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    Plenarprotokoll 13/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1995 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Gottfried Haschke (Großhennersdorf) 2053 A Abwicklung der Tagesordnung 2053 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414) 2053 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt (Drucksachen 13/501, 13/527) . . 2053 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 13/502, 13/527) . . . 2053 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 13/503, 13/527) 2053 D Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 13/508, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 13/523) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 13/526) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 13/519, 13/527) in Verbindung mit Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft (Drucksachen 13/76, 13/415, 13/777) Karl Diller SPD 2054 C Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 2059 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2064 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 2068 A Dr. Barbara Höll PDS 2072 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 2074 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 2079 D, 2082 B Wilfried Seibel CDU/CSU 2082 A Susanne Jaffke CDU/CSU 2082 C Manfred Hampel SPD 2084 B Dankward Buwitt CDU/CSU 2086 B Jörg-Otto Spiller SPD 2088 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 2089 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 2089 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 2091 C Namentliche Abstimmungen . . 2092 C, 2093 D Ergebnisse 2121 C, 2124 A Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft (Drucksachen 13/509, 13/527) Manfred Hampel SPD 2093 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 2096 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2099 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . 2102 C, 2114 D Manfred Hampel SPD 2103 B Siegmar Mosdorf SPD 2105 C Rolf Kutzmutz PDS 2106 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 2108 C Eckart Kuhlwein SPD 2111 B Anke Fuchs (Köln) SPD 2112 A, 2115 B Rainer Haungs CDU/CSU 2115 C Jörg Tauss SPD 2116 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 2118 A Dr. Uwe Jens SPD 2119 A Nächste Sitzung 2126 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2127* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Kuhn (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile (Zusatztagesordnungspunkt 2) in der 21. Sitzung am 16. Februar 1995 (Seite 1375 A) 2127* B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rolf Niese (SPD) zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 1995, hier: Einzelplan 03 - Bundesrat - 2127* B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 10 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 09 - Bundesministerium für Wirtschaft) Ulrich Petzold CDU/CSU 2127* D 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 28. 03. 95 Behrendt, Wolfgang SPD 28. 03. 95 Borchert, Jochen CDU/CSU 28. 03. 95 Büttner (Ingolstadt), SPD 28. 03. 95 Hans Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 28. 03. 95 Hartmut Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 28. 03. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 28. 03. 95 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 28. 03. 95 Heym, Stefan PDS 28. 03. 95 Meißner, Herbert SPD 28. 03. 95 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 28. 03. 95 Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 28. 03. 95 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 28. 03. 95 Christian Siebert, Bernd CDU/CSU 28. 03. 95 Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 28. 03. 95 Terborg, Margitta SPD 28. 03. 95 Tippach, Steffen PDS 28. 03. 95 Vergin, Siegfried SPD 28. 03. 95 Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Kuhn (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile (Zusatztagesordnungspunkt 2) in der 21. Sitzung am 16. Februar 1995 (Seite 1375 A) Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rolf Niese (SPD) zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 1995, hier: Einzelplan 03 - Bundesrat - Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt die von der Regierungskoalition im Haushaltsausschuß be- Anlagen zum Stenographischen Bericht schlossenen Kürzungen beim Einzelplan 03 (Bundesrat) ab. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, daß die Haushaltsvoranschläge für den Einzelplan des Bundesrates nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden sollen. Der gegenseitige Respekt vor der Autonomie der Verfassungsinstitutionen gebietet es, daß die für jeweils notwendig gehaltene Mittelausstattung gegenseitig akzeptiert bzw. im Einvernehmen geregelt wird. Ebenso wie der Deutsche Bundestag ist der Bundesrat zur Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben darauf angewiesen, daß ihm eine ausreichende Personal- und Sachmittelausstattung zur Verfügung steht. Die Entscheidung der Regierungskoalition im Haushaltsausschuß gibt zu der Sorge Anlaß, daß die angemessene Ausstattung des Bundesrates für bestimmte Aufgabenbereiche gefährdet wird. Einsparungen ohne Berücksichtigung der Aufgabengewichtung gefährden die für die Wahrung der verfassungsmäßigen Aufgaben des Bundesrates notwendige Personal- und Sachmittelsubstanz. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I.10 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 09 - Bundesministerium für Wirtschaft) Ulrich Petzold (CDU/CSU): Auch wenn der Einzelplan 09 des Bundeshaushaltsplanes 1995 keinen Anlaß bietet, in Jubeltöne auszubrechen, so ist er doch grundsolide finanziert und setzt im Rahmen seiner Möglichkeiten die richtigen Schwerpunkte. Ein Aufschrei über die Kürzung des Haushaltes des Bundeswirtschaftsministeriums um 1,5 Milliarden DM wäre völlig verfehlt. In einer Zeit, in der alle über eine Haushaltskonsolidierung durch Sparmaßnahmen sprechen, ist es in jedem Fall richtig, Haushaltsmittel entsprechend dem aktuellen Bedarf einzusetzen. So trägt die Kürzung der Zuwendungen für die Wismut GmbH in den neuen Bundesländern genauso zu Einsparungen bei wie die Ver- ringerung der Kohlehilfen in den alten Bundesländern. Dieses schafft jedoch gleichzeitig wieder neue Spielräume für einen zukunftsweisenden Mitteleinsatz. Auf diese Weise konnte die Finanzausstattung für eine Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen, insbesondere zugunsten der neuen Bundesländer, weiter erhöht werden. So erfuhren die Investitionszuschüsse im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung eine Steigerung um 200 Millionen DM gegenüber dem vorjährigen Ansatz. Das Eigenkapitalhilfeprogramm wurde um 135 Millionen DM aufgestockt, und die Förderung der wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung wurde um 107 Millionen DM gegenüber dem Soll von 1994 erhöht. Bestimmend für den Einzelplan 09 ist, daß 92,2 % der Gesamtausgaben dieses Geschäftsbereiches für wirtschaftspolitische Programme vorgesehen sind. Allein für die Gemeinschaftsaufgabe ,,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" stehen 1995 4,156 Milliarden DM zur Verfügung, und die vorgesehene Steigerung dieser Titelgruppe fließt in vollem Umfang von 200 Millionen DM den neuen Bundesländern als Investitionszuschüsse zu. Einschließlich der gleich hohen Komplementärfinanzierung der Länder und der Zuschüsse des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ergibt sich daraus für 1995 ein Bewilligungsrahmen von rund 10,5 Milliarden DM. Uns ist wohl bewußt, daß dadurch - namentlich in einigen Grenzregionen Niedersachsens, Hessens und Bayerns - ein beachtliches Fördergefälle, insbesondere zu Sachsen-Anhalt und Thüringen auch für das Jahr 1995 fortbesteht. Die beklagte Abwanderung von Gewerbebetrieben um wenige Kilometer von West nach Ost zugunsten von Mitnahmeeffekten kann jedoch nicht unser Ziel sein. Auf der anderen Seite bestehen in weiten Teilen der neuen Bundesländer gravierende Strukturschwächen, die einer weiteren Investitionsförderung dringend bedürfen. Die Bemühungen der Bundesländer zur stärkeren regionalen Festlegung von Fördergebieten im Rahmen der GA-Förderung wird daher von uns in vollem Umfang begrüßt. In der Titelgruppe 6 ist das Eigenkapitalhilfeprogramm wegen verbesserter Darlehenskonditionen in den neuen Bundesländern und der Wiedereinführung in den alten Bundesländern abermals beträchtlich erhöht worden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß eine große Zahl der Betriebsneugründungen in den neuen Bundesländern sehr stark unter Kapitalschwäche zu leiden hat. Mit der Förderung der Beteiligung von unternehmerisch kompetenten Partnern wird gleichzeitig eine immer stärker zutage tretende Schwäche von Unternehmensgründungen in den neuen Bundesländern angegangen. Fachlich hervorragende Unternehmer sind immer wieder mit der Wirtschaftsführung auf Grund fehlender Kenntnisse und Erfahrungen überfordert, so daß eigentlich unnötige Insolvenzen entstehen. So wird mit der weiteren Erhöhung dieses Titelansatzes eine Systemlösung für mittelständische Unternehmen in den neuen Bundesländern angeboten. Die weiterhin besorgniserregende Situation der Industrieforschung in den neuen Bundesländern macht auch in den nächsten Jahren noch einen umfangreichen Einsatz von Fördermitteln dringend notwendig. Nur folgerichtig ist es deshalb, daß der Mittelansatz für 1995 um über 100 Millionen DM erhöht wurde. Vor allem die wirtschaftsnahe Forschung und Entwicklung in den neuen Bundesländern soll für den doppelten Effekt - einmal die Erhaltung von Forschungskapazitäten und zum anderen der Entwicklung neuer konkurrenzfähiger Produkte zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis - sorgen. Die Entwicklung auf dem Lehrstellenmarkt in den neuen Bundesländern gibt auch in diesem Jahr wieder Anlaß zur Sorge. Wenn auch in den vergangenen Jahren durch eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten - trotz aller Kassandra-Rufe im jeweiligen Frühjahr - fast alle Schulabgänger mit Lehrstellen versorgt werden konnten, gilt es doch, dieses Jahr dem entgegenstehende Entwicklungen zu beachten: Während die Zahl der Schulabgänger wesentlich ansteigt, sinkt die Zahl der Betriebe, die bereit sind, Lehrlinge auszubilden. In den Beratungen des Haushaltsausschusses wurde dieses erkannt und folgerichtig der Mittelansatz für die überbetriebliche berufliche Bildung im Handwerk auf 67,5 Millionen DM erhöht. Gleichzeitig werden die Mittel für die Förderung der beruflichen Qualifizierung des Mittelstandes heraufgesetzt, so daß durch eine verstärkte Ausbildung von Handwerksmeistern, die dann wieder Lehrlinge ausbilden können, das duale System zur beruflichen Ausbildung gestärkt wird. Mit diesem positiven Ansatz werden die Zusagen der Bundesregierung aus der Absprache zwischen dem Bundeskanzler und der Wirtschaft vom 15. dieses Monats eingehalten. Nun ist es an der Wirtschaft, ihre Zusage einer 10%igen Steigerung der Lehrstellenzahl einzulösen. In dem Einzelplan 09 liegt uns ein Haushaltsentwurf vor, in dem allgemeine Kürzungen vermie- den wurden. Er bildet einen Ansatz zur Fokussierung der Finanzmittel auf Schwerpunkte der wirtschaftlichen Entwicklung. Auch wenn noch eine Zahl von Wünschen und Forderungen zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis der Bundesrepublik auf das Jahressteuergesetz von 1996 verwiesen werden muß, ist dieser uns vorliegende Haushaltsentwurf im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft auch für die neuen Bundesländer zustimmungswürdig.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dankward Buwitt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalition aus CDU/ CSU und F.D.P. hat in den 80er Jahren deutlich unter Beweis stellen können, wie man durch eine strikte Begrenzung der staatlichen Ansprüche und unter Zurückführung der staatlichen Ausgaben Steuern senken, Vertrauen schaffen und enormes Wachstum freisetzen kann.
    Das Vorurteil, daß eine Begrenzung der Staatsausgaben und damit eine Rückführung der Defizitquote konjunkturschädlich und kontraproduktiv sei, ist immer wieder zu hören, bleibt allerdings falsch. Das Gegenteil ist richtig. Dies haben nicht nur, aber auch unsere Erfolge in den 80er Jahren gezeigt.
    Wir haben diese Politik mit dem Haushalt 1994 fortgeführt, und das Ergebnis kann sich schon jetzt sehen lassen. Unsere Haushaltspolitik hat positive Vertrauenseffekte und Erwartungen auf Stabilität bei der investierenden Wirtschaft und damit Vertrauen auf den Märkten geschaffen.
    Dies ist nach meiner Meinung eine bessere Arbeitsmarktpolitik, nicht aber die Frage der Erhöhung des Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit; denn Ziel muß sein, daß wir möglichst vielen Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen oder dafür die Rahmenbedingungen schaffen. Der zweite und der dritte Arbeitsmarkt haben selten eine größere oder längerfristige Zukunftsperspektive für die Menschen bedeutet.
    Die Zeit ist allerdings noch nicht allzulange her, als uns viele sagten: Die D-Mark kann die Belastung nicht aushalten. Sie haben den Verfall der D-Mark vorausgesagt. Für die gleichen ist die D-Mark heute schon wieder viel zu stabil.
    Die Wirklichkeit ist: Unsere Politik war darauf ausgerichtet, die D-Mark stabil zu halten; denn die Inflationsrate beginnt heute mit einer Zwei vor dem Komma. Meine Damen und Herren, eine stabile Währung ist nach meiner Meinung die beste Sozialpolitik, die wir machen können, denn von hoher Geldentwertung sind meistens die Leute mit den kleinen Einkommen am stärksten betroffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Vor einigen Wochen hat Minister Waigel - er hat es ja hier ausgeführt - den Abschluß für den Bundeshaushalt 1994 vorgelegt. Er konnte mit der Nettokreditaufnahme 19 % unter dem Soll - Soll heißt hier „kann" - des Haushaltsgesetzes bleiben. Die Grundlage für diesen Erfolg hat die Koalition mit ihrem festen Willen gelegt, die Ausgaben nicht weiter wachsen zu lassen.
    Wir haben uns auch in diesem Jahr - das ist heute schon mehrmals betont worden - an dieses Moratorium gehalten. Sie alle kennen den so wichtigen Grundsatz der Koalition: Mehrausgaben müssen dauerhaft durch Einsparungen an anderer Stelle ausgeglichen werden. Mehrausgaben, meine Damen und Herren von der SPD, haben Sie im Laufe der Beratungen über diesen Haushalt an vielen Stellen vorgeschlagen. Es geht heute munter so weiter. Aber wo gespart werden soll, ist durch konstruktive Vorschläge von Ihnen nicht deutlich gemacht worden.

    (Karl Diller [SPD]: Ach, verbreiten Sie doch keine Lügen!)

    - Mit Ihrer Rede, Herr Diller, haben Sie sich hier wirklich ein Denkmal gesetzt.
    Von zukunftsfähigem Denken wollen wir da gar nicht reden. Wenn Ihre düsteren Prognosen, die Sie hier Jahr für Jahr vortragen, eines Tages Wirklichkeit werden, wird man der Bundesrepublik den Rücken kehren und nicht versuchen, in diese Bundesrepublik zu kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das war daneben! Weitere Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, Sie haben viele Anträge gestellt, nicht um etwas zu verändern, sondern um sich billige Wahlkampfmunition für die Landtagswahlkämpfe zu verschaffen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist ja unerhört, Herr Buwitt! Sowas machen wir nicht! Weitere Zurufe von der SPD)

    - Ich habe bisher auch immer gehofft, daß Sie so etwas nicht machen. Ich muß ganz ehrlich sagen: Ich bin von Ihnen sehr enttäuscht worden.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist doch nicht wahr, was Sie da sagen!)


    Dankward Buwitt
    Die Debatte hier im Parlament dient vor allem der eigenen Standortbestimmung, um der Öffentlichkeit deutlich zu machen, wie die einzelnen Positionen sind. Unsere Position ist durch den vorgelegten Haushaltsentwurf klar. Wir waren gespannt auf die Positionen, die Sie dazu vortragen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Sie hören ja gar nicht zu!)

    Wenn man Ihr Verhalten in den Ausschüssen, vor allen Dingen im Haushaltsausschuß, betrachtet, stellt man fest, daß Sie sehr, sehr oft mit unserer Meinung übereinstimmen. Wenn man die heutigen Reden gehört hat, könnte man allerdings meinen, hier sei eine völlig andere Partei angetreten. Ich habe das Gefühl, Sie versuchen, die Menschen für dumm zu verkaufen. Bei diesem unredlichen Bemühen bekommen Sie auch noch Schützenhilfe - ich hoffe: in der Mehrheit unbeabsichtigt - durch die Berichterstattung in den Medien.
    Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel vor Augen führen. Trotz strikter Augabendisziplin hat sich die Koalition dafür stark gemacht, die Ausgaben für Kultur in Berlin um 30 Millionen zu erhöhen.

    (Karl Diller [SPD]: Wo waren Sie denn bei der Abstimmung?)

    Sie haben den Antrag gestellt, statt 30 Millionen DM 148 Millionen DM vorzusehen. Nachdem dieser Antrag abgelehnt wurde, haben Sie mit Ihrer Presseerklärung wohl Erfolg gehabt; denn man konnte lesen: Bonn kürzt die Mittel für die Berliner Kultur um 100 Millionen DM. - Meine Damen und Herren, das ist doch grotesk.
    Sicher, auch ich hätte es begrüßt, wenn die Erhöhung stärker ausgefallen wäre, zumal mit diesem Geld Verpflichtungen eingelöst werden müssen, die nicht Sache des Landes Berlin sind. Einige gehen auf die Zusicherung zurück, die der Bund in außerpolitischen Verträgen gegeben hat. Man denke an die Denkmalspflege für die ehemaligen sowjetischen Ehrenmale, zu der sich die Bundesrepublik in dem 1990 geschlossenen Zwei-plus-Vier-Vertrag verpflichtet hat.
    Gewiß, mehr wäre wünschenswert gewesen; das stimmt. Dennoch denke ich, daß die im Ausschuß beschlossene Aufstockung ein Schritt in die richtige Richtung war.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, lassen Sie sich eines sagen: Was man mit seinen eigenen Freunden nicht erreichen kann, wird man gegen diese mit den Oppositionspolitikern nicht machen. Die Folge wäre: Wenn ein Berliner Antrag gestellt wird, müssen die Berliner mitstimmen; wenn ein bayerischer Antrag gestellt wird, müssen die Bayern mitstimmen. Damit würden wir folgendes erreichen: Auf einmal hätte die Opposition die Mehrheit in diesem Hause. Das hat aber noch nicht einmal der Wähler gewollt.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das wäre aber gut für das Land, wenn wir die Mehrheit hätten!)

    - Hören Sie mal, das hat ja noch nicht einmal der Wähler gewollt, und diesen vertreten wir hier doch.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deswegen meine ich: Lassen Sie diese Versuche!

    Ich glaube, wer 30 Millionen DM als lachhaft bezeichnet, wie es Herr Diller und auch der Berliner Kultursenator, der der SPD nahesteht, getan haben, hat sich nie Gedanken darüber gemacht, wieviel Leute arbeiten müssen, damit 30 Millionen DM im Haushalt zusätzlich zur Verfügung gestellt werden können. Diese Charakterisierung als lachhaft ist zu vergleichen mit der Abwertung größerer Summen zu Peanuts.
    Meine Damen und Herren, ich denke, daß Politik so nicht zu betreiben ist. Deshalb werden wir an unserer Politik strikt festhalten. Wir werden versuchen, neue Spielräume zu eröffnen, um sie zu nutzen, die Steuern zu senken und die Belastung der Bürger zurückzuführen.
    An dieser Stelle möchte ich meiner Meinung Nachdruck verleihen, daß der Solidaritätszuschlag - ob in Stufen oder auf einmal - schnellstens abgeschafft werden muß. Es ist jedenfalls keine haushaltspolitische Jongliermasse, die x-beliebig eingesetzt werden kann.
    Lassen Sie mich noch einige Worte zum Problem der Mauergrundstücke sagen:

    (Karl Diller [SPD]: Das war ja gestern eine interessante Veranstaltung!)

    Ich finde, der Finanzminister hat es nicht nötig, sich Vorwürfe machen zu lassen, wenn er versucht, ein Problem, das im Raume steht, zu lösen, und deshalb einen Vorschlag macht. Die Probleme, die mit der deutschen Einheit zusammenhängen, sind eben vielschichtig und kompliziert. Nur wer nichts tut, macht keine Fehler und bekommt keine Kritik. Das ist das, was wir in der Regel von der Opposition zu erwarten haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Karl Diller [SPD]: Soll ich Ihnen einmal vorlesen, was die Koalition gestern zu diesem Antrag gesagt hat?)

    Schließlich noch kurz zur Müllsteuer: Natürlich will im Moment niemand, daß der Bürger noch stärker belastet wird. Aber in diesem Sektor stehen Komunen und private Unternehmen in unmittelbarer Konkurrenz. Es wird auf Dauer nicht hinnehmbar sein, daß die einen Steuern zu zahlen haben und die anderen nicht. Deshalb wird man in dieser Frage eine andere Lösung anstreben müssen.
    Ich glaube, wir sind mit dem Haushalt auf einem guten Weg. Wir werden diese Politik konsequent fortsetzen. Mit dem Haushalt 1996 kommen große Herausforderungen auf uns zu, aber wir werden sie mit den Grundsätzen, die wir verfolgen, bewältigen können.
    Recht herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort zu seiner ersten Rede im Plenum des Bundestages hat der Kollege Spiller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jörg-Otto Spiller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir ein paar Bemerkungen zu der Struktur der im Haushalt veranschlagten Steuereinnahmen.
    Nach der jüngsten Steuerschätzung kann der Bund in diesem Jahr mit Steuereinnahmen in Höhe von 380 Milliarden DM rechnen. Ziemlich genau ein Drittel davon erbringt eine einzige Steuer, die Lohnsteuer. Ein knappes weiteres Drittel bringt der Anteil des Bundes an der Mehrwert- und der Einfuhrumsatzsteuer. Darüber hinaus ist nur noch die Mineralölsteuer wirklich von Gewicht.
    Alle übrigen Steuern spielen nur eine bescheidene Rolle. Das gilt insbesondere für zwei Steuern, die früher einmal zu den ergiebigsten gehörten: die Körperschaftsteuer und die veranlagte Einkommensteuer. Beide zusammen werden dem Bund 1995 26 Milliarden DM erbringen, nicht mehr als der Solidaritätszuschlag.
    Warum Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, so tun, als wäre es das vordringlichste Problem einer Steuerreform, die deutschen Unternehmen vor der fiskalischen Erdrosselung zu schützen,

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau!) ist vor diesem Hintergrund völlig schleierhaft.


    (Beifall bei der SPD)

    Unbegreiflich ist mir auch, Herr Bundesfinanzminister Waigel, wie Sie zwei Dinge miteinander vereinbaren zu können glauben: Vorsitzender einer Partei zu sein, die das Wort „sozial" in ihrem Namen führt,

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Mit großem Erfolg!)

    und einen Haushalt vorzulegen, der sozial derart unausgewogen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Seit diese Koalition regiert, findet ein ständiger Prozeß der steuerlichen Umverteilung von unten nach oben statt.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Ach du meine Güte! Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Hören Sie doch einmal zu!)

    Das Aufkommen der Lohnsteuer in Westdeutschland wird 1995 256 Milliarden DM betragen; das ist genau doppelt soviel wie 1983. Die 26 Milliarden DM Bundesanteil aus der veranlagten Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer machen ein Zehntel dessen aus. Gleichzeitig hat sich das jährliche Aufkommen der Umsatzsteuer sogar reichlich verdoppelt.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Der Waigel muß zuhören, der muß etwas lernen! Gegenruf des Bundesministers Dr. Theodor Waigel: Im Gegensatz zu Ihnen?)

    Das Aufkommen aus der Körperschaftsteuer und der veranlagten Einkommensteuer hat, bei einigen Schwankungen von Jahr zu Jahr, seit längerer Zeit nahezu stagniert.
    Es gibt eine Verdoppelung der Lohn- und Verbrauchsteuern, beinahe Stagnation der unternehmensnahen Steuern: Das ist keine soziale Symmetrie, das ist soziale Verwerfung.

    (Beifall bei der SPD)

    Steuerpolitisch geboten und vorrangig ist deswegen für die Sozialdemokraten die Entlastung der Normalverdiener.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sehr gut!)

    Diese ist um so dringlicher, als die Kluft zwischen Brutto- und Nettoeinkommen nicht allein durch die Steuer, sondern auch durch die Abgabenbelastung bestimmt wird.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Auch von denen erhöht!)

    Völlig zu Recht hat der Sachverständigenrat kürzlich darauf hingewiesen, daß eine Grenzbelastung von rund 50 % nicht erst bei wirklichen Spitzenverdienern auftaucht, sondern sehr viel häufiger bei Arbeitnehmern mit mittleren Einkommen unterhalb der Einkommensbemessungsgrenzen für die Sozialversicherung.
    Wenn einem verheirateten Arbeitnehmer mit zwei Kindern und einem Monatsbruttoeinkommen von 4 000 DM von jeden zusätzlich verdienten 100 DM die volle Hälfte abgezogen wird, dann ist das nicht in Ordnung.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist ebenso unerträglich wie der Umstand, daß der für die meisten Bürger inzwischen völlig undurchschaubare Dschungel des Einkommensteuergesetzes gewieften Kennern selbst bei absoluten Spitzeneinkommen immer wieder erlaubt, sich der Besteuerung völlig zu entziehen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Die Koalition unterstützt das!)

    Ich empfehle Ihnen allen in der Koalition: Reden Sie doch einmal in Ihren Wahlkreisen mit den Leitern der örtlichen Finanzämter. Die werden Ihnen erklären, daß die Einkommensteuerabteilung des Finanzamts inzwischen überwiegend eine Rückerstattungskasse geworden ist und daß es immer wieder Fälle gibt, wo sich Bezieher von einem Jahreseinkommen um eine Million DM Jahr für Jahr der Steuer völlig entziehen.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, wir Sozialdemokraten werden es Ihnen schwermachen, mit Ihren Sprüchen die Leute weiterhin in die Irre zu führen. Wir werden darauf drängen, daß soziale Gerechtigkeit in diesem Lande wieder eine Zukunft hat.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)