Herr Kollege Singer, ich denke, daß das jetzt verabschiedete Verbrechensbekämpfungsgesetz, dem Sie zugestimmt haben, ergänzungsbedürftig ist. Wenn Sie mit der Polizei reden, dann ist ein Punkt natürlich von ausgesprochener Wesentlichkeit. Ich will das ganz vorurteilslos sagen, auch zu Herrn Kollege Dr. Hirsch: Wir müssen einmal darüber nachdenken, das zu tun, was Sie sicherlich gesagt haben und was wir auf dem Parteitag der CDU auch beschlossen haben, nämlich an die Umkehr der Beweislast heranzugehen.
Wenn wir das gemeinsam tun, dann wird dieses
Gesetz sicherlich noch effektiver sein. Ich wiederhole:
Wir haben Gesetze beschlossen, mit denen wir den
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 375
Erwin Marschewski
Kampf gegen die Gangster angesagt haben. Das wollen wir auch weiterhin tun.
Meine Damen und Herren, ich darf die Liste der erfolgreichen Vorhaben fortsetzen: Wir haben das Ausländerrecht neu geordnet. Wir haben das Asylrecht novelliert. Zum Asylrecht: Unser Asylrecht ist weiterhin das großzügigste in der Welt, nur dem Mißbrauch wird ein Riegel vorgeschoben, und wirklich politisch Verfolgten ist Schutz sicher. Aber, Herr Kollege Körper, ich weiß doch, wie schwer es gerade Ihrer Fraktion gefallen ist, diesem Gesetz letzten Endes mit einer Handvoll Stimmen zuzustimmen. Ich bedanke mich dafür. Aber Sie können doch auf Grund der Mehrheit im Bundesrat nicht sagen: Wer regiert hier denn eigentlich?
Ich meine, unser Asylrecht ist ein großzügiges Recht. Das wird auch durch die Entscheidung des Bundesinnenministers hinsichtlich der Abschiebung der Kurden bestätigt. Damit eines klar ist: Die türkischen Urteile gegen ihre eigenen kurdischen Abgeordneten sind ein schlimmes Zeichen für die Einschätzung der demokratischen Ordnung in der Türkei; sie verlangen eine neue Bewertung des Verhältnisses zu diesem NATO-Partner.
Aber ich denke, daß der Abschiebestopp bis zum 20. Januar genügend Gelegenheit gibt, darüber nachzudenken. Deswegen entbehren alle Vorwürfe an den Innenminister jeder Grundlage.
Denn bisher — Sie wissen dies — ist kein einziger PKK-Anhänger von Deutschland an die Türkei ausgeliefert worden. Das ist auch die Linie des Innenministers. Wir wollen im Einzelfall entscheiden. Eine Einzelfallentscheidung ist letzten Endes generellen Regelungen vorzuziehen.
Meine Damen und Herren, im Bereich der inneren Sicherheit müssen wir das Ausländer- und Asylrecht weiterentwickeln; denn der Friede, das wissen wir, beginnt im eigenen Haus. Im innenpolitisch geistigen Kampf um die Herrschaft muß die Gesinnung der Friedlosigkeit, die die Gewalt wollen würde, wenn sie nur könnte, verschwinden. Ich meine, der Etat des Finanzministers zeigt auf, daß wir im Bereich der Gewährleistung der inneren Sicherheit zufrieden sein können.
Ich denke erstens daran: Wir werden bis 1996 die Lücke im Bundesgrenzschutz geschlossen haben. Herzlichen Dank, Herr Bundesfinanzminister, herzlichen Dank, Herr Bundesinnenminister! Wir werden damit den Schleppern den Kampf angesagt haben. Das Schleppertum ist ein schlimmes Verbrechen. Wir müssen deswegen die Zahl an Grenzschutzbeamten erhöhen.
Als zweites werden wir das Bundeskriminalamt personell und finanziell besser ausstatten. Ich meine, die Verbrechensbekämpfung beim, BKA hat sich bewährt.
Schließlich wollen wir weiterhin die Länder bei den Bereitschaftspolizeien unterstützen. Das kostet Geld. Das wissen wir. Wir wissen auch, daß für die innere Sicherheit in erster Linie die Länder verantwortlich
sind, in denen Sie oft das Sagen haben. Ich weiß, daß wir als Bund Gesetze zu beschließen haben, und wir werden dies tun.
Meine Damen und Herren, wir brauchen z. B. dringend eine gesetzliche Regelung der Hauptverhandlungshaft. Warum haben Sie dem im Vermittlungsausschuß nicht zugestimmt? Sie wollen darüber nachdenken. Unser Ziel: Sofort festzunehmen, sofort zu verurteilen, sofort zum Strafantritt zu kommen. So Dinge wie in Oberhof dürfen sich nicht wiederholen. Das hat diese Koalition beschlossen.
Ich fordere Sie auf, darüber nachzudenken und es uns gleichzutun. Wir brauchen — richtig, Herr Kollege Körper — eine Novellierung des BKA-Gesetzes. Da ist eine effektive Verbrechensbekämpfung erforderlich. Ich verstehe nicht, warum die großen Länder sich dagegen sperren, dem BKA die Vorfeldbeobachtung zu übertragen. Aber dies, meine Damen und Herren, wird nicht ausreichen.
Was ich Ihnen vorschlage, ist etwas, was wir bereits als Koalition beschlossen hatten. Ich halte es für dringend vonnöten, das G-10-Gesetz zu erweitern. Wir setzen den Bundesnachrichtendienst zum Einsatz gegen Terrorismus, gegen Drogen und gegen Handel mit spaltbarem Material ein. Warum beziehen wir nicht die individuelle Verbrechensbekämpfung ein? Es kann doch nicht sein, daß ein Gangster hier überwacht wird, weil er mit Drogen oder mit radioaktivem Material handelt; dieser Gangster hat eine zweite Wohnung in Frankreich, und er zieht dorthin und betreibt sein verbrecherisches Geschäft von dort. Dieser Gangster muß überwacht werden, meine Damen und Herren. Ich bitte Sie herzlich, das G-
10-Gesetz mit uns entsprechend zu ändern.
— Ich spreche ja nicht von Ihnen, Herr Kollege Fischer. Ich spreche von Gangstern. Wissen Sie, Sie werden noch Gelegenheit haben, mit uns gemeinsam unverkrampft, ohne Überspanntheiten und ohne Übertreibungen an die Reformierung von Gesetzen zu gehen.