Ich meine folgendes: Ich wollte darauf hinweisen, daß ich nichts dagegen habe, wenn diejenigen, die - wie Sie immer so lauthals sagen - vor der Keule des Strafrechts warnen - das ist ein Ausdruck, der hier ja oft genug gebraucht wird -, plötzlich meinen, hier müßten Sie die große Keule des Strafrechts herausholen. Ich möchte aber auf diesen Widerspruch hinweisen dürfen. Er ist ganz offensichtlich da.
Wo bleiben denn eigentlich diejenigen, die beim Schutz des ungeborenen Kindes vehement vor dem Einsatz des Strafrechtes warnen?
- Ich weiß, daß Ihnen das nicht gefällt. Aber Sie bringen mich nicht davon ab, darauf hinzuweisen. Das ist nämlich der wunde Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Da verweigern Sie den strafrechtlichen Schutz. Hier wollen Sie ihn. Ich stimme ja mit Ihnen überein, aber ich meine das eine und das andere, und ich halte dies für konsequenter als das, was Sie propagieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies erweist sich auch noch auf einer anderen Ebene. Geht es nämlich um das Lebensrecht des Kindes - das hat Herr Eylmann Ihnen genau vor acht Tagen vorgehalten -, dann wollen Sie es bei der Nötigung belassen; wenn es um den Schutz der Schwangeren vor dem Einfluß des Partners, der Verwandten und des Umfeldes geht, da wollen Sie es bei der Nötigung belassen.
- Herr Fischer, daß Ihnen dieses Problem Schwierigkeiten bereitet, das weiß ich. Bei der Schau, die Sie hier immer abziehen, weiß ich nicht, ob das viel mit der Würde dieses Hauses zu tun hat. Aber das Wort „Würde" ist für Sie wahrscheinlich ein Fremdwort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie es mich - das mag Ihnen allerdings nicht passen - ruhig ausführen: In dem angesprochenen Fall wollen Sie es bei der Nötigung belassen, obwohl das Verfassungsgericht etwas ganz anderes fordert. Das wissen Sie. Bei unserem heutigen Thema meinen Sie, die Nötigung sei nicht angezeigt. Ich bin zwar auch Ihrer Meinung, aber ich bitte Sie: Bleiben Sie konsequent. Machen Sie das dann auch in dem anderen Fall. - Darum bitte ich Sie.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit kein Zweifel besteht, wiederhole ich noch einmal, daß es im Gesetz keinen Unterschied mehr zwischen der Gewalt in der Ehe und außerhalb der Ehe geben darf.
Dies soll aus folgendem Grund so sein: Wir registrieren mit großer Besorgnis, wie die Gewalt in unserer Gesellschaft auf breiter Front ansteigt.
Wir lesen und hören täglich von der Gewaltkriminalität bei Jugendlichen, von der Gewalt gegen Schwache, insbesondere gegen Ausländer, gegen ältere Menschen, die sich nicht wehren können, und gegen Kinder. Wir wissen, daß die Gewalt natürlich auch nicht vor dem intimsten Bereich zweier Menschen, der Ehe, haltgemacht hat. Davon legen die Frauenhäuser leider ein allzu starkes Zeugnis ab.
Deshalb sind wir der Auffassung, daß die Vergewaltigung in der Ehe genauso unter Strafe und in genau denselben Zusammenhang zu stellen ist wie die Vergewaltigung außerhalb der Ehe, auch wenn wir wissen, daß ein solcher Tatbestand im Einzelfall nur schwer nachweisbar sein wird. Aber wir meinen, es ist ein richtiges Signal und damit der richtige Schritt in die Richtung, daß wir uns insgesamt gegen den Anstieg der Gewalt auf breiter Front wehren müssen.
Wie wir das im einzelnen ausgestalten, das mögen wir von den Beratungen mit den Experten abhängig machen. Es mag sein, daß da ein Unterschied zwischen Ihnen und uns insoweit besteht, als wir sagen: Widerspruchsregelung. Wir sprechen nicht von einer
Norbert Geis
Antragsregelung. Ich gebe auch zu, Frau Simm, daß dies ein Systembruch ist. Es ist jedoch nach meiner Auffassung - ich lasse mich aber gern vom Gegenteil überzeugen - kein Bruch unserer Rechtsordnung. Unsere Rechtsordnung sieht nämlich in Art. 6 des Grundgesetzes vor, daß der Staat die Ehe zu schützen hat.
Wenn sich die Frau, die vergewaltigt worden ist, mit ihrem Mann aussöhnt und zu dem Ergebnis kommt, sie könne die Ehe retten, und deshalb versucht, dem Verfahren zu widersprechen, es also nicht in das Ermessen des Gerichtes stellt, dann kommt der Staat seiner Verpflichtung aus Art. 6 des Grundgesetzes nach, wenn er in diesem Fall sagt: Das Verfahren ist einzustellen. - Ich weiß, daß dies ein Systembruch ist, aber ich bin sicher, es ist kein Bruch unserer Rechtsordnung.
Deshalb meinen wir, daß die Verfahrensherrschaft bei der Frau verbleiben muß. Ich wiederhole noch einmal: Unsere endgültige Entscheidung werden wir von der Anhörung der Experten abhängig machen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.