Rede von
Dr.
Norbert
Röttgen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich werde gleich gern auf den Bereich der Justizentlastung konkret eingehen. Ich will jetzt aber Ihre grundsätzliche Frage beantworten.
Wir machen es nicht mit, daß Sie unter dem Etikett, das Sie übrigens fälschlich in Anspruch nehmen, der Justizentlastung hier die Normen abbauen und sozialschädlichem Verhalten einen Damm im kleinen brechen.
Wir sind für Justizentlastung, aber wir sind auch dafür, daß das Rechtsbewußtsein nicht deformiert wird. Aber dies ist das Ergebnis Ihres Gesetzentwurfs.
Welche Funktion hat das Strafrecht in solch massenhaften Delikten? Die Funktion des Strafrechts kann doch nur darin bestehen, zu demonstrieren,
zu verdeutlichen, klarzumachen, wo das sozialschädliche Verhalten liegt. Das ist die Funktion des Strafrechts. Auf die setzen wir. Diese Funktion wollen Sie aber wegnehmen.
Darum: Entkriminalisierung im Bereich der Massen- und Bagatellkriminalität ist nach unserer festen Überzeugung ein Beitrag zu einer egoistischeren Gesellschaft, in der der Stärkere belohnt und der Ehrliche zum Dummen gemacht wird. Das wäre das Ergebnis Ihrer Rechtspolitik.
Da Sie an dieser Stelle den Gesetzentwurf offensichtlich nicht gut begründen, wird jetzt der Aspekt der Justizentlastung genannt. Ich möchte das sagen,
Norbert Röttgen
was auch der Vertreter des Bundeslandes Hamburg im Bundesrat dazu vorgetragen hat. Denn wenn dieser Gesetzentwurf eines nicht bringt, dann ist es Justizentlastung. Die bringt er ganz sicher nicht.
Insofern leidet er an einem Konstruktionsfehler. Denn wenn in einem bestimmten Zeitraum eine Wiederholungstat geschieht, dann soll sie strafbar sein. Das hat folgende Konsequenzen: Zum einen muß für die Ersttat ein Register geführt werden. Die Ersttat müßte erfaßt, bearbeitet, beurteilt und verwaltet werden. Das bedeutet Verwaltungsaufwand, weitere Komplizierung und Bürokratisierung und das Gegenteil von Entbürokratisierung.
Wir kämen zu einem Nebeneinander von Verfolgungsbehörden: der Verfolgungsbehörde, die für die Ordnungswidrigkeit zuständig ist, sowie der Staatsanwaltschaft, die die Straftat verfolgt. Dieser Vorschlag bringt im Grunde also mehr Komplizierung, weitere Bürokratie und keine Justizentlastung.