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    Plenarprotokoll 13/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1995 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Gottfried Haschke (Großhennersdorf) 2053 A Abwicklung der Tagesordnung 2053 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414) 2053 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt (Drucksachen 13/501, 13/527) . . 2053 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 13/502, 13/527) . . . 2053 C Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 13/503, 13/527) 2053 D Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 13/508, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 13/523) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 13/526) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 13/519, 13/527) in Verbindung mit Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft (Drucksachen 13/76, 13/415, 13/777) Karl Diller SPD 2054 C Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 2059 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2064 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 2068 A Dr. Barbara Höll PDS 2072 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 2074 A Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 2079 D, 2082 B Wilfried Seibel CDU/CSU 2082 A Susanne Jaffke CDU/CSU 2082 C Manfred Hampel SPD 2084 B Dankward Buwitt CDU/CSU 2086 B Jörg-Otto Spiller SPD 2088 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU 2089 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 2089 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 2091 C Namentliche Abstimmungen . . 2092 C, 2093 D Ergebnisse 2121 C, 2124 A Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft (Drucksachen 13/509, 13/527) Manfred Hampel SPD 2093 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 2096 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2099 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . 2102 C, 2114 D Manfred Hampel SPD 2103 B Siegmar Mosdorf SPD 2105 C Rolf Kutzmutz PDS 2106 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 2108 C Eckart Kuhlwein SPD 2111 B Anke Fuchs (Köln) SPD 2112 A, 2115 B Rainer Haungs CDU/CSU 2115 C Jörg Tauss SPD 2116 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 2118 A Dr. Uwe Jens SPD 2119 A Nächste Sitzung 2126 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2127* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Kuhn (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile (Zusatztagesordnungspunkt 2) in der 21. Sitzung am 16. Februar 1995 (Seite 1375 A) 2127* B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rolf Niese (SPD) zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 1995, hier: Einzelplan 03 - Bundesrat - 2127* B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 10 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 09 - Bundesministerium für Wirtschaft) Ulrich Petzold CDU/CSU 2127* D 29. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 28. 03. 95 Behrendt, Wolfgang SPD 28. 03. 95 Borchert, Jochen CDU/CSU 28. 03. 95 Büttner (Ingolstadt), SPD 28. 03. 95 Hans Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 28. 03. 95 Hartmut Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 28. 03. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 28. 03. 95 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 28. 03. 95 Heym, Stefan PDS 28. 03. 95 Meißner, Herbert SPD 28. 03. 95 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 28. 03. 95 Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 28. 03. 95 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 28. 03. 95 Christian Siebert, Bernd CDU/CSU 28. 03. 95 Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 28. 03. 95 Terborg, Margitta SPD 28. 03. 95 Tippach, Steffen PDS 28. 03. 95 Vergin, Siegfried SPD 28. 03. 95 Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Werner Kuhn (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile (Zusatztagesordnungspunkt 2) in der 21. Sitzung am 16. Februar 1995 (Seite 1375 A) Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rolf Niese (SPD) zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 1995, hier: Einzelplan 03 - Bundesrat - Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt die von der Regierungskoalition im Haushaltsausschuß be- Anlagen zum Stenographischen Bericht schlossenen Kürzungen beim Einzelplan 03 (Bundesrat) ab. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, daß die Haushaltsvoranschläge für den Einzelplan des Bundesrates nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden sollen. Der gegenseitige Respekt vor der Autonomie der Verfassungsinstitutionen gebietet es, daß die für jeweils notwendig gehaltene Mittelausstattung gegenseitig akzeptiert bzw. im Einvernehmen geregelt wird. Ebenso wie der Deutsche Bundestag ist der Bundesrat zur Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben darauf angewiesen, daß ihm eine ausreichende Personal- und Sachmittelausstattung zur Verfügung steht. Die Entscheidung der Regierungskoalition im Haushaltsausschuß gibt zu der Sorge Anlaß, daß die angemessene Ausstattung des Bundesrates für bestimmte Aufgabenbereiche gefährdet wird. Einsparungen ohne Berücksichtigung der Aufgabengewichtung gefährden die für die Wahrung der verfassungsmäßigen Aufgaben des Bundesrates notwendige Personal- und Sachmittelsubstanz. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I.10 (Haushaltsgesetz 1995 - Einzelplan 09 - Bundesministerium für Wirtschaft) Ulrich Petzold (CDU/CSU): Auch wenn der Einzelplan 09 des Bundeshaushaltsplanes 1995 keinen Anlaß bietet, in Jubeltöne auszubrechen, so ist er doch grundsolide finanziert und setzt im Rahmen seiner Möglichkeiten die richtigen Schwerpunkte. Ein Aufschrei über die Kürzung des Haushaltes des Bundeswirtschaftsministeriums um 1,5 Milliarden DM wäre völlig verfehlt. In einer Zeit, in der alle über eine Haushaltskonsolidierung durch Sparmaßnahmen sprechen, ist es in jedem Fall richtig, Haushaltsmittel entsprechend dem aktuellen Bedarf einzusetzen. So trägt die Kürzung der Zuwendungen für die Wismut GmbH in den neuen Bundesländern genauso zu Einsparungen bei wie die Ver- ringerung der Kohlehilfen in den alten Bundesländern. Dieses schafft jedoch gleichzeitig wieder neue Spielräume für einen zukunftsweisenden Mitteleinsatz. Auf diese Weise konnte die Finanzausstattung für eine Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen, insbesondere zugunsten der neuen Bundesländer, weiter erhöht werden. So erfuhren die Investitionszuschüsse im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung eine Steigerung um 200 Millionen DM gegenüber dem vorjährigen Ansatz. Das Eigenkapitalhilfeprogramm wurde um 135 Millionen DM aufgestockt, und die Förderung der wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung wurde um 107 Millionen DM gegenüber dem Soll von 1994 erhöht. Bestimmend für den Einzelplan 09 ist, daß 92,2 % der Gesamtausgaben dieses Geschäftsbereiches für wirtschaftspolitische Programme vorgesehen sind. Allein für die Gemeinschaftsaufgabe ,,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" stehen 1995 4,156 Milliarden DM zur Verfügung, und die vorgesehene Steigerung dieser Titelgruppe fließt in vollem Umfang von 200 Millionen DM den neuen Bundesländern als Investitionszuschüsse zu. Einschließlich der gleich hohen Komplementärfinanzierung der Länder und der Zuschüsse des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ergibt sich daraus für 1995 ein Bewilligungsrahmen von rund 10,5 Milliarden DM. Uns ist wohl bewußt, daß dadurch - namentlich in einigen Grenzregionen Niedersachsens, Hessens und Bayerns - ein beachtliches Fördergefälle, insbesondere zu Sachsen-Anhalt und Thüringen auch für das Jahr 1995 fortbesteht. Die beklagte Abwanderung von Gewerbebetrieben um wenige Kilometer von West nach Ost zugunsten von Mitnahmeeffekten kann jedoch nicht unser Ziel sein. Auf der anderen Seite bestehen in weiten Teilen der neuen Bundesländer gravierende Strukturschwächen, die einer weiteren Investitionsförderung dringend bedürfen. Die Bemühungen der Bundesländer zur stärkeren regionalen Festlegung von Fördergebieten im Rahmen der GA-Förderung wird daher von uns in vollem Umfang begrüßt. In der Titelgruppe 6 ist das Eigenkapitalhilfeprogramm wegen verbesserter Darlehenskonditionen in den neuen Bundesländern und der Wiedereinführung in den alten Bundesländern abermals beträchtlich erhöht worden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß eine große Zahl der Betriebsneugründungen in den neuen Bundesländern sehr stark unter Kapitalschwäche zu leiden hat. Mit der Förderung der Beteiligung von unternehmerisch kompetenten Partnern wird gleichzeitig eine immer stärker zutage tretende Schwäche von Unternehmensgründungen in den neuen Bundesländern angegangen. Fachlich hervorragende Unternehmer sind immer wieder mit der Wirtschaftsführung auf Grund fehlender Kenntnisse und Erfahrungen überfordert, so daß eigentlich unnötige Insolvenzen entstehen. So wird mit der weiteren Erhöhung dieses Titelansatzes eine Systemlösung für mittelständische Unternehmen in den neuen Bundesländern angeboten. Die weiterhin besorgniserregende Situation der Industrieforschung in den neuen Bundesländern macht auch in den nächsten Jahren noch einen umfangreichen Einsatz von Fördermitteln dringend notwendig. Nur folgerichtig ist es deshalb, daß der Mittelansatz für 1995 um über 100 Millionen DM erhöht wurde. Vor allem die wirtschaftsnahe Forschung und Entwicklung in den neuen Bundesländern soll für den doppelten Effekt - einmal die Erhaltung von Forschungskapazitäten und zum anderen der Entwicklung neuer konkurrenzfähiger Produkte zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis - sorgen. Die Entwicklung auf dem Lehrstellenmarkt in den neuen Bundesländern gibt auch in diesem Jahr wieder Anlaß zur Sorge. Wenn auch in den vergangenen Jahren durch eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten - trotz aller Kassandra-Rufe im jeweiligen Frühjahr - fast alle Schulabgänger mit Lehrstellen versorgt werden konnten, gilt es doch, dieses Jahr dem entgegenstehende Entwicklungen zu beachten: Während die Zahl der Schulabgänger wesentlich ansteigt, sinkt die Zahl der Betriebe, die bereit sind, Lehrlinge auszubilden. In den Beratungen des Haushaltsausschusses wurde dieses erkannt und folgerichtig der Mittelansatz für die überbetriebliche berufliche Bildung im Handwerk auf 67,5 Millionen DM erhöht. Gleichzeitig werden die Mittel für die Förderung der beruflichen Qualifizierung des Mittelstandes heraufgesetzt, so daß durch eine verstärkte Ausbildung von Handwerksmeistern, die dann wieder Lehrlinge ausbilden können, das duale System zur beruflichen Ausbildung gestärkt wird. Mit diesem positiven Ansatz werden die Zusagen der Bundesregierung aus der Absprache zwischen dem Bundeskanzler und der Wirtschaft vom 15. dieses Monats eingehalten. Nun ist es an der Wirtschaft, ihre Zusage einer 10%igen Steigerung der Lehrstellenzahl einzulösen. In dem Einzelplan 09 liegt uns ein Haushaltsentwurf vor, in dem allgemeine Kürzungen vermie- den wurden. Er bildet einen Ansatz zur Fokussierung der Finanzmittel auf Schwerpunkte der wirtschaftlichen Entwicklung. Auch wenn noch eine Zahl von Wünschen und Forderungen zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis der Bundesrepublik auf das Jahressteuergesetz von 1996 verwiesen werden muß, ist dieser uns vorliegende Haushaltsentwurf im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft auch für die neuen Bundesländer zustimmungswürdig.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fürchte, der Kollege Diller hat der Sache der Opposition mit dieser Rede keinen bemerkenswerten Dienst geleistet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der SPD)


    Adolf Roth (Gießen)

    Es genügt nicht, meine Damen und Herren, vor dem Parlament das Arsenal kritischer Polemik auszuschütten,

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Das kann man wohl sagen!)

    aber jeden sachlichen Lösungsbeitrag zu verweigern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es genügt nicht, Forderungen in den Raum zu stellen; denn Forderungen allein - da sind wir oppositionserfahren genug - machen noch keine schlagkräftige Opposition. Es muß zumindest ein Schimmer von eigener Leistungsfähigkeit erkennbar sein,

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Sehr wahr!)

    sonst sind dies leere Bemühungen.
    Meine Damen und Herren, wenn der Kollege Diller zu Beginn seiner Ausführungen an einer Stelle von politischen Ladenhütern gesprochen hat - was immer er damit gemeint hat -: Ich denke, diese Rede hat bewiesen, daß man mit Ladenhütern eben keiner schwunghaften Handel betreiben kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Sie bestätigen ihn ja! Sie bestätigen ja Herrn Diller!)

    Ich hätte mir gewünscht, daß er auf einen schlimmen Vorgang wenigstens einmal in dieser Diskussion eingegangen wäre. Der Kollege Scharping hat im Zusammenhang mit der Kohlediskussion vor wenigen Wochen öffentlich mit einer Totalblockade der Bundesfinanzpolitik durch die sozialdemokratische Mehrheit des Bundesrates gedroht.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Unglaublich!)

    - Dies ist in der Tat ein unglaublicher Vorgang,

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Beschämend!)

    der in diesem Parlament so nicht stehenbleiben kann.
    Herr Kollege Scharping, dies war ein ebenso törichter wie vergeblicher Einschüchterungsversuch, aber er beweist nichts anderes, als daß die Opposition in ihrem heutigen Zustand und in ihrer heutigen Beschaffenheit weit davon entfernt ist, haushaltspolitische und finanzpolitische Verantwortung für diese Bundesrepublik pflichtgemäß wahrzunehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der SPD Detlev von Larcher [SPD]: Das können Sie beurteilen? Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da fallen einem ja die Haare aus!)

    Vor zwei Tagen titelte eine Sonntagszeitung in großer Überschrift: „Wo ist und was treibt die Opposition?" Die Frage „Wo ist und was treibt die Opposition?" stellt sich auch in dieser heutigen Haushaltsdebatte - nach dem, was wir soeben gehört haben.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage!)

    Gerade die Haushälter der SPD wissen - auch wenn sie dies öffentlich nicht gern einräumen -, daß spätestens seit dem Solidarpakt von 1993 in der gesamtstaatlichen Finanzverteilung eine Schieflage zu Lasten des Bundes eingetreten ist.
    Herr Kollege Diller, Sie wollten von dieser Schieflage ablenken, die letztlich ja auch die Probleme bestimmt, die heute bei der Bewältigung der gesamtstaatlichen Finanzlasten auf uns alle zugekommen sind. Ich hätte mir gedacht, daß Sie als Opposition und als Teil des bundespolitischen Haushaltsgesetzgebers auf diese Probleme wenigstens ansatzweise eingegangen wären.
    Zu keinem Zeitpunkt seit Beginn der Bundesrepublik hat der Deutsche Bundestag als Haushaltsgesetzgeber Probleme dieser Tragweite und Dimension zu bewältigen gehabt wie in den Jahren seit 1989. Deshalb ist es mehr als verfehlt, wenn die SPD versucht, mit unsinnigen Drohungen - wie das z. B. Herr Scharping getan hat - oder mit der Diffamierung notwendiger Kürzungsabsichten bei gleichzeitig hemmungslosen Mehrausgabeforderungen nichts anderes als politische Verwirrung zu stiften. Dies weisen wir hier zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich füge hinzu: Mit welchem Recht eigentlich, Herr Kollege Diller, wollen Sie bei diesem verantwortungslosen Gebaren hier auch noch die Höhe der staatlichen Verschuldung kritisieren, obwohl Sie zum Abbau des Haushaltsdefizits nicht den geringsten Beitrag geleistet haben, weder im Ausschuß noch hier in Ihrer Rede?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der SPD)

    Sie haben milliardenschwere Mehrforderungen auf den Tisch gelegt: bei der Arbeitsmarktpolitik, beim Wohngeld, beim BAföG, beim Wohnungsbau, bei der Energie, bei der Forschung, bei Werfthilfen und bei vielem anderen. Forderungen zu präsentieren, das ist Ihre große Seite; aber auf die Frage, wie denn bei der Höhe des gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizits der Konsolidierungsweg des Bundes in der Zukunft aussehen könnte, haben Sie jede Antwort verweigert.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, das Ergebnis der fünfwöchigen Haushaltsberatungen, in wenigen Punkten zusammengefaßt, markiert ja den deutlich erreichten Stabilisierungsfortschritt. Wir haben mit dem Budget 1995 ein wichtiges Etappenziel auf dem dornenreichen Weg der Konsolidierung erreicht, und wir lassen das auch von niemandem kleinreden.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Ihr habt euch durchgewaigelt!)


    Adolf Roth (Gießen)

    Erstens. Die Ausgaben des Bundes werden 1995 nicht wie in Hessen um 8,5 %, sondern um 1,3 % auf insgesamt 478 Milliarden DM steigen. Wir haben durch Anstrengungen im Bereich der Ausgabenbeschränkung, durch Kürzungen in allen Bereichen, nicht weniger als die Hälfte dessen reduziert, was der Bundesfinanzminister als bescheidenen Haushaltsaufwuchs in den Etat eingestellt hatte.
    Ich frage: Wo haben Sozialdemokraten in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen vergleichbare Resultate vorzuweisen?

    (Rudolf Scharping [SPD]: Schleswig-Holstein! Rheinland-Pfalz!)

    Wir haben außerdem alle Einnahmeverbesserungen, die durch die gefestigte Konjunktur und in anderen Bereichen erzielt wurden, ausnahmslos in die Absenkung der Nettokreditaufnahme gesteckt und damit einen Konsolidierungsbeitrag geleistet.
    Zweitens. Wir haben die Nettokreditaufnahme mit 49 Milliarden DM oder 1,4 % des Bruttoinlandsprodukts um fast 10 Milliarden DM unter dem zweiten, bereits abgesenkten Regierungsentwurf veranschlagt. Noch im September, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, hat der damalige SPD-Schattentroikaner Oskar Lafontaine im Scheinwerferlicht der Bundespressekonferenz eine drohende Neuverschuldung von 80 Milliarden DM an die Wand gemalt. Er hat Sondersitzungen verlangt, er hat neue Finanzpläne vom Bundesfinanzminister abgefordert. Er war sich nicht zu schade, gleichzeitig Steuersenkungen für den Fall aller Fälle in geradezu geschichtlichen Dimensionen anzukündigen.
    Er hat sich gründlich getäuscht. Wir sind mit der Neuverschuldung nicht steil nach oben gegangen, sondern die Neuverschuldung des Bundes liegt jetzt 20 Milliarden DM unter dem, was wir vor der Bundestagswahl veranschlagt hatten.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: So ist es!)

    Dies ist typisch Waigel, um einmal Ihr Wort aufzunehmen, und das ist der Ausweis einer erfolgreichen Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deshalb sage ich: Wer so mit seinen Deutungen danebenliegt, wer mit seinen eigenen Prognosen so gescheitert ist, sollte anderen nicht vorhalten, sie hätten die Übersicht verloren.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Unsere Kreditfinanzierungsquote beträgt jetzt 10,3 %. Vor zwei Jahren lag sie noch bei 14,5 %. Das ist eine durchaus hohe Marke, aber eben ein sichtbarer Fortschritt, trotz der gewaltigen Umbrüche, die wir zu bewältigen hatten. Ich frage: Warum leugnen Sie eigentlich diesen Fortschritt? Sie sollten sich doch genau an Ihre letzten Regierungsjahre 1981/82 erinnern. Damals betrug das Finanzierungsdefizit, und zwar ohne Wiedervereinigung, nicht 10 %, sondern 16 %. Es war also um mehr als ein Drittel höher als heute. Auch dies ist eine wirklich falsche und polemische Kritik.
    Drittens. Die Investitionen liegen mit gut 72 Milliarden DM oder 15 % des Gesamtetats abermals hoch, und zwar weit über der von der Verfassung gesteckten Grenze.
    Die Wirtschaftslage hat sich befestigt, der Aufschwung trägt. Die Mark ist national stabil und international die gesuchte Hartwährung. Wir schaffen Vertrauen durch Stabilität. Deshalb unterstützen wir den Bundesfinanzminister bei seiner Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Viertens. Fünf Jahre nach dem Fall der Mauer sind die bundesstaatlichen Finanzbeziehungen vollständig neu geordnet worden. In den Bundeshaushalt sind mit Jahresbeginn sämtliche Instrumente der Übergangsfinanzierung integriert worden. Von Nebenhaushalten kann jetzt also niemand mehr sprechen.

    (Dr. Barbara Höll [PDS]: Nein!)

    Die Übernahme der kommunistischen Erblasten kostet den Bund Zinserstattungen in Höhe von 30 Milliarden DM im Jahr. Ich finde es wirklich unverschämt, politisch unverschämt, den Anstieg der Zinsbelastung des Bundes, resultierend aus diesen kommunistischen Erblasten, ausgerechnet dem Bundesfinanzminister in die Schuhe schieben zu wollen

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    und dann öffentlich von einer Quittung für eine angeblich unsolide Finanzpolitik zu sprechen. Das sind Äußerungen von empörender Geschmacklosigkeit, die wir zurückweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Hans Barbier hat dieser Tage in einer Glosse in der „FAZ" geschrieben:
    Die finanzwirtschaftliche Last der deutschen Vereinigung läßt sich nicht auf dem Mond verbuchen.
    Ich habe bei Ihrer Rede streckenweise das Gefühl gehabt: Damit ist klar, wer im politischen Raum der Adressat dieser Mahnung ist.
    Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister und die Koalition brauchen sich wahrlich nicht der Tatsache zu schämen, daß wir trotz der enormen Restrukturierungslasten in Deutschland auch 1995 die währungspolitischen Stabilitätskriterien von Maastricht im vollen Umfange wahren.

    (Uwe Lühr [F.D.P.]: Sehr gut!)

    Außer Luxemburg gelingt dies zur Zeit keinem anderen Land der Europäischen Union. Für uns gehören Ausgabendisziplin und Steuerentlastungen für die Bürger zusammen. Dies ist die Architektur unserer Finanzpolitik.

    (Dr. Barbara 11611 [PDS]: Schwindel ist das!)

    Fünftens. Der Personalabbau in den Bundesbehörden wird auch in diesem Jahr konsequent fortgesetzt und quantitativ sogar noch verstärkt. 1,5 % - das entspricht 4 200 Personalstellen - senken den Jahresaufwand um immerhin 250 Millionen DM. Jeder, der

    Adolf Roth (Gießen)

    sich verantwortlich damit beschäftigt, weiß, daß hier alle staatlichen Ebenen gefordert sind. 1993, bei den Solidarpaktgesprächen, haben wir bei den SPD-regierten Ländern - damals hat noch Herr Scharping dort Verantwortung getragen - vergeblich entsprechende Sparbemühungen im Personalbereich reklamiert. Damals schallte uns entgegen: „Nicht machbar! ", „Nicht verhandelbar! ", „Kein Thema für uns!".
    Meine Damen und Herren, es ist wenig vertrauenerweckend, wenn die SPD, wie jetzt in Hessen oder vordem in Niedersachsen, erst nach Landtagswahlen Offenbarungseide im Bereich ihrer Haushaltspolitik leistet und zu politischen Vollbremsungen schreitet, mit denen die Wahrheit ihrer Mißwirtschaft aufgedeckt wird. Der vernichtende Bericht des hessischen Landesrechnungshofes zum Zustand der Landesfinanzen in Hessen macht deutlich

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie heißt denn der Präsident? Welcher Partei gehört er denn an?)

    - Herr Fischer, Sie sind ja vor diesem Termin nach Bonn geflüchtet; Sie sollten sich in diesem Hause mit Scham bedecken -,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ärgern Sie sich doch nicht so! Verloren ist verloren!)

    wie desolat der Zustand sozialdemokratischer und grüner Finanzpolitik in Hessen gewesen ist und welcher Korrekturbedarf heute entstanden ist.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da kann ich nur lachen!)

    Meine Damen und Herren, die vielgerühmte „ Gegengewichtspolitik " der SPD zu Bonn ist damit kläglich zusammengebrochen.
    Die Bonner Koalition von CDU/CSU und F.D.P. besteht in dieser Woche exakt zwölfeinhalb Jahre, eine bemerkenswerte und insgesamt erfolgreiche Wegstrecke.

    (Uwe Lühr [F.D.P.]: Sehr gut!)

    Haushaltspolitik in einem schwierigen Umfeld zu gestalten gehört seit Anfang an zu den Stärken unseres Bündnisses. Das wird auch in den 90er Jahren, hoffe ich, so bleiben.
    Ich will mich ausdrücklich bei Wolfgang Weng, unserem Partner in der F.D.P., und seinen Kollegen für die gute Zusammenarbeit, das bewährte Miteinander, bedanken. Wir haben auch in dieser Haushaltsrunde operative Geschlossenheit beweisen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Da freut er sich!)

    In den Dank einschließen will ich gerne auch den neuen Ausschußvorsitzenden, Helmut Wieczorek, und Karl Diller als neuen Obmann der SPD wie im übrigen alle Kolleginnen und Kollegen im Ausschuß, von denen ja viele neu aufgerückt sind.
    Es heißt, im Haushaltsausschuß sei im allgemeinen miteinander gut Kirschen essen. Das stimmt, und darauf sind wir auch ein bißchen stolz.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Die Kirschen werden immer kleiner!)

    Es ist wichtig, daß wir uns bei dieser schwierigen Arbeit eine sachliche Atmosphäre bewahren.
    Aber noch wichtiger als die Form der Zusammenarbeit ist, daß wir uns gemeinsam klare Ziele stekken. Deshalb haben CDU/CSU und F.D.P. für die gesamte Legislaturperiode ihr finanzpolitisches Moratorium verlängert. Wir haben uns damit politisch festgelegt, keine ausgabewirksamen Vorhaben ohne dauerhaft gleichwertige Einsparungen zu beginnen. Mehr noch: Wir wollen durch unsere „Strategie 2000", d. h. durch nachhaltig unterproportionale Ausgabenzuwächse, die Staatsquote und die Belastung der Bürger mit Steuern und Abgaben wieder auf den Stand von 1989/90 zurückführen.
    Die Bundesbank bestätigt und anerkennt in ihren jüngsten Berichten die Vorreiterrolle des Bundes beim Defizitabbau. In der Tat sind die gelungene Verzahnung der innerstaatlichen Finanzbeziehungen wie auch die Entlastung der Finanzmärkte gegenüber dem Vorjahr um nicht weniger als 60 Milliarden DM ein ermutigendes Signal für unsere Wirtschaft.
    Die neuen Länder werden in diesem Jahr erstmals nicht mehr Zuwendungsempfänger sein, sondern nehmen gleichberechtigt am bundesstaatlichen Finanzausgleich teil. Für ihre Finanzausstattung überträgt der Bund Steueranteile, gibt Sonderzuweisungen und leistet Investitionshilfen von zusammen 41 Milliarden DM. Jede vierte Mark des Bundeshaushalts wird 1995 für Ostdeutschland aufgewendet. Für die SPD ist dieses solidarische Einstehen offenbar kaum noch der Rede wert. Um so deutlicher muß es hier im Plenum des Deutschen Bundestages ausgesprochen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In einem Gemeinschaftsgutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Berlin, des Kieler Instituts für Weltwirtschaft und des Wirtschaftsforschungsinstituts in Halle wird die bisher beispiellose Aufbauleistung gewürdigt. Die Institute rechnen bis zum Jahre 2000 mit einem mindestens fünfzigprozentigen Wachstum des ostdeutschen Kapitalstocks und des Produktionspotentials. Anhaltende Produktionszuwächse von jährlich bis zu 10 % wären dann weiterhin möglich. Die Schwarzmalerei der Opposition greift also auch hier ins Leere.
    Die Bundesregierung unternimmt alles Erforderliche, um den gezielten Einsatz der Förderinstrumente zu gewährleisten. Aber in einem föderalen Staat sind nun einmal die Gewichte verteilt und die Verantwortlichkeiten gegeneinander abgegrenzt. Die letzte Entscheidung über die Verwendung regional- und strukturpolitischer Fördermittel bleibt damit bei den Ländern. Sie haben die Verantwortung, Mißbrauchsversuchen entgegenzutreten, weil dies auch die be-

    Adolf Roth (Gießen)

    ste Waffe gegen aufkeimende Entsolidarisierung in Deutschland ist - wie kürzlich die Gott sei Dank in sich zusammengebrochene Verschwendungsdebatte einmal mehr unter Beweis gestellt hat.
    Die Finanztransfers nach Ostdeutschland und die abermalige Rekordhöhe des Sozialhaushalts von 129 Milliarden DM prägen in erheblichem Umfang die Struktur unseres Bundeshaushalts. Sie weisen aber zugleich auch auf Grenzen hin. Nicht von ungefähr warnen die Bundesbank und ihr Präsident Tietmeyer vor der gefährlichen Eigendynamik steigender Zinslasten und einer daraus erwachsenden Schuldenfalle.
    Wenn man Ausgabenzuwächse und Defizite beschränken will, darf sich die Dynamik der Sozial- und Transferleistungen nicht wie bisher weiter fortsetzen. In den 25 Jahren seit 1970 ist die am Bruttoinlandsprodukt gemessene Sozialleistungsquote von 26 auf immerhin 34 % gestiegen, die damit korrespondierende Beitragsquote allerdings auch von 12 auf 19 %.
    Da die als Zahler Belasteten vorteilssuchend danach trachten, sich im Rahmen der Umverteilung finanziell zu entlasten, wächst die Begünstigung auch von Nichtbedürftigen unaufhaltsam weiter. Der amerikanische Ökonom James Buchanan hat es als „Samariter-Dilemma" bezeichnet, wenn mit dem Anstieg staatlicher Transferzahlungen die gemessene Zahl der Bedürftigen ständig zunimmt.
    Deshalb ist es Unsinn, wenn die Spar- und Konsolidierungspolitik gedankenlos als sozialer Kahlschlag diffamiert wird. Niemand hat ein größeres Interesse an einer soliden Finanzwirtschaft als die sozial Schwachen und die Arbeitnehmer in unserem Lande. Denn davon hängt die Sicherheit der Arbeitsplätze und unserer Sozialsysteme ab.
    Unsere Überzeugung bleibt: Wenn wir als Haushaltsgesetzgeber solide Arbeit leisten und den Griff des Staates auf die Einkommen der Bürger lockern helfen, leisten wir damit zugleich die produktivste Form richtig verstandener Verteilungspolitik.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, trotz aller Sparzwänge haben wir im Bundeshaushalt 1995 die richtigen Akzente gesetzt, um die auf Innovation und Zukunftsfähigkeit ausgerichtete Politik des Bundes voranzubringen. Wir haben den Forschungsaufwand verstärkt, wir haben die Synergieeffekte durch die Zusammenlegung der bisherigen Ressorts in eine verstärkte Forschung umgesetzt. Wir werden damit unseren Beitrag leisten, neue Produkte auf den Markt zu bringen und Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.
    Die Frage stellt sich eigentlich nicht, ob es sich bei diesem Wissenschaftstransfer um eine Holschuld der Wirtschaft oder um eine Bringschuld der Wissenschaft handelt. Beide müssen zusammenwirken, um den Standort Deutschland attraktiv und fit zu machen.
    Die Höhe der Verteidigungsausgaben kann mit 47,9 Milliarden DM gehalten werden. Dies festigt die Planungssicherheit der Bundeswehr. Gleichzeitig haben wir erhebliche Umschichtungen zugunsten der militärischen Ausrüstung vorgenommen. Die gestiegene Investitionsquote von insgesamt 22,4 % trägt dem veränderten internationalen Anforderungsprofil der Bundeswehr Rechnung. Aber diese Investitionsquote muß weiter steigen.
    Meine Damen und Herren, trotz der bisher erreichten Konsolidierungsfortschritte müssen wir am restriktiven Ausgabenkurs festhalten. Wir brauchen auch für die nächsten Jahre unsere Strategie einer parallelen Absenkung von Haushaltsdefiziten, Staatsquote und Steuerlasten. Der Konsolidierungsgewinn wird ausreichen, um die für 1996 geplanten steuer- und familienpolitischen Entlastungen von 23 Milliarden DM - unter Einrechnung des wegfallenden Kohlepfennigs sind es sogar etwa 30 Milliarden DM - abzusichern,
    Die Vereinbarungen der Koalition zur Kohlefinanzierung und zur Finanzplanung und auch die angepeilte Obergrenze von 60 Milliarden DM bei der Nettokreditaufnahme zwingen uns in diesem Jahr noch zu schwierigen finanzpolitischen Entscheidungen und zu schmerzhaften Sparmaßnahmen für die betroffenen Ressorts. Wir werden dem nicht ausweichen. Aber ich füge hinzu: Die Schlagzeile „Rotstift regiert weiter" ist für unsere Bürger keineswegs eine Schreckensmeldung.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Im Gegenteil!)

    Hier gilt der Satz: Dem Sparstift opfern heißt im Ergebnis dem Steuerzahler geben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. Ina Albowitz [F.D.P.]: Und Zukunft gestalten!)

    Mit dieser Politik wird auch die Mitverantwortung des Bundesrates klar zutage treten, insbesondere bei der schrittweisen Absenkung des Solidaritätszuschlags.
    Mit der wirtschaftlichen Normalisierung in den neuen Ländern wird die Nachjustierung beim vertikalen Finanzausgleich unausweichlich. Ich fordere die Länder und Gemeinden, aber auch die SPD in diesem Hause auf, mit uns gemeinsam der Beschränkung von Ausgaben absolute Priorität einzuräumen. Wenn selbst die GRÜNEN, wie in Hessen, als Sparkommissare aufzutrumpfen beginnen

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Na, bei diesen Sozialdemokraten ist das auch notwendig!)

    und dort Herrn Eichel öffentlich vorführen, wird es höchste Zeit, daß auch bei der SPD in Bonn endlich der Spargroschen fällt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ein Mitglied des Sachverständigenrates, Professor Peffekoven, hat heute morgen den Konsolidierungsbeitrag des Bundeshaushalts 1995 bestätigt und gesagt: Dieser Haushalt paßt in die derzeitige Situation. - Meine Damen und Herren, dies ermutigt uns, auch

    Adolf Roth (Gießen)

    in diesem Jahr und in der weiteren Zukunft am Sparkurs der Koalition konsequent festzuhalten. Diese Politik ist zukunftsorientiert und ohne politische Alternative.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Es spricht jetzt der Abgeordnete Oswald Metzger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oswald Metzger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Roth, Sie haben soeben Aussagen des Sachverständigen Peffekoven aus dem „Morgenmagazin" von heute früh zitiert. Dabei haben Sie aber einen Satz vergessen, den er ebenfalls gesagt hat, nämlich den letzten, daß sich die Konsolidierungspolitik dieser Regierung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung 1996 bewähren muß, weil erst dann die tatsächlichen Risiken deutlich werden, um die es geht.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Ina Albowitz [F.D.P.]: Da hat er auch recht! Aber wir reden jetzt über 1995!)

    Wir sind in einer Situation, in der wir mit Milliardenbeträgen jonglieren, und zwar von links bis rechts in diesem Haus,

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Wir jonglieren nicht!)

    während für die Bürgerinnen und Bürger draußen im Land ganz andere Dinge eine Rolle spielen, nämlich die Auswirkungen dieser Politik, über die wir hier diskutieren. Heute steht in Pressemeldungen, wie Sie die Konsolidierungspolitik für 1996 vorbereiten wollen, nämlich mit Maßnahmen zum Sozialabbau, die Seehofer praktisch in seinem Küchenschrank hat und die er jetzt vor den Haushaltsberatungen natürlich nicht präsentieren wollte, weil es nicht zu den Konsolidierungserfolgen dieses Haushalts gepaßt hätte. Sonst wäre deutlich geworden, welch großen Bedarf Sie haben, um die Finanzen ab 1996 in Ordnung zu bringen. Wir sind in einem Zangengriff der Schuldenfalle, wie es der Kollege Diller gesagt hat, der Zinsfalle; aber wir haben auch einen öffentlichen Apparat zu finanzieren, der - das weiß jeder Haushaltspolitiker - in den nächsten zehn Jahren nicht im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten sein wird. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von einem schlankeren Staat; wir sagen „effiziente Verwaltung", „demokratische Verwaltung"; wir sagen nicht „Rasenmähersparpolitik", sondern wir wollen die Sparpolitik in den Bereichen zuspitzen, in denen man wirklich Personal strukturell einsparen kann, um mit den so frei gewordenen Mitteln im sozialen und ökologischen Bereich die nötigen Zuwächse zu finanzieren.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ina Albowitz [F.D.P.]: Wasser reden und Wein trinken!)

    Ich spreche nun die Haushaltspolitiker der Koalitionsfraktionen an. Sie wurden in den letzten drei oder vier Wochen, vor allem in der Endphase der Erstellung dieses Haushalts, von ihrer eigenen Regierung manchmal buchstäblich vorgeführt.

    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Nur einmal! Lachen und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Lachen bei der SPD und der PDS)

    - Kollege Fuchtel legt Wert darauf, daß sie nur einmal vorgeführt wurden. - Ich nenne jetzt einen Fall; er ist sogar dokumentarisch belegt: Im Antrag der Haushaltsgruppe der Unionsfraktion und der F.D.P., in allen Ressorts pauschal 1,5 % zu sparen, stand ein bemerkenswerter zusätzlicher Satz, den ich dem Finanzminister gerne ins Stammbuch schreibe und der auch für das Parlament außerordentlich interessant ist, weil er zeigt, daß auch die Regierung weiß, wo der Aufwuchs praktisch stattgefunden hat. Es war der Satz, daß der Personalzuwachs in den Besoldungsgruppen A 16 bis B 9 - also nicht bis B 11, bis zu den Staatssekretären; die wurden unterschlagen - dieses Jahr um 25 % im Stellenplan abzubauen sei.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Wie in Hessen, Herr Kollege!)

    Es geht also auch um die Häuptlinge und nicht nur um die Indianer. Dann kam der entscheidende Punkt: Die Haushaltsgruppe wurde von der eigenen Ministerialbürokratie zurückgepfiffen,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! Zuruf von der CDU/CSU: So gut können die gar nicht pfeif en!)

    weil sie Sorge hatte, daß es ihr an die Substanz geht. Pfiffige Opposition zeigt sich darin, daß man als grüne Haushaltsgruppe den Koalitionsantrag im Haushaltsausschuß aufgreift

    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Michael Glos [CDU/CSU]: So etwas Pfiffiges!)

    und plötzlich feststellt, daß die Koalitionshaushälter zwar applaudieren, wenn man den Antrag stellt, aber dann doch der Koalitionsdisziplin entsprechend abstimmen. Das ist immerhin bemerkenswert.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist Konsolidierungspolitik!)

    Ein zweiter Punkt - es war ohnehin ein ungewöhnlicher Vorgang -: Der Kollege Wieczorek als Vorsitzender des Haushaltsausschusses hat sich die Sprachregelung abgerungen, die gestrige Sitzung als „außerplanmäßige Sitzung", aber nicht als „Sondersitzung" zu deklarieren. Entscheidend ist: Die Sitzung kam deshalb zustande, weil die Regierung die eigenen Koalitionsfraktionen plötzlich alt aussehen ließ, weil sie Forderungen für den Haushalt nachschob. Es ging nicht nur um Kokskohle, sondern auch um eine Fülle anderer Anträge, die wir als Haushaltsausschuß gestern informell zur Kenntnis

    Oswald Metzger
    genommen haben. Ich nenne hier nur das Stichwort „Mauergrundstücke". Hätten Sie, Herr Waigel, gestern die Debatte im Haushaltsausschuß erlebt, wie praktisch ohne Absprache in den Fraktionen auch das Koalitionslager unisono Kritik an dem geplanten Haushaltsvermerk vorgetragen hat, dann hätten Ihnen die Ohren geklungen. Wenn ich die Presse, die Agenturmeldungen heute früh richtig lese, haben Sie die Geschichte mit den Mauergrundstücken zurückgezogen. Ich hatte das gestern dem BMF empfohlen. Ich freue mich, daß Sie diese Anregung eines kleinen Oppositionsabgeordneten aufgegriffen haben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meister des Rückzugs!)

    Auf diese Art und Weise sieht man, daß der Aktionismus im BMF der Tatsache geschuldet wird, daß die Nerven blank liegen. Ich erinnere an Ihren Auftritt im Haushaltsausschuß vor knapp drei Wochen, Herr Finanzminister. Ich habe mir in der Generaldebatte erlaubt - so ist meine Außenwahrnehmung als Kommunalpolitiker, der das aus der Sicht des Landes Baden-Württemberg erlebt hat, als es um das Föderale Konsolidierungsprogramm ging -, Ihnen, Herr Finanzminister, vorzuhalten, daß Sie sich damals - vielleicht aus nicht ganz lauteren Gründen; es war ja damals Ministerpräsidentenwahl in Bayern, die Nachfolge von Streibl stand an - über den Tisch hätten ziehen lassen. Da sind Sie hochgegangen wie eine Rakete. Ich habe gedacht, bei einem Profi wie Ihnen gibt es das nicht.

    (Lachen des Bundesministers Dr. Theodor Waigel)

    Das Kollegium hat insgesamt gedacht: Jetzt macht der Waigel den Metzger klein. Wir saßen dann aber abends noch eine Stunde zusammen, als der Haushaltsausschuß fertig war; der Waigel ist ja ein umgänglicher Mensch. Faktisch ist es aber so, daß er das, was er im Föderalen Konsolidierungsprogramm den Bundesländern an Umsatzsteuerverteilung zugestanden hat, jetzt kassieren will. Kollegen der SPD haben heute früh schon darauf hingewiesen. Sie haben gesagt: Jetzt wird plötzlich das Faß wieder aufgemacht. Alle Vorschläge aus dem BMF, die in den letzten Wochen auf den Tisch kamen, haben die eine Stoßrichtung:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt unterstützt er Waigel!)

    die Bundesländer wieder an den Verhandlungstisch zu zwingen, um ihnen die Mittel abzuhandeln, die der Finanzminister ihnen vor drei Jahren im Rahmen einer Vereinbarung großzügig zugestanden hat.

    (Brigitte Baumeister [CDU/CSU]: So großzügig war das auch nicht!)

    Zum Jahressteuergesetz wird es am Freitag eine Debatte geben. Da möchte ich mich nicht inhaltlich einmischen. Ich sage nur: Finanzamtslösung beim Kindergeld à la Theo Waigel heißt nichts anderes, als die Bundesländer an den Verhandlungstisch zu zwingen. Denn er präsentiert ihnen ein Konzept, das zwar in der Tendenz, was das Kindergeld betrifft, ein Fortschritt ist - das muß man als Opposition auch einmal sagen -,

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Ina Albowitz [F.D.P.]: Wir reden doch vom schlanken Staat!)

    bei dem aber die Länder und Gemeinden Lohn- und Einkommensteueranteile verlieren. Diese Lösungen, die das BMF macht, sind strategisch natürlich durchsichtig.
    Von daher verstehe ich auch, daß es derzeit fast eine Verrottung des föderalen Gesamtverantwortungsprinzips in unserer Gesellschaft gibt. Es geht auf Dauer nicht, daß ein Flügel dieses Hauses mit der Bundesratsmehrheit den anderen Flügel blockiert. Das wäre genauso wie wenn sich in der Kommunalpolitik Gemeindeparlament und Bürgermeister ständig lahmlegen würden. Das funktioniert nicht!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/ CSU]: Das wäre doch wie in Frankfurt! Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Da muß Herr Scharping noch dazulernen!)

    Die Zwischenrufer aus dem Regierungslager haben anfangs immer gemeint, man solle Konzepte auf den Tisch bringen.

    (Uwe Lühr [F.D.P.]: Ja, das erwarten wir auch!)

    Ich habe Ihnen bereits bei der ersten Lesung im Dezember hier und auch im Haushaltsausschuß in diversen Redebeiträgen solche Konzepte vorgetragen, begleitet vom zustimmenden Kopfnicken Ihrer Fraktionskollegen. Haushälter können durchaus zuhören und Konzepte durchschauen, wenn sie einen richtigen Ansatz haben.
    Wir stehen vor der Aufgabe, eine Effizienzoffensive in der öffentlichen Verwaltung zu realisieren, die da heißt: Aufgabenkritik, Rationalisierungsmöglichkeiten in der Verwaltung nutzen, aber eben nicht mit dem Rasenmäher der einheitlichen Kürzung, sondern mit einer Umschichtung auf andere Bereiche und mit einer Ausnutzung der natürlichen Fluktuation.
    Sie wissen, daß es eine Fülle von Großstädten gibt, die unter dem Druck der kommunalen Finanzsituation auf diesem Weg wesentlich weiter sind als der Bund. Auch die Bundesländer sind natürlich extrem in der Bredouille. Sie, Herr Kollege Roth, haben das rot-grüne Hessen genannt und versucht, GRÜNE gegen Sozialdemokraten deshalb auszuspielen, weil wir gestern in der Pressekonferenz den Sparanteil im hessischen Landeshaushalt präsentieren konnten. Richtig und bemerkenswert ist, daß wir auf jeden Fall weniger Zwänge haben, weil wir weniger „besitzstandsverortet" sind. Wir haben als GRÜNE eine wesentlich stärkere Möglichkeit, flexibel auf den zu-

    Oswald Metzger
    künftigen Entwicklungsdruck zu reagieren. Das nehme ich als GRÜNER für mich in Anspruch.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Was nützt uns, Kollegin Albowitz, das Beharren auf jedem öffentlichen Arbeitsplatz, wenn unter dem Strich die Investitionsquote der öffentlichen Hände gegen Null geht und für soziale und ökologische Umbaumaßnahmen in dieser Republik kein Spielraum mehr besteht?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. Ina Albowitz [F.D.P.]: Da haben Sie völlig recht! Aber Sie haben es vorher ausgegeben!)

    Wir sind in einer Situation, in der wir unbotmäßige Gedanken denken müssen, ohne daß man sofort von Tabubruch redet. Das sage ich auch an die eigene Adresse. Aber ich denke, sehr viele von uns haben gelernt, daß man damit umgehen muß; denn im Gegensatz zu vielen hier im Plenum ist unsere Partei inzwischen die Kommunalpartei schlechthin in Deutschland.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Ist das nicht herrlich?!)

    Wir haben 10 000 Mandate und 40 000 Mitglieder. Eine solche kommunale Vertretungsquote von 25 % müssen andere Parteien erst einmal aufbieten. Das heißt: Wir wissen, wo die Musik spielt in dieser Republik.
    Nehmen Sie z. B. die Gewerbekapitalsteuerdiskussion: Ich war letzten Montag - wie die Kollegen aller Fraktionen - im Kammerbezirk Ulm bei der IHK eingeladen. Die IHK singt natürlich das Hohelied der Unternehmensteuerreform, lobt Theo Waigel. Aber wenn man den Leuten sagt, wie die Gegenfinanzierung der Regierungskoalition aussieht, werden sie doch nachdenklich. Diese sieht nämlich vor, die Möglichkeiten der degressiven Abschreibung zu reduzieren. Dadurch werden aber gerade die mittelständischen Handwerker und Kleinbetriebe belastet. Die sollen dann die Entlastung der Großbetriebe, der kapitalintensiven Betriebe bezahlen. Was ist das für ein Konzept? Wo ist hier eine Unternehmensteuerreform für die kleinen und mittleren Betriebe?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich denke, dieses Ihr Vorhaben können Sie spätestens im Vermittlungsausschuß beerdigen, wenn diese Seite des Hauses und natürlich die Bundesländer Standpunkt zeigen und konsequent bleiben. Das erhoffe ich mir natürlich auch als Kommunalpolitiker für die Kommunen Deutschlands: daß hier die Bremse gezogen wird.
    Wenn Sie sich die Haushaltsrisiken des nächsten Jahres ansehen, dann sehen Sie, daß es eben nicht nur die 30 Milliarden DM sind, die der Finanzminister selber einräumt, sondern - der Kollege Diller hat es absolut korrekt gesagt, ohne schwarzzumalen - daß es in die Richtung von 40 Milliarden DM geht. Wenn das Seehofer-Marterpapier dann auf dem Tisch liegt - heute liest man es nur in verschiedenen
    Presseorganen auszugsweise -, dann wird eine heftige Diskussion im Land entstehen, weil die Leute die Belastung durch Steuern, Sozialabgaben, Erhöhung kommunaler Beiträge und Gebühren nicht mehr aushalten und nicht mehr finanzieren können. Darum geht es doch schlußendlich: um die Vermittlung dieser politischen Position in ihren Auswirkungen nach außen.

    (Rudolf Scharping [SPD]: Ihre Hoffnung wird erfüllt werden!)

    Wenn Sie die Debatte hier im Haus hören, so ist sie für mich als GRÜNEN manchmal gespenstig. Es ist auf Grund des jahrelangen Stillstandes im sozialpolitischen Bereich - bei Wohngeld, BAföG und dergleichen - ein wahnsinniger Erwartungsdruck vorhanden. Wenn Sie diese sozialpolitischen „Wohltaten" tatsächlich realisieren wollen, besteht die Gefahr, daß die Realisierung so läuft, daß es der Bundeshaushalt zwar macht, aber die Kosten nach unten, auf andere Ebenen weggedrückt werden und die gleichen Leute, die ein bißchen mehr BAföG und ein bißchen mehr Wohngeld bekommen, plötzlich auf der kommunalen Ebene um 10 bis 15 % höhere Gebühren und Abgaben zahlen.
    Auch Mietpreissteigerungen kommen ja immer als Reflex auf Wohngelderhöhung, weil man durch Wohngelderhöhung die Systematik der Spekulation und der Preissteigerungen im Wohnbereich verändert. Das ist ein Zusammenhang, den jeder von uns kennt, weil dann plötzlich Wohnungen für eine Gruppe von Leuten erschwinglich werden, die sie vorher nicht bezahlen konnten. Dann steigt das Mietniveau in bestimmten Quartieren; das ist auch bekannt.
    So differenziert wird aber in diesem Parlament nach meiner Wahrnehmung leider außerordentlich selten diskutiert.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P.)

    Diese Diskussion läuft leider nur in Ausschüssen oder unter Fachpolitikern.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nicht immer, aber manchmal!)

    Und wir sind inzwischen außerordentlich unredlich als Politiker, wenn wir die parlamentarische Bühne nur noch für die Darstellung undifferenzierter Schwarz-Weiß-Konzepte verwenden.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich möchte jetzt noch an eine Geschichte erinnern - ein Stück Oppositionszuschlag müssen Sie natürlich auch einem Haushälter der GRÜNEN gönnen -,

    (Heiterkeit)

    die Sie heute um 12.30 Uhr zur namentlichen Abstimmung im Parlament versammelt - hoffentlich relativ viele. Es geht darum, an einem konkreten Beispiel klarzumachen, daß dieser Bundestag beim

    Oswald Metzger
    Schwangeren- und Familienhilfegesetz vor drei Jahren von links bis rechts - ich möchte sagen, auf dieser Seite hundertfünfzigprozentig - den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz festgeschrieben, aber die Gegenfinanzierung vergessen hat.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Nein!)

    Die Gegenfinanzierung lief nämlich nicht, Kollegin Albowitz, über die siebenprozentige Umsatzsteuerverteilung. Sie wurde in der Debatte zwar versprochen - ich habe die Protokolle in Vorbereitung auf heute nachgelesen -, aber nie realistisch. Das ist ein Faktum.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es!)

    Sie wissen genau, was Familienministerin Nolte in den letzten zwei Wochen dazu gesagt hat. Die Bundesländer sagen: Wenn wir die Finanzierung auf Grund der Haushaltslage sicherstellen sollen, läßt uns der Bund damit im Regen stehen. Wir können nicht den Hilfsausputzer für die fehlenden Mittel des Bundes spielen. Also muß der Bund hier Kohle rüber-rücken, und zwar ordentlich!
    Nach Angaben des Deutschen Städtetages - ich habe die Zahlen vom Februar auf dem Tisch - fehlen für die Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen in Westdeutschland 600 000 Kindergartenplätze. Diese 600 000 Plätze kosten - das weiß ich auch wieder als Praktiker -, je nachdem, ob man einen normalen Regelkindergarten mit fünfstündiger Öffnungszeit oder eine Tagesstätte baut, zwischen 25 000 DM und 48 000 DM pro Kind. Deshalb hat der Deutsche Städtetag einen Mittelwert von 35 000 DM pro Kindergartenplatz angenommen. Das ist summa summarum ein Investitionsvolumen von sage und schreibe 21 Milliarden DM, die wir politisch nach unten wegdrücken. Wenn die Eltern dagegen klagen, ist der Adressat ja die Kommune und nicht der Bund. Und das ist unlauter. Eine solche Politik kann weder ein Lebensschützer noch ein vernünftiger Politiker mittragen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Unterscheidung ist sehr gut!)

    Deshalb haben wir heute einen Antrag vorgelegt, der mit einer Gegenfinanzierung aus dem Einzelplan 14, Verteidigungshaushalt,

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Darauf haben wir gewartet!)

    versucht, ein Investitionsprogramm für die Kommunen hinzubringen, das wir 1995, 1996 und 1997 finanzieren wollen. Wir wollen 25 % der Investitionskosten, also des Betrages von 35 000 DM pro Kindergartenplatz, über ein Sonderleistungsprogramm des Bundes im Einzelplan 60, Allgemeine Finanzverwaltung, finanzieren: 1,75 Milliarden DM pro Jahr, über 5 Milliarden DM in den nächsten drei Jahren, um den Kommunen eine Hilfe zu geben, damit die Pflichtaufgabe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, erledigt werden kann.
    Die Gegenfinanzierung - da knüpfe ich an das an, was der Kollege Roth en passant gesagt hat - im Rüstungshaushalt rührt daher, daß der Investitionsanteil im Verteidigungshaushalt steigt. Wir stehen vor der Situation, daß wir eine Plafondierung auf etwa 48 Milliarden DM auf Grund der Beschlußlage der Koalition haben, die die SPD - wir nicht - auch in diesem Punkt mitträgt - und das bei einem Personalabbau der Bundeswehr in erheblicher Größenordnung, was unter normalen Umständen auch zu einer deutlichen Reduzierung des Kostenansatzes führen würde. Nein, das wird natürlich nicht gemacht, sondern der Investitionsanteil im Rüstungshaushalt wird, weil die Ausgangssumme von 48 Milliarden DM festgeschrieben ist, auf bis zu 30 % in den nächsten drei Jahren steigen, so daß Rüstungsspielzeug auf Teufel komm raus gekauft werden kann.
    Die ganzen Großprojekte sind gesellschaftspolitisch umstritten, nicht nur der Jäger 90 oder heute Eurofighter, sondern auch U-Boote, Fregatten und was es alles an Bezeichnungen im Einzelplan 14 gibt. UHU heißt einer dieser Hubschrauber; den haben Sie umbenannt, weil er merkwürdige Assoziationen geweckt hat. Jetzt heißt er Tiger. Diese Bezeichnung ist nicht wesentlich sympathischer. Das Stück kostet 65 Millionen DM und man will davon 70 kaufen. Das sind alleine schon fast 5 Milliarden DM hierfür. Da muß man einfach sagen: Das sind Summen, für die ich mir als Kommunalpolitiker eine sinnvollere Verwendung vorstellen kann. Die Frage ist: 5 Milliarden DM für Hubschrauber mit der Bezeichnung UHU oder Tiger oder 5 Milliarden DM Investitionsprogramm für die Schaffung von zusätzlich Hunderttausenden von Kindergärtenplätzen in Deutschland.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Das ist doch ein Wort, das die Bundesregierung sagen könnte, das draußen ankäme. Dann würde man sehen: Die machen nicht nur Gesetze, die uns belasten, sondern die machen Gesetze, bei denen sie auch an die Finanzierung denken. Auch das ist föderales Gedankengut, daß nicht der eine zu Lasten des anderen Politik macht.
    Ich mache jetzt an diesem Punkt Schluß. Ich möchte mich bei dem Gremium des Haushaltsausschusses bedanken, da ich als Oppositionspolitiker den Eindruck hatte, daß sehr wohl - quer durch die Fraktionen - Sachdiskussionen laufen, daß man unterschiedliche Positionen austragen kann, selbst mit einem Finanzminister, und daß in diesem Ausschuß der Versuch spürbar ist, die Konsolidierungspolitik, und zwar nicht nur vordergründig mit dem Rasenmäher, vielleicht doch anzugehen. Nach meinem Eindruck ist diese Erkenntnis im Haushaltsausschuß verbreitet. In diesem Sinne: eine gute Beratung!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der F.D.P. und der PDS)