Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Applaus galt natürlich nicht dem Inhalt, sondern dem Vortrag des Kollegen. Es fehlte am Schluß eigentlich nur noch der Antrag der GRÜNEN, die waffenlosen Soldaten als Kindergärtner einzusetzen. Dann wären mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Die schlichte Bemerkung, der Bund müsse Kohle rüberschieben, hat deutlich gemacht, daß der Weg dahin führt, wohin er auch bei der SPD immer führt: Am Schluß soll der Bund berappen, dann ist alles in Ordnung. Die Überlegung z. B. - ohne daß man die Diskussion vertiefen könnte -, ob man bei Kindergärten nicht auch die Ausstattung und die Größenordnung in Frage stellen muß, die Frage, ob hier immer alles so bleiben muß, wie es war, weil man einen bestimmten Standard festschreibt, auch die Frage, Herr Kollege Metzger - Sie haben das natürlich absichtlich vergessen -, ob nicht durch die Pflegeversicherung im Bereich der Kommunen eine erhebliche Entlastung entstehen wird, die andere Möglichkeiten der Finanzierung bietet, muß doch zusätzlich in den Raum gestellt werden.
Das, was Sie in der gestrigen Sitzung des Haushaltsausschusses vorgetragen haben, hat aufgezeigt, daß es wünschenswert ist, nach der Sondersituation der Bundestagswahl wieder zu einem geordneten Haushaltsverfahren zurückzukehren. Denn in dem Moment, meine Damen und Herren, in dem der Haushalt, der beraten wird, zu weit in das laufende Jahr hineinragt, in dem zwischen Vorlage des Entwurfs und Beratung eine zu lange Zeit vergeht, stehen so viele Dinge an, die immer wieder in den Etat hineingepackt werden sollen, daß zum Schluß eine geordnete Beratung des Haushaltes zumindest gefährdet, wenn nicht unmöglich ist. Deswegen ist es gut, wenn der Etat jetzt zu Ende beraten wird. Es ist auch notwendig, daß er schnell im Bundesrat verabschiedet wird. Ich appelliere hier an die SPD, nicht im Bundesrat zu blockieren. Die Tatsache, daß ein nach den Regeln beschlossener Etat zum Tragen kommt, muß dem ganzen Bundestag wichtig sein.
Meine Damen und Herren, dies um so mehr, als mit dem Abschluß der Beratungen in dieser Woche der Haushalt der Bundesrepublik fünf Jahre nach der Wiedervereinigung zur Normalität des Verfahrens zurückkehrt. Die Finanzverteilung des föderalen Konsolidierungskonzepts kommt voll zum Tragen. Das heißt, alle Gebietskörperschaften haben ihren Anteil am Steuerkuchen und müssen zusehen, wie sie ihre Aufgaben mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Geld bestmöglich erfüllen. Aber natürlich - ich will das auch in Verfolg der Rede des Kollegen Metzger sagen - ist eine solche Finanzverteilung nie endgültig. Es hat immer Bewegung gegeben, es gibt immer wieder Fragen auf Grund von Entwicklungen, und solche Fragen werden wir auch weiterhin stellen müssen. Ich komme auf diesen Punkt noch zurück.
Der zweite Punkt: Normalität. Die verschiedenen Fonds zur Überbrückungsfinanzierung nach der deutschen Einheit sind zusammengeführt und als Erblastentilgungsfonds direkt in den Haushalt integriert. Meine Damen und Herren, Schattenhaushalte alter Natur gibt es praktisch nicht mehr; das ist auch ein Teil Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit, die wir gegenüber der Öffentlichkeit vertreten.
Der dritte Punkt: Die Treuhandanstalt hat ihre Aufgaben abgeschlossen. Das ist bei allen Anfeindungen eine große Leistung dieser Einrichtung gewesen. Ihre Nachfolgeorganisationen sind jetzt in den Haushalt integriert. Aber Sie wissen, auch hier entstehen für den Bund noch weiterhin Lasten. Wer sich zurückerinnert, mit welchen Hoffnungen man bezüglich schwarzer Zahlen im Bundeshaushalt gestartet war - es sind jetzt immer noch, glaube ich, über 5 Milliarden DM hier zu erbringen -, sieht, daß wir diese Lasten weiterhin - natürlich zu Lasten anderer Ausgaben - tragen müssen.
Meine Damen und Herren, es kann kein Zweifel bestehen, daß die Aufgabenerfüllung aller Gebietskörperschaften schwieriger geworden ist. Politisches Gestalten heißt ja fast immer auch Geld ausgeben, und die Politiker merken ebenso wie die Bürger im Land schmerzlich, daß die Bewältigung neuer Aufgaben Einschränkungen bei liebgewordenen öffentlichen Leistungen bedeutet. Mit Blick auf die kommunale Situation heißt das, daß man manchen aus allgemeinen Steuermitteln subventionierten Gebührenhaushalt jetzt durch Anhebung der Gebühren finanzieren muß. Es ist unschön, wenn es die Bürger betrifft; aber mit Blick auf kostendeckende Gebühren, die wir ja im Grundsatz wollen, tritt hier zum Teil eine notwendige Entwicklung ein.
Eines hat sich allerdings trotz aller Herausforderungen in keiner Weise geändert, und hier hat die Opposition der Mehrheit im Haushaltsausschuß, Kollege Roth, die ja nach der Bundestagswahl knapper geworden, aber trotzdem allein in der Verantwortung geblieben ist,
nicht geholfen - das haben wir den beiden Oppositionsreden hier auch anhören können -: Öffentliche Sparsamkeit wird wohlfeil angemahnt; in jedem konkreten Punkt aber läuft es nach dem Motto „Hier nicht",
und leicht findet man gute Gründe gegen Einsparungen an der Stelle, an der sie vorgeschlagen oder für notwendig erachtet werden.
Der Bundeshaushalt steht weiterhin unter dem Eindruck großer Transferleistungen in die neuen Bundesländer. Meine Damen und Herren, wir wissen, daß es inzwischen nicht mehr zu berechnen ist, wieviel es denn ganz genau ist. Im Zuge der Normalisierung in Deutschland ist es nicht mehr möglich, das genau zuzuordnen. Das ist gut so; das ist auch ein Teil Normalität. Aber natürlich sehen wir, daß im Osten immer noch vieles schneller Lösungen bedarf
Dr. Wolfgang Weng
und daß dies für finanzielle Engpässe im Westen und beim Bund sorgt. Ich sage aber ausdrücklich für meine Fraktion: Die F.D.P. ist weiterhin bereit, diesen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen. Mit Blick auf vermeintliche Verschwendungen im Osten - Berichte darüber sind in der letzten Zeit kurzzeitig durch den deutschen Blätterwald gerauscht - möchte ich folgendes festhalten: Es gibt in allen Bereichen großer Bürokratien - das gilt übrigens auch für die Wirtschaft; da gibt es ja vergleichbar große Bürokratien - immer wieder Geldausgaben, die sich im nachhinein als nicht bestmöglich oder gar als falsch erweisen.
In der Zeit der nationalen Sondersituation nach der deutschen Einheit, als es darum ging, den totalen Zusammenbruch z. B. auch des im Aufbau befindlichen Mittelstands im Osten zu verhindern, mußten gewisse Abstriche am sonst geordneten Verfahren gemacht werden. Wir haben das damals gewußt und auch akzeptiert; wir müssen heute mit den Konsequenzen leben.
Meine Damen und Herren, diese Übergangsphase aber ist inzwischen vorbei: Die Verwaltungen funktionieren. Es ist gut, daß auch die Rechnungshöfe funktionieren und ihrer verantwortungsvollen Aufgabe nachgehen, vielleicht weniger mit öffentlichen Erklärungen als mit tatsächlicher Sacharbeit.
In der jetzt erreichten Normalität werden Pannen immer seltener auftreten.
Gerade für die F.D.P. aber bleibt es ein wichtiger Grundsatz, auf Pannen zu achten und auch künftig dafür zu sorgen, daß mit dem Geld der Steuerzahler sorgfältig umgegangen wird. Niemand weiß besser als wir von den Liberalen , wie hart unsere Bürger arbeiten müssen, um auch die Ausgaben des Staates mit ihrer Steuerlast zu ermöglichen.
Das Stichwort Staatsquote gibt Anlaß, auch auf die Koalitionsvereinbarung hinzuweisen. Wir haben uns entschlossen, die Staatsquote bis zum Jahre 2000 wieder auf das Niveau vor der deutschen Einheit, auf 46 %, zurückzuführen. Dies ist nicht nur eine Absichtserklärung; vielmehr zeigen wir mit dem Haushalt 1995, daß wir die hierzu erforderlichen Schritte unternehmen.
Meine Damen und Herren, über die Koalitionsvereinbarung hinaus hat z. B. die Mehrheit im Haushaltsausschuß dem Deutschen Bundestag vorgeschlagen, eine Reduzierung des Personals des Bundes um 1,5 % im laufenden Jahr vorzunehmen. Diese Verringerung soll kegelgerecht sein, d. h. die Kürzung soll um einen gleichen Anteil in allen Besoldungsbereichen erfolgen; dies ist ein zusätzliches Signal.
Die Frage, ob sich die GRÜNEN nach der Ankündigung des Kollegen Metzger dem anschließen werden, nachdem sie den weitergehenden Antrag selber gestellt haben, wird ein gewisses Interesse finden.
Dies zeigt, ob reiner Populismus betrieben wird oder in der Sacharbeit, wo es unbequem wird, nachher mitgearbeitet und mitgestimmt wird. Wir werden das besonders beachten.
Im Zusammenhang mit der deutschen Einheit gab es in der Bundesverwaltung eine Vielzahl zusätzlich notwendiger Stellen, auch in den Ministerien in Bonn. Natürlich wurden Chancen genutzt, sich manchen lange gehegten Wunsch der Personalerweiterung zu erfüllen; denn in dieser Phase gab es so viel Bewegung, daß die parlamentarische Kontrolle, auch die des Rechnungshofes, selbst die Kontrolle der Regierung, Herr Finanzminister, nicht überall gleichzeitig ansetzen konnte und mancher dieser Wünsche durchgegangen ist. Es gilt, in sorgfältiger Prüfung des Notwendigen unnötigen Aufwuchs wieder abzubauen.
Ich sage ausdrücklich ein hohes Lob an unsere Verwaltung, damit hier keine Zweifel entstehen; auch an das Berufsbeamtentum, das einen wichtigen Teil der Effektivität unserer Verwaltung darstellt.
Meine Damen und Herren, auch wenn wir über viele Aspekte künftiger Strukturen nachdenken, wenn wir gerade als F.D.P. natürlich den öffentlichen Bereich auf das Notwendige beschränken wollen, so lassen wir an der Notwendigkeit des Berufsbeamtentums im Kernbereich der staatlichen Aufgaben keinen Zweifel.
- Es ist erfreulich, Herr Kollege Fischer, wenn Sie über etwas Vernünftiges begeistert sind. Meistens betrifft Ihre Begeisterung andere Bereiche.
Im Zusammenhang nicht nur mit der deutschen Einheit, sondern auch mit der sich fortentwickelnden Europäischen Union, den internationalen Abrüstungsvereinbarungen, der Zuwanderung einer großen Zahl von Menschen in die Bundesrepublik haben sich an vielen Stellen notwendige neue öffentliche Aufgaben gestellt. Auch die neuerdings offenen Grenzen nach Osten bedürfen zusätzlicher Kontrolle; sonst wird die Freiheit des Reiseverkehrs zunehmend auch von unerwünschten Reisenden genutzt. Es ist schade, aber wahrscheinlich unabänderlich, daß verstärkte Kontrollen und verstärkte Überwachung ausufernder Kriminalität Einhalt gebieten müssen.
Diese Veränderungen haben für betroffene staatliche Bedienstete oft Konsequenzen gehabt. Der Staat hat seine strukturellen Veränderungen üblicherweise sozial gut abgefedert. Das ist auch in Ordnung. Aber die Abwägung zwischen der Fürsorgepflicht des Staates auf der einen Seite, dem besonderen Treue-
Dr. Wolfgang Weng
verhältnis der staatlich Bediensteten auf der anderen Seite darf sich nicht zu einer Einbahnstraße entwickeln. Auch öffentlich Bedienstete müssen - in der nationalen Sondersituation hat sich gezeigt, daß hierzu große Bereitschaft bestand - bereit sein, flexibler bezüglich ihrer Arbeit und auch bezüglich ihres Arbeitsplatzes zu werden.
Meine Damen und Herren, die F.D.P. nimmt die Mahnungen der Deutschen Bundesbank sehr ernst, die mit Blick auf wachsende Lasten der künftigen Versorgung Gefahren für unsere Währung und für unsere öffentlichen Haushalte sieht. Es ist bedauerlich, daß sich gerade in diesem Jahr der Versorgungsbericht der Bundesregierung verzögert, denn aus ihm werden sich in diesem Bereich zusätzliche Handlungsnotwendigkeiten ablesen lassen. Es ist zu sehen - dies ist erfreulich -, daß ein Teil der Bundesländer künftigen Entwicklungen schon Rechnung trägt.
Wir werden in den Bereichen, in denen wir künftig Vorruhestand anbieten, bei den Versorgungsleistungen sicher stärkere versicherungsmathematische Abschläge einführen müssen. Wer die Alterspyramide unserer Bevölkerung vor Augen hat, erkennt sofort, daß künftig nicht eine immer kleinere Zahl von Beitragszahlern eine immer größere Zahl von Rentnern, und dies dann noch bei immer jüngerem Einstieg in die Rente und ständig erhöhten Renten, unterhalten kann. Jeder sieht, daß das Rentensystem auf diese Weise unbezahlbar würde. In einem so wichtigen System wie der Alterssicherung unserer Bürger muß langfristig gedacht werden. Das ist in der Vergangenheit geschehen, gilt aber auch für die Zukunft. Es muß langfristig gehandelt werden. Tagespolitische Gefälligkeiten werden gerade in diesem Bereich von künftigen Generationen bezahlt.
Beim Stichwort künftige Generationen muß auch die Verschuldungssituation erwähnt werden. Auf Grund der krisenhaften Wirtschaftsentwicklung mußten wir im Jahr 1993 die Schuldenhöhe beim Bund eklatant anheben, ebenso mußten wir den geplanten Abbau der Neuverschuldung in der Finanzplanung verzögern. Dies ist in Zeiten wirtschaftlichen Ungleichgewichts ausdrücklich notwendig und durch die Verfassung erlaubt. Die Schuldenlast, die hier entstanden und kaum mehr überschaubar ist, ist natürlich zu beklagen. Da haben die Redner der Opposition recht; auch wir sehen das ungern. Die Frage ist immer, ob Sie eine Alternative bieten, was ersichtlich nicht der Fall gewesen ist.
Wir bemühen uns um eine schnellstmögliche Senkung, aber realistisch.
Daß die wirtschaftliche Entwicklung - das zeigt unser Bemühen - es ermöglicht hat, die Verschuldungshöhe stärker als erwartet zu reduzieren - der Etatansatz des vergangenen Juli bei der Verschuldung ist um 10 Milliarden DM abgesenkt worden -, ist erfreulich. Die Aufgabe des Abbaus der öffentlichen Schuldenlast besteht allerdings weiter. Das vorhin genannte Jahr 1996 wird auch in diesem Bereich wieder ein schwieriges Jahr werden. Wir stehen erst am Anfang des Abbaus öffentlicher Schulden.
Es ist eine der wichtigen Leistungen der Mehrheit des Haushaltsausschusses, den finanziellen Spielraum, der sich im Lauf der Beratungen ergeben hat, praktisch in vollem Umfang zur Senkung der Verschuldung einzusetzen. Wer weiß, mit welchem Engagement nicht nur die Opposition, sondern auch Kollegen aller anderen politischen Fachbereiche für höhere Ausgaben in ihrem Politikbereich kämpfen, weiß, wie schwierig gerade diese unsere Aufgabe im Haushaltsausschuß ist. Aber wir haben sie erfüllt, und wir werden sie weiter erfüllen. Wir haben dabei die Unterstützung unserer Fraktionen. Auch wenn mancher ab und zu mit den Zähnen knirscht, am Schluß wissen die Kollegen, daß Zustimmung zu dem von uns Beschlossen der richtige Weg ist.
Meine Damen und Herren, eine leichte Entspannung im Etat kommt auch durch eine gewisse Reduzierung der Zahlungen an die Europäische Union zustande. Trotzdem bleibt die jetzige Situation noch unbefriedigend. Nach der deutschen Einheit im Lichte der wirtschaftlichen Entwicklung in allen Partnerstaaten muß über den Umfang der Beitragszahlungen ebenso wie über die Rückflüsse in die einzelnen Länder offen diskutiert werden. Das Vertreten eigener Interessen ist in jedem Land der EU legitim. Das muß in der Bundesrepublik in gleicher Weise legitim sein. Gerade in der jetzt schwierigen Lage kann nicht untersagt sein, hierüber offen zu diskutieren und zu versuchen, die Lasten gerecht zu verteilen.
Bei dem Stichwort Finanzverteilung stellt sich auch die Frage eines gerechten Ausgleichs zwischen Bund und Ländern. Ich habe eingangs darauf hingewiesen: Der Solidarzuschlag, den die F.D.P. und die Koalition ständig überprüfen und schnellstmöglich abschaffen wollen, kompensiert nicht die Mehrwertsteueranteile, die der Bund mit Blick auf die deutsche Einheit zusätzlich an die Länder abgegeben hat. Nachdem diese Mehrwertsteuerpunkte offensichtlich höhere Einnahmen für die Bundesländer zur Folge haben, als es beim Solidarpakt kalkuliert war, muß auch darüber wieder gesprochen und verhandelt werden. Es kann nicht sein, daß die Länder im Westen einseitig die Gewinner der deutschen Einheit werden.
Das würde übrigens - hier muß man die SPD an ihre Verantwortung erinnern - die Rückführung des Solidaritätszuschlags zusätzlich erleichtern. Sie fordern parteipolitisch immer die Stärkung der Massenkaufkraft. Wenn es darum geht, diese tatsächlich zu erreichen, dann sind Sie doch wieder für mehr staatliche Einnahmen, für Erhöhungen von Steuern oder
Dr. Wolfgang Weng
für Transfers wohin auch immer. Hier könnten Sie einmal zeigen, daß Sie Ihre Mitwirkungsmöglichkeiten in richtiger Weise nutzen, nämlich zur Rückführung des Solidaritätszuschlags.
Ich muß in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die SPD - ich bin jetzt seit zwölf Jahren im Bereich des Haushalts tätig, Herr Kollege Glos erinnert sich an gemeinsame Anfänge - diesmal so rücksichtslos wie noch nie gegen den Haushalt des Bundes agiert hat. Ihre eigenen Sparvorschläge sind praktisch gleich Null. Dafür wurde aber jeder, von welcher Interessengruppe oder von welchem Bundesland auch immer geäußerte Wunsch, sei es zu Subventionen oder zu anderen Ausgaben, sofort übernommen.
Die GRÜNEN haben wie auch in anderen Politikbereichen SPD de Luxe gespielt. Sie haben keine konkreten Kürzungsvorschläge gemacht, die auch nur entfernt akzeptabel gewesen wären, aber bei jeder Ausgabe waren sie voll dabei. Meine Damen und Herren, Sie müssen heute nur das Antragspaket durchsehen: Bei der Kohlesubvention überholen die GRÜNEN jetzt tatsächlich sogar die SPD im Deutschen Bundestag. Sie fordern mehr Kohlesubvention aus dem Bundeshaushalt, als das sogar die SPD macht. Man fragt sich wirklich, wo das, was einmal grüne Politik sein sollte, geblieben ist.
In diesem Zusammenhang fällt mir ein, daß ich Joseph Fischer einmal im Fernsehen zum Stichwort Energiepolitik gehört habe. Er sagte dazu: abschalten der Kernkraftwerke sofort, abschalten der Kohlekraftwerke mittelfristig. Offensichtlich war die Sendezeit dann vorbei, denn die Frage, woher dann der Strom kommen sollte, wurde nicht mehr beantwortet.
Populismus ist keine Politik, er trägt am Schluß auch nicht. Auch Blockade ist keine Politik. Ich sage das mit Blick auf die SPD und die von Herrn Scharping angedrohte Blockade im Bundesrat. Wenn die SPD versuchen sollte, den Bundesrat als parteipolitisches Blockadeinstrument einzusetzen, dann wird es sich für sie nicht auszahlen. Daran sind in der Vergangenheit schon andere große Parteien gescheitert.
Erlauben Sie, daß ich zum Stichwort Kohlesubvention noch ein paar Worte sage. Die Reduzierung des Staatsanteils und der Schuldenabbau sind gleichwertige Teile liberaler Haushaltspolitik. Deswegen war es richtig, im Bereich der Kohlesubvention hart zu streiten. Ich kenne natürlich alle Argumente derer, die lieber ungeschmälert oder gar noch erhöht weitersubventioniert hätten. Das Verfassungsgerichtsurteil zum sogenannten Kohlepfennig hat uns eine doppelte Chance gegeben, und wir haben beide Chancen genutzt. Erstens muß diese Subvention künftig haushaltsfinanziert sein. Das heißt, sie muß sich künftig jährlich sozusagen der öffentlichen Diskussion stellen. Dieser Druck ist bei jeder Subvention
wünschenswert. Er wird auch bei dieser Subvention heilsam sein. Die Subvention wird also nicht mehr stillschweigend aus einem Fonds genommen, den keiner zur Kenntnis nimmt, sondern Jahr für Jahr wird in großer Öffentlichkeit darüber diskutiert, ob die Subvention notwendig ist, wenn ja, in welchem Umfang, ob der erforderliche Abbau auch mit genügender Geschwindigkeit stattfindet und - parallel dazu - ob die entsprechenden Bemühungen des Aufbaus neuer Arbeitsplätze in den betroffenen Bereichen stattfinden. Hierzu sind wir bereit. Wir warten auf Angebote der SPD-Seite,
die bisher nur dumpf die Kohlesubventionen weiter kassieren will.
Das zweite ist die Frage, ob die Finanzierung durch Einsparungen oder durch neue Steuern das Richtigere war. Die Koalition hat sich für die Einsparungen entschieden.
Wer weiß, wie leicht man es sich gerade auf der linken Seite dieses Hauses immer mit neuen Steuern und Abgaben macht, der muß diesen symbolischen, wichtigen Kraftakt der Koalition loben, der darin besteht, daß wir bereit sind, den schwierigeren Weg der Einsparungen zu gehen. Der Anteil der F.D.P. hieran ist ja bekannt.
Meine Damen und Herren, an der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, die für die leichte Entspannung unseres Haushalts wesentlich verantwortlich war, hat der Mittelstand einen entscheidenden Anteil. Der Mittelstand wird deswegen von uns bewußt weiter gefördert, jetzt noch einmal mit einem Antrag im Zusammenhang mit der Schaffung von zusätzlichen Lehrstellen. Es darf ja nicht sein, daß sich die großen Firmen aus der Verantwortung des dualen Systems davonstehlen und daß sie einerseits dem Mittelstand und andererseits dem öffentlichen Bereich alle Lasten auferlegen. Gerade mit Blick auf die junge Generation, die ja Ausbildungsstellen benötigt, ist es deswegen richtig, eine zusätzliche Förderung zu leisten. Der Appell an die Tarifparteien, auch das Lehrstellenangebot künftig zu einem Teil der Tarifabschlüsse zu machen, ist von hier aus notwendig.
Selbst bei noch so guter Wirtschaftspolitik kann die Politik nicht alles veranlassen. Vielmehr ruht die Verantwortung auf vielen Schultern. Mit Blick auf die Tarifparteien ist zu sagen: Zu hohe Abschlüsse sorgen für den Export von Arbeitsplätzen. Das haben wir immer wieder erlebt. Wenn die Politik der Liberalen, die Politik der Koalition, eine Politik der Deregulierung und Privatisierung, der notwendigen Ökologisierung der Marktwirtschaft und die Modernisierung durch Forschung und Bildung greifen sollen, dann muß auch die Wirtschaft diesen von der Politik gesetzten Rahmen nutzen.
Dr. Wolfgang Weng
Trotz der notwendigen Sparsamkeit will die F.D.P. ja in den Bereichen Bildung und Forschung ebenso wie übrigens auch im Bereich Verteidigung keine weiteren Reduzierungen. Die angekündigte Plafondierung im Verteidigungsbereich soll bleiben. Die Bundeswehr braucht nach den harten Jahren der Umstrukturierung jetzt Planungssicherheit, wenn sie ihre zukünftigen Aufgaben erfüllen soll. Ich sage das ganz bewußt auch deswegen, weil in diesem Bereich die meisten Menschen, Soldaten und Angestellte der Bundeswehr, große Opfer, auch persönliche Opfer, gebracht haben, die wir zu würdigen wissen. Diese Menschen können sich auf die F.D.P. auch in Zukunft verlassen.
Meine Damen und Herren, wenn der Deutsche Bundestag die vorliegenden Änderungsanträge der Koalition noch annimmt, dann werden wir über einen Haushalt von rund 478 Milliarden DM bei einer Nettoneuverschuldung von rund 49 Milliarden DM zu entscheiden haben. Die F.D.P.-Fraktion im Deutschen Bundestag stimmt diesem Haushalt in der Überzeugung zu, mit richtig angesetzter Sparpolitik einen wichtigen Schritt zur Normalisierung der öffentlichen Finanzwirtschaft zu leisten.