonst müßten Sie nicht heute und in dieser Woche in Berlin vor der ganzen Weltöffentlichkeit mit leeren Händen dastehen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Birgit Homburger [F.D.P.]: Das ist doch gar nicht wahr! Sie haben nicht mitbekommen, was national läuft, überhaupt nichts!)

    Es ist aber noch schlimmer gekommen. Nur wenige Tage vor dem Weltklimagipfel hat diese Regierung es geschafft, eine Senkung der Strompreise zuzulassen. Gegen so einen dicken Köder an der falschen Stelle kann ein ganzes Heer von tapferen CO2-bekämpfenden Umweltbeamten nicht anpieksen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Der Kollege Weng, der Mitberichterstatter im Bereich der Umwelt, der leider immer noch nicht erschienen ist,

    (Birgit Homburger [F.D.P.]: Reicht es Ihnen nicht, daß ich da bin?)

    und Herr Rexrodt haben sich hier in der Debatte damit gebrüstet, die Einführung einer weiteren Steuer verhindert zu haben.
    Meine Herren, beim Ersetzen des Kohlepfennigs durch eine Energiesteuer geht es nicht um irgendeine x-beliebige Steuer, um ein paar Haushaltslöcher zu stopfen.

    (Birgit Homburger [F.D.P.]: Aber natürlich, um was denn sonst? Gegenruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben immer noch nichts begriffen!)

    Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts wird der Einstieg in eine Energiesteuer unumgänglich, um das Sinken des Strompreises zu verhindern. Gemessen an den Folgekosten der Erzeugung des Stroms ist er eindeutig zu billig. Strom ist, mit ein bißchen Weitblick betrachtet, ein hochsubventioniertes Produkt, subventioniert durch die Kosten für die Umwelt und für die Gesundheitsschäden, und das ist eine Subvention, die in D-Mark und in Leid zu zahlen sein wird. Jede auch nur halbwegs auf Nachhaltigkeit und auf Zukunft orientierte Politik muß das Sinken von Strompreisen verhindern.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Sinkende Strompreise geben auf dem Markt das Signal: Energieeinsparung lohnt sich nicht, Erzeugung regenerativer Energie rechnet sich nicht. Wir alle wissen, daß das letztlich eine Milchbubenrechnung ist, aber, meine Herren und meine Dame von der F.D.P., muß ich als GRÜNE Ihnen wirklich etwas über die Mechanismen der freien Marktwirtschaft erklären?

    (Zuruf von der F.D.P.: Sie können es ja mal versuchen!)

    Frau Merkel, als Umweltministerin hätten Sie gegen die Senkung der Strompreise Sturm laufen müssen. Ihr Sturm war eher ein laues Lüftchen, etwa den 33 % Umweltschutz im Haushalt entsprechend.
    Als 60-%-Ministerin für Reaktorsicherheit sind Sie sicher mit einer Strompreissenkung ganz einverstanden. Der Reaktorschutz erweist sich also hier eher als Schutz der Atomindustrie.

    Kristin Heyne
    Der Löwenanteil des Einzelplans 16 - mehr als eine halbe Milliarde DM - ist für die Suche nach Endlagerstätten für radioaktiven Müll vorgesehen. Diese Suche - Herr Kriedner, das sage ich auch auf Ihre Frage - wird vergebens sein, weil eine sichere Endlagerung für Hunderttausende von Jahren weltweit nicht zu realisieren ist.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Endlagersuche macht erst dann Sinn, wenn eine eindeutige und kurzfristige Ausstiegsvereinbarung getroffen ist. Dann kann bilanziert werden, welcher Endlagerbedarf tatsächlich noch für den Müll besteht, und dann kann die am wenigsten schlechte Lösung gesucht werden. Eine gute oder vielleicht sogar eine sichere Lösung gibt es für die Endlagerung von Atommüll nicht.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Weitere 48 Millionen DM Steuergelder wollen Sie für Untersuchungen zu Fragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen ausgeben. Die wollen wir streichen. Forschungen zu einzelnen Sicherheitsaspekten einer insgesamt nicht beherrschbaren Technologie täuschen eine Sicherheit vor, die Sie letztlich nicht realisieren können, und Sie blockieren Gelder für fortschrittliche und zukunftsfähige Forschung.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Das gilt auch für die 25 Millionen DM, die in diesem Jahr für die so bezeichnete „Sicherung" östlicher Atomkraftwerke eingesetzt werden sollen. Im günstigen Fall werden diese Kraftwerke tatsächlich etwas sicherer, im ungünstigen Fall nicht. Sie werden aber mit Sicherheit nicht sicher genug sein.
    Es kann doch wohl nicht angehen, daß zu Zeiten, zu denen hier im Westen neue Atomkraftwerke nicht mehr genehmigungsfähig sind, im Osten Beschäftigungsmaßnahmen für die deutsche Atomindustrie geschaffen werden.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Das ist hinausgeworfenes Geld; vor allem ist dies der Bevölkerung in den östlichen Staaten nicht zumutbar. Auch Weltbank und OECD empfehlen, die unsinnigen und überteuerten Nachrüstungen zu lassen und statt dessen Gaskraftwerke zu bauen.
    Natürlich sind wir bereit, aus diesem Fonds auch Geld für den Schutz abgeschalteter Atomkraftwerke zu zahlen. Wir denken aber, daß vor allem eine Unterstützung mit Know-how im Bereich der regenerativen Energie sinnvoll wäre.
    Den Einzelplan 16, den Einzelplan für Reaktorsicherheit und den Schutz der Atomindustrie, wird meine Fraktion ablehnen.
    Danke schön.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)