Rede von
Norbert
Geis
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die Vergewaltigung wird auch ab dem Tag danach bestraft. Sie haben eben gar nicht zugehört.
- Nun lassen Sie mich doch antworten. Sie haben gefragt; ich gebe die Antwort. Das ist das Spiel.
Die Vergewaltigung wird natürlich auch nach der Eheschließung bestraft. Darüber besteht überhaupt gar kein Zweifel. Natürlich ist der Vorwurf gegen uns, wir würden die Würde der Frau, die verheiratet ist, geringer achten als die Würde der Frau, die nicht verheiratet ist, eine blanke, dumme Polemik, die ich entschieden zurückweise.
Dieser Vorwurf ist auch jetzt zum Vorschein gekommen, etwa in dem Sinne,
Norbert Geis
als seien wir die Verfechter der Rechtsphilosophie von Kant, der angenommen hat, daß die Ehe ein Vertrag sei zur Befriedigung gegenseitiger Bedürfnisse. Hegel hat diese Auffassung schon von vornherein als schändlich und ruchlos zurückgewiesen und steht damit in Übereinstimmung mit Thomas von Aquin.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ehe ist für uns - das wissen Sie doch - ein Institut, das man schaffen müßte, wenn es sie nicht gäbe. Wir sind der Meinung, daß die Ehe eine Art des menschlichen Zusammenlebens darstellt, wie sie für eine Gesellschaft unbedingt erforderlich ist. Wir müssen alles dafür tun, daß der Staat die Ehe im Interesse der Menschen erhält. Wir müssen ebenfalls alles dafür tun, daß der Staat die Freiheit und den Freiraum, die die Ehe braucht, gewährleistet. Das ist liberale Auffassung vom Rechtsstaat. Wir müssen ebenfalls darauf achten, daß der Staat grundsätzlich natürlich nicht im Freiraum der Ehe herumermitteln darf und daß das Strafrecht grundsätzlich ebenfalls nichts im Freiraum der Ehe zu suchen hat. Das ist eine übereinstimmende Meinung im europäischen Kulturkreis. An diesem Grundsatz werden wir natürlich festhalten.
Dieser Grundsatz steht natürlich nicht im Widerspruch zu dem Anspruch der Ehefrau auf strafrechtlichen Schutz vor dem gewalttätigen Ehemann. Von daher jedenfalls kann es keinen Grund geben, die Vergewaltigung innerhalb der Ehe im Strafrecht anders zu verankern als die Vergewaltigung außerhalb der Ehe. Darin stimmen wir doch mit Ihnen überein.
Es ist ja wahr, daß wir der Auffassung waren, die strafrechtliche Verfolgung der Vergewaltigung in der Ehe sei durch die Körperverletzungsdelikte und das Nötigungsdelikt im Strafrecht ausreichend verankert. Es ist ja wahr.
Herr Eylmann hat es Ihnen vorhin schon gesagt: Wir befinden uns damit in bester Gesellschaft. Sie haben es doch noch Mitte der 70er Jahre im vierten Strafrechtsreformgesetz selbst verkündet und einen eigenen Tatbestand für die Vergewaltigung in der Ehe abgelehnt, und zwar mit der Begründung, das würde in der Praxis keine Rolle spielen. Die Praxis würde einer solchen eigenständigen Normierung widersprechen. Das war doch Ihre Auffassung.
- Das können Sie doch nicht leugnen. Das war Mitte der 70er Jahre.
Haben Sie es nicht bei der großen Eherechtsreform als einen großen Erfolg gefeiert, daß die Staatsanwaltschaft und die Richter nun endlich nicht mehr im Schlafzimmer herumschnüffeln können? Das war doch Ihr Erfolg und Ihre Redensweise. Denken Sie doch ein bißchen daran.
Es ist ja wahr, daß wir dieser Auffassung waren. Ich wiederhole: Wir befanden uns damals und befinden uns heute mit denen von damals in bester Gesellschaft.
Daran kann sich doch nichts ändern. Das muß man einmal festhalten.
Sie haben erst in den 80er Jahren diese Linie verlassen, dafür mag es viele vernünftige Gründe geben
- warten Sie doch erst einmal ab - die von Zeit zu Zeit gewechselt haben mögen. Aber sicherlich ist für diese Kehre der SPD auch die Ideologie der 60er und 70er Jahre verantwortlich, die den Unterschied von ehelicher und nichtehelicher Lebensgemeinschaft beseitigen wollte und die die Familie als tragende Säule unserer Gesellschaft einfach abschaffen wollte.
Die Ehe wurde in diesen Kreisen als patriarchalische Vorherrschaft des Mannes, dem sich die Frau zu unterwerfen hat, diffamiert. Statt dessen haben diese Ideologen damals und heute das Leben in Kommunen und in alternativen Lebensgruppen propagiert. Heute redet niemand mehr davon, daß diese Experimente mit furchtbaren und unzähligen Lebenskatastrophen bezahlt werden mußten.