Rede von
Fritz Rudolf
Körper
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Liebe Frau Kollegin, herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich bin der Auffassung - ich wäre nachher noch darauf eingegangen -, daß die Zeit, die wir jetzt haben, genutzt werden soll, damit die Bundesländer zusammen mit dem Bund eine vernünftige - ich sage auch einmal: eine einvernehmliche - Regelung finden. Diese Zeit muß im Grunde genommen jetzt genutzt werden, und ich sage Ihnen auch, in welcher Hinsicht.
Es hat ja eine Anhörung stattgefunden. Ich weiß nicht, welchen Eindruck Sie gehabt haben, liebe Frau Kollegin Beer. Sie können sich übrigens gern setzen. - Liebe Frau Kollegin Beer, Sie stimmen mit mir mit Sicherheit zumindest in der Beurteilung überein, daß diese Anhörung kein eindeutiges Ergebnis erbracht hat, sowohl in die eine wie auch in die andere Richtung. Ich meine, auch die jüngsten Ereignisse in der Türkei zeigen, daß es außerordentlich stark ausgeprägte gesellschaftspolitische Konflikte gibt. Das alles macht es doch notwendig, daß man an die Überprüfung und Bewertung dieser Frage mit Sorgfalt herangeht. Jedenfalls denke ich - darauf will ich noch einmal abheben -, daß man das nicht schon fünf Minuten nach einer solchen Anhörung tun kann.
- Wo ich recht habe, habe ich recht. Ich bedanke mich für den Zwischenruf.
Lieber Kollege Zeitlmann, wie ernst es Ihnen im Grunde genommen damit ist, einen Konsens herbeizuführen, zeigt auch die Vereinbarung, die die Bundesregierung mit der türkischen Seite getroffen hat. Denn diese Vereinbarung ist beispielsweise den Mitgliedern des Innenausschusses am 13. März zugegangen, ebenso wie den Bundesländern. Wenn Sie schon sagen, daß die Bundesländer auch im Einzelfall - was ja richtig ist - dafür zuständig sind, bin ich der Auffassung, daß solche Vereinbarungen mit den Bundesländern abgesprochen werden müssen. Das würde sich beispielsweise auch auf den Inhalt solcher Vereinbarungen beziehen.
Ich weiß ja nicht, Herr Zeitlmann, ob Sie schon einmal in diese Vereinbarung hineingeschaut haben. Wenn ich beispielsweise den Passus lese, daß sich diese Vereinbarung ausschließlich auf die Abschiebung türkischer Staatsangehöriger bezieht, die sich an Straftaten der PKK oder anderer Terrororganisationen in der Bundesrepublik Deutschland beteiligt haben, dann frage ich: Was passiert eigentlich mit den anderen Personengruppen? Sollen sie ausgeschlossen oder ausgegrenzt werden? Sollen sie Asyl erhalten? Oder was soll mit ihnen geschehen? Ich bin der Auffassung, daß diese Vereinbarung in der Tat der Diskussion bedarf, um sie gegebenenfalls zu überprüfen. Ähnliches gilt in bezug auf die anwaltliche Vertretung. Es geht doch auch darum, wie sich die türkischen Justizorgane in diesem Punkt verhalten. Ich meine, man muß da schon einige Fragen stellen. Gleiches gilt für die Kontrolle. Denn in dem Briefwechsel heißt es nur lapidar, daß die Einhaltung dieser Rechte „gegebenenfalls" durch die Europäische Kommission für Menschenrechte sicherzustellen ist. Das ist uns zu vage und dient im Grunde genommen nicht der Sache.
Meine Damen und Herren, wir müssen auch die Frage ansprechen, wie es um die Objektivität der medizinischen Betreuung bestellt ist.
Ich will diese Fragen gar nicht bewertend beantworten, sondern nur auf das Recht pochen, daß man dies mit den Betroffenen, insbesondere auch mit den Bundesländern - denn sie sind letztendlich von diesen Vereinbarungen betroffen -, bespricht, wenn man so etwas ernsthaft in die Diskussion nimmt.
- Es geht nicht nur um das Besprechen, sondern auch um das Entscheiden. Es geht darum, ob eine solche Regelung für eine Einzelfallüberprüfung tauglich ist oder nicht.
Fritz Rudolf Körper
- Lieber Kollege Zeitlmann, ich weiß ja, daß Sie die Anhörung im Grunde gar nicht gewollt haben;
Sie konnten sie uns nur nicht verweigern. Dieses Verhalten wird der Herausforderung, mit politisch Verfolgten angemessen umzugehen, nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, wir haben in unserem Antrag ganz bewußt die Formulierung gewählt, der Bundesinnenminister solle nicht widersprechen. Ich sage ganz deutlich: Wir sind an einer politischen Lösung interessiert. Lieber Herr Bundesinnenminister Kanther, wenn alles so ist, wie Ihre Kollegen das darstellen, bin ich mir nicht ganz im klaren darüber, warum Sie in der Öffentlichkeit Ihre Gedanken zu diesem Abschiebestopp jedesmal mit solcher Vehemenz vortragen. Unternehmen Sie doch den Versuch, mit den Bundesländern einvernehmliche Regelungen zu finden, die keine Gräben aufreißen, sondern schlicht den Menschen helfen!
Ich hätte mir auch einen Dialog über den Antrag der GRÜNEN gewünscht. Wir können Ihrem Antrag in dieser Form nicht zustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten, weil der Antrag nach unserer Auffassung nicht der Gesetzeslage entspricht.
Wir fordern den Innenminister auf, gemeinsam mit den Bundesländern die Zeit zu nutzen, in der dieser Abschiebestopp besteht. Ich appelliere auch an die CDU-geführten Bundesländer, in der jetzigen ungeklärten Situation von Abschiebungen Abstand zu nehmen, bis wir Klarheit gewonnen haben. Eine sachgerechte und objektive Lösung ist angebracht. Ich meine, diesen Diskurs sollten wir fortführen. Eines ist ganz wichtig: Wir müssen alles tun, damit politisch Verfolgte nicht Gefährdungen an Leib und Leben erleiden müssen. Das ist unsere politische Zielsetzung. Wir sind zu gemeinsamen Lösungen bereit.
Schönen Dank.