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    Plenarprotokoll 13/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1995 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Gottfried Haschke (Großhennersdorf) 2053 A Abwicklung der Tagesordnung 2053 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414) 2053 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt (Drucksachen 13/501, 13/527) . . 2053 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 13/502, 13/527) . . . 2053 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 13/503, 13/527) 2053 D Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 13/508, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 13/523) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 13/526) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 13/519, 13/527) in Verbindung mit Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft (Drucksachen 13/76, 13/415, 13/777) Karl Diller SPD 2054 C Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 2059 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2064 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 2068 A Dr. Barbara Höll PDS 2072 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 2074 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 2079 D, 2082 B Wilfried Seibel CDU/CSU 2082 A Susanne Jaffke CDU/CSU 2082 C Manfred Hampel SPD 2084 B Dankward Buwitt CDU/CSU 2086 B Jörg-Otto Spiller SPD 2088 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 2089 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 2089 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 2091 C Namentliche Abstimmungen . . 2092 C, 2093 D Ergebnisse 2121 C, 2124 A Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft (Drucksachen 13/509, 13/527) Manfred Hampel SPD 2093 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 2096 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2099 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . 2102 C, 2114 D Manfred Hampel SPD 2103 B Siegmar Mosdorf SPD 2105 C Rolf Kutzmutz PDS 2106 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 2108 C Eckart Kuhlwein SPD 2111 B Anke Fuchs (Köln) SPD 2112 A, 2115 B Rainer Haungs CDU/CSU 2115 C Jörg Tauss SPD 2116 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 2118 A Dr. Uwe Jens SPD 2119 A Nächste Sitzung 2126 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2127* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Kuhn (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile (Zusatztagesordnungspunkt 2) in der 21. Sitzung am 16. Februar 1995 (Seite 1375 A) 2127* B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rolf Niese (SPD) zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 1995, hier: Einzelplan 03 - Bundesrat - 2127* B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 10 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 09 - Bundesministerium für Wirtschaft) Ulrich Petzold CDU/CSU 2127* D 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 28. 03. 95 Behrendt, Wolfgang SPD 28. 03. 95 Borchert, Jochen CDU/CSU 28. 03. 95 Büttner (Ingolstadt), SPD 28. 03. 95 Hans Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 28. 03. 95 Hartmut Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 28. 03. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 28. 03. 95 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 28. 03. 95 Heym, Stefan PDS 28. 03. 95 Meißner, Herbert SPD 28. 03. 95 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 28. 03. 95 Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 28. 03. 95 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 28. 03. 95 Christian Siebert, Bernd CDU/CSU 28. 03. 95 Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 28. 03. 95 Terborg, Margitta SPD 28. 03. 95 Tippach, Steffen PDS 28. 03. 95 Vergin, Siegfried SPD 28. 03. 95 Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Kuhn (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile (Zusatztagesordnungspunkt 2) in der 21. Sitzung am 16. Februar 1995 (Seite 1375 A) Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rolf Niese (SPD) zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 1995, hier: Einzelplan 03 - Bundesrat - Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt die von der Regierungskoalition im Haushaltsausschuß be- Anlagen zum Stenographischen Bericht schlossenen Kürzungen beim Einzelplan 03 (Bundesrat) ab. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, daß die Haushaltsvoranschläge für den Einzelplan des Bundesrates nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden sollen. Der gegenseitige Respekt vor der Autonomie der Verfassungsinstitutionen gebietet es, daß die für jeweils notwendig gehaltene Mittelausstattung gegenseitig akzeptiert bzw. im Einvernehmen geregelt wird. Ebenso wie der Deutsche Bundestag ist der Bundesrat zur Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben darauf angewiesen, daß ihm eine ausreichende Personal- und Sachmittelausstattung zur Verfügung steht. Die Entscheidung der Regierungskoalition im Haushaltsausschuß gibt zu der Sorge Anlaß, daß die angemessene Ausstattung des Bundesrates für bestimmte Aufgabenbereiche gefährdet wird. Einsparungen ohne Berücksichtigung der Aufgabengewichtung gefährden die für die Wahrung der verfassungsmäßigen Aufgaben des Bundesrates notwendige Personal- und Sachmittelsubstanz. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I.10 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 09 - Bundesministerium für Wirtschaft) Ulrich Petzold (CDU/CSU): Auch wenn der Einzelplan 09 des Bundeshaushaltsplanes 1995 keinen Anlaß bietet, in Jubeltöne auszubrechen, so ist er doch grundsolide finanziert und setzt im Rahmen seiner Möglichkeiten die richtigen Schwerpunkte. Ein Aufschrei über die Kürzung des Haushaltes des Bundeswirtschaftsministeriums um 1,5 Milliarden DM wäre völlig verfehlt. In einer Zeit, in der alle über eine Haushaltskonsolidierung durch Sparmaßnahmen sprechen, ist es in jedem Fall richtig, Haushaltsmittel entsprechend dem aktuellen Bedarf einzusetzen. So trägt die Kürzung der Zuwendungen für die Wismut GmbH in den neuen Bundesländern genauso zu Einsparungen bei wie die Ver- ringerung der Kohlehilfen in den alten Bundesländern. Dieses schafft jedoch gleichzeitig wieder neue Spielräume für einen zukunftsweisenden Mitteleinsatz. Auf diese Weise konnte die Finanzausstattung für eine Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen, insbesondere zugunsten der neuen Bundesländer, weiter erhöht werden. So erfuhren die Investitionszuschüsse im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung eine Steigerung um 200 Millionen DM gegenüber dem vorjährigen Ansatz. Das Eigenkapitalhilfeprogramm wurde um 135 Millionen DM aufgestockt, und die Förderung der wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung wurde um 107 Millionen DM gegenüber dem Soll von 1994 erhöht. Bestimmend für den Einzelplan 09 ist, daß 92,2 % der Gesamtausgaben dieses Geschäftsbereiches für wirtschaftspolitische Programme vorgesehen sind. Allein für die Gemeinschaftsaufgabe ,,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" stehen 1995 4,156 Milliarden DM zur Verfügung, und die vorgesehene Steigerung dieser Titelgruppe fließt in vollem Umfang von 200 Millionen DM den neuen Bundesländern als Investitionszuschüsse zu. Einschließlich der gleich hohen Komplementärfinanzierung der Länder und der Zuschüsse des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ergibt sich daraus für 1995 ein Bewilligungsrahmen von rund 10,5 Milliarden DM. Uns ist wohl bewußt, daß dadurch - namentlich in einigen Grenzregionen Niedersachsens, Hessens und Bayerns - ein beachtliches Fördergefälle, insbesondere zu Sachsen-Anhalt und Thüringen auch für das Jahr 1995 fortbesteht. Die beklagte Abwanderung von Gewerbebetrieben um wenige Kilometer von West nach Ost zugunsten von Mitnahmeeffekten kann jedoch nicht unser Ziel sein. Auf der anderen Seite bestehen in weiten Teilen der neuen Bundesländer gravierende Strukturschwächen, die einer weiteren Investitionsförderung dringend bedürfen. Die Bemühungen der Bundesländer zur stärkeren regionalen Festlegung von Fördergebieten im Rahmen der GA-Förderung wird daher von uns in vollem Umfang begrüßt. In der Titelgruppe 6 ist das Eigenkapitalhilfeprogramm wegen verbesserter Darlehenskonditionen in den neuen Bundesländern und der Wiedereinführung in den alten Bundesländern abermals beträchtlich erhöht worden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß eine große Zahl der Betriebsneugründungen in den neuen Bundesländern sehr stark unter Kapitalschwäche zu leiden hat. Mit der Förderung der Beteiligung von unternehmerisch kompetenten Partnern wird gleichzeitig eine immer stärker zutage tretende Schwäche von Unternehmensgründungen in den neuen Bundesländern angegangen. Fachlich hervorragende Unternehmer sind immer wieder mit der Wirtschaftsführung auf Grund fehlender Kenntnisse und Erfahrungen überfordert, so daß eigentlich unnötige Insolvenzen entstehen. So wird mit der weiteren Erhöhung dieses Titelansatzes eine Systemlösung für mittelständische Unternehmen in den neuen Bundesländern angeboten. Die weiterhin besorgniserregende Situation der Industrieforschung in den neuen Bundesländern macht auch in den nächsten Jahren noch einen umfangreichen Einsatz von Fördermitteln dringend notwendig. Nur folgerichtig ist es deshalb, daß der Mittelansatz für 1995 um über 100 Millionen DM erhöht wurde. Vor allem die wirtschaftsnahe Forschung und Entwicklung in den neuen Bundesländern soll für den doppelten Effekt - einmal die Erhaltung von Forschungskapazitäten und zum anderen der Entwicklung neuer konkurrenzfähiger Produkte zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis - sorgen. Die Entwicklung auf dem Lehrstellenmarkt in den neuen Bundesländern gibt auch in diesem Jahr wieder Anlaß zur Sorge. Wenn auch in den vergangenen Jahren durch eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten - trotz aller Kassandra-Rufe im jeweiligen Frühjahr - fast alle Schulabgänger mit Lehrstellen versorgt werden konnten, gilt es doch, dieses Jahr dem entgegenstehende Entwicklungen zu beachten: Während die Zahl der Schulabgänger wesentlich ansteigt, sinkt die Zahl der Betriebe, die bereit sind, Lehrlinge auszubilden. In den Beratungen des Haushaltsausschusses wurde dieses erkannt und folgerichtig der Mittelansatz für die überbetriebliche berufliche Bildung im Handwerk auf 67,5 Millionen DM erhöht. Gleichzeitig werden die Mittel für die Förderung der beruflichen Qualifizierung des Mittelstandes heraufgesetzt, so daß durch eine verstärkte Ausbildung von Handwerksmeistern, die dann wieder Lehrlinge ausbilden können, das duale System zur beruflichen Ausbildung gestärkt wird. Mit diesem positiven Ansatz werden die Zusagen der Bundesregierung aus der Absprache zwischen dem Bundeskanzler und der Wirtschaft vom 15. dieses Monats eingehalten. Nun ist es an der Wirtschaft, ihre Zusage einer 10%igen Steigerung der Lehrstellenzahl einzulösen. In dem Einzelplan 09 liegt uns ein Haushaltsentwurf vor, in dem allgemeine Kürzungen vermie- den wurden. Er bildet einen Ansatz zur Fokussierung der Finanzmittel auf Schwerpunkte der wirtschaftlichen Entwicklung. Auch wenn noch eine Zahl von Wünschen und Forderungen zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis der Bundesrepublik auf das Jahressteuergesetz von 1996 verwiesen werden muß, ist dieser uns vorliegende Haushaltsentwurf im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft auch für die neuen Bundesländer zustimmungswürdig.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Applaus galt natürlich nicht dem Inhalt, sondern dem Vortrag des Kollegen. Es fehlte am Schluß eigentlich nur noch der Antrag der GRÜNEN, die waffenlosen Soldaten als Kindergärtner einzusetzen. Dann wären mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Die schlichte Bemerkung, der Bund müsse Kohle rüberschieben, hat deutlich gemacht, daß der Weg dahin führt, wohin er auch bei der SPD immer führt: Am Schluß soll der Bund berappen, dann ist alles in Ordnung. Die Überlegung z. B. - ohne daß man die Diskussion vertiefen könnte -, ob man bei Kindergärten nicht auch die Ausstattung und die Größenordnung in Frage stellen muß, die Frage, ob hier immer alles so bleiben muß, wie es war, weil man einen bestimmten Standard festschreibt, auch die Frage, Herr Kollege Metzger - Sie haben das natürlich absichtlich vergessen -, ob nicht durch die Pflegeversicherung im Bereich der Kommunen eine erhebliche Entlastung entstehen wird, die andere Möglichkeiten der Finanzierung bietet, muß doch zusätzlich in den Raum gestellt werden.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das, was Sie in der gestrigen Sitzung des Haushaltsausschusses vorgetragen haben, hat aufgezeigt, daß es wünschenswert ist, nach der Sondersituation der Bundestagswahl wieder zu einem geordneten Haushaltsverfahren zurückzukehren. Denn in dem Moment, meine Damen und Herren, in dem der Haushalt, der beraten wird, zu weit in das laufende Jahr hineinragt, in dem zwischen Vorlage des Entwurfs und Beratung eine zu lange Zeit vergeht, stehen so viele Dinge an, die immer wieder in den Etat hineingepackt werden sollen, daß zum Schluß eine geordnete Beratung des Haushaltes zumindest gefährdet, wenn nicht unmöglich ist. Deswegen ist es gut, wenn der Etat jetzt zu Ende beraten wird. Es ist auch notwendig, daß er schnell im Bundesrat verabschiedet wird. Ich appelliere hier an die SPD, nicht im Bundesrat zu blockieren. Die Tatsache, daß ein nach den Regeln beschlossener Etat zum Tragen kommt, muß dem ganzen Bundestag wichtig sein.
    Meine Damen und Herren, dies um so mehr, als mit dem Abschluß der Beratungen in dieser Woche der Haushalt der Bundesrepublik fünf Jahre nach der Wiedervereinigung zur Normalität des Verfahrens zurückkehrt. Die Finanzverteilung des föderalen Konsolidierungskonzepts kommt voll zum Tragen. Das heißt, alle Gebietskörperschaften haben ihren Anteil am Steuerkuchen und müssen zusehen, wie sie ihre Aufgaben mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Geld bestmöglich erfüllen. Aber natürlich - ich will das auch in Verfolg der Rede des Kollegen Metzger sagen - ist eine solche Finanzverteilung nie endgültig. Es hat immer Bewegung gegeben, es gibt immer wieder Fragen auf Grund von Entwicklungen, und solche Fragen werden wir auch weiterhin stellen müssen. Ich komme auf diesen Punkt noch zurück.
    Der zweite Punkt: Normalität. Die verschiedenen Fonds zur Überbrückungsfinanzierung nach der deutschen Einheit sind zusammengeführt und als Erblastentilgungsfonds direkt in den Haushalt integriert. Meine Damen und Herren, Schattenhaushalte alter Natur gibt es praktisch nicht mehr; das ist auch ein Teil Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit, die wir gegenüber der Öffentlichkeit vertreten.
    Der dritte Punkt: Die Treuhandanstalt hat ihre Aufgaben abgeschlossen. Das ist bei allen Anfeindungen eine große Leistung dieser Einrichtung gewesen. Ihre Nachfolgeorganisationen sind jetzt in den Haushalt integriert. Aber Sie wissen, auch hier entstehen für den Bund noch weiterhin Lasten. Wer sich zurückerinnert, mit welchen Hoffnungen man bezüglich schwarzer Zahlen im Bundeshaushalt gestartet war - es sind jetzt immer noch, glaube ich, über 5 Milliarden DM hier zu erbringen -, sieht, daß wir diese Lasten weiterhin - natürlich zu Lasten anderer Ausgaben - tragen müssen.
    Meine Damen und Herren, es kann kein Zweifel bestehen, daß die Aufgabenerfüllung aller Gebietskörperschaften schwieriger geworden ist. Politisches Gestalten heißt ja fast immer auch Geld ausgeben, und die Politiker merken ebenso wie die Bürger im Land schmerzlich, daß die Bewältigung neuer Aufgaben Einschränkungen bei liebgewordenen öffentlichen Leistungen bedeutet. Mit Blick auf die kommunale Situation heißt das, daß man manchen aus allgemeinen Steuermitteln subventionierten Gebührenhaushalt jetzt durch Anhebung der Gebühren finanzieren muß. Es ist unschön, wenn es die Bürger betrifft; aber mit Blick auf kostendeckende Gebühren, die wir ja im Grundsatz wollen, tritt hier zum Teil eine notwendige Entwicklung ein.
    Eines hat sich allerdings trotz aller Herausforderungen in keiner Weise geändert, und hier hat die Opposition der Mehrheit im Haushaltsausschuß, Kollege Roth, die ja nach der Bundestagswahl knapper geworden, aber trotzdem allein in der Verantwortung geblieben ist,

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Gott sei Dank!)

    nicht geholfen - das haben wir den beiden Oppositionsreden hier auch anhören können -: Öffentliche Sparsamkeit wird wohlfeil angemahnt; in jedem konkreten Punkt aber läuft es nach dem Motto „Hier nicht",

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Immer nur bei den anderen!)

    und leicht findet man gute Gründe gegen Einsparungen an der Stelle, an der sie vorgeschlagen oder für notwendig erachtet werden.
    Der Bundeshaushalt steht weiterhin unter dem Eindruck großer Transferleistungen in die neuen Bundesländer. Meine Damen und Herren, wir wissen, daß es inzwischen nicht mehr zu berechnen ist, wieviel es denn ganz genau ist. Im Zuge der Normalisierung in Deutschland ist es nicht mehr möglich, das genau zuzuordnen. Das ist gut so; das ist auch ein Teil Normalität. Aber natürlich sehen wir, daß im Osten immer noch vieles schneller Lösungen bedarf

    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    und daß dies für finanzielle Engpässe im Westen und beim Bund sorgt. Ich sage aber ausdrücklich für meine Fraktion: Die F.D.P. ist weiterhin bereit, diesen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen. Mit Blick auf vermeintliche Verschwendungen im Osten - Berichte darüber sind in der letzten Zeit kurzzeitig durch den deutschen Blätterwald gerauscht - möchte ich folgendes festhalten: Es gibt in allen Bereichen großer Bürokratien - das gilt übrigens auch für die Wirtschaft; da gibt es ja vergleichbar große Bürokratien - immer wieder Geldausgaben, die sich im nachhinein als nicht bestmöglich oder gar als falsch erweisen.
    In der Zeit der nationalen Sondersituation nach der deutschen Einheit, als es darum ging, den totalen Zusammenbruch z. B. auch des im Aufbau befindlichen Mittelstands im Osten zu verhindern, mußten gewisse Abstriche am sonst geordneten Verfahren gemacht werden. Wir haben das damals gewußt und auch akzeptiert; wir müssen heute mit den Konsequenzen leben.
    Meine Damen und Herren, diese Übergangsphase aber ist inzwischen vorbei: Die Verwaltungen funktionieren. Es ist gut, daß auch die Rechnungshöfe funktionieren und ihrer verantwortungsvollen Aufgabe nachgehen, vielleicht weniger mit öffentlichen Erklärungen als mit tatsächlicher Sacharbeit.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Weniger Politik!)

    In der jetzt erreichten Normalität werden Pannen immer seltener auftreten.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Gerade für die F.D.P. aber bleibt es ein wichtiger Grundsatz, auf Pannen zu achten und auch künftig dafür zu sorgen, daß mit dem Geld der Steuerzahler sorgfältig umgegangen wird. Niemand weiß besser als wir von den Liberalen , wie hart unsere Bürger arbeiten müssen, um auch die Ausgaben des Staates mit ihrer Steuerlast zu ermöglichen.
    Das Stichwort Staatsquote gibt Anlaß, auch auf die Koalitionsvereinbarung hinzuweisen. Wir haben uns entschlossen, die Staatsquote bis zum Jahre 2000 wieder auf das Niveau vor der deutschen Einheit, auf 46 %, zurückzuführen. Dies ist nicht nur eine Absichtserklärung; vielmehr zeigen wir mit dem Haushalt 1995, daß wir die hierzu erforderlichen Schritte unternehmen.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, über die Koalitionsvereinbarung hinaus hat z. B. die Mehrheit im Haushaltsausschuß dem Deutschen Bundestag vorgeschlagen, eine Reduzierung des Personals des Bundes um 1,5 % im laufenden Jahr vorzunehmen. Diese Verringerung soll kegelgerecht sein, d. h. die Kürzung soll um einen gleichen Anteil in allen Besoldungsbereichen erfolgen; dies ist ein zusätzliches Signal.
    Die Frage, ob sich die GRÜNEN nach der Ankündigung des Kollegen Metzger dem anschließen werden, nachdem sie den weitergehenden Antrag selber gestellt haben, wird ein gewisses Interesse finden.
    Dies zeigt, ob reiner Populismus betrieben wird oder in der Sacharbeit, wo es unbequem wird, nachher mitgearbeitet und mitgestimmt wird. Wir werden das besonders beachten.
    Im Zusammenhang mit der deutschen Einheit gab es in der Bundesverwaltung eine Vielzahl zusätzlich notwendiger Stellen, auch in den Ministerien in Bonn. Natürlich wurden Chancen genutzt, sich manchen lange gehegten Wunsch der Personalerweiterung zu erfüllen; denn in dieser Phase gab es so viel Bewegung, daß die parlamentarische Kontrolle, auch die des Rechnungshofes, selbst die Kontrolle der Regierung, Herr Finanzminister, nicht überall gleichzeitig ansetzen konnte und mancher dieser Wünsche durchgegangen ist. Es gilt, in sorgfältiger Prüfung des Notwendigen unnötigen Aufwuchs wieder abzubauen.
    Ich sage ausdrücklich ein hohes Lob an unsere Verwaltung, damit hier keine Zweifel entstehen; auch an das Berufsbeamtentum, das einen wichtigen Teil der Effektivität unserer Verwaltung darstellt.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein echter Quotenkiller!)

    Meine Damen und Herren, auch wenn wir über viele Aspekte künftiger Strukturen nachdenken, wenn wir gerade als F.D.P. natürlich den öffentlichen Bereich auf das Notwendige beschränken wollen, so lassen wir an der Notwendigkeit des Berufsbeamtentums im Kernbereich der staatlichen Aufgaben keinen Zweifel.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich bin begeistert! Gegenruf der Abg. Ina Albowitz [F.D.P.] Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einer muß doch begeistert sein, wenn ihr alle schlaft! Ina Albowitz [F.D.P.]: Ich bin ununterbrochen begeistert!)

    - Es ist erfreulich, Herr Kollege Fischer, wenn Sie über etwas Vernünftiges begeistert sind. Meistens betrifft Ihre Begeisterung andere Bereiche.
    Im Zusammenhang nicht nur mit der deutschen Einheit, sondern auch mit der sich fortentwickelnden Europäischen Union, den internationalen Abrüstungsvereinbarungen, der Zuwanderung einer großen Zahl von Menschen in die Bundesrepublik haben sich an vielen Stellen notwendige neue öffentliche Aufgaben gestellt. Auch die neuerdings offenen Grenzen nach Osten bedürfen zusätzlicher Kontrolle; sonst wird die Freiheit des Reiseverkehrs zunehmend auch von unerwünschten Reisenden genutzt. Es ist schade, aber wahrscheinlich unabänderlich, daß verstärkte Kontrollen und verstärkte Überwachung ausufernder Kriminalität Einhalt gebieten müssen.
    Diese Veränderungen haben für betroffene staatliche Bedienstete oft Konsequenzen gehabt. Der Staat hat seine strukturellen Veränderungen üblicherweise sozial gut abgefedert. Das ist auch in Ordnung. Aber die Abwägung zwischen der Fürsorgepflicht des Staates auf der einen Seite, dem besonderen Treue-

    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    verhältnis der staatlich Bediensteten auf der anderen Seite darf sich nicht zu einer Einbahnstraße entwickeln. Auch öffentlich Bedienstete müssen - in der nationalen Sondersituation hat sich gezeigt, daß hierzu große Bereitschaft bestand - bereit sein, flexibler bezüglich ihrer Arbeit und auch bezüglich ihres Arbeitsplatzes zu werden.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Beifall!)

    Meine Damen und Herren, die F.D.P. nimmt die Mahnungen der Deutschen Bundesbank sehr ernst, die mit Blick auf wachsende Lasten der künftigen Versorgung Gefahren für unsere Währung und für unsere öffentlichen Haushalte sieht. Es ist bedauerlich, daß sich gerade in diesem Jahr der Versorgungsbericht der Bundesregierung verzögert, denn aus ihm werden sich in diesem Bereich zusätzliche Handlungsnotwendigkeiten ablesen lassen. Es ist zu sehen - dies ist erfreulich -, daß ein Teil der Bundesländer künftigen Entwicklungen schon Rechnung trägt.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Die anderen müssen nur nachkommen!)

    Wir werden in den Bereichen, in denen wir künftig Vorruhestand anbieten, bei den Versorgungsleistungen sicher stärkere versicherungsmathematische Abschläge einführen müssen. Wer die Alterspyramide unserer Bevölkerung vor Augen hat, erkennt sofort, daß künftig nicht eine immer kleinere Zahl von Beitragszahlern eine immer größere Zahl von Rentnern, und dies dann noch bei immer jüngerem Einstieg in die Rente und ständig erhöhten Renten, unterhalten kann. Jeder sieht, daß das Rentensystem auf diese Weise unbezahlbar würde. In einem so wichtigen System wie der Alterssicherung unserer Bürger muß langfristig gedacht werden. Das ist in der Vergangenheit geschehen, gilt aber auch für die Zukunft. Es muß langfristig gehandelt werden. Tagespolitische Gefälligkeiten werden gerade in diesem Bereich von künftigen Generationen bezahlt.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Beim Stichwort künftige Generationen muß auch die Verschuldungssituation erwähnt werden. Auf Grund der krisenhaften Wirtschaftsentwicklung mußten wir im Jahr 1993 die Schuldenhöhe beim Bund eklatant anheben, ebenso mußten wir den geplanten Abbau der Neuverschuldung in der Finanzplanung verzögern. Dies ist in Zeiten wirtschaftlichen Ungleichgewichts ausdrücklich notwendig und durch die Verfassung erlaubt. Die Schuldenlast, die hier entstanden und kaum mehr überschaubar ist, ist natürlich zu beklagen. Da haben die Redner der Opposition recht; auch wir sehen das ungern. Die Frage ist immer, ob Sie eine Alternative bieten, was ersichtlich nicht der Fall gewesen ist.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir bemühen uns um eine schnellstmögliche Senkung, aber realistisch.
    Daß die wirtschaftliche Entwicklung - das zeigt unser Bemühen - es ermöglicht hat, die Verschuldungshöhe stärker als erwartet zu reduzieren - der Etatansatz des vergangenen Juli bei der Verschuldung ist um 10 Milliarden DM abgesenkt worden -, ist erfreulich. Die Aufgabe des Abbaus der öffentlichen Schuldenlast besteht allerdings weiter. Das vorhin genannte Jahr 1996 wird auch in diesem Bereich wieder ein schwieriges Jahr werden. Wir stehen erst am Anfang des Abbaus öffentlicher Schulden.
    Es ist eine der wichtigen Leistungen der Mehrheit des Haushaltsausschusses, den finanziellen Spielraum, der sich im Lauf der Beratungen ergeben hat, praktisch in vollem Umfang zur Senkung der Verschuldung einzusetzen. Wer weiß, mit welchem Engagement nicht nur die Opposition, sondern auch Kollegen aller anderen politischen Fachbereiche für höhere Ausgaben in ihrem Politikbereich kämpfen, weiß, wie schwierig gerade diese unsere Aufgabe im Haushaltsausschuß ist. Aber wir haben sie erfüllt, und wir werden sie weiter erfüllen. Wir haben dabei die Unterstützung unserer Fraktionen. Auch wenn mancher ab und zu mit den Zähnen knirscht, am Schluß wissen die Kollegen, daß Zustimmung zu dem von uns Beschlossen der richtige Weg ist.
    Meine Damen und Herren, eine leichte Entspannung im Etat kommt auch durch eine gewisse Reduzierung der Zahlungen an die Europäische Union zustande. Trotzdem bleibt die jetzige Situation noch unbefriedigend. Nach der deutschen Einheit im Lichte der wirtschaftlichen Entwicklung in allen Partnerstaaten muß über den Umfang der Beitragszahlungen ebenso wie über die Rückflüsse in die einzelnen Länder offen diskutiert werden. Das Vertreten eigener Interessen ist in jedem Land der EU legitim. Das muß in der Bundesrepublik in gleicher Weise legitim sein. Gerade in der jetzt schwierigen Lage kann nicht untersagt sein, hierüber offen zu diskutieren und zu versuchen, die Lasten gerecht zu verteilen.
    Bei dem Stichwort Finanzverteilung stellt sich auch die Frage eines gerechten Ausgleichs zwischen Bund und Ländern. Ich habe eingangs darauf hingewiesen: Der Solidarzuschlag, den die F.D.P. und die Koalition ständig überprüfen und schnellstmöglich abschaffen wollen, kompensiert nicht die Mehrwertsteueranteile, die der Bund mit Blick auf die deutsche Einheit zusätzlich an die Länder abgegeben hat. Nachdem diese Mehrwertsteuerpunkte offensichtlich höhere Einnahmen für die Bundesländer zur Folge haben, als es beim Solidarpakt kalkuliert war, muß auch darüber wieder gesprochen und verhandelt werden. Es kann nicht sein, daß die Länder im Westen einseitig die Gewinner der deutschen Einheit werden.
    Das würde übrigens - hier muß man die SPD an ihre Verantwortung erinnern - die Rückführung des Solidaritätszuschlags zusätzlich erleichtern. Sie fordern parteipolitisch immer die Stärkung der Massenkaufkraft. Wenn es darum geht, diese tatsächlich zu erreichen, dann sind Sie doch wieder für mehr staatliche Einnahmen, für Erhöhungen von Steuern oder

    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    für Transfers wohin auch immer. Hier könnten Sie einmal zeigen, daß Sie Ihre Mitwirkungsmöglichkeiten in richtiger Weise nutzen, nämlich zur Rückführung des Solidaritätszuschlags.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Ich muß in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die SPD - ich bin jetzt seit zwölf Jahren im Bereich des Haushalts tätig, Herr Kollege Glos erinnert sich an gemeinsame Anfänge - diesmal so rücksichtslos wie noch nie gegen den Haushalt des Bundes agiert hat. Ihre eigenen Sparvorschläge sind praktisch gleich Null. Dafür wurde aber jeder, von welcher Interessengruppe oder von welchem Bundesland auch immer geäußerte Wunsch, sei es zu Subventionen oder zu anderen Ausgaben, sofort übernommen.
    Die GRÜNEN haben wie auch in anderen Politikbereichen SPD de Luxe gespielt. Sie haben keine konkreten Kürzungsvorschläge gemacht, die auch nur entfernt akzeptabel gewesen wären, aber bei jeder Ausgabe waren sie voll dabei. Meine Damen und Herren, Sie müssen heute nur das Antragspaket durchsehen: Bei der Kohlesubvention überholen die GRÜNEN jetzt tatsächlich sogar die SPD im Deutschen Bundestag. Sie fordern mehr Kohlesubvention aus dem Bundeshaushalt, als das sogar die SPD macht. Man fragt sich wirklich, wo das, was einmal grüne Politik sein sollte, geblieben ist.
    In diesem Zusammenhang fällt mir ein, daß ich Joseph Fischer einmal im Fernsehen zum Stichwort Energiepolitik gehört habe. Er sagte dazu: abschalten der Kernkraftwerke sofort, abschalten der Kohlekraftwerke mittelfristig. Offensichtlich war die Sendezeit dann vorbei, denn die Frage, woher dann der Strom kommen sollte, wurde nicht mehr beantwortet.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU Ina Albowitz [F.D.P.]: Aus der Steckdose!)

    Populismus ist keine Politik, er trägt am Schluß auch nicht. Auch Blockade ist keine Politik. Ich sage das mit Blick auf die SPD und die von Herrn Scharping angedrohte Blockade im Bundesrat. Wenn die SPD versuchen sollte, den Bundesrat als parteipolitisches Blockadeinstrument einzusetzen, dann wird es sich für sie nicht auszahlen. Daran sind in der Vergangenheit schon andere große Parteien gescheitert.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Erlauben Sie, daß ich zum Stichwort Kohlesubvention noch ein paar Worte sage. Die Reduzierung des Staatsanteils und der Schuldenabbau sind gleichwertige Teile liberaler Haushaltspolitik. Deswegen war es richtig, im Bereich der Kohlesubvention hart zu streiten. Ich kenne natürlich alle Argumente derer, die lieber ungeschmälert oder gar noch erhöht weitersubventioniert hätten. Das Verfassungsgerichtsurteil zum sogenannten Kohlepfennig hat uns eine doppelte Chance gegeben, und wir haben beide Chancen genutzt. Erstens muß diese Subvention künftig haushaltsfinanziert sein. Das heißt, sie muß sich künftig jährlich sozusagen der öffentlichen Diskussion stellen. Dieser Druck ist bei jeder Subvention
    wünschenswert. Er wird auch bei dieser Subvention heilsam sein. Die Subvention wird also nicht mehr stillschweigend aus einem Fonds genommen, den keiner zur Kenntnis nimmt, sondern Jahr für Jahr wird in großer Öffentlichkeit darüber diskutiert, ob die Subvention notwendig ist, wenn ja, in welchem Umfang, ob der erforderliche Abbau auch mit genügender Geschwindigkeit stattfindet und - parallel dazu - ob die entsprechenden Bemühungen des Aufbaus neuer Arbeitsplätze in den betroffenen Bereichen stattfinden. Hierzu sind wir bereit. Wir warten auf Angebote der SPD-Seite,

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Vor allen Dingen in Nordrhein-Westfalen und im Saarland!)

    die bisher nur dumpf die Kohlesubventionen weiter kassieren will.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Das zweite ist die Frage, ob die Finanzierung durch Einsparungen oder durch neue Steuern das Richtigere war. Die Koalition hat sich für die Einsparungen entschieden.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Das war der richtige Weg!)

    Wer weiß, wie leicht man es sich gerade auf der linken Seite dieses Hauses immer mit neuen Steuern und Abgaben macht, der muß diesen symbolischen, wichtigen Kraftakt der Koalition loben, der darin besteht, daß wir bereit sind, den schwierigeren Weg der Einsparungen zu gehen. Der Anteil der F.D.P. hieran ist ja bekannt.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, an der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, die für die leichte Entspannung unseres Haushalts wesentlich verantwortlich war, hat der Mittelstand einen entscheidenden Anteil. Der Mittelstand wird deswegen von uns bewußt weiter gefördert, jetzt noch einmal mit einem Antrag im Zusammenhang mit der Schaffung von zusätzlichen Lehrstellen. Es darf ja nicht sein, daß sich die großen Firmen aus der Verantwortung des dualen Systems davonstehlen und daß sie einerseits dem Mittelstand und andererseits dem öffentlichen Bereich alle Lasten auferlegen. Gerade mit Blick auf die junge Generation, die ja Ausbildungsstellen benötigt, ist es deswegen richtig, eine zusätzliche Förderung zu leisten. Der Appell an die Tarifparteien, auch das Lehrstellenangebot künftig zu einem Teil der Tarifabschlüsse zu machen, ist von hier aus notwendig.
    Selbst bei noch so guter Wirtschaftspolitik kann die Politik nicht alles veranlassen. Vielmehr ruht die Verantwortung auf vielen Schultern. Mit Blick auf die Tarifparteien ist zu sagen: Zu hohe Abschlüsse sorgen für den Export von Arbeitsplätzen. Das haben wir immer wieder erlebt. Wenn die Politik der Liberalen, die Politik der Koalition, eine Politik der Deregulierung und Privatisierung, der notwendigen Ökologisierung der Marktwirtschaft und die Modernisierung durch Forschung und Bildung greifen sollen, dann muß auch die Wirtschaft diesen von der Politik gesetzten Rahmen nutzen.

    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    Trotz der notwendigen Sparsamkeit will die F.D.P. ja in den Bereichen Bildung und Forschung ebenso wie übrigens auch im Bereich Verteidigung keine weiteren Reduzierungen. Die angekündigte Plafondierung im Verteidigungsbereich soll bleiben. Die Bundeswehr braucht nach den harten Jahren der Umstrukturierung jetzt Planungssicherheit, wenn sie ihre zukünftigen Aufgaben erfüllen soll. Ich sage das ganz bewußt auch deswegen, weil in diesem Bereich die meisten Menschen, Soldaten und Angestellte der Bundeswehr, große Opfer, auch persönliche Opfer, gebracht haben, die wir zu würdigen wissen. Diese Menschen können sich auf die F.D.P. auch in Zukunft verlassen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, wenn der Deutsche Bundestag die vorliegenden Änderungsanträge der Koalition noch annimmt, dann werden wir über einen Haushalt von rund 478 Milliarden DM bei einer Nettoneuverschuldung von rund 49 Milliarden DM zu entscheiden haben. Die F.D.P.-Fraktion im Deutschen Bundestag stimmt diesem Haushalt in der Überzeugung zu, mit richtig angesetzter Sparpolitik einen wichtigen Schritt zur Normalisierung der öffentlichen Finanzwirtschaft zu leisten.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Es spricht jetzt die Abgeordnete Dr. Barbara Höll.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Barbara Höll


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als erstes möchte ich mich ganz herzlich bei der Regierungskoalition dafür bedanken, daß ich erst kurz vor Beginn der Debatte erfahren habe, daß ich nicht, wie bisher übliche Praxis, zehn Minuten Redezeit erhalten habe, sondern daß die PDS-Gruppe ihre Redezeit splitten muß, so daß ich somit nur siebeneinhalb Minuten reden darf, während die kleinen Fraktionen F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr wohl ihre gesamte Redezeit an einem Stück ausschöpfen dürfen. Ich muß sagen, das zeugt wirklich von Weltoffenheit und kulturvollem Umgang mit Wählerwillen auch kleiner parlamentarischer Minderheiten.

    (Beifall bei der PDS)

    Wenn wir heute in die abschließende Beratung des ersten Haushaltes der neuen Legislaturperiode eintreten, so muß ich sagen, daß man das doch messen sollte an dem, was der Kanzler in seiner Regierungserklärung am 23. November vergangenen Jahres postulierte. Wir dürfen nicht nur für vier Jahre planen; denn - ich zitiere - es gilt, „alle Kräfte anzuspannen, ganz Deutschland fit zu machen für das nächste, das 21. Jahrhundert". Wohl denn, Herr Waigel, der Haushalt als in Zahlen gegossene Politik: Sie werden sich daran messen lassen müssen, ob Sie tatsächlich dabei „das Wohl künftiger Generationen stets im Blick" behalten.
    Zukunft, das ist für die Mehrheit der Menschen Frieden, soziale Sicherheit, Arbeit, eine gesunde Umwelt, ein kulturvolles Leben und ein kinderfreundlich gestaltetes Land. Der dem Plenum vorliegende
    Haushalt zeigt, daß Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, ganz wie Ihr Kanzler nur schöne Worte machen, Sie jedoch nicht gewillt sind, diese Erwartungen und Ansprüche der Mehrheit der Bevölkerung umzusetzen.
    Die Verteidigungsausgaben bemessen sich noch immer auf die immense Summe von 47,85 Milliarden DM. Sie fühlen sich verpflichtet, diese Höhe als materielle Basis zu verstetigen, um mit einer von einer regionalen Territorialverteidigungsarmee zu einer rein globalen Interventionstruppe umstrukturierten Bundeswehr auf „hard power" in der internationalen Politik setzen zu können. So forderte es kürzlich Bundespräsident Roman Herzog.
    Mit Waffengewalt statt durch eine Politik des friedlichen Interessenausgleichs wollen Sie weltweit die unmittelbaren deutschen Interessen wie „Sicherung und Bewahrung von Wohlstand" - Herr Herzog - durchsetzen. Demgegenüber haben Sie sich weiter denn je von der Verwirklichung der auch von der Bundesregierung unterzeichneten Verpflichtung entfernt, 0,7 % des Bruttosozialproduktes als Entwicklungshilfe bereitzustellen. Wir haben in diesem Jahr sogar eine Kürzung um 260 Millionen DM.
    Wir demokratischen Sozialistinnen und Sozialisten fordern, daß Sie sich endlich den weltweiten Problemen stellen. Deutschland ist wie Europa keine Insel. Sie können versuchen, Mauern zu bauen, wie Sie wollen, es wird nicht funktionieren.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P. Jürgen W. Möllemann [F.D.P.]: Von Mauerbau sollten Sie nicht reden!)

    Herr Bundeskanzler, ich darf Sie nochmals zitieren:
    Wir müssen manche ... davon überzeugen, daß geistige Unbeweglichkeit und vor allem ideologische Verbohrtheit in die Sackgasse führen.
    Wachen Sie aus Ihrer Selbstgenügsamkeit auf, Herr Kanzler! Der Kapitalismus hat nicht gesiegt, er ist nur übriggeblieben.

    (Beifall bei der PDS)

    Sie sind gerade den zukünftigen Generationen den Nachweis schuldig, daß dieses gesellschaftliche System in der Lage ist, die weltweiten Probleme tatsächlich zu lösen. Es bleibt dabei: Wir haben nur diese eine Erde, und sie braucht nicht unbedingt die Menschen.
    Herr Waigel, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie handeln zudem wider besseres Wissen. Wie z. B. der Parlamentarische Staatssekretär, Herr Faltlhauser, im Finanzausschuß in diesem Jahr äußerte, liegt der reale Stand der Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern bei etwa 30 %, auch wenn Sie es geschafft haben, die Statistik bis auf 15 % zu frisieren. Wo ist denn nun, frage ich Sie, bei diesen Problemen auch nur der Ansatz einer aktiven Arbeitsmarktpolitik? Arbeit als wichtiger Bestandteil menschlichen Lebens wird bei Ihnen zur reinen Jongliermasse.

    Dr. Barbara Höll
    Wir demokratischen Sozialistinnen und Sozialisten hatten beantragt, wenigstens so viele Mittel für die Bundesanstalt für Arbeit in den Haushalt 1995 einzustellen wie im vergangenen Jahr. Dieser Antrag wurde im Haushaltsausschuß geschoben und geschoben, aber nicht etwa in der Hoffnung - die wir vielleicht noch hatten -, daß Sie dann sehen, daß einige Mittel übrig sind und Sie sich wenigstens der Höhe von 14,8 Milliarden DM annähern, die auch vom Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit gefordert wird. O nein, weit gefehlt. Unmittelbar vor Abschluß der Beratungen des Haushaltes stellten die Koalitionäre fest, daß wohl noch 3 Milliarden DM fehlen, um dem von ihnen selbst gesteckten Ziel zu entsprechen, die Nettokreditaufnahme nach dem Regierungsentwurf um 10 Milliarden DM zu senken. Genau diese Summe entnahmen Sie dann flugs dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit. Ganze 8 Milliarden DM haben Sie noch etatisiert.
    Die schmale Aufstockung des Programms zur Weiterführung der Beendigung der Langzeitarbeitslosigkeit muß da schon wirklich anmuten wie der Schwanz, in den sich die Katze beißt.
    Die geplante Streichung der originären Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Oktober 1995 und die Begrenzung der Arbeitslosenhilfe, die nach dem Bezug von Arbeitslosengeld zwei Jahre gezahlt wird, werden sich katastrophal auf das Leben vieler Menschen auswirken. Die Menschen werden in die Sozialhilfe gedrängt und die Kommunen zusätzlich belastet.
    Wie sieht es mit der Kulturförderung aus? Herr Bundeskanzler, Sie sollten doch wohl wissen, daß Kultur etwas mehr als repräsentative Bauten in Berlin ist, wofür Ihnen die Koalition 30 Millionen DM zur Verfügung stellen will - allerdings bis auf 2 Millionen DM gesperrt. Die in Berlin benötigten weiteren 118 Millionen DM haben Sie einfach abgeschmettert. Wir werden einen Antrag dazu einbringen. Gerade die Berliner Abgeordneten der CDU sollten sich überlegen, wie sie sich dann zu diesem Antrag der PDS verhalten.

    (Beifall bei der PDS)

    Zu einem kulturvollen Leben gehört natürlich auch das Recht auf angemessenen Wohnraum. Doch was tun Sie? Mit Brachialgewalt wollen Sie in den neuen Bundesländern die Vergleichsmieten einführen, ohne wenigstens das Wohngeld zu reformieren. Durch die gestrige Sitzung des Haushaltsausschusses haben wir erfahren, daß man einmal schnell 50 Millionen DM aus dem sozialen Wohnungsbau herausnehmen kann, um damit die Privatisierung von Wohneigentum zu fördern. Es geht nicht um die Schaffung neuen Wohnraums, nein, es geht Ihnen nur um Wohneigentum.

    (Bundesminister Friedrich Bohl: Das stimmt doch gar nicht!)

    Von den Investitionsausgaben des Bundes in Höhe von rund 72 Milliarden DM sollen 1995 nur knapp ein Prozent in den Umwelt- und Naturschutz fließen und davon über 521 Millionen DM dem Bundesamt für Strahlenschutz zur Verfügung stehen, dessen Aufgabe es wohl mehr ist, die radioaktive Strahlung zu schützen.
    Die Ausgaben für den Neu- und Ausbau der Hochschulen werden bis 1998 festgeschrieben und nicht mehr erhöht. Die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs und des kommunalen Straßenbaus wird bis 1998 mit 3,3 Milliarden DM fast halbiert. Der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz" werden die Mittel gegenüber 1994 um 80 Millionen DM gekürzt und bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums nicht mehr erhöht.
    Das BAföG wird gegenüber dem Soll 1994 um 120 Millionen DM gekürzt und nach einer Erhöhung um 20 Millionen DM in 1996 bis 1998 mit gerade 760 Millionen DM ebenfalls festgeschrieben. 1993 hatten die Ausgaben immerhin noch 904 Millionen DM betragen. Das Investitionsprofil der Bundesregierung ist nicht einmal mehr konservativ, nein, es ist destruktiv.
    Herr Waigel, in der ersten Lesung am 14. Dezember vergangenen Jahres stellten Sie fest:
    Entschlossen und konsequent werden wir unseren finanzpolitischen Weg weitergehen.
    Jawohl! Mit dem Bundeshaushalt 1995 setzt die Bundesregierung ihre haushalts- und finanzpolitische Flickschusterei vergangener Jahre fort. Sie versucht, das volle Ausmaß ihrer chaotischen und sozial ungerechten Finanzpolitik zu verschleiern. Dieser Haushalt verstößt gegen die Bundeshaushaltsordnung und die darin enthaltenen Gebote der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit, vor allem aber gegen das Vollständigkeitsgebot. Der Haushalt ist eine Gleichung mit mehreren Unbekannten, und das wahre Ausmaß des Haushaltsdefizits ist noch nicht bekannt. Herr Diller hat dafür sehr ausführlich viele Beispiele gebracht.
    Dasselbe gilt für die mittelfristige Finanzplanung. Sie bietet ebenfalls seit Jahren das gleiche Bild. Auf dem Papier wird die Neuverschuldung am Ende des jeweiligen Planungszeitraums stets halbiert. In der Realität wurden diese Prognosen noch stets blamiert. Im Jahre 1992 sagte die Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1995 einen Haushalt in Höhe von rund 450 Milliarden DM voraus, der mit etwas mehr als 25,1 Milliarden DM kreditfinanziert werden sollte.