Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lobbyistin und Verfechterin für die Interessen der Familien, Senioren, Frauen und Jugendlichen zu sein, darin sehe ich meine Aufgabe als Ministerin. Gerade die sozial Benachteiligten unter diesen Menschen dürfen in unserer Gesellschaft nicht zu kurz kommen.
Das hört sich gut an. Es ist ein Zitat aus den politischen Schwerpunkten der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, gesprochen in der 13. Legislaturperiode, am 21. Februar dieses Jahres.
Allerdings hält dieser begrüßenswerte Vorsatz beim Blick auf seine finanzpolitische Umsetzung im Einzelplan 17 der Nachprüfung überhaupt nicht stand.
Dabei könnten die Voraussetzungen in bezug auf Ihre Person, Frau Ministerin, eigentlich besser gar nicht sein: Eine junge Frau, Mutter mit einer qualifizierten Ausbildung als Diplomingenieurin, mit den speziellen Erfahrungen von Kindheit und Jugend in der ehemaligen DDR - sollte man meinen - ist bestens geeignet, neue Akzente in der Politik für Kinder, Jugendliche, Frauen, Familien und die ältere Generation zu setzen.
Doch leider, ebenso wie Ihre Vorgängerinnen seit 1981, halten Sie an einer Politik fest, die in weiten Teilen der gesellschaftlichen Realität in Deutschland überhaupt nicht Rechnung trägt.
- Ich werde es Ihnen gleich entwickeln, Herr Kollege; seien Sie doch nicht so ungeduldig.
Ihr Familienbild ist konservativ geprägt. Frauen sind in erster Linie Mütter. Die immer größer werdende Zahl junger Leute, die nach ihren eigenen Werten, eigenen Verhaltensmustern, bis hin zu Kleidung und Musik, leben, kommt bei Ihnen nicht vor. Experimentelle Ermutigungen, das Neuausprobieren da, wo Herkömmliches möglicherweise nicht mehr unbedingt funktioniert, das geht von Ihnen nicht aus. Nicht einmal der Aufgabe einer sozusagen kompensatorischen Auffangstelle für das, was in den anderen Ministerien versäumt wird - die Notwendigkeit dazu ist in der Debatte heute des öfteren zur Sprache gebracht worden -, werden Sie gerecht.
In der ersten Lesung des Haushalts sprachen Sie, Frau Ministerin, angesichts eines Haushalts von rund 33 Milliarden DM für 1995 von einer guten Grundlage für erfolgreiche Arbeit. Sie wissen aber ganz genau, daß von diesen 33 Milliarden DM 30 Milliarden DM auf gesetzliche Leistungen entfallen. Es bleiben also nach deren Abzug lediglich 3 Milliarden DM als sozusagen frei verfügbare Masse, die den politischen Gestaltungsspielraum Ihres Ministeriums bestimmen könnte. Hier von einer guten Grundlage zu sprechen, halte ich angesichts der Fülle von Problemen und Aufgaben, die allein der letzte Jugendbericht aufgezeigt hat, schlichtweg für falsch,
ganz abgesehen davon, daß Sie nicht einmal diesen geringen Handlungsspielraum nutzen.
Die geringfügige Erhöhung des Gesamtetats ist angesichts der Preissteigerungen und der enormen Aufgaben in den neuen Ländern daher nicht der Rede wert. Der Etat jedenfalls deutet von neuer Prioritätensetzung nichts an.
Über die mögliche Effizienzsteigerung, die die Zusammenlegung der beiden Ministerien bedeuten könnte, möchte ich heute noch kein Urteil abgeben. Die Zahlen und die Unterlagen dazu haben die Berichterstatter relativ spät bekommen. Ich möchte dem neuen Ministerium in der zusammengelegten Form zumindest eine Chance geben; darüber können wir in einem halben Jahr reden.
Lassen Sie mich zu Beginn ein Beispiel anführen, das besonders verdeutlicht, wie groß der Unterschied zwischen Worten und Taten ist, ein Beispiel, daß das konservative Leitbild Ihres Ministeriums symptomatisch widerspiegelt.
Siegrun Klemmer
Bereits 1988 hat die CDU auf ihrem Bundesparteitag eine große Aufklärungskampagne zum Schutz des ungeborenen Lebens beschlossen. Diese Kampagne hat bis heute nicht stattgefunden. Das haben auch Sie, Frau Ministerin, mittlerweile erfreulicherweise bekannt. Doch mit der Feststellung geben Sie sich dann auch zufrieden.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Schwangeren- und Familienhilfegesetz ist der Bund für die Aufklärung, sind die Länder für die Beratung verantwortlich. Nach unwidersprochener Schätzung von Experten und Sachverständigen sind dafür jeweils 20 Millionen DM jährlich notwendig. Der Ansatz bei Ihnen betrug kümmerliche 6 Millionen DM. Die Koalition hat gegen unseren Antrag, die Mittel zu erhöhen, gestimmt - und das, obwohl unser Vorschlag haushaltspolitisch seriös war und ein erster wichtiger Schritt auf dem richtigen Weg gewesen wäre,
der Prävention endlich die Bedeutung zukommen zu lassen, die von wissenschaftlicher Seite international gefordert und die ihr auch durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil zugewiesen wird. Sie haben sozusagen in letzter Minute den Etat um 1 Million DM erhöht, obwohl auch Ihnen genau bekannt ist, daß diese Summe bei weitem nicht ausreicht, damit die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ihrem Auftrag gerecht werden kann.
Es ist uns zwar gelungen, den Titel „Informationsprogramm Zukunft der Familie", in dem Sie sage und schreibe 14 Millionen DM veranschlagt hatten, zu kürzen. Bedauerlicherweise waren Sie nicht bereit, die eingesparten Mittel der gesundheitlichen Aufklärung zukommen zu lassen.
Hier wird Ihre Haltung zu § 218 nur allzu deutlich, Frau Ministerin. Es wird erklärbar, daß Sie in den Präventionsbereich offensichtlich nur widerwillig investieren wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das von der Koalition Anfang März beschlossene Modell zum Familienlastenausgleich ist ein erster Schritt in die richtige Richtung und konnte bei erstem Hinsehen durchaus überraschen, da sich der Vorschlag dem argumentativ überzeugenden 250-DM-KindergeldModell meiner Fraktion nähert. Ohne den ständigen Druck von seiten der SPD wäre diese neue Weichenstellung sicherlich nicht möglich gewesen.
Ihr Ziel aber, Frau Ministerin, das Sie in einer Presseerklärung vom 21. Februar formulierten, einen gerechten Kinderlastenausgleich zu schaffen und das
heutige System der Familienförderung zu vereinfachen, haben Sie mit der vorgelegten Regelung verfehlt.
Die Bundesregierung läuft mit ihrem Modell weiter dem Verfassungsgerichtsurteil hinterher, indem sie nicht einmal das erreicht, was die gesetzlich vorgeschriebene Freistellung des Existenzminimums gebietet, weil seit dem Urteilsspruch vor vier Jahren der Geldwert mittlerweile um ein Sechstel geschrumpft ist. Sie müßten hier sofort nachbessern.
Nach wie vor ist Ihr Vorschlag nicht sozial gerecht; denn das Modell hält weiterhin an einem steuerlichen Kinderfreibetrag fest und entlastet somit Spitzenverdiener deutlich stärker als Gering- und Mittelverdiener. Auch ist die effektive Entlastung bei genauer Betrachtung nicht so hoch, wie von Ihnen angegeben. Einschließlich der Entlastung aus dem Kinderfreibetrag bzw. dem Kindergeldzuschlag ergibt sich aus Ihrem Vorschlag höchstens folgende Entlastung: für das erste Kind 65 DM, für das zweite 5 DM, für das dritte und vierte Kind häufig sogar weniger als bisher. Bei allen weiteren Kindern führt die vorgeschlagene Regelung sogar zu einer Verschlechterung von mindestens 5 DM. Vollends unakzeptabel ist die Entlastung von Spitzenverdienern von bis zu 277 DM. Rund gerechnet ergibt sich als tatsächliche Fördersumme pro Familie der stolze Betrag von 26,25 DM monatlich.
Die Öffentlichkeit, Frau Ministerin,
aber vor allen Dingen die Familien werden Ihnen nicht abnehmen, daß Sie mit diesem Betrag der großen gesellschaftlichen Leistung der Familien gerecht werden, der Familien, einer soziologischen Gruppe, deren wichtigen gesellschaftsstabilisierenden Charakter Sie doch ständig im Munde führen. Darüber hinaus bleibt der Familienlastenausgleich weiterhin kompliziert und unnötig bürokratisch, weil Sie an dem dualen System von Steuerfreibetrag und Kindergeld festhalten. Das SPD-Modell eines einheitlichen, für alle Berechtigten gleichen Kindergeldes als Abzug von der Steuerschuld ist nach wie vor die bessere Alternative.
Wenn Sie dennoch - und das steht ja zu befürchten - an Ihrem unsozialen und bürokratischen Modell festhalten, dann sollte - und das geht dann an Ihre Adresse, Frau Staatssekretärin Karwatzki -, der Bundesfinanzminister umgehend eine gesetzliche
Siegrun Klemmer
Formulierung vorlegen, die in den Entwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz aufgenommen wird, damit diese Regelung wenigstens dann noch zum 1. Januar 1996 in Kraft treten kann.
Meine Damen und Herren, in den vergangenen Monaten wurde von seiten der Bundesregierung bei der Diskussion um den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz starke Kritik an der Haltung der Bundesländer geübt. Lassen Sie mich hierzu kurz Stellung nehmen: Es besteht kein Zweifel, daß die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz und des bedarfsgerechten Ausbaus von Tageseinrichtungen in allen Teilen der Bundesrepublik eine unverzichtbare Hilfe für Familien, besonders auch für Alleinerziehende ist.
Bei der Verabschiedung des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes wurde durch den Deutschen Bundestag ausdrücklich anerkannt, daß die Finanzkraft der Länder und Gemeinden durch die alleinige Finanzierung der Begleitmaßnahmen überfordert wird. Wer wie Sie anerkennt, daß der Schutz des vorgeburtlichen Lebens eine gesamtpolitische Aufgabe ist, der muß auch zugestehen, daß die Folgeaufgaben nur durch finanzielle Anstrengungen von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam bewältigt werden können.
Die Kommunen sind zur Erfüllung dieses Auftrags auf die solidarische finanzielle Unterstützung der Länder und des Bundes angewiesen, und unser Vorschlag eines zeitlich befristeten Aktionsprogramms zur Umsetzung des Rechtsanspruchs, in dessen Rahmen sich der Bund an den Investitionskosten mit einem Viertel beteiligen muß, bleibt der einzig sinnvolle Weg, um die notwendige Unterstützung von Familien und Alleinerziehenden durchzusetzen.
Da ist es unredlich, Frau Ministerin, auf die Länder einzuschlagen. Wenn Sie wirklich - wie eingangs zitiert - die Lobbyistin der Kinder und ihrer Eltern - und nicht nur der ungeborenen Kinder, sondern vor allem auch der geborenen Kinder sind,
dann hätte sich Ihnen gestern die Gelegenheit geboten, sich couragiert unserem Antrag anzuschließen, um seine Ablehnung zu verhindern.
Ich komme nun zu einem Punkt, der mir bisher lediglich vor Augen geführt hat, wie wenig Konkretes für ihn in diesem Ministerium getan wird, und das ist die Seniorenpolitik, für die es seit rund vier Jahren einen eigenen Titel gibt. Die Gesellschaft insgesamt wird älter, und damit vergrößert sich die Zahl aktiver Männer und Frauen, die nicht zuletzt auf Grund ihrer Lebensleistung innerhalb des Generationenvertrags
einen berechtigten Anspruch auf ein ausgefülltes würdevolles Leben nach der Arbeitsphase haben, und diese Menschen fordern das auch immer selbstbewußter ein.
Auch Sie, Frau Ministerin, bezeichnen völlig zu Recht die Seniorenpolitik als Querschnittsaufgabe. Doch bleibt bis heute unklar, wie es z B. mit den von Ihrer Vorgängerin eingerichteten Seniorenbüros weitergehen soll, wie deren Existenz auf Dauer zu sichern ist, denn den Bereich Seniorenarbeit haben Sie erst einmal um 6,6 % gekürzt.
Wie sehr die Politik der Bundesregierung von einer Stagnation gekennzeichnet ist, die vorwiegend Erklärungen produziert, zeigt sich ganz besonders in der Frauenpolitik.
- Jetzt passen Sie gut auf, Herr Kollege Weng, Sie können etwas lernen.
Frauenpolitik, Frau Ministerin, bezeichnen Sie selber als zentrale Aufgabe innerhalb Ihres Ministeriums. Doch auch hier lassen Sie wieder die finanziellen Konsequenzen außer acht.
Nach wie vor ist die Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben ein entscheidendes Hindernis für die Gleichstellung von Frau und Mann. Trotz gleichwertiger, ja zum Teil besserer schulischer und beruflicher Qualifikation werden Frauen seltener eingestellt, geringer bezahlt, weniger befördert und in der Regel auch als erste entlassen.
Wer diese Aussage als richtig erkennt - und bis dahin sind Sie ja mit uns noch einer Meinung -, der muß auch endlich etwas vorlegen, d. h. der muß politische Abhilfe schaffen, damit diese Benachteiligung wirksam abgebaut wird.
Mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf werden Sie dies nicht erreichen. Den Frauen haben Sie leider nicht viel zu bieten.
Für Frauenprojekte steht ein Titel im Haushalt zur Verfügung, der nach den Kürzungen der Koalition nur noch ein Gesamtvolumen von ca. 25 Millionen DM hat. Er enthält nicht nur eine diffuse Ansammlung von Projekten, sondern er ist finanziell angesichts einer Fülle von vorhandenen förderungswürdigen Ideen und Vorschlägen mehr als dürftig ausgestattet.
Daß Sie, Frau Ministerin, dieser finanziellen Ausstattung dennoch positiv gegenüberstehen, bleibt aus meiner Sicht völlig unverständlich. Dieser Frauentitel hat seinen Namen wahrhaftig nicht verdient und reicht bei weitem nicht aus für eine Frauenpolitik, in der es grundsätzlicher Reformen bedarf und in der die besondere Lage der Frauen gerade in den
Siegrun Klemmer
neuen Ländern ein kräftiges Signal verdient. An Ihre Adresse ganz speziell: die Vereinheitlichung der Lebensbedingungen, die gerade Ihnen besonders am Herzen liegen müßte, wird so weiter auf sich warten lassen.
Ich komme zur Jugendpolitik. Die Situation von Kindern und Jugendlichen ist besonders nach der deutschen Wiedervereinigung mehr als unbefriedigend, die Infrastruktur der Jugendhilfe unzureichend, die Ausbildungssituation besorgniserregend, und das Desinteresse Jugendlicher an traditionellen Organisationsformen sowie die Gewaltakzeptanz nehmen zu.
Dem Bericht der Sachverständigenkommission mit seiner Fülle von jugendpolitischen Hinweisen wird diese Bundesregierung in keiner Weise gerecht. Sie verschließt sich im Gegenteil durch beschönigende und rechtfertigende Hinweise auf die eigene Politik der Lösung der im Bericht aufgezeigten Probleme. In der Stellungnahme der Bundesregierung zum Jugendbericht gibt es keinen politischen Impuls für eine zukunftsorientierte Jugendpolitik.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle Ihnen die Situation noch einmal an wenigen Zahlen verdeutlichen, obwohl das bereits bei dem Einzelplan, den wir als vorletzten beraten haben, sehr deutlich wurde. Zahlen, für die die Regierung Kohl die Verantwortung trägt, sich der Realität allerdings permanent verschließt: 1 Million Kinder gehören zu Sozialhilfeempfängern, 1,7 Millionen leben in Arbeitslosenfamilien, und eine halbe Million Kinder leben in Obdachlosenunterkünften oder in schlechtesten Wohnverhältnissen. Daß Kinder in Deutschland ein Armutsrisiko sind, wird von niemandem bestritten. Die jüngsten Pläne des Gesundheitsministers zur Sozialhilfe - auch davon war vorhin schon die Rede - lassen hier eine weitere dramatische Steigerung befürchten.
Angesichts dieser Zahlen kann man nur zu dem Schluß kommen, daß die Politik für Kinder und Jugendliche auf ganzer Linie versagt hat.
Doch trotz dieser ernüchternden Fakten und der bekannten Mißstände scheut sich die Bundesregierung nicht, die Unterstützung für Kinder und Jugendliche weiter zurückzufahren. Der Kinder- und Jugendplan des Bundes wird reduziert und damit der finanzielle Spielraum der betroffenen Verbände immer enger. Alle Versuche meiner Fraktion, hier mehr Mittel bereitzustellen, scheiterten an den Mehrheitsstimmen der Koalition.
Inakzeptabel bleibt nach wie vor, daß die Koalition nicht bereit ist, den Haushaltsvermerk von 1992 zurückzunehmen, der es nicht ermöglicht, Rückflußmittel erneut zur Verfügung zu stellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kürzungen im Bundesjugendplan bedeuten angesichts der schwierigen sozialen Lage vieler Jugendlicher und angesichts der latenten Neigung zu Fremdenhaß und Gewalt Sparen am falschen Platz. Wir werden die Kosten später drei- und vierfach zurückzahlen müssen.
Die Jugendarbeit - insbesondere in den neuen Ländern - braucht Berechenbarkeit und Perspektiven.
Mit dem von Ihnen vielzitierten Sozialen Jahr und dem freiwilligen ökologischen Jahr oder auch mit dem Austauschprogramm „Jugend für Europa III" läßt sich die Situation der wirklich hilfsbedürftigen Kinder und Jugendlichen nicht verbessern, ja diese Maßnahmen gehen an dem überwiegenden Teil der eigentlichen Zielgruppen vorbei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ich möchte, so wie es meine Vorgängerin schon in den vergangenen Jahren getan hat, dringend an Sie appellieren, den Bundesjugendplan von den Kürzungen auszunehmen.
Gestatten Sie mir zum Schluß noch ein paar Bemerkungen zum Zivildienst. Der Zivildienst steht vor wichtigen Weichenstellungen, die sich durch die drei Faktoren „Verkürzung - Gestaltung - Finanzierung" charakterisieren lassen. Diese entscheiden, ob der Zivildienst eine gute, persönlich ertragreiche und förderliche Zeit sowohl für die jungen Männer als auch für die von ihnen betreuten Menschen wird.
Leider sind in diesem für unsere Gesellschaft so wichtigen Bereich immer noch große Defizite zu beklagen: Bereits im siebten Jahr sind die Zuschüsse des Bundes für Einführungslehrgänge nicht an die allgemeine Preisentwicklung angepaßt worden; sie betrug in diesem Zeitraum 21 %. Das hat zur Konsequenz, daß die Kraft der Lehrgangsveranstalter und Zivildienstbildungsstätten bei der Leistung von Eigenmitteln völlig am Ende ist. Die Bundesregierung ist dringend aufgefordert, eine Anpassung des Zuschußsatzes vorzunehmen, damit diese wichtige Arbeit auch in Zukunft geleistet werden kann.
Die Folge der im Zivildienst vorhandenen Mißstände ist, daß unausgebildete Zivildienstleistende auf kranke und hilfsbedürftige Menschen losgelassen werden mit nicht akzeptablen Folgen für beide Seiten.
Ich komme zum Schluß. In nahezu allen Bereichen des Einzelplans 17 klafft der Anspruch zwischen Ankündigung und realer Politik der Bundesregierung weit auseinander.
- Das stimmt sehr wohl, Herr Kollege Weng. Aber ich
gebe Ihnen nach einer Sitzung des Haushaltsaus-
Siegrun Klemmer
schusses gerne einmal ein Privatissimum. Sie haben es nötig.
Manches Problem wird erkannt, aber es werden keine - nicht nur aus haushälterischer Sicht - relevanten Schritte eingeleitet, um die Situation unserer Familien, unserer Jugend, der älteren Menschen und nicht zuletzt der Frauen tatsächlich zu verbessern. Ihr „Haus der Generationen", wie Sie es mit Vorliebe nennen, Frau Ministerin, steht finanziell auf äußerst schwachem Fundament. Gerade die, die einen geschützten Platz in diesem Haus besonders nötig hätten, bleiben zu oft ausgesperrt.
Leider verfolgt Ihr Ministerium eine Politik, die von Stagnation, leeren Ankündigungen und von nach wie vor leider ideologisch geprägten konservativen Wertvorstellungen gekennzeichnet ist, und versperrt sich den wichtigen Reformen, die für die Zukunft unserer Gesellschaft notwendig sind.
Wenn Sie, Frau Ministerin, was ich zwar nicht zu hoffen wage, unsere Vorschläge aufgriffen, hätten Sie engagierte Mitstreiterinnen und Mitstreiter bei den Auseinandersetzungen mit dem Finanzministerium. Dem Haushalt in der vorliegenden Form - das wird Sie nicht wundern - müssen wir ablehnen.