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    Plenarprotokoll 12/236 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 236. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Juni 1994 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 20699 A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde sowie der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 27. Juni 1994 20699D Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes im Bereich des Baugewerbes (Drucksachen 12/7564, 12/7688, 12/7863, 12/7844) Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 20699 D Rudolf Dreßler SPD 20700 C Paul K. Friedhoff F.D.P. 20701 B Namentliche Abstimmung 20701 D Ergebnis 20707 B Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Beschäftigungsförderungsgesetz 1994 (Drucksachen 12/7565, 12/7688, 12/7865, 12/7838) 20702 A Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und zur Änderung anderer Gesetze (Drucksachen 12/7563, 12/7688, 12/7864, 12/7843) 20702 B Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen (Drucksachen 12/5672, 12/7240, 12/7284, 12/7672, 12/7675, 12/8084) 20702B Zusatztagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Ausführungsgesetz zu dem Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen und ihrer Entsorgung (Ausführungsgesetz zum Basler Übereinkommen) (Drucksachen 12/6351, 12/7032, 12/7479, 12/8085) 20702 C Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über den Bau und die Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private (Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz) (Drucksachen 12/ 884, 12/7555, 12/7867, 12/7836) 20702 D Zusatztagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (Drucksachen 12/4993, 12/7656, 12/7868, 12/7835) 20702 D II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1994 Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) (Drucksachen 12/6959, 12/7595, 12/7869, 12/7831) 20703 A Zusatztagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG-Änderungsgesetz) (Drucksachen 12/7345, 12/8089) 20703 B Zusatztagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 12/7614, 12/8093) 20703B Tagesordnungspunkt 18: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes (Drucksachen 12/7777, 12/7994, 12/7995) Helmuth Becker (Nienberge) SPD 20704 A Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 20705 A Joachim Hörster CDU/CSU 20705D Manfred Richter (Bremerhaven) F.D.P. 20706B Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzneuregelungsgesetz) (Drucksachen 12/7562, 12/8047, 12/8101) Joachim Clemens CDU/CSU 20709 B Günter Graf SPD 20710D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . 20711A, 20715A Joachim Clemens CDU/CSU 20712A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 20713 C Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20714 C Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 20715 C Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 20716A Günter Graf SPD 20717 B Tagesordnungspunkt 16: Familienpolitische Debatte a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Familien und Familienpolitik im geeinten Deutschland Zukunft des Humanvermögens — Fünfter Familienbericht — (Drucksache 12/7560) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldes (Drucksache 12/6678) c) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Michael Habermann, Christel Hanewinckel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wirtschaftliche Situation von Familien und deren sozialen Auswirkungen (Drucksachen 12/4353, 12/6224) d) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Hildegard Wester, Christel Hanewinckel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bundeserziehungsgeldgesetz (Drucksachen 12/6441, 12/7778) e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Habermann, Christel Hanewinckel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zur Verhinderung der Aushöhlung des Kinderlastenausgleichs im unteren Einkommensbereich (Drucksache 12/7023) f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Familie und Senioren zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Habermann, Christel Hanewinckel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für einen verfassungsgemäßen und sozial gerechten Familienlastenausgleich (Drucksachen 12/4128, 12/6428) g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Familie und Senioren zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Habermann, Christel Hanewinckel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verstärkung der Zusammenarbeit in familienpolitischen Fragen auf europäischer Ebene (Drucksachen 12/5377, 12/7625) Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 20718D Ingrid Matthäus-Maier SPD 20721A, 20728C Norbert Eimer (Fürth) F.D.P. 20723D, 20726B Margot von Renesse SPD 20725 D Ursula Männle CDU/CSU 20726C, 20728D Hildegard Wester SPD 20729A Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste 20731A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1994 III Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20732D Angelika Pfeiffer CDU/CSU 20734 A Christel Hanewinckel SPD 20736 B Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese) fraktionslos 20737 D Ortrun Schätzle CDU/CSU 20738 C Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Familie und Senioren zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Erster Altenbericht der Bundesregierung (Drucksachen 12/5897, 12/7992) b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Gerd Andres, Konrad Gilges, Gerlinde Hämmerle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Situation ausländischer Rentner und Senioren in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 12/4009, 12/5796) c) Beratung des Zwischenberichts der Enquete-Kommission Demographischer Wandel — Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an den einzelnen und die Politik — gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 16. Oktober und 2. Dezember 1992 (Drucksachen 12/2272, 12/3460, 12/3461, 12/3717, 12/7876) Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 20740D, 20748B Arne Fuhrmann SPD 20743 B Hans A. Engelhard F.D.P. 20745B Dr. Barbara 11611 PDS/Linke Liste 20746 C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20748 D Peter Keller CDU/CSU 20749 C Lisa Seuster SPD 20750D Renate Diemers CDU/CSU 20751 D Konrad Gilges SPD 20753 A Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Anti-Doping-Bericht (Drucksache 12/7540) Ferdi Tillmann CDU/CSU 20755A Peter Büchner (Speyer) SPD 207561) Wolfgang Mischnick F.D.P. 20758B Dr. Ruth Fuchs PDS/Linke Liste 20759A Tagesordnungspunkt 20: a) Zweite und dritte Beratung des von der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Korrektur des Rentenüberleitungsgesetzes (Rentenüberleitungs-Korrekturgesetz) (Drucksachen 12/6217, 12/8081, 12/8082) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Mehrbedarf der Sozialhilfe in den neuen Bundesländern (Drucksache 12/7463) Petra Bläss PDS/Linke Liste 20760 C Heinz Rother CDU/CSU 20762B Ulrike Mascher SPD 20763 C Dr. Eva Pohl F.D.P. 20764 D Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20765 C Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA 20766A Nächste Sitzung 20767 C Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten . 20769* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung (Tagesordnungspunkt 7 der 235. Sitzung) 20770* A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 16 (Familienpolitische Debatte) Ortwin Lowack fraktionslos 20770* C Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 19 (Anti-Doping-Bericht) Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 20772* B Anlage 5 Amtliche Mitteilungen 20773* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1994 20699 236. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1994 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Babel, Gisela F.D.P. 24. 6. 94 Bartsch, Holger SPD 24. 6. 94 Becker (Nienberge), SPD 24. 6. 94 Helmuth Berger, Hans SPD 24. 6. 94 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 24. 6. 94* Dr. Blank, CDU/CSU 24. 6. 94 Joseph-Theodor Dr. Böhme (Unna), Ulrich SPD 24. 6. 94 Borchert, Jochen CDU/CSU 24. 6. 94 Brähmig, Klaus CDU/CSU 24. 6. 94 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 24. 6. 94 Buwitt, Dankward CDU/CSU 24. 6. 94 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 24. 6. 94 Peter Harry Dörflinger, Werner CDU/CSU 24. 6. 94 Dr. Eckardt, Peter SPD 24. 6. 94 Dr. Enkelmann, Dagmar PDS/Linke 24. 6. 94 Liste Eppelmann, Rainer CDU/CSU 24. 6. 94 Erler, Gernot SPD 24. 6. 94 Esters, Helmut SPD 24. 6. 94 Eymer, Anke CDU/CSU 24. 6. 94 Ferner, Elke SPD 24. 6. 94 Fischer SPD 24.6.94 (Gräfenhainichen), Evelin Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 24. 6. 94 Francke (Hamburg), CDU/CSU 24. 6. 94 Klaus Friedrich, Horst F.D.P. 24. 6. 94 Fuchs (Verl), Katrin SPD 24. 6. 94 Gallus, Georg F.D.P. 24. 6. 94 Dr. Gautier, Fritz SPD 24. 6. 94 Geiger, Michaela CDU/CSU 24. 6. 94 Dr. Glotz, Peter SPD 24. 6. 94 Götz, Peter CDU/CSU 24. 6. 94 Grochtmann, Elisabeth CDU/CSU 24. 6. 94 Günther (Duisburg), CDU/CSU 24. 6. 94 Horst Günther (Plauen), F.D.P. 24. 6. 94 Joachim Dr. Gysi, Gregor PDS/Linke 24. 6. 94 Liste Hackel, Heinz-Dieter fraktionslos 24. 6. 94 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 24. 6. 94 Haungs, Rainer CDU/CSU 24. 6. 94 Hauser CDU/CSU 24.6.94 (Rednitzhembach), Hansgeorg Heyenn, Günther SPD 24. 6. 94 Hollerith, Josef CDU/CSU 24. 6. 94 Ibrügger, Lothar SPD 24. 6. 94* Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 24. 6. 94 Kolbe, Manfred CDU/CSU 24. 6. 94 Koschnick, Hans SPD 24. 6. 94 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 24. 6. 94 Dr. Kübler, Klaus SPD 24. 6. 94 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 24. 6. 94 Karl-Hans Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr, Leonhard, Elke SPD 24. 6. 94 Leutheusser- F.D.P. 24. 6. 94 Schnarrenberger, Sabine Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 24. 6. 94 Marten, Günter CDU/CSU 24. 6. 94 Dr. Matterne, Dietmar SPD 24. 6. 94 Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 24. 6. 94 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 24. 6. 94 Müller (Pleisweiler), SPD 24. 6. 94 Albrecht Müller (Völklingen), SPD 24. 6. 94 Jutta Müller (Wadern), CDU/CSU 24. 6. 94 Hans-Werner Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 24. 6. 94 Niggemeier, Horst SPD 24. 6. 94 Nolte, Claudia CDU/CSU 24. 6. 94 Oostergetelo, Jan SPD 24. 6. 94 Dr. Pinger, Winfried CDU/CSU 24. 6. 94 Priebus, Rosemarie CDU/CSU 24. 6. 94 Purps, Rudolf SPD 24. 6. 94 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 24. 6. 94 Hermann Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 24. 6. 94 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 24. 6. 94 Erich Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 24. 6. 94 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 24. 6. 94 Ingrid Schmidt (Mülheim), CDU/CSU 24. 6. 94 Andreas Schmidt (Salzgitter), SPD 24. 6. 94 Wilhelm von Schmude, Michael CDU/CSU 24. 6. 94 Dr. Schnittler, Christoph F.D.P. 24. 6. 94 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 24. 6. 94 Schwanitz, Rolf SPD 24. 6. 94 Seiler-Albring, Ursula F.D.P. 24. 6. 94 Simm, Erika SPD 24. 6. 94 Dr. Solms, Hermann Otto F.D.P. 24. 6. 94 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 24. 6. 94 Stübgen, Michael CDU/CSU 24. 6. 94 Dr. von Teichman, F.D.P. 24. 6. 94 Cornelia Dr. Vogel, Hans-Jochen SPD 24. 6. 94 Voigt (Frankfurt), SPD 24. 6. 94 Karsten D. Dr. Voigt (Northeim), CDU/CSU 24. 6. 94 Hans-Peter Wagner, Hans Georg SPD 24. 6. 94 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 24. 6. 94 Wartenberg (Berlin), SPD 24. 6. 94 Gerd Weis (Stendal), Reinhard SPD 24. 6. 94 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 24. 6. 94 Wimmer (Neuötting), SPD 24. 6. 94 Hermann Wittmann (Tännesberg), CDU/CSU 24. 6. 94 Simon Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 24. 6. 94 * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung 20770* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1994 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung (Tagesordnungspunkt 7 der 235. Sitzung, Seite 20604 C) Ich lehne den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Vorschriften der Lehrerbesoldung ab, da er der Verpflichtung des Einigungsvertrages zur baldmöglichsten Herstellung einheitlicher Rechts- und Lebensverhältnisse im gesamten Deutschland nicht gerecht wird und Unterschiede auf Jahrzehnte festschreibt. Für mich ist es nicht zu akzeptieren, daß Lehrerinnen und Lehrer mit einer in der DDR abgeschlossenen Ausbildung jahrzehntelang schlechter bezahlt werden als ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Westen oder die nach der Vereinigung in den neuen Bundesländern ausgebildeten Pädagogen. Und diese Ungerechtigkeit findet dann teilweise an ein- und derselben Schule und bei denselben Tätigkeiten statt. Ich frage mich, wie bei dieser Logik angeblich minderqualifizierte Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Ausbildung in der DDR durchlaufen haben, überhaupt gleichwertig Schülerinnen und Schüler ausbilden können. Ich stimme gegen den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Vorschriften der Lehrerbesoldung auch deshalb, weil er das übliche Umsetzungsverfahren der einstimmig getroffenen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz durchbricht. Von daher sind die Vorschläge zur Anerkennung und Zuordnung der Lehrerausbildungsgänge der DDR im Gesetz zu verankern. Und ich bin gegen die Gesetzesvorlage, weil es nicht angehen kann, daß Lehrerinnen und Lehrer nur deshalb als minderqualifiziert eingestuft werden, weil ihre Ausbildung eine andere war — und dies, wo die Lehrerinnen und Lehrer gar keinen anderen Ausbildungsweg durchlaufen konnten. Ich lehne den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Vorschriften der Lehrerbesoldung ab, da die Lehrerbesoldung nicht allein finanziellen Sparzwängen untergeordnet werden darf. Dies ist ein pädagogisches Armutszeugnis. Und ich stimme dagegen, weil die Leidtragenden des Gesetzentwurfs insbesondere die niedrig eingestuften Unterstufenlehrkräfte sind. Auf Dauer bedeutet diese klare Diskriminierung bei teilweise auf Teilzeitstellen befindlichen Lehrerinnen und Lehrern einkommenspolitisch: Die Ost-Lehrerinnen und -Lehrer erhalten vielfach wegen einer Teilzeitbeschäftigung von 80 % wiederum nur 80 % - wegen der Ost-Gehälter von 70 % auf Grund der schlechteren Einstufung als ihre West-Kollegen und -Kolleginnen. Wenn das nicht neues Unrecht ist. Meines Erachtens entwickelt sich pädagogische Kompetenz nicht durch das Durchlaufen einheitlicher verschulter Ausbildungsgänge, sondern wesentlich durch die Berufstätigkeit als Lehrkraft. Ich habe in meiner Funktion als ostdeutscher Abgeordneter über 400 Briefe von mehreren tausend Lehrerinnen und Lehrern aus meinem Bundesland erhalten. Diese waren teilweise von sehr persönlicher Betroffenheit gekennzeichnet. Vor diesen kann ich es nicht vertreten, diskriminierende und abqualifizierende Eingruppierungsregeln zu beschließen. So werden wir nie eine geeinte Bundesrepublik erhalten. Im übrigen lehne ich mit den Kollegen Schulz und Ullmann auch die Beschlußempfehlung des Innenausschusses ab, da die vorgeschlagene schlechte Kompromißlösung die Verantwortung der Anpassung der Lehrerbesoldung an die Länder verweist und das Ergebnis bei der derzeitigen Finanzknappheit schon vorherzusehen ist. Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren von der Koalition, daß Sie keine einheitliche Regelung für Ost und West wollen, Ihnen die Last der Wiedervereinigung schon zu groß ist. So sind auch Sie dafür verantwortlich, daß immer mehr Menschen in Ostdeutschland die PDS wählen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 16a bis 16g (Familienpolitische Debatte) Ortwin Lowack (fraktionslos): Die Enquete-Kommission „Demograpischer Wandel" hat nach intensiver Arbeit in einem relativ kurzen Zeitraum von 20 Monaten einen Zwischenbericht vorgelegt, der auch nach der heutigen Debatte im Deutschen Bundestag große Beachtung, kritische Diskussionen zu Einzelbereichen, aber auch grundlegende Auseinandersetzungen über die Langzeitperspektiven von Staat und Gesellschaft auslösen wird. Positive Würdigung verdient vor allem die Empfehlung der Kommission, daß die Arbeiten in der nächsten Legislaturperiode fortgesetzt werden sollen, daß dabei auch Abweichungen von bisherigen Annahmen berücksichtigt werden sollen und daß der Beobachtungszeitraum über das Jahr 2030 hinaus erstreckt werden soll. Zu begrüßen ist die Empfehlung, auch den demographischen Wandel in Europa und, im Prozeß der Einigung Deutschlands, die sich nach wie vor verändernden Situationen und Perspektiven in einer alternden Gesellschaft mit den entsprechenden Anforderungen für die sozial en Änderungssysteme einschließlich der Perspektiven für ältere Arbeitnehmer und ältere Ausländer weiter zu untersuchen. Die Kommission Demographischer Wandel sollte auch in der nächsten Legislaturperiode weiterarbeiten, aber sinnvollerweise nur dann, wenn eine Verständigung darauf erreichbar ist, alle Chancen und Risiken der weiteren Entwicklung von Staat und Gesellschaft nüchtern und umfassend aufzuzeigen und die jeweiligen Konsequenzen unterschiedlicher Entwicklungstendenzen deutlich zu machen. Der jetzt vorgelegte Zwischenbericht zeigt sicher eine Reihe von Einzelproblemen — teilweise mit Lösungsansätzen — auf. Er ist aber aus meiner Sicht Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1994 20771* äußerst bedenklich in seiner Gesamttendenz, den Alterungsprozeß unserer Gesellschaft zu verharmlosen und in den Empfehlungen die Lebensinteressen der älteren Generation zuwenig im Kontext mit Konsequenzen aus dem Geburtentiefstand darzustellen. Schon die Modellrechnungen der Bevölkerungsentwicklung erscheinen hinsichtlich der Einschätzung der Geburtenentwicklung fragwürdig, da sie alle sehr in der Nähe der Annahmen der siebten koordinierten Bevölkerungsvorausschätzung liegen, wonach sich die Bevölkerung im langfristigen Trend zu etwa zwei Dritteln regeneriert. Jüngste Trends weisen aber wesentlich niedrigere Geburtenraten aus, in extremer Weise in den neuen Bundesländern, deutlich aber auch im Altbundesgebiet — und hier besonders bei der deutschen Bevölkerung. Noch stärkere Geburtenrückgänge sind wahrscheinlich. Es wären mindestens Alternativberechnungen zu erwarten gewesen, denen auch deutlich niedrigere zusammengefaßte Geburtenziffern zugrundeliegen. Es würde dann deutlich, welch verheerende Auswirkungen für den Altersaufbau der Bevölkerung aus sehr niedrigen Geburtenzahlen resultieren können — besonders über den untersuchten Zeitraum bis 2030 hinaus. Hier ist der Bundesregierung vorzuwerfen, daß sie offensichtlich der Kommission realitätsnähere, jedenfalls die ganze Bandbreite der Entwicklungsmöglichkeiten erfassende Hilfestellungen vorenthalten hat. So ist der Bundesregierung schon nicht möglich gewesen, einen wiederholt in Aussicht gestellten Bevölkerungsbericht vorzulegen. Es ist aus meiner Sicht sehr zu bedauern, daß die Kommission — offensichtlich einvernehmlich — der Ansicht ist, es gebe keine „richtige" oder „optimale" Altersstruktur und es könne so auch keine Oberalterung der Bevölkerung geben. Die „politische Klasse" in Deutschland, vom Regierungslager im Bund bis zur Opposition mit ihrer Mehrheit im Bundesrat, betreibt eine unzulässige Verharmlosungsstrategie — nicht zur Kenntnis nehmend, daß diese von den Bürgern nicht mehr angenommen wird, die vielfach von großer Sorge über die langfristigen Entwicklungsperspektiven bedrückt sind. Der Fehlanalyse der längerfristigen Bevölkerungsentwicklungen folgt auch im Zwischenbericht der Kommission eine gravierende Fehleinschätzung familienpolitischer Notwendigkeiten. So wird als Mehrheitsmeinung der Kommission herausgestellt, daß auch ein Land, das bewußt auf eine Politik der Geburtenförderung verzichtet, nicht von der Pflicht enthoben sein kann, „geborenen Kindern und deren Eltern Chancen der Teilhabe an der Gesellschaft und Entwicklungschancen zu ermöglichen" . Tatsächlich kommen wir an einer Umorientierung dahingehend nicht vorbei, die Rahmenbedingungen für Familien und Kinder so zu gestalten, daß wenigstens ursprüngliche Kinderwünsche au ch realisiert werden können. Nur dann gibt es auch wieder mehr Kinder und geringere Geburtendefizite. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Option eines Elternteils für die ausschließliche Tätigkeit für Familie und Kinder im Sinne einer echten. Wahlfreiheit. Eine einseitige gesamtgesellschaftliche Orientierung auf zunehmende Berufstätigkeit von Müttern — besonders bei Defiziten an Arbeitskräften nach 2010 — dürfte zusätzlich die Bereitschaft zu Kindern beeinträchtigen — selbst bei Ausweitung des Angebots an familienergänzenden Einrichtungen der Pflege, Betreuung und Erziehung von Kindern. Viele junge Menschen verzichten lieber auf Kinder, wenn sie sie weitgehend kollektiven Einrichtungen überantworten müßten, für deren Leistungen sie aber auch noch große finanzielle Aufwendungen zu tragen hätten. Fragwürdig sind langfristig auch Spekulationen darauf, man könne demographisch bedingten Fehlbedarf an Arbeitskräften durch Ausländerzuwanderung ausgleichen. Schon heute liegt die Arbeitslosenquote bei Ausländern überdurchschnittlich hoch — trotz ihrer durchschnittlich günstigeren Altersstruktur. Kaum berechnet werden die Eingliederungskosten von der Sprachförderung über das Nachholen von Bildungsdefiziten bis zur Berufsausbildung und Umschulung. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, ob Einwanderung überhaupt auf Dauer noch limitierbar und steuerbar ist, wenn nach den derzeitigen Perspektiven absehbar ist, daß im Verlauf des nächsten Jahrhunderts über die Hälfte der Erwerbstätigen Ausländer sein sollten. Können wir von ihnen, wenn sie bestimmender Faktor der Arbeitswelt sind, noch erwarten, daß sie gegenüber den Deutschen Altersruhegeldempfängern Generationensolidarität unter großen Opfern üben, wenn sie dann aus dem verbleibenden Nettoeinkommen individuell für unversorgte Eltern oder Großeltern aufkommen müssen? Müssen wir uns nicht auch die Frage stellen, ob nicht hochqualifizierte Inländer ihr berufliches und privates Leben außerhalb Deutschlands aufbauen, wenn sich im Inland die Lebensumstände ungünstig entwickeln? Wollen wir nicht als verantwortliche Politiker oder Multiplikatoren in Wirtschaft und Gesellschaft zur Kenntnis nehmen, daß in den nächsten Jahren große Teile des qualifizierten Berufsnachwuchses schlechte Berufsperspektiven haben werden, obwohl es Arbeit genug gibt, diese unter den obwaltenden Bedingungen aber nicht bezahlbar ist, auch als Folge zumontierter Tarifstrukturen, die sich an Forderungen von Machtblökken orientieren, nicht aber ausreichend an den Interessen der einzelnen Menschen? Und sehen wir nicht schon heute, daß viele junge Leistungsträger im Ausland gefragt sind, auch in Niederlassungen deutscher Unternehmen, die zunehmend Produktionsstätten verlagern? Wer sich den Problemen des demographischen Wandels nüchtern stellt, muß zu der Einsicht kommen, daß sich unser Staatsvolk letztlich schwergewichtig nur auf seine eigene Leistung jetzt und die Erhaltung seiner Leistungskraft für morgen verlassen kann, und dies heißt, wir müssen wieder soviel arbeiten, daß wir aus dem Ertrag unserer Arbeit auch die Bildung ausreichenden Humankapitals sichern können — eine ausreichend nachwachsende Generation. Ohne die Stärkung der Leistungskraft der Familien hat unser Volk keine Zukunft. Es droht der Zusammenbruch der sozialen Sicherungssysteme. Unser Land schafft es schon heute nicht, selbst die aktuellen Aufgaben des Staates — einschließlich der sozialen Sicherung — solide zu finanzieren. Es drohen bei wachsender Abgabenbelastung trotzdem Einschnitte im Sozialnetz. Die Chancen für eine Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Familien ste- 20772* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1994 hen somit sehr schlecht, obwohl sie schon jetzt nicht verfassungsrechtlichen Mindestnormen entspricht. Man hat den Eindruck, daß Geburtenrückgänge sogar politisch in die Landschaft passen, erspart dies doch Aufwendungen für Jahrzehnte. Es wird dabei nicht gesehen, daß dieser Weg die Arbeitslosigkeit wegen steigenden Erwerbspersonenpotentials als Folge rückläufiger Familienaufgaben erhöht und daß dies auch die öffentlichen Aufwendungen für die Absicherung Arbeitsloser hochtreibt. Volkswirtschaftlich befinden wir uns strukturell in einer Spirale sowohl unzureichender Nachfrage als auch zuwenig wachsenden Angebots an Gütern und Dienstleistungen. Aus diesem Teufelskreis können wir nur ausbrechen, wenn wir für einen gewünschten hohen Lebensstandard mehr arbeiten, um nicht nur international wettbewerbsfähiger, sondern auch binnenwirtschaftlich leistungsfähiger zu werden. So können wir auch die finanzielle Not des Staatssektors überwinden, indem aus einer wachsenden Wirtschaft wieder mehr Staatseinnahmen fließen, ohne daß die Staatsquote steigen muß. Nur so können wir auch die finanzielle Basis für eine Verbesserung der Situation der Familien schaffen und junge Menschen ermutigen, sich für die Gründung einer Familie zu entscheiden. In einer Zeit, in der leider ein ausreichender Schutz ungeborener Kinder in der Rechtsordnung bis hin in die Mehrheit der CDU/CSU nicht mehr durchsetzbar ist, wie die jüngst gelaufene Debatte zu § 218 erneut deutlich gemacht hat, ist es besonders wichtig, die sozialen Rahmenbedingungen für Familie und Kind so zu setzen, daß positive Entscheidungen für Kinder generell und in Konfliktlagen im besonderen erleichtert werden. Folgen wir doch den Wünschen der jungen Menschen, die Sinnerfüllung auch in Familie mit Kindern finden möchten, und zwar als Eigenwert und nicht mit dem individuellen Ziel, Beitragszahler für die sozialen Sicherungssysteme — dies ist das Interesse der Allgemeinheit — zu erziehen. Schaffen wir wieder bessere gesellschaftliche und soziale Bedingungen für Familien und Kinder. Nur dann brauchen wir uns für die fernere Zukunft keine Sorgen um das Wohlergehen aller Generationen von jung bis alt zu machen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 19 (Anti-Doping-Bericht) Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich freue mich, daß über den Anti-Doping-Bericht der Bundesregierung so zeitnah nach seiner Vorlage beraten wird. Es zeigt, welche große Bedeutung das Parlament dem Sport im allgemeinen und im besonderen dem Kampf gegen negative Begleiterscheinungen beimißt. Mit diesem Bericht, der auf eine Anforderung des Deutschen Bundestages zurückgeht, wird ein umfassender Überblick über das Anti-Doping-System in der Bundesrepublik Deutschland gegeben. Aus der Sicht der Bundesregierung möchte ich die zentralen Aussagen des Berichts noch einmal kurz nennen: Erstens. Der deutsche Sport hat aus Dopingverstößen Konsequenzen gezogen. Damit unterstreicht er das Bestreben, seiner Verantwortung für die Bekämpfung des Dopings gerecht zu werden. Zweitens. Das für Hochleistungsportler bestehende Kontrollnetz zeigt zunehmend präventive Wirkung. Gesetzliche Maßnahmen werden nicht für erforderlich gehalten. Drittens. Bundesfördermittel gibt es nur für einen sauberen, manipulationsfreien Sport. Darauf hat Bundesminister Kanther nach der Beschlußfassung durch das Kabinett besonders hingewiesen. Spitzenverbände, die aus dem Doping-Kontroll-System ausscheren, setzen ihre Bundeszuwendung aufs Spiel. Viertens. Es gibt jedoch keinen Grund, sich auf den erzielten Erfolgen der letzten Jahre im Kampf gegen Doping auszuruhen. Vom deutschen Sport wird erwartet, daß er das Anti-Doping-System optimiert. Fünftens. Dem Mißbrauch bei Einfuhr, Vertrieb und Konsum von Anabolika und Wachstumshormonen muß mit Mitteln des Verwaltungsvollzugs begegnet werden. An die Bundesländer, in deren Zuständigkeit die exekutiven Maßnahmen überwiegend liegen, appelliere ich besonders, das bestehende AntiDoping-System engagiert zu unterstützen. Sechstens. 1m europäischen Vergleich ist insbesondere das Trainingskontrollsystem beispielhaft, so daß Umsetzungsprobleme bei der Europaratskonvention kaum zu erwarten sind. Die positive Bewertung der Entwicklung des Dopingkontroll-Systems von 1989 bis 1993 ist an den erheblich gestiegenen Probenahmen ablesbar, die um das Vierfache von 1 542 auf 6 791 stiegen. Bei den für den Anti-Doping-Kampf wichtigen Trainingskontrollen, die erst 1989 einsetzten, erfolgen inzwischen rd. 4 000 Probenahmen jährlich. Jede 13. der weltweit vorgenommenen Dopingkontrollen erfolgte in Deutschland. Das ist eine eindrucksvolle und vorzeigenswerte Leistungbilanz des deutschen Sports. Der Bericht macht die Vorreiterrolle der olympischen Verbände deutlich. 96 Prozent der Kontrollen — 6 517 von 6 791 — wurden an Sportlern in den olympischen Verbänden durchgeführt. Die dennoch zurückgegangene Zahl der Dopingfälle läßt eine Wechselwirkung zwischen Kontrollhäufigkeit, angedrohten Sportsperren und Prävention erkennen. Ich halte es für unverzichtbar, auf internationaler Ebene Niveaugleichheit bei der Dopingbekämpfung, und zwar insbesondere bei den Trainingskontrollen, anzustreben. Das sind wir unseren Leistungssportlern und ihrer Chancengleichheit auf der internationalen Sportbühne schuldig. Gefordert sind hier in erster Linie die internationalen Gremien, aber auch die deutschen Spitzenverbände. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 236. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Juni 1994 20773* Neben der erfreulichen Entwicklung im Leistungssport zeigt der Bericht auch Schattenseiten. Die häufig geäußerte Vermutung, daß es außerhalb des Spitzensports eine aktive „Dopingszene" gibt, wird mit dem Bericht erhärtet. Von 47 Dopingkontrollen beim Deutschen Bodybuilding-Verband im Jahr 1993 waren 27 und damit 55 Prozent positiv. Das sind 41 Prozent aller im deutschen Sport aufgedeckten 66 Dopingverstöße, Bereits 1992 betrug deren Anteil an den Dopingverstößen 41 Prozent — 18 von 44. Dabei liegen die Motive offenkundig außerhalb der „klassischen" Leistungssteigerung. Es geht hier vielmehr um das äußere Erscheinungsbild. Von Idealen möchte ich in diesem Zusammenhang lieber nicht sprechen. Auf dem Gebiet der Dopingbekämpfung besteht, wie im übrigen auf fast allen Feldern der Sportpolitik, ein breiter politischer Grundkonsens. Daß dennoch heute über getrennte Anträge zum Anti-DopingBericht der Bundesregierung entschieden werden muß, liegt daran, daß unterschiedliche Auffassungen über das „Wie" der Verhinderung des Arzneimittelmißbrauchs für Dopingzwecke bestehen. Der Bericht stellt die Haltung der Bundesregierung klar: Eine Änderung des Arzneimittelgesetzes wird nicht als erforderlich angesehen. Hauptmißbrauchsformen, wie der Verkauf von Dopingmitteln in Fitneßzentren und der illegale Import, werden durch das Arzneimittelgesetz sanktioniert. Hier geht es wie so häufig darum, bestehenden Gesetzen durch Verwaltungsvollzug Geltung zu verschaffen. Dafür ist die Bundesregierung auf die Mitwirkung der Bundesländer angewiesen. Für die Anti-Doping Diskussion müssen die Prinzipien einer glaubwürdigen Politik beachtet werden. Man darf nicht auf der einen Seite die Straffreiheit bei Besitz und/oder Konsum geringer Mengen selbst harter Drogen propagieren, wenn man auf der anderen Seite Strafverschärfungen bei Arzneimittelmißbrauch, und zwar nur für den Fall des Dopings, fordert. Die Bundesregierung sieht das überzeugende Eintreten der Spitzenverbände für einen sauberen Sport als „Geschäftsgrundlage" für den Fortbestand der Bundesförderung an. Der autonome deutsche Sport kann sich dann darauf verlassen, daß die Bundesregierung auch in dieser Beziehung ein verläßlicher Partner des Sports bleibt. Die Frage „Doping im Sport" hat uns schon oft beschäftigt. Ich möchte daher die auslaufende Sitzungsperiode zum Anlaß nehmen, die positive Rolle des Sportausschusses des Deutschen Bundestages für die Sportpolitik und den Sport selbst hervorzuheben. Auch wenn über den richtigen Weg gestritten wurde, bei der Zielsetzung gab es im Sportausschuß eher eine „parteiübergreifende Koalition für die Belange des Sports". Die Erfolge deutscher Sportlerinnen und Sportler bei den Olympischen Sommer- und Winterspielen sowie den Paralympics von Barcelona und Lillehammer stehen für die wirksame politische wie finanzielle Unterstützung durch den Bundestag und die Bundesregierung in schwieriger Zeit. Für die gute Zusammenarbeit dabei danke ich dem Sportausschuß und an der Spitze seinem Vorsitzenden Ferdi Tillmann. Anlage 5 Amtliche Mitteilungen Die Abgeordnete Bärbel Sothmann zieht ihre Unterschrift zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 12/6708 zurück. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/2310 Innenausschuß Drucksache 12/5490 Drucksache 12/6629 Drucksache 12/6847 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/6458 Drucksache 12/7173 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 12/6374 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/6235 Drucksache 12/7081 Drucksache 12/7194 Drucksache 12/7195 Ausschuß für Familie und Senioren Drucksache 12/7079 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 12/6923 Drucksache 12/6995 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/6236 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/7122 EG-Ausschuß Drucksache 12/7132 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/5662 Nrn. 3.1, 3.2 Innenausschuß Drucksache 12/6902 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/7371 Nrn. 2.3-2.7 Drucksache 12/6582 Nr. 3.4 Drucksache 12/6649 Nrn. 2.13, 2.15 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/6902 Nr. 2.49 Drucksache 12/7293 Nr. 3.4 Drucksache 12/7461 Nr. 2.3 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/7180 Nr. 7 Drucksache 12/7371 Nr. 2.12 Drucksache 12/7741 Nrn. 2.21, 2.22, 2.23 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/6780 Nr. 2.9 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 1 2/7371 Nr. 2.16 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 12/7371 Nrn. 2.18, 2.19
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ruth Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn ich noch weniger Zeit habe als Sie, verehrter Herr Kollege Mischnick, möchte ich trotzdem die Gelegenheit nutzen, mich ganz herzlich bei Herrn Tillmann, Herrn Büchner und Ihnen für die Arbeit bedanken, die Sie für den Sport getan haben, und für die Art und Weise, wie wir im Sportausschuß wirklich fair miteinander gerungen haben, um die Probleme des Sports in der Bundesrepublik Deutschland wirklich bewältigen zu können.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Erlauben Sie mir diese persönliche Bemerkung, denn dies ist für diese Personen, die dafür jahrelang gewirkt haben, ein ganz entscheidender Moment des Abschiedes aus diesem Arbeitsbereich.
    Ich darf jetzt zum Thema kommen. In der öffentlichen Diskussion steht nicht der Leistungssport an sich zur Disposition, sondern sein beschriebener Werteverfall und seine damit verbundene, vielzitierte sichtbare Sinnkrise.
    Zwangsläufig wirft dies die Frage auf: Welche Zukunft hat der Spitzensport? Auch wenn ich nicht gerade zu den Optimisten in dieser Frage zähle, so hoffe ich, daß der Spitzensport national und vor allen Dingen international gesehen — seine Selbstzerstörungsmechanismen doch noch so verändern kann, daß er eine positive, öffentlich anerkannte Zukunft haben wird.
    So wichtig Dopingkontrollen in dieser notwendigen Trendwende auch sein mögen, im gegenwärtigen Gefahrenspektrum des modernen Hochleistungssportes ist das Problem Doping aber nur ein Symptom.
    Nun ist symptomatische Behandlung nicht grundsätzlich abwegig, zumeist jedoch vergeblich, wenn man die Ursachen des Symptoms nicht zugleich mitbehandelt. Es gibt aber ernstzunehmende Wissenschaftler, Funktionäre, Sportler sowie Politiker, die davon überzeugt sind, daß Dopingkontrollen, Strafaktionen sowie entsprechende Erziehungs- und Aufklärungskampagnen über die Gefahren des Dopings Überzeugungen und Wertevorstellungen der Athleten so verändern und festigen könnten, daß Kontroll- und Strafaktionen eines Tages überflüssig werden.
    Folgt man diesen Argumenten, kann man sich — global gesehen — einer positiven Bewertung der Inhalte des uns vorliegenden Anti-Doping-Berichtes nicht entziehen. An Hand aller Inhalte dieses Berichtes kann man das Urteil teilen, daß im deutschen Anti-Doping-System schon sehr frühzeitig Forderungen des Gesetzes zum Übereinkommen gegen Doping vom 16. November 1989 gegen Doping umfassend Berücksichtigung gefunden haben.
    So weist er eine wesentliche Zunahme durchgeführter Trainingskontrollen aus, die dem deutschen Sport im internationalen Vergleich einen vorderen Platz einräumen. Auch Erziehungsarbeit wird nachweislich durch eine umfassende und qualitativ gute Aufklärungsarbeit geleistet.
    Offen bleibt die Frage nach einer Verbesserung der Definition des Dopings, die meines Erachtens aber nur der Sport selbst, und zwar auf internationaler Ebene, klären und beantworten kann und muß. Dies bei der Bundesregierung in Auftrag zu geben, so wie im Entschließungsantrag der SPD formuliert, halte ich einfach für nicht machbar.
    Unbestritten bleibt der illegale Verkehr und Handei mit leistungssteigernden Mitteln ein offenes Problem, das ohne Zweifel einer Lösung zugeführt werden muß. Aber auch hier bezweifle ich, wie im Bericht erwähnt, daß dieses Problem durch eine Veränderung des Arzneimittelgesetzes zu lösen ist. Ich glaube, da sind andere Dinge notwendig.
    Der Bericht zeigt — wenn auch nur im Anhang — ein für mich kompliziertes offenes Problem einer erfolgreichen, vor allem weltweiten Dopingbekämpfung auf. Die zu Dopingzwecken benutzten Medikamente sind immer früher und schneller auf dem Markt
    und die Pharmazie tut ihr übriges dazu —, als es gelingt, praxiswirksame Analyseverfahren für ihren Nachweis zu entwickeln. Gibt es sie bzw. findet man sie, stellt sich das Problem der Finanzierbarkeit ihres Einsatzes und ihrer Durchführung für den Sport. Sicher darf man die erfolgreiche Durchsetzung einer Anti-Doping-Konzeption nicht allein auf die Kostenfrage reduzieren. Es ist aber legitim, darauf hinzuweisen, daß die Sparmaßnahmen innerhalb des Bundeshaushaltes den Erfordernissen des Sports diesbezüglich auch objektiv Grenzen setzen. Wir alle kennen die veröffentlichten Meldungen der Schwimmer, die sich beschwert haben, daß sie nicht kontrolliert werden konnten; es war aber eben eine ökonomische Reduzierung.
    Zum Anfang meiner Rede zurückkommend bemerke ich abschließend: In einer Gesellschaft, die Konkurrenz, Wettbewerb und Leistung als bestimmende Prinzipien anerkennt, wird der Spitzensport



    Dr. Ruth Fuchs
    immer eine Zukunft haben. Offen bleibt die Frage: in welcher Form und mit welchen Konsequenzen?
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. auf Drucksache 12/8061. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? — Wer stimmt dagegen? — Wer enthält sich der Stimme? — Der Entschließungsantrag ist angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/8051. Wer stimmt dafür? Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Korrektur des Rentenüberleitungsgesetzes (Rentenüberleitungs-Korrekturgesetz — Rü-KG)

— Drucksache 12/6217 (Erste Beratung 219. Sitzung)

aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

— Drucksache 12/8081 —
Berichterstattung: Abgeordneter Heinz Rother
bb) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 12/8082 —
Berichterstattung:
Abgeordnete Karl Diller Hans-Gerd Strube
Ina Albowitz
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste
Mehrbedarf der Sozialhilfe in den neuen Bundesländern
— Drucksache 12/7463 —Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Familie und Senioren (federführend) Rechtsausschuß
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Ausschuß für Frauen und Jugend
Haushaltsausschuß
Zum Gesetzentwurf liegen drei Änderungsanträge der Gruppe PDS/Linke Liste vor. Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat, ein gelinder Euphemismus, ist für die gemeinsame Aussprache eine halbe Stunde
vorgesehen, wobei die Gruppe PDS/Linke Liste 10 Minuten erhalten soll. — Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin Petra Bläss das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über sieben Monate hatten Sie Zeit, unsere Vorschläge einer Korrektur der Überleitung der DDR-Renten in das bundesdeutsche Recht zu prüfen und Eigenes dazuzupacken. Doch die 15 Minuten Aussprache gestern im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zeigten markant, daß Sie nicht willens sind, jetzt etwas zu tun. Wenn Sie den Gesetzentwurf der PDS/Linke Liste heute ablehnen, ist eine Chance, Rentengerechtigkeit nicht nur scheibchenweise, sondern grundlegend und rasch zu erreichen, verpaßt. Nach wie vor hüllen sich Regierungskoalition und SPD in Schweigen, wenn es um Details von Änderungen geht. Deshalb möchte ich Ihnen heute noch einmal verdeutlichen, was Sie heute abzulehnen gedenken.
    Es geht nicht einfach um Strafrecht, was wir abschaffen wollen, sondern es geht um die weitestgehende Anerkennung gelebter Biographien von Menschen. Unseres Erachtens stellt nur die Anwendung der allgemeinen Bemessungsgrenze die Wertneutralität im Sozialrecht wieder her. Darauf könnten beamtenrechtliche und berufsständische Systeme aufstokken.
    Eines der Argumente für die Ablehnung durch die Koalitionsfraktionen sind die Finanzen. Aber das Argument, daß geprüft werden muß, inwieweit staatliche Sicherungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung übernommen und berücksichtigt werden können, ist nicht stichhaltig. Für fast alle Zusatzversorgungssysteme wurden in der DDR Beiträge gezahlt, natürlich nicht in die gesetzlichen Rentenkassen der Bundesrepublik, sondern in die der Staatlichen Versicherung der DDR. Ebenso verhielt es sich bei den Sonderversorgungen der sogenannten bewaffneten Organe, die ein eigenes System speisten.
    Auch in der DDR war die Altersversorgung im Umlageverfahren organisiert. Das heißt, daß die Sozialversicherungskassen in der DDR wie die Rentenkassen in der Bundesrepublik keine Kapitaldecke für jahrzehntelange Rentenzahlungen hatten. Die Kassen suchen sie also in der Tat vergeblich.
    Wenn das Strafrecht abgeschafft werden soll, geht das nicht zu Lasten der Beitragszahlerinnen und -zahler, vor allem der westdeutschen, wie meist suggeriert wird, sondern zu Lasten von Herrn Waigels Kasse. Doch wenn man die erforderlichen Mittel von rund 300 Millionen DM jährlich anschaut, so sind das bei einem Gesamtrentenfonds von 380 Milliarden DM jährlich nicht einmal 0,1 %. Zudem speist sich auch jede Beamtenversorgung aus den Steuern von heute und nicht von vor 20 Jahren. Mit den allein über 1,5 Millionen jungen, gut ausgebildeten Menschen, die aus der DDR bzw. den neuen Bundesländern in die alten übergesiedelt sind oder pendeln und heute die Rentenkassen im Westen füllen, haben die älteren



    Petra Bläss
    Ostlerinnen und Ostler allemal ein Anrecht auf faire Behandlung.
    Doch der eigentliche Knackpunkt ist: Die Bundesrepublik hat die Bevölkerung und die Werte der DDR übernommen. Also muß sie auch die aus Arbeitsleistungen resultierenden Rentenansprüche respektieren und den Eigentumsschutz garantieren.
    Wenn seitens der SPD immer die Länderfinanzen ins Spiel gebracht werden, die erforderlich, in den neuen Ländern aber doch so mager seien, werden hier Sachen bewußt oder unbewußt vermischt. Es wurde durch die letzte Volkskammer der DDR entschieden und vom Bundestag bestätigt, daß alle Altersversorgungsansprüche der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik überführt werden. Damit geht es jetzt um die Rentenkasse und um Zuschüsse des Bundes. Ein nächstes Kapitel ist, auch unter Inanspruchnahme von Länderfinanzen berufsständische und beamtenrechtliche Systeme aufzustocken.
    Die Anerkennung des Einkommens bis zur allgemeinen Bemessungsgrenze entspricht auch der Beschlußlage der Volkskammer und des Einigungsvertrages. Dort steht nicht nur, wie gern einseitig zitiert, daß „ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen" sind, sondern auch, daß „die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme in die Rentenversicherung zu überführen sind" und „eine Besserstellung gegenüber vergleichbaren Ansprüchen und Anwartschaften nicht erfolgen darf" .
    Wir meinen, daß die allgemeine Bemessungsgrenze eine ausreichende „Entprivilegierung" für alle Zusatzversorgten darstellt. Für die Sonderversorgten machen wir darüber hinaus den Vorschlag, nachweislich überhöhte Einkommensbestandteile wie einige Zuschläge nicht zu berücksichtigen. Das ist eine rechtsstaatliche und sozial verantwortbare Lösung.
    Anders ist es bei der Suche nach Möglichkeiten für Aufstockungen. Da können Sie nachdenken, wo Sie eine zusätzliche Versorgung schaffen wollen und wo nicht. Hier können wir uns auch mit Einzelfallprüfungen anfreunden. Die gesetzliche Rentenversicherung aber ist für die PDS/Linke Liste für Abstriche jeglicher Art tabu.
    Lassen Sie mich kurz auf das mehrmals wiederholte Argument der SPD eingehen, wir mögen doch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten, das die Kriterien für den verfassungsrechtlichen Rahmen setzen wird.
    Erstens wird es in Karlsruhe in Sachen Rentenüberleitung immer nur zu einem mühsam bis dorthin vorgedrungenen Fall, günstigstenfalls für ein System ein Urteil geben. Die komplex angelegte Verfassungsbeschwerde, organisiert von der Gesellschaft zum Schutz für Bürgerrecht und Menschenwürde, wurde, wie Ihnen sicher bekannt ist, aus formellen Gründen abgewiesen.
    Zweitens haben wir bis vor kurzem angenommen, daß Sie Urteile des Bundessozial oder -verfassungsgerichts für heilig halten. Wenn aber die Koalitionsfraktionen ein gerade gefälltes Urteil des Bundessozialgerichts zum Vorruhestand sozusagen im Handstreich mit einem Gesetzentwurf kippen, kommen uns doch Zweifel. Ein den Interessen der Betroffenen entgegenkommendes Urteil soll innerhalb einer Woche hier im Bundestag revidiert werden. Wer kann denn da noch an Gerechtigkeit über den beschwerlichen Weg der Sozialgerichtsbarkeit glauben?
    Insgesamt verbirgt sich unseres Erachtens hinter den ablehnenden Argumenten bezüglich Finanzen und Entprivilegierungsauftrag, hinter dem Appell sorgsamer Prüfung nur, daß der politische Wille fehlt, die Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR fair behandeln zu wollen, also eine politische Absicht. Das zeigt sich auch daran, daß es im Ausschuß keine Reaktionen zu unseren konkreten Vorschlägen bezüglich der Überführungslücken und -ungerechtigkeiten gab.
    Wenn rentenrechtliche Zeiten wie die von Blinden- und Sonderpflegegeldempfängerinnen und -empfängern, von Aspirantinnen und Aspiranten und Frauen in Sonderstudien, von Menschen, die sich im Auslandseinsatz befanden, von mithelfenden Ehefrauen selbständiger Land- und Forstwirte oder anderer selbständig Tätiger nicht anerkannt werden, dann kann das fast nur als politische Borniertheit bezeichnet werden.
    Die letzte DDR-Volkskammer hatte in Kenntnis des Sachverhalts, daß es Zeiten gab, die nach DDR-Recht nicht versicherungspflichtig waren, aber nach bundesdeutschem Recht versicherungspflichtig sind, einen Katalog solcher Zeiten zum 1. März 1990 als rentenrechtlich wirksam bestimmt. Wenn diese Rechtsvorschriften durch das Renten-Überleitungsgesetz nur für die Vergleichsrentenberechnung übernommen wurden, die es für die Zusatz- und Sonderversorgung seit 1. Januar dieses Jahres nicht mehr gibt, und für die anderen ab 1. Januar 1996, dann ist das diskriminierend und sozial untragbar.
    Sie können doch nicht ernsthaft wollen, daß Frauen, die vor LPG-Gründung als mithelfende Ehefrauen im Familienbetrieb tätig waren, künftig zwölf bis 15 Jahre bei der Rente fehlen, bloß weil diese Zeiten nach Bundesrecht versicherungspflichtig waren und nach DDR-Recht eben nicht. Wenn Sie das wollen, handeln Sie verantwortungslos und mißachten Bestandsschutz.
    Ein ebenso brisanter Fakt ist der Sozialzuschlag. Gezahlt vor allem deshalb, weil die Sozialämter in den neuen Bundesländern noch nicht ausgestaltet waren, wird er heute, wo sukzessiv Gegenrechnungen mit dem Einkommen der Ehepartner möglich sind, zurückgefordert, für einzelne in Höhe von mehreren tausend DM. Wer hat denn schon in dem Papierwust der Bescheide den kleinen Vermerk über die sogenannte vorbehaltliche Zahlung gelesen? Bei der rasanten Steigerung der Lebenshaltungskosten ist doch klar, daß die meisten dieses Geld, das die Rente monatlich bis 600 DM und zuletzt bis auf 674 DM aufstockte, zur alltäglichen Lebensführung verbrauchten. Eine Rückforderung ist hier in der Tat unmenschlich.
    Ebenfalls mit dem Sozialzuschlag zusammenhängend steht gegenwärtig folgendes Problem an: Der



    Petra Bläss
    Mehrbedarf der Sozialhilfe für ältere Bedürftige und Menschen mit Behinderung wurde in den neuen Bundesländern unbegrenzt ausgesetzt. Wir werteten das zunächst als Fingerzeig darauf, daß sich die Bundesregierung bis zum Wegfall der Bewilligung des Sozialzuschlags eine andere Lösung dieser Unterversorgungssituationen ausdenken will. Doch nichts geschah.
    Aber nun gibt es seit 1. Januar 1994 keine Neubewilligungen des Sozialzuschlags mehr, und auch Mehrbedarf der Sozialhilfe ist noch außer Kraft. Wenn Sie schon unserem Vorschlag der zeitlich unbegrenzten, eigenständigen Zahlung des Sozialzuschlags im Korrekturgesetz nicht zustimmen, dann geben Sie sich wenigstens einen Ruck, und befürworten Sie unseren Antrag zur Inkraftsetzung des Mehrbedarfs in den neuen Bundesländern.
    Wie wenig es Ihnen um das Schicksal von Menschen geht, zeigt auch, daß Sie den Hilferuf des Akademischen Ruhestandsvereins, der nach Ihrer Diktion „Nichtstaatsnahe" vertritt, vom Mai dieses Jahres überhörten. Durch den schleppenden Vollzug der Neuberechnungen entstehen Fehlbeträge von mittlerweile monatlich 300 DM bis 700 DM. Da die pauschale Umbewertung von Bestandsrenten auf der 1,0-Basis erfolgt, ist der berechnete Rentenanspruch nach SGB VI und allgemeiner Bemessungsgrenze inzwischen auch höher als der besitzgeschützte Zahlbetrag nach DDR-Recht. Aber durch den Antragsstau und die zögerlichen Neuberechnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte kommen die Betroffenen nicht zu dem ihnen zustehenden Geld.
    Jetzt wird mit der Ankündigung, das Aufrufen der Jahrgänge bis 1929 erfolge noch bis Ende dieses Jahres, suggeriert, daß die Neuberechnungen bald erfolgen. Tatsache ist jedoch etwas anderes: Wenn die BfA ihr monatliches Berechnungstempo von 2 000 — —