Rede von
Eduard
Lintner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Beschlußantrag gibt eine sehr verzerrte Darstellung der rechtlichen und tatsächlichen Situation im Bereich der Abschiebungshaft. Er erweckt nämlich den Ein-
druck, daß Abschiebungshaft nach den Vorschriften des Ausländergesetzes oftmals leichtfertig, unnötig und gar ohne Beachtung der besonderen Situation des jeweiligen Einzelfalles verhängt werden könnte.
- Könnte, habe ich gesagt, Frau Kollegin Nickels. - Die daran geknüpften Forderungen nach einer Änderung des § 57 des Ausländergesetzes können vor diesem Hintergrund deshalb nicht unsere Unterstützung finden.
Die Abschiebungshaft ist generell ein unverzichtbares Mittel der Verwaltungsvollstreckung, wenn es nämlich um die tatsächliche Durchführung der Abschiebung von Ausländern aus der Bundesrepublik Deutschland geht. Gewiß - das ist zuzugeben -, jede Form der Inhaftierung ist für die Betroffenen selbst ein belastender Vorgang. Es handelt sich ja stets um einen Eingriff in die grundrechtlich garantierte Freiheit des einzelnen.
Aber dieser Eingriff, meine Damen und Herren, ist notwendig, wie wir alle wissen. Abschiebungshaft ist deshalb nichts Anstößiges noch gar etwas ethisch Verwerfliches. Kein Ausländer wird im übrigen von der Abschiebung und der damit eventuell verbundenen Abschiebungshaft unvorbereitet getroffen. Vielmehr setzt die Abschiebung voraus, daß der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist und daß sie ihm vorher auch angedroht ist. Grundsätzlich kann daher jeder Ausländer die Abschiebung und damit auch eine etwaige Abschiebungshaft vermeiden, indem er seiner Ausreisepflicht freiwillig nachkommt.
Meine Damen und Herren, Ihnen ist aus der Diskussion um die Abschiebestatistik - so nehme ich an - bekannt, daß sich weit über 30 der betroffenen Ausländer nach negativem Ausgang des Asylverfahrens der Ausreisepflicht durch Untertauchen entziehen. Viele abgelehnte Asylbewerber oder illegal eingereiste Ausländer haben offenbar kein Interesse daran, in ihre Heimatstaaten zurückzukehren, wo sie für sich keine Perspektiven und kein Weiterkommen sehen. Deshalb versuchen viele von ihnen, die Abschiebung zu verhindern, indem sie z. B. ihre Reisedokumente vernichten, ihre Identität nicht offenbaren oder sich weigern, bei der Beschaffung von Reisedokumenten mitzuwirken.
Es käme einer Kapitulation des Rechtsstaates vor derartigen Praktiken gleich, würde er in diesen Fällen, die häufig zu längerer Abschiebehaft führen, generell von einer solchen I laft absehen. In letzter Konsequenz würde dies zu einer sprunghaften Zunahme illegaler Zuwanderung führen, weil die Ausländer davon ausgehen könnten, daß die Nichtbefolgung der bestehenden Ausreisepflicht für sie ohne Folgen bliebe und sie sich weiter, wenn auch illegal, im Bundesgebiet aufhalten könnten.