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    Plenarprotokoll 13/28 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 28. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. März 1995 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, für die Aktuelle Stunde sowie der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 27. März 1995 1961 A Absetzung des Zusatzpunktes 8 von der Tagesordnung 1986 B Erklärung zum fünften Jahrestag der ersten freien Volkskammerwahlen Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 1988 A Erweiterung der Tagesordnung 2032 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Amke Dietert-Scheuer, Angelika Beer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abschiebestopp für Kurden und syrischorthodoxe Christen aus der Türkei (Drucksache 13/737) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Fraktion der SPD: Respektvoller Umgang der Bundesregierung mit dem Deutschen Bundestag - Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden aus der Türkei (Drucksache 13/ 804) Erwin Marschewski CDU/CSU 1961 B, 1976 B Fritz Rudolf Körper SPD 1963 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1964 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 1965 B Otto Schily SPD 1965 D Fritz Rudolf Körper SPD 1966 C Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1967 B Ina Albowitz F.D.P. 1967 C Dr. Burkhard Hirsch F.D.P 1967 D, 1971 A, 1972 B Ulla Jelpke PDS 1969 A Manfred Kanther, Bundesminister BMI 1969 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD 1972 A Ulrich Irmer F.D.P 1973 B Dietmar Schlee CDU/CSU 1974 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1975 C Günter Graf (Friesoythe) SPD 1976 A Namentliche Abstimmungen 1976 D, 1979 B, 1980 A Ergebnisse 1977 A, 1980 B, 1982 D Abstimmungen zu Vorlagen, die im Plenum am Donnerstag (16. 03. 95) bereits beraten wurden zu Tagesordungspunkt 3 g: Große Anfrage der Abgeordneten Michaele Hustedt, Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Internationaler Klimaschutz zu dem Klimagipfel in Berlin (Drucksachen 13/143, 13/758) hier: Abstimmung über Entschließungsanträge auf Drucksachen 13/790 und 13/831 1979 C Gunnar Uldall CDU/CSU (Erklärung nach § 31 G0) 1985 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 1985 B Elke Ferner SPD (Erklärung nach § 31 GO) 1985 C Namentliche Abstimmung 1985 D Ergebnis 1992 B zu Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann und der PDS: Besteuerung von Flugkraftstoffen: (Drucksache 13/ 102) 1979 C zu Zusatztagesordnungspunkt 3: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Schlußbericht der EnqueteKommission „Schutz der Erdatmosphäre": Mehr Zukunft für die Erde - Nachhaltige Energiepolitik für dauerhaften Klimaschutz zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Klimaschutz - Erste Vertragsstaatenkonferenz zur Klimarahmenkonvention vom 28. März bis 7. April 1995 sowie Umsetzung des nationalen CO2-Minderungsprogramms zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Monika Ganseforth, Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD zum Schlußbericht der Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre": Mehr Zukunft für die Erde - Nachhaltige Energiepolitik für dauerhaften Klimaschutz zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Michaele Hustedt, Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Schlußbericht der Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre": Mehr Zukunft für die Erde - Nachhaltige Energiepolitik für dauerhaften Klimaschutz (Drucksachen 12/ 8600, 13/232, 13/242, 13/260, 13/821) . 1979 C Tagesordnungspunkt 12: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - 3. SGB V-Änderungsgesetz -(Drucksachen 13/340, 13/736, 13/807) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 sowie des Übereinkommens vom 29. Juli 1994 zur Durchführung des Teils XI des Seerechtsübereinkommens (Ausführungsgesetz Seerechtsübereinkommen 1982/1994) (Drucksachen 13/ 193, 13/696) c) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes -§§ 44, 69b StGB - (Drucksachen 13/198, 13/635) d) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft Heinrich-Mann-Allee 107 in Potsdam, Flurstücke 347/1 und 347/5 der Flur 6 mit einer Gesamtgröße von 65 191 m2 an das Land Brandenburg (Drucksachen 13/210, 13/603) e) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung einer Teilfläche der bundeseigenen Liegenschaft Vauban-Kaserne in Freiburg an die Stadt Freiburg (Drucksachen 13/91, 13/604) f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Bedingungen für den Erwerb einzelstaatlicher Schifferpatente für den Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr in der Gemeinschaft (Drucksachen 13/218 Nr. 95, 13/695) g) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: MwSt - Endgültige Einfuhren von Gegenständen (Drucksachen 13/218 Nr. 16, 13/723) 1986 C Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Dr. Helmut Lippelt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beseitigung der Blockade in den deutsch-tschechischen Beziehungen (Drucksache 13/760) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zu den deutsch-tschechischen Beziehungen in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Andrea Lederer, Heinrich Graf von Einsiedel und der Gruppe der PDS: Verbesserung der deutsch-tschechischen Beziehungen (Drucksache 13/785) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Fraktion der SPD: Verbesserung der deutsch-tschechischen Beziehungen (Drucksache 13/805) Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 1989 C Günter Verheugen SPD 1994 D Hartmut Koschyk CDU/CSU 1997 C Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2000 A Hans Klein (München) CDU/CSU . . 2000 D Ulrich Irmer F.D.P 2002 D Markus Meckel SPD 2004 D Andrea Lederer PDS 2005 C Markus Meckel SPD 2006 C Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2008 A, 2010 C Karl Lamers CDU/CSU 2008 C Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Andrea Fischer (Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Überleitung der Mieten in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin in das Vergleichsmietensystem durch wohnwertbezogene Preisbildungsfaktoren (Drucksache 13/549) b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Überleitung preisgebundenen Wohnraums im Beitrittsgebiet in das allgemeine Miethöherecht (Drucksache 13/783) c) Antrag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Helmut Wilhelm (Amberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verknüpfung einer Mietrechtsänderung Ost mit einer gleichzeitigen Wohngeldanhebung (Drucksache 13/ 546) d) Antrag des Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick und der weiteren Abgeordneten der PDS: Verlängerung der erweiterten Kündigungsschutzregelungen für Mieterinnen und Mieter in Ostdeutschland bis zum Jahr 2000 - (Drucksache 13/582) e) Antrag der Abgeordneten Achim Großmann, Robert Antretter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Anpassung des Wohngeldes an erhöhte Mieten (Drucksache 13/620) f) Antrag des Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick und der Gruppe der PDS: Sozial verträgliches und überschaubares Mietensystem in Deutschland sowie Mindestbedingungen bei der Einführung des Vergleichsmietensystems in Ostdeutschland (Drucksache 13/759) Dr. Michael Luther CDU/CSU 2011 C Iris Gleicke SPD 2013 B Dr. Michael Luther CDU/CSU 2014 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 2014 D, 2024 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2015 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 2018 A Dr. Gregor Gysi PDS 2019 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 2021 C Achim Großmann SPD . . . . 2022 C, 2026 D Iris Gleicke SPD 2022 D Dr. Jürgen Heyer, Minister (Sachsen-Anhalt) 2023 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 2025 B Dr. Gregor Gysi PDS 2027 C Wolfgang Spanier SPD 2028 B Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU . . . 2030 C Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Klaus-Jürgen Warnick und der weiteren Abgeordneten der PDS: Moratorium zum Schutze der redlichen Nutzer und Nutzerinnen vor der zivilrechtlichen Durchsetzung von Rückübertragungsansprüchen im Beitrittsgebiet (Drucksache 13/613) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Hans-Joachim Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Vorrang für die Nutzer in Ostdeutschland (Drucksache 13/803) Klaus-Jürgen Warnick PDS 2032 C Rolf Schwanitz SPD 2033 C Dr. Michael Luther CDU/CSU 2035 C Heinz Lanfermann F.D.P 2037 B Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ 2038 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Hans-Joachim Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Vereinheitlichung des Bergrechts nach der deutschen Einheit (Drucksache 13/550) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Vera Lengsfeld und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Neuregelung des Bundesbergrechts (Drucksache 13/787) Hans-Joachim Hacker SPD 2039 D Joachim Hörster CDU/CSU 2041 B Ulrich Petzold CDU/CSU 2041 D Hans-Joachim Hacker SPD 2042 A Vera Lengsfeld BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2043 D Jürgen Türk F.D.P 2045 A Gerhard Jüttemann PDS 2045 D Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMWi 2047 A Nächste Sitzung 2048 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2049* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 10 (Antrag: Moratorium zum Schutze der redlichen Nutzer und Nutzerinnen vor der zivilrechtlichen Durchsetzung von Rückübertragungsansprüchen im Beitrittsgebiet) Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2049* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 2050* C 28. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. März 1995 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Austermann, Dietrich CDU/CSU 17. 03. 95 Bierstedt, Wolfgang PDS 17. 03. 95 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 17. 03. 95 Hartmut Ernstberger, Petra SPD 17. 03. 95 Dr. Gerhardt, Wolfgang F.D.P. 17. 03. 95 Dr. Glotz, Peter SPD 17. 03. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 17. 03. 95 Heym, Stefan PDS 17. 03. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 17. 03. 95 Homburger, Birgit F.D.P. 17. 03. 95 Janssen, Jann-Peter SPD 17. 03. 95 Klappert, Marianne SPD 17. 03. 95 Knoche, Monika BÜNDNIS 17. 03. 95 90/DIE GRÜNEN Koppelin, Jürgen F.D.P. 17. 03. 95 Labsch, Werner SPD 17. 03. 95 Neumann (Gotha), SPD 17. 03. 95 Gerhard Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 17. 03. 95 Hermann Schloten, Dieter SPD 17. 03. 95 von Schmude, Michael CDU/CSU 17. 03. 95 Schumann, Ilse SPD 17. 03. 95 Dr. Schwall-Düren, SPD 17. 03. 95 Angelica Dr. Skarpelis-Sperk, SPD 17. 03. 95 Sigrid Vergin, Siegfried SPD 17. 03. 95 Voigt (Frankfurt), SPD 17. 03. 95 Karsten D. Zierer, Benno CDU/CSU 17. 03. 95 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 10 (Antrag: Moratorium zum Schutze der redlichen Nutzer und Nutzerinnen vor der zivilrechtlichen Durchsetzung von Rückübertragungsansprüchen im Beitrittsgebiet) Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die mißlungene Regelung der offenen Vermögensfragen Anlagen zum Stenographischen Bericht beschäftigt den Bundestag seit 1990. Für mich als damaligem Obmann der Fraktion DIE GRÜNEN im Ausschuß Deutsche Einheit und im Rechtsausschuß ist es schon ein merkwürdiges Gefühl, jetzt, nach vier Jahren, all die Probleme ungelöst wiederzufinden, auf die ich damals schon in den Ausschußberatungen hingewiesen habe, bzw. die als Konsequenz unzähliger falsch getroffener Entscheidungen damals schon absehbar waren. Seit Jahren beschäftigt sich der Bundestag nun mit Korrekturen an den großenteils nicht mehr wiedergutzumachenden Fehlern aus dem Einigungsvertrag. Wie schon Dr. Ullmann, der in den vergangenen vier Jahren die Eigentumsproblematik bearbeitet hat, halte ich es für falsch, alle Kritik an der Eigentumsregelung auf die Formel: Rückgabe vor Entschädigung zu reduzieren und zu glauben, alle Probleme ließen sich durch eine Umdrehung dieses Prinzips heilen. Das ist zu einfach. Im übrigen ist es - lassen Sie mich das an dieser Stelle sagen - in meinen Augen unerläßlich, daß die Besitzer von Mauergrundstücken in Berlin wie die Zwangsausgesiedelten aus den Grenzgebieten den übrigen Eigentümern gleichgestellt werden. Viel gravierender - und politisch durch nichts zu rechtfertigen - ist die Tatsache, daß die Bundesregierung mit ihrer Fixierung auf „teilungsbedingte" Vermögensverschiebungen massive, rechts- und sozialpolitisch nicht hinnehmbare Ungerechtigkeiten geschaffen hat. Verfolgte, die in der DDR selbst geblieben sind, müssen heute um ihr altes Eigentum kämpfen, während jene, die in den Westen gegangen sind - oder deren Erben -, das volkseigen gewordene Eigentum zurückbekommen. Das betrifft vor allem die großen Mietwohnungskomplexe. Große Teile der Innenstädte ostdeutscher Kommunen gehen auf diesem Weg in westliches Eigentum über. Niemand darf sich von daher wundern, wenn die Menschen enttäuscht, besorgt und verängstigt sind. Trotz der Schutzvorkehrungen im Sachenrechts- und im Schuldrechtsänderungsgesetz müssen viele Nutzer Angst um ihre Wohnung haben. Allerdings ist die Angst der Menschen, ihren persönlichen Besitz am eigenen Haus zu verlieren, oft sehr viel größer als die reale Gefahr. Und den Menschen im Osten ist wenig damit gedient, wenn man, statt konstruktive Politik in diesem Bereich zu machen, seine Energie darauf verlegt, die Angst noch zu schüren. Die Eigenheimbesitzer mit der Erbbauregelung im Sachenrechtsänderungsgesetz und - mit Abstrichen - auch die Datschenbesitzer, die wenigstens einen besseren Kündigungsschutz bekommen haben, gehören gerade nicht zu den am härtesten betroffenen Verlierern der Deutschen Einheit. Das sei hier auch dem Eigenheimbesitzer Herrn Warneck gesagt. Die Erbbauregelung als sinnvoller Interessenausgleich wurde seinerzeit übrigens von der Bundestagsgruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN durch unseren Gesetzentwurf ins Gespräch gebracht. Auch daß älteren Nutzer sogar ein lebenslanges Nutzungsrecht ihrer Datschen eingeräumt wurde, eine massive Verbesserung der ursprünglichen Regelung, ist dem Druck von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu verdanken. Auch wenn wir uns mit der noch weitergehenden Forderung des Nießbrauchs nicht durchsetzen konnten: So muß man Politik für die Interessen der Leute machen und nicht mit platten populistischen Phrasen und dem Schüren von Angstkampagnen. Während wir uns im Interesse der Menschen um konkrete Verbesserungen im Gesetz bemüht haben, haben die Kolleginnen und Kollegen von der PDS ihre Aufgabe mehr darin gesehen, die Unsicherheiten und Ängste zu schüren und mit der Angst der Menschen Wahlkampf zu betreiben. Im übrigen: Die von Ihnen in Ihrem Antrag genannte Zahl, wonach 40 Prozent der Nutzer wegen Fehlens ordnungsgemäßer Verträge aufgrund zivilrechtlicher Ansprüche ihr Haus für die Alteigentümer räumen müssen, ist nach unserer Kenntnis viel zu hoch - ich weiß gar nicht, woher sie die Zahl haben. Ich teile die im Antrag der PDS und auch dem der SPD zum Ausdruck gekommene Kritik an bestimmten Gerichtsentscheidungen. Der Bundesgerichtshof ist - nicht nur räumlich - weit weg vom Schuß. Er sollte wirklich gelegentlich nach Leipzig gehen, damit er weiß, was im Osten wirklich los ist. Es geht nicht an, daß zivilrechtliche Mängel, die von den Nutzern nicht zu verantworten sind, sondern auf das Handeln von DDR-Behörden zurückgehen, heute zum Anlaß genommen werden können, den im Vermögensgesetz verankerten Schutz der Nutzer zu unterlaufen. Im Mittelpunkt des Vermögensgesetzes steht zunächst der Schutz des redlichen Grundstückserwerbers. Vertragsmängel bei Grundgeschäften oder bei der Bestellung eines Nutzungsrechts von damals dürfen heute den Schutz der Nutzer nicht leerlaufen lassen. Die DDR war nicht allein im Umgang mit ihren Kritikern ein Unrechtsstaat. Sie hat eben auch in der Umsetzung ihres Tuns - auf allen Gebieten - die Rechtsförmigkeit von Verfahren oft nicht eingehalten. Informelle Absprachen und Kungeleien waren üblicher als Verträge und öffentlich gemachte Vereinbarungen. Diese fehlende Bindung der damaligen Verwaltung an das Recht kann aber doch heute nicht plötzlich zu einer Anspruchsgrundlage für Alteigentümer umgebaut werden. Hier besteht Handlungsbedarf! Ich fordere die Bundesregierung dringend auf, den vorgesehenen Schutz der Nutzer auch auf Fälle zu erstrecken, in denen etwaige Vertragsmängel auf das Handeln bzw. Unterlassen der DDR-Behörden zurückzuführen ist. Der dogmatische Maßstab westdeutschen Zivilrechts ist ein untaugliches Instrument für die Bewertung der unter ganz anderen Bedingungen zustande gekommenen, formal auf das Zivilgesetzbuch der DDR gestützten, letztlich aber von der Nomenklatura bestimmten Verträge. Was wir brauchen, ist eine klar definierte gesetzliche Regelung, die sicherstellt, daß der im Vermögensgesetz angelegte Schutz nicht zivilrechtlich unterlaufen werden kann. Hierzu sollten wir - was ich hiermit tue - die Bundesregierung auffordern. Ein Moratorium, wie es die PDS fordert, wird dieser Aufforderung kaum gerecht. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 681. Sitzung am 10. März 1995 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes Gesetz zu dem Übereinkommen vom 18. Mai 1992 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß er gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der Drucksache 12/8487 absieht. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses hat mitgeteilt, daß er gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der Drucksache 13/130 absieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 13/218 Nr. 108 Drucksache 13/218 Nr. 109 Finanzausschuß Drucksache 13/478 Nr. 2.2 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/218 Nr. 104 Drucksache 13/218 Nr. 105 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/478 Nr. 1.3 Drucksache 13/478 Nr. 2.3 Drucksache 13/478 Nr. 2.5 Drucksache 13/478 Nr. 2.7 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/218 Nr. 94 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/218 Nr. 100 Innenausschuß Drucksache 13/269 Nr. 1.3 Drucksache 13/343 Nr. 2.12
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    Rede von Dr. Klaus Kinkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
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    Vielen Dank.


Rede von Dr. Rita Süssmuth
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    Rede von Dr. Klaus Kinkel


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    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 8. Mai begehen wir den 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges. Der Fall des Eisernen Vorhangs hat uns Deutschen das Geschenk der Einheit und die Chance der Versöhnung mit unseren Nachbarn gebracht. Europa hat die Möglichkeit zu einem gemeinsamen Neuanfang in Frieden und Freiheit erhalten.
    Seit dem Fall der Mauer bemüht sich Deutschland wie kaum ein anderes Land, diese Chance für ein vereintes Europa zu nutzen.

    (Vorsitz : Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch)

    Wir sind der Anwalt unserer östlichen Nachbarn, auch unserer tschechischen, bei ihrer Rückkehr nach dem Europa, nach dem sie sich jahrzehntelang gesehnt haben. Der Europäische Rat von Essen, an dem auch der tschechische Ministerpräsident Klaus teilgenommen hat, war ein Meilenstein auf dem Weg in die Europäische Union.
    Auch bilateral haben wir unser Verhältnis zu allen östlichen Nachbarn auf eine neue Stufe gestellt. So auch gegenüber der Tschechoslowakei mit dem Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 27. Februar 1992. Mit unserem wichtigen tschechischen engen Nachbarn ins Reine

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    zu kommen ist uns, ist insbesondere dem Bundeskanzler und mir ein ganz besonderes Anliegen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Was Deutsche einst Tschechen angetan und was später die Sudetendeutschen von Tschechen zu erleiden hatten, darf uns nicht den Blick in die gemeinsame Zukunft verstellen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wir sind auf der Grundlage des Nachbarschaftsvertrages ein gutes Stück vorangekommen. Natürlich hat sich der Blick der Tschechen nach der Trennung von den Slowaken zunächst stärker nach innen gerichtet. Inzwischen ist es anders geworden. Wir begrüßen das sehr.
    Die bilateralen Regierungs- und Parlamentskontakte sind von großer Dichte und Intensität. Deutschland ist heute der mit weitem Abstand wichtigste Handelspartner der Tschechischen Republik. Deutsche Firmen sind dort mit weitem Abstand die wichtigsten Investoren. Gott sei Dank ist nach anfänglichen Problemen heute von Überfremdungsangst kaum noch die Rede. Die Modernisierung bestehender und die Öffnung neuer Grenzübergänge kann gar nicht schnell genug gehen, und zwar für beide Seiten.
    Besonders erfreulich ist auch, daß sich der Jugendaustausch sehr gut entwickelt hat. 6 000 junge Deutsche und Tschechen haben 1994 an vom Bund finanzierten Austauschprogrammen teilgenommen. Noch einmal so viele Jugendliche nehmen erfahrungsgemäß an Programmen teil, die von Ländern, Kommunen, Kirchen und privaten Trägern gefördert werden.
    Mehr als eine halbe Million Tschechen lernen heute Deutsch. Wir entsenden von uns aus Lehrkräfte, Fachberater in die Tschechische Republik, die sich schwerpunktmäßig der Lehreraus- und -fortbildung widmen.
    Auch das 1993 von mir eingeweihte Goethe-Institut in Prag trägt neben seinem Kulturprogramm zur Verbreitung der deutschen Sprache bei. Zwei Drittel seines großen Stammpublikums gehören der jungen und mittleren Generation an - für uns eine große kulturpolitische Chance.
    Zugang zur deutschen Sprache und Kultur wird auch in den 13 von der Bundesregierung finanzierten Begegnungszentren geboten. Das sind keine Inseln. Sie dienen dem Austausch zwischen deutscher Minderheit und ihrem tschechischen Umfeld und stehen deutschen Besuchern als Anlaufpunkt zur Verfügung.
    Umgekehrt wächst in Deutschland erfreulicherweise das Interesse an unserem tschechischen Nachbarn ständig, natürlich besonders im Grenzgebiet. In Bayern und in Sachsen gibt es nicht nur Tschechischunterricht an weiterführenden Schulen, sondern auch die Möglichkeit zur Ausbildung als Tschechischlehrer. Auch grenzferne Länder wie Hamburg und Nordrhein-Westfalen haben umfangreiche Austausch-
    und Patenschaftsprogramme mit der Tschechischen Republik entwickelt.

    (Freimut Duve [SPD]: Wir sind die Hafenstadt!)

    Wir hoffen, daß die tschechische Seite auch bald zur Gründung einer bilateralen Regierungskommission für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bereit ist. Ich habe besonders darauf gedrängt. Leider sind wir noch nicht ganz so weit. Ich hoffe, daß das in Kürze der Fall sein wird.
    Die verstreut lebende deutsche Minderheit wird heute von beiden Seiten gefördert. Sie stand sehr lange unter einem massiven Anpassungsdruck. Heute ist sie auf dem nicht ganz einfachen Weg der Wiedergewinnung ihrer kulturellen Identität. Die Bundesregierung und auch die sudetendeutschen Verbände helfen ihr dabei. Das wird von der Tschechischen Regierung anerkannt und nicht etwa beargwöhnt, was besonders erfreulich ist.
    Meine Damen und Herren, dieses insgesamt positive Bild der bilateralen Beziehungen wird noch verstärkt, wenn man die europäische Dimension hinzunimmt und sich ansieht. Die Tschechische Republik ist der Europäischen Union assoziiert und wird noch in diesem Jahr - das steht fest - ihren Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union einreichen. Wir werden sie dabei unterstützen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Mit Recht sind die Tschechen stolz auf das, was sie in kurzer Zeit geleistet haben. Wir haben ihnen dabei geholfen. Auch wir freuen uns über ihren Erfolg.
    Kein Zweifel: Die Tschechische Republik wird zu den ersten Anwärtern der Osterweiterung der Europäischen Union gehören, auch wenn noch vieles - z. B. im Bereich der Rechtsangleichung - zu tun bleibt. Auf die deutsche Unterstützung und gerade auch auf die Unterstützung des Bundeskanzlers und meine Unterstützung kann Prag weiterhin bauen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Das gilt ganz genauso für die Frage eines künftigen NATO-Beitritts. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat im November 1994 im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden das erste deutsch-tschechische Manöver im Grenzbereich stattgefunden - ohne irgendwelche Probleme. Ich finde, das ist ein Beispiel guter, normaler Nachbarschaft.
    Die Heranführung unserer östlichen Nachbarn - das sagen wir insbesondere unseren tschechischen Nachbarn - an die Europäische Union und die NATO bleibt die historische Herausforderung und Aufgabe für alle Europäer, vor allem aber für uns Deutsche.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    Wir haben unsere Einheit auch den Menschen zu verdanken, die in Prag und anderswo für die Freiheit auf die Straße gingen. Das haben wir nicht vergessen.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)

    Wir bleiben deshalb in besonderer Weise der Zusammenführung der europäischen Familie verpflichtet.
    Im UN-Bereich, wo im Augenblick Deutsche und Tschechen zusammen Mitglied des Sicherheitsrates sind, arbeiten wir gut und eng zusammen. Ich darf ausdrücklich sagen, daß wir das mutige tschechische Engagement im früheren Jugoslawien in besonderer Weise schätzen.
    Meine Damen und Herren, zum deutsch-tschechischen Verhältnis gehören aber eben auch die Probleme einer jahrhundertelangen gemeinsamen Geschichte mit ihren Höhen und mit ihren Tiefen, vor allem auch die Schatten der jüngsten, unheilvollen Vergangenheit.
    Wir Deutsche haben den Tschechen schlimmes Unrecht getan. Die Sudetendeutschen haben aber eben dann am Ende des Zweiten Weltkrieges auch Unrecht durch Vertreibung und Enteignung erlitten. Dies alles hat Wunden geschlagen, die noch nicht voll verheilt sind und auf beiden Seiten heute noch sehr schmerzen.
    Soll das alles vergessen werden? Kann man einfach einen Schlußstrich ziehen, das Buch einfach zuschlagen? Ich meine, nein. Geschichte kennt keine Endpunkte. Sie bleibt uns, sie ist Teil unseres Lebens. Aber pauschale Urteile gehen eben auch fehl, und kollektive Schuld gibt es nun mal nicht.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Unser gemeinsames Ziel muß es sein, den Teufelskreis von Unrecht und Gegenunrecht, von Schuldvorwürfen und Gegenrechnungen zu durchbrechen. Dazu gehört die Einsicht, daß es weder eine vollkommene Gerechtigkeit gibt noch irgend jemand die Wahrheit gepachtet hat. Einfache Lösungen, wie sie in den vorliegenden Anträgen ein wenig anklingen und durchschimmern, gibt es in diesem Zusammenhang nicht.
    Wir wollen - das ist das Wesentliche - das Verhältnis zu unserem so wichtigen tschechischen Nachbarn so eng, partnerschaftlich und freundschaftlich gestalten, wie es uns auch gegenüber unseren westlichen Partnern Gott sei Dank gelungen ist.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wenn es eine Persönlichkeit gibt, die geradezu zum Symbol einer zukunftsgerichteten, versöhnenden Politik zwischen Deutschen und Tschechen geworden ist, dann ist dies Präsident Vaclav Havel. Beide Völker haben ihm viel zu verdanken.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Gerade weil wir so hohe Achtung vor ihm haben und - ich wiederhole es - beide Völker ihm soviel zu verdanken haben, sage ich, daß wir über manches in seiner kürzlich gehaltenen Rede in der Prager KarlsUniversität enttäuscht sind. Wir sehen natürlich in dieser Rede den ernsthaften Willen zu einer wirklich tiefgreifenden Versöhnung. Wir sehen die ausgestreckte Hand, und wir wollen diese Hand ergreifen. Das setzt aber Bereitschaft auf beiden Seiten voraus.
    Ich zitiere aus der gemeinsamen Erklärung der deutschen und tschechischen Bischöfe:
    Wiedergutmachtung zwischen den Menschen verschiedener Völker ist vor allem ein geistiger Vorgang. Eine Revision all dessen, was vor 50 Jahren geschah, ist kaum möglich. Nur solche Lösungen werden Bestand haben, die dem Gemeinwohl beider Staaten und Europas verpflichtet sind. Sie müssen die jeder menschlichen Gerechtigkeit gesetzten Grenzen beachten; deshalb dürfen sie nichts Unerfüllbares fordern und müssen die Folgen für alle Betroffenen bedenken.
    So die gemeinsame Erklärung der deutschen und tschechischen Bischöfe.
    Ich weiß, daß die große Mehrheit der Sudetendeutschen in unserem Land das heute auch so sieht.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    In der Tschechischen Republik leben heute noch Opfer schweren nationalsozialistischen Unrechts, das von Deutschen begangen wurde. Wir schulden diesen Menschen Gerechtigkeit und Genugtuung. Dementsprechend wollen und werden wir auch handeln, so wie wir es in vergleichbaren anderen Fällen getan haben. Und wir wissen: Die Zeit drängt. Aber es ist eben auch anderen Unrecht geschehen. Wer heilen will, muß die ganze Wunde, nicht nur einen Teil von ihr versorgen. In der Frage des nationalsozialistischen Unrechts bemüht sich die Bundesregierung und bemühen sich der Bundeskanzler und ich mich wahrhaftig mit großem Ernst um eine Lösung, die wirklich zum Frieden, zum Ausgleich und zur Versöhnung zwischen Deutschen und Tschechen führt und nicht zum Gegenteil.
    Präsident Havel bietet den vertriebenen Sudetendeutschen an, als Gäste willkommen zu sein. Wir würden uns wünschen, daß die tschechische Regierung noch einen Schritt weitergeht und von den „früheren Landsleuten" spricht, die, wenn sie es denn wollen, auch wieder Landsleute werden könnten. Wir haben mit großer Aufmerksamkeit in diesem Zusammenhang zur Kenntnis genommen, was mein tschechischer Kollege vor wenigen Tagen dazu gesagt hat. Das ist bemerkenswert. Ein solcher Schritt wäre ein Zeichen von Größe und von wirklich europäischem Denken für die Zukunft.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU).

    Wir wünschen uns vor allem sehr, daß sich die tschechische Seite von sich aus bemüht, auf das verletzte Rechtsgefühl vieler Sudetendeutscher einzu-

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    gehen. Dazu gehört vor allem, nicht das Gespräch zu verweigern.

    (Beifall des Abg. Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU])

    Ich habe das Gefühl, das ist das Mindeste. Ich habe mich auch persönlich in vielen Gesprächen darum bemüht; es ist leider nur ansatzweise gelungen. Ich bitte die tschechische Seite, mindestens das Gespräch nicht zu verweigern.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie der Abg. Anke Fuchs [Köln] [SPD])

    Unabhängig von der rechtlichen Würdigung der Beneš-Dekrete: Ein klares Wort der Distanzierung von der kollektiven Schuldzuweisung und zu dem fragwürdigen Charakter damaliger Amnestieregelungen wäre ebenfalls eine wichtige Geste. Ich will ganz offen sagen, daß uns das Urteil des tschechischen Verfassungsgerichts zur Rechtsgültigkeit des Beneš-Dekrets Nr. 108 betroffen macht. Gewiß, wir haben das Urteil eines unabhängigen Gerichts zu respektieren. Wir appellieren jedoch an die tschechische Regierung, aus diesem Urteil keinen neuen Unfrieden entstehen zu lassen.
    Meine Damen und Herren, Präsident Havel fordert, die Zeit der Monologe durch einen „wahren Dialog" zu ersetzen. Genau darum geht es auch uns. Wir sollten uns, so finde ich, gegenseitig beim Wort nehmen, um die noch offenen Fragen in unserem Verhältnis bald zu lösen, im Interesse der Bürger in beiden Ländern, im Interesse unserer beiden Völker und im Interesse Europas.
    Vielen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)