Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Sehr geehrte Herren! Frau Eichstädt-Bohlig, wir werden auf Ihren Vorschlag nicht eingehen
und Ihren Gesetzentwurf nicht zur Grundlage der Beratungen machen; denn er bietet keine Hilfestellungen bei der schwierigen Herausforderung, die wir zu bewältigen haben, nämlich in einem überschaubaren Zeitraum von dem jetzt noch preisgebundenen, dirigistischen Mietensystem, wie wir es in der ehemaligen DDR hatten - wir haben versucht, es zunächst einmal durch Grundmietenverordnungen etwas umzubauen,
ohne wirkliche Änderungen vornehmen zu können -, wegzukommen hin zu einem Vergleichsmietensystem, das erst dann, wenn die Übergangsfrist abgelaufen sein wird, nämlich in zweieinhalb Jahren, zu greifen beginnt: im Jahre sieben nach der deutschen Einheit. Ich glaube nicht, daß man hier den Vorwurf erheben kann, wir versuchten nicht wirklich - gerade auch unter Berücksichtigung des so wichtigen Zeitfaktors -, einen Interessenausgleich vorzunehmen, und zwar einen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Mieter und den berechtigten Interessen der Vermieter. Letztere sind in Ihren Ausführungen überhaupt nicht aufgetaucht.
Sie sagen: Wir brauchen eine funktionierende Wohnungswirtschaft mit gut ausgestattetem Wohnungsbestand, am besten zu ganz niedrigen Preisen. Aber dann muß man auch einmal die Frage beantworten: Wie wollen wir das erreichen?
Das geht nur, wenn wir eine funktionierende Wohnungswirtschaft, auch und gerade in den neuen Bundesländern, haben und alles tun, um nicht Blockaden, Hemmnisse aufzubauen, die letztendlich dazu führen können, daß es zu einem Investitionsstopp kommt; daß gerade die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen und Modernisierungsmaßnahmen, die wir alle gemeinsam wollen, nicht vorgenommen werden; daß es damit teilweise bei dem qualitativ sehr schlechten Wohnungsbestand, den wir in den neuen Bundesländern - regional unterschiedlich - haben, noch längere Zeit bleibt. Daß wir beides nicht gleichzeitig bekommen, ein Mietenniveau, wie es jetzt ist, und Modernisierung und damit besser ausgestattete Wohnungen, das wissen wir, glaube ich, alle.
Deshalb ist die Zielvorgabe, in einem angemessenen Zeitraum zum Vergleichsmietensystem zu kommen, richtig. Richtig ist auch die Zielvorgabe, mit möglichst wenig Folterinstrumenten zu arbeiten, die zum einen natürlich die Mieter betreffen können. Dazu gehören gerade auch Kappungen; denn Kappungen sind nicht nur etwas Mieterfreundliches, sondern sie verleiten gerade dazu, daß man sie voll ausschöpft - zu Lasten des Mieters.
Auf der anderen Seite führen Kappungen natürlich dazu, daß die Vermieter im Zweifel nicht das tun, was sie aus ihrer Verantwortung - und nicht aus Gründen der Ausbeutung - für den Wohnungsbestand wirklich tun wollen.
Wenn wir ehrlich sind, müssen wir diese beiden berechtigten Anliegen berücksichtigen. Das tut der Entwurf der Koalitionsfraktionen, auch wenn man von einzelnen Lösungsansätzen bestimmt unterschiedlich begeistert sein kann.
Die Mieterhöhungen, die hier vorgesehen sind, sind wirklich moderat; denn es sind maximal 15 % ab Juli 1995 bzw. ab dem - rechtzeitigen - Inkrafttreten des Gesetzes. Aber da auch wir nach der Ausstattung und dem Zustand der Wohnung differenzieren, kann es sein, daß gerade bei Wohnungen ohne Bad und ohne Zentralheizung nur eine Mieterhöhung von maximal 10 % zulässig ist. Hinzu kommt dann noch eine 5%ige Mieterhöhung zu einem späteren Zeitpunkt, so daß nach den Vorgaben, die in unserem Gesetzentwurf enthalten sind, in zweieinhalb Jahren eine Mieterhöhung von 15 % - das bedeutet also eine Mieterhöhung zwischen 25 und 45 DM, maximal 50 DM - zu erwarten ist. Eines wird meist nicht erwähnt oder geht in der Diskussion vollkommen unter: Bei Wohnungen und Häusern mit ganz erheblichen Mängeln wird überhaupt keine Mieterhöhung zugelassen.
Ich meine, daß wir uns mit dieser Staffelung auch im Bereich dessen bewegen, was für die Mieter sehr wohl verträglich ist - denn es werden Erhöhungen durch die Wohngeldsonderregelungen aufgefangen -, was aber auch unter dem Gesichtspunkt einer funktionierenden Wohnungswirtschaft gerade noch hingenommen werden kann, denn die Erhöhungen werden sich auf durchschnittlich 70 Pfennig pro m2 belaufen.
Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Die Belastung durch das Auslaufen des Altschuldenmoratoriums wird durchschnittlich bei 1 DM liegen.
Sicher, es gibt Härtefälle. Es gibt auch Fälle, wo wir vielleicht überhaupt keine Kappungen brauchen. Aber wir müssen uns an statistischen Werten orientieren und versuchen, durch die Regelungen, wie wir sie in dem Gesetzentwurf vorgesehen haben, durch die Wohngeldsonderregelung flexibel reagieren zu können.
Auch ich halte die vorgesehenen Modernisierungsmöglichkeiten für notwendig. Hier arbeiten wir mit dem Instrument der Kappung auf 3 DM je m2 Wohnfläche pro Monat, um die Mieterhöhungen in einem bestimmten Bereich zu belassen. Für diese Kappungsgrenze gilt das, was ich zu Anfang generell zu Kappungsregelungen gesagt habe. Wir tragen diese Kappungsregelung von 3 DM mit. Wir finden es auch richtig, daß der Gesetzentwurf vorsieht, daß hier die staatlich initiierten Maßnahmen zur besseren Ausstattung und Modernisierung der Wohnungen, gerade im Zusammenhang mit dem Wärmeschutz, von dieser Kappungsgrenze ausgenommen worden sind.
Der dritte Eckpfeiler des Gesetzentwurfes, der bei der Opposition besonders auf Kritik stößt, zeigt aus meiner Sicht in die richtige Richtung, nämlich bei Neuvertragsmieten nicht noch andere Regelungen in unser Mietrecht aufzunehmen, als wir sie derzeit schon haben. Da kann man sich sehr wohl einmal intensiv über den § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes unterhalten. Das war damals ein Kompromiß, über den man auch unterschiedlicher Meinung sein konnte. Auch ich finde ihn nicht glücklich, aber die Alternative, die Sie dazu sehen, ist, generell Kappungsgrenzen - 10 % sind im Gespräch - für Neuvermietungen ins Miethöhegesetz aufzunehmen
mit dem Ziel, das natürlich nach Ablauf der Übergangszeit am liebsten generell in unser Mietrecht hineinzunehmen. Da kann ich nur sagen: Das halte ich für politisch vollkommen verkehrt. Das ist ein Weg, den wir auf keinen Fall beschreiten wollen.
Wir sind der Meinung, daß wir, wenn wir das Vergleichsmietensystem haben und in den neuen Bundesländern in das Vergleichsmietensystem kommen wollen, die Chancen nutzen müssen, daß sich dort überhaupt Vergleichsmieten entwickeln. Das ist zunächst nur in einem kleinen Bereich der Fall. Ungefähr 5 bis 6 % des Wohnungsbestandes werden es sein. Daß es hier nicht zu Wuchermieten kommen kann, daß es hier nicht zu Mieten kommt, wo erst luxussaniert wird, die Menschen vertrieben werden und dann utopische Mieten gefordert werden, ist aus meiner Sicht ganz klar schon darin zu sehen, daß wir im Wirtschaftsstrafgesetz eine generelle Kappungsmöglichkeit - wie immer man zu dieser Regelung stehen mag - haben. Diese Bestimmung wird auch in den neuen Bundesländern gelten.
Aber wenn wir überhaupt nicht die Chancen nutzen, einmal in ein Vergleichsmietensystem schrittweise hineinzukommen und Mieten sich entwickeln zu lassen und frei vereinbar zu machen, dann werden wir in zwei oder zweieinhalb Jahren hier stehen und sagen: Jetzt machen wir am liebsten das System der Grundmietenverordnung; der Staat legt Mieten fest; im Zweifel kappen wir alles, und der Rest wird subventioniert durch den Bundeshaushalt.
Das ist aus meiner Sicht ein falscher Weg. Vielen Dank.