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ID1302205400

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    Plenarprotokoll 13/22 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 22. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. Februar 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sexualstrafrechts (§§ 177 bis 179, 184c StGB) (Drucksache 13/199) b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sexualstrafrechts - §§ 177 bis 179, 184c StGB (Drucksache 13/323) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von der Abgeordneten Christina Schenk und der weiteren Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sexualstrafrechts (§§ 177 bis 179 StGB) und strafprozessualer Regelungen bei Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen (Drucksache 13/536) Erika Simm SPD 1523 B Horst Eylmann CDU/CSU 1526 D Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 1527 C Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 1528 C Christina Schenk PDS 1530 D Freimut Duve SPD 1532 C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 1532 D Erika Simm SPD 1533 D Hanna Wolf SPD 1534 D Norbert Geis CDU/CSU 1536 B, 1539 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 1536 C Margot von Renesse SPD 1537 D Hanna Wolf SPD 1538 A Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 1539 A Heinz Lanfermann F.D.P 1540 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 1541 C Anni Brandt-Elsweier SPD 1542 C Bärbel Sothmann CDU/CSU 1544 C Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU 1545 C Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (Drucksache 13/374) Alfred Hartenbach SPD 1547 B Norbert Röttgen CDU/CSU 1549 A Otto Schily SPD 1549 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 1550 B Alfred Hartenbach SPD 1551 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1552 A Jörg van Essen F.D.P. 1552 D Dr. Dagmar Enkelmann PDS 1554 A Jörg van Essen F.D.P. 1554 C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 1554 D Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes fiber die erleichterte Zuweisung der Ehewohnung (Drucksache 13/196) Wolfgang Bosbach CDU/CSU 1555 D Margot von Renesse SPD 1556 D Heinz Lanfermann F.D.P 1557 D Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1558 C Christina Schenk PDS 1559 C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 1560 C Nächste Sitzung 1561 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1563* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1563* C Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. Februar 1995 1523 22. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. Februar 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 17. 02. 95 Berger, Hans SPD 17. 02. 95 Dr. Böhme (Unna), Ulrich SPD 17. 02. 95 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 17. 02. 95 Hartmut Dörflinger, Werner CDU/CSU 17. 02. 95 Eichstädt-Bohlig, BÜNDNIS 17.02. 95 Franziska 90/DIE GRÜNEN Graf von Einsiedel, PDS 17. 02. 95 Heinrich Fuchs (Köln), Anke SPD 17. 02. 95 Dr. Gysi, Gregor PDS 17. 02. 95 Hacker, Hans-Joachim SPD 17. 02. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 17. 02. 95 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 17. 02. 95 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 17. 02. 95 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 17. 02. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 17. 02. 95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 17. 02. 95 Jelena Dr. Jacob, Willibald PDS 17. 02. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 17. 02. 95 Knoche, Monika BÜNDNIS 17. 02. 95 90/DIE GRÜNEN Kraus, Rudolf CDU/CSU 17. 02. 95 Lamers, Karl CDU/CSU 17. 02. 95 Dr. Leonhard, Elke SPD 17. 02. 95 Louven, Julius CDU/CSU 17. 02. 95 Meckel, Markus SPD 17. 02. 95 Reschke, Otto SPD 17. 02. 95 Scheffler, Siegfried SPD 17. 02. 95 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 17. 02. 95 90/DIE GRÜNEN Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 17. 02. 95 Hans Peter Frhr. von Schorlemer, CDU/CSU 17. 02. 95 Reinhard Schumann, Ilse SPD 17. 02. 95 Seiters, Rudolf CDU/CSU 17. 02. 95 Terborg, Margitta SPD 17. 02. 95 Tippach, Steffen PDS 17. 02. 95 Titze-Stecher, Uta SPD 17. 02. 95 Vergin, Siegfried SPD 17. 02. 95 Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 17. 02. 95 90/DIE GRÜNEN Wallow, Hans SPD 17. 02. 95 Welt, Jochen SPD 17. 02. 95 Wieczorek-Zeul, SPD 17. 02.95 Heidemarie Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Drucksache 13/218 Nr. 12 Drucksache 13/218 Nr. 14 Der Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage absieht, da der Rat der Europäischen Union bereits seinen Beschluß gefaßt hat: Drucksache 13/218 Nr. 105 Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 13/265 Nr. 1.34
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    Rede von Dr. Rita Süssmuth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute einen Entwurf des Bundesrates, sind aber weit mehr an dem Referentenentwurf der Bundesregierung interessiert.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Der SPD!)

    Es geht heute nicht um eine Frauenfrage, sondern um eine Menschenrechtsfrage. Sie betrifft Frauen und Männer, Mädchen und Jungen.
    Ich stelle zu Beginn fest: Der heutige Tag zeigt, daß es lange dauert, Tabus aufzubrechen, Gewalt im intimsten Bereich beim Namen zu nennen, menschlich Abartiges nicht zu verschweigen und an der bestehenden Situation etwas ändern zu wollen. Dazu ist offenbar ein langer Atem notwendig.
    Es lohnt sich, beharrlich an dem Ziel der Beseitigung eines Unrechts festzuhalten, auch wenn es lange dauert. Wenn ich mich an den ungeheuren Widerstand gegen den Referentenentwurf vor zehn Jahren und an die Anhörung von 1986 erinnere, in der bereits 23 Experten sehr klar sagten, daß der Tatbestand der Vergewaltigung außerhalb der Ehe und in der Ehe nicht unterschiedlich zu behandeln sei, so sehe ich heute, daß damals ganz andere Fragen im Vordergrund standen.
    Es ging in der Tat zum einen um die kriminologische Indikation, die Befürchtung, daß eine Veränderung des Straftatbestandes zu einer Vielzahl von Anzeigen führen würde. Zum anderen ging es um die Ansicht, daß der Staatsanwalt in der Ehe nichts verloren habe und daß die Ehe ein Verhältnis besonderer Art sei, wo Tatbestände der Vergewaltigung anders zu bewerten seien.

    Dr. Rita Süssmuth
    Was ist mir daran wichtig? Wir dürfen heute nicht sagen, daß Vergewaltigung in der Ehe ein minder schwerer Fall sei. Für mich galt damals und gilt heute, daß die Vergewaltigung in der Ehe gerade ungleich schwerer wiegt als außerhalb der Ehe und von daher gar nicht als minder schwerer Fall angesehen werden kann.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Denn hier geht es um ein Verhältnis besonderer Nähe, des Vertrauens und der wechselseitigen Rücksichtnahme, wo es besonders ungewöhnlich und abartig ist, wenn es zur Vergewaltigung kommt.
    Bei dem Thema Ehe und Gewalt oder Ehe und Vergewaltigung bekam man jahrelang zu hören: Frauenphantasien, Feministinnengeschrei, Ehezersetzerin, Männerfeinde; nein, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Heute sind die Töne jener, die all dies leugneten, leiser geworden. Kein menschlicher Bereich ist von brutalster körperlicher und seelischer Gewalt ausgenommen, schon gar nicht der sexuelle.
    Das betrifft vor allem Frauen und Kinder. Ich bin heute davon überzeugt, daß das Ausmaß an sexuellem Mißbrauch von Kindern für pornographische Zwecke, für die Prostituierung von Kindern erheblich dazu beigetragen hat, uns das Ausmaß sexueller Gewalt an Kindern und Frauen vor Augen zu führen. Wir wissen aus jüngsten Untersuchungen, daß immer stärker auch Jungen davon betroffen sind. Also machen wir es nicht zu einer Frauenfrage, sondern zu einer Menschenfrage. Dann kommen wir endlich aus diesem verengten Blick heraus.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wenn wir uns weiter vor Augen führen, was seit der Strafrechtsreform 1973 geschehen ist, hilft es nicht, uns heute bei der Frage auseinanderzudividieren, ob wir damals schon richtig gehandelt haben. Die Vergewaltigung in der Ehe galt damals als marginales Problem. Es ist erst viel später in das Bewußtsein aller gerückt, daß dies eben kein marginales Problem ist.
    Es gab 1976 das erste Frauenhaus. Wenn ich an die Vielzahl der Untersuchungen gerade aus Ihrem Hause, Frau Ministerin, denke, muß ich feststellen, daß es einen Zeitraum von fast 20 Jahren gab, innerhalb dessen wir die Tatbestände aufgearbeitet haben. Ich finde es wichtig, daß wir uns heute nicht damit begnügen, dieses Problem sozialpädagogisch bearbeiten zu wollen; denn das allein reicht nicht aus.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Es hat auch keinen Sinn, dem Kollegen Geis eine unterschiedliche Behandlung vorzuwerfen. Es geht hier und bei der Abtreibung um unterschiedliche Tatbestände. Ich denke, hier ist der Unrechtsgedanke genauso klar herauszustellen wie in allen anderen Bereichen.
    Man muß auch um die Reichweite und die Grenzen des Strafrechts wissen. Aber es kann nicht angehen, daß insbesondere die Männer immer noch von der Auffassung ausgehen, Frauen haben ihnen sexuell verfügbar zu sein, sie sind in der Beziehung Objekte und nicht Subjekte.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Deswegen ist hier ganz entscheidend, daß, wie schon gesagt, der generalpräventive Charakter deutlich wird, daß die Tatsache des Unrechts zum Ausdruck kommt. Von daher gesehen finde ich es weit wichtiger, uns nicht schon jetzt über die Frage zu streiten, wie wir in dem Fall verfahren, daß ein Ehepartner zurückwill vom Strafrecht.
    Wir gehen offenbar gemeinsam davon aus: Vergewaltigung ist ein Offizialdelikt. Es geht bei den schwierigen Beweistatbeständen und dem Bestimmtheitscharakter, von dem bereits gesprochen wurde, darum, Sorge dafür zu tragen, daß einerseits ausgeschlossen wird, daß Frauen unter Druck gesetzt werden, nicht auszusagen und die Anzeige zurückzuziehen, daß ihnen andererseits nicht die Möglichkeit genommen wird, ein Verfahren auch einstellen lassen zu können.
    Ich setze sehr darauf, daß wir in der Anhörung um manches klüger werden, nicht nur durch die Vertreter des Strafrechts, sondern auch seitens einer Vielzahl solcher Einrichtungen, die mit diesen Tatbeständen zu tun haben. Wir sollten uns im Augenblick für die bestmögliche Lösung offenhalten; eine hundertprozentige Lösung werden wir in diesem Bereich nicht finden. Das aber hat viele europäische und außereuropäische Länder nicht davon abgehalten, Regelungen im Strafrecht zu finden, verbunden mit anderen Maßnahmen.
    Wir sollten uns auch nicht erneut um die Formen des Zusammenlebens streiten. Es geht darum, jeder Frau denselben Schutz vor Gewalt zu bieten, ganz gleich, welche Form des Zusammenlebens sie gewählt hat.
    Ich füge hinzu: Opfer sind Frauen und Männer. Wir müssen sowohl Frauen als auch Männern den Schutz zukommen lassen.
    Ich kann nur wiederholen, was Horst Eylmann gesagt hat: Wenn wir in unserer Gesellschaft das Gewaltphänomen nur noch unter der Fragestellung sehen, wie wir von der Betrachtung unter Kriminalitätsaspekten zur Betrachtung unter sozialpädagogischen Gesichtspunkten kommen, reicht das nicht aus, weil wir dann immer nachsichtiger werden gerade gegenüber Straftatbeständen im sozialen Nahraum.
    Es ist wichtig, ja ausschlaggebend, daß wir nach mehr als 20 Jahren - das ist dieHoffnung heute im Hause - zu einer möglichst einvernehmlichen Lösung kommen. Freuen wir uns doch darüber, daß hinzugelernt wird! Werfen wir es den Menschen nicht vor, daß sie gestern noch anders gedacht haben! Ich finde viel wichtiger, was an Veränderungen stattfindet, und freue mich darüber, daß wir heute so

    Dr. Rita Süssmuth
    weit gekommen sind. Ich hoffe, daß wir die nun anstehende Beratung der Gesetzentwürfe noch in diesem Jahr abschließen und die einschlägigen Tatbestände zufriedenstellend regeln werden.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall im ganzen Hause)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat nun der Abgeordnete Alfred Hartenbach.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alfred Hartenbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident, ich möchte nicht zu diesem Tagesordnungspunkt reden, sondern zum nächsten.