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ID1302506000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/25 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 25. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. März 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt 12: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Situation der Kinder und Jugendlichen und die Entwicklung der Jugendhilfe in den neuen Bundesländern - Neunter Jugendbericht - mit der Stellungnahme der Bundesregierung zum Neunten Jugendbericht (Drucksache 13/70) Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 1779 B Dr. Edith Niehuis SPD 1782 B Wolfgang Dehnel CDU/CSU 1784 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1786 B Dr. Edith Niehus SPD 1787 C Heinz Lanfermann F.D.P 1789 B Rosel Neuhäuser PDS 1790 C Klaus Riegert CDU/CSU 1792 B Thomas Krüger SPD 1793 D, 1799 B Klaus Riegert CDU/CSU 1794 A Jürgen Türk F.D.P 1796 A Monika Brudlewsky CDU/CSU 1797 C, 1799 C Ursula Mogg SPD 1799 D Kersten Wetzel CDU/CSU 1801 C Klaus Hagemann SPD 1802 D Helmut Jawurek CDU/CSU 1804 C Thomas Krüger SPD 1805 C Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. 1806 B Eckart von Klaeden CDU/CSU 1806 C Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Manfred Müller (Berlin) und der weiteren Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (§ 116) (Drucksache 13/581) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Annelie Buntenbach, Kerstin Müller (Köln), Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgeseizes (§ 116) (Drucksache 13/691) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederherstellung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen (Drucksache 13/715) Rudolf Dreßler SPD 1807 C Andreas Storm CDU/CSU 1809 B Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1810 D Uwe Lühr F.D.P 1811 D Manfred Müller (Berlin) PDS 1812 D Wolfgang Vogt (Düren) CDU/CSU 1813 D Adolf Ostertag SPD 1814 C Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA . 1816 B Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Drucksache 13/204) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Rita Grießhaber und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Zeit und Geld für Kinder (Drucksache 13/711) Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1817 C Walter Link (Diepholz) CDU/CSU 1818 B Hildegard Wester SPD 1819 D Heinz Lanfermann F.D.P. 1821 D Heidemarie Lüth PDS 1823 A Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Cern Özdemir, Christa Nickels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Beschränkung der Ab-schiebungshaft von Ausländerinnen und Ausländern (Drucksache 13/107) Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1824 A Eckart von Klaeden CDU/CSU 1825 C Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD 1826 D Dr. Max Stadler F.D.P. 1828 B Ulrich Irmer F.D.P 1828 D Ulla Jelpke PDS 1829 D Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 1830 B Dr. Winfried Wolf PDS 1831 A Dieter Wiefelspütz SPD 1831 B Nächste Sitzung 1831 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1832* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1832* C 25. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 10. 3. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Blunck, Lilo SPD 10. 3. 95** Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 10. 3. 95** Dr. Däubler-Gmelin, SPD 10. 3. 95 Herta Eichstädt-Bohlig, BÜNDNIS 10.3. 95 Franziska 90/DIE GRÜNEN Eymer, Anke CDU/CSU 10. 3. 95 Genscher, F.D.P. 10. 3. 95 Hans-Dietrich Dr. Glotz, Peter SPD 10. 3. 95 Hanewinckel, Christel SPD 10. 3. 95 Hauser CDU/CSU 10.3. 95 (Rednitzhembach) Hansgeorg Heistermann, Dieter SPD 10. 3. 95 Heym, Stefan PDS 10. 3. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 10. 3. 95 Dr. Jacob, Willibald PDS 10. 3. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 10. 3. 95 Knoche, Monika BÜNDNIS 10. 3. 95 90/DIE GRÜNEN Kunick, Konrad SPD 10. 3. 95 Labsch, Werner SPD 10. 3. 95 Leidinger, Robert SPD 10. 3. 95 Leutheusser- F.D.P. 10. 3. 95 Schnarrenberger, Sabine Limbach, Editha CDU/CSU 10. 3. 95 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 10. 3. 95 Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 3. 95 Dr. Scheer, I Iermann SPD 10. 3. 95* Schmidt (Aachen), SPD 10. 3. 95 Ursula Schumann, Ilse SPD 10. 3. 95 Schwanitz, Rolf SPD 10. 3. 95 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 10. 3. 95 Christan Dr. Skarpelis-Sperk, SPD 10. 3. 95 Sigrid Sorge, Wieland SPD 10. 3. 95 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Steindor, Marina BÜNDNIS 10. 3. 95 90/DIE GRÜNEN Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 10. 3. 95 Vergin, Siegfried SPD 10. 3. 95 Vosen, Josef SPD 10. 3. 95 Welt, Jochen SPD 10. 3. 95 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 10. 3. 95 Wohlleben, Verena SPD 10. 3. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 10. 3. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 13/28 Drucksache 13/112 Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, daß sie die Anträge „Solidarität mit Salman Rushdie und Appell gegen die Einschränkung von Meinungsfreiheiten", Drucksache 13/548, und „Beteiligung einer Delegation des Deutschen Bundestages an der VN-Konferenz in Berlin vom 23. März bis 7. April 1995", Drucksache 13/315, zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 13/218 Nr. 1 Drucksache 13/218 Nr. 3 Drucksache 13/218 Nr. 4 Drucksache 12/7654 Nr. 3.1 Finanzausschuß Drucksache 13/218 Nr. 13 Drucksache 13/218 Nr. 15 Drucksache 13/218 Nr. 18 Haushallsausschuß Drucksache 13/218 Nr. 21 Drucksache 13/343 Nr. 2.27 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/218 Nr. 22 bis Nr. 56 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/218 Nr. 99 Drucksache 13/218 Nr. 101 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/218 Nr. 107
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Annelie Buntenbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Selten hat eine Bundesregierung in der Vergangenheit ihr formuliertes Ziel mit einer Gesetzesinitiative so deutlich verfehlt. Angeblich sollte die Neufassung des § 116 Arbeitsförderungsgesetz eine gesetzliche Verankerung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bringen. Erreicht hat sie das Gegenteil: eine strukturelle Schwächung der Gewerkschaften und damit eine weitere Störung des empfindlichen Gleichgewichts zwischen den Tarifparteien. Genau dieses Gleichgewicht der Kampfmittel ist eine unabdingbare Voraussetzung der Funktionsfähigkeit von Tarifautonomie.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manfred Müller [Berlin] [PDS])

    Mir fällt es allerdings schwer, von einem Gleichgewicht zwischen den Tarifparteien in der Bundesrepublik zu sprechen; denn schließlich ist im Unterschied zu den meisten europäischen Ländern die Aussperrung hier nicht verboten.
    Unsere Position zu diesem Mittel der Arbeitgeberwillkür kennen Sie. Wir haben das Aussperrungsverbot schon vielfach, auch hier im Bundestag, gefordert. Aber daß die heiße Aussperrung noch immer nicht verboten ist, ist nun wirklich kein Grund, noch einen draufzusetzen und durch § 116 AFG darüber hinaus die kalte Aussperrung zu legalisieren und

    Annelle Buntenbach
    dann auch noch so zu tun, wie soeben Sie, Herr Storm, und auch Herr Blüm in seinen Reden, als werde damit die Parität im Arbeitskampf wiederhergestellt. Meine Damen und Herren, Sie haben sich in der Richtung ausgesprochen gründlich geirrt. Kalte Aussperrung ist, wenn man sie in Alltagsdeutsch übersetzt, im Klartext eiskalte Erpressung der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerseite.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Mit ihr können die Arbeitgeber beliebig manipulieren, und zwar heute noch, z. B. durch heiße Aussperrung oder durch zu knappe Lagerhaltung, oder sie behaupten einfach, Lieferanten seien ausgefallen.
    Dazu ein Beispiel aus dem Jahre 1984: Damals teilte BMW seinem Getriebezulieferer in Ludwigsburg mit, daß er nicht mehr zu liefern brauche. Dessen Geschäftsführung schrieb ihrem Betriebsrat, daß BMW nichts mehr abnehme. BMW wiederum informierte seinen Betriebsrat, der Lieferant sei ausgefallen. Folge: kalte Aussperrung bei BMW und bei dem Zulieferer. Diese Manipulation, Herr Storm, wäre auch durch eine Stellungnahme des Betriebsrates nicht aufgefallen. Der wußte nämlich, zumindest solange der Streik lief, davon nichts.
    Für die Gewerkschaften bedeutet diese Praxis eine enorme Schwächung ihrer Position.

    (Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: Das sind aber exotische Beispiele!)

    - Sehr exotisch. - Hätte die IG Metall in dem soeben erwähnten Tarifkonflikt an die kalt Ausgesperrten Streikgeld bezahlt, dann hätte sie zusätzlich 859 Millionen DM ausgeben müssen. Wer will da ernsthaft noch von - ohnehin fragwürdiger - Waffengleichheit reden?

    (Rudolf Dreßler [SPD]: Das war gewollt!)

    - Ja, das wollten die.
    Die Dreistigkeit der Arbeitgeber hat - das zeigt der gerade beigelegte Metall-Konflikt - enorm zugenommen. Ohne die katastrophale Fassung des § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes ist kaum vorstellbar, daß ein Arbeitgeberverband mit Aussperrungen schon droht, bevor er ein Tarifangebot überhaupt vorlegt. So kann doch nur auftreten, wer sich in seiner Rolle als Herr im Hause völlig sicher fühlt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Daß dieses Kalkül in diesem Jahr nicht aufgegangen ist, hat eine Menge damit zu tun, daß die Konflikte in den Reihen der Arbeitgeber offenkundig beträchtlich waren. Aber das Instrumentarium des § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes ist schon vom Ansatz her falsch. Wir fordern: Die Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit muß wiederhergestellt werden.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Da hilft ein Blick in die Verfassung. Das Streikrecht ist ein im Rahmen der Koalitionsfreiheit im Grundgesetz verbrieftes Recht. Es zu schützen ist daher eine selbstverständliche Aufgabe unseres Handelns. Mit den heute vorliegenden Gesetzentwürfen wird versucht, einen wichtigen Schritt zur Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen den Tarifparteien zu tun. Dazu sind zwei Dinge erforderlich: erstens in der Substanz den Zustand von 1986 wiederherzustellen und dabei zweitens eine Reihe von unklaren Formulierungen deutlicher zu fassen.
    Die Kritik, die im Vorfeld der Neufassung 1986 sowohl von Arbeitgeber- als auch von Gewerkschaftsseite eben wegen dieser unkaren Formulierungen geäußert worden ist, ist von den Regierungsfraktionen und speziell von Herrn Blüm immer wieder dafür ins Feld geführt worden, daß die Änderung des § 116 AFG wirklich nötig gewesen sei. Nach dem vorhin vom Kollegen Dreßler schon erwähnten Franke-Erlaß von 1984 mußte es damit allerdings auch schnell gehen, weil mit Frankes Sperrung der Zahlung von Lohnersatzleistungen an kalt Ausgesperrte versucht wurde, für die Ungerechtigkeit der Änderung des AFG den Weg freizumachen. Der Franke-Erlaß konnte zu dem damaligen Zeitpunkt heute oder morgen für illegal erklärt werden. Leider ist das erst 1991 geschehen.
    Nun behauptet Herr Blüm, mit der Neufassung sei
    - im Interesse beider Tarifparteien - die Neutralität der Bundesanstalt wiederhergestellt worden. Aber dann soll er doch bitte erklären - oder Sie, Herr Storm -, warum es - das ist zumindest mir bekannt - zahllose Proteste aus den Reihen der Gewerkschaften gegen diese Neufassung des AFG gibt, aber keinen einzigen Protest aus den Reihen der Arbeitgeber. Das ist dann doch verwunderlich!

    (Rudolf Dreßler [SPD]: Das ist wahr! - Weiterer Zuruf von der SPD)

    - Ich halte es nicht für ein Wunder; denn schließlich war es eine Entscheidung, die absolut einseitig und ausschließlich zugunsten der Arbeitgeber ergangen ist.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wohlverstanden: Auch wir wissen, daß wir mit diesem Schritt, den wir heute vorschlagen, noch nicht am Ziel einer Parität zwischen den Tarifparteien sind. Wir sind heute so bescheiden, weil wir es Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, gerne leichtmachen möchten, aus der Sackgasse wieder herauszufinden, in die Sie uns alle mit Ihrer Fassung des § 116 AFG geführt haben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Uwe Lühr.

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    Rede von Uwe-Bernd Lühr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die um die Änderung

    Uwe Lühr
    des § 116 Arbeitsförderunsgesetz im Jahr 1986 geführte Debatte ist mir persönlich nicht aus eigenem Erleben präsent, da ich zu dieser Zeit in einem politischen System lebte, dem diese Probleme vermeintlich völlig fremd waren.

    (Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: So ist es!)

    „Streik" war per definitionem des sogenannten Arbeiter- und Bauernstaates undenkbar. Die vorgebliche Identität von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedurfte natürlich keiner Instrumente für den Arbeitskampf. Daß die staatsbildende Funktion der Arbeiterklasse eine Fiktion war, die es ermöglichte, daß über vier Jahrzehnte mit dem in Art. 24 der DDR- Verfassung garantierten Recht auf einen Arbeitsplatz und mit anderen Garantien sogenannter sozialistischer Errungenschaften die wirtschaftliche Substanz in Ostdeutschland aufgezehrt wurde, das ist kein Geheimnis mehr.
    Die jetzt einheitlich in Deutschland geltende Tarifautonomie ist streitig angelegt. Sie hat sich bewährt. Waffengleichheit ist die Basis der Friedensfähigkeit der Tarifpartner. An der Akzeptanz und der Funktionsfähigkeit des autonomen Tarifvertragssystems gibt es ein identisches Interesse aller Beteiligten und natürlich auch der Politik, deren unmittelbarem Einfluß die Tarifpartner richtigerweise entzogen sind.
    Daß nicht durch die Bundesanstalt für Arbeit zugunsten einer Seite die Gewichte während der Tarifauseinandersetzung verschoben werden können, war Anliegen der Änderung des § 116 AFG im Jahr 1986. Seit dieser Novellierung gibt es einen Neutralitätsausschuß, dem je drei Vertreter der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite angehören sowie der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit als Ausschußvorsitzender. Dieser Ausschuß, der angerufen werden kann, wenn eine Partei der Ansicht ist, die Bundesanstalt für Arbeit verletze ihre Neutralitätspflicht, entscheidet, ob ein Stellvertreterarbeitskampf vorliegt oder nicht, nicht mehr der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit allein.
    Dieser Ausschuß ist seit seinem Bestehen erst zweimal bemüht worden, anläßlich des Arbeitskampfes in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie 1993, als infolge der fristlosen Kündigung der Metalltarifverträge unbeteiligte Arbeitnehmer in MecklenburgVorpommern wegen des Streiks in Sachsen nicht weiterarbeiten konnten - nicht aus Solidarität, sondern weil die Zulieferung stagnierte.
    Die letzte Entscheidung ist auf Antrag der IG Metall gerichtlich überprüft worden. Einige Vorredner haben es schon zu Recht bemerkt: Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung am 4. Oktober letzten Jahres die Klage der IG Metall im wesentlichen abgewiesen. Die IG Metall hält die Entscheidung des Gerichts für verfassungswidrig und hofft, daß das Bundesverfassungsgericht nicht nur das Urteil des Bundessozialgerichts aufhebt, sondern § 116 AFG insgesamt für verfassungswidrig erklärt. In einer Bildunterschrift einer Gewerkschaftspublikation heißt es - ich zitiere -:
    Das Urteil des Bundessozialgerichts zum AntiStreikparagraphen macht deutlich: Seine Urheber wollen die Gewerkschaften lähmen.
    Das stellt im übrigen eine Gerichtsschelte dar, gegen die man als politisch Handelnder das Gericht nun wirklich in Schutz nehmen muß.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Bei § 116 AFG handelt es sich mitnichten um einen „Anti-Streikparagraphen", wie die Metaller ihre Mitglieder glauben machen wollen, sondern um eine Konkretisierung der Waffengleichheit. Daß diese Feststellung auch vom Bundesverfassungsgericht getroffen werden könnte, ist die eigentliche Veranlassung für die Gesetzentwürfe von SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und PDS, die wir heute auf der Tagesordnung haben. Sollte dieses Haus dem - inhaltlich fast Bleichlautenden - Begehren auf Revision der AFG-Novelle von 1986 zustimmen, liefe nämlich das Verfahren in Karlsruhe ins Leere.
    Natürlich könnte es nicht unser Interesse sein, einen Verfassungsverstoß auf Dauer hinzunehmen. Aber unser Interesse ist es, das Gleichgewicht zwischen den Tarifpartnern zu erhalten. Wenn es heute den Gewerkschaften gelingt, mit wenigen, die Streikkasse schonenden Schwerpunktmaßnahmen die Wirkung auf nur mittelbar betroffene Wirtschaftsbereiche stärker ausfallen zu lassen als auf die unmittelbar beteiligten im Tarifbezirk, dann war die Novellierung 1986 notwendig. Sie ist heute nicht durch veränderte Produktionsweisen überholt, so daß sie auch zukünftig notwendig ist, um den Arbeitsfrieden am Wirtschaftsstandort Deutschland zu sichern.
    Die F.D.P.-Fraktion lehnt die Änderung des § 116 AFG ab.
    Danke.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Das war eine Überraschung!)