Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen haben wir sehr viel über Farbenlehre lesen und hören können. Lassen Sie auch mich an diesen Gedanken anknüpfen: Im allgemeinen Sprachgebrauch ist Grün die Farbe der Hoffnung, Rot die Farbe der Liebe und Schwarz die Farbe der Finsternis.
Wie anders stellt sich das in der politischen Farbenlehre dar: Da steht Grün für die Behinderung des
Wirtschaftsstandortes Deutschland und damit den Verlust von Arbeitsplätzen.
Was uns bei einer rot-grünen Koalition auf Bundesebene erwartet hätte, zeigt die industriefeindliche Politik der Landesregierung in Hessen,
in der Joschka Fischer Minister war und Hans Eichel zur Zeit noch Regierungschef ist. Aber das wird sich sehr bald ändern. Gentechnik, mit der hochqualifizierte Arbeitsplätze zusammenhängen, gibt es in Hessen nicht mehr. Auch die Uranbrennelemente werden nun künftig im Ausland produziert.
Ich zitiere die „Frankfurter Neue Presse" vom 10. Dezember 1994:
Hessenfürst Hans Eichel kann durchaus stolz sein, daß seine Politik Arbeitsplätze schafft, zwar nicht bei uns, aber in den USA.
Rot steht in der politischen Farbenlehre für Neid, immer höhere Belastungen der Leistungsträger unserer Gesellschaft — der sogenannten Besserverdiener —, immer mehr Reglementierungen der Bürger
und rückwärtsgewandte sozialistische Ideologie.
Wann setzt sich denn endlich bei dem „Betriebsrat der Nation" die Erkenntnis durch, daß wir die Rahmenbedingungen für den Standort Deutschland verbessern müssen, damit wir Anschluß an die Weltspitze halten, unsere Industrie wieder verstärkt im Inland investiert und wir damit wieder mehr Arbeitsplätze schaffen? Die echten Betriebsräte an der Basis haben diese Probleme schon längst erkannt. Die überholten Umverteilungsideologien sind doch Gift für unsere Wirtschaft und für die Gesellschaft.
Die politische Farbe Schwarz und ihr weiß-blaues Kernstück
stehen dagegen für Aufschwung, Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und mittelfristige Entlastung der Leistungsträger.
Wir werden die Staatsquote bis zum Jahr 2000 auf das bereits 1989 mit konsequenter Konsolidierungspolitik erreichte niedrige Niveau absenken.
Der Entwurf des jetzt eingebrachten Bundeshaushaltes 1995 und die Fortschreibung der Finanzplanung
verfolgen diesen eisernen Weg der Sparsamkeit. Das
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 355
Hansgeorg Hauser Haushaltsmoratorium gilt für diese Legislaturperiode unverändert weiter.
Die Kollegen Roth und später auch Austermann haben die weitergehende Konsolidierung dargestellt bzw. werden sie darstellen. Ich möchte auf die steuerpolitischen Zielsetzungen eingehen.
Haushalt — die Ausgabenseite — und Steuerpolitik — die Einnahmenseite — sind die beiden Seiten einer Medaille, deren Glanz wir nicht durch sozialistische Experimente ankratzen lassen.
Was hat doch der Vorsitzende der SPD — er ist jetzt leider nicht mehr hier — in seiner Tutzinger Rede entlarvend über seine eigene Partei gesagt? Ich zitiere aus der „Frankfurter Rundschau" vom 2. Dezember 1994:
Wir
— damit meint er also seine SPD —
sind ... als Partei noch längst nicht so weit, daß wir auch nur annähernd als ein Ort wahrgenommen werden, an dem über die Zukunft unseres Landes — interessenintegrierend und Konzepte formulierend — nachgedacht wird.
Dem braucht man wahrlich nichts hinzuzufügen. Diese Partei wollte die Regierung übernehmen. Das wäre eine absolute Katastrophe geworden.
Meine Damen und Herren, uns Finanzpolitikern steht eine Fülle von Aufgaben in dieser Legislaturperiode bevor. Zentrales Thema für das nächste Halbjahr ist das Jahressteuergesetz 1996, auf das ich anschließend noch näher eingehen werde.
Es stehen an die Folgerungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Kohlepfennig. Verehrter Herr Kollege Poß, hierbei geht es ja nicht nur um die Bergmannsfamilien, die Sie zitiert haben. Leider werden von den Subventionen ja noch weit mehr Menschen erfaßt, und darüber sollten wir uns einmal unterhalten.
Das wird für uns eine gemeinsame Aufgabe für die Zukunft sein. Diese Fragen müssen wirklich sehr sorgsam erörtert werden. Wir können uns in diesem zugegebenermaßen sehr sensiblen Bereich keine Schnellschüsse leisten.
Wir erwarten etwa Mitte des Jahres die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu den Einheitswerten. Unsere Position dazu steht insoweit fest, als wir jedenfalls keine Verkehrswerte, keine neuen Belastungen wollen.
Die Finanzverfassung muß geändert werden, weil wir den Gemeinden einen fairen Ausgleich für den Wegfall der Gewerbesteuer geben wollen. Diese Sondersteuer — der Finanzminister hat das auch schon
ausgeführt — für deutsche Unternehmen muß endlich fallen.
Sicherlich besteht auch hier Diskussionsbedarf über den Weg des Ausgleichs: Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer oder Hebesatzrecht der Gemeinden an der Einkommensteuer. Jedenfalls darf das System nicht kompliziert sein, und es muß auch das Interesse der Gemeinden an Gewerbeansiedlungen gewahrt bleiben.
Weiterhin müssen Richtlinien und Vorlagen der Europäischen Union rechtzeitig vor der Verabschiedung beraten werden. Das Parlament muß auch vor den weiteren Stufen der Währungsunion eingebunden werden.
Ich lade — das gilt auch für die anderen Themen — die Opposition herzlich ein, im Interesse unseres Landes und seiner Bürger und Unternehmen eine vernünftige Politik mitzugestalten. Herr Poß, diese Aufforderung geht besonders an Sie und Ihre Arbeitsgruppe „Finanzen". Ich denke, daß wir diese Themen in unserer sachlichen Art werden behandeln können.