Rede von
Freimut
Duve
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Poppe, ich habe mich noch einmal gemeldet, weil Sie ein Problem angesprochen haben, bei dem ich nicht erkannt habe, ob Sie wirklich nachvollziehen können, was eigentlich passiert.
Es gibt in der Tat serbische Pläne, Kosovo so aufzuteilen, daß dort möglichst viele Kosovo-Albaner verschwinden. Denen ist es völlig egal, wohin sie gehen. Sie würden auch noch helfen, wenn sie nach Deutschland oder wenn sie nach Albanien gingen. Es werden bereits Pläne zur territorialen Zerschneidung von Kosovo diskutiert. In einem Teil, möglichst ohne große Städte, sollen sie noch sein, der andere Teil soll „ethnisch gesäubert" werden.
Daß alle anderen Staaten mit einem liberalen Rechtssystem dann die Opfer der Geiselnehmer werden und in eine moralische Falle geraten, aus der man ganz schwer herauskommt, das müssen wir gemeinsam anerkennen. Es ist sehr schwer, mit dieser Falle umzugehen. Je offener wir sind - das ist ein ethisches Problem, und ich habe keine Lösung dafür -, um so mehr bedienen wir solche Ziele der
Freimut Duve
Serben. Das hat jetzt mit der Rückführungsfrage gar nichts zu tun. Sie hatten irgend jemanden zitiert und gesagt: Da bedient man ja die „ethnische Säuberung".
Bei der Rückführungsfrage sind wir uns, so hoffe ich, deshalb einig, weil wir uns - das ist mein zweiter Punkt, Herr Kollege - auf ein grundsätzliches Positionspapier des UNHCR vom 12. Januar 1995 beziehen, das Sie wahrscheinlich auch kennen, in dem ganz klar der Vorschlag gemacht wird: kein ganz genereller Abschiebestopp, sondern Einzelfallprüfung; ganz generell allerdings für die Deserteure, die Kriegsdienstverweigerer zwischen den bei den hier bereits genannten Terminen. Dort ist ganz hart und klar zu sagen: Diese Leute sind von Verfahren bedroht.
Diese Position des UNHCR, die er selber schriftlich vorgelegt hat, ist die Position, die sich die Bundesländer - jedenfalls die sozialdemokratisch regierten - und die SPD-Bundestagsfraktion zu eigen gemacht haben.
Ich denke, das ist eine Basis, auf der man gemeinsam etwas tun kann. Aus der moralischen Falle, in die ihn ein brutaler, geiselnehmender Staat immer wieder bringt, wird der liberale Rechtsstaat nie herauskommen. Das ist unser Problem. Wir dürfen nicht so miteinander reden und streiten, als gäbe es diese Falle, in die wir immer wieder geraten, nicht.
Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um das deutlich zu machen.
Danke.