Rede von
Rudolf
Dreßler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin Anhänger des Verursacherprinzips, nicht nur im Umweltschutz. Ich stelle fest — dies haben die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen heute nicht entkräften können —: Der Bundesminister des Innern hat am 21. April mitgeteilt, daß er eine Anpassung des Beihilferechts an die gesetzliche Pflegeversicherung in Kraft setzen wird. Dies war die Zusage gegenüber Parlament, Vermittlungsausschuß und Bundesrat.
Ich stelle zweitens fest, daß es nach diesem Verursacherprinzip die Bundesregierung für opportun gehalten hat, den Beamten höhere Leistungen über Richtlinien zu gewähren, als sie den Arbeitern und Angestellten in der gesetzlichen Pflegeversicherung bereit ist zuzuerkennen. Um nicht mehr und um nicht weniger geht es. Dieses wird jetzt von seiten der Koalition als Beamtenschelte hier eingeführt, oder Herr Blüm sagt mit weinerlicher Stimme: „Macht die Pflegeversicherung nicht kaputt" . Meine Damen und Herren, die Pflegeversicherung kann man nicht kaputtmachen; sie ist Gott sei Dank im Gesetz festgelegt. Aber, was man kaputtmachen kann, Herr Blüm, ist der Glaube an die Gleichbehandlung aller Berufstätigen durch den Gesetzgeber. Das ist der entscheidende Punkt.
Dieses haben Sie nicht geschafft; das können sie nicht entkräften.
Das zweite, was ich bemerken wollte: Dieser Vorgang ist faktisch ohne Parlament passiert. Der Bundestag konnte sich nicht damit beschäftigen, der Bundesrat nicht, kein Vermittlungsausschuß, kein Ausschuß, nichts. Hier haben Beamte des Innenministeriums einen politischen Auftrag von CDU/CSU und F.D.P. in eine Neuformulierung der Beihilferegelungen übertragen. Der Minister hat es quergeschrieben. Aber kein Abgeordneter des Deutschen Bundestages, der hier in wenigen Monaten über die finanzpolitischen Konsequenzen per Haushalt zu entscheiden hat, ist bis heute im Besitz dieses Papiers, niemand! Das ist die Sachlage.
Deshalb, Herr Lintner, wäre es — wie soll ich es sagen? — ein Beispiel für politische Kultur, wenn die Bundesregierung einmal eine Initiative ergreifen und dem Parlament ihrerseits einen Gesetzentwurf zur Regelung der Beihilfe vorlegen würde, damit die parlamentarische Kontrolle und die öffentliche Wirksamkeit dieses Vorgangs in Zukunft anders werden, als das in diesem konkreten Fall hinter verschlossenen Türen, am Parlament vorbei und gegen Ihre Zusage gegenüber dem Parlament geschehen ist. Es wäre traurig, wenn Sie auch dazu die Opposition noch animieren müßten, indem Sie schlicht und ergreif end
sitzen blieben. Ich kann dieses Verhalten überhaupt nicht verstehen.
Schlußbemerkung. Wenn sich der Abgeordnete Regenspurger als stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes bei der Bundesregierung für diese Richtlinien bedankt, dann kann ich das voll verstehen.