Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem Feuerwerk zweier südländischer Temperamente
möchte ich als etwas kühlere Norddeutsche die Debatte wieder etwas versachlichen. Herr Minister, wenn ich die Wahl zwischen zwei süddeutschen Temperamenten habe: Ich nehme Sie.
Die veränderte wirtschaftliche und politische Lage, in der sich Deutschland befindet, zeigt sich auch an dem Haushaltsplan für das Bundesministerium der Finanzen. War er bislang im wesentlichen ein reiner Verwaltungshaushalt, so ist er in stärkerem Maße nun ein Instrument auch der Wirtschaftspolitik. Entscheidend ist hierbei vor allem das neu hinzugekommene Kap. 08 20, mit dem die Aufgaben der Nachfolgeeinrichtungen der Treuhandanstalt direkt dem Bundeshaushalt zugeordnet wurden. Eine Kreditaufnahme außerhalb des Bundeshaushalts wird es somit zukünftig nicht mehr geben.
Ein weiterer wichtiger Schritt hin zu einer modernen effizienten Finanzverwaltung ist die Umorganisierung und Straffung sowohl der Zoll- als auch der Bundesvermögensverwaltung. Dabei steht die Wirtschaftlichkeit bei gleichzeitiger Sicherung angemessener Serviceleistungen im Vordergrund. Es ist mir durchaus bewußt, daß Entscheidungen, die zur Schließung von Hauptzollämtern oder von Ämtern der Bundesvermögensverwaltung führen, auch zu persönlich schmerzlichen Einschnitten in diesen und jenen Regionen führen können. Aber wenn wir es mit der Umstrukturierung hin zu einer modernen, effizienten, an die heutigen Gegebenheiten angepaßten Verwaltung, hin - Herr Metzger, Sie haben es angefordert - zum schlanken Staat ernst meinen, dann müssen wir auch die Kraft aufbringen, dies wirklich durchzuführen. Die Koalition ist dazu bereit. Wenn die GRÜNEN mitmachen, haben wir noch ein paar Stimmen mehr.
Nach dem Schengener Abkommen wurden die Aufgaben der Zollverwaltung an der Grenze zu den Beneluxländern und Frankreich überflüssig, so daß mehrere Hauptzollämter aufgelöst werden. Gleichzeitig steigt der Umfang der Aufgaben an der Grenze zu Polen und Tschechien derartig an, daß es hier zu einem Mehrbedarf von ca. 6 000 Zollbeamten gekommen ist. Diesem Umstand haben alle Berichterstatter Rechnung getragen, und es wurden entsprechende Personalveränderungen beschlossen. Bei der
Susanne Jaffke
Bundesvermögensverwaltung wird eine Vielzahl kleinerer Dienststellen durch Zusammenlegung zu wesentlich effizienteren und gleichzeitig überschaubareren Einheiten neu strukturiert. Dies führt zu einer Reduzierung der 60 Ämter um ca. ein Drittel. Daß dabei natürlich auch die sozialen Belange der betroffenen Mitarbeiter angemessen berücksichtigt werden, steht für uns außer Frage.
Die in Angriff genommene Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung in der Bundesvermögensverwaltung, die ich ausdrücklich begrüße, wird zum einen eine Möglichkeit des Vergleichs der einzelnen Dienststellen untereinander eröffnen, zum anderen kann in Teilbereichen auch ein Vergleich mit der Privatwirtschaft angestellt werden. Ich denke, dabei muß die Bundesvermögensverwaltung den Vergleich nicht scheuen. Auch das ist für uns eine effiziente, am Interesse des Steuerzahlers ausgerichtete solide Haushaltspolitik.
Gestatten Sie mir einige Worte zur Situation der Liegenschaftsverwaltung des Bundes. Die deutsche Einigung und der damit einhergehende Entspannungsprozeß zwischen Ost und West haben dazu geführt, daß dem Bund seither Liegenschaften mit einer Gesamtfläche von ca. 2 900 km2 zugeführt wurden. Zu diesen Liegenschaften zählen u. a. 1 149 Kasernenareale und 3 144 Wohnliegenschaften mit einem Bestand von über 100 000 Wohnungen. Die Konversion dieser Liegenschaften war von Anfang an unser erklärtes Ziel. Aus diesem Grunde wurde bereits Anfang 1992 von der Bundesregierung ein breitgefächertes Verbilligungsprogramm für die Veräußerung von Liegenschaften entwickelt. Die Förderungen reichen vom sozialen Wohnungsbau und dem Studentenwohnraumbau über zahlreiche soziale Anliegen wie Alten- und Pflegeheime, Behinderteneinrichtungen, Krankenhäuser, Jugendhilfe sowie die Förderung von Schulen und Hochschulen bis zum Aufbau der Verwaltungen in den neuen Bundesländern. Neu in die Haushaltsvermerke aufgenommen wurde die Förderung von Obdachloseneinrichtungen für Kommunen.
Als Problem stellt sich häufig die Bauleitplanung der örtlichen Planungsträger dar. Das frühzeitige Zugehen des Bundes auf die Gemeinden zur Entwicklung neuer Nutzungsvorstellungen stieß zu Anfang auf Widerstand. Welche Gründe könnten für die Anlaufschwierigkeiten genannt werden? Ich weiß es nicht. Aber es ist zu verzeichnen, daß notwendige Planungsleistungen in Einzelfällen über Jahre nicht erbracht wurden oder nicht erbracht werden konnten. Dabei ist es bei großen Liegenschaften für die Gemeinden natürlich oft schwierig, diese zu beplanen. Ich denke, dem kommt aber zugute, daß Verbilligungsbestände auch für unbeeinflußte Wertermittlung gewährt werden. Trotz aller Schwierigkeiten wurden somit große Areale einer zivilen Nutzung zugeführt.
In den großen Universitätsstädten unseres Landes trägt der Bund durch den um 50 % verbilligten Verkauf von Grundstücken zur Schaffung von studentischem Wohnraum bei. So kann z. B. nach der Veräußerung der ehemaligen französischen Vauban-Kaserne an die Stadt Freiburg auf dieser Fläche der erhöhte Bedarf der Stadt an Wohn- und Gewerbeflächen gedeckt werden. Für das Studentenwerk Freiburg bietet sich die Möglichkeit zur Errichtung von mehr als tausend Wohnheimplätzen.
Gestern haben wir im Haushaltsausschuß u. a. beschlossen, daß z. B. die Stadt Halle aus den ehemaligen WGT-Liegenschaften große Grundstücke für die Errichtung von Einrichtungen der Martin-LutherUniversität erhalten wird.
Dabei werden den Kommunen großzügige Sonderkonditionen eingeräumt, sofern die erworbenen Liegenschaften gemäß Haushaltsvermerk Nr. 5 zu Kap. 08 07 in Einzelplan 08 für den sozialen Wohnungsbau genutzt werden. Den Erwerbern wird bei einer Belegungsbindung von mindestens 15 Jahren ein Preisnachlaß bis zu 50 % gewährt, wenn sichergestellt ist, daß die bebauten bzw. unbebauten Grundstücke für den öffentlich geförderten Wohnungsbau verwendet werden. Dieser Preisnachlaß kann auch dann gewährt werden, wenn die Erwerber selbstgenutztes Wohneigentum bilden und die Voraussetzungen für eine Förderung im sozialen Wohnungsbau nach den jeweiligen Landesbestimmungen erfüllen, jedoch Fördermittel wegen Ausschöpfung des Verpflichtungsrahmens nicht bewilligt werden können.
Zu der Forderung der SPD nach einem Konversionsfonds - lieber Karl, du hast ihn in deiner Rede noch einmal um 50 Millionen DM aufgestockt; früher habt ihr immer 50 Millionen DM gefordert, jetzt wollt ihr 100 Millionen DM haben - möchte ich noch einmal betonen:
Die Bundesländer haben einen solchen Fonds seinerzeit abgelehnt. Statt dessen sind sie mit einer um zwei Prozentpunkte höheren Beteiligung an der Umsatzsteuer bedient worden.
Die Konversion ehemals militärisch genutzter Liegenschaften ist damit Ländersache geworden. Ich denke, wir sollten uns hier nicht um des Kaisers Bart streiten, der ist eh abrasiert. Wenn er nachwächst, gibt es genügend Möglichkeiten, ihn wieder zu kürzen.
Mit der Auflösung der Treuhandanstalt zum 31. Dezember 1994 hat die THA ihren Kernauftrag, die Privatisierung und Sanierung der ehemaligen volkseigenen Betriebe, im wesentlichen erfüllt. Die Finanzschulden der THA in Höhe von 200 Milliarden DM wurden vom Erblastentilgungsfonds übernommen.
Der Treuhandausschuß hat 1994 in der 12. Wahlperiode dem Konzept der Nachfolgeeinrichtungen zugestimmt, so daß im Bundeshaushalt jetzt noch 5,1 Milliarden DM für die Nachfolgeeinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Die Koalition hat diesen Betrag um 500 Millionen DM gesenkt.
Susanne Jaffke
Gleichzeitig hat die Koalition ein heißes Eisen, die umstrittene Bonus-Regelung, in Angriff genommen und sie aus dem Finanzierungsprogramm der Nachfolgeeinrichtungen der Treuhandanstalt gestrichen. Wir sind der Meinung, daß 10 % mehr Einkommen und Gehalt seitens der Spitzenmanager genügen und daß es dennoch eine vernünftige Arbeit geben wird.
Lassen Sie mich zum Abschluß meiner Bemerkungen noch eines sagen: Ich möchte mich hier vor allen Dingen einmal bei den Beamten des Bundesfinanzministeriums öffentlich bedanken. Sie haben eine immense Arbeit zu leisten,
wenn wir im Haushaltsausschuß über alle Fraktionen hinweg mit unseren schnellen und manchmal mehr oder weniger gut überlegten Sonderanträgen kommen, diese einzuarbeiten und auszuführen.
- Die von der Opposition kommen doch nicht in den Haushalt rein; damit haben sie nicht soviel Arbeit. Aber mit unseren guten Anträgen, die oft kurzfristig und der Lage angepaßt kommen, haben sie viel zu tun.
Dafür und für das prompte Zusammenstellen der Zahlen, das innerhalb kürzester Zeit nach Abschluß der Beratungen gelungen ist, ein herzliches Dankeschön. Ich denke, das haben die Beamten des Hauses verdient.
Danke.