Ich begrüße zuerst einmal Herrn Diller und will ihm erklären, warum ich in der letzten Reihe sitze: Ich sitze nämlich gerne bei netten Menschen; deshalb sitze ich so selten neben Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, daß jetzt ein bißchen Leben hereinkommt. Es war ja schon etwas schwierig für mich, festzustellen, was ich jetzt sagen soll, nachdem so viel kritische Solidarität und so viel Lob zu unserer Arbeit diese Diskussion geprägt hat.
Meine Damen und Herren, wir bemühen uns im neuen Ministerium sehr, uns mit den Zukunftsfragen auseinanderzusetzen, obwohl es natürlich eine Vielzahl von Problemen gibt, die zu lösen sind. Es ist auch ganz sicher nicht so, daß wir alles das, was wir uns vorgenommen haben, schon umgesetzt hätten. Aber wir führen hier ja eine Haushaltsdebatte, und ich bin sehr dankbar, daß kaum noch kritisiert worden ist, daß der Haushalt meines Ministeriums im Konzert der Haushalte schlecht weggekommen sei. Sie kennen mein Glaubensbekenntnis: Wer Zukunft gestalten will, muß mit öffentlichen Finanzen sorgsam umgehen.
Deshalb ist es richtig, was Theo Waigel macht, daß er die Konsolidierungspolitik fortsetzt. Deshalb ist es aber auch richtig, daß Prioritäten gesetzt werden, und dies gerade im Bereich von Forschung und Entwicklung, wo es ja einen überproportionalen Anstieg um 2,7 % gibt.
Meine Damen und Herren, Zukunftspolitik ist ja nicht nur eine Frage des Geldes, sondern wahrscheinlich liegt ein besonderer Ansporn darin, in Zeiten knapper Kassen mit dem Geld optimal umzugehen. Wir haben uns in den ersten Monaten sehr darum bemüht, mit den Mitteln unseres Ministeriums strukturelle Veränderungen zu bewirken, und zwar im Verfahren wie im Mitteleinsatz.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich sehr herzlich bei allen Mitgliedern des Haushaltsausschusses bedanken, die im Rahmen ihrer Kürzungs-
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bemühungen den Etat für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie von Kürzungen ausdrücklich ausgenommen haben. Ich werde mich auch im laufenden Haushaltsjahr bemühen, dies durch einen optimalen Mitteleinsatz zu rechtfertigen, und ich glaube, daß uns dies in der einen oder anderen Frage auch schon beispielhaft gelungen ist.
Wie Sie wissen, sind wir alle stolz darauf, daß wir in Genf mit CERN ein europäisches Kernforschungszentrum haben, das weltweit anerkannt ist. Es war notwendig, hier zu weiteren Investitionen in Milliardenhöhe zu kommen, die die Arbeit dieses Forschungszentrums bis ins nächste Jahrtausend hinein sicherstellen. Wir haben hier einen Weg beschritten, der dazu geführt hat, daß den Physikern neue Arbeitsmöglichkeiten eröffnet werden und trotzdem Kosteneinsparungen von insgesamt 1,4 Milliarden DM erzielt werden können. Das, meine Damen und Herren, ist einer der Wege, wie man nach meinem Dafürhalten Forschungs- und Technologiepolitik angehen soll.
Wir haben zum zweiten - da möchte ich denjenigen widersprechen, die hier gesagt haben, es bedürfe staatlicher Lenkung - versucht, bei dem zentralen Problem der beruflichen Bildung in diesem Jahr einen Schwerpunkt zu setzen. Es gibt eine neue Lehrstelleninitiative, und ich bin der deutschen Wirtschaft für ihre Selbstverpflichtung dankbar, die sicherstellt, daß wir in diesem Jahr 600 000 Ausbildungsplätze erreichen werden, so daß jeder junge Mann und jede Frau, die wollen und können, auch einen Ausbildungsplatz finden. Dafür sind wir dankbar.
Meine Damen und Herren, wir haben dies mit qualitativen Veränderungen begleitet, weil wir die berufliche Bildung stärken wollen. Ich nenne hier wirklich nur summarisch die Neuordnung der Ausbildungsberufe, die in zwei Jahren abgeschlossen wird, die Ausbildungsplatzverbünde und Ausbildungsplatzentwickler vor allen Dingen in den neuen Bundesländern sowie unsere Maßnahmen für mehr Durchlässigkeit und Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung. Last not least nenne ich das Konzept zur Aufstiegsfortbildung für Meister und mittlere Führungskräfte.
Meine Damen und Herren, wer schon anwesend war, als hier eben der Etat für Arbeit und Soziales diskutiert worden ist, der hat eine mehr als merkwürdige Rede des Kollegen Schreiner - so heißt er, glaube ich - gehört.
Dieser Kollege hat versucht, gleichsam im Rundumschlag sich auch mit Technologiepolitik zu beschäftigen, und u. a. ein Vollbeschäftigungskonzept der Bundesregierung verlangt. Es ist schon mehr als merkwürdig, wenn hier jemand, der in der Vergangenheit gegen alles, was es an neuen Technologien gegeben hat, sei es im Bereich Transrapid, sei es im
Bereich Gentechnik, sei es im Bereich Kernenergie, gestimmt und polemisiert hat, jetzt plötzlich vom Saulus zum Paulus wird und als Befürworter neuer Technologien auftritt.
Konkrete Schritte sind notwendig. Dies bedeutet, daß wir mit diesem - wie es im Volksmund heißt - Meister-BAföG nicht nur eine Stärkung der beruflichen Bildung erreichen, sondern gleichzeitig einen Beitrag dazu leisten, daß die 200 000 Handwerker und die 500 000 klein- und mittelständischen Unternehmer, die in den nächsten Jahren einen Nachfolger suchen, diesen auch finden. Denn dies ist nicht nur eine Frage der beruflichen Bildung, sondern es ist auch eine Frage der Sicherung der Arbeitsplätze und der Sicherung des Standorts Deutschland, vor allen Dingen im mittelständischen Bereich.
Christian Lenzer und andere haben die BAföG-Erhöhung schon angesprochen. Ich will dies wegen der Kürze der Zeit jetzt nicht tun. Auch haben wir das schon vor 14 Tagen diskutiert.
Ich bin mir darüber im klaren, daß es in den nächsten Monaten und Jahren noch Erhebliches zu tun gibt, um die Überlast an unseren Hochschulen zu beseitigen oder zumindest zu mindern. Deshalb habe ich vor, in den nächsten Wochen und Monaten Gespräche mit den Ländern über eine Novellierung des Hochschulbauförderungsgesetzes aufzunehmen, um auch hier den Mitteleinsatz zu optimieren. Es kann nicht richtig sein, daß wie im Haushalt 1995 die Mittel für den Hochschulbau um 120 Millionen DM erhöht werden, ohne daß dies überhaupt jemand zur Kenntnis nimmt, ohne daß das überhaupt eine Auswirkung in der Diskussion hat. Es kann auch nicht richtig sein, daß wir auf der einen Seite über Multimedia diskutieren und auf der anderen Seite bei den Ländern überhaupt keine Vorstellungen vorherrschen, was denn diese neuen Techniken etwa im Hochschulbau für Veränderungen in der Konzeption, in der Bauplanung und in der Umsetzung zur Folge haben.
Steffen Kampeter hat die Bedeutung der Bemühungen in den neuen Bundesländern für die Bildungs- und Forschungslandschaft herausgestellt. Wir bleiben dabei: Die Arbeit in den neuen Bundesländern wird kontinuierlich fortgeführt. Der BMBF wird 1995 rund 3 Milliarden DM für die neuen Bundesländer bereitstellen.
Es gibt eine neue Zahl, die mich freut. Wir sind da noch nicht über den Berg, aber es könnte eine Trendwende sein. Sie wissen, daß im Bereich des nationalen Forschungsbudgets die Mittel der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung leider in den alten Ländern auch 1994 rückläufig sind. Aber ich bin froh darüber, daß von 1993 auf 1994 die Mittel der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung in den neuen
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Bundesländern von 1,54 Milliarden DM auf 1,6 Milliarden DM gestiegen sind. Ich hoffe, daß dies eine Trendwende ist. Für mich ist es ein Signal, daß wir mit unserer Politik auf dem richtigen Weg sind.
Einer der Punkte, die wir auch in den neuen Bundesländern immer in den Mittelpunkt unserer Arbeit gestellt haben, war die Hilfe für junge technologieorientierte Unternehmen. Gerade junge technologieorientierte Unternehmen brauchen die Chance, aus Ideen Produkte zu entwickeln. Deshalb habe ich vor einem Monat das neue Programm „Beteiligungskapital für kleine Technologieunternehmen" mit 110 Millionen DM Steuergeldern vorgestellt. Ich hoffe, daß es uns damit gelingt, Beteiligungskapital von rund 900 Millionen DM für Leute mit Ideen, für Leute mit Wagemut zu mobilisieren. Verehrter Kollege Schanz, Ihre Bemerkung, ich möge aufpassen, daß hier kein Subventionstopf entsteht, müssen Sie mir bei Gelegenheit noch erklären, vor allen Dingen nachdem ich von Ihrem Kollegen Jens gehört habe, daß er diese Initiative ausdrücklich begrüßt.
Wenn es gelingt, mit optimiertem Mitteleinsatz mehr für Bildung, Forschung, Wissenschaft und Technologie zu erreichen, dann ist es auch ganz wichtig, daß wir uns über die Instrumentarien dieser Politik Klarheit verschaffen. Wir haben diese Veränderungen erreicht, weil wir uns eben nicht in Kommissionen und Verordnungen verfangen haben, sondern wir gesagt haben: Wir packen etwas an. Wir haben Mut zur Zukunft. Wir handeln, statt zu reden, und wir sagen offen, was mit knappen Mitteln geht und was nicht geht.
Ich hoffe sehr, daß die anderen Fraktionen dieses Hohen Hauses diese Veränderungen in der Politik noch mitmachen können, daß sie aufhören, immer nur vom Staat mehr Geld zu fordern, oder daß sie wie die GRÜNEN immer nur von Risiken reden und den Ausstieg propagieren, statt zusammen Schritte für eine gute Zukunft zu unternehmen.
Wenn Frau Kollegin Hermenau eben vorgetragen hat, daß es manchen Menschen sicherlich schwerfällt, die schnellen Entwicklungen und Veränderungen zu verarbeiten, und, wie sie formuliert hat, mancher 30jährige die Welt nicht mehr versteht, dann, verehrte Frau Kollegin Hermenau, scheinen Sie in der Fraktion der GRÜNEN besonders viele von diesen versammelt zu haben.
Wer Ausstiegsszenarien vertritt, wer nur auf staatliche Lösungen setzt, ist zu zukunftsträchtigen Lösungen unfähig, weil Antworten nur durch Innovation und vernetztes Denken zu finden sind.
Deshalb ist es auch richtig - Christian Lenzer hat darauf hingeweisen -, daß wir im Bereich der Weltraumpolitik jetzt versuchen, eine Umsteuerung im Verfahren vorzunehmen.
Ich erwarte Antworten von der ESA auf den Brief, den der französische Kollege Rossi und ich der ESA übermittelt haben. Wir erwarten von der ESA, daß die Planungen für die internationale Raumstation überprüft werden.
Ich bin froh, meine Damen und Herren, Ihnen sagen zu können, daß die übrigen ESA-Mitgliedsstaaten diese Initiative begrüßt haben. Mehr als vier Milliarden DM kann Europa bis zum Jahr 2000 für sein internationales Engagement in der bemannten Raumfahrt nicht ausgeben.
Um es klar zu sagen: Ich will ein zuverlässiger Partner beim Projekt der internationalen Raumstation bleiben. Wir haben diese Haltung in der ESA-Ratssitzung vergangene Woche nochmals bekräftigt. Aber ich sage ebenso klar, daß die bisherigen Antworten der ESA unbefriedigend sind.
Ich erwarte von der Europäischen Raumfahrtbehörde:
Erstens. Wir brauchen ein finanzierbares und inhaltlich überzeugendes Konzept, das die industriellen Interessen der europäischen Partner berücksichtigt.
Zweitens. Ein substantieller europäischer Beitrag zur internationalen Raumstation setzt die Solidarität und das Engagement aller ESA-Mitgliedstaaten voraus. Hier muß die ESA aktive Überzeugungsarbeit leisten.
Drittens. Für die langfristigen Betriebs- und Nutzungskosten erwarte ich einen belastbaren Rahmen und eine faire Aufteilung zwischen den europäischen Partnern.
Die ESA kennt unsere Anforderungen. Bislang habe ich allerdings nicht den Eindruck, daß sie die Brisanz dieser Fragen und dieses Anliegens vollständig erkannt hat und mit dem notwendigen Nachdruck arbeitet.
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Ich erwarte von der ESA, daß sie in den nächsten Monaten - spätestens bis zur Ministerkonferenz im Oktober - durch ein aktives Engagement eine konsensfähige Lösung vorbereitet. Sonst werden wir auch über das Management in europäischen Raumfahrtangelegenheiten diskutieren müssen.
- Lieber Herr Catenhusen, wir zwei kennen uns jetzt seit 1987. Wir haben schon lange darüber diskutiert. Ich sage es noch einmal: Schreiben Sie das Buch über die Vergangenheit, ich schreibe das Buch über die Zukunft. Das ist eine gute Aufgabenverteilung.
In vielen Bereichen haben wir in der Zukunft erhebliche Veränderungen zu erwarten. Das gilt für die neuen Technologien, das gilt für die Informations-und Kommunikationstechnologie, das gilt für die Bio- und Umwelttechnologie. Das sind zum Teil revolutionäre Veränderungen, die auch von den Menschen nachvollzogen werden müssen. Deshalb ist auch die offene Diskussion über diese neuen Technologien, z. B. über die Gentechnik, wichtig.
In der Gentechnik steckt ein riesiges ökonomisches Potential, das wir auch zur Sicherung unserer Arbeitsplätze einsetzen müssen. Wir haben jetzt mit der Novellierung des Gentechnikgesetzes und der Novellierung der Gentechniksicherheitsverordnung die Rahmenbedingungen entscheidend verbessert. Wir haben europäisches Niveau erreicht.
Ich sage das auch in Richtung derer, die in diesen Tagen auf Bilanzpressekonferenzen Bemerkungen zu diesem Thema machen. Wer meint, es müsse im Bereich der Rahmenbedingungen noch etwas verändert werden, der soll das klar benennen. Er soll aber nicht seine betriebswirtschaftlichen, seine ökonomischen Entscheidungen, die wir zu akzeptieren bereit sind, damit begründen, daß die Rahmenbedingungen nicht stimmen.
Es ist nicht die Aufgabe der Politik, die Schuld dafür zu übernehmen, wenn aus ökonomischen Zwängen betriebliche Entscheidungen erforderlich sind.
Meine Damen und Herren, es gibt Bereiche, in denen wir weltweit führend sind, etwa im Bereich der Umwelttechnologien. Wir werden dafür im Haushalt 1995 fast 300 Millionen DM einsetzen. Es zeigt, daß es Bereiche gibt, wo wir auch in bezug auf die Arbeitsplätze wirklich etwas einzubringen haben. Aber, meine Damen und Herren, es kommt darauf an, schon jetzt zu erkennen, was in den nächsten Jahren notwendig ist. Deshalb werden wir insbesondere Maßnahmen für den produktionsintegrierten Umweltschutz unterstützen.
Antoine de Saint-Exupéry hat einmal gesagt: Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen. Dies ist unsere gemeinsame Aufgabe. Der Haushalt 1995 leistet dazu einen Beitrag.