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ID1302906800

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    Plenarprotokoll 13/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1995 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Gottfried Haschke (Großhennersdorf) 2053 A Abwicklung der Tagesordnung 2053 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414) 2053 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt (Drucksachen 13/501, 13/527) . . 2053 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 13/502, 13/527) . . . 2053 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 13/503, 13/527) 2053 D Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 13/508, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 13/523) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 13/526) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 13/519, 13/527) in Verbindung mit Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft (Drucksachen 13/76, 13/415, 13/777) Karl Diller SPD 2054 C Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 2059 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2064 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 2068 A Dr. Barbara Höll PDS 2072 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 2074 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 2079 D, 2082 B Wilfried Seibel CDU/CSU 2082 A Susanne Jaffke CDU/CSU 2082 C Manfred Hampel SPD 2084 B Dankward Buwitt CDU/CSU 2086 B Jörg-Otto Spiller SPD 2088 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 2089 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 2089 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 2091 C Namentliche Abstimmungen . . 2092 C, 2093 D Ergebnisse 2121 C, 2124 A Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft (Drucksachen 13/509, 13/527) Manfred Hampel SPD 2093 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 2096 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2099 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . 2102 C, 2114 D Manfred Hampel SPD 2103 B Siegmar Mosdorf SPD 2105 C Rolf Kutzmutz PDS 2106 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 2108 C Eckart Kuhlwein SPD 2111 B Anke Fuchs (Köln) SPD 2112 A, 2115 B Rainer Haungs CDU/CSU 2115 C Jörg Tauss SPD 2116 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 2118 A Dr. Uwe Jens SPD 2119 A Nächste Sitzung 2126 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2127* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Kuhn (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile (Zusatztagesordnungspunkt 2) in der 21. Sitzung am 16. Februar 1995 (Seite 1375 A) 2127* B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rolf Niese (SPD) zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 1995, hier: Einzelplan 03 - Bundesrat - 2127* B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 10 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 09 - Bundesministerium für Wirtschaft) Ulrich Petzold CDU/CSU 2127* D 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 28. 03. 95 Behrendt, Wolfgang SPD 28. 03. 95 Borchert, Jochen CDU/CSU 28. 03. 95 Büttner (Ingolstadt), SPD 28. 03. 95 Hans Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 28. 03. 95 Hartmut Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 28. 03. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 28. 03. 95 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 28. 03. 95 Heym, Stefan PDS 28. 03. 95 Meißner, Herbert SPD 28. 03. 95 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 28. 03. 95 Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 28. 03. 95 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 28. 03. 95 Christian Siebert, Bernd CDU/CSU 28. 03. 95 Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 28. 03. 95 Terborg, Margitta SPD 28. 03. 95 Tippach, Steffen PDS 28. 03. 95 Vergin, Siegfried SPD 28. 03. 95 Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Kuhn (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile (Zusatztagesordnungspunkt 2) in der 21. Sitzung am 16. Februar 1995 (Seite 1375 A) Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rolf Niese (SPD) zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 1995, hier: Einzelplan 03 - Bundesrat - Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt die von der Regierungskoalition im Haushaltsausschuß be- Anlagen zum Stenographischen Bericht schlossenen Kürzungen beim Einzelplan 03 (Bundesrat) ab. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, daß die Haushaltsvoranschläge für den Einzelplan des Bundesrates nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden sollen. Der gegenseitige Respekt vor der Autonomie der Verfassungsinstitutionen gebietet es, daß die für jeweils notwendig gehaltene Mittelausstattung gegenseitig akzeptiert bzw. im Einvernehmen geregelt wird. Ebenso wie der Deutsche Bundestag ist der Bundesrat zur Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben darauf angewiesen, daß ihm eine ausreichende Personal- und Sachmittelausstattung zur Verfügung steht. Die Entscheidung der Regierungskoalition im Haushaltsausschuß gibt zu der Sorge Anlaß, daß die angemessene Ausstattung des Bundesrates für bestimmte Aufgabenbereiche gefährdet wird. Einsparungen ohne Berücksichtigung der Aufgabengewichtung gefährden die für die Wahrung der verfassungsmäßigen Aufgaben des Bundesrates notwendige Personal- und Sachmittelsubstanz. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I.10 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 09 - Bundesministerium für Wirtschaft) Ulrich Petzold (CDU/CSU): Auch wenn der Einzelplan 09 des Bundeshaushaltsplanes 1995 keinen Anlaß bietet, in Jubeltöne auszubrechen, so ist er doch grundsolide finanziert und setzt im Rahmen seiner Möglichkeiten die richtigen Schwerpunkte. Ein Aufschrei über die Kürzung des Haushaltes des Bundeswirtschaftsministeriums um 1,5 Milliarden DM wäre völlig verfehlt. In einer Zeit, in der alle über eine Haushaltskonsolidierung durch Sparmaßnahmen sprechen, ist es in jedem Fall richtig, Haushaltsmittel entsprechend dem aktuellen Bedarf einzusetzen. So trägt die Kürzung der Zuwendungen für die Wismut GmbH in den neuen Bundesländern genauso zu Einsparungen bei wie die Ver- ringerung der Kohlehilfen in den alten Bundesländern. Dieses schafft jedoch gleichzeitig wieder neue Spielräume für einen zukunftsweisenden Mitteleinsatz. Auf diese Weise konnte die Finanzausstattung für eine Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen, insbesondere zugunsten der neuen Bundesländer, weiter erhöht werden. So erfuhren die Investitionszuschüsse im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung eine Steigerung um 200 Millionen DM gegenüber dem vorjährigen Ansatz. Das Eigenkapitalhilfeprogramm wurde um 135 Millionen DM aufgestockt, und die Förderung der wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung wurde um 107 Millionen DM gegenüber dem Soll von 1994 erhöht. Bestimmend für den Einzelplan 09 ist, daß 92,2 % der Gesamtausgaben dieses Geschäftsbereiches für wirtschaftspolitische Programme vorgesehen sind. Allein für die Gemeinschaftsaufgabe ,,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" stehen 1995 4,156 Milliarden DM zur Verfügung, und die vorgesehene Steigerung dieser Titelgruppe fließt in vollem Umfang von 200 Millionen DM den neuen Bundesländern als Investitionszuschüsse zu. Einschließlich der gleich hohen Komplementärfinanzierung der Länder und der Zuschüsse des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ergibt sich daraus für 1995 ein Bewilligungsrahmen von rund 10,5 Milliarden DM. Uns ist wohl bewußt, daß dadurch - namentlich in einigen Grenzregionen Niedersachsens, Hessens und Bayerns - ein beachtliches Fördergefälle, insbesondere zu Sachsen-Anhalt und Thüringen auch für das Jahr 1995 fortbesteht. Die beklagte Abwanderung von Gewerbebetrieben um wenige Kilometer von West nach Ost zugunsten von Mitnahmeeffekten kann jedoch nicht unser Ziel sein. Auf der anderen Seite bestehen in weiten Teilen der neuen Bundesländer gravierende Strukturschwächen, die einer weiteren Investitionsförderung dringend bedürfen. Die Bemühungen der Bundesländer zur stärkeren regionalen Festlegung von Fördergebieten im Rahmen der GA-Förderung wird daher von uns in vollem Umfang begrüßt. In der Titelgruppe 6 ist das Eigenkapitalhilfeprogramm wegen verbesserter Darlehenskonditionen in den neuen Bundesländern und der Wiedereinführung in den alten Bundesländern abermals beträchtlich erhöht worden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß eine große Zahl der Betriebsneugründungen in den neuen Bundesländern sehr stark unter Kapitalschwäche zu leiden hat. Mit der Förderung der Beteiligung von unternehmerisch kompetenten Partnern wird gleichzeitig eine immer stärker zutage tretende Schwäche von Unternehmensgründungen in den neuen Bundesländern angegangen. Fachlich hervorragende Unternehmer sind immer wieder mit der Wirtschaftsführung auf Grund fehlender Kenntnisse und Erfahrungen überfordert, so daß eigentlich unnötige Insolvenzen entstehen. So wird mit der weiteren Erhöhung dieses Titelansatzes eine Systemlösung für mittelständische Unternehmen in den neuen Bundesländern angeboten. Die weiterhin besorgniserregende Situation der Industrieforschung in den neuen Bundesländern macht auch in den nächsten Jahren noch einen umfangreichen Einsatz von Fördermitteln dringend notwendig. Nur folgerichtig ist es deshalb, daß der Mittelansatz für 1995 um über 100 Millionen DM erhöht wurde. Vor allem die wirtschaftsnahe Forschung und Entwicklung in den neuen Bundesländern soll für den doppelten Effekt - einmal die Erhaltung von Forschungskapazitäten und zum anderen der Entwicklung neuer konkurrenzfähiger Produkte zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis - sorgen. Die Entwicklung auf dem Lehrstellenmarkt in den neuen Bundesländern gibt auch in diesem Jahr wieder Anlaß zur Sorge. Wenn auch in den vergangenen Jahren durch eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten - trotz aller Kassandra-Rufe im jeweiligen Frühjahr - fast alle Schulabgänger mit Lehrstellen versorgt werden konnten, gilt es doch, dieses Jahr dem entgegenstehende Entwicklungen zu beachten: Während die Zahl der Schulabgänger wesentlich ansteigt, sinkt die Zahl der Betriebe, die bereit sind, Lehrlinge auszubilden. In den Beratungen des Haushaltsausschusses wurde dieses erkannt und folgerichtig der Mittelansatz für die überbetriebliche berufliche Bildung im Handwerk auf 67,5 Millionen DM erhöht. Gleichzeitig werden die Mittel für die Förderung der beruflichen Qualifizierung des Mittelstandes heraufgesetzt, so daß durch eine verstärkte Ausbildung von Handwerksmeistern, die dann wieder Lehrlinge ausbilden können, das duale System zur beruflichen Ausbildung gestärkt wird. Mit diesem positiven Ansatz werden die Zusagen der Bundesregierung aus der Absprache zwischen dem Bundeskanzler und der Wirtschaft vom 15. dieses Monats eingehalten. Nun ist es an der Wirtschaft, ihre Zusage einer 10%igen Steigerung der Lehrstellenzahl einzulösen. In dem Einzelplan 09 liegt uns ein Haushaltsentwurf vor, in dem allgemeine Kürzungen vermie- den wurden. Er bildet einen Ansatz zur Fokussierung der Finanzmittel auf Schwerpunkte der wirtschaftlichen Entwicklung. Auch wenn noch eine Zahl von Wünschen und Forderungen zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis der Bundesrepublik auf das Jahressteuergesetz von 1996 verwiesen werden muß, ist dieser uns vorliegende Haushaltsentwurf im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft auch für die neuen Bundesländer zustimmungswürdig.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rolf Kutzmutz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was Haushaltsdiskussionen anbetrifft, gibt es sicherlich unterschiedliche Erfahrungen. Ich jedenfalls bin in den letzen drei Monaten um einige reicher und gleichermaßen um einige Illusionen ärmer geworden. Was die Illusionen betrifft, so bin ich davon ausgegangen, daß es zumindest ein Minimum an Bemühungen gibt, auf gesellschaftliche Herausforderungen sachbezogen und nicht allein durch koalitionstaktisches Geplänkel und Parteientaktik zu reagieren.
    Wenn ich den Zeitraum zwischen erster und zweiter Lesung des hier zur Beratung anstehenden Haushalts betrachte, ist es für mich kein Wunder, daß nur 5 % der Bevölkerung von den Parteien und ganze 16 % von der Bundesregierung Impulse zur Verbes-

    Rolf Kutzmutz
    serung der wirtschaftlichen Situation erwarten, wie EMNID im Februar herausfand. Daß die Bundesregierung besser abschnitt als die Parteien, liegt ganz offensichtlich daran, daß deren Marketing besser entwickelt ist; das ist aber auch schon alles.
    Ich will nur auf drei Probleme des ersten Quartals dieses Jahres eingehen.
    Erstens. Auf die massenhafte, mittlerweile soziale Fundamente unserer Gesellschaft bedrohende Langzeitarbeitslosigkeit reagierte der Kanzler im Januar mit der Einladung zu einer Runde der Sozialpartner. Heraus kam die simple Wiederbelebung eines von der Regierung Wochen zuvor zu den Akten gelegten Programms; das aber wird schon als großer Erfolg verkauft. So wichtig auch dieser kleine Schritt ist: Bestenfalls 85 000 geförderte Vermittlungen von Langzeitarbeitslosen in vier Jahren sind allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit können Sie statistisch gerade mal den derzeit Langzeitarbeitslosen in Sachsen-Anhalt die Rückkehr in das Berufsleben ermöglichen.
    Das Problem vergrößert sich dramatisch. Laut Untersuchungen des DGB erhöhte sich der Anteil der Langzeitarbeitslosen an den Jobsuchenden in Ostdeutschland zwischen 1992 und 1994 von 25,8 % auf 37 %. Im Westen Deutschlands stieg die Zahl im gleichen Zeitraum von knapp 475 000 auf rund 800 000. Es geht hier mittlerweile um Schicksale von 1,2 Millionen Bürgerinnen und Bürgern.
    Zweitens. Es ist knapp drei Wochen her, da widmete sich die Kanzlerrunde der Lehrstellenkatastrophe, die sich in diesem Jahr abzeichnet - wiederum nicht nur in Ostdeutschland. Heraus kam eine sogenannte Selbstverpflichtung der Wirtschaft, 1995 rund 600 000 Ausbildungsplätze in Ost und West anzubieten.

    (Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])

    Das ist eine Erweiterung um gut 30 000 Ausbildungsplätze gegenüber dem Vorjahr. Das Ganze wird mit 40 Millionen DM unterstützt, die lediglich im Haushalt umgeschichtet werden. Das ist ein beachtlicher Preis für das Gelöbnis der Wirtschaft.
    Sinnvoller erscheint uns allerdings die Erhebung einer Ausbildungsplatzabgabe bei den Unternehmen, die nicht ausbilden, zur Förderung der überbetrieblichen Ausbildung.

    (Beifall bei der PDS)

    Denn Tatsache ist: In Ostdeutschland sank das Angebot betrieblicher Ausbildungstellen von Januar 1994 bis Januar 1995 um 3,7 %; die Zahl der Bewerber hingegen stieg um 20 %. In Sachsen-Anhalt kommen drei Bewerber auf einen Ausbildungsplatz, in Brandenburg sind es 2,5 Bewerber.
    Sie werden sich sicher erinnern, daß hier Herr Professor Biedenkopf vor einiger Zeit Frau Luft beschuldigt hat, sie könne die Statistik nicht richtig führen, weil sie auf die Ausbildungssituation im Land Sachsen aufmerksam gemacht hat.

    (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Auf die alte Statistik!)

    - Die alte Statistik hatte leider Herr Professor Biedenkopf, Herr Graf Lambsdorff. Herr Biedenkopf hat die Zahlen von 1994 genommen, während Frau Christa Luft von den Zahlen des Jahres 1995 gesprochen hat, was ihr Herr Biedenkopf übrigens kleinlaut in einem Schreiben vom 20. März 1995 bestätigt hat. Dies war bei weitem nicht so effektvoll wie sein Auftreten in diesem Saal.
    Auch in den Altbundesländern ist die Lage keineswegs besser. Hier schrumpfte der Stellenüberhang schon letztes Jahr von zeitweise fast 200 000 auf 35 000.
    Sich auf eine „kontinuierliche Beobachtung" des Ausbildungsmarktes zu beschränken und „gemeinsam mit den Ländern und der Wirtschaft den Prozeß einer betrieblich verankerten Berufsausbildung nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen", wie die Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage unserer Gruppe ankündigte, ist angesichts der realen Lage schlicht abenteuerlich, zumal sich das Problem für die Jugendlichen mit der Lehrstelle längst nicht erledigt hat. Nach Untersuchungen des DGB wurde 1994 im Westen bereits jeder fünfte Azubi nach erfolgreicher Lehre arbeitslos; im Osten war es sogar jeder dritte. Ohne eine langfristig angelegte Strukturpolitik ist keine wirkliche Änderung zu erreichen. Das wird übrigens schon seit Jahren immer wieder festgestellt; man braucht nur die Stenographischen Berichte der letzten Legislaturperiode zu lesen. Nur, eine Wende in der praktischen Politik ist nicht in Sicht.
    Ein in Deutschland nicht unbekannter Trendforscher schreibt zu diesem Problem:
    So wie es aussieht, wollen die meisten Bosse zurück zu den guten alten und harten Prinzipien, zu den Prinzipien der gestrigen Erfolge. Während der Wissensbedarf explodiert, wird die Qualifizierung des Wissens begrenzt. Aber nichts ist gefährlicher als das.
    Drittens. Mit großem Interesse, aber nicht übertriebenen Erwartungen sehe ich dem Bericht „Info 2000" von Herrn Minister Rexrodt entgegen, den er im Sommer namens der Regierung vorlegen will. Denn wie die vom Bundesminister auf der CeBIT für dieses Zukunftsfeld der Informationsgesellschaft nebulös versprochenen „Parameter für die Entfaltung der Privatinitiative" in diesem Kabinett definiert werden, konnte gerade Ostdeutschland auf anderen Gebieten im letzten Jahrfünft häufig schmerzhaft erfahren.
    An eine Perspektive der Bundesrepublik als wirkliches Innovationszentrum umweltschonender, nachhaltiges Wirtschaften befördernder Technologien und als Wirtschaftsstandort, an dem diese regional umgesetzt werden, wage ich angesichts der Erfahrungen der letzten Monate kaum zu glauben. Angeblich ist der Standort Deutschland viel zu teuer, sind die Mitarbeiter zu faul, die Gewerkschaften viel zu aggressiv. Dabei ist es gerade die sogenannte Standortpolitik dieser Regierung, die den Lebensstandort Deutschland ruiniert.

    Rolf Kutzmutz
    Eine wachstumsorientierte Industriepolitik, wie sie mit diesem Haushalt fortgeschrieben wird, bringt uns alle, regional wie global, der ökologischen Katastrophe beschleunigst näher. Waldschadensbericht und Konsequenzen des Januarhochwassers sind nur zwei Schlaglichter dieser Entwicklungstendenz, die in den letzten Wochen in diesem Haus debattiert wurden.
    Bei aller technischen Innovationsfreudigkeit und allem Druck auf die von den Menschen erstrittenen Sozialstandards dieser Republik: Stückkosten wie in Südostasien, Lateinamerika oder Osteuropa werden hierzulande nie wieder zu unterbieten sein, es sei denn, man will den sozialen Frieden gefährden. Aber gerade er ist doch ein Standortvorteil dieses Landes.

    (Beifall bei der PDS)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Standortnachteil" und Umweltzerstörung werden sich im nächsten Jahrzehnt im Zuge der Kommunikationsrevolution von Satellitennetzen bis virtuellen Büros dramatisch verstärken. Es wird zu neuen wirtschaftlichen und sozialen Umbrüchen führen, wenn beispielsweise für die Bedürfnisse der Dessauer oder Ingolstädter „just in time" in Ho-Chi-Minh-Stadt/Saigon oder Kuala Lumpur produziert und via Großflughäfen München oder Berlin/Brandenburg über leitsystemgestützte Autobahnen und Hochgeschwindigkeitsstrecken geliefert werden kann. Gerade mit ihren vielgepriesenen Konjunkturmotoren könnte die Koalition unser Land in den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Crash fahren.
    Staatssekretär Dr. Kolb hält der PDS in seiner Antwort auf eine Anfrage zum Jahreswirtschaftsbericht vor, unsere wirtschaftspolitische Schwerpunktsetzung in Richtung gezielter staatlicher Fördermaßnahmen und Eingriffe in den Einkommensverteilungsprozeß sei ein falscher Ansatz.

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er hat doch recht!)

    Ich meine, im Unterschied zu den demokratischen Sozialistinnen und Sozialisten, aber auch zu den anderen Oppositionsfraktionen haben Regierung und Koalitionsfraktionen außer dem „Weiter so!" überhaupt keinen Ansatz. Denn wie Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit aussehen, von denen hier so oft gesprochen wurde, zeigt allein ein Blick auf die hin- und hergeschobenen Millionen zur Kohlefinanzierung.
    Im Haushaltsausschuß erstreiten die Sparkommissare seit Jahresanfang in mehrwöchigen Beratungen Einsparungen von gut 216 Millionen DM im Einzelplan 09. Dann kommt im März über Nacht ein koalitionärer Federstrich, und 285 Millionen DM zusätzlich tauchen wieder auf, finanziert durch Neuverschuldung. Dies geschah aber wohl weniger, weil es um die arbeitsmarkt- und damit sozialpolitisch verträgliche Abfederung eines Strukturwandels geht -den ich sehr begrüßen würde -, sondern weil im Mai im größten Bundesland Wahlen sind, wo der Seniorpartner der Koalition sozialen Touch beweisen, aber zugleich seinem Juniorpartner mit dessen wirtschaftspolitischen Patentrezepten aus dem 19. Jahrhundert das politische Überleben sichern will.

    (Beifall bei der PDS)

    Wer nicht jetzt über die Konversionsprogramme in den Kohleregionen nachdenkt und entscheidet, provoziert schon heute den Bankrott ganzer Landstriche in 10 oder 15 Jahren. Solange jedoch Machterhalt im Zweimonatstakt die Entscheidungen diktiert, werden wir in diesem Haus beständig weiter Pläne debattieren, die schon vor ihrer Verabschiedung Makulatur sind.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat der Bundesminister für Wirtschaft, Dr. Günter Rexrodt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Günter Rexrodt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kennzeichnend für den Haushalt des Bundeswirtschaftsministers ist seit der Vereinigung die Tatsache, daß wir etwa die Hälfte unserer Ausgaben für die neuen Länder ausgeben. Das ist auch 1995 so. Wir werden die Ausgaben für die neuen Länder im Jahr 1995 sogar noch einmal steigern. Wir werden auch die Ausgaben für den Mittelstand steigern. Die Ausgaben für kleine und mittlere Unternehmen, für Forschung und Entwicklung, für die Berufsausbildung und für die erneuerbaren Energien werden erhöht. Es gibt dagegen erhebliche Ausgabenrückgänge in Bereichen, wo Aufgaben aus der Vereinigung auslaufen, beispielsweise das sehr aufwendige Programm zur Errichtung von Wohnungen für abziehende russische Soldaten.
    Wir werden aus bestimmten Gründen, z. B. weil der Airbus nicht mehr so gefördert wird, weniger Geld für die Entwicklung von Großflugzeugen ausgeben. Wir werden weniger Geld für die Werften ausgeben, obwohl wir für das Jahr 1996 noch einmal aus eigener Initiative eine kräftige Aufstockung der Werfthilfen mit dem Ziel vornehmen, die Zeit bis zur Gültigkeit des OECD-Abkommens zu überbrücken.
    In diesem Jahr bleiben die Ausgaben für die Kohle in etwa gleich. Ich darf in diesem Zusammenhang sagen, daß es in den letzten Stunden gelungen ist, in sehr komplizierten Verhandlungen die Detailregelungen für die Kokskohle zu treffen und das Aufteilungsverhältnis zwischen Bund und Ländern festzulegen. Dabei - das darf ich auch anmerken - kann das Saarland dankbar sein, daß wir eine Lösung gefunden haben, die - ich sage es einmal sehr höflich - den besonderen Bedingungen dieses Bundeslandes Rechnung trägt.
    Aber mit der Kokskohlenregelung besteht keineswegs Klarheit über die Kohlefinanzierung in der Zukunft. Wir haben gesagt: Wir stehen prinzipiell zum Artikelgesetz. Wir haben uns aber mit Blick auf die Absenkung nach 2000 vorbehalten

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was heißt „prinzipiell"?)


    Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
    - hören Sie zu, Herr Fischer - möglicherweise schon im Jahre 1999 in eine Absenkung einzusteigen, um den Neigungswinkel zu verringern. Das muß nicht so sein, das wollen wir aber.
    Mir ist es schleierhaft, wie sich eine Partei wie die GRÜNEN, die für ökologisch sinnvolle, für regenerative Energien eintritt, so auf die Finanzierung und Subventionierung der Kohle festlegt. Das ist unverständlich.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das ist nichts anderes als billiger Populismus. Sie sind auch seit langem so weit, daß Sie und Ihre Leute Populismus betreiben, Herr Fischer. Das zahlt sich für Sie nicht aus.
    Es geht uns beim Energiemix darum sicherzustellen, daß Kohlefinanzierung und die Verwendung der anderen Energieträger einschließlich der Kernenergie zu einem Paket zusammengeschnürt werden. Eines ist für uns nicht verhandelbar - das sage ich noch einmal mit aller Deutlichkeit -: Es wird dabei bleiben, daß wir die Option für die friedliche Nutzung der Kernenergie im nächsten Jahrhundert offenhalten.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es muß dazu kommen, daß Sie mit Ihrem ausstiegsorientierten Vollzug aufhören. Die Entsorgungsprobleme bestehender Kernkraftwerke müssen konstruktiv und im Geist der Gesetze gelöst werden; nichts anderes.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich möchte persönlich den Berichterstattern für den Haushalt des Bundeswirtschaftsministers, Frau Hermenau, Herrn Rossmanith, Herrn Dr. Weng und Herrn Hampel danken. Ich möchte auch den vielen Mitarbeitern in den Ministerien und im Parlament für die Arbeit danken, die hier geleistet worden ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)

    Lassen Sie mich ein paar Worte zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sagen, die nun zwei neue Aspekte erhalten hat, und zwar Risikoaspekte. Sie sind zum einen durch die Turbulenzen an den Finanzmärkten und zum anderen durch die Tarifabschlüsse in einigen Bereichen bedingt.
    Es verdient in diesem Zusammenhang festgehalten zu werden, daß wir in einer kräftigen Wachstumsphase sind. Die Wachstumsraten werden durch die Investitionen bestimmt, die ihrerseits durch eine hohe Kapazitätsauslastung, damit verbundene Erweiterungsinvestitionen, durch die Nachfrage aus dem Ausland und durch eine erstaunlich stabile Inlandsnachfrage bedingt sind. Wichtig und gut bei dieser Entwicklung ist, daß wir spannungsfreies Wachstum haben, d. h. relative Preisstabilität.
    Es ist uns gelungen, den Aufschwung Ost in Gang zu bringen. Allerdings sind wir, was den Aufschwung Ost angeht, erst auf halbem Wege. Deshalb haben sich diese Koalition und dieser Wirtschaftsminister auch dafür eingesetzt, daß wir die Förderung für die neuen Länder über das Jahr 1996 fortsetzen, und zwar gestrafft, vereinfacht und im wesentlichen auf das verarbeitende Gewerbe konzentriert.
    Wir bleiben 1995 - Frau Hermenau sprach das bereits an - im Einzelplan 09 bei 500 Millionen DM für die Förderung von Forschung und Entwicklung insgesamt. Wir wollen das auch in den kommenden Jahren weiterführen. Das wird konzentriert und vornehmlich auf die Förderung in den neuen Ländern ausgerichtet sein.
    Aber, meine Damen und Herren, es gibt Risiken. Sie will ich bei einer solchen Debatte nicht verschweigen. Sie bestehen darin, daß es eine Veränderung bei der Bewertung der D-Mark oder - anders ausgedrückt - der Währungen vieler Länder, die unsere wichtigsten Handelspartner sind, gegeben hat. Bezogen auf die Währungen der wichtigsten 18 Handelspartner, hat die D-Mark in den letzten Monaten eine Aufwertung von 7 % erfahren. 40 % unserer Exporte gehen in Länder, bei deren Währung es eine erhebliche Abwertung gegeben hat. Das hat Auswirkungen auf einige Branchen, insbesondere den Maschinenbau, und auf die Konkurrenzsituation befreundeter Länder, beispielsweise Italiens.
    Ich will diese Entwicklung - das sage ich mit aller Deutlichkeit - nicht bagatellisieren. Dennoch müssen wir eines sehen: In den Finanzmärkten liegt ganz eindeutig ein Überausschlag, eine Überreaktion auf bestehende Unsicherheiten in anderen Ländern vor. Die ökonomischen Fundamentaldaten, insbesondere in den USA, in Japan und vielen europäischen Nachbarländern, spiegeln die tatsächliche ökonomische Situation nicht wider. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, daß sich die Währungsrelationen in mittlerer Sicht immer an den ökonomischen Fundamentaldaten orientieren. Deshalb gehe ich davon aus - ohne daß ich das weiß; das kann man nicht wissen -, daß es eine Rückbewegung, eine Rückorientierung bei den Devisenkursen mit einer Entlastung für unsere Exporteure geben wird.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist eine Hoffnung!)

    Nicht in Ordnung bringen, Herr Jens - das darf ich auch noch einmal sagen -, kann man diese Dinge mit einer Steuer. Herr Jens, ich habe Sie - wenn ich es mir erlauben darf, das zu sagen - immer im Verdacht, daß Sie ein Mann sind, der in seinen ökonomischen Vorstellungen außerordentlich harmonieorientiert ist und der diese Dinge regeln will. Wenn der Markt sie nicht regelt, sind Sie ganz schnell bereit mit irgendwelchen Vorstellungen, wie man das mit Hilfe eines Gesetzes oder unter Einbeziehung der Bundesbank oder wie auch immer machen könnte. Ich sage Ihnen: Das geht nicht. Der Markt entscheidet. Wenn Sie die Devisenbewegungen durch Erhebung einer Kapitalbewegungssteuer kanalisieren wollen, wird es am Ende dahin kommen, daß die Währungsausschläge noch viel größer werden, als sie es heute

    Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
    schon sind. Sie können niemals mit Hilfe einer Steuer gegen den Markt operieren. Das ist das ökonomische Einmaleins im dritten Semester, Herr Kollege Jens. Das darf ich Ihnen sagen.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich will das nicht bagatellisieren, aber auch nicht dramatisieren. Die Stärke der D-Mark ist auch Ausdruck des Vertrauens in unsere Wirtschaft und in unsere Stabilitätspolitik. Keiner sollte vergessen, daß von einer stabilen D-Mark auch Entlastungseffekte für den Verbraucher durch die billigeren und günstigeren Importe ausgehen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist das erste Gesetz!)

    Lassen Sie mich ein zweites Thema anschneiden, eines, welches ebenfalls mit Risiken zu tun hat, das ist die Tarifentwicklung. Ich bin froh darüber, daß die relativ schnell zum Abschluß gelangten Tarifverhandlungen dazu geführt haben, daß im großen und ganzen Streiks abgewendet werden konnten und daß eine Phase der Unsicherheit vermieden werden konnte. Aber ich sage: In einigen Bereichen sind die Abschlüsse an der Grenze des betriebswirtschaftlich Machbaren und des volkswirtschaftlich Vertretbaren,

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Über der Grenze!)

    vor allem in der Metallindustrie. Ich hätte mir gewünscht, daß in diesem Bereich endlich das kommt, was für unsere Volkswirtschaft unverzichtbar ist, nämlich mehr Mobilität und Flexibilität am Arbeitsmarkt.
    Meine Damen und Herren, der Arbeitsmarkt der Zukunft wird ein ganz anderer sein als heute. In 10 oder 15 Jahren werden wir Vereinbarungen über die Arbeitszeit, über die Tarifhöhe und anderes mehr sehr viel individueller treffen können, als das heute der Fall ist. Je schneller wir uns in Richtung auf einen mobilen und flexiblen Arbeitsmarkt bewegen, um so besser. In der Metallindustrie ist in bezug darauf nichts herausgekommen. Ich hoffe, das wird anderswo nachgeholt. Die Chemieindustrie könnte dafür ein gutes Beispiel sein.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das würde der Bundesregierung auch guttun, mehr Mobilität!)

    Trotz der dämpfenden Effekte auf Grund der Devisenentwicklung und der Tarifabschlüsse sehe ich keine wirklich ernsthafte Gefahr für die Fortsetzung des Aufschwungs. Wir gehen davon aus, daß wir die 3 % Wachstum, die wir prognostiziert haben, erreichen können.
    Was die Abschlüsse angeht, meine Damen und Herren - das sage ich insbesondere mit Blick auf die Opposition -: Lassen Sie uns nicht in eine Situation kommen, in der die Unternehmen wie folgt überlegen: Ich habe in meinem Unternehmen einen bestimmten Fonds X - DM oder Prozente; das kann man so oder so ausdrücken - für Lohn und Gehalt. Wenn die Abschlüsse wesentlich über diesen Fonds hinausgehen, dann wird man eben dazu kommen, daß man die Arbeitnehmerschaft reduziert und Leute entläßt, um innerhalb dieses Fonds bleiben zu können.
    Ich sage nicht, daß das gut oder wünschenswert ist. Aber das ist die Realität, das ist die Denkweise - sogar notwendigerweise - in vielen großen Betrieben. Deshalb muß man vorsichtig sein und den Einkommenseffekt, auf den Sie sich ja immer - zu großen Teilen zu Recht - berufen, und den Kosteneffekt der Löhne und Gehälter gegeneinander abwägen. Das ist in der Vergangenheit sehr sinnvoll gemacht worden, und dabei müssen wir bleiben.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war ja Sekundarstufe I!)

    Meine Damen und Herren, ich mache keinen Hehl daraus, daß es uns nicht gelungen ist, die Entwicklung am Arbeitsmarkt so zu beeinflussen, wie wir uns das wünschen. Die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor zu hoch. Keiner hat ein überzeugendes Rezept - das ist keine Entschuldigung; aber das ist nun leider einmal so festzustellen -, wie wir dieses Problem ohne einen langen, komplizierten Prozeß, den wir in unserem Standortprogramm vorgegeben haben, lösen können.
    Wir wollen aktuelle und akute Probleme lösen, beispielsweise über ein Programm zur Langzeitarbeitslosigkeit, beispielsweise durch Selbstverpflichtungen der Industrie, Lehrstellen für alle in Ost und in West zur Verfügung zu stellen, notfalls auch mit Unterstützung durch öffentliche Mittel. Wir wollen die Probleme zukunftsorientiert angehen,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hätte ich mir fast gedacht!)

    indem wir in Bildung und Wissenschaft und indem wir in mehr Selbständigkeit sehr viel investieren werden. Ich denke bei der Meisterförderung an die Kosten für den Lebensunterhalt und die Bezuschussung der Lehrgangskosten. Das alles wird zukunftsorientiert gemacht.
    Das wird nicht ausreichen; das sind aber richtige Schritte. Wenn Sie prinzipiell andere und bessere Schritte anbieten können, dann sagen Sie das, meine Damen und Herren von der Opposition. In der Vergangenheit war das nicht der Fall. Sie können sagen: Hier geben wir ein bißchen mehr und da ein bißchen weniger. Bei der Werfthilfe, bei Subventionen für die Kohle oder für sonstetwas, da kommen Sie. Aber eine prinzipiell anders orientierte Wirtschaftspolitik, der im übrigen bescheinigt wird, daß sie in der Europäischen Union und darüber hinaus vorbildlich ist, haben Sie, wenn Sie ehrlich sind, nie geliefert. Sie können sie auch nicht liefern, weil es zu unserer Politik keine Alternative gibt.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt steigt die Mark wieder um 10 Pfennig!)


    Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
    - Das ist so, Herr Fischer. Von Ihnen habe ich zur . Wirtschaftspolitik noch nie etwas gehört. Ökologische Marktwirtschaft ist im übrigen in vielen Parteien verankert und verwurzelt. Da haben wir mit dem Setzen auf Selbstverpflichtungen und mit der Tatsache, daß wir Kosten und Preise für den Umweltschutz in den marktwirtschaftlichen Prozeß einfügen wollen, allemal ein besseres Konzept als Sie, die Sie mit der Keule des Ordnungsrechts alles erschlagen wollen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, wir haben die Rezession aufgefangen. Wir haben den Aufschwung Ost in Gang gebracht.