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    Vokabeln: 4
    1. Zusatzfrage: 1
    2. des: 1
    3. Abgeordneten: 1
    4. Hollerith.: 1
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    Plenarprotokoll 12/235 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 235. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Inhalt: Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 20520 D Absetzung der Punkte 4 und 15 von der Tagesordnung 20521 B Begrüßung einer Delegation des slowakischen Parlaments unter der Leitung von Dr. Ivan Laluha 20541 B Tagesordnungspunkt 1: Fragestunde — Drucksache 12/7990 vom 17. Juni 1994 — Versand des „Infodienstes Kommunal" durch das Bundesministerium des Innern in einer Kunststoff-Folie anstelle einer anderen Verpackung MdlAnfr 2 Steffen Kampeter CDU/CSU Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 20509 B ZusFr Steffen Kampeter CDU/CSU 20509 C Familienpolitische Initiativen der Bundesregierung seit 1991 zur Verringerung der Nachteile von Familien gegenüber Kinderlosen MdlAnfr 5 Michael Habermann SPD Antw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 20510 C ZusFr Michael Habermann SPD 20510D Transport der für den Schnellen Brüter in Kalkar hergestellten 123 Plutonium-Brennelemente zum Schnellen Brüter Belojarsk in Rußland; technische Sicherheit der Anlage MdlAnfr 8 Horst Kubatschka SPD Antw PStSekr Ulrich Klinkert BMU 20511 D ZusFr Horst Kubatschka SPD 20511 D ZusFr Josef Hollerith CDU/CSU 20512 B „Wettbewerbsnachteile" der Familien gegenüber Kinderlosen durch die Steuerfreistellung des Existenzminimums von Kindern bei gleichzeitiger bedarfsgerechter Gestaltung des Kindergeldes MdlAnfr 12 Michael Habermann SPD Antw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 20512D ZusFr Michael Habermann SPD 20512 D ZusFr Uta Würfel F.D.P. 20513 C ZusFr Horst Kubatschka SPD 20513 C ZusFr Josef Hollerith CDU/CSU 20513 D Auswirkungen der in Österreich und der Schweiz vorgeschriebenen Regelung des Angebots preiswerter alkoholfreier Getränke in Gaststätten auf die Verkehrssicherheit; Kontrolle der Einhaltung dieser Vorschriften II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, cien 23. Juni 1994 MdlAnfr 14, 15 Josef Hollerith CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Reinhard Göhner BMWi 20514A, 20515 A ZusFr Josef Hollerith CDU/CSU 20514A, 20515A ZusFr Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD 20514 C ZusFr Horst Kubatschka SPD 20514 D Angebot eines preiswerten alkoholfreien Getränkes in Gaststätten in den EU-Mitgliedstaaten MdlAnfr 16 Benno Zierer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Reinhard Göhner BMWi 20515C ZusFr Benno Zierer CDU/CSU 20515 C ZusFr Josef Hollerith CDU/CSU 20515 D ZusFr Horst Kubatschka SPD 20516 A ZusFr Ernst Hinsken CDU/CSU 20516 B ZusFr Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD 20516B Prozentualer Anteil der ein preiswertes alkoholfreies Getränk anbietenden Gaststätten; Verkehrsunfälle jüngerer Gaststättenbesucher MdlAnfr 17, 18 Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Reinhard Göhner BMWi 20516C, 20518D ZusFr Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU . 20516 D, 20519A ZusFr I forst Kubatschka SPD 20517 A ZusFr Ernst Hinsken CDU/CSU 20517 B ZusFr Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD 20517B ZusFr Benno Zierer CDU/CSU 20517 C ZusFr Josef Hollerith CDU/CSU 205171), 20519B ZusFr Dr. Uwe Jens SPD 20518A Angebot eines preiswerten alkoholfreien Getränks in Gaststätten MdlAnfr 19, 20 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Reinhard Göhner BMWi 20519C, 20520A ZusFr Ernst Hinsken CDU/CSU 20519C, 20520 B ZusFr Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD 20519D, 20520 D ZusFr Horst Kubatschka SPD 20520 C Zur Geschäftsordnung (Antrag der Fraktion der SPD auf Erweiterung der Tagesordnung um den vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Vertriebenenzuwendungsgesetzes) Rolf Schwanitz SPD 20521 C Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 20522 B Manfred Richter (Bremerhaven) F.D.P. 20522D Andrea Lederer PDS/Linke Liste 20523 D Zur Geschäftsordnung (Antrag der Fraktion der SPD auf Erweiterung der Tagesordnung um den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes) Anke Fuchs (Köln) SPD 20524 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 20524 D Manfred Richter (Bremerhaven) F.D.P. 20525 B Andrea Lederer PDS/Linke Liste 20526A Tagesordnungspunkt 21: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der finanziellen Voraussetzungen für die Neugliederung der Länder Berlin und Brandenburg (Drucksache 12/7818) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder (Erbrechtsgleichstellungsgesetz) (Drucksache 12/ 7819) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Notenwechsel vom .. . zur Änderung des Notenwechsels vom 25. September 1990 zum NATO-Truppenstatut (Drucksache 12/7980) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 16. Mai 1994 zur Änderung des Unterzeichnungsprotokolls zum Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (Drucksache 12/8018) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tierseuchengesetzes (Drucksache 12/8007) f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Futtermittelgesetzes (Drucksache 12/8008) g) Beratung des Antrags des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft Hohbergweg 2 in Lahr/Schwarzwald (Drucksache 12/ 7882) 20526 C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 III Zusatztagesordnungspunkt 1: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Renate Blank, Georg Brunnhuber, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Ekkehard Gries, Manfred Richter (Bremerhaven), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme der Beamten und Arbeitnehmer der Bundesanstalt für Flugsicherung (Drucksache 12/8038) b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Maria Michalk, Michael Wonneberger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Gisela Babel, DieterJulius Cronenberg (Arnsberg), und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verordnung über die Gewährung von Vorruhestandsgeld (Drucksache 12/ 8039) c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Roswitha Wisniewski, Alfons Müller (Wesseling), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Gisela Babel, Dieter-Julius Cronenberg (Arnsberg), und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 12/8040) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzneuregelungsgesetz) (Drucksache 12/8047) 20527 A Tagesordnungspunkt 22: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft (Drucksachen 12/7770, 12/8069) b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 24. Juli 1992 über die Errichtung, den Bau und den Betrieb einer Urananreicherungsanlage in den Vereinigten Staaten von Amerika (Drucksachen 12/7494, 12/8028) c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europa-Abkommen vom 4. Oktober 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Tschechischen Republik (Drucksachen 12/7621, 12/8033) d) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europa-Abkommen vom 4. Oktober 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Slowakischen Republik (Drucksachen 12/7622, 12/8043) e) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 22. September 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kasachstan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 12/7502, 12/8034) f) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. Oktober 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Albanien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 12/7503, 12/8020) g) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Drucksachen 12/6838, 12/7881) h) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften (Drucksachen 12/5826, 12/8005) i) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare zweiunddreißigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 12/7187, 12/7789) IV Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 j) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Einhundertvierundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz (Drucksachen 12/7155, 12/7794) k) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der Wiley-Kaserne in Neu-Ulm (Drucksachen 12/7349, 12/ 7949) 1) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung des Schul- und Kindergartenareals in München, Perlacher Forst (Drucksachen 12/7535, 12/7950) m) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 65 Abs. 7 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der Lufthansa-Anteile des Bundes (Drucksachen 12/7970, 12/8080) n) Beratung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses: Übersicht 13 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 12/7744) o) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Fremdenverkehr und Tourismus zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Antje-Marie Steen, Car] Ewen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD zu der Großen Anfrage der Abgeordneten Antje-Marie Steen, Carl Ewen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Reisemöglichkeiten für behinderte Menschen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rolf Olderog, Wilfried Bohlsen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Michaela Blunk (Lübeck), Dr. Eva Pohl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Urlaubs- und Freizeitmöglichkeiten für behinderte Menschen (Drucksachen 12/5086, 12/6288, 12/6290, 12/7993) p) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Errichtung eines europäischen Schiffsmeldesystems in den Seegebieten der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft (Drucksachen 12/6902 Nr. 2.54, 12/7860) q) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Durchführung der IMO-Entschließung A. 747 (18) über die Vermessung der Ballasträume in Öltankschiffen mit Tanks für getrennten Ballast (Drucksachen 12/ 6902 Nr. 2.53, 12/7861) r) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Eisenbahnunternehmen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahnen und die Berechnung von Wegeentgelten (Drucksachen 12/6902 Nr. 2.55, 12/7862) s) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 155 zu Petitionen (Drucksache 12/7952) t) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 156 zu Petitionen (Drucksache 12/7953) u) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 157 zu Petitionen (Drucksache 12/7966) v) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 158 zu Petitionen (Drucksache 12/7954) 20527 C Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer Haungs, Dr. Karl-Heinz Hornhues, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Wolfgang Weiermann, Dr. Uwe Jens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Längerfristige Perspektiven der Stahlindustrie (Drucksache 12/8065) 20529 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 V Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur aktuellen Diskussion über die Steuerpolitik Ingrid Matthäus-Maier SPD 20532A, 20544 D Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/ CSU 20533A Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 20534 A Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste 20535 A Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20536 B Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 20537 B Joachim Poß SPD 20539 A Peter Harald Rauen CDU/CSU 20540 B Detlev von Larcher SPD 20541 C Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU 20542 C Dr. Karl H. Fell CDU/CSU 20543 D Gunnar Uldall CDU/CSU 20545 D Hermann Rind F.D.P. 20546 D Tagesordnungspunkt 2: Debatte Neue Länder a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Materialien zur Deutschen Einheit und zum Aufbau in den neuen Bundesländern (Drucksachen 12/6854, 12/7055 [Berichtigung]) b) — Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung schuldrechtlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet (Schuldrechtsänderungsgesetz) (Drucksache 12/ 7135) Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Wolfgang Ullmann und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der vertraglichen Nutzungen von Erholungsgrundstücken (Drucksachen 12/7229, 12/8035) c) Zweite und dritte Beratung des von der Abgeordneten Christina Schenk und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Erhalt und zur Schaffung dauerhaft gebundener kommunaler Mietwohnungen in den neuen Bundesländern (Drucksachen 12/4932, 12/6599, 12/6666) d) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Werner Schulz (Berlin), Dr. Klaus-Dieter Feige und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Investitionshilfe der westdeutschen gewerblichen Wirtschaft zur Sanierung der Unternehmen in den neuen Bundesländern (Investitionshilfegesetz) (Drucksachen 12/6239, 12/6891) e) Erste Beratung des von der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes (Drucksache 12/7460) f) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Michael Müller (Düsseldorf), Rolf Schwanitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umweltschutzinvestitionen in den neuen Ländern (Drucksachen 12/4813, 12/6143) g) Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Erneuerung industrieller Kerne (Drucksachen 12/6069, 12/7745) h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Erstattung eines Berichts der Bundesregierung zur Lage der Nation im vereinigten Deutschland und zur Durchsetzung des Einigungsvertrages anläßlich des 3. Jahrestages der staatlichen Vereinigung am 3. Oktober 1993 (Drucksache 12/5652) i) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD zur Abwicklung der Kartoffelexporte landwirtschaftlicher Betriebe in den neuen Ländern nach Rumänien im Herbst 1990 (Drucksache 12/7022) j) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Susanne Kastner, Klaus Lennartz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Grundwasserverseuchung durch GUS-Standorte offenlegen und Standorte sanieren (Drucksachen 12/4789, 12/6337) k) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zukunftsinvestitionsprogramm „ökologische Modernisierung statt Arbeitslosigkeit" für die neuen Bundesländer (Drucksachen 12/4293, 12/6709) 1) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses Treuhandanstalt zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt) und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Privatisierungskriminalität (Drucksachen 12/5734, 12/ 6917) m) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Muller (Zittau), Hinrich Kuessner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Überbrückungs- und Modernisierungsdarlehen für Industrieunternehmen in den neuen Bundesländern (Drucksachen 12/4680, 12/ 6940) n) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt), Dr. Ilja Seifert, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur teilweisen Erstattung des bei der Währungsumstellung 1990 zwei zu eins reduzierten Betrages für ältere Bürgerinnen und Bürger sowie Alleinerziehende (Drucksachen 12/6050, 12/ 7056) o) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Gruppe der PDS/Linke Liste: Entwurf eines Verfahrensgesetzes zu Artikel 44 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands — Einigungsvertrag — vom 31. August 1990 (Drucksachen 12/4955, 12/8009) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Siegrun Klemmer, Rolf Schwanitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Sanierung der radioaktiven Altlasten in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen und Brandenburg (Drucksache 12/8030) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt), Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Weitere Behandlung der Altkredite der LPG-Rechtsnachfolger (Drucksachen 12/7557, 12/8073) Johannes Nitsch CDU/CSU 20549 D Wolfgang Thierse SPD 20552A, 20560A, 20565 A Jürgen Türk F.D.P. 20555 B Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste 20556D, 20559C, 20564 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 20559B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20560 C Friedrich Bohl, Bundesminister ChefBK 20562A, 20565 C Dr. Michael Luther CDU/CSU 20566 B Rolf Schwanitz SPD 20567 C Norbert Geis CDU/CSU 20568 C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 20571 A Rolf Schwanitz SPD 20571 C Hans-Joachim Hacker SPD 20572 A Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20572 C Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU 20573 B Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese) fraktions- los 20574 C Ulrich Klinkert CDU/CSU 20575 B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 20576 C Dr. Hermann Pohler CDU/CSU 20577 C Wolfgang Lüder F.D.P. (Erklärung nach § 31 GO) 20578 C Tagesordnungspunkt 3: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksachen 12/7600, 12/7650, 12/7725) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige, Gerd Poppe, weiterer Abgeordneter und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Veröffentlichung des Minderheitenvotums des 1. Untersuchungsausschusses (Drucksache 12/7743) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Beschlußempfehlung und Bericht des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksache 12/8066) Dr. Andreas von Bülow SPD 20580 D Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 20582D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 VII Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20584 B Arno Schmidt (Dresden) F.D.P. 20584 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20585 A Andrea Lederer PDS/Linke Liste 20587 B Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20589A Volker Neumann (Bramsche) SPD 20589 D Joachim Hörster CDU/CSU 20590 C Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU 20591 C Dr. Axel Wernitz SPD 20593 B Joachim Gres CDU/CSU 20594 A Hans-Joachim Hacker SPD 20596 A Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU 20596 D Friedhelm Julius Beucher SPD 20598 A Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 20598 B Volker Neumann (Bramsche) SPD 20595A, 20600 D Joachim Hörster CDU/CSU 20600 B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 20601 A Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 20601 D Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 2060213 Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 20602D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20603 C Joachim Hörster CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 20603 C Andrea Lederer PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 31 GO) 20604 A Tagesordnungspunkt 5: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung (Drucksachen 12/7521, 12/8097) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dietmar Keller, Ulla Jelpke und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Gleichstellung von ostdeutschen Lehrerinnen und Lehrern (Drucksache 12/8029) Udo Haschke (Jena) CDU/CSU 20604 D Gisela Schröter SPD 20606 C Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 20608C Petra Bläss PDS/Linke Liste 20609 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20610A Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 20610C Tagesordnungspunkt 6: Umweltdebatte a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu internationalen Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebietes und des Nordostatlantiks (Drucksachen 12/7847, 12/8076) b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 19. November 1991 zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend die Bekämpfung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen oder ihres grenzüberschreitenden Flusses (Drucksachen 12/7846, 12/8077) c) — Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (Drucksache 12/3487) — Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige und der Gruppe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 12/4105, 12/7720) d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen" (Drucksache 12/7144) e) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Klaus Lennartz, Klaus Kirschner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ökologischer Gesundheitsschutz (Drucksachen 12/3385, 12/6128) f) Beratung der Grollen Anfrage der Abgeordneten Monika Ganseforth, Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umweltschutz bei der Bundeswehr (Drucksachen 12/5817, 12/7002) g) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige, Werner Schulz (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Klimaschutz-Erfolgsbilanz der Bundesregierung (Drucksachen 12/5384, 12/7106) VIII Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 h) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Susanne Kastner, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Drohende Grundwasserversauerung und fortschreitende Bodenversauerung (Drucksachen 12/5816, 12/7282) i) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Ingomar Hauchler, Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Entwicklungs- und wirtschaftspolitische Folgerungen aus der UNCED-Konferenz in Rio de Janeiro (Drucksachen 12/6604, 12/7608) j) Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die EG-Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren (Drucksachen 12/1225, 12/2608) k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein, Monika Ganseforth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Internationale Konvention zum Schutz der Wälder (Drucksache 12/5398) 1) Beratung des Antrags der Abgeordneten Marion Caspers-Merk, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: DioxinMinderungsprogramm (Drucksache 12/6386) m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Susanne Kastner, Dietmar Schütz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umweltpolitische Konsequenzen aus dem Jahrhundert-Hochwassser (Drucksache 12/6735) n) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Axe] Wernitz, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Notwendige Regelungen zum Schutz des Bodens und zur Sanierung gefährlicher Altlasten (Drucksache 12/6747) o) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige, Werner Schulz (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ökologischsoziale Steuerreform jetzt (Drucksache 12/7519) p) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dietmar Schütz, Dr. Cornelie SonntagWolgast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Beendigung der Waffenerprobung und Schießübungen im Watten- und Boddenmeer (Drucksachen 12/417, 12/4785) q) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Ganseforth, Robert Antretter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verminderung der durch den Flugverkehr verursachten ozonzerstörenden und treibhausrelevanten Emissionen (Drucksachen 12/2633, 12/6742) r) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Eckart Kuhlwein, Ulrike Mehl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umweltbildung und Umweltwissenschaften (Drucksachen 12/3768, 12/7307) s) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein, Harald B. Schäfer (Offenburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Sonderabfällen (Drucksachen 12/4255, 12/7404) t) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bekämpfung des Waldsterbens (Drucksachen 12/5784, 12/7571) u) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (Drucksachen 12/6155 Nr. 3.16, 12/7635) y) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Mehl, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erhaltung der biologischen Vielfalt und Schutz gefährdeter Tropenholzarten (Drucksachen 12/6420, 12/7825) Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 IX w) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Dr, Klaus-Dieter Feige, Werner Schulz (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ökologische Verkehrswende — Wege in eine gesunde Mobilität und zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Ilja Seifert und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Erarbeitung eines ökologischen integrierten Gesamtverkehrskonzeptes für die Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 12/3659, 12/3736, 12/5641) Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 20613 C Monika Ganseforth SPD 20615A Gerhart Rudolf Baum F.D.P. 20616 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 20618B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20619B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU 20621 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD 20622B Dr. Norbert Rieder CDU/CSU 20624 B Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMU 20625 A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 20627 A Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Ausländer über die Lage der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland 1993 (Drucksache 12/6960) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Gerd Wartenberg (Berlin), Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Statistik der Zu- und Abwanderung (Drucksachen 12/5361, 12/7824) Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. 20629 D Gerd Andres SPD 20631 D Erika Steinbach CDU/CSU 20634 A Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 20636 C Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 20637 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20637 D Volker Kauder CDU/CSU 20638 C Uta Zapf SPD 20640 B Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20640 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD 20641A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 20642 D Tagesordnungspunkt 8: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Beratungshilfegesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 12/7009, 12/7812) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe (Prozeßkostenhilfeänderungsgesetz) (Drucksachen 12/6963, 12/8010) 20643 C Tagesordnungspunkt 9: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Maßnahmen zur Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG in den Jahren 1991 und 1992 sowie die Fortschreibung des Aktionsprogramms des Bundesministeriums des Innern zur Förderung der deutschen Kultur des Ostens in den Jahren 1994 bis 1999 (Drucksache 12/78e) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Freimut Duve, Hans Gottfried Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Grenzüberschreitende Kulturarbeit im östlichen Europa zu dem Antrag der Abgeordneten Freimut Duve, Dr. Willfried Penner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ostdeutsche Kulturarbeit im Lichte des Grenzvertrages mit Polen (Drucksachen 12/59, 12/6901, 12/8026) 20644B Tagesordnungspunkt 10: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: 2. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung (Drucksachen 12/6330, 12/7752) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Konvention gegen Vertreibung (Drucksachen 12/3369, 12/7320) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Beitritt der Gemeinschaft zur X Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte (Drucksachen 12/6839, 12/7772) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Rudolf Bindig, Volker Neumann (Bramsche), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Deutschlands menschenrechtliche Aufgabe in der Welt stärken und zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Walter Franz Altherr, Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Gerhart Rudolf Baum, Dr. Burkhard Hirsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 1993 „Erfolg der Menschenrechtskonferenz" (Drucksachen 12/6383, 12/6384, 12/7773) Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 20645 C Rudolf Bindig SPD 20646 D Gerhart Rudolf Baum F.D.P. 20647 D Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20648 D Freimut Duve SPD 20649 B Helmut Schäfer, Staatsminister AA 20650 A Tagesordnungspunkt 11: a) Beratung der Grollen Anfrage der Abgeordneten Regina Kolbe, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Beschäftigungssituation Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen und Einordnung des Schwerbehindertenrechts in ein neues Sozialgesetzbuch IX (Drucksachen 12/6159, 12/7139) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Beschäftigung Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen (Drucksachen 12/5208, 12/6771) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Dritter Bericht der Bundesregierung über die Lage der Behinderten und die Entwicklung der Rehabilitation und zu dem Antrag der Abgeordneten Vera Wollenberger, Dr. Klaus-Dieter Feige, weiterer Abgeordneter und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Drucksachen 12/7148, 12/6981, 12/8074) 20651 B Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Regina Schmidt-Zadel, AntjeMarie Steen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verwendung gesundheitsgefährdender Stoffe bei Textilien (Drucksachen 12/4881, 12/6497) 20652 B Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Roland Sauer (Stuttgart), Uta TitzeStecher und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes (Nichtraucherschutzgesetz) (Drucksache 12/7082) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun Schaich-Walch, Angelika Barbe und weiteren Abgeordneten: Vorlage eines Nichtraucherschutzgesetzes (Drucksache 12/6883) 20652 C Nächste Sitzung 20652 D Berichtigung 20652 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 20653* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Christian Müller (Zittau) (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 2) in der 230. Sitzung am 26. Mai 1994 20653* C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 21 der 234. Sitzung vom 17. Juni 1994 (a Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen und anderer Vorschriften über Kreditinstitute; b — Gesetzentwurf über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften; c Bericht: Bekämpfung des InsiderHandels an deutschen Börsen) Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 20653* D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 22h) 20654 B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 XI Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Schuldrechtsänderungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 2 b) 20654* C Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Lüder (F.D.P.) zur Abstimmung über den Antrag: Veröffentlichung des Minderheitsvotums des 1. Untersuchungsausschusses (Tagesordnungspunkt 3 b) 20655 C Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 8 (a — Gesetzentwurf zur Änderung des Beratungshilfegesetzes und anderer Gesetze; b — Entwurf eines Prozeßkostenhilfeänderungsgesetzes) Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 20656* A Dr. Eckhart Pick SPD 20656* D Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20657* C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 20658* A Rainer Funke, Pari. Staatssekretär BMJ 20658* C Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 9 (a — Bericht: Maßnahmen zur Förderung der Kulturarbeit in den Jahren 1991 und 1992 sowie zur Förderung der deutschen Kultur des Ostens in den Jahren 1994 bis 1999; b — Anträge: Grenzüberschreitende Kulturarbeit im östlichen Europa und ostdeutsche Kulturarbeit im Lichte des Grenzvertrages mit Polen) Dr. Roswitha Wisniewski CDU/CSU 20659* B Freimut Duve SPD 20661* B Wolfgang Lüder F.D.P. 20662* D Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 20663* C Angela Stachowa fraktionslos 20664* B Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (a — 2. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung; b Konvention gegen Vertreibung) Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste 20664* D Angela Stachowa fraktionslos 20665* C Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Helmut Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung zu dem Antrag: Konvention gegen Vertreibung (Tagesordnungspunkt 10b) 20666* A Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (a — Große Anfrage: Beschäftigungssituation Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen und Einordnung des Schwerbehindertenrechts in ein neues Sozialgesetzbuch IX; b — Beschäftigung Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen; c — Dritter Bericht der Bundesregierung über die Lage der Behinderten und die Entwicklung der Rehabilitation sowie Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen) Regina Kolbe SPD 20667* D Heinz Schemken CDU/CSU 20670* D Dr. Eva Pohl F.D.P. 20672* B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20673* B Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste 20674* A Rudolf Kraus, Pari. Staatssekretär BMA 20675* A Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 12 (Große Anfrage: Verwendung gesundheitsgefährdender Stoffe bei Textilien) Editha Limbach CDU/CSU 20676* D Regina Schmidt-Zadel SPD 20677* B Marita Sehn F.D.P. 20678* D Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 20679* C Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (a — Gesetzentwurf zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes; b — Antrag: Vorlage eines Nichtraucherschulzgesetzes) Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU 20681* A Uta Titze-Stecher SPD 20682* D Marita Sehn F.D.P. 20683* D Dr. Paul Hoffacker CDU/CSU 20684* D Gudrun Schaich-Walch SPD 20685* C Anlage 14 Verbindungen des Kampfsportlehrers und V-Manns Sch, zu Rechtsextremisten vor dem Brandanschlag in Solingen MdlAnfr 1 — Drs 12/7990 — Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 20686* D XII Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Anlage 15 Belastung der Altersrenten in den Ländern der EU durch Steuern und Beiträge; alternative Alterssicherungssysteme MdlAnfr 3, 4 - Drs 12/7990 Arne Fuhrmann SPD SchrAntw PStSekr Rudolf Kraus BMA 20686* D Anlage 16 Rückforderung bzw. Streichung der für 1994/95 an die Jungdemokratinenn/Junge Linke gewährten Zuschüsse wegen des verfassungsfeindlichen Charakters eines in der Zeitschrift „Tendenz" erschienenen Artikels; Kriterien für die Vergabe von Mitteln für politische Bildungsarbeit MdlAnfr 6, 7 — Drs 12/7990 — Petra Bläss PDS/Linke Liste SchrAntw PStSekr'in Cornelia Yzer BMFJ 20687* D Anlage 17 Dammprojekt im Selous-Wildreservat in Tansania; Auswirkungen auf deutsche Entwicklungshilfe-Projekte MdlAnfr 9 — Drs 12/7990 — Dr. Klaus Kübler SPD SchrAntw PStSekr Hans-Peter Repnik BMZ 20688* A Anlage 18 Aufgaben der bundeseigenen Gesellschaft für Industriebeteiligung mbH (GEFI); Anzahl der Mitarbeiter und Höhe des Besoldungsetats MdlAnfr 10, 11 — Drs 12/7990 — Jürgen Koppelin F.D.P. SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 20688* C Anlage 19 Finanzielle Soforthilfen für die hochwassergeschädigten Bundesländer Sachsen-Anhalt und Thüringen; Nichtberücksichtigung des ebenfalls schwer betroffenen Landes Rheinland-Pfalz MdlAnfr 13 — Drs 12/7990 — Dr. Elke Leonhard-Schmid SPD SchrAntw PStSekr Dr. Joachim Grünewald BMF 20688* D Anlage 20 Fehlen von Mitteln für Aufgaben der Bundeswehr MdlAnfr 21, 22 — Drs 12/7990 — Birgit Homburger F.D.P. SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 20689* A Anlage 21 Beinahezusammenstoß zwischen einer MIG 29 der Bundeswehr und einem Sportflugzeug im Luftraum über Finsterwalde (Land Brandenburg) MdlAnfr 23, 24 — Drs 12/7990 — Stephan Hilsberg SPD SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 20689* D Anlage 22 Privatwirtschaftliche Nutzung der bisher militärisch genutzten Pipelines und Tanklager in der Westpfalz MdlAnfr 25, 26 — Drs 12/7990 — Lydia Westrich SPD SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 20690* B Anlage 23 Anti-Wehrdienst-Beratung von Herrn Z. aus Waldshut MdlAnfr 27 — Drs 12/7990 — Jürgen Augustinowitz CDU/CSU SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 20690* D Anlage 24 Risikoabwehrmaßnahmen für in der Homöopathie verwendete Stoffe, wie z. B. Stufenplanverfahren; Hinzuziehung von Sachverständigen bei der Nachzulassung homöopathischer Tierarzneimittel MdlAnfr 28, 29 — Drs 12/7990 — Uta Würfel F.D.P. SchrAntw PStSekr'in Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 20691* A Anlage 25 Verschreibung von Betäubungsmitteln durch Ärzte für schwerstkranke Patienten nach Inkrafttreten der 5. BetäubungsmittelVerschreibungsverordnung; Information von Ärzten und Patienten MdlAnfr 30, 31 — Drs 12/7990 — Anneliese Augustin CDU/CSU SchrAntw PStSekr'in Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 20691* C Anlage 26 Stand der Vorbereitungen für den Ausbau der Schnellbahntrasse Mannheim-Paris auf französischer Seite MdlAnfr 32 — Drs 12/7990 — Dr. Egon Jüttner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Manfred Carstens BMV 20691* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 XIII Anlage 27 Ausbau der Schienenverbindung WeimarJena-Gera-Glauchau-Chemnitz; Deckelung der Trasse beim Ausbau der A 4 im Raum Jena-Lobeda angesichts der geringen Mehrkosten MdlAnfr 33, 34 Drs 12/7990 — Christoph Matschie SPD SchrAntw PStSekr Manfred Carstens BMV 20692* A Anlage 28 Mittel für das WIP-Hochschulerneuerungsprogramm (WIP-HEP); Anerkennung der Vordienstzeiten der Wissenschaftler MdlAnfr 35, 36 — Drs 12/7990 — Dr. Helga Otto SPD SchrAntw PStSekr Bernd Neumann BMFT 20692* C Anlage 29 Verstärkte Förderung der Forschung im Bereich Hochtemperatur-Supraleiter angesichts der amerikanischen und japanischen Konkurrenz MdlAnfr 37 — Drs 12/7990 — Horst Kubatschka SPD SchrAntw PStSekr Bernd Neumann BMFT 20693* B Anlage 30 Besuch des Bundeskanzlers und seiner Delegation bei der Fußballweltmeisterschaft 1994 in den USA; Kosten und finanzielle Unterstützungen MdlAnfr 38, 39 — Drs 12/7990 — Hans Wallow SPD SchrAntw StMin Anton Pfeifer BK 20693* C Anlage 31 Information des Parlaments über die Arbeit der für das Bundespresseamt und andere Ressorts tätigen Ferenczy Publicity GmbH MdlAnfr 40, 41 — Drs 12/7990 — Ludwig Eich SPD SchrAntw StSekr Dieter Vogel BK 20694* A Anlage 32 Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zum Thema Europa seit dem 16. Februar bzw. 10. April 1994 MdlAnfr 42, 43 — Drs 12/7990 — Verena Wohlleben SPD SchrAntw StSekr Dieter Vogel BK 20694* C Anlage 33 Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zum Thema Europa seit dem 16. Februar bzw. 10. April 1994 MdlAnfr 44, 45 — Drs 12/7990 — Karl Diller SPD SchrAntw StSekr Dieter Vogel BK 20695* C Anlage 34 Schutz der in der deutschen Botschaft in Havanna befindlichen kubanischen Flüchtlinge beim Verlassen des Landes MdlAnfr 46 — Drs 12/7990 — Claus Jäger CDU/CSU SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA 20696* A Anlage 35 Ergebnisse der von der Internationalen Juristenplattform (IPJ) durchgeführten ersten internationalen Osttimor-Konferenz in Manila MdlAnfr 47 — Drs 12/7990 — Dr. Klaus Kübler SPD SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA 20696* C Anlage 36 Ortung und Beseitigung von Landminen unter Einsatz luftgestützter Mikrowellentechnik; Vorschläge der Bundesregierung für den in Stockholm geplanten ExpertenWorkshop MdlAnfr 48, 49 — Drs 12/7990 —Gernot Erler SPD SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA 20696* C Anlage 37 Rüstungsexporte nach Indonesien angesichts der Verurteilung von 21 jungen Menschenrechtsaktivisten in Jakarta (Indonesien) im Juni 1994 MdlAnfr 50 — Drs 12/7990 — Dr. Elke Leonhard-Schmid SPD SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA 20697* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20509 235. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1994 Beginn: 12.00 Uhr
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    *) Anlage 12 **) Anlage 13 Berichtigung 232. Sitzung: Auf den Seiten VI, 20270 D und 20271 D ist bei den Anlagen 9 und 10 jeweils statt „Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG " „Roswitha Verhülsdonk BMFuS" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 23. 6. 94 *** Dr. Blank, CDU/CSU 23. 6. 94 Joseph-Theodor Böhm (Melsungen), CDU/CSU 23. 6. 94 ** Wilfried Borchert, Jochen CDU/CSU 23. 6. 94 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 23. 6. 94 Peter Harry Dr. Enkelmann, Dagmar PDS/Linke 23. 6. 94 Liste Ferner, Elke SPD 23. 6. 94 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 23. 6. 94 Fuchs (Verl), Katrin SPD 23. 6. 94 Gallus, Georg F.D.P. 23. 6. 94 Gansel, Norber SPD 23. 6. 94 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 23. 6. 94 Hackel, Heinz-Dieter fraktionslos 23. 6. 94 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 23. 6. 94 Ibrügger, Lothar SPD 23. 6. 94 *** Koschnick, Hans SPD 23. 6. 94 Dr. Leonhard, Elke SPD 23. 6. 94 Lohmann (Witten), Klaus SPD 23. 6. 94 Dr. Matterne, Dietmar SPD 23. 6. 94 Dr. Mertens (Bottrop), SPD 23. 6. 94 Franz-Josef Dr. Meyer zu Bentrup, CDU/CSU 23. 6. 94 * Reinhard Müller (Pleisweiler), SPD 23. 6. 94 Albrecht Müller (Völklingen), SPD 23. 6. 94 Jutta Müller (Wadern), CDU/CSU 23. 6. 94 Hans-Werner Purps, Rudolf SPD 23. 6. 94 Reichenbach, Klaus CDU/CSU 23. 6. 94 Reimann, Manfred SPD 23. 6. 94 * Dr. Riedl (München), CDU/CSU 23. 6. 94 Erich Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 23. 6. 94 Ingrid Dr. Schnittler, Christoph F.D.P. 23. 6. 94 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 23. 6. 94 Simm, Erika SPD 23. 6. 94 Voigt (Frankfurt), Karsten SPD 23. 6. 94 D. Weis (Stendal), Reinhard SPD 23. 6. 94 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 23. 6. 94 Wimmer (Neuötting), SPD 23. 6. 94 Hermann Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 23. 6. 94 Wolfgramm (Göttingen), F.D.P. 23. 6. 94 * Torsten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Christian Müller (Zittau) (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 2) in der 230. Sitzung am 26. Mai 1994 (Seite 20004 A) Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 21 a-c der 234. Sitzung vom 17. Juni 1994, Seite 20486 D und 20496 A (a - Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen und anderer Vorschriften über Kreditinstitute; b - Gesetzentwurf über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschrift; c - Bericht: Bekämpfung des Insider-Handels an deutschen Börsen) Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Die Bundesregierung hat in den letzten Monaten viel für den Standort Deutschland getan. Mit den heute in zweiter und dritter Lesung zu beratenden Gesetzentwürfen setzt die Bundesregierung diese Politik konsequent fort. Ein leistungsstarker Finanzplatz ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal für einen Wirtschaftsstandort. Er fördert Wachstum und Strukturwandel und stellt selbst eine Wachstumsbranche par excellence dar. Im Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz wird die Attraktivität des Finanzplatzes durch eine Vielzahl vertrauensbildender Maßnahmen sowie weitreichende Deregulierungen erhöht: Die allgemeine Markttransparenz wird erheblich verbessert. Mit diesem Ziel werden börsennotierte Unternehmen verstärkt dazu angehalten, neue Tatsachen unverzüglich zu veröffentlichen, wenn sie den Börsenkurs der von ihnen emittierten Wertpapiere erheblich beeinflussen können. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei wesentlichen Beteiligungen dienen dazu, die Eigentümerstruktur an börsennotierten Gesellschaften im Dienste der Transparenz offenzulegen. Falls es trotz dieser Transparenzverbesserungen noch zu Insidergeschäften kommt, wird die Insider die volle Härte des neuen Straftatbestandes treffen. Sie müssen bei einem Verstoß gegen das Insiderverbot mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafen rechnen. Wegen der Kürze der Zeit kann ich nur noch Stichworte zu den weiteren Änderungen geben: Verbesserung der Aufsicht durch ein eigenständiges Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel; Zu- 20654* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 lassung neuer Geschäftsmöglichkeiten für Kapitalanlagegesellschaften, wie die Teilnahme an der Wertpapierleihe und die erweiterte Nutzung von derivativen Instrumenten; Möglichkeit der Reduzierung der Nennbeträge von Aktien von 50 DM auf 5 DM; Zulassung von Geldmarktfonds; Einbeziehung von Wohlverhaltensregeln für die gewerbsmäßigen Erbringer von Wertpapierdienstleistungen. Mit der fünften KWG-Novelle, durch die die Konsolidierungsrichtlinie und die Großkreditrichtlinie umgesetzt werden, werden ein fairer Wettbewerb, die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen und damit die Solidität unseres Finanzsystems gestärkt. Den zunehmenden Verflechtungen im Finanzsektor wird dadurch Rechnung getragen, daß der Kreis der in die bankaufsichtsrechtliche Konsolidierung einzubeziehenden Unternehmen um Finanzholdinggesellschaften und Finanzholdinggruppen erweitert wird sowie die Befugnisse des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen entsprechend ausgeweitet werden. Mit der Umsetzung der Großkreditrichtlinie werden künftig auch für unsere Kreditinstitute die europäische Großkreditgrenze von 25 % der Eigenmittel des Kreditinstituts für den einzelnen Großkredit und von 800 % der Eigenmittel für alle Großkredite zusammen gelten. Ausnahmeregelungen und Übergangsvorschriften erleichtern es den deutschen Kreditinstituten, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen. Die vorgesehenen Maßnahmen werden die Leistungsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland weiter fördern. Damit werden auch in Zukunft gute Finanzierungs- und Absicherungsbedingungen für die deutsche Wirtschaft ermöglicht und neue Beschäftigungsperspektiven eröffnet. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 22 h) Ich stimme dem eingebrachten Gesetzentwurf der SPD-Fraktion in der Angelegenheit Art. 3 — Ergänzung des § 6 Gaststättengesetz — zu. Als Begründung hierfür möchte ich darauf verweisen, daß es sich um eine frühere Vorlage der Bundesregierung, eines einstimmig gefaßten Beschlusses des Bundesrates sowie einstimmig und mehrheitlich gefaßter Beschlüsse mitberatender Ausschüsse im Deutschen Bundestag handelt. Zudem hatte der Wirtschaftsausschuß des Bundestages vor einigen Wochen bereits in Berlin einen diesbezüglichen Beschluß gefaßt. Auch ist darauf zu verweisen, daß in den Nachbarländern Österreich und Schweiz bereits diesbezügliche gesetzliche Regelungen gefaßt wurden, die sich bewährt haben. Ich halte es im Sinne einer vernünftigen Jugendpolitik für erforderlich, so zu verfahren, um junge Mitbürger nicht zu verleiten, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen, weil sie in gleicher Menge billiger als alkoholfreie angeboten werden. Mir ist klar, daß sich bis auf wenige Ausnahmen die Gastwirte bereits daran halten. Deshalb sollte hier nur etwas festgeschrieben werden, was sowieso schon umgesetzt ist. Es geht nur darum, die wenigen Gastronomen, die sich nicht daran halten, gesetzlich zu verpflichten, auch entsprechend zu verfahren. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Schuldrechtsänderungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 2 b) Ich stimme dem Gesetz wegen grundlegender verfassungsrechtlicher Bedenken nicht zu. So berechtigt und notwendig das Grundanliegen des Gesetzes ist, auch im Bereich der schuldrechtlichen Beziehungen für einen gerechten Ausgleich zwischen Alteigentümern und aus der Zeit der ehemaligen DDR begründeten Nutzungsverhältnissen zu schaffen, so entscheidend ist es, daß dieser Ausgleich in verfassungskonformer Weise, d. h. insbesondere unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG erfolgt. Diesen Anforderungen wird der Gesetzentwurf leider hinsichtlich der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen aus §§ 23 ff. nicht gerecht. Unter dem Titel „Kündigungsschutzfrist" wird in Wahrheit ein nahezu absoluter Kündigungsschutz bzw. ein fast kompletter Ausschluß realer Kündigungsmöglichkeiten eingeführt — mit der Konsequenz, daß der Eigentümer praktisch über keine Möglichkeiten einer wirtschaftlich eigenständigen und sinnvollen Nutzung seines Grundstücks mehr verfügt. Solche Nutzungsmöglichkeiten sind aber definitiver Garantiebestandteil der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie. Dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 GG — einer Rechtsprechung, die zu durchaus vergleichbaren Interessenkonflikten, nämlich solchen aus dem Mietrecht und dortigen Kündigungsschutzregelungen im Verhältnis gerade zu Eigenbedarfskündigungen, entwickelt worden ist. Vor allem in seiner Entscheidung vom 8. Januar 1985 hat das Bundesverfassungsgericht in aller Deutlichkeit ausgesprochen, daß das Privateigentum im Sinne der Verfassung „sich in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand auszeichnet" . Das Eigentum kann zwar im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Gemeinwohlbindung wesentlichen sozialen Schranken unterworfen werden, was auch das Recht zu entsprechenden Kündigungsschutzregelungen mit einschließt. Andererseits müssen solche Regelungen, um erneut das Bundesverfassungsgericht zu zitieren, „die schutzwürdigen Interessen aller Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20655 * in ein ausgewogenes Verhältnis bringen". Aus diesem Grunde bedarf es vor allem hinsichtlich der Rechtsposition des Eigentümers, „daß ihm bei Eigenbedarf die Beendigung des Mietverhältnisses ermöglicht wird". Eben dies ist im Falle des Schuldrechtsänderungsgesetzes und seiner Regelungen gemäß §§ 23 ff, nicht in verfassungskonformer bzw. verhältnismäßiger Weise gewährleistet. Das Bundesverfassungsgericht hat weiterhin gerade zu Kündigungsschutzbeschränkungen im Verhältnis zu Eigenbedarfskündigungen ausgeführt, daß „Kündigungsvorschriften in die Substanz des Eigentums eingreifen, wenn ihre Handhabung " zur „wirtschaftlichen Sinnlosigkeit" des Eigentumsrechts führt — Entscheidung vom 20. September 1991. Das Bundesverfassungsgericht hat weiterhin ausgeführt, wiederum zu entsprechenden Sachverhalten, daß die Bestandsgarantie des Eigentums aus Art. 14 GG „in jedem Fall die Erhaltung des Zuordnungsverhältnisses und der Substanz des Eigentums fordert" — Entscheidung vom 9. Oktober 1991. Diesen verfassungsrechtlich zwingenden Anforderungen genügt der vorliegende Gesetzentwurf nicht. Man mag noch über einen Kündigungsschutz bis zum 31. Dezember 1999, wie er von § 23 Abs. 1 vorgesehen wird, diskutieren. Nach diesem Zeitpunkt müssen aber Kündigungen vor allem aus Gründen des Eigenbedarfs ohne Einschränkung zulässig sein. Dies schließen die Regelungen des § 23 Abs. 2 bis 7 und des § 24 aber in unverhältnismäßiger und damit unvertretbarer Form aus. Schon die Eigenbedarfsregelungen in sich sind tatbestandlich unausgewogen. Noch schlimmer ist es jedoch, daß absolute Ausschlußregelungen teilweise bis zum Jahre 2005 und bis zum Jahre 2015 sowie schlechterdings dann eingeführt werden sollen, wenn „der Nutzer am 3. Oktober 1990 das 60. Lebensjahr vollendet hatte". Selbst wenn gerade ältere Menschen ein Maß besonderen Schutzes verdienen, so erlaubt dies doch nicht, daß das verfassungsrechtliche Zuordnungsverhältnis total negiert wird — ohne Rücksicht auf alle spezifizierenden sozialen Komponenten oder Schutzaspekte. Alle diese Regelungen führen definitiv dazu, daß das Verdikt des Bundesverfassungsgerichts, daß ein Grundstück eigentumsrechtlich nicht zur „wirtschaftlichen Sinnlosigkeit" verurteilt werden darf, erfüllt wird. Ich halte es für unverantwortlich und leichtfertig, gerade in einer so schwierigen Frage des Interessenausgleichs zwischen Alteigentümern und Nutzern und gerade im Lichte des im Zuge der inneren Einheit auch gesamtdeutsch zu realisierenden Rechtsstaates für wenig verantwortlich, mit solchen Regelungen Verfassungsverstöße in Kauf zu nehmen. Dies alles erscheint mir gerade im Lichte der vorgenannten Grundziele und Grundvoraussetzungen als nicht zu rechtfertigen. Ist schon die Regelung des § 23 verfassungswidrig, so gilt das gleiche und erst recht für die Regelung des § 24. Wiederum ist vorauszuschicken, daß Nutzer, die in einem zum dauernden Wohnen geeigneten Wochenendhaus leben, sicherlich ein Maß besonderen Schutzes verdienen. Daß sie aber Kündigungen, die sogar nach § 23 zulässig sein sollen, widersprechen und die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verlangen können, höhlt erneut jede Form eines verfassungsrechtlich ausgewogenen Gesamtausgleichs aus, trifft mit anderen Worten erneut den Kern der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie. Gerade angesichts der so klaren Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es zu bedauern, daß ein solcher Gesetzesentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht worden ist. Er trägt leider nicht zu einem ebenso sozialverträglichen wie verfassungskonformen Interessenausgleich bei. Er wird vielmehr neue Rechts- und Interessenkonflikte produzieren, an denen eigentlich niemandem gelegen sein sollte. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Lüder (F.D.P.) zur Abstimmung über den Antrag: Veröffentlichung des Minderheitenvotums des 1. Untersuchungsausschusses (Drucksache 12/7743) (Tagesordnungspunkt 3 b) Ich stimme für die Veröffentlichung, weil ich Schaden vom Volk und unseren staatlichen Institutionen abwenden möchte. Der Minderheitenbericht der Kollegin Köppe enthält Sachverhaltsdarstellungen, mit denen sich der Deutsche Bundestag und die deutsche Öffentlichkeit auseinandersetzen müssen. Ich halte es für unverantwortlich, wenn sich Bundesbehörden hinter angeblichen Vertraulichkeitsnotwendigkeiten verstecken. Wie lächerlich das Argument der Vertraulichkeit ist, ergibt sich zum Beispiel aus der Anlage 4, einer Aufzeichnung eines „TWI" zur Tagebuch-Nummer 6./86, der nach wie vor „VS-Vertraulich" eingestuft ist. Der Bericht Nummer 35 AB 18088 ... mit dem Titel „Zur Tätigkeit der Firma Forgber" fußt auf einer öffentlich verbreiteten Sendung von Panorama vom 21. Juli 1986. Der Bericht enthält nichts Neues. Der Bericht enthält keine heute noch vertraulichen Geheimnisse. Der Bericht enthält allerdings Nachdenkenswertes über die deutsche offizielle Politik. Viel Nachdenkenswertes über die deutsche offizielle Politik ist in dem Köppe-Bericht enthalten, nichts Geheimhaltungsbedürftiges jedoch. Wenn unser Staat nicht an der unverantwortlichen Vertraulichkeitsmanie zum Schutz der eigenen Unfähigkeit und der eigenen Beamten zugrunde gehen will, muß er die Bereitschaft zur Offenheit und Öffentlichkeit haben. Geheimstufungen sollen dem Schutz des Staates dienen, nicht aber der Arbeit seiner Behörden. Vor Fremden braucht nichts geheim gehalten zu werden, was im Bericht von Frau Köppe enthalten ist. Nur der frische Wind offensiver Öffentlichkeit kann die zur vorurteilsfreien Erörterung der Ergebnisse des Schalck-Untersuchungsausschusses anstehenden Fragestellungen bringen. Dazu werde ich mit meiner Zustimmung zur Veröffentlichuing der Materialien dieses Minderheitenberichts beitragen. 20656* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 8 a) Gesetzentwurf zur Änderung des Beratungshilfegesetzes und anderer Gesetze b) Entwurf eines Prozeßkostenhilfeänderungsgesetzes Andreas Schmidt (Mülheim) (CDU/CSU): Von der Öffentlichkeit größtenteils unbemerkt, liegen mit den heute abschließend zu beratenden Gesetzentwürfen zur Änderung der Beratungs- bzw. Prozeßkostenhilfe Vorschläge der Bundesregierung vor, die unserer Verantwortung für den Rechtsstaat und für den Sozialstaat gleichermaßen gerecht werden. Erfreulich ist das hohe Maß an Zustimmung der übrigen Parteien und Gruppen zu den Entwürfen der Bundesregierung. Wenden wir unseren Blick zunächst dem Gesetzentwurf zur Änderung der Prozeßkostenhilfe zu. Seit dem Inkrafttreten des Prozeßkostenhilfegesetzes im Jahre 1981 sind die Einkommensgrenzen zur Gewährung dieser Hilfe unverändert geblieben. Der vorliegende Entwurf in der Fassung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages paßt die Einkommensgrenze nunmehr an die in den letzten 13 Jahren doch erheblich geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland an. Zu berücksichtigen war, daß die Selbstkostenbeteiligung Glas Existenzminimum der bedürftigen Partei im Prozeß nicht gefährdet. Nach kontroversen Beratungen konnten wir uns darauf einigen, zur Ermittlung des Existenzminimums die Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes heranzuziehen. Damit erreichen wir eine dauerhafte Lösung, denn die Prozeßkostenhilfebeiträge werden zukünftig an die jeweilige Entwicklung des Lebensbedarfs angepaßt. Dies ist eine fortschrittliche Regelung im Rechtssystem. Sie belegt, daß Gesetze der dynamischen und schnellen Rechts- und Wirtschaftsentwicklung in unserem Lande Rechnung tragen wollen. Sollte das Gesetz wie zu erwarten ist heute verabschiedet werden, so wäre dies in der Rechtsfortbildung auch für den Deutschen Bundestag ein großer Erfolg. Des weiteren beraten wir heute in zweiter und dritter Lesung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beratungshilfegesetzes sowie anderer Gesetze. Mit seiner Entscheidung vom 2. Dezember 1992 gab das Bundesverfassungsgericht dem Deutschen Bundestag die Verpflichtung auf, die Bestimmungen des Beratungshilfegesetzes, nach denen die Gewährung von Beratungshilfe in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen war, zu überarbeiten. Nach Verabschiedung dieses Gesetzentwurfes wird unser gesamtes breitgefächertes Rechtssystem dem Beratungshilfesystem unterliegen. Damit ist gewährleistet, daß niemand mehr von staatlicher Hilfe ausgeschlossen sein wird. Neue Beratungseinrichtungen sind indes nicht vorgesehen. Insbesondere dem Rechtsausschuß, der die Annahme dieses Gesetzes einstimmig empfiehlt, erschien es sinnvoller, die Beratungshilfe in arbeits- und sozialrechlichen Angelegenheiten in das bereits bestehende System zu integrieren. Um zukünftige Mißbrauchsmöglichkeiten in Form von Mehrfachanträgen zu verhindern, sieht der Gesetzentwurf vor, die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag auf Beratungshilfe auf das Amtsgericht zu beschränken, in dessen Bezirk der Rechtsuchende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Lediglich bei fehlendem Gerichtsstand im Inland bleibt das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk ein Bedürfnis für Beratungshilfe auftritt. Nach der derzeitigen Regelung sind Mißbräuche deshalb möglich, weil jeweils das Amtsgericht entscheidet, in dessen Bezirk ein Bedüfnis für Beratungshilfe auftritt. Weiterhin wurde dem Bedürfnis Rechnung getragen, die Bedingungen der in einigen Bundesländern bestehenden öffentlichen Rechtsberatung denen der durch einen Rechtsanwalt gewährten Beratungshilfe anzugleichen. Daher werden Einrichtungen der öffentlichen Rechtsberatung zukünftig ebenso zur Verschwiegenheit verpflichtet sein und dürfen darüber hinaus nur mit schriftlicher Zustimmung des Ratsuchenden Auskünfte aus Akten erhalten und Akteneinsicht nehmen. Ein wenig spektakulärer, für die große Aufgabe der Vollendung der inneren Einheit Deutschlands jedoch wichtiger Aspekt dieses Gesetzentwurfes der Bundesregierung in der Fassung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses ist die Änderung des § 40 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes. Fortan haben die Senate des Bundesarbeitsgerichts die Möglichkeit, ihre Sitzungen auch in Erfurt abzuhalten. Damit wird erstmalig eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, ein Bundesgericht schon jetzt in den neuen Bundesländern tagen zu lassen. Am Ende dieser Entwicklung wird zumindest bezüglich des Bundesarbeitsgerichts seine vollständige Verlegung nach Erfurt stehen. Daß wir heute darüber befinden, ob ein Bundesgericht schon in den nächsten Monaten seine Arbeit in den neuen Bundesländern aufnimmt, ist gleichfalls Beweis dafür, daß dem Deutschen Bundestag sehr an der Fortentwicklung der neuen Bundesländer und an dem Zusammenwachsen aller Bundesländer gelegen ist. Gerade die Verlegung des Arbeitsgerichts in die neuen Bundesländer ist darüber hinaus ein Signal, wie sehr sich die Bundesregierung um die sozialen Belange der Arbeitnehmer im Beitrittsgebiet bemüht. Dr. Eckhart Pick (SPD): Zunächst einige Bemerkungen zur Reform des Prozeßkostenhilfegesetzes. Der Bundestag hat in den letzten Monaten zum Ende dieser Legislaturperiode einige — auch justizpolitische — Gesetze verabschiedet, die längst überfällig waren, und die für viele Menschen wichtige Anerkennung des Existenzminimums beinhalten. Ich erinnere an die Anpassung der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen, die endlich die Einkommensentwicklung der Betroffenen berücksichtigen und auch die Relation zur Sozialhilfe einbeziehen. Im Zusammenhang mit der Beratung der neuen Pfändungsfreigrenzen wurde allgemein bemängelt, Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20657* daß Leistungsgesetze sehr unterschiedliche Einkommensgrenzen vorsehen und damit auch die Frage des Existenzminimums sehr unterschiedlich beantwortet wird. Es geht vorliegend also um mehr als nur eine Erhöhung der Berechtigungsgrenzen, sondern auch um eine ansatzweise Vereinheitlichung der Obergrenzen beim Bezug von Leistungen aus öffentlichen Kassen. Prozeßkostenhilfe, das möchte ich betonen, ist wie die Beratungshilfe keine Wohltat des Sozialstaates unter ausschließlich karitativen Gesichtspunkten. Prozeßkostenhilfe ist vielmehr ein unverzichtbares Instrument des Rechtsstaates und des Zugangs zu gerichtlicher Kontrolle von Rechtsbeziehungen im privaten und öffentlichen Bereich. Prozeßkostenhilfe ermöglicht so gesehen auch die Teilhabe am Rechtsleben und an der Rechtskultur. Dies ist gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und zunehmender Überschuldung privater Haushalte von besonderer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund hat die Durchsetzbarkeit von Rechten und Ansprüchen oft existentiellen Charakter. Nicht zuletzt muß der Staat auch ein soziales und ökonomisches Interesse daran haben, daß z, B. Arbeitsverträge soweit wie möglich Bestandsschutz genießen und sozialrechtliche Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt ihrer Erfolgsaussicht von einer unabhängigen Instanz überprüft werden können. Es hat sehr lange gedauert, bis sich die Bundesregierung zu einer Korrektur der bisher geltenden Einkommensgrenzen entschloß. Seit dem 1. Januar 1981 bis heute gelten dieselben ProzeßkostenhilfeFreibeträge! Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 26. April 1988 eine Verfassungswidrigkeit des Tabellengrenzwertes für den damaligen Zeitpunkt noch verneint und hervorgehoben, daß der Gesetzgeber bei der weiteren Erhöhung des Sozialhilferegelsatzes darauf zu achten habe, daß die Kostenbeteiligung das Existenzminimum nicht gefährde. Inzwischen dürfte kein Zweifel mehr darüber bestehen, daß die Grenze der Verfassungswidrigkeit der Einkommensgrenzen erreicht ist. Die Anwendung der Prozeßkostenhilfetabelle führt damit zu Härten, die mit dem sozialen Rechtsstaat nicht mehr zu vereinbaren sind. Die heutige Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe beenden diesen Zustand. Wir freuen uns darüber, weil damit den Zielen unseres Antrags vom 28. Juni 1991 (12/883) entsprochen ist, nachdem dieser durch die Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen bereits zum Teil erledigt war. Nunmehr wird der darin verlangten Anpassung der Prozeßkostenhilfe-Freibeträge ebenfalls gefolgt. Da mit diesem Gesetz auch die von uns geforderte periodische Anpassung der Einkommensgrenzen eingeführt wird, entfällt das umständliche — und wie wir gesehen haben — allzu langwierige Verfahren der Anpassung durch den Gesetzgeber. Das Existenzminimum wird gewährleistet. Bezüglich der Änderung des Beratungshilfegesetzes geht diese ja ebenfalls auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurück. Diese hatte im Gegensatz zu der erwähnten Entscheidung aus dem Jahre 1988 einen klaren Auftrag an den Gesetzgeber erteilt. Dadurch, daß jetzt die Gewährung von Beratungshilfe auf den Bereich des Arbeitsrechts und des Sozialrechts erweitert wird, wid diesem Antrag nicht nur entsprochen, sonden sinnvollerweise auch das Sozialrecht mit einbezogen. Im übrigen wird auch für eine übereinstimmende Beratungspraxis in den Bundesländern gesorgt, die ja höchst unterschiedlich ist. Von besonderer Bedeutung wird die allgemeine Verpflichtung zur Beratungshilfe in arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Angelegenheiten im übrigen für die neuen Bundesländer sein. Es ist wichtig, dort ein hinreichendes Beratungsangebot zur Verfügung zu stellen, da dort die Kenntnisse unseres Rechts und damit auch von individuellen Rechten und Ansprüchen noch nicht vorhanden sind, im übrigen auch noch gar nicht erwartet werden können. Die SPD wird beiden Gesetzentwürfen zustimmen. Dr. Wolfgang Ullmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Sachverhalt ist klar: Die Tabelle der Einkommensgrenzen für Prozeßkostenhilfe in der Anlage zu § 114 ZPO ist seit 1981 unverändert geblieben und bedarf darum dringend der Anpassung. Daß dabei der Bundesverfassungsgerichtsentscheid zum Existenzminimum von Angang 1993 zu berücksichtigen war, versteht sich von selbst. Sehr begrüße ich den Vorschlag der Regierung, durch eine jährliche Anpassung eine Dauerlösung herbeizuführen. Nicht weniger umsetzungsbedürftig ist der andere Karlsruher Entscheid vom 2. Dezember 1992, der die Gewährung von Beratungshilfe auch im arbeitsrechtlichen Verfahren verlangt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten darum schon im Februar 1993 die Ausdehnung der Beratungshilfe auf Arbeits- und Sozialrecht vorgeschlagen — Drucksache 12/4346 — genau wie der Regierungsentwurf es jetzt tut. Angesichts dieser weitgehenden Übereinstimmung kann ich mich jetzt auf eine kurze Erläuterung unserer Änderungsvorschläge zu Drucksache 12/6963 beschränken. Sie folgen Anregungen des Opferverbandes „Weißer Ring", beziehen sich auf die Ziffern 1 und 5 des Entwurfes und verfolgen zwei Zwecke. Einerseits soll dem mir aus zahlreichen Bürgersprechstunden vertrauten Umstand Rechnung getragen werden, daß viele Bürgerinnen und Bürger Prozeßkostenhilfe aus purer Unkenntnis nicht in Anspruch nehmen. Dem soll eine pflichtmäßige Belehrung hei Verfahrensbeginn abhelfen. Die zweite Änderung ist eine Anpassung an die Praxis im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren, außer Rechtsanwälten auch Rechtsbeistände in das Verfahren einzubeziehen, die über besondere Sachkenntniss auf Grund einer spezialisierten Praxis verfügen. Unser Vorschlag folgt dabei der analogen Übung, im finanzgerichtlichen Verfahren die Beiordnung von Steuerberatern zu ermöglichen. 20658* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Ich halte diese Vorschläge für naheliegend, praktikabel und im Sinne des Gesetzeszweckes und bitte darum um ihre Annahme. Dr. Uwe-Jens Heuer (PDS/Linke Liste): Uns liegen heute zwei Gesetzentwürfe zum Beratungshilfe- und Prozeßkostenhilfegesetz zur Abstimmung vor. Es ist erstaunlich, wie lange die Bundesregierung benötigte, seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Dezember 1992, um ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Beratungshilfegesetzes vorzulegen und nun zur Verabschiedung zu bringen, ohne daß die Änderungen besondere inhaltliche oder verfahrensmäßige Schwierigkeiten bereitet hätten. Die Änderungen sind zu begrüßen und, wie gesagt, schon lange überfällig. Eine ähnliche Situation haben wir bei dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften zur Prozeßkostenhilfe. Bereits Ende 1991 standen Vorschläge ins Haus, diese Vorschriften zusammen mit den Änderungen zur Anlage 2 zu § 850c ZPO, mit den Änderungen der Pfändungsfreibeträge, neu zu regeln. Weder aus dem Inhalt der Gesetzesänderungen noch aus dem Verfahrensablauf ist so recht erklärlich, wieso dieses Gesetzesvorhaben so lange benötigte, um heute zur Verabschiedung zu gelangen. Das neue Gesetz stellt eine große Entlastung der Betroffenen dar, die angesichts der erheblich gestiegenen Lebenshaltungskosten viel früher hätte kommen müssen. Man nehme eine dreiköpfige Familie, in der der Ehemann oder die Ehefrau Alleinverdiener mit 3 000 DM netto ist bei einer monatlichen Mietbelastung von 1 200 DM. Demnächst wird der Alleinverdiener Prozeßkostenhilfe ohne Ratenverpflichtung erhalten, muß aber im Augenblick noch Raten bis zu 300 DM monatlich auf die anfallenden Prozeßkosten zahlen. Dies bedeutet eine Belastung, die das Einkommen der ganzen Familie auf das Existenzminimum herabdrückt. Jeder wird hier das Prozeßkostenrisiko scheuen, wenn er auch noch das volle Kostenrisiko für die Kosten der Gegenseite zu tragen hat. Für diese Kosten, die er bei Verlust des Prozesses zu tragen hätte, erhält er nach geltendem Recht keine Prozeßkostenhilfe. Trotz der erheblichen Verbesserungen, die der vorliegende Gesetzentwurf den Betroffenen und der rechtsstaatlichen Gewähr der Durchsetzbarkeit ihrer Rechte einbringen wird, bleibt dieses Problem des Risikos, die Kosten der Gegenseite tragen zu müssen, eine erhebliche Belastung, und zwar gerade in den Zivilrechtsstreitigkeiten, deren Ausgang für die Betroffenen wegen der Beweisprobleme und der einseitigen Parteimaxime oft nicht voraussehbar ist. Für die Zukunft muß meines Erachtens auch hier Abhilfe geschaffen werden, entweder im Rahmen der Prozeßkostenhilfe oder durch Einschränkungen des Grundsatzes der Parteimaxime. Ich halte dieses Kostenrisiko gerade dort nicht für tragbar, wo es um existentielle Fragen geht, wie etwa im Miet-, Werksvertrags- oder Kaufrecht. Hier reicht auch eine ins Auge zu fassende Möglichkeit der Prozeßkostenhilfe für das Prozeßkostenhilfeverfahren nicht aus, soweit auch in diesem Verfahren der Ausgang des Rechtsstreits nicht abgesehen werden kann. Für heute werden wir jedoch den vorliegenden Gesetzentwürfen auf jeden Fall wegen der erheblichen Verbesserungen für die Betroffenen zustimmen. Rainer Funke, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin farJustiz: Der Gesetzentwurf zur Änderung von Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe trägt einem dringenden rechts- und sozialpolitischen Anliegen Rechnung: Das geltende Prozeßkostenhilferecht beruht auf den seit dem Jahre 1981 unveränderten Einkommensgrenzen und läßt die zwischenzeitlich erfolgte Steigerung der Lebenshaltungskosten unberücksichtigt. Schon in seiner Entscheidung vom 26. April 1988 hat das Bundesverfassungsgericht die geltende Regelung lediglich als „derzeit" noch mit dem Grundgesetz vereinbar bezeichnet und klargestellt, daß die Beteiligung der bedürftigen Partei an der Zahlung von Prozeßkosten ihr Existenzminimum nicht gefährden dürfe. In den seit dieser Entscheidung vergangenen sechs Jahren haben sich die Einkommensgrenzen der Prozeßkostenhilfe noch weiter dem Existenzminimum genähert, so daß eine Anpassung nicht mehr länger hinausgeschoben werden kann. Der Entwurf nimmt diese Anpassung, orientiert an den verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Existenzminimum, einfach und praktikabel vor. Er gewährleistet, daß der Prozeßkostenhilfepartei ein Betrag zur Verfügung steht, der dem höchsten sozialhilferechtlichen Regelsatz der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt sowie einem Zuschlag für die nach der Sozialhilfe zu gewährenden einmaligen Leistungen entspricht. Zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum gehört auch ein mit der Erwerbstätigkeit verbundener Mehrbedarf. Hierfür bringt der Entwurf einen Freibetrag in Ansatz, der individuell zu bemessen ist. Bei den Unterhaltspflichten soll künftig nicht mehr wie bisher zwischen erster und weiterer unterhaltsberechtigter Person unterschieden werden. Vielmehr soll der Ehegatte mit dem vollen Freibetrag berücksichtigt werden, der auch der Partei selbst zusteht. Alle weiteren Unterhaltsberechtigten werden einheitlich mit demselben Freibetrag berücksichtigt. Dadurch ist der Entwurf familienfreundlicher als die bisherige Regelung. Hinzu kommt, daß die Unterkunfts- und Heizungskosten grundsätzlich in voller Höhe statt — wie bisher — nur in Höhe von pauschal 156 DM berücksichtigt werden. Den Gerichten bleibt außerdem die Möglichkeit erhalten, durch Absetzen weiterer Beträge als besondere Belatungen, den Bedürfnissen des Einzelfalles angemessen Rechnung zu tragen. Der Entwurf hat diese Freibeträge mit dem Grundbetrag der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen verknüpft, der jährlich entsprechend dem aktuellen Rentenwert in der Rentenversicherung verändert wird. Dadurch wird eine jährliche Anpassung der Freibeträge an die geänderten Verhältnisse erreicht, ohne daß ein erneutes Tätigwerden des Gesetzgebers erforderlich würde. Auch unter geänderten wirt- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20659* schaftlichen Bedingungen bleibt damit das Existenzminimum stets gesichert. Außerdem liegt Ihnen der Enwurf zur Änderung des Beratungshilfegesetzes vor. Nach dem Beratungshilfegesetz werden das Arbeitsrecht und das Sozialrecht vom Beratungshilfeangebot nicht umfaßt. Diese Regelung hat das Bundesverfassungsgericht, soweit das Arbeitsrecht betroffen ist, am 2. Dezember 1992 für verfassungswidrig, weil mit dem Recht auf Gleichbehandlung unvereinbar, erklärt. Widersprüchlich ist aber auch der Ausschluß des Sozialrechts. Denn die Praxis gewährt gleichwohl für solche sozialrechtlichen Fragen Beratungshilfe, die im Streitfall in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallen. Hinzu kommt, daß im Arbeits- und Sozialrecht in einigen alten Bundesländern aufgrund Landesrechts und in den neuen Bundesländern aufgrund des Einigungsvertrages bereits jetzt Beratungshilfe gewährt wird. Das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfes ist es daher zum einen, die Gewährung von Beratungshilfe bundesrechtlich einheitlich zu gestalten. Zum anderen soll die Beratungshilfe nicht nur — wie vom Bundesverfassungsgericht aufgegeben — auf die arbeitsrechtlichen Angelegenheiten erstreckt werden, sondern gleichzeitig auch auf den Bereich des Sozialrechts. Arbeitnehmer und Arbeitgeber, bei denen die gesetzlichen Einkommensgrenzen unterschritten sind, werden durch die Versagung von Beratungshilfe für arbeits- und sozialrechtliche Fragen empfindlich getroffen; sie gehören typischerweise zu dem Personenkreis, der in besonderem Maße auf sachkundige Beratung und Vertretung auch schon im außergerichtlichen Bereich angewiesen ist. Bei diesen Personen kann auch nicht unterstellt werden, daß sie einem Verband angehören, der seinen Mitgliedern kostenlose Rechtsberatung gewährt. Vielmehr sind gerade diese Personen, zu denen z. B. Aushilfs- und Teilzeitarbeitnehmer in den untersten Lohngruppen gehören, häufig nicht in der Lage, einen mit einer solchen Mitgliedschaft verbundenen Mitgliedsbeitrag aufzubringen. Um einer mehrfachen und damit mißbräuchlichen Beantragung von Beratungshilfe vorzubeugen, sieht der Gesetzentwurf vor, daß in Zukunft die Zuständigkeit grundsätzlich nur bei dem Amtsgericht liegt, in dessen Bezirk der Rechtsuchende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 9 a + b (a — Bericht: Maßnahmen zur Förderung der Kulturarbeit in den Jahren 1991 und 1992 sowie zur Förderung der deutschen Kultur des Ostens in den Jahren 1994 bis 1999 b — Anträge: Grenzüberschreitende Kulturarbeit im östlichen Europa und ostdeutsche Kulturarbeit im Lichte des Grenzvertrages mit Polen) Dr. Roswitha Wisniewski (CDU/CSU): In einem der bekannten Romane Christine Brückners wird geschildert, wie eine Frau mit ihren drei Kindern in einem Zug sitzt, vertrieben aus der Heimat, mit wenigen geretteten Habseligkeiten. Darunter befindet sich auch ein Buch, aus dem die Mutter den Kindern vorliest. Auf Bemerkungen, daß Brot wohl wichtiger wäre für die Kinder, verweist sie auf die Notwendigkeit der unvergänglichen geistigen Nahrung. Wer über die Förderung der Kultur aus und in den ehemals deutschen Reichsgebieten und den Siedlungsgebieten im östlichen Europa spricht, sollte dies nie vergessen: Die Menschen aus jenen Gebieten und die, die jetzt noch dort leben, haben mehr als andere Deutsche unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs zu leiden gehabt, und sie leiden immer noch darunter. Sie haben ihre Heimat und damit das einst sie umgebende geistige Umfeld verloren, das für menschliches Leben genauso notwendig ist wie das tägliche Brot. Deshalb erfährt man in Begegnungen mit denjenigen, die in den ehemals deutschen Gebieten heute noch leben, daß neben der Bitte um materielle Unterstützung vor allem die um den Wiederaufbau dieses geistigen Umfeldes steht. Wir dürfen keine Mühe scheuen, um die deutsche Dichtung, Musik, Sprache und Kultur ingesamt den deutschen Minderheiten noch besser als bisher zu vermitteln. Etwas anderes ist ebensowichtig: Die Deutschen im östlichen Europa haben kulturelle Höchstleistungen hervorgebracht, die teilweise längst Allgemeingut aller Deutschen geworden sind. Aber anders als Bayern, Schwaben, Sachsen — und wie die deutschen Stämme alle heißen —, die stolz auf „ihre" Kulturleistungen sind und die ihr spezifisches kulturelles Erbe sorgsam auf Landesebene und in den Städten und Gemeinden pflegen können, gibt es diese Möglichkeit für die aus den genannten Gebieten stammenden deutschen Kulturleistungen nicht. Daher liegt hier eine gesamtstaatliche kulturelle Aufgabe vor, die durch die Herstellung der deutschen Einheit und die Veränderungen in den Staaten des ehemaligen Ostblocks keineswegs überflüssig geworden ist, sondern für die sich — im Gegenteil — durch neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit unseren Nachbarvölkern weitere Aufgaben und neue Perspektiven ergeben haben. Diese beiden Aufgaben stellen sich der deutschen Kulturpolitik auf der Grundlage des § 96 des Bundesvertriebengesetzes heute: — Pflege und Vermittlung des kulturellen Erbes bei den und für die deutschen Minderheiten, — Pflege des kulturellen Erbes aus den ehemaligen deutschen Reichsgebieten und den Siedlungsgebieten in Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa als Beitrag zur gesamten deutschen Kultur in den alten und nun auch erfreulicherweise in den neuen Bundesländern. Der vorliegende Bericht der Bundesregierung beschreibt die Maßnahmen zur Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG in den Jahren 1991 und 1992. Er ergänzt die vorausgegangenen Berichte — zuletzt den über die Jahre 1986 bis 1990 — und schreibt sie 20660* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn. Donnerstag, den 23. Juni 1994 fort. Der Bericht macht deutlich, welch beeindrukkende kulturpolitische Leistung in diesem Bereich vorliegt. In Landesmuseen der großen Regionen der historischen deutschen Ostgebiete und der Siedlungsgebiete im Osten wurden die Bemühungen fortgesetzt, diese deutschen Kulturlandschaften in ihrer Gesamtheit anschaulich zu machen. In wissenschaftlichen Einrichtungen und namentlich durch die Errichtung von Stiftungslehrstühlen in Leipzig, Heidelberg, Greifswald und Düsseldorf wurde der für die Zukunft so besonders wichtige Schritt vollzogen, diesem kulturellen Erbe einen festen Platz in der wissenschaftlichen Erforschung und Tradierung zu sichern. Das kann nur durch die Heranbildung wissenschaftlichen Nachwuchses an wissenschaftlichen Einrichtungen gelingen, die sich dieser Aufgabe speziell widmen. Diese Anliegen sollten in den kommenden Jahren einen besonderen Schwerpunkt der Arbeit bilden. Zu den genannten Einrichtungen kommen Bibliotheken und Archive, aber auch Heimatstuben und Einrichtungen der Landsmannschaften und der Vertriebenenverbände hinzu, die alle zusammen ein Netz bilden, das dazu beiträgt, daß die mehr als 700 Jahre währende deutsche Geschichte und Kulturgeschichte in diesen Gebieten präsent bleibt. Für diese große kulturpolitische Leistung gebührt der Bundesregierung und insbesondere den Beamten, die diese Arbeit geleistet haben, Dank und Anerkennung. Dasselbe gilt für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, den Verbänden und Vereinen, den überregionalen Kulturwerken und Stiftungen, den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, ohne die diese Leistung nicht möglich gewesen wäre. Der Bericht 1991/92 weist auf eine neue Aufgabe hin, die unser Geschichtsbewußtsein betrifft. In der ehemaligen DDR wurde das Wissen über die deutsche Geschichte und die Kultur jenseits der damaligen DDR-Grenzen im Osten bewußt gering gehalten. Es besteht also ein erheblicher Nachholbedarf. Die Kollegen aus den neuen Bundesländern werden das bestätigen können. Es gilt, die Menschen in den neuen Bundesländern mit diesem Bereich der deutschen Kultur vertraut zu machen. Dazu ist Breitenarbeit in Schulen und außerschulischen Einrichtungen ebenso notwendig wie der Aufbau zentraler wissenschaftlicher Einrichtungen. Eine weitere neue Aufgabe ist es, die deutsche Kulturgeschichte im östlichen Europa als Gegenstand des europäischen kulturellen Erbes bekannt zu machen und für seine feste Verankerung im europäischen Geschichtsbewußtsein zu sorgen. Diese Aufgabe, die sich im Zuge der Bemühungen um eine gesamteuropäische Kulturpolitik stellt, verdient besondere Beachtung und ist als gesamtstaatliche Aufgabe dringend anzumahnen. Schließlich stellt sich neu die Frage nach der seit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten des Ostblocks möglich gewordenen Zusammenarbeit mit den östlichen Nachbarvölkern. Sie vollzieht sich auf mehreren Ebenen, und sie vollzieht sich insgesamt gesehen mit großem Erfolg. Einzelne „Ausrutscher" auf dieser wie auf jener Seite sollten nicht überbewertet werden. Insgesamt wird die Zusammenarbeit als gegenseitige Bereicherung verstanden. Das gilt namentlich auch auf wissenschaftlichem Gebiet. Man hat den Eindruck, daß vor allem hier ein gesamteuropäisches Kulturbewußtsein entsteht, bei dem Leistungen aller beteiligten Völker gerecht und vorurteilsfrei gewürdigt werden. Auch hier sollte man von negativen Ausnahmen absehen und vor allem die ermutigenden Zeichen vermerken. Bundestag und Bundesregierung haben die politische und kulturelle Bedeutung dieser übergreifenden Zusammenarbeit rechtzeitig erkannt und die Förderung solcher Kontakte angeregt. Der Bericht 91/92 gibt über die Umsetzung Auskunft. Die gemeinsame Arbeit von Wissenschaftlern und Menschen, die sich für die kulturelle und geschichtliche Vergangenheit der Deutschen in diesen Regionen interessieren, vermittelt nicht nur Anregungen und Wissenserweiterungen, sondern hilft auch, Vorbehalte abzubauen und sich gegenseitig besser zu verstehen. Dem Bericht 91/92 ist ein Aktionsprogramm angefügt, das einen Arbeitsplan für den Zeitraum von 1994 bis 1999 enthält. Es ist ein Programm, das die eben genannten neuen Aspekte berücksichtigt, und insofern ein Dokument, das die positiven Auswirkungen der Veränderungen seit 1989/90 erkennen läßt. Diese Zukunftsperspektiven stimmen hoffnungsfroh, und man kann die Bundesregierung nur ermutigen, die aufgezeigten Vorhaben sachgerecht und zeitnah durchzuführen. Für alle diese kulturpolitischen Leistungen, die in der Vergangenheit erbracht wurden und die für die Zukunft geplant sind, bildet der § 96 des BVFG die Rechtsgrundlage. Die SPD-Bundestagsfraktion behauptet in einem Antrag zur grenzüberschreitenden Kulturarbeit im östlichen Europa, daß durch die historischen Veränderungen in Osteuropa die Grundlage für die bisher nach § 96 BVFG geförderte Kulturarbeit weggefallen sei. Sie verbindet damit die Forderung, die gesetzliche Verpflichtung von Bund und Ländern aus dieser Vorschrift aufzuheben und die Förderung der Kultur der ehemaligen deutschen Ostgebiete und deutschen Siedlungsgebiete im östlichen Europa diesen Ländern selbst zu überlassen. Im übrigen sei für die Pflege der ostdeutschen Kultur in Deutschland die historische Rechtfertigung weggefallen und bei den Vertriebenen und Aussiedlern anstelle der nationalen und kulturellen Identität von einer „Bikulturalität" dieser Personengruppe auszugehen. Nun sind wir alle, glaube ich, durch unsere Lebensläufe mehr oder minder — um den Sprachduktus aufzunehmen —„bikulturell" oder auch „multikulturell" insofern geprägt, als viele von uns aus ihrem (auch ausländischen) Geburtsland in andere Landschaften und Lebenskreise kommen. Aber das ändert nichts an der Verbundenheit mit dem „Erstland", in dem wir unsere kulturelle Prägung erhalten haben, und enthebt uns nicht der Verpflichtung, für den Erhalt dieser „Erstkultur" unseres Lebens, wenn es nötig ist, einzutreten und für ihren Erhalt zu sorgen. Das können wir nicht unseren Nachbarvölkern im Osten überlassen. Wir sind zur Begegnung mit ihnen verpflichtet und zur Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20661* Einbringung unseres eigenen kulturellen Anteils bei dieser Begegnung. Sollte es — wie zu hören ist - der SPD-Fraktion vor allem darum gehen, die Arbeit der Vertriebenverbände zu reduzieren und sie insbesondere nicht an der Begegnungsarbeit im Ausland teilhaben zu lassen, so muß dagegengehalten werden, daß die spezielle Sachkunde und das über Jahrzehnte gewachsene Kontaktpotential der Vertriebenen zu ihren Partnern in den östlichen Nachbarländern schlicht unverzichtbar sind. Vor allem aber, und das sei bei aller hier gebotenen Sachlichkeit auch bemerkt, ist es die persönliche, emotional e Liebe der Heimatvertriebenen zu diesen Ländern, die Antriebskraft für so manche Aktivität ist. Daß sich diese Zusammenarbeit auf der Grundlage der geschlossenen und völkerrechtlich verbindlichen Verträge vollziehen muß, ist selbstverständliche Voraussetzung. Verstöße dagegen in Einzelfällen müssen überprüft werden und ggf. zu Konsequenzen führen. Insgesamt aber bekennt sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion voll zur unveränderten Fortführung der Kulturarbeit auf der Grundlage des § 96 BVFG. Wir haben das in unserem vorliegenden Antrag deutlich ausgedrückt. „Kulturelles Erbe und geistige Substanz der deutschen Kulturlandschaften des Ostens sind Teil der gesamten deutschen Kultur" — dieser Satz aus der Grundsatzkonzeption zur Kulturarbeit nach § 96 BVFG von 1982 gilt uneingeschränkt auch heute. Ich bitte um Zustimmung zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Freimut Duve (SPD): Vor einem Jahr, im Juli 1993 ist der deutsche Schriftsteller Günter Grass Ehrenbürger der Stadt Danzig geworden. Im Juli 1992 konnte in Königsberg wieder das Denkmal Immanuel Kants aufgestellt werden. Marion Gräfin Dönhoff hatte sich dafür eingesetzt. Sie hatte das Geld des Heine-Preises, der ihr verliehen worden war, für den Guß der Statue zur Verfügung gestellt und um Spenden geworben. Seit vielen Jahren gibt es zwischen Polen und Deutschland gemeinsame Anstrengungen, zu einer großen Ausgabe der Werke des deutschen Schriftstellers Eichendorff zu kommen. Die Kulturbeziehungen zwischen Ost- und Mitteleuropa und Deutschland sind heute mehr und mehr geprägt von gemeinsamen Anstrengungen, sich der jahrhundertealten Geschichte der Lebenskultur der Deutschen anzunehmen, die nach dem Ende des 2. Weltkrieges vertrieben wurden. Heute hat der Umbruch in Osteuropa, der Schritt von der Diktatur zur Demokratie, den Weg freigemacht für neue Formen der Zusammenarbeit. Viel hat sich geöffnet, und aus der Trauer über das Verlorene ist die gemeinsame Arbeit an dem Gemeinsamen der kulturellen Erinnerung geworden. Wenn die heutigen Bürger Königsbergs Kant als ihren Philosophen ehren, wenn die heutigen Bürger Danzigs Günter Grass zum Ehrenbürger machen, dann sind das reale Entwicklungen hin zu einer neuen Rolle der kulturellen Geschichte, für die gemeinsame europäische Zukunft. Diese Gemeinsamkeit ist für die deutsche Literaturgeschichte keineswegs vollkommen neu, vor dem Entstehen des Nationalstaats waren solche Grenz- und Gruppenüberschreitungen Ausdruck des alten kulturellen Europa. Vorausetzung dafür ist, daß alle Beteiligten die Grenzen anerkennen. Grundlage aller Initiativen sind die Freundschafts- und Nachbarschaftsverträge mit unseren östlichen Nachbarstaaten. (Die Äußerung des neuen BdV-Vorsitzenden Fritz Wittmann, die deutsche Frage sei so lange offen, wie „die vier Millionen Menschen in den Vertreibungsgebieten nicht gleichberechtigt" sind und keine „angemessene Autonomie und Selbstverwaltung erhalten", macht skeptisch.) Meine Fraktion hat sich in dieser Legislatur intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt: mit mehreren Anträgen und einem Kulturgespräch am 23. Mai 1991. Wir konnten die große gemeinsame Anhörung von Innenausschuß und Auswärtigem Ausschuß am 1. Dezember 1992 durchsetzen — denn wir wollten von den Deutschen in den verschiedenen osteuropäischen Staaten selbst hören, welche Wünsche und Vorschläge sie haben. Und wir haben immer wieder die Frage gestellt: Muß nicht vieles überdacht werden, was bislang unter den Bedingungen der Diktaturen und den schmerzenden Wunden der Vertreibung an kultureller Arbeit geleistet wurde? 1. Wer macht das morgen und übermorgen? 2. Wie kann garantiert werden, daß dieses große Projekt der versöhnenden Erinnerung nicht in falsche Hände gerät: die geistigen Inhalte nicht, die geschaffenen Institutionen nicht und auch das staatliche Geld nicht? Darum haben wir die Frage gestellt, ob jetzt nicht die Zeit gekommen ist, die Verantwortung für diese Arbeit auf eine breitere Basis zu stellen. Damit gewährleistet werden kann, daß diese Aufgabe auch morgen und übermorgen im Geist der guten Nachbarschaft geleistet wird, auch dann noch, wenn die Menschen, die selbst Flucht und Vertreibung erlebt haben und für die diese traumatische Erfahrung häufig lebensbestimmend wurde, nicht mehr dabei sind. Unser Antrag „Grenzüberschreitende Kulturarbeit" versucht diese Neubestimmung der bisherigen ostdeutschen Kulturarbeit nach § 96 BVFG. Wir wollen intensiver die Kulturpflege in den Herkunftsländern fördern, wir wollen mehr Gewicht auf persönliche Begegnungen legen. Kulturelle Arbeit im Ausland soll über Trägerorganisationen federführend vom Auswärtigen Amt, nicht vom BMI allein verantwortet werden. Wir haben den Vertriebenenverbänden viel Kritik zu hören bekommen, allerdings in Einzelpunkten auch Zustimmung. Unser Angebot, miteinander zu sprechen, wurde von eingeladenen Verantwortlichen einiger Verbände nicht wahrgenommen: Wir erhiel- 20662* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 ten Absagen, bestenfalls sollte ein Vertreter geschickt werden. Ich bin Philipp von Bismarck außerordentlich dankbar, daß er trotzdem gekommen ist und uns seine Kritik in Einzelpunkten dargelegt hat. Es geht in dieser Debatte nicht darum, über Gesetze oder einzelne Paragraphen zu streiten. Es geht um die wichtigere Frage, in welcher Form wir Deutschen künftig mit der Erinnerung an unsere Vergangenheit umgehen wollen: — Für das Gedenken an die Opfer des NS-Regimes ist kaum Geld da: Gedenkstätten sollen nur für 10 Jahre und ausschließlich in Ostdeutschland gefördert werden; — die Stifung Theresienstadt erhält die zugesagten 200 000 DM nicht; — der Gedenkort für Walter Benjamin in Port Bou war der Bundesregierung zu teuer, obwohl es Zusagen auf Förderung durch das AA gab; — Geld für Ausschwitz wurde erst nach einem beschämenden Hickhack zugesagt. Es war schmerzlich, zu spüren, wie schwer es zuweilen ist, Mittel für die Erinnerung an den Terror zu bekommen, wie — damit verglichen — leicht die Unterstützung auf der Basis des BVFG: — Für ostdeutsche Kulturarbeit stiegen die Mittel von 4,3 Millionen DM im Jahr 1983 auf 47 Millionen 1994. — Die Zahl der institutionell geförderten Zuwendungsempfänger stieg von 8 auf 18. — Die bislang vom Bund geförderten kulturellen Einrichtungen von gesamtstaatlicher Bedeutung sahen sich noch bis vor kurzem durch die Ankündigung von Finanzminister Waigel, der Bund wolle sich aus der Verantwortung für Kultur zurückziehen, in ihrer Existenz bedroht; jetzt scheint die Förderung auf dem Stand von 1994 gesichert, aber mit einer Steigerung, die nur die Inflation ausgleichen würde, ist nicht zu rechnen. — Das Aktionsprogramm des BMI zur Förderung der deutschen Kultur des Ostens in den Jahren 1994 bis 1999 sieht demgegenüber eine weitere erhebliche Steigerung der Förderung vor. Im Bericht der Bundesregierung über ihre Maßnahmen zur Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG in den Jahren 1991 und 1992 sehen auch wir positive Ansätze: Das „Ziel des kulturellen Austausches mit den heute in den früheren deutschen Ostgebieten und den Siedlungsgebieten lebenden Menschen" wird betont. Grundlage aller Initiativen soll der Geist der „Verständigung und Versöhnung", die Abkehr von „nationalen und ethnischen Abgrenzungen" sein. Von zentraler Bedeutung ist die Maßgabe, daß „die Vorhaben auf der Grundlage der bestehenden Verträge dem friedlichen Miteinander mit den Völkern Ostmittel-, Ost- und Südosteuropas dienen" (S. 4). Doch die (vorsichtigen) Ansätze einer Neuorientierung bleiben ohne wirklich neues Konzept für die Praxis: — Wie etwa läßt es sich denn noch in 10 Jahren begründen, daß der Bund „Kulturelle Rahmenveranstaltungen fördert von landsmannschaftlichen Bundestreffen, Bundeskulturtagungen, Kulturkongressen sowie zentrale Veranstaltungen zur Würdigung besonderer kultureller Ereignisse im Bereich der landsmannschaftlichen Volksgruppen" (so der Bericht)? — Im Berichtszeitraum (1991 bis 1992) wurde die Zahl der vom Bund bezuschußten hauptamtlichen Kulturreferenten bei den Landsmannschaften und zentralen Organisationen von 15 auf 22 angehoben. Der Bund trägt 90 % der Personalkosten und eine Sachkostenpauschale von 15 000 DM jährlich! (S. 48) Über 50 Zuwendungsempfänger wurden für ca. 500 Projekte jährlich gefördert (S. 49). — Es werden Landesmuseen neu errichtet: Die Pläne für ein Pommersches Landesmuseum, für ein Landesmuseum Schlesien und ein Donauschwäbisches Zentralmuseum haben im Berichtszeitraum konkrete Gestalt angenommen (S. 7). — Es dürfte schwer sein, einen anderen Wissenschaftsschwerpunkt zu finden, der so reichhaltig innerhalb und außerhalb der Hochschulen gefördert wird. An 14 Universitäten werden Lehraufträge, Stiftungslehrstühle, Forschungsstellen, Projektbereiche, Projekte gefördert. Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat sich die Arbeit an diesem Thema in der ablaufenden Legislatur nicht leicht gemacht. Wir nehmen die Aufgabe und die Verantwortung sehr ernst. Und darum bedauern wir, daß einige der Verbände bis heute nicht die Verträge mit Polen anerkennen mögen, respektieren genügt nicht. Wir alle wollen die Grenzen so gestalten, daß sie langsam wieder verschwinden. Das aber geht nur, wenn sie präzis und genau im Grundbuch festgeschrieben sind. Dann kann man auf dem gemeinsamen grünen Rasen der friedlichen Zukunft zusammen Kulturpolitik betreiben: mit all dem je Eignen, was Deutsche dort geprägt und geleistet haben, und mit all dem Gemeinsamen, was verschiedene Sprachen und Kulturen in langen Friedenszeiten erarbeitet hatten. Dem sollte unser Antrag dienen. Schade, daß die Regierungsfraktionen ihn ablehnen. Wolfgang Lüder (F.D.P.): Beeindruckend sind die Berichte, beeindruckend die Programme, die sich aus dem Bericht der Bundesregierung und aus dem von ihr entwickelten Aktionsprogramm für die Förderung der deutschen Kultur des Ostens ergeben. Gemeint ist hier mit dem Begriff „Osten" freilich jener Bereich, der jenseits der definitiven deutschen Ostgrenzen liegt. Im vierten Jahr nach der deutschen Wiedervereinigung, im vierten Jahr nach der definitiven Festlegung der deutschen Ostgrenzen sollten wir uns da bewußt sein, daß es sich hierbei zentral um Fragen der Auswärtigen Kulturpolitik handelt. In den Ausschußberatungen sollte geprüft werden, ob nicht für den Bereich Auswärtige Kulturpolitik in Zukunft die Federführung vom Innen- auf den Außenbereich verlagert werden sollte. Meine Fraktion jedenfalls leitet die Begründung und Notwendigkeit dessen, was wir zur Bewahrung und Förderung der deutschen Kultur in Ost- und Mitteleuropa tun, nicht aus der alten Vorschrift des Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetzes ab, an dem das Thema noch formal hängt, sondern aus der Wahrung deutscher Interessen zur Förderung deutscher Kultur im Ausland. Die Trennung zwischen dem, was Auswärtige Kulturpoli- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20663* tik ist, und dem, was wir im Inland tun, würde uns auch stärker bewußt machen, daß wir uns aus der Sicht und der Verantwortung des Bundes im Inland nicht nur um die Wahrung des kulturellen Erbes der in der Nachkriegszeit Vertriebenen und ihrer verlorenen Heimat kümmern sollten. Die heutige Debatte muß uns nachdenklich stimmen: Vor einer Woche haben wir in der Kulturdebatte des Bundestages Sorgen und Klagen gehört über die Förderung der deutschen Kultur in den heutigen deutschen Ostgebieten, den „neuen Bundesländern". Als Berlins Kultursenator mit seinem nachdrücklichen Beitrag auf die Gefahren hinwies, die durch die Reduzierung oder gar Einstellung von Bundeszuschüssen zur deutschen Kulturarbeit in diesen „neuen Bundesländern" entstehen könnten, spürte ich Unverständnis im Hause, insbesondere bei unserem Koalitionspartner. Ich nutze deswegen gern die heutige Debatte, um deutlich zu machen, daß wir es bei den notwendigen und sinnvollen Maßnahmen zur Unterstützung der deutschen Kultur im früheren deutschen Osten, in den heutigen Nachbarländern der Bundesrepublik nicht bewenden lassen dürfen. Kulturförderung darf nicht jenseits der Grenzen beginnen. Ich weiß, insbesondere als früheres Mitglied einer Landesregierung, sehr wohl um die Kompetenzen im föderalen Staat. Ich weiß aber auch als Abgeordneter Berlins um die finanziellen Engpässe und Grenzen der Bundesländer jenseits von Weser und Elbe, oder, medienpolitisch gesprochen, jener Bundesländer, deren Fernsehsender selbst per Kabel-TV hier in Bonn nicht empfangen werden können. Der Grundsatz: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß" darf Kulturpolitik nicht bestimmen. Fortdauernde Übergangsfinanzierung, bundespolitisches Engagement, Verantwortung der Gesamtpolitik ist auch für die Kulturinstitutionen im Osten des heutigen Deutschlands weiter gefordert. Wenn der Kollege Hans-Dietrich Genscher in diesen Tagen in Sachsen-Anhalt öffentlich verkündet hat, daß die F.D.P. durchsetzen wird, daß im Bundeshaushalt 1995 kein Abbau des bundespolitischen Engagements bei der Übergangsfinanzierung der Kulturpolitik geschehen darf, so ist dies ein Wort, auf das ich bauen möchte. Es ist interessant, die heute vorliegenden Grundsätze des Aktionsprogramms des Innenministeriums einfach einmal so zu lesen, als ginge es um die Förderung der Kultur des deutschen Ostens, nicht nur um die Förderung der deutschen Kultur des Ostens, also jenseits deutscher Grenzen. Wer Verantwortung ernst nimmt, muß sein Engagement auch im Rahmen der beschränkten Bundeskompetenzen der Kultur Ostdeutschlands, wie es sich heute darstellt, widmen. Er darf nicht nur grenzüberschreitend denken. Die Gefahren, die das Aktionsprogramm für den Verlust wichtiger kultureller Einrichtungen jenseits der deutschen Ostgrenzen sieht, bestehen auch im Osten Deutschlands innerhalb seiner heutigen Grenzen. Diese Meßlatte läßt uns unser Verhalten bei den Entscheidungen zu diesen Themen bestimmen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen zur Förderung des deutschen kulturellen Erbes unterstreicht die Wichtigkeit dieser Arbeit. Die F.D.P.-Fraktion wird diesem Antrag zustimmen. Ulla Jelpke (PDS/Linke Liste): Die „Sudetendeutsche Zeitung" vom 6. Mai 1994 berichtet über ein Treffen des Ständigen Rats der ostdeutschen Landsmannschaften und Landesvertretungen mit Bundesinnenminister Kanther. In diesem Treffen wurde einhellig bekundet, daß § 96 des BVFG (Bundesvertriebenenförderungsgesetz) bestehen bleiben solle. Die Vertriebenenvertreter erklärten: „Ohne die Behauptung des kulturellen Erbes könne auch keine noch so erstrebenswerte grenzüberschreitende Kulturarbeit geleistet werden. " Dieser „Behauptung des kulturellen Erbes" fühlten sich auch die uns allen bekannten Herren Hein, Keyser und Schieder verpflichtet. Sie waren bestrebt, „den geschichtlichen Raum des alten Ordenslandes (...) lebendig im Gedächtnis zu halten". Die genannten Herren gingen dabei selbstverständlich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit der Erforschung und Pflege ostdeutscher Kulturleistungen über die bestehenden Staatsgrenzen hinaus. Denn, so die Herren, es galt, gerüstet zu sein, „gerüstet mit geschichtlichem Wissen von der deutschen Leistung im Osten"; aber auch mit dem Wissen über „deutsche Siedlungs- und Bevölkerungsgeschichte". Man wandte sich gegen „drückendste und unwürdigste Fremdherrschaft" der Polen über die deutsche Minderheit. Die Polen wollten angeblich in „alten deutschen Siedlungsgebieten" alles „Deutsche planmäßig austilgen". Das uns bekannte Credo der Herren lautet: „Immer schon haben die kolonisatorischen Ursprünge der ostdeutschen Landesgeschichte auf diesen Fragenkreis hingewiesen, aber es ist unbestreitbar, daß er erst unter dem Eindruck des Verdrängungskampfes gegen das bodenständige Deutschtum seit Versailles und unter den Einwirkungen des erwachenden völkischen Geistes wirklich in den Mittelpunkt gerückt ist. " Die Herren bedankten sich nach diesen Ausführungen beim Führer für den Überfall auf Polen oder, wie sie es nannten, „die Heimholung der Ostmark" und sahen das „Werk des Deutschen Ordens und Friedrichs des Großen wieder aufgerichtet". Sie verpflichten sich aus „der Liebe zu Führer, Volk und Heimat" ihre wissenschaftlichen Forschungen in den „großen Daseinskampf des Volkes " zu stellen. Meine Damen und Herren, die Herren Hein, Keyser und Schieder sind Ihnen vermutlich nicht bekannt, ihr Erbe aber lebt. Ich erzähle Ihnen diese Geschichte deshalb etwas ausführlicher, weil die Herren Hein, Keyser und Schieder Mitglieder der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung waren und von 1924 bis 1943 die Zeitung „Altpreußische Forschungen" herausgegeben haben. Diese Zeitung, die im Namen der „Pflege deutscher Kultur und Siedlungsgeschichte" den Eroberungskrieg des Hitler-Faschismus ideologisch vorbereitete, flankierte und umsetzte, wurde 1989 als Nachdruck neu herausgebracht, finanziert aus Mitteln des 20664* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 BMI. Ohne kritischen Kommentar, ohne wissenschaftlichen Apparat, ohne distanzierendes Vorwort wird hier eine völkische, rassistische, antisemitische Schrift aus der NS-Zeit verbreitet. Diese Art der Kulturpflege im deutschen Osten ist kein Einzelfall. Die Behauptung des kulturellen Erbes und der deutschen Siedlungsgebiete der letzten 700 Jahre in Osteuropa führt zwangsläufig zu dieser politischen Ausrichtung der Vertriebenenverbände. Bekanntlich stellte sich ja das rechtsextrem durchsetzte „Ostpreußenblatt" nach dem Anschlag auf die Synagoge in Lübeck an die Seite des REP-Vorsitzenden Schönhuber, wurde in dieser Zeitung wenige Wochen nach diesem Anschlag „Bewunderung" für die Leugnung der Vernichtung der Juden in NaziDeutschland empfunden. In dieser Zeitung wird die neofaschistische „Kriegsschuldlüge" in Permanenz propagiert. Bekanntlich kann jetzt selbst das BMI, nachdem es drei Jahre lang den „Schlesier" hartnäckig gegen antifaschistische Kritik verteidigt hat, in dieser Zeitung rechtsextreme Bestrebungen entdecken. Meine Damen und Herren, wir stimmen dem Antrag der SPD zu, daß grenzüberschreitende Kulturmaßnahmen strikt von der Politik der Vertriebenen zu trennen sind, die ja immer noch gegen die bestehenden Grenzen in Europa Sturm laufen und Revanche wollen. Angela Stachowa (fraktionslos): Gestatten Sie eine Vorbemerkung zur Unterrichtung der Bundesregierung: Die Bezeichnung Förderung der deutschen Kultur des Ostens betrachte ich als ungenau in der heutigen Zeit und würde eine Konkretisierung begrüßen. Zweitens stellt sich mir die Frage, ob es nicht langsam angebracht wäre, in Anbetracht der Veränderungen in Europa und der Welt den § 96 des Bundesvertriebenengesetzes in ein eigenständiges neues Gesetz umzuwandeln, das in aller notwendigen Ausführlichkeit die Verantwortung von Bund und Ländern für die deutsche Kultur, das deutsche Kulturgut im Ausland zusammenfaßt? Die Kulturarbeit im Ausland gegenüber den Ländern Osteuropas sollte meines Erachtens nicht mehr nur als Bestandteil einer Vertriebenenpolitik betrachtet werden. Zur kulturellen Vielfalt Europas gehören auch Kultur und Geschichte Deutschlands, dessen Rolle ja nicht immer nur positiv war. Der politische Wandel östlich unserer Grenzen und die Einheit haben die Verantwortung Deutschlands vor den Völkern anwachsen lassen. Deutschland, deutsche Kultur und auch die deutsche Sprache genießen eine gewisse Aufmerksamkeit in der Welt. Gerade in Ost-, Mittel- und Südosteuropa steigt die Zahl derer stetig, die die deutsche Sprache lernen wollen, treten auch die dort lebenden Deutschen mit neuem Selbstbewußtsein hervor. Über Generationen hinweg dort lebend, heute kaum noch der deutschen Sprache mächtig, wollen sie jetzt einen Neubeginn. Dies ist verständlich und bedarf unserer Unterstützung. Die politischen Umstände lassen diese Hilfe auch zu, und der Bericht der Bundesregierung verweist detailliert auf konkrete Beispiele. Diese Hilfe muß aber immer ein Beitrag zur Völkerverständigung sein, zum friedlichen und vertrauensvollen Zusammenleben aller Menschen in diesen Staaten. Sie darf niemals mitwirken, den wachsenden Nationalismus in manchen Gebieten zu schüren. Wohlgemeinte Hilfsmaßnahmen zugunsten deutscher Minderheiten dürfen nicht zu Neid oder Mißgunst, zur Herausbildung deutscher Eliten führen. Die Kulturarbeit im Ausland und aller daran Beteiligten muß mit Fingerspitzengefühl, im Einvernehmen mit den entsprechenden Regierungen und auf der Grundlage von Verträgen Hilfe zur Selbsthilfe sein. Sie muß den Deutschen im Ausland eine Perspektive zeigen und sie ermutigen, dort zu bleiben und zu wirken, wo sie bisher gelebt haben. Unzeitgemäße Äußerungen, die Grenzen in Frage stellen, sind dabei ebenso unangebracht wie Versuche, die Geschichte neu zu interpretieren. Das Interesse an der deutschen Sprache und deren Bedeutung sind in der Welt und insbesondere in Osteuropa gestiegen, wo ein Trend vom Russischen zum Deutschen zu beobachten ist. Erhalt bzw. Erlernen der deutschen Sprache sind dabei eng miteinander verbunden. Bereits in meiner Rede vom September 1992 habe ich unter dem Eindruck eigener Erfahrung darauf verwiesen, wie dringend deutschsprachige Literatur in Osteuropa benötigt wird. Daran hat sich wenig geändert. Um so unverständlicher sind für mich die Pläne, die ungeachtet höherer Anforderungen immer mehr Einsparungen vorsehen. 27 von der Schließung bedrohte Bibliotheken bei Goethe-Instituten konnten nur mit Spenden von Sponsoren gerettet werden. Dabei ging es um Gehälter von Bibliothekaren, die im Promillebereich von Haushaltsausgaben liegen. So läßt sich keine wirksame, langfristig angelegte und zukunftsorientierte Kulturarbeit im Ausland verwirklichen. Die vorliegende Unterrichtung der Bundesregierung zeigt, daß sich etwas tut, ein klares Konzept für die Zukunft beinhaltet sie aber nicht. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (a — 2. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung, b — Konvention gegen Vertreibung) Dr. Ursula Fischer (PDS/Linke Liste): Die Weltmenschenrechtskonferenz, die im Juni vor einem Jahr in Wien stattfand, scheint in ihren Ergebnissen das Schicksal anderer Weltkonferenzen wie der Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung von Rio zu teilen. Es war unbestritten wichtig, daß die Menschenrechtsproblematik im globalen Maßstab erörtert wurde, daß auf der Suche nach einem besseren auch präventiven Schutz der Menschenrechte der Menschenrechtskatalog aktualisiert sowie ein Ausbau der Instrumente zum Schutz der Menschenrechte in Angriff genommen wurde. Ebenso unbestritten ist aber auch, daß die greifbaren Ergebnisse ähnlich wie im Fall von Rio eher dürftig ausgefallen sind. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20665 * Ich denke, daß der im 2. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung vorherrschende Mangel an Selbstkritik durch die Beschlußempfehlung nicht wesentlich gemindert worden ist. Für symptomatisch halte ich die Feststellung, daß die globale Verbesserung des Menschenrechtsschutzes eine zentrale Aufgabe der Außenpolitik sei. Wenn die Bundesrepublik Deutschland ihrer auch hier wieder beschworenen gewachsenen internationalen Verantwortung gerecht werden wollte, bedarf es mindestens ebenso großer innen-, sozial- und familienpolitischer Anstrengungen. Denn die Glaubwürdigkeit deutscher Menschenrechtspolitik leidet nicht nur durch halbherzig bekämpfte fremdenfeindliche Gewalt. Auch der Umgang mit den Menschen der ehemaligen DDR, die als Bürgerinnen und Bürger eines Beitrittsgebietes mit gescheitertem politischen System massenhaft gedemütigt und diskriminiert werden, offenbart schwerwiegende Defizite. Oder die immer noch völlig unzureichende gesetzliche Ausformulierung der Verpflichtungen, die sich aus der Ratifizierung der UN-Kinderkonvention ergeben. Wenn sich aus dem Umgang einer Gesellschaft mit ihren Kindern die Perspektiven und Lebenschancen eben dieser Gesellschaft ablesen lassen, so ist für die Bundesrepublik Deutschland Pessismismus angebracht. Was nun die außenpolitischen Aufgaben bei der Verbesserung der globalen Menschenrechtslage angeht, so komme ich als Entwicklungspolitikerin immer wieder auf die Konditionierung von Entwicklungshilfe durch bestimmte wirtschafts- und gesellschaftspolitische Vorgaben. Sosehr ich die Forderung nach den bürgerlichen und politischen Grundrechten unterstütze — das universelle Menschenrecht auf ein Leben in Würde steht für uns entschieden vor einzelnen politischen Freiheiten. Beim „Club of Rome" findet sich ein entsprechender Denk- und Politikansatz, er orientiert auf ausreichende Ernährung, Unterkunft, Gesundheit und Bildung für alle Menschen. Unter diesem Blickwinkel sind die Vorgaben des BMZ eher kontraproduktiv, weil sie angesichts von Schuldenlast und weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen die zunehmende Polarisierung zwischen Arm und Reich geradezu fördern. Außerdem offenbart die Praxis nur zu deutlich die Kluft zwischen dem Anspruch der Vergabekriterien und der üblichen Politik des Außen-, Wirtschafts- und Entwicklungsressorts. Das formelle Beharren auf demokratischen Rechten und Freiheiten ohne Einbeziehung der sozialen Menschenrechte ist unglaubwürdig. Ein Mensch, der durch Armut von Bildung und Gesundheit ausgeschlossen ist, der im Kampf gegen den Hunger von einem Tag zum anderen überlebt, wird kaum in der Lage sein, seine bürgerlichen Rechte wahrzunehmen, geschweige denn für sie zu kämpfen, und wenn sie denn zehnmal in einer Verfassung festgeschrieben wären. In diesem Falle bedarf es weniger immer neuer Instrumente zum Schutz der Menschenrechte — wobei einige der neu einzurichtenden Institutionen durchaus zu begrüßen sind —, sondern vielmehr der wirklichen Gleichstellung und Gleichbehandlung bürgerlicher, politischer, sozialer und kultureller Menschenrechte. Und es bedarf der verbindlichen und einklagbaren Umsetzung der bereits vereinbarten Menschenrechtsnormen in Form von Gesetzen. Nur so werden sie den Charakter konsequenzloser Absichtserklärungen verlieren. Angela Stachowa (fraktionslos): Die Bekräftigung der Universalität der Menschenrechte in der Wiener Erklärung war ein vorwärtsweisendes Zeichen. Auch der Ausbau des Instrumentariums zum Schutze der Menschenrechte zähle ich dazu. Und auch die Feststellung, daß die Gewährung und der Schutz der Menschenrechte Verpflichtung der Staaten ist, die nur im engen Zusammenwirken aller Beteiligten eingelöst werden kann. Was ich bedaure, ist, daß auch in der Beschlußempfehlung in Drucksache 12/7773 — die getroffenen Aussagen und Forderungen sich hauptsächlich auf die politischen Menschenrechte beziehen. Ohne diese unterbewerten zu wollen: Zahlreiche internationale Konventionen bekräftigen und garantieren darüber hinaus eine Vielzahl wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und anderer Menschenrechte als Grundrechte. Hier sehe ich das Problem und die Aufgaben, um über politische Deklarationen hinaus zu wirklichen Veränderungen zu gelangen, übrigens nicht nur in der Welt, sondern auch in der EU und in Deutschland. Allein in der EU werden über 20 Millionen Arbeitslose gezählt, gibt es 16 Millionen offizielle Obdachlose, leben ca. 10 Millionen Bürger nach offizieller Lesart in großer Armut. Unzählbar sind Fälle der Diskriminierung von Frauen, Behinderten, Andersdenkenden, Andersaussehenden. Die oftmals grauenhaften Meldungen und Bilder über Menschenrechtsverletzungen in einzelnen Regionen der Welt sind leider nahezu zu Alltagsmeldungen verkommen, auch die Not und das Elend in vielen Staaten Afrikas und Asiens, der Hunger und das Verhungern von Menschen, darunter vielen Kindern. Die Länder der sogenannten ersten Welt versuchen zwar, diese Leiden zu mindern, faire Chancen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung aller Völker liegen jedoch unverändert in weiter Ferne, da dies alles nur ein Herumdoktern ist, das nicht die Wurzeln bekämpft. In der Drucksache „Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses" findet sich ein für mich sehr wichtiger Satz: „Menschenrechtspolitik beginnt im Inland." Verwiesen wird dabei nur auf die Bekämpfung fremdenfeindlicher Gewalt in Deutschland — immerhin mußte sich die Bundesrepublik erstmals vor der Menschenrechtskommission der UNO wegen dieser Problematik verantworten —, aber ansonsten wird der Eindruck erweckt, als ob es in Deutschland keine weiteren Probleme gäbe, hier ein Menschenrechtsparadies sei. Aber auch in Deutschland sehe ich Schwierigkeiten, internationale Prinzipien und Konventionen mit Leben zu erfüllen. Dazu gehören nicht nur die sozialen Menschenrechte, sondern auch Ausgrenzungen und Diskriminierungen bestimmter Berufsgruppen im Osten, die im Ausland wieder das Wort „Berufsverbote" aufkommen ließen. Gestatten Sie mir zum Abschluß noch ein Wort als Vertreterin einer nationalen Minderheit: Es würde der Bundesrepublik gut zu Gesichte stehen, wenn sie international nicht nur auf die Durchsetzung von Minderheitenrechten drängte, sondern die Koalition 20666* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 endlich auch ihren Widerstand gegen die Aufnahme eines Minderheitenartikels in das neue Grundgesetz aufgäbe, der Schutz und Förderung nationaler Minderheiten und Volksgruppen beinhaltet. Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Helmut Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung zu dem Antrag: Konvention gegen Vertreibung (Tagesordnungspunkt 10 b) Während meiner 22jährigen Parlamentstätigkeit, insbesondere im Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen und im Auswärtigen Ausschuß mit seinen Unterausschüssen „Humanitäre Hilfe/Menschenrechte" und „Vereinte Nationen/Weltweite Organisationen", habe ich mich immer wieder — für viele Kolleginnen und Kollegen vielleicht sogar zu hartnäkkig — darum bemüht, meinen aus unserer ostdeutschen Heimat jenseits von Oder und Neiße und dem Sudetenland sowie aus Ost- und Südosteuropa vertriebenen Landsleuten und Schicksalsgefährten zu ihren Rechten zu verhelfen, die ihnen bis heute vorenthalten werden. Auch in der Nordatlantischen Versammlung, dem NATO-Parlament, habe ich mich seit 15 Jahren bemüht, immer wieder und dort nicht nur auf das deutsche Problem beschränkt, sondern weltweit Vertreibungen zur Sprache zu bringen, Vertreibungsursachen zu bekämpfen und nicht aufgearbeitete Vertreibungsschicksale bewußt zu machen. Darum habe ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion die hier zu beratende SPD-Initiative, eine „Konvention gegen Vertreibung" zu erarbeiten, spontan begrüßt und unterstützt. Aus langjähriger und leidvoller Erfahrung war mir allerdings sofort bewußt, daß das Auswärtige Amt kein Interesse an einer Antivertreibungskonvention haben würde und dieses Thema nicht behandelt wissen möchte. Dies bestätigte sich. Es ist bedauerlich, aber die Wahrheit. Diese Feststellung hat nichts zu tun mit den humanitären Leistungen dieser Bundesregierung weltweit bei aktuellen Vertreibungen. Hier leistet das Auswärtige Amt hervorragende Arbeit. Ich halte es jedoch für sehr bedenklich und erörterungsnotwendig, daß das Auswärtige Amt den unglaublichen Erklärungen zur Vertreibungsfrage z. B. von Skubiszewski und Sobanski von der polnischen Seite nicht für jeden sichtbar entgegengetreten ist und gegenüber Prag bis heute nicht energisch genug die Aufhebung der unseligen Benesch-Vertreibungsdekrete verlangt hat. Wer es in diesen Fragen ehrlich meint, kann nicht einfach abwarten, bis die betroffene Erlebnisgeneration gestorben ist. Ich befürchte sogar, wer heute nicht den Mut hat, berechtigte und zumutbare Forderungen an die Vertreiberstaaten von 1945 zu stellen, wird dann gegenüber den Vertreibern dieser Tage, schon aus moralischen Gründen, wenig glaubwürdig sein. Vor allem der festen Haltung des Kollegen Duve, die ich unterstützt habe, gegen die Abwehrhaltung des Auswärtigen Amtes. aber auch gestützt auf die Beschlüsse der 90. Sitzung der Interparlamentarischen Union, die — Gott sei Dank — ohne Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt mit der Zustimmung der deutschen Delegation zustande kamen, ist es zu verdanken, daß wir, erschüttert und aufgerüttelt durch die grausamen Vertreibungen und — wie man heute zu sagen pflegt — durch die „ethnischen Säuberungen" im früheren Jugoslawien, intensive interfraktionelle Gespräche und Ausschußberatungen geführt haben. Mit Ausnahme der PDS, begründet ausgerechnet von Herrn Modrow, wurde diese Oppositions-Initiative mit breitester Mehrheit aller anderen Mitglieder im Auswärtigen Ausschuß begrüßt, völkerrechtswidrige Vertreibungen jeder Art international zu ächten und die verantwortlichen Verursacher zur Rechenschaft zu ziehen. Ausgesprochen dankbar bin ich den beiden SPD-Kollegen Freimut Duve und Dieter Schloten dafür, daß sie die von mir namens der CDU/CSU eingebrachten Ergänzungen akzeptiert haben und diese so im Verlauf der Beratungen in den vorliegenden Antrag aufgenommen worden sind. Uns, der CDU/CSU, ging der SPD-Antrag nicht weit genug. Was hätten denn die Opfer von Vertreibungen und ethnischen Säuberungen davon, wenn die gegen sie begangenen Verbrechen und Grausamkeiten lediglich geächtet und die Verursacher vor Gericht gestellt würden? Meinen politischen Freunden von der CDU/CSU und mir ging es darum, daß die verletzten Rechte weltweit wiederhergestellt werden, also das Recht auf die Heimat, das Rückkehrrecht, das Niederlassungsrecht, das Selbstbestimmungsrecht, Volksgruppen- und Minderheitenrechte. Diese elementaren Menschenrechte müssen endlich weltweit anerkannt und durchgesetzt werden. Ich verhehle nicht, daß es für mich eine persönliche Genugtuung ist, daß somit fast wortgleich die von mir namens der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU für den Hamburger Parteitag am 23. Februar dieses Jahres ausgearbeiteten Formulierungen, die auch zunächst von der Antragskommission — durch welche Berater eigentlich? — einstimmig abgelehnt wurden, aber durch den persönlichen Wortbeitrag des Herrn Bundeskanzlers dann gegen eine einzige Stimme mit überwältigender Mehrheit angenommen wurden (siehe CDU-Grundsatzprogramm, Kapitel V, Absatz 3, Artikel 128), sich in der Bundestagsdrucksache wiederfinden. Ich zitiere: „Eine wesentliche Bedingung für den Frieden ist die allseitige Bereitschaft zum Gewaltverzicht und der unbedingten Achtung der Menschen- und Bürgerrechte ebenso wie der Schutz der ethnischen und religiösen Minderheiten. Wir treten für das Selbstbestimmungsrecht der Völker und im Rahmen dessen für ein internationales Volksgruppen- und Minderheitenrecht, das Recht auf die Heimat, eigene Sprache und Kultur ein. Völkervertreibungen jeder Art müssen Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20667* international geächtet und verletzte Rechte anerkannt werden. " Im ersten Teil der heute vorliegenden Beschlußvorlage kommt dies alles als allgemeine und zeitlose Kernforderung zum Ausdruck. Im zweiten Teil sind die dringend notwendigen Maßnahmen in bezug auf den andauernden Konflikt und den gegenwärtigen Unrechtszustand im ehemaligen Jugoslawien aufgelistet. In dem vom Parlament geforderten Bemühen um Umsetzung unserer Forderungen kann sich die Bundesregierung im übrigen international auch auf mehr als 20 Initiativen und Entschließungen der Vereinten Nationen und anderer supranationaler Institutionen berufen, die ich in den Ausschußberatungen genannt habe und die in den entsprechenden Protokollen des Auswärtigen Ausschusses nachgelesen werden können. Die Aufforderung an die Bundesregierung, verstärkt weitere Intiativen zu ergreifen, Vertreibungsursachen weltweit zu bekämpfen und die verletzten Rechte einzuklagen, umfaßt natürlich — und dies ist das Entscheidende überhaupt — auch zumutbare Wiedergutmachungs- und Entschädigungsverpflichtungen durch die Vertreiber. Sie umfaßt Initiativen auf europäischer Ebene zur allgemeinen Anerkennung und Ratifizierung des vierten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention durch alle, ich wiederhole: durch alle Mitgliedstaaten des Europarates und auch hinsichtlich einer intensiveren Auslegung des Art. 12 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte im UN-Menschenrechtspakt. Dies gilt selbstverständlich auch bezüglich des Einsatzes für die Rechtssetzung des „Codex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschen", dessen Entwurf die Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen bereits am 19. Juli 1991 in erster Lesung angenommen hat. Ich wurde im Alter von vier Monaten mit meinen Eltern im April 1946, also vor 48 Jahren, von den polnischen Behörden aus Schlesien vertrieben. Daher bin ich der Auffassung, daß die Verursacher und Verantwortlichen für die Vertreibungen und für ethnische Säuberungen, vom geistigen Urheber Benesch angefangen bis zu den heutigen Vertreibern, sich des Völkermordes schuldig gemacht haben. Denn auf Dauer wird unsere Volksgruppe auch kulturell ausgerottet, weswegen ich die Streichungsforderungen der SPD bezüglich der ostdeutschen Kulturarbeit, Herr Duve, nicht hinnehme. Eine „Konvention gegen Vertreibung" hat nach meiner festen Überzeugung erst dann ihren wirklichen Sinn und ihre Aufgabe erfüllt, wenn ihre Zeitlosigkeit deutlich erkennbar wird, das heißt, alle Vertreibungen von noch lebenden betroffenen Menschen erfaßt, und zwar so weit, wie das moderne Völkerrecht reicht. Gegen diese Auffassung hat natürlich der PDS-Vertreter Einspruch eingelegt, aber dies war von den Kommunisten auch zu erwarten. Aber wir haben in kollegialer Zusammenarbeit Kompromißformulierungen für vergangenes und gegenwärtiges Vertreibungsunrecht gefunden, die hoffentlich bei ihrer Umsetzung mithelfen werden, daß in Zukunft Vertreibungen verhindert werden können und immer weniger Menschen davon bedroht werden, dieses schreckliche Unrecht durchleben, erleiden und erdulden zu müssen. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß der Bund der Vertriebenen die vielen hundert Kundgebungen zum „Tag der Heimat 1994" im September dieses Jahres unter das Leitwort „Recht auf die Heimat verwirklichen — Vertreibung ächten" gestellt hat. Abschließend weise ich noch darauf hin, daß die Bundesregierung durch unseren Beschluß aufgefordert wird, dem Auswärtigen Ausschuß über ihre nationalen und internationalen Bemühungen bei der Umsetzung dieses Antrages mündlich und schriftlich Bericht zu erstatten. Damit soll erreicht werden, daß auch der 13. Deutsche Bundestag, dem ich nicht mehr angehören werde, sich mit Vertreibungsfolgen beschäftigen muß und dieses nicht aufgearbeitete Thema auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses und seiner Ausschüsse bleiben wird. Dies ist auch meine Bitte an die zukünftigen Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses, die Beamtenriege des Auswärtigen Amtes immer wieder an ihre Pflicht gegenüber den Vertriebenen zu erinnern und zu ermahnen, deren berechtigte und zumutbare Forderungen - ob gelegen oder ungelegen — durch die Minister gegenüber den Vertreiberstaaten zu vertreten. In der Vergangenheit hat das Auswärtige Amt diese Verpflichtung nur mangelhaft, ja ungenügend, oft widerwillig erfüllt. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (a — Große Anfrage: Beschäftigungssituation Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen und Einordnung des Schwerbehindertenrechts in ein neues Sozialgesetzbuch IX, b — Beschäftigung Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen, c — Dritter Bericht der Bundesregierung über die Lage der Behinderten und die Entwicklung der Rehabilitation sowie Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen) Regina Kolbe (SPD): Der Ort ist richtig, die Stunde falsch. Kurz nach Mitternacht kommen wir zu einem Thema von dem 6,5 Millionen Menschen in unserem Land direkt betroffen sind, Familienangehörige nicht mitgerechnet. In dieser späten Stunde über Behindertenpolitik zu diskutieren bedeutet, daß das Thema in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird. Dabei wäre dies dringend notwendig. Behinderung ist nach wie vor ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Sicherlich ist die Angst vor eigener Betroffenheit auch ein Grund dafür. Die Reaktion, wegzusehen oder das Anbieten übertriebener Hilfeleistungen, macht deutlich, welche Probleme für Nichtbetroffene im Umgang mit behinderten Menschen vorhanden sind. Ganz anders sind 20668* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 da Politiker. Sonntagsreden und Absichtserklärungen, für Behinderte etwas getan zu haben, soziales Engagement wirkt sich positiv auf das Image aus. Wenn der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung die Zustimmung zum Benachteiligungsverbot der CDU/CSU-Fraktion mit den Argumenten abringt, um — ich zitiere: „behindertenpolitisch nicht mit leeren Händen dastehen zu müssen" und „Verfassungsästhetik jetzt nicht mehr am Platze ist", vermute ich Vordergründigkeit, da in diesem Jahr Wahlen sind. Apropos Wahlen. Aus aktuellem Anlaß muß ich an dieser Stelle auf eine besondere Form der Diskriminierung Behinderter hinweisen. In vielen Wahllokalen ist der Zugang für mobilitätsbehinderte und sensorisch beeinträchtigte Menschen durch Treppen u. a. nicht möglich. Damit werden Menschen mit Behinderungen, in ihrem Wahlrecht, einem Grundrecht, eingeschränkt. Ich begrüße die Verankerung des Benachteiligungsverbotes in der Verfassung. Zukünftig wird Behinderung nicht mehr als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden können. Insgesamt muß das Benachteiligungsverbot einen Bewußtseinswandel in der Gesellschaft bewirken. Dies ist angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Behinderte besonders wichtig. Das Gezerre um das Benachteiligungsverbot in der Gemeinsamen Verfassungskommission und später auch im Rechtsausschuß war unerträglich. Verfassungsästhetik für eine Ablehnung als Argument heranzuziehen, verkennt die reale Situation der Menschen mit Behinderungen. Die ursprüngliche Ablehnung in der Gemeinsamen Verfassungskommission hat bei den Behindertenverbänden und den Betroffenen einen berechtigten Sturm der Entrüstung ausgelöst. Nahezu alle Verbände haben sich für die Verfassungsänderung eingesetzt. Für dieses Engagement möchte ich mich an dieser Stelle recht herzlich bedanken. Meine Bitte an die Verbände wäre an dieser Stelle: diese Erfahrung nicht so schnell wieder zu vergessen und zukünftig verstärkt gemeinsam zu arbeiten. Die Verankerung des Benachteiligungsverbotes ist ein erster Schritt. Langfristig ist aber sicherlich ein Antidiskriminierungsgesetz notwendig. Eine tatsächliche gleiche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft ist nach wie vor nicht erreicht. Ausgrenzung und Diskriminierung sind an der Tagesordnung. Menschen mit Behinderungen leben immer noch in Sondereinrichtungen isoliert und sind weitgehend von der Teilnahme am öffentlichen Leben ausgeschlossen. Ich habe an dieser Stelle schon einmal — auch zu später Stunde — gesagt, daß wir Politik für Menschen mit Behinderungen als Querschnittsaufgabe verstehen müssen. Nur wenn wir in allen Bereichen Bildungssystem, Arbeitsmarkt, Bauen, Wohnen, Reisen und Verkehr das Selbstbestimmungsrecht in den Vordergrund stellen, kann die Ausgrenzung überwunden werden. Kennzeichen dieser Bundesregierung ist, daß seit 1987 keine substantiellen, rechtlichen Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen beschlossen wurden. Im Gegenteil, alle Betroffenen und auch ich registrieren eine systematische Einschränkung sozialer Leistungen auf Kosten des Finalitätsprinzips und der Bedarfsorientierung. Als Beispiele wären die 10. Novelle des AFG sowie die verstärkte Heranziehung von Einkommen der Angehörigen zu nennen. Auch die Herabsetzung des Übergangsgeldes, die Nichtanpassung des Nachteilsausgleichs für Behinderte an die letzten Mineralölsteuererhöhungen — deren Prüfung übrigens seit Monaten im BMF vorgenommen wird — und nicht zuletzt die 1986 erfolgte Änderung des Schwerbehindertengesetzes mit Verschlechterungen der Eingliederungsmöglichkeiten für arbeitslose Betroffene kommen hinzu. Man muß die Antworten der Bundesregierung auf die Große und Kleine Anfrage der SPD-Fraktion zur Beschäftigungssituation und den letzten Behindertenbericht nur ausführlich lesen, um zu erkennen, daß Behindertenpolitik mehr als nur defizitär ist. Wenn sich die Bundesregierung selbstgefällig auf die Schultern klopft, ist das völlig ungerechtfertigt. Ich werde im folgenden die Defizite beschreiben. Die seit Jahren geplante Zusammenführung des Rehabilitations- und des Schwerbehindertenrechts in einem Sozialgesetzbuch IX — das sogar Bestandteil der letzten Koalitionsvereinbarungen war —, wird in dieser Legislaturperiode nicht verwirklicht. Damit haben die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen in diesem so wichtigen sozialpolitischen Bereich ein Versprechen nicht eingelöst. Als Politikerin aus den neuen Bundesländern ist mir dieses „Markenzeichen" der Bundesregierung übrigens bekannt. Ursächlich für das Scheitern des SGB IX scheinen vor allem koalitionsinterne Querelen zu sein. Damit wird der von allen Seiten bestätigte Reformbedarf des Reha- und Schwerbehindertenrechts verschoben. Die Betroffenen werden weiterhin mit dem zersplitterten Leistungssystem konfrontiert. Ungleiche Leistungen der Träger in Höhe und auch im Umfang sind die Folge. Probleme wie das Herausfinden des zuständigen Trägers und Verzögerungen der Leistungsgewährung kommen hinzu, vor allem wenn verschiedene Leistungsträger zusammenwirken. Erschwerend ist, daß die sozialen Eingliederungshilfen durch die Sozialhilfe aus dem Leistungsrecht ausgeklammert bleiben. Eine reibungs- und lückenlose Rehabilitation kann dabei nicht gewährleistet werden. Dieses Problem im Interesse der Betroffenen zu regeln wird Aufgabe der zukünftigen SPD-Regierung sein. Die jetzige Praxis führt immer noch dazu, daß Menschen mit Behinderungen ihren Leistungsanspruch weiterhin in Abhängigkeit von der Ursache der Behinderung geltend machen müssen. Menschen, die nie oder kaum berufstätig waren, sind damit lebenslang von der Sozialhilfe abhängig. Dazu gehören vor allem Betroffene mit angeborenen oder in der Jugend erworbenen Behinderungen, aber auch Frauen. Insgesamt sind diese Betroffenen schlechter gestellt. Dies wird von uns Sozialdemokraten nicht akzeptiert, Leitgedanke dabei ist, daß allein Art und Schwere Maßstab der Hilfe sein müssen. Auch für die Beschäftigten in den Werkstätten für Behinderte hat die Verschiebung des SGB IX schwer- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20669* wiegende Konsequenzen. Dringend regelungsbedürftig, seit Jahren von den Verbänden und Angehörigen gefordert, sind Rechtsstellung, Entgelt und Mitwirkung der Betroffenen in den Werkstätten. Wir Sozialdemokraten werden nach der Regierungsübernahme ein SGB vorlegen, daß dem bestehenden Reformbedarf gerecht wird. Es müssen konkrete Verbesserungen für die Betroffenen erzielt werden. Einen Leistungsabbau durch die Hintertür wird es mit der SPD nicht geben, wie er im Referentenentwurf der Bundesregierung vorgesehen war. Mit dem Einigungsvertrag wurde das Rehabilitations- und Schwerbehindertenrecht auf die neuen Bundesländer übertragen. Die tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen aber noch lange nicht den rechtlichen Vorgaben. Positive Verbesserungen sind vor allem im Bereich der Heil- und Hilfsmittelversorgung zu erkennen. Der Beratungs- und Informationsbedarf ist nach wie vor sehr groß. Die angesprochene Unübersichtlichkeit des Leistungsrechtes wird auch in den neuen Bundesländern kritisiert. Viele Betroffene sagen, daß das neue Recht nicht auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. An dieser Stelle möchte ich all denjenigen danken, die sich bei der Einführung des neuen Rechtes in den neuen Bundesländern engagiert haben. Auch die Aktivitäten der über 600 Selbsthilfeorganisationen, die sich auf Orts- und Landesebene in den neuen Bundesländern gebildet haben, möchte ich nicht unerwähnt lassen und an dieser Stelle recht herzlich für ihr Engagement danken. In den neuen Bundesländern ist die Berufsberatung in den Arbeitsämtern für Menschen mit Behinderungen vom Umfang her unbefriedigend. Es sind kaum Einrichtungen zur Arbeitserprobung und Berufsfindung vorhanden. Der Aufbau von Berufsbildungswerken und Berufsförderungswerken ist noch nicht abgeschlossen. Insgesamt aber muß vor allem die Bereitschaft von Betrieben und Verwaltungen zur Ausbildung von behinderten Jugendlichen gefördert werden. Die personelle Besetzung in den Hauptfürsorgestellen ist unbefriedigend. In den technischen Beratungsdiensten und in der Öffentlichkeitsarbeit müssen ebenfalls dringend Verbesserungen erzielt werden. Eine wesentliche Voraussetzung für finanzielle Unabhängigkeit und Selbstbestimmung ist die Erwerbstätigkeit. Menschen mit Behinderungen sind immer die ersten Opfer der Krise, und die Arbeitslosigkeit ist mit 16 % entsprechend hoch. Im Mai 1994 waren über 177 790 Menschen mit schweren Behinderungen offiziell arbeitslos registriert. In der Bundesrepublik Deutschland wurde die Beschäftigungspflichtquote noch nie erfüllt. 75 % der privaten Arbeitgeber erfüllten ihre Pflicht nicht oder nicht in vollem Umfang. 75 %! Seit 1990 wird auch die Bundesregierung ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht, denn 30 % der Bundesministerien erfüllen die Quote nicht. Wie will die Bundesregierung private Arbeitgeber in die Pflicht nehmen, wenn sie nicht einmal selbst in der Lage und willens ist, bestehende Gesetze einzuhalten? 965 Millionen DM mußte allein der Bund 1993 als Ausgleichsabgabe zahlen. Die Beschäftigungsquote von 6 % kann nur erreicht werden, wenn in der Privatwirtschaft vermehrt eingestellt wird. Eine deutliche Erhöhung der Ausgleichsabgabe würde meines Erachtens das Einstellungsverhalten gerade in der Privatwirtschaft beeinflussen. Ergebnisse eines Forschungsberichts, der durch das BMA in Auftrag gegeben wurde, bestätigen dieses. Schwerbehinderte werden nur dann in Unternehmen beschäftigt, wenn dies kostengünstiger ist als die Zahlung der Ausgleichsabgabe. Die finanzielle Belastung durch die Ausgleichsabgabe beträgt nur 2 400 DM pro Jahr. Die zusätzlichen Lohn- und Gehaltskosten der Schwerbehinderten betragen dagegen ca. 4 500 DM pro Jahr. Die Zahlen sprechen also für sich. Dieses wesentliche Ergebnis des Forschungsberichtes wurde übrigens im 1. Referentenentwurf des Behindertenberichts ausführlich dargestellt. ln der vorliegenden Drucksache über die wir heute debattieren — fehlt diese Aussage. Ich frage, warum die Bundesregierung Ergebnisse dieses Forschungsberichts in solcher Art und Weise ignoriert. Die Beschäftigungssituation im Bund kann und muß verbessert werden. Entsprechende Vorschläge wurden durch die SPD-Fraktion vorgelegt. Ich zähle nur einige auf: Bezahlung der Ausgleichsabgabe nicht mehr pauschal — als fester Haushaltsposten durch den Bund, sondern über die Einzeletats der jeweiligen Ministerien und Bundesbehörden, Erweiterung des Betreuungs- und Hilfskräfteangebotes für behinderte Beschäftigte in den Dienststellen, Ausweisung spez. Behindertenarbeitsplätze im Stellenplan, Verbesserung der Personalsituation in den Hauptfürsorgestellen, Verbesserung der Personalausstattung in den AA, Schaffung von Ausbildungsplätzen für Jugendliche mit Behinderungen; die Antwort auf die Große Anfrage zeigt sehr deutlich, daß gerade hier Defizite bestehen; notwendig ist die gezielte Förderung von Vorbereitungen zur Berufswahl, die Verbesserung der Instrumentarien der Aus-, Fort- und Weiterbildung, sowie die Förderung der Arbeitsaufnahme; zu nennen wären hier Motivationskurse für Langzeitarbeitslose, Orientierungskurse zur Berufsfindung als Regelleistung usw.; notwendig ist der Ausbau von Beratungskapazitäten in den Arbeitsverwaltungen und Hauptfürsorgestellen für private Arbeitgeber und den öffentlichen Dienst. Zusätzlich müßten für die neuen Bundesländer Informations- und Beratungsangebote an die privaten Arbeitgeber und den öffentlichen Dienst durch die Arbeitsverwaltungen und Hauptfürsorgestellen ausgebaut werden; höhere finanzielle Zuschüsse für 20670* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Behindertenarbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden; der Aufbau der Interessenvertretung für Schwerbehinderte verstärkt werden; entsprechende Länderkonzepte und Förderprogramme zur spezifischen Betreuung und Förderung von besonders betroffenen Schwerbehinderten auf die neuen Bundesländer übertragen werden. Es gibt also eine Vielzahl von Ansatzpunkten die mit politischem Willen auch zum Erfolg führen können. Diesen politischen Willen vermisse ich bei der Bundesregierung. Da nutzt es auch nichts, wenn jedes Jahr zum Teil gleichlautende Kabinettsbeschlüsse zur Verbesserung der Beschäftigungssituation beim Bund vorgelegt werden, die dann von den einzelnen Ministerien und nachgeordneten Behörden ignoriert werden. Im Werkstättenbereich ist das ursprüngliche Konzept, den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erreichen, bis heute nicht einmal im Ansatz verwirklicht worden. 140 000 Menschen arbeiten in diesen Werkstätten. Wir brauchen hier Konzepte integrativer Arbeitsformen wie Selbsthilfefirmen und Beschäftigungsprojekte für behinderte Menschen, die den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtern. Insgesamt muß auch der Kontakt zwischen den WfB und den potentiellen Firmen verbessert werden. Eine Form der Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt waren die „Geschützten Abteilungen" der Ex-DDR. Ich bedauere es sehr, daß es diese Abteilungen nicht mehr gibt und muß an dieser Stelle sagen, daß hier ein Bereich gewesen wäre, bei dem an die Erfahrungen der Ex-DDR hätte angeknüpft werden können. Bisher wurde in der Öffentlichkeit die Situation von Frauen mit Behinderungen vernachläßigt. Frauen mit Behinderungen sind doppelt, ja sogar dreifach benachteiligt. Das Ausbildungs- und Umschulungssystem ist für Frauen unzureichend. Die berufliche Rehabilitation muß auf frauenspezifische Problem-, Interessen- und Zugangslagen ausgerichtet werden. Durch baulich-technische Hindernisse wird die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen tagtäglich eingeschränkt. Einer gleichen Teilhabe sind damit deutliche Grenzen gesetzt. Ich unterstütze die Forderung der Behindertenverbände, daß die Gestaltung des Lebensumfeldes an den Bedürfnissen der Behinderten — genauso wie an den Bedürfnissen von Senioren und Familien ausgerichtet werden muß. Was nutzt es denn einem Menschen mit Behinderung, wenn es zwar die unentgeltliche Beförderung gibt aber der behindertengerechte Bus fehlt? Die Berücksichtigung behindertenpolitischer Belange darf nicht mehr als wohlfahrtsstaatliche Angelegenheit, sondern muß als ein Bürgerrecht verstanden werden! Wenn Barrierefreiheit und andere behindertengerechte Normen schon in die Planung von öffentlichen Bauten und von Verkehrsanlagen miteinbezogen werden, entstehen kaum Mehrkosten. Erst der nachträgliche Umbau verursacht diese. Trotz dieser allgemein bekannten Tatsache, findet dies vor allem in den neuen Bundesländern kaum Berücksichtigung. Dem Bundestag liegen zwei Anträge zur Beschlußfassung vor. Während der SPD-Antrag die Defizite aufgreift, die bei der Antwort der Großen Anfrage und beim Behindertenbericht deutlich werden, reduziert sich der Antrag der CDU/CSU und F.D.P.-Fraktionen auf Allgemeinplätze und Absichtserklärungen. Defizite können aber nicht mit allgemeinen Absichtserklärungen nach dem Motto dieser Bundesregierung: „weiter so" beseitigt werden. Die Beschäftigungssituation kann nicht beklagt werden, wenn gleichzeitig die Hauptfürsorgestellen nur mit 2/3 des Personals ausgestattet werden und das Personal in den Arbeitsämtern reduziert wird. Alles Klagen und Lamentieren wird nicht zur Verbesserung der Situation führen. Im Ausschuß wurde der weitergehende Antrag der SPD-Fraktion abgelehnt. Mit dem Antrag der CDU werden nicht die Voraussetzungen geschaffen, die gleiche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft ermöglichen und die Beschäftigungssituation konkret verbessern. Dieser Koalitions-Antrag ist keine Basis für aktives Handeln. In der US-Rechtsprechung wurde festgelegt, daß eine Diskriminierung nicht nur ein Tun ist, sondern auch eine Unterlassung sein kann. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, also Handeln. Stimmen Sie also dem SPD-Antrag zu. Vielen Dank. Heinz Schemken (CDU/CSU): Eine der großen Herausforderungen der 90er Jahre ist der Abbau der Arbeitslosigkeit. Es zeichnet sich zwar nach den vorliegenden Prognosen aus Wirtschaft und Wissenschaft bei der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eine deutliche konjunkturelle Besserung ab. Gleichwohl wird die Zahl der Arbeitslosen bei weit über drei Millionen Betroffenen verbleiben. Diese Zahl der Arbeitslosen läge angesichts des beträchtlichen Rationalisierungsdrucks in den Unternehmen und durch die Umstrukturierung in den jungen Bundesländern noch wesentlich höher, wenn nicht durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik gegengesteuert worden wäre. Fast zwei Millionen Menschen - darunter auch viele Behinderte — konnten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen vor Arbeitslosigkeit bewahrt werden. Rund 30 000 Schwerbehinderte konnten mit den gezielten Hilfen des Arbeitsförderungs- und des Schwerbehindertenrechts auf einen Arbeitsplatz vermittelt werden. Die Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter ist demzufolge zurückgegangen. Dies gilt insbesondere für die jungen Bundesländer, wo sie sich bereits seit der zweiten Hälfte des letzten Jahres rückläufig entwickelte. Dort zählen nur 2 v. H. der Arbeitslosen zum Personenkreis der Schwerbehinderten. Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe sind nach wie vor die Grundpfeiler unserer Arbeitsmarktpolitik für Schwerbehinderte. Öffentliche und private Arbeitgeber, die über mindestens 16 Arbeitsplätze verfügen, sind verpflichtet, auf 6 v. H. ihrer Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20671* Die Devise muß also lauten: Mehr Arbeitsplätze schaffen für behinderte Menschen! Die arbeitslosen Schwerbehinderten warten darauf, daß sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten am Arbeitsplatz einsetzen können. Es gehört auch zur Würde des Menschen, daß er in Arbeit sich verwirklicht, und Behinderte sollten auch hier gefordert werden. Ein Arbeitgeber, der lieber Ausgleichsabgabe zahlt, läßt dieses Potential ungenutzt und verweigert den Behinderten die Chance, ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen und sollte auch keinesfalls am Geld scheitern, wenn z. B. Arbeitsplätze behindertengerecht umgebaut werden. Die Hauptfürsorgestellen stellen finanzielle Hilfen zur Verfügung; und auch die Bundesanstalt für Arbeit gewährt Zuschüsse zu den Lohnkosten. Es gilt aber auch, immer noch bestehende, unnötige Hemmnisse für die Beschäftigung Schwerbehinderter abzubauen. Unkenntnisse und Vorurteile, die immer noch gegenüber Schwerbehinderten und ihrer Leistungsfähigkeit bestehen, müssen beseitigt werden. Die Informationen für Arbeitgeber, insbesondere den kleineren und mittleren Unternehmen, muß verbessert werden. Viele Arbeitgeber kennen die besonderen Fördermöglichkeiten nicht, die nach dem Instrumentarium des Schwerbehindertenrechts bestehen. Dies ist bedauerlich. Der öffentliche Dienst hat bei der Beschäftigung Schwerbehinderter eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Leider wird er dieser Verantwortung nicht in der wünschenswerten Weise gerecht. Auch der Bund erfüllt seit 1990 die Beschäftigungsquote von 6 v. H. leider nicht mehr. Allerdings trifft es nicht zu, daß er sich „freikaufen" will. Seit 1991 sind erhebliche Anstrengungen unternommen worden, um die Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter zu verbessern. Erste Erfolge sind sichtbar. Genauso wichtig erscheint es mir aber, an die Länder zu appellieren, auch ihrer Verpflichtung endlich gerecht zu werden. Es kann nicht angehen, daß z. B. die Beschäftigungsquoten in den jungen Bundesländern 1992 durchweg unter 3 v. H. lagen. Nur wenn Bund und Länder vorbildlich handeln, können wir von der Privatwirtschaft erwarten, daß auch dort die Bemühungen verstärkt werden. Für die Integration Behinderter ist die beste Voraussetzung eine fundierte berufliche Qualifizierung. Dazu steht in den alten Bundesländern schon seit längerem ein Netz von Berufsbildungs- und Berufsförderungswerken mit einem hohen Standard zur Verfügung. Ich freue mich ganz besonders, daß auch in den jungen Ländern seit 1990 sieben Berufsförderungs- und acht Berufsbildungswerke Behinderten Qualifizierungsmöglichkeiten eröffnen. Arbeit vermittelt Anerkennung; sie stellt ein Stück Selbstverwirklichung dar. Dies gilt auch für rund 140 000 Schwerbehinderte, die wegen ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht weniger wertvoll für Gesellschaft und Wirtschaft sind. Unsere Kultur auch in der Arbeitswelt wird entscheidend geprägt am Beispiel, wie wir mit den Behinderten umgehen. Für diesen Personenkreis stellen die rund 590 Werkstätten in Deutschland ein der Behinderung adäquates Beschäftigungs- und Betreuungsangebot zur Verfügung. Dabei muß auch in den jungen Bundesländern ein Netz von Werkstätten aufgebaut werden, das den gleichen hohen Standard hat. Ungefähr 30 000 Werkstattplätze müssen neu geschaffen oder umstrukturiert werden. Die Werkstätten sind heute eine feste Größe im Wirtschaftsleben. Die Behinderten, die dort täglich ihrer Arbeit nachgehen, stellen Produkte her und erbringen Dienstleistungen, die zu Recht auf dem Markt anerkannt sind. Sie können sich im Wettbewerb behaupten als leistungsfähige Einrichtungen mit engagierten Mitarbeitern, denen ich hier einmal Dank und Anerkennung aussprechen möchte. Gleichwohl können die Werkstätten angesichts des besonderen Personenkreises und der besonderen Aufgaben als Rehabilitationseinrichtungen nicht nur leistungsorientierte Betriebe sein. Die Werkstatt muß auch jenen Behinderten eine Arbeit anbieten, die nur über ein Mindestmaß von Leistungsvermögen verfügen. Auch diese Behinderten müssen die Chance der Selbstverwirklichung haben, und dies muß der Würde des Menschen entsprechen. Auch wenn wir heute sagen können, daß ein flächendeckendes Netz von Werkstätten besteht und in den neuen Ländern ein solches Netz mit einem gleichwertigen Standard zügig aufgebaut wird, ist damit noch nicht alles getan. Die Werkstätten müssen auch konzeptionell weiterentwickelt werden. Wir müssen die Fragen der Entlohnung, der Rechtsstellung der Behinderten sowie der Mitwirkung der Behinderten und ihrer Eltern in Werkstattangelegenheiten regeln. Es sollte deshalb unser besonderes Anliegen sein, die von allen Beteiligten als unbefriedigend empfundene Entlohnung zu verbessern. Dabei wird nur eine Weiterentwicklung im Rahmen des bestehenden Leistungsrechts Aussicht auf Erfolg haben. Lösungsvorschläge, die durch die Werkstattbeschäftigung entstehenden Kosten von der Sozialhilfe auf Bund, Länder oder andere Träger zu verlagern, haben keine Chance. Die Vorschläge für eine Weiterentwicklung liegen auf dem Tisch. Sie sind in einer beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung angesiedelten Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Verbände und Kostenträger in mehrjähriger Arbeit entwickelt worden. Dabei erscheint mir der Hinweis wichtig, daß nicht nur die Kostenträger, sondern auch die Werkstätten selbst einen Beitrag zur Verbesserung der Entlohnung leisten müssen. Nicht nur die Entlohnung muß verbessert werden. Wir müssen auch die Rechtsstellung derjenigen Behinderten in Werkstätten, die keine Arbeitnehmer im Rechtssinne sind, besser regeln. Es muß das Ziel unserer Überlegungen sein, für diese Behinderten einen Status zu schaffen, der das zugrundeliegende Sozialrechtsverhältnis beachtet und gleichzeitig Rechte und Pflichten so weit wie möglich angleicht. Die volle Rechtsstellung eines Arbeitnehmers mit allen Rechten und Pflichten wird nicht möglich sein, auch im Interesse der Behinderten nicht. Ich glaube nicht, daß man geistig Behinderte — und dies sind 85 v. H. der Behinderten in WfB alle Pflichten eines Arbeitnehmers aufbürden kann. Nicht zuletzt muß 20672* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 auch die Mitwirkung, die jetzt schon dem Grunde nach in den Werkstätten vorgesehen ist, eine gesetzliche Regelung erfahren. All diese Fragen müssen geklärt und geregelt werden. Der fachpolitische Verständigungsprozeß dazu ist — wie Sie wissen — bereits weit vorangetrieben worden. Alle Kritik an Dingen, die in der Behindertenpolitik noch nicht geschafft wurden, sollte uns einen Erfolg nicht verdunkeln. Ein Erfolg, der auch die Lage vieler Behinderter entscheidend zum Besseren wenden wird, ist: Wir haben es geschafft, die soziale Pflegeversicherung als fünfte Säule unseres Sozialversicherungssystems zu begründen. Die bisherigen Rahmenbedingungen nämlich waren eine unerträgliche Situation der Pflegebedürftigen und ihrer Familien, die unzureichende Pflegeinfrastruktur und die bisherige Rechtslage, die nur einzelnen Gruppen von Pflegebedürftigen ausreichende Leistungen eröffnete. Nach diesen Forderungen tritt nun eine für die Pflegebedürftigen, aber auch für die Pflegenden befriedigende Lösung ein. Mit dem 1. Januar 1995 tritt das Pflege-Versicherungsgesetz nun in Kraft, wobei die Leistungen in zwei Stufen eingeführt werden: die ambulanten Leistungen zum 1. April 1995 und die stationären Leistungen zum 1. Juli 1996. Die im Vermittlungsverfahren weiter verbesserten Leistungen der Pflegeversicherung sind eine echte Hilfe für die Betroffenen; das dürfen wir uns von Interessierten, die gern noch weitergehende Lösungen gewünscht hätten, nicht zerreden lassen. Im Bereich der häuslichen Pflege gibt es Sach- und Geldleistungen, im ambulanten Bereich sind u. a. Pflegeurlaub, Angebote für die Tages- und Nachtpflege, Pflegehilfsmittel, Zuschüsse für pflegebedingte Umbaumaßnahmen und unentgeltlicher Pflegekurse vorgesehen. Hiermit wird ein Stück „stille Ausbeutung" beseitigt, denn wir haben es hingenommen, daß über 1,7 Millionen Pflegende daheim ihren ehrenamtllichen Dienst ohne Anerkennung der Gesellschaft unter teilweise unerträglichen Umständen und bis an die Grenze der Leistungskraft erbracht haben. Dieses Unrecht wird jetzt beseitigt. Mit diesen Leistungen wird es künftig für die überwiegende Mehrzahl der Pflegebedürftigen möglich sein, ihr Schicksal zumindest finanziell aus eigener Kraft meistern zu können. Damit ist eine wesentliche Lücke in unserem Sozialsystem geschlossen worden und das Netz der sozialen Sicherung noch enger geknüpft worden, und ich wiederhole noch einmal: Es ist auch ein wesentlicher Markstein in der Politik für unsere behinderten Menschen. Dr. Eva Pohl (F.D.P.): Die Beratung der Großen Anfrage der SPD-Fraktion zur Beschäftigungssituation Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen und Einordnung des Schwerbehindertenrechts in ein neues Sozialgesetzbuch gibt uns Arbeits- und Sozialpolitikern die Gelegenheit, zur aktuellen Situation der Behinderten Stellung zu nehmen. Besonders wertvoll auch für die weitere Erörterung dieser vielschichtigen Thematik ist hierbei der „Dritte Bericht der Bundesregierung über die Lage der Behinderten und die Entwicklung der Rehabilitation" , der detailliert, sachlich und umfassend die Situation der behinderten Mitbürger beschreibt. Ich sage dies insbesondere im Hinblick auf den vor zehn Jahren, im April 1984, erschienenen ersten Bericht über die Lage der Behinderten, der allein vom Umfang her noch nicht einmal die Hälfte des jetzigen Werkes ausmachte. Wie sieht also die Situation für unsere behinderten Mitbürger in Deutschland aus? Der Bericht zeichnet ein Bild mit hellen, aber auch dunklen Facetten. Auf der einen Seite gibt es eine Vielzahl von Feldern, auf denen gute Arbeit geleistet wurde. Allein, daß knapp 1 Million Schwerbehinderte einer regulären Beschäftigung nachgehen und weitere 140 000 Werkstätten für Behinderte arbeiten, ist einer ausdrücklich positiven Erwähnung wert. Ich denke hier aber auch an die Fortschritte bei der Rehabilitation und der Integration von Behinderten. Erfreulich ist dabei für mich als F.D.P.-Abgeordnete aus Thüringen die Tatsache, daß in den letzten drei Jahren die neuen Bundesländer mit Unterstützung des Bundes in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen investiert haben. Auch der schnelle Aufbau von Berufsbildungswerken und Berufsförderwerken in den neuen Ländern ist ein positives Signal. Andererseits gibt es leider weiterhin Schattenseiten. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum es den Bundesdienststellen nicht gelingt, bei der Beschäftigung Schwerbehinderter die Quote von 60 v. H. zu erreichen. Der Bund als Arbeitgeber mußte 1991 erstmals seit 1978 Ausgleichsabgabe zahlen, und auch im Jahre 1992 war die Lage nicht besser. Bei den Ländern sieht es zum großen Teil sogar noch betrüblicher aus. Es kann doch nicht darum gehen, das Aufkommen der Ausgleichsabgabe zu steigern, sondern es muß der Anteil der beschäftigten Schwerbehinderten gesteigert werden. Die Bundesregierung hat auf diese negative Entwicklung im September letzten Jahres mit einem Maßnahmenpaket zur Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter im öffentlichen Dienst reagiert. Das ist ausdrücklich zu begrüßen. Die Integration von Behinderten in Arbeit, Beruf und Gesellschaft muß ein zentrales Anliegen jeder Regierung in Deutschland sein. Damit komme ich zu einem Punkt, der in diesen Monaten mit dieser Thematik eng verknüpft ist: die anstehende Verfassungsreform und die Frage, ob eine Erweiterung des Art. 3 Abs. 3 GG im Hinblick auf ein Benachteiligungsverbot wegen einer Behinderung empfohlen werden soll. Der schon erwähnte Dritte Bericht über die Lage der Behinderten notiert dazu: „Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sichert allen Bürgern die Beachtung ihrer Menschenwürde, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit, gleiche Behandlung durch die öffentliche Gewalt und die Beachtung des Sozialstaatsgrundsatzes zu." Diese Grundrechte stehen allen Mitbürgern und damit natürlich auch den behinderten Menschen zu; Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20673* eine Erweiterung des Art. 3, Abs. 3 erscheint vom rein rechtlichen Standpunkt her nicht notwendig. Ich habe dies auch im Namen meiner Fraktion am 21. April diesen Jahres in der Debatte zur Gleichstellung von Behinderten so vertreten — gerade auch vor dem Hintergrund, daß sich die Situation unserer behinderten Mitbürger in den letzten Jahren in vielen Bereichen verbessert hat. Aber — und das habe ich in diesem Zusammenhang in meinen vielen Gesprächen mit Behindertenvertretern in den letzten Monaten auch erfahren für die Behinderten selbst, deren Familienangehörigen und die Betreuer ist das psychologische Moment, das eine explizite Nennung dieser Gruppen im Grundgesetz bedeuten würde, ein nicht zu unterschätzender Faktor. Ein deutliches Zeichen in dieser Richtung könnte eine Entwicklung zu mehr Integration und zu weiteren Verbesserungen vorantreiben, gerade wenn man sich hierbei auch die eklatanten Übergriffe von Neonazis auf Behinderte vor Augen hält. Sollte sich demnach ein breiter Konsens über die Aufnahme des Diskriminierungsverbotes von Behinderten ins Grundgesetz in diesem Hohen Hause finden, wird die F.D.P. sicher nicht abseits stehen. Ich hoffe nur, daß wir hier nicht zu große Erwartungen bei den Betroffenen wecken, die wir dann letztendlich nicht einzulösen imstande sind. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat mit den Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. eine Beschlußempfehlung formuliert, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, alles im Rahmen ihrer Macht Stehende zu tun, um die Integration der Behinderten weiter voranzutreiben. Auf die Unterstützung der F.D.P.-Fraktion kann sich die Regierung auch bei dieser wichtigen Problematik verlassen. Gerd Poppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mindestens 10 % der bundesdeutschen Bevölkerung sind behindert. Behinderte sind damit eine der größten sozialen Minderheiten. Ende 1991 gab es in den alten Bundesländern insgesamt 5,37 Millionen amtlich anerkannte Schwerbehinderte — Grad der Behinderung 50 und mehr —, davon 23,5 % mit Grad der Behinderung 100. 54 % davon waren Männer. Die Bundesregierung betreibt die traditionelle Behindertenpolitik als Sozialpolitik mit Entsorgungsmentalität. Integration wird allenfalls betrieben als Anpassung der behinderten Individuen an eine von Nichtbehinderten geprägte Umwelt. Bekenntnisse zu einem verstärkten Engagement der Bundesregierung für die Belange der Behinderten, zuletzt im Mai vom Bundeskanzler persönlich abgelegt, bleiben leere Versprechungen. So hatte der Bund wegen der Nichterfüllung der Pflichtquote für die Beschäftigung Schwerbehinderter 1993 für das Jahr 1992 15,1 Millionen DM Ausgleichsabgabe zu zahlen. Nur wegen der 30%igen Anrechnung von Aufträgen an Werkstätten für Behinderte reduzierte sich dieser Betrag auf 9,4 Millionen DM. Über 6 600 Pflichtarbeitsplätze des Bundes waren nicht mit Schwerbehinderten besetzt. CDU und CSU verweigern nach wie vor die Aufnahme eines Benachteiligungsverbotes für Behinderte ins Grundgesetz, u. a. mit der Begründung, dies wecke zu große Hoffnungen auf Gleichstellung und sei zu teuer. Sie zeigen damit, daß sie die gesellschaftliche Ausgrenzung behinderter Menschen aufrechterhalten wollen. Die Chance, in den neuen Bundesländern auch neue Modelle der vor allem ambulanten und dezentralen Hilfen flächendeckend zu installieren, wurde nicht aufgegriffen. Statt dessen werden auch hier vor allem Aussonderungseinrichtungen — Heime, Werkstätten für Behinderte, Sonderschulen etc. — gebaut. Im Gegenteil wurden Behinderte, die zuvor in „normalen" Betrieben gearbeitet hatten, in Sonderwerkstätten ausgesondert. Die jedem Behinderten zustehende Invalidenrente wurde gestrichen. Durch die Reform des Schwerbehindertengesetzes wurde die Sichtweise von Behinderung als individuelles Problem gesetzlich festgeschrieben, der Schutzbereich wurde eingeschränkt und der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte gekürzt. Den Mitarbeitern in Werkstätten für Behinderte werden weiterhin die Arbeitnehmerschutzrechte vorenthalten. Die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr geht weitgehend ins Leere, weil die Fahrzeuge nicht behindertenzugänglich sein müssen. Die Pflegeversicherung ist konzipiert als soziotechnokratisches Modell, das jede Selbstbestimmung und Individualität Behinderter rigoros unterdrückt. Von den Betroffenen selbst beschaffte Pflegekräfte werden nicht ausreichend finanziert, es müssen Vertragsdienste der Pflegekassen in Anspruch genommen werden. Urlaub für Pflegebedürftige im Ausland ist nicht mehr möglich, weil bei Auslandsaufenthalt die Leistungen eingestellt werden: ein faktisches Ausreiseverbot für Behinderte, die persönliche Hilfen benötigen. Bei Heimunterbringung werden höhere Leistungen erbracht als bei ambulanter Hilfe, was einen Sog in die Heime hervorrufen wird. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind die einzigen, die von Anfang an konsequent Behindertenpolitik verstanden haben als von Behinderten und durch Behinderte formulierte Politik. Behindertenpolitik ist für uns in erster Linie Bürgerrechtspolitik. Behinderte müssen in allen Lebensbereichen gleiche Rechte haben und auch die Möglichkeit bekommen, diese durchzusetzen. Aus diesem Grund haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag eingebracht, der die Mindestanforderungen an ein Antidiskriminierungsgesetz für Menschen mit Behinderungen skizziert. Behindertenpolitik muß zudem zugleich verstanden werden als Strukturpolitik. Vielfach kommt es nicht so sehr darauf an, mehr Mittel aufzuwenden, sondern diese vernünftiger zu verwenden. So sind im Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung 1993 allein 450 Millionen DM für die Erstattung von Fahrgeldausfällen an Verkehrsbetriebe für die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im ÖPNV vorgesehen. Erstattungen werden auch geleistet für diejenigen, die Busse und Bahnen gar nicht nutzen können. Würden nur 10 % dieser Mittel auch für den Einsatz behindertengerechter Fahrzeuge verwendet, könnte innerhalb überschaubarer Zeit der gesamte Fuhrpark umgerüstet werden. 20674* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Die Forderung nach einem Benachteiligungsverbot Behinderter im Grundgesetz wurde von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN von Anfang an unterstützt und in ihren Gesetzentwurf einer Verfassungsreform übernommen. In der kommenden Woche werden wir uns erneut dafür einsetzen, daß dieses wichtige Vorhaben nicht an der Ignoranz der Bundesregierung scheitert. Dr. lija Seifert (PDS/Linke Liste): Ungefähr um Mitternacht soll hier in einer Dreiviertelstunde über die Probleme von mehr als 10 % der Bevölkerung geredet werden. Die Auffassungen der Gruppe der PDS/Linke Liste zum vorgelegten Bericht wurden in der Kleinen Anfrage — Drucksachen 12/7736 und 12/7956 vom 20. Mai 1994 in einer ersten wertenden Nachfrage dargelegt. Ich betrachte den Bericht der Bundesregierung in seinen wesentlichen Aussagen einerseits als Wiederholung langjährig festgestellter Defizite und Versäumnisse in der Behindertenpolitik der Bundesregierung und andererseits als abermaligen Versuch, diese Defizite schönzureden. Die Ziele, urn die es in der Behindertenpolitik gehen müßte, sind nicht realisiert worden. Im Gegenteil: Es fand und findet eine Politik der Aussonderung und Ausgrenzung statt. Interessant an diesen Fakten ist, daß selbst Regierungsmitglieder nicht umhinkönnen — so sie vor Menschen mit Behinderungen Reden halten —, die Ergebnisse der langjährigen „Integrationspolitik" in der Bundesrepublik mit folgenden Worten darzustellen: „Es mangelt an ausreichenden Begegnungsmöglichkeiten, und damit an Gelegenheiten zum selbstverständlichen Voneinander-Lernen. Denn die meisten behinderten Kinder gehen in besondere Schulen, sie erfahren als behinderte Jugendliche ihre Ausbildung in besonderen beruflichen Ausbildungsstätten. Als Erwachsene arbeiten sie, wenn ihnen der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, in besonderen Werkstätten, und sie wohnen schließlich in besonderen Wohnstätten oder Heimen. " (BM Rönsch) Dem kann ich nichts hinzufügen, außer: Das ist doch das Ergebnis der Politik der Bundesregierung! Was Frau Rönsch vor Menschen mit Behinderungen am 20. Juni in Kiel kritisch sagte, wird im Bericht der Bundesregierung allerdings als bewährte Politik dargestellt, die fortzusetzen ist. Notwendig wäre — und das hätte ich vom Bericht der Bundesregierung erwartet —, konkrete Schlußfolgerungen und Maßnahmen zur Beendigung der Bevormundung und Aussonderung behinderter Menschen vorzulegen. Das wäre nicht einmal schwierig, denn Ideen, Vorstellungen und Vorschläge für eine reale Wende in der Behindertenpolitik liegen seit Jahren auf dem Tisch. Man müßte seitens der Bundesregierung diese Vorschläge von Behindertenverbänden in Ost und West, vom ABiD bis zum VdK eigentlich nur zur Kenntnis nehmen und in Politik umsetzen. Zu nennen wäre da zuerst die Grundgesetzergänzung im Art. 3, die zwar angekündigt ist, aber nur in rudimentärer Form erfolgen soll. Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, daß alle Behindertenverbände der Bundesrepublik sich auf eine Formulierung zur Grundgesetzänderung geeinigt haben und diese am 15. Januar 1993 gemeinsam vor den Berichterstattern der Verfassungskommission vortrugen. Es geht um ein bindendes Gleichstellungs- und Nachteilsausgleichsgebot mit Verfassungsrang! Zweitens wäre ein konkretes Handlungskonzept zur schrittweisen Veränderung der Situation aus meiner Sicht ein Antidiskriminierungsgesetz zur Ausgestaltung der Grundgesetzergänzung — zu beschließen und umzusetzen. Eckpunkte für ein derartiges Gesetz wurden beispielsweise vom Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter und von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben ausgearbeitet. Weitere Vorschläge von Behindertenorganisationen liegen zur Problematik des barrierefreien Bauens, zur Mobilität behinderter Menschen sowie zur Beschäftigung Schwerbehinderter oder auch zu einer bedarfsorientierten Pflegeabsicherung usw. seit Jahren vor. Der Realisierung steht vor allem der politische Wille der Bundesregierung entgegen. So betrachte ich es eigentlich als eine Provokation, wenn Frau Rönsch auf dem Kongreß der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation in Kiel Ideen und Vorschläge zur Bereicherung der Politik der Bundesregierung anmahnt. Die Bundesregierung müßte nur den politischen Willen aufbringen, die zum Teil seit Jahrzehnten vorliegenden Vorstellungen zunächst zur Kenntnis zu nehmen und natürlich dann zu realisieren. Bestes Beispiel für die Ignoranz dieser Regierung ist beispielsweise das direkt behindertenfeindliche Verhalten der Deutschen Bahn. Für die Behauptungen und teilweise empörenden Erklärungsversuche des Vertreters der Deutschen Bundesbahn gab es in Kiel bei der bereits erwähnten Veranstaltung nur Unverständnis und Kopfschütteln. Gerade die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation hat seit Jahren konkrete Vorschläge und Konzepte für einen barrierefreien Verkehr entwickelt und in die öffentliche Diskussion gebracht. Aber als Staatsbetrieb wollte die Bundesbahn diese Vorschläge nicht verwirklichen; und mit der nunmehrigen Privatisierung kann sie es angeblich nicht mehr. Jetzt wird erst recht nichts geschehen. Die Beschäftigungsquote Schwerbehinderter in der privaten Wirtschaft, ein Skandal an sich, bestätigt nur meine Auffassung. Leider habe ich in dieser kurzen Debatte nicht die Zeit, darauf auch nur einigermaßen hinreichend einzuzgehen. Beispielsweise würde mich die Antwort auf unsere eingangs erwähnte Kleine Anfrage zum Dritten Behindertenbericht reizen, hier einige Anmerkungen zu machen. Was ich hier zunächst erwähnen will, ist, daß z. B. auch einmal bei der spezifischen Behindertenarbeitslosigkeit danach gefragt werden muß, ob — und wenn ja, wie Frauen mit Behinderungen auch auf diesem Gebiet besonders benachteiligt sind bzw. werden. Meine Damen und Herren, auch wenn im Bericht der Bundesregierung die Begriffe Integration, Selbstbestimmung und Eingliederung fast inflationär verwendet werden, ist der fortschreitende Prozeß der Aussonderung und Ausgliederung behinderter Menschen unübersehbar. Die langjährige, nachweisbare Unfähigkeit und Unwilligkeit der Bundesregierung zur Integration behinderter Menschen findet jetzt eine Ausweitung und sogar eine „Begründung": Man möchte so gern „etwas für die Behinderten tun", aber die Kosten der Einheit seien so unermeßlich hoch! Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20675* Deshalb gehe es nicht. In der Ausgrenzung ist diese Bundesregierung auf manchen Gebieten sogar wesentlich „besser" als die DDR. Von den 198 000 Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte, die im Oktober 1990 in Ostdeutschland noch existierten — die Meldungen waren nicht vollständig —, waren im Oktober 1992 nur noch 92 000 vorhanden. Statt Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt zu fördern, wurden in den letzten zwei Jahren die Plätze in den Werkstätten für Behinderte mit Millionen DM fast verdoppelt. Eine reife Leistung der Aussonderung durch die Politik der Bundesregierung. Es bleibt dabei. Besser als im Bericht der Bundesregierung dargestellt läßt sich das Unvermögen oder der Unwillen der Bundesregierung, seit Jahrzehnten anstehende und von den Betroffenen geforderte Veränderungen auf den Weg zu bringen, kaum dokumentieren. Auch wenn Sie diese Debatte in nachtschlafene Zeit verstecken, können Sie nicht verhindern, daß die Betroffenen erfahren, wie Sie sie an der Nase herumführen. Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Zunächst einmal möchte ich mich im Namen der Bundesregierung bei Ihnen für Ihr wohlwollendes Engagement und die sachliche Aussprache in den Ausschüssen zum Dritten Bericht der Bundesregierung über die Lage der Behinderten und die Entwicklung der Rehabilitation bedanken. Sie wissen, daß es sich bei diesem Dokument nicht um einen abschließenden Bericht handeln kann, da sich die Lebenssituation behinderter Menschen ständig ändert. Deshalb ist ein weiterführender, ständiger Dialog zwischen allen Beteiligten notwendig, in dem sich Politiker und unsere Gesellschaft insgesamt immer wieder die Lage der behinderten Menschen vergegenwärtigen. Dies gilt insbesondere für die behinderten Bürgerinnen und Bürger in Ostdeutschland, auf die seit der Wiedervereinigung bei der Rehabilitation und der Eingliederung neue Herausforderungen und Aufgaben zugekommen sind. Ausgangspunkt ist der Einigungsvertrag, durch den das Rehabilitations- und Schwerbehindertenrecht Westdeutschlands auf die neuen Bundesländer ausgedehnt wurde. Er ist auch die Grundlage für die rechtlich verbindliche Zielsetzung, allen Behinderten und von Behinderung Bedrohten — unabhängig von Art und Ursache ihrer Behinderung — die Hilfen zu geben, die sie im Einzelfall zu ihrer Eingliederung benötigen. Tatsache ist aber, Rehabilitation und Eingliederung behinderter Menschen in den neuen Bundesländern entsprechen noch nicht in allen Bereichen diesen rechtlichen Vorgaben. Dienste und Einrichtungen aufzubauen, die in Qualität und Angebotsdichte denen im bisherigen Bundesgebiet entsprechen, braucht seine Zeit. Wir werden deshalb unsere Anstrengungen weiterhin darauf konzentrieren, au ch in den neuen Ländern entsprechende Angebots- und Verwaltungsstrukturen in der Behindertenhilfe möglichst schnell aufzubauen. Besonders weitgehend konnte in Ostdeutschland der Aufbau der Berufsförderungs- und Berufsbildungswerke vorangetrieben werden, auch dank der zupackenden Hilfe westdeutscher Einrichtungen. Hier ist es zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit gekommen. Die Ergebnisse unserer gemeinsamen Bemühungen können sich sehen lassen: 1993 waren in den Berufsbildungswerken von 2 303 für den Endausbau vorgesehenen Plätzen bereits 1 694 vorhanden; und in den Berufsförderungswerken waren von den 3 000 angestrebten Plätzen 2 060 belegt. Finanziert wird der Aufbau der Berufsförderungs- und Berufsbildungswerke gemeinsam von den Trägern der beruflichen Rehabilitation, den Ländern und dem Bund; 1,8 Milliarden DM zur Zeit allein für die neuen Bundesländer. Berufsförderungs- und Berufsbildungswerke sind ein wichtiger, praxisorientierter Bestandteil unseres Konzeptes, die Integration behinderter Menschen in Arbeit und Beruf voranzutreiben. Zur Integration behinderter Menschen in Arbeit und Beruf steht uns mit dem Arbeitsforderungsrecht, mit dem Rehabilitationsrecht und mit dem Schwerbehindertenrecht ein bewährtes Förderinstrumentarium zur Verfügung. Damit ist es gelungen, daß heute rund 1 Million Schwerbehinderte — zusätzlich eine statistisch nicht erfaßte Zahl sonstiger Behinderter — zusammen mit ihren nicht-behinderten Kolleginnen und Kollegen in Betrieben und Dienststellen arbeiten können. Weitere 140 000 Behinderte, die wegen der Art oder der Schwere ihrer Behinderung trotz aller Eingliederungshilfen nicht in Betrieben oder Dienststellen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können, gehen in den Werkstätten für Behinderte einer Arbeit nach. Gleichwohl gibt es keinen Anlaß, in den Bemühungen um die Verbesserung der Beschäftigungssituation Schwerbehinderter nachzulassen. Unkenntnisse und Vorurteile gegenüber Schwerbehinderten und ihrer Leistungsfähigkeit verhindern immer noch allzu oft die Eingliederung dieses Personenkreises in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Eine Aufgabe, der wir uns besonders in Zeiten des beginnenden Aufschwungs stellen müssen. Angesichts der Arbeitslosigkeit von rund 178 000 Schwerbehinderten müssen die Bundesanstalt für Arbeit und die Hauptfürsorgestellen die Arbeitgeber — insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen — besser informieren über die speziellen Fördermöglichkeiten, die nach dem Schwerbehindertenrecht bestehen, um so die Einstellungsbereitschaft der Arbeitgeber zu fördern. Doch nicht nur die privaten Arbeitgeber, auch der öffentliche Dienst muß unsere behinderten Mitbürger mehr in die Arbeitswelt integrieren. Es ist nicht zu leugnen, daß auch der Bund seit 1990 seiner Vorbildfunktion nicht mehr gerecht wird. Die Quote des Bundes ist wegen der unzulänglichen Beschäftigung Schwerbehinderter bei Bahn und Post unter 6 gesunken. Dies gilt auch für das Jahr 1992, auf das sich der vorgelegte Bericht bezieht. Doch die Bundesregierung hatte bereits seit 1991 umfangreiche Maßnahmen beschlossen, um verstärkt Schwerbehinderte 20676* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 einzustellen. Dieser Maßnahmenkatalog wurde in den Folgejahren fortlaufend ergänzt. Es ist Ziel aller Ressorts einschließlich ihrer nachgeordneten Bereiche wie auch der sonstigen Bundesdienststellen, so schnell wie möglich wieder eine Quote von 6 % zu erreichen. Wenn dies wegen der Besonderheiten von Arbeitsplätzen nicht in vollem Umfang erreicht werden kann, sollen als Ausgleich alle Ressorts in verstärktem Umfang Aufträge an Werkstätten für Behinderte vergeben. Es zeigt sich schon heute, daß diese Maßnahmen der Bundesregierung „gegriffen" haben. Der Abwärtstrend bei der Beschäftigung Schwerbehinderter im öffentlichen Dienst des Bundes ist gestoppt. In verschiedenen Bereichen wurde bereits eine leichte Verbesserung der Quote Schwerbehinderter erreicht. Dies ist vor dem Hintergrund enger personalwirtschaftlicher Spielräume um so bemerkenswerter. Infolge der Privatisierung der Bahnen wird sich die Beschäftigungsquote des Bundes in 1994 weiter positiv entwickeln. Das wird sich sehr wahrscheinlich an neuen Daten ablesen lassen, die zum Ende dieses Monats über die Beschäftigung Schwerbehinderter in den Dienststellen des Bundes erhoben werden. Das Bundeskabinett wird sich auf der Grundlage dieser Daten nach der Sommerpause erneut mit dem Thema beschäftigen und falls notwendig — weitere Maßnahmen beschließen. Leider ist eine gleich aktive Politik für unsere behinderten Mitbürger in den Bundesländern nicht zu verzeichnen. Das Verhalten der meisten Länder ist, was die Beschäftigung Schwerbehinderter anlangt, alles andere als vorbildlich. Hier besteht großer Nachholbedarf. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, an die Länder zu appellieren, ihrer Verantwortung gegenüber den behinderten Bürgern gerecht zu werden. Entsprechend den mehrfachen einstimmigen Aufforderungen des Deutschen Bundestages hatte sich die Regierungskoalition für diese Legislaturperiode vorgenommen, das Rehabilitations- und Schwerbehindertenrecht in übersichtlicher Form zusammenzufassen und als weiteres Buch in das Sozialgesetzbuch einzuordnen. Wie Sie wissen, ist dies Ziel leider nicht erreicht worden, weil der langwierige Kampf um die Soziale Pflegeversicherung viele Kräfte gebunden hat. Jedoch liegt seit einem halben Jahr ein Referentenentwurf zu dem Gesetzgebungsvorhaben vor, der zwischenzeitlich mit allen Beteiligten ausführlich erörtert wurde. Da aber eine Weiterführung des Vorhabens in dieser Legislaturperiode nicht mehr möglich ist, gehe ich davon aus, daß das Vorhaben in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgegriffen und weitergeführt wird. Integration und Rehabilitation Behinderter ist eine ständige Herausforderung an alle Beteiligten in unserer Gesellschaft. Lassen Sie uns gemeinsam in unseren Bemühungen fortfahren, die rechtlichen Grundlagen für die Eingliederung Behinderter stetig und immer weiter zu verbessern. Aber auch vielfältige Gesetzesvorschriften, Richtlinien, Empfehlungen und Vereinbarungen können nicht alles regeln. Unsere Sozialgesetze ermöglichen zwar ein tragfähiges Netz sozialer Sicherheit, aber Institutionen und Paragraphen spenden keine menschliche Wärme, vermitteln keine Geborgenheit. Sie entstehen erst durch persönliche Zuwendung, durch persönlichen Kontakt. Das ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, bei dem besonders wir nichtbehinderte Menschen viel lernen können. Es ist Zeit, einen nachhaltigen Bewußtseinswandel in unserer Gesellschaft anzustoßen. Wir müssen den behinderten Menschen noch mehr als bisher Brücken bauen. Deshalb tritt die Bundesregierung für den Schutz Behinderter durch das Grundgesetz ein. Wir wollen die Achtung der Rechte von Behinderten durch ein verfassungsrechtlich festgeschriebenes Diskriminierungsverbot sicherstellen. Wir stellen damit klar, daß in keinem Bereich die Diskriminierung Behinderter toleriert werden darf. Deutschland muß ein behindertenfreundlicheres Land werden. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 12 (Große Anfrage: Verwendung gesundheitsgefährdender Stoffe bei Textilien) Editha Limbach (CDU/CSU): Bei der Thematik, mit der wir uns hier beschäftigen, geht es um den vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutz. Wer heute Kleidung kauft, möchte eben nicht nur nach Chic und Farbe, nach Stoffart und Zuschnitt, nach Pflegemöglichkeit und Preis auswählen, sondern auch wissen, wie die Materialien bearbeitet wurden und ob gegebenenfalls bei der Verarbeitung Chemikalien verwendet wurden, die möglicherweise bedenklich sein könnten. Da wir inzwischen Erkenntnisse über mögliche Gesundheitsgefährdungen z. B. durch Textilfarbstoffe, durch Ausrüstungs- oder Hilfsstoffe haben, ist zu begrüßen, daß die Bundesregierung vorbeugende Maßnahmen auch durch gesetzliche Regelungen ergriffen hat. Daß dies nicht nur für die Vergangenheit gilt, sondern auch die Zusage für zukünftiges Handeln je nach Bedarf enthält, ist selbstverständlich und wird von uns unterstützt. Wir haben als Parlament ja auch entsprechende Gesetze verabschiedet, wie z. B. das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz. Nach diesen Gesetzesvorschriften sind Kleidungsstücke, insbesondere hautnahe Textilien, die durch ihre stoffliche Zusammensetzung die Gesundheit schädigen könnten, schlicht und einfach verboten. Dies gilt selbstverständlich für Hersteller, aber auch für Importeure sowie für den Handel. Auch mit Hilfe von Rechtsvorschriften kann und soll der Bundesgesundheitsminister entsprechende Regelungen für den vorsorgenden Gesundheitsschutz schaffen. Wenn die Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20677* Bundesregierung handelt, erwarten wir allerdings auch, daß der Bundesrat zügig zustimmt, damit jeweils zielgerichtet und schnell gehandelt werden kann. Darüber hinaus müssen die Bundesländer aber auch ihren Kontrollpflichten nachkommen, worauf ich durchaus vertraue. Der beste vorsorgende gesundheitliche Verbraucherschutz besteht allerdings immer darin, gefährliche oder auch nur bedenkliche Stoffe gar nicht erst zu entwickeln bzw. anzuwenden. Natürlich weiß ich, daß es auch oftmals Verbraucherwünsche sind, die zur Anwendung bestimmter Stoffe führen, z. B. Farbenvielfalt, pflegeleichte Ausrüstung o. ä. Wenn unproblematische Stoffe und unbedenkliche Verfahren noch nicht zur Verfügung stehen, muß — auch von der Industrie — weiter geforscht und entwickelt werden. Im entsprechenden Rahmen erwarte ich von der Bundesregierung, daß sie ihrerseits einen Beitrag zur Verbesserung der Kenntnisse über mögliche Belastungen des menschlichen Körpers durch Textilien leistet. Noch ein Wort zur Kennzeichnung: Alle für die Verbraurherinnen und Verbraucher wichtigen Informationen müssen gegeben werden. Dabei sollten ausreichende und verständliche Hinweise — am besten europaweit vereinbart werden, die eine vernünftige Kaufentscheidung ermöglichen. Ob es dafür allerdings der sogenannten „Vollkennzeichnung" bedarf, das möchte ich noch mit einem Fragezeichen versehen. Oberstes Ziel bei allen hier diskutierten Fragen ist und bleibt der vorsorgende Verbraucherschutz. Für den werden wir uns immer einsetzen. Regina Schmidt-Zadel (SPD): Das Thema „ Schadstoffe in der Kleidung" ist seit vielen Jahren ein Dauerbrenner in den Auseinandersetzungen um einen gesundheitlichen vorbeugenden Verbraucherschutz. Dabei geht es im Kern — genau wie bei den Diskussionen infolge der vielen Skandale um Lebensmittel, Fleisch, Babynahrung, Kosmetika oder Pharmaprodukte um drei Fragen: Welche Zusatzstoffe werden bei der Herstellung der Produkte verwendet und verbleiben in welcher Menge nach der Produktion darin? Welche gesundheitlichen Folgen können diese Zusatzstoffe für Verbraucher und Umwelt haben? Soll die Politik gesetzliche Regelungen für den Umgang mit diesen Zusatzstoffen vorgeben, oder reichen freiwillige Beschränkungen und Kontrollen durch Handel und Hersteller aus? So wie bei den angesprochenen Debatten um den Verbraucherschutz bei Lebensmitteln, Kosmetika, Pharma- und anderen Produkten werden diese drei Kernfragen auch in der Diskussion über Schadstoffe in der Kleidung nach dem immer gleichen Ritual behandelt: Von Seiten der Hersteller, der Importeure und des Handels wird zuerst einmal auf die Ungefährlichkeit der verwendeten Stoffe verwiesen. Zugleich wird dargelegt, daß man wegen der ungeheuer langen und verschlungenen Handelswege gar nicht so genau wisse, welche Zusatzstoffe bei welchem Produktionsabschnitt überhaupt eingesetzt wurden. Außerdem könne man die Verwendung von Zusatzstoffen eben wegen dieser komplizierten Handelswege gar nicht kontrollieren. Im übrigen, so wird dann in der Regel weiter ausgeführt, könne man auf die Anwendung der meisten Zusatzstoffe auch nicht verzichten, weil der Konsument seinerseits angeblich auch nicht auf die durch diese Stoffe erzielten Eigenschaften der Kleidung verzichten wolle. Zu guter Letzt kommt dann noch ein ganzes Arsenal an Gutachten, Expertisen und wissenschaftlichen Ausarbeitungen zum Einsatz, die belegen sollen, daß von einer gesundheitlichen Gefahr durch Schadstoffe in der Kleidung keine Rede sein könne. Das Expertengespräch, das die Arbeitsgruppe Verbraucherpolitik der SPD-Fraktion im Februar letzten Jahres zu diesem Thema führte, und die Sachverständigenanhörung der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" zum gleichen Themenkomplex veranstaltet hat, haben diesen üblichen Argumentationsverlauf bestätigt. Gleichwohl ist in der Vergangenheit doch einiges in Bewegung geraten. Die Häufung von Meldungen und Artikeln in den Medien über Giftcocktails in der Kleidung", Berichte von Medizinern über die Zunahme allergischer Reaktionen und Hautunverträglichkeiten auf chemische Substanzen, die bei der Textilherstellung Verwendung finden, und vor allem das stetig wachsende Umwelt- und Gesundheitsbewußtsein der Verbraucherinnen und Verbraucher haben Handel und Industrie aufgeschreckt. „ÖkoKollektionen" und „Natur-Textilien" sind in großem Umfang auf den Markt gekommen. Unzählige „BioSiegel", „Öko-Plaketten" sowie selbsterfundene Garantie- und Gütezeichen wollen suggerieren, daß die Bekleidungsbranche sich ihrer Verantwortung bewußt und auf dem Weg zur schadstofffreien Kleidung sei. Schön wär's ja. Ich will hier nicht alle von Handel oder Herstellern eingeführten Siegel pauschal verdammen. Viele dieser Zeichen sind ganz sicher eher Marketing-Gag und keine sinnvolle Orientierung für gesundheits- und umweltbewußte Verbraucher. Es gibt allerdings durchaus positive Ansätze. So ist in meinen Augen z. B. das „Markenzeichen schadstoffgeprüfte Textilien" (MST) ein durchaus begrüßenswerter Schritt. Hier ist in Teilen einiges von dem verwirktlicht worden, was aus verbraucher- und gesundheitspolitischer Sicht unabdingbar ist, etwa der Ausschluß als krebserregend oder allergisierend geltender Farbstoffe, die Einführung von Grenzwerten für Schwermetallanteile oder Pestizide. Trotz allem, auch für das MST-Zeichen gilt, was auch den vielen anderen Zeichen anhaftet: Diese Gütesiegel sind nur freiwillig und unterliegen keiner gesetzlichen Kontrolle. Der Kriterienkatalog für ihre Vergabe ist in weiten Teilen halbherzig und liegt in vielen Punkten unter den von Experten geforderten Mindestnormen, Zudem sind sie untereinander nicht vergleichbar. Kurz, sie verwirren mehr als sie nützen. Die — wenn auch unzureichenden — Initiativen der Bekleidungshersteller zeigen, daß die Forderung der Verbraucherinnen und Verbraucher nach gesundheitsunschädlicher und schadstofffreier Kleidung ernstzunehmen ist. Vorbeugender Gesundheits- 20678* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 schutz, wie er durch entsprechende Regelungen im Lebensmittelrecht verankert ist, muß auch auf dem Bekleidungsmarkt Priorität erhalten. Im Hinblick auf die Gesundheit darf uns der Inhalt des Kleiderschranks nicht unwichtiger sein als der Inhalt des Kühlschranks. Freiwillige Regelungen der Industrie sind dazu allerdings denkbar ungeeignet. Jeder Verbraucherin und jedem Verbraucher muß garantiert werden, daß — um nur ein Beispiel zu nennen — keine krebsauslösenden Farbstoffe in den Kleidungsstücken enthalten sind, und zwar unabhängig davon, ob dieses Kleidungsstück in einer Luxus-Boutique auf der Düsseldorfer Königsallee oder in einem Jeans-Laden um die Ecke gekauft wurde, und auch unabhängig davon, ob der Hersteller aus welchen Gründen auch immer — eines jener unzähligen Öko-Labels in dieses Kleidungsstück eingenäht hat. Gesundheitsschädigende und gesundheitsgefährdende Stoffe haben in der Kleidung nichts zu suchen. Dies hat jeder Hersteller zu garantieren, und das muß ihm gesetzlich vorgeschrieben werden. Die SPD hat daher einen Entschließungsantrag vorgelegt, der die Verantwortung des Gesetzgebers klar zum Ausdruck bringt. Wir fordern daher ein völliges Verbot für die Verwendung von krebsverdächtigen und erbgutverändernden Stoffen und Substanzen bei der Herstellung, Veredelung und Ausrüstung von Textilien. Für die Rückstände von Chemikalien, die nachweisbar als gesundheits- und umweltgefährdend gelten, müssen Höchstmengen festgelegt werden. Dazu ist erforderlich, daß die Forschung über die Auswirkungen dieser Substanzen auf Gesundheit und Umwelt intensiviert wird. Gleiches gilt im Übrigen auch für die anzuwendenden Prüfverfahren. Verbote und Höchstmengen reichen aber nicht aus, um einen umfassenden Verbraucherschutz zu gewährleisten. Dieser ist nur dann möglich, wenn den Verbraucherinnen und Verbrauchern die in den Kleidungsstücken noch enthaltenen chemischen Substanzen kenntlich gemacht werden. Völlig chemiefreie Textilien wird es nicht geben. Für viele Menschen bedeuten aber schon geringste Mengen bestimmter Substanzen ein gesundheitliches Risiko. Gerade für Allergiker ist daher eine umfassende Deklarationspflicht für Kleidungsstücke fast lebensnotwendig. Ich will jetzt nicht die an diesem Punkt so beliebte Debatte um eine Positiv- oder Negativdeklaration neu beleben. Es gibt eine Reihe von Gründen, die sowohl für die eine als auch für die andere Form der Deklaration sprechen. Nur soviel sollte klar sein: Die Verbraucher haben ein Recht darauf, zu wissen, welche Zusatzstoffe in der Kleidung in welchen Mengen vorhanden sind, bzw. welche Stoffe nicht vorhanden sind — und das in umfassender und verständlicher Form. Wir halten es im übrigen auch für geboten, eine Kennzeichnung einzuführen, die als Indikator und als Garantie für umweltschonende Produktionsverfahren von Textilien wirksam wird. Die in der Textilherstellung eingesetzten Chemikalien belasten schließlich nicht nur die Gesundheit, sie sind auch für einen großen Teil der Luft- und Wasserverschmutzung verantwortlich. Mehr als die Hälfte der in Deutschland verkauften Bekleidung stammt aus ausländischer Produktion. Nach Angaben des Bundesverbandes Bekleidungsindustrie wurde 1993 für rund 21 Milliarden Mark Bekleidung nach Deutschland importiert, mehr als drei Fünftel davon aus Nicht-EU-Ländern. Selbst 50 % des Umsatzes der deutschen Bekleidungshersteller entfällt auf Auslandsproduktion. Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, daß ein effektiver Schutz vor schadstoffbelasteten Textilien nur erreicht wird, wenn europaweite Regelungen getroffen werden und wenn Importe aus Nicht-EU- Ländern entsprechenden Kontrollen unterworfen werden. Gerade aus den sogenannten Billig-LohnLändern der Dritten Welt kommt ein erheblicher Teil der auf dem deutschen Markt verkauften Kleidung. Der Kostenvorteil dieser Importware ergibt sich auch durch den in diesen Ländern oft völlig unkontrollierten Gebrauch chemischer Substanzen bei der Textilproduktion. Da werden Pflanzenschutzmittel gespritzt, die in Deutschland zum Teil verboten sind, da werden beim Färben der Textilien Farbstoffe verwendet, ohne Rücksicht auf Gewässerverschmutzung und vor allem ohne Rücksicht auf die an der Produktion beteiligten Arbeitnehmer. In ihrer Antwort auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur „Verwendung gesundheitsgefährdender Stoffe bei Textilien" räumt die Bundesregierung ein, daß Schadstoffe in Textilien eine Gesundheitsgefährdung darstellen. Dies und die Aktivitäten der Bekleidungsindustrie mit ihren freiwilligen Beschränkungen zeigen, daß hier erheblicher gesetzlicher Handlungsbedarf besteht. Wir fordern die Bundesregierung auf endlich tätig zu werden. Marita Sehn (F.D.P.): Nicht zum ersten Mal beschäftigen wir uns in dieser Legislaturperiode unter dem Deckmantel „Vorsorgender Verbraucherschutz " mit einem typischen Fall von Verbraucherverunsicherung. Beim Durcharbeiten des uns vorliegenden Entschließungsantrages der Opposition zum Thema „Verwendung gesundheitsgefährdender Stoffe bei Textilien" ist mir dies wieder einmal deutlich geworden, und ich frage die Kolleginnen und Kollegen der SPD, was denn das eigentliche Ziel dieses Antrages sein soll. Im Bericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" auf der Seite 167 steht folgender interessante Satz: „Da konkrete Gesundheitsgefährdungen von Verbrauchern durch Bekleidungstextilien nach derzeitigem Kenntnisstand selten sind, haben die folgenden Empfehlungen einen eher vorsorgenden Charakter." Selbst in dieser mit Wissenschaftlern und Politikern besetzten Kommission hat man, trotz intensiver Beschäftigung mit diesem Thema, keine stichhaltigen Beweise für Aussagen wie „Gift in Kleidern" führen können. In einem Informationsfeld, das den Kleiderschrank als Quelle für gesundheitliche und ökologische Horrorszenarien von Massenallergien bis hin zu Krebs entdeckt, ist es höchste Zeit, zu den Fakten wissenschaftlicher Erkenntnisse zurückzukehren. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20679* Fest steht, daß es Kleidung ohne chemisches Zutun nicht gibt — auch bei der sogenannten „ÖkoKleidung" nicht. Die Vielfalt der zu Kleidungsstücken verarbeiteten Textilfasern ist groß und den Textilfachleuten bekannt. Um Textilfasern zu Fäden, Geweben und Kleidung verarbeiten zu können, ist ein Beitrag der Textilveredelung erforderlich. Die Veredelungsprozesse werden durch unterschiedlichste chemische Substanzen ermöglicht. Etwa 7 000 Handelsnamen von Textilhilfemitteln sind katalogisiert, denen ca. 300-400 Einzelsubstanzen zugrunde liegen, außerdem viele Tausende von Handelsnamen von Textilfarbmitteln, denen ca. 2 000 Farbstoff- und Pigmentindividuen zugrunde liegen. Weiterhin sind Rückstände von Chemikalien zu berücksichtigen, die bei der Rohstofferzeugung, z. B. beim Anbau von Baumwolle, Anwendung finden: Insektizide, Herbizide, Entlaubungs- und Desinfektionsmittel. Diese Kontaminationen sind erzeugerbedingt und werden in der Regel im Textilveredelungsprozeß eliminiert. Gerade die deutsche Textilindustrie macht uns vor, daß auch ohne gesetzliche Vorgaben vernünftige Lösungen möglich sind: Sie verzichtet schon seit Jahren auf Azofarbstoffe, die in krebserzeugende Amine gespalten werden können. Textile Bedarfsgegenstände, die in der Bundesrepublik Deutschland gefärbt bzw. in Produktionsstätten deutscher Unternehmen im Ausland gefärbt werden, sind nicht mit Azofarbstoffen behandelt. Bei importierten Textilien ist eine Verwendung derartiger Farbstoffe nicht auszuschließen. Hier ist die Bundesregierung gefordert, Informationen über im Ausland eingesetzte Farbstoffe zu beschaffen. Die Länder haben die Aufgabe, die Importkontrollen durchzuführen und bei Nichteinhaltung unserer Vorschriften die Einfuhr dieser Textilien zu verhindern. Eine Volldeklaration für jedes Bekleidungsstück, so wie Sie es in diesem Antrag fordern, ist aus ganz praktischen Gründen einfach nicht machbar. Das wissen auch Sie. Zudem trägt eine Überfrachtung mit Informationen eher zur Verunsicherung als zur Aufklärung bei. Ein Schritt in die richtige Richtung ist das ÖkoLabel, auch wenn Sie es nicht so toll finden. Es wird nur an Produkte vergeben, die gewisse Normen hinsichtlich der Einhaltung von Schadstoffgrenzwerten erfüllen. Eine einheitliche gesetzliche Regelung zur Kennzeichnung umweltfreundlicher bzw. geringbelasteter Textilien ist nicht im nationalen Alleingang zu schaffen. Dies muß auf internationaler Ebene geschehen. Ihre Forderung, die von der Textilindustrie initiierte Datenbank allen möglichen Organisationen zugänglich zu machen, geht meiner Auffassung nach zu weit. Ich bin dafür, daß wir offizielle amtliche Zulassungsverfahren für alle Textilchemikalien einführen — damit wäre bestimmt auch die deutsche Textilindustrie einverstanden —, aber bitte weltweit. Ich begrüße sehr das vom Bundesministerium für Gesundheit ausgeschriebene Forschungsvorhaben zum Übergang chemischer Stoffe aus Textilien. Wir werden dieses Thema auch in Zukunft diskutieren und neue Erkenntnisse gewinnen. Unser gemeinsames Ziel dabei sollte sein: erstens eine wissenschaftliche Klärung der Ursachen einer jeden Form von Textil-Unverträglichkeit oder Allergie, zweitens die Darstellung nachweisbarer Ursachen möglichst verständlich für den Verbraucher zu formulieren und drittens die Mithilfe aller bei der praktischen Umsetzung der Erkenntnisse durch allgemeinverständliche Empfehlungen für Textilchemie, Textilindustrie, Textilhandel und natürlich den Verbraucher. Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Das Thema „gesundheitsgefährdende Stoffe in Textilien" geht uns alle an, und zwar „hautnah": Und spätestens wenn es uns im wahrsten Sinne „unter die Haut" geht, wenn Menschen über Hautreizungen und Allergien klagen, die durch Stoffe in Textilien hervorgerufen werden können, besteht Handlungsbedarf. Soweit wollen wir es aber erst gar nicht kommen lassen: Wir müssen vielmehr im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes sicherstellen, daß von der Bekleidung keine Gesundheitsgefahr ausgeht. Gerade in den letzten Wochen und Monaten ist die Frage, inwieweit über Chemikalien in Kleidung Allergien ausgelöst werden können, verstärkt diskutiert worden. Das Thema ist für uns aber alles andere als neu. Schon frühzeitig haben wir verschiedene Maßnahmen eingeleitet. Jetzt muß es darum gehen, aufzuklären über die Maßnahmen, die wir für einen umfassenden Verbraucherschutz getroffen haben — denn viele wissen nicht, daß es hier einschlägige Regelungen gibt , durch umfassende Kontrollen die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen und bestehende Wissenslücken so weit wie möglich zu schließen. Denn „gesunde Textilien" sind ein berechtigtes Anliegen aller. Diesem Anliegen tragen wir Rechnung durch umfassende Regelungen zum Gesundheitsschutz. So unterliegen Textilien, die mit dem menschlichen Körper über einen längeren Zeitraum in Berührung kommen, den Bestimmungen des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes. Darin ist klar bestimmt, daß solche Bekleidungstextilien, die durch ihre stoffliche Zusammensetzung die menschliche Gesundheit schädigen könnten, in der Bundesrepublik Deutschland verboten sind. Hier stehen die Hersteller von Textilien, die Importeure von nicht in Deutschland hergestellten Waren, aber auch der Handel in der Pflicht. Sie haben im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht sicherzustellen, daß ihre Erzeugnisse die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. In den Fällen, in denen sich zeigt, daß bestimmte Textilchemikalien wie Farbmittel, Ausrüstungs- oder Hilfsstoffe gesundheitlich nachteilige Auswirkungen beim Tragen der damit behandelten Kleidungsstücke verursachen können, werden vom Bundesministerium für Gesundheit die notwendigen Maßnahmen ergriffen. Dies tun wir z. B. durch Regelungen, in denen die Verwendung der fraglichen Stoffe in körpernahen Bekleidungstextilien beschränkt oder sogar verboten wird. Die entsprechenden Ermächtigungen für den Erlaß solcher rechtlicher Regelungen sind im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz enthalten. 20680* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Dies haben wir in der Vergangenheit konsequent getan und wir werden dies auch in der Zukunft so handhaben. So ist z. B. bereits vor einiger Zeit ein Verwendungsverbot für einige gesundheitlich bedenkliche Flammschutzmittel ausgesprochen worden. Auf die Verbotsliste haben wir jetzt auch eine Reihe von Textilfarbstoffen gesetzt, die krebserzeugende Stoffe abspalten können. Die Verordnung mit diesem Verwendungsverbot liegt derzeit dem Bundesrat zur Zustimmung vor und wird hoffentlich bald in Kraft treten können. Was nützen aber die besten Vorschriften, wenn ihre Einhaltung nicht genügend kontrolliert wird? Hier gehen mein Appell und meine Bitte an die Länder. Denn es ist Aufgabe der Länder, die am Markt angebotenen Bekleidungstextilien — ob im In- oder im Ausland hergestellt — regelmäßig darauf zu überprüfen, ob sie den in der Bundesrepublik geltenden Vorschriften entsprechen. In einer vom Ministerium durchgeführten Umfrage haben sich die zuständigen Länderbehörden für eine Intensivierung der Kontrollen von Bekleidungstextilien ausgesprochen. Ich hoffe, daß diesen Worten auch Taten folgen. Ich bin ebenso wie auch die Länder — der Auffassung, daß wir für solche Kontrollen die bestehenden Überwachungsstrukturen in den Ländern nutzen und nicht eine besondere Textilüberwachung einrichten sollten — schon alleine angesichts der überall angespannten Haushaltssituation. Wir setzen alles daran, möglichst frühzeitig Gefahren zu erkennen. Dies setzt allerdings entsprechende Kenntnisse voraus. Und Sie alle wissen, daß es hier noch Lücken und viele offene Fragen gibt. Im Vordergrund stehen vor allem die Fragen: Mit welchen Textilhilfs- und Ausrüstungsstoffen muß bei welchen Faser- bzw. Textilarten gerechnet werden? Inwieweit gehen diese Stoffe beim Tragen der Kleidung auf den Körper über? Resultiert daraus eine Belastung des Körpers mit solchen Stoffen? Wie wäre eine solche Belastung aus gesundheitlicher Sicht zu bewerten? Um auf diese Fragen Antworten zu finden, fördert das Bundesministerium für Gesundheit ein Forschungsvorhaben, das in Kürze gestartet wird. Dabei soll ein Expositionsmodell für den Übergang von chemischen Stoffen aus Bekleidungstextilien entwickelt werden. Ich erwarte, daß mit einem solchen Modell Aussagen darüber möglich werden, ob und in welchem Umfang Stoffe vom Textil auf den Körper übergehen können. Dieses Wissen ist Voraussetzung für die Abschätzung der Belastung des Körpers mit diesen Stoffen. Einen bedeutenden Beitrag zur Schließung von Kenntnislücken leistet auch die Arbeitsgruppe „Textilien", die auf Initiative des Bundesgesundheitsministeriums im Frühjahr 1992 beim Bundesgesundheitsamt eingerichtet worden ist. Diese Arbeitsgruppe hat die Aufgabe, die wissenschaftlichen Grundlagen für die Beurteilung von Textilausrüstungs- und -hilfsstoffen zu erarbeiten. Dazu nimmt sie eine Bestandsaufnahme der Stoffe und deren gesundheitliche Bewertung vor. Experten aus der Textilforschung, medizinische Sachverständige wie Allergologen und Toxikologen, Vertreter der Industrie, der Überwachungsbehörden und der Verbraucherschaft arbeiten in der Arbeitsgruppe und ihren Arbeitskreisen mit. Wir begleiten die Arbeiten mit Aufmerksamkeit, um neuen Erkenntnissen so schnell wie möglich in der Praxis Rechnung tragen zu können. Unabhängig von diesen Aktivitäten ist die Wirtschaft gefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um möglicherweise gesundheitlich bedenkliche Stoffe bereits im Vorfeld durch unproblematische Stoffe zu ersetzen oder auch neue Verfahren zu entwickeln, die es ermöglichen, auf die Verwendung bedenklicher Stoffe ganz zu verzichten. Auf jeden Fall sollte geprüft werden, ob mit weniger Chemikalien gearbeitet werden kann. Die Diskussion dieses Themas in der Öffentlichkeit hat sicherlich bei der Textilwirtschaft neue Überlegungen ausgelöst. Dies zeigt sich daran, daß Markenzeichen oder Gütesiegel für nach bestimmten Anforderungen hergestellte Bekleidungstextilien entwikkelt und eingeführt werden. Gegen solche Gütezeichen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn sie die Verbraucherinformation verbessern und nachvollziehbaren, objektiven Kriterien entsprechen. Die Frage einer gesetzlich vorgeschriebenen sogenannten „Volldeklaration", die immer wieder gefordert wird, haben wir sehr sorgfältig geprüft. Mit Volldeklaration ist die Angabe sämtlicher im Textil enthaltenen Stoffe gemeint. Klar ist: Der Verbraucher hat ein Recht auf möglichst umfassende, klare Informationen. Ich habe allerdings Zweifel daran, daß eine Volldeklaration zu mehr Transparenz führt. Denn eine Kennzeichnung, die alle Faserbestandteile und alle Ausrüstungs-, Hilfs- und Farbstoffe umfaßt, würde aus einer Auflistung chemischer Bezeichnungen bestehen, die dem Laien wohl kaum etwas sagen. Nicht Transparenz, sondern Intransparenz und Verwirrung wären die Folge, und damit wäre niemandem gedient. Ziel muß vielmehr eine bessere Information des Verbrauchers sein, mit der er etwas anfangen kann. Deshalb halte ich es für zweckdienlicher, wenn in der Kennzeichnung dann, wenn dies notwendig ist, auf bestimmte Stoffe oder Ausrüstungsverfahren hingewiesen wird oder besondere Empfehlungen gegeben werden. Diesen Weg haben wir z. B. beschritten im Fall des Formaldehyds. Hier gilt: Wenn in einem körpernahen Bekleidungsgegenstand eine bestimmte Formaldehydmenge überschritten wird, ist folgendes anzugeben: „Enthält Formaldehyd. Es wird empfohlen, das Kleidungsstück zur besseren Hautverträglichkeit vor dem ersten Tragen zu waschen." Wir werden prüfen, ob weitere Einzeldeklarationen notwendig sind. Wie Sie alle wissen haben die Kleidungsstücke, die wir kaufen, oft einen weiten Weg hinter sich. Die Be- und Verarbeitung der Fasern und der Gewebe und schließlich die herstellung des gebrauchsfertigen Bekleidungsgegenstandes finden nicht selten in den unterschiedlichsten Ländern statt. Vor dem Hintergrund dieser internationalen Verflechtung reichen nationale Alleingänge bei Maßnahmen im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes nicht mehr aus. Wir brauchen vielmehr gemeinschaftsrechtliche Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20681* Lösungen, die für den gesamten Bereich der Europäischen Union gelten. Sie alle wissen, daß andere Länder längst noch nicht so weitreichende Schutzvorschriften haben wie wir in Deutschland. Deutschland hat hier im Vergleich zu anderen Staaten eine Vorreiterrolle übernommen. Und diese Vorreiterrolle werden wir nutzen, um gemeinschaftsrechtliche Regelungen in diesem Bereich voranbringen zu können — zum Wohle der Verbraucher. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13a und b (a — Gesetzentwurf zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes b — Antrag: Vorlage eines Nichtraucherschutzgesetzes) Roland Sauer (Stuttgart) (CDU/CSU): Schon seit Jahren wird über das Thema „Nichtraucherschutz" heftig diskutiert. Wirklich bewußt wurde man sich über die Gefahren des Passivrauchens erstmals Mitte der 80er Jahre. Eine „Lösung" des Problems war damals schnell gefunden: Freiwillig mit Toleranz und Rücksichtnahme sollten Konflikte von Rauchern und Nichtrauchern beigelegt werden. Dies sollte für alle Bereiche des öffentlichen Lebens gleichermaßen gelten. Wie unüberlegt und gutgläubig dieser Ansatz war, zeigte sich jedoch nur allzuschnell: In zahlreichen Prozessen vor den Arbeits- und Verwaltungsgerichten versuchten z. B. Arbeitnehmer ihren rauchfreien Arbeitsplatz zu erstreiten. In den meisten Fällen erhielten sie recht. Freiwilligkeit war also nicht die Lösung des Problems. Daher war es richtig, über die Fraktion hinweg das Thema eines effizienten Nichtraucherschutzes wieder aufzugreifen. Ich prophezeie Ihnen nicht nur mit Blick auf die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten, sondern auch angesichts des sich vollziehenden Bewußtseinswandels bei uns: Auch wenn dieser Entwurf des Nichtraucherschutzgesetzes in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden sollte, so werden wir spätestens 1995 eine Neuauflage der Diskussion erleben. Dieses Thema läßt sich nicht mehr umgehen, zerreden oder totschweigen. Ich möchte dazu auf zwei wichtige Veränderungen der heutigen Debatte im Vergleich zur Diskussion in den 80er Jahren besonders hinweisen: Zum ersten haben Forschung und Wissenschaft heute eindeutig die Gefahren des Passivrauchens nachgewiesen. Auf eventuelle Gefahren hatte die Bundesregierung ja bereits mehrfach hingewiesen. 1992 hieß es in der von der Bundesregierung herausgegebenen „Konzeption zur Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen" sogar: In ihrer Gesamtheit reichen die vorliegenden Kenntnisse über die Schadstoffaufnahme durch Passivrauchen zur Begründung gesetzlicher und administrativer Maßnahmen aus. Tatsächlich steht heute unumstößlich fest: Dem Passivraucher wehen pro angesteckter Zigarette 4 000 Schadstoffe, von denen bis zu 50 krebserzeugend sind, um die Nase. Die WHO, das Bundesgesundheitsamt und das Deutsche Krebsforschungszentrum warnen unisono vor den großen Gesundheitsrisiken des Passivrauchens in Deutschland. Die diagnostizierten Folgen die heute ebenfalls wissenschaftlich belegt sind — reichen von Reizhusten über Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Krebserkrankungen. Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums sterben in der Bundesrepublik jährlich 400 Menschen an den Folgen des Passivrauchens. An den direkten Folgen des Tabakkonsums sind es noch mehr Todesfälle: Seriöse Studien sprechen hier von rund 70 000 Menschen, die jedes Jahr durch das unmittelbare Einatmen des Tabakrauchs sterben. Ich halte es angesichts dieser Studien und Forschungsergebnisse für eine Unverschämtheit und für Zynismus, wenn sich die Zigarettenindustrie nicht zu schade ist und sich erdreistet, allen Abgeordneten einen Brief zu schreiben, in dem jegliche Forschungsergebnisse angezweifelt oder einfach geleugnet werden, sobald sie auf die Gefahren des Rauchens hinweisen. Angeblich — so das Schreiben — „seien Medizinprofessoren bereit, die Prinzipien der Wissenschaftlichkeit zu opfern, sobald es um das Rauchen geht". Gegen diese Anschuldigungen, die selbst ohne wissenschaftlichen Gegenbeweis, dafür aber mit einer gehörigen Portion lobbyistischer Zweckmäßigkeit erhoben werden, hat sich der wissenschaftliche Leiter des Deutschen Krebsforschungszentrums, Professor Harald zur Hausen, mit aller Entschiedenheit gewandt. Zu Recht, wie ich finde. Ich begrüße es nachdrücklich und sehe es als Beweis für die Richtigkeit unseres Entwurfes an, wenn namhafte Wissenschaftler und Organisationen wie beispielsweise die Deutsche Herzstiftung, die Deutsche Krebsgesellschaft, die Deutsche Krebshilfe und das Deutsche Krebsforschungszentrum unsere Initiative massiv unterstützen. Es führt kein Weg daran vorbei: Aktives und passives Rauchen sind in höchstem Maße gesundheitsschädlich. Wer dann aber noch meint, kluge Vergleiche ziehen zu müssen, wie etwa in der Form, man müsse auch das Essen von Gummibärchen verbieten, dem kann ich nicht mehr helfen. Solche Stimmen haben die Problematik nicht verstanden. Hier geht es doch nicht darum, die Leute vor sich selbst zu schützen. Wer rauchen will, kann dies solange und so oft er will auch weiterhin tun. Uns geht es aber doch darum, passiv Betroffene, also die unfreiwillig Mitrauchenden, vor den gesundheitlichen Gefahren, die durch andere entstehen, zu schützen. Lassen Sie mich noch auf den zweiten Unterschied der Debatten von 1985 und heute eingehen. Es geht um die Frage der Regelungskompetenz, in der wir ebenfalls einen entscheidenden Fortschritt gemacht haben: Bis vor einem Jahr nämlich hieß es immer, der Bund besäße gar keine Kompetenz, um ein Nichtraucherschutzgesetz zu verabschieden. 20682* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Dies sei allein Sache der Länder, weshalb sich auch eine bundesweite Diskussion über einen gesetzlichen Nichtraucherschutz erübrige. Ein Verfassungs-Gutachten förderte jedoch genau das Gegenteil zutage: Tatsächlich ist der Bund in vielen Fragen des Nichtraucherschutzes zuständig. Und plötzlich bestätigte auch die Verfassungsabteilung des Innenministeriums: Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes bestehe aus Art. 74 des Grundgesetzes, aufgeteilt in einzelne Gebiete wie Gaststätten, öffentliche Verkehrsmittel oder für den Arbeitsplatz. Damit war eine der größten Hürden genommen, die bislang die Diskussion über das Thema verhindert hatte. Nachdem es also vormals so aussah, als hinge allein von der Kompetenzfrage die Möglichkeit ab, in Deutschland für einen einheitlichen Nichtraucherschutz zu sorgen, und hierauf eine Antwort gefunden wurde, wird nun vorgebracht, wir verfielen mit unserem Entwurf in eine panische Regelungswut. Dies sind jedoch nur allzu offensichtliche Rückzugsgefechte, die jeglicher Sachlichkeit entbehren. Wer verantwortungsbewußte Gesundheitspolitik betreiben will, der kann sich doch nicht hinstellen und sagen: Dieses Problem haben wir zwar erkannt und sind uns auch seiner Bedeutung bewußt, aber lösen werden wir es nicht, um uns nicht dem Vorwurf der „Regelungswütigkeit" ausgesetzt zu sehen. In zehn der zwölf EU-Länder gibt es bereits einen gesetzlichen Nichtraucherschutz, der zuweilen weit über den von uns geforderten hinausgeht. Unsere europäischen Nachbarn sind uns hier weit voraus. Bis auf Großbritannien gibt es nur in Deutschland kein Nichtraucherschutzgesetz. Angesichts dieser Entwicklung kann ich meine These nur wiederholen: Der Schutz der Nichtraucher wird kommen; er ist schon auf kürzeste Sicht unvermeidlich. Wer noch immer meint, wir wollten mit der Einbringung dieses Gesetzentwurfes einen Krieg zwischen Rauchern und Nichtrauchern vom Zaun brechen, den muß ich enttäuschen. Uns geht es allein um den Schutz der Nichtraucher in der Öffentlichkeit. Hier muß der für alle mögliche gemeinsame Nenner eines vernünftigen und erträglichen Zusammenlebens gefunden werden. Wir wollen mit unserem Gesetz zu einem fairen Miteinander von Rauchern und Nichtrauchern beitragen. Das Nichtraucherschutzgesetz wird zu Rechtssicherheit und -frieden führen. Über das genaue Wie und Wo mag man noch streiten, nicht jedoch darüber, ob überhaupt ein wirksamer Nichtraucherschutz eingeführt werden muß. Der Schutz für Nichtraucher ist deshalb kein Rauchverbot für mündige Bürger, wie es uns von allzu oberflächlichen Zeitgenossen unterstellt wird. Die Umfrageergebnisse der letzten Wochen geben uns in unserem Bemühen eindrucksvoll recht: Weit über zwei Drittel der Bundesbürger wollen danach einen gesetzlichen Nichtraucherschutz. Wie aber soll dieser Schutz aussehen, und was wird sich durch das Gesetz ändern? Lassen Sie mich dies zum Abschluß meiner Rede kurz skizzieren: In allen Innenräumen, die öffentlichkeitsorientiert sind oder als Arbeitsplatz genutzt werden, soll ein Rauchverbot herrschen, oder aber es sollen speziell voneinander getrennte oder ausreichend belüftete Zonen für Raucher und Nichtraucher geschaffen werden. Zu den Innenräumen gehören zum Beispiel: Einrichtungen der Verfassungsorgane des Bundes, also Behörden und Gerichte, öffentliche Verkehrsmittel und hier insbesondere auch diejenigen der Luftfahrt, Gaststätten mit mehr als 50 Sitzplätzen und Beherbergungsbetriebe, alle Arbeitsplätze, für die dann neben spezialgesetzlichen Maßnahmen eine einheitliche und klare Regelung gilt. Lassen Sie mich noch ein Wort zur Durchsetzung des Nichtraucherschutzgesetzes sagen. Der Strafgedanke steht dabei nicht im Vordergrund, sondern der psychologische Effekt. Ein vernünftiger Raucher wird sich an das Rauchverbot in der Nichtraucherzone halten. Tut er dies nicht, dann wird er eben mit einem Bußgeld von bis zu 100 Mark belegt werden müssen. Hätten wir bei der Anschnallpflicht, der Gurtpflicht, nicht ein Bußgeld von 40 Mark vorgesehen, wäre dieses Gesetz im Interesse der Verkehrssicherheit nicht so schnell durchgesetzt worden. Bei den nun anstehenden parlamentarischen Beratungen wird es darum gehen, ein akzeptables und vor allem anwendbares Gesetz zu schaffen. Dabei sind wir Initiatoren bereit, berechtigte Anliegen zu prüfen. Bereits am 18. Juli 1989 hat die EG die Mitgliedstaaten aufgefordert, ein gesetzliches Rauchverbot in allen öffentlich zugänglichen und frequentierten Räumen sowie in allen Verkehrsmitteln auszusprechen. Dasselbe hat auch der Bundesrat wiederholt gefordert. Es ist an der Zeit, diesen Aufforderungen nachzukommen. Rechtliche Probleme, die uns damals daran gehindert haben, bestehen heute nicht mehr. Der gesundheitliche Aspekt dieses Themas hat sich seither nur noch klarer herausgebildet und läßt nur einen Schluß zu: Der Schutz vor den Gefahren des Tabakrauchens muß ausgeweitet werden. Ein gesetzlicher Nichtraucherschutz ist unumgänglich. Uta Titze-Stecher (SPD): „Rauchen verboten — in Amerika bald überall", so lautete Mitte Mai eine Schlagzeile in der deutschen Presse. Nun - soweit wollen wir, die Initiatoren des Entwurfes eines Gesetzes zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes, in der Folge kurz NRSG genannt, es nicht kommen lassen. Wir wollen Rauchen nicht verbieten, auch wenn dies die Gegner des NRSG wider besseres Wissen behaupten. Wer raucht, soll es, so er will, weiterhin tun können — nur nicht mehr überall, geht es nach dem Willen des Gesetzentwurfes. Die Begründung dafür liegt auf der Hand: Rauchen ist gesundheitsschädlich, Passivrauchen infolgedessen logischerweise auch. Dazu ein paar Fakten: Tabakrauch enthält fast 4 000 Schadstoffe, darunter rd. 50 krebserregende Substanzen. Und wenn nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom Februar dieses Jahres Beschäftigte die Arbeit verweigern dürfen, wenn sie in einer „unmittelbaren Gefahr" für ihre Gesundheit ausgesetzt sind diesem Urteil lag die Klage eines Gebäudetechnikers zugrunde, der sich durch Asbest am Arbeitsplatz gesundheitlich bedroht fühlte —, dann unterstreicht diese Rechtsprechung die Berechtigung der Forderung nach gesetzli- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20683* chem Nichtraucherschutz sehr eindrucksvoll. Schließlich muß davon ausgegangen werden, daß nicht nur Asbest, sondern alle krebserzeugenden Stoffe — im Gegensatz zu anderen Giften — die Gesetzmäßigkeit aufweisen, daß sich die einzelnen Teildosen verlustlos addieren, bis durch die Potenzierungswirkung ein kritischer Grenzwert erreicht ist — im Regelfall eine Krebserkrankung. Schon lange ist bekannt, daß Rauchen Krebs, Herz- und Gefäßkrankheiten verursacht und die Gesundheit von Föten im Mutterleib schädigt. Auf diese Tatsache wird seit 1. Januar 1993 auf der Grundlage der Umsetzung einer EG-Richlinie aus dem Jahre 1989 auf jeder Zigarettenschachtel hingewiesen. Wenn das so ist, gilt dies logischerweise auch in abgeschwächter Form für das Passivrauchen, denn wer will bestreiten, daß die im Hauptstrom inhalierten Schadstoffe, darunter Dioxine, Furane, Formaldehyd, auch im Nebenstrom enthalten sind. Auch Passivrauchen ist gesundheitsschädlich, wenn auch in Abhängigkeit von der Konzentration des Tabakrauches in der Raumluft und von der Zeit, die ein Nichtraucher dieser Einwirkung ausgesetzt ist. Nach einer Faustregel gilt: Einstündiges Passivrauchen entspricht dem Aktivrauchen einer Zigarette. Nun — dem Raucher sei sein Pfeifchen, seine Zigarre oder Zigarette vergönnt — mir geht es nicht um Stigmatisierung, Ausgrenzung, Moral. Womit, wodurch und wie sich ein erwachsener Mensch schädigt, soll er selbst entscheiden. Schließlich würde ein Eingriff in diese Bereiche einen Schnüffelapparat gigantischer Größe voraussetzen. Das lehnen wir alle zu Recht ab. Der Konfliktfall, den das NRSG durch einen fairen Kompromiß regeln will, besteht eben gerade darin, daß der Raucher den nichtrauchenden Mitmenschen am Arbeitsplatz, in einem Behördenraum, in einem Verkehrsmittel, kurz, in öffentlichkeitsorientierten Innenräumen, zwangsläufig mitschädigt. Und da ist ja wohl verständlich, daß hierfür eine Regelung nötig ist, die den Schutz des Nichtrauchers vor Rauch gewährleistet. Nur darum geht es mir. Der Gesetzentwurf selbst ist das Ergebnis langjähriger Bemühungen und Appelle: Bereits 1974 hat die Bundesregierung in der BT-Drucksache 7/2070 den Standpunkt vertreten: „Obwohl bislang nur höchst ungenügende Daten über die tatsächliche Gefährdung des Nichtrauchers durch Passivrauchen vorliegen, muß als Analogieschluß zugelassen werden, daß es diese Gefährdung tatsächlich gibt. " Wie wahr! Heute wissen wir dies auf Grund von epidemiologischen Untersuchungen nur zu genau! Und ein Jahr später setzte die Bundesregierung noch eins drauf mit der Erklärung, daß Zweifel an den Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen zur Lösung dieses Konfliktfalls nicht geeignet seien (BT-Drucksache 7/3597). Auch das am 31. Mai 1990 von der jetzigen Bundesregierung beschlossene „Aktionsprogramm zur Förderung des Nichtrauchens" knüpft an diese Auffassung an; ebenso kommt die Bundesregierung in der „Konzeption zur Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen" vom 23. September 1992 (BR-Drucksache 876/92, S. 44) zu dem Ergebnis, daß die „in ihrer Gesamtheit vorliegenden Kenntnisse über die Schadstoffaufnahme durch Passivrauchen zur Begründung gesetzlicher und administrativer Maßnahmen ausreichen". Darüber hinaus haben die Landesregierungen in jüngster Zeit, nämlich in Entschließungen des Bundesrates vom 25. September 1992 und vom 28. Mai 1993, einen umfassenden gesetzlichen Nichtraucherschutz, insbesondere Rauchverbot für öffentlich zugängliche Räume, gefordert und die Bundesregierung um entsprechende Initiativen ersucht. Auch die EG hat in einem Entschließungsantrag vom 18. Juli 1989 die Migliedstaaten aufgefordert, ein gesetzliches Rauchverbot in allen öffentlich zugänglichen und frequentierten geschlossenen Räumen sowie in allen öffentlichen Verkehrsmitteln auszusprechen. Im Vergleich mit den anderen Staaten der Europaunion bildet die Bundesrepublik das Schlußlicht, was Regelungen zum Nichtraucherschutz anbelangt. Der vorliegende Entwurf NRSG hat gegenüber dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion den Vorteil, daß er all das, was der Antrag fordert, bereits in Gesetzesform anbietet. Über die Notwendigkeit eines gesetzlichen Nichtraucherschutzes besteht kein inhaltlicher Dissens. Das NRSG regelt knapp und präzise den Geltungsbereich des Gesetzes — also öffentlichkeitsorientierte Innenräume wie Arbeitsplätze, öffentliche Verkehrsmittel, Einrichtungen der Verfassungsorgane und sonstige Verwaltungseinrichtungen des Bundes und Gaststättenbetriebe mit mehr als 50 Sitzplätzen — sowie Modalitäten wie Raucherzonen, Hinweispflicht, Zuständigkeit, Ordnungswidrigkeiten u. a. Nachdem die Frage der Zuständigkeit des Bundes für dieses Gesetz zweifelsfrei durch ein Gutachten zweier Stuttgarter Anwälte vom März 1993 entschieden ist, hoffen wir, mit diesem interfraktionellen Gesetzentwurf, falls nicht in dieser, so spätestens in der nächsten Legislaturperiode den Nichtraucherschutz auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Dies erwartet die Mehrheit der Bevölkerung, wie nicht nur Umfragen belegen, sondern auch meine persönlichen Erfahrungen in diversen öffentlichen und nichtöffentlichen Gesprächsrunden. Daß sich hier speziell die Politik schwertut, weil in Bonn besonders viel gepafft wird, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Auch die Tatsache, daß die Emotionen um das NRSG zu manchen unschönen Reaktionen gegenüber den Initiatoren geführt haben, spricht für sich. Ich persönlich hoffe, daß sich die insgesamt rd. 100 Kollegen und Kolleginnen, die heute ihre Unterstützung auf zwei verschiedene Initiativen verteilen, auf einen Gesetzentwurf, nämlich den vorliegenden, einigen können und, noch wichtiger, daß sich die Zahl der Unterstützenden vervierfacht, damit das Gesetz mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen werden kann. Marita Sehn (F.D.P.): Bei der Vorbereitung zur heutigen Debatte ist mir aufgefallen, daß das Thema, das Rauchen gesetzlich einzuschränken, nicht neu ist. Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde heftig 20684 * Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 diskutiert, genauso kontrovers wie heute, und auch unser Kollege Sauer war dabei. Ich stelle mir als leidenschaftliche Nichtraucherin die Frage, was einige von uns dazu treibt, diesen Gesetzentwurf zu unterstützen. Ja, ich gebe es offen zu: Es ärgert mich, wenn ich von Veranstaltungen nach Hause komme, die Augen brennen und ich meine komplette Kleidung wieder einmal der Waschmaschine anvertrauen darf. Ich habe großes Verständnis dafür, daß sich Nichtraucher unter bestimmten Gegebenheiten von Rauchern beeinträchtigt oder gar belästigt fühlen. Die Frage, ob und wann Tabakrauch zu einer eindeutigen Gesundheitsgefahr wird, muß geklärt werden. Ein Gesetz, das Rauchen in allen öffentlichen Räumen, den öffentlichen Verkehrsmitteln, in Gaststätten und am Arbeitsplatz grundsätzlich verbietet, greift unmittelbar in die tagtägliche Lebensgestaltung von Millionen Bürgern ein. Wenn dieser Entwurf unverändert von den Ausschüssen zur Annahme empfohlen und dann hier im Plenum beschlossen wird, bestimmen wir, wie unsere mündigen Bürger sich auf dem Weg zur Arbeit, bei der Arbeit und in der Freizeit verhalten müssen. Wir verursachen dabei Kosten bei den Arbeitgebern und den mittelständischen Unternehmen für die Einrichtung abgetrennter Raucherzonen und fragen uns noch nicht einmal, ob solche Eingriffe überhaupt sein müssen. Und mehr noch: In der Begründung des Entwurfs steht zu lesen, daß dies erst der Anfang sein soll, daß „weitergehende gesetzgeberische Maßnahmen, z. B. zum Schutz von Kindern in der Privatsphäre" folgen sollen. Nehmen wir unsere Regelungskompetenz nicht zu ernst und den Mund nicht zu voll, wenn wir den Bürgern sagen, daß wir auch dieses Problem noch gesetzlich regeln wollen? Abenteuerlich finde ich den § 6 über Ordnungswidrigkeiten. Wer beim Rauchen außerhalb von Raucherzonen erwischt wird, ist mit bis zu 100 DM dabei; wer z. B. nicht mit deutlich sichtbaren und allgemein verständlichen Hinweisschildern an das Rauchverbot erinnert, kann mit einem Bußgeld zwischen 100 DM und 5 000 DM rechnen. Ist dies wirklich ernst gemeint? Für mich bleibt die grundsätzliche Frage, ob Politik bei uns wirklich glaubt, alles regeln zu können und alles regeln zu müssen. Wäre es nicht besser, auch einmal zur Kenntnis zu nehmen, was sich in den letzten Jahren gerade im Verhältnis Raucher Nichtraucher verändert hat? Wäre es nicht gerade unsere Aufgabe als Politiker, deutlich zu machen, daß bei der Gestaltung des menschlichen Miteinanders jeder von uns Mitverantwortung trägt? Es entspricht meiner Auffassung von Demokratie, Toleranz und Liberalität, daß die Freiheit des Einzelnen nur dort durch den Staat beschnitten werden sollte, wo es unumgänglich ist. Überall dort, wo wir Menschen in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung das Miteinander ohne staatliche Mitwirkung regeln können, sollten wir dies tun, und zwar ohne Zwangsmittel. Übrigens befinde ich mich mit dieser Auffassung in guter Gesellschaft: Laut einer Umfrage von Infratest im September/ Oktober 1993 sagten 81 % unserer Bürgerinnen und Bürger, daß Raucher und Nichtraucher ihr Zusammenleben selbst regeln sollen. Dabei liegen die Standpunkte von Rauchern und Nichtrauchern gar nicht weit auseinander. Der Trend, daß sich Raucher und Nichtraucher zunehmend besser arrangieren, daß den Wünschen der Nichtraucher immer häufiger entsprochen wird, ist doch deutlich erkennbar. Warum also eine gesetzliche Regelung? Für uns Liberale steht fest: Wir sind für eine nachhaltige und deutliche Aufklärung über die Gesundheitsgefahren des Rauchens; wir sind aber gegen staatlich verordnete Lebensgestaltung. Wir sind für eine gründliche und vorurteilsfreie Prüfung, ob und wann Passivrauchen zu einer echten Gesundheitsgefahr wird; wir sind aber dagegen, die Raucher gesellschaftlich auszugrenzen. Wir sind für verbindliche Vorschriften, wo eine tatsächliche Gesundheitsgefahr für Passivraucher festgestellt wird; wir sind aber dagegen, schon jetzt ohne Rücksicht auf die Ergebnisse mit der Gesetzgebungskeule zuzuschlagen. Und schließlich: Wir sind für Rücksichtnahme der Raucher und Toleranz der Nichtraucher; wir sind dagegen, anstelle des mitmenschlichen Dialogs über das Rauchen gesetzliche Verbote zu setzen, wenn es auch anders geht. Im Zweifel sind wir für die Freiheit. Dr. Paul Hoffacker (CDU/CSU): Wir debattieren heute abend über zwei Gruppenanträge, die dasselbe Thema zum Gegenstand haben: Es geht um Nichtraucherschutz. Ich betone noch einmal: Es handelt sich um sogenannte Gruppenanträge, d. h. parlamentarische Anträge, die sowohl in der CDU/CSU-Fraktion als auch meines Wissens in der SPD- oder F.D.P.-Bundestagsfraktion keine Mehrheit gefunden haben. Wichtige Aussage ist also die — und das gilt es festzuhalten —: Die heute in erster Lesung beratenen Vorlagen zum Nichtraucherschutz geben die Meinung der in diesem Hohen Haus vertretenen Fraktionen nicht wieder. Es handelt sich — überspitzt formuliert — um parlamentarische Privatansichten einiger — zugegeben: nicht weniger — Kollegen und Kolleginnen. Aber nun zur Sache. Unbestritten ist: Rauchen schadet der Gesundheit! Prävention und Aufklärung über die Gefahren des Nikotingenusses gehören damit unstreitig in das Arsenal jeder modernen Gesundheitsvorsorgepolitik. Daran halten wir fest, und diesen Weg werden wir auch weiter gerade im Interesse des Schutzes der Kinder und Jugendlichen weiter ausbauen. Aber auch der Schutz von Nichtrauchern vor den Risiken des Rauchens ist — und auch das ist unbestritten — ein legitimes und herausgehobenes Thema insbesondere auch der Gesundheitspolitik. Über die Wege zu diesem Ziel wird — seit geraumer Zeit — jedoch heftig und medienwirksam gestritten. Wir haben uns daher auch in diesem Jahr aus aktuellem Anlaß mit dem Entwurf des Nichtraucherschutzgesetzes in seinen unterschiedlichen Stadien Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20685* seines Werdens mehrfach befaßt. Die von den Verfassungsressorts der Bundesregierung zu Recht vorgetragenen kompetenzrechtlichen Bedenken gegen die ursprünglich weitergehende Fassung des Entwurfs konnten ausgeräumt werden. Gleichwohl war auch in der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Fraktion eine einheitliche Meinungsbildung zu dem Thema des Nichtraucherschutzes nicht möglich. Einigkeit über das Ob und Wie bei der Erreichung des Zieles des Nichtraucherschutzes konnte — leider — auch gesundheitspolitisch nicht erzielt werden. Die Kernfrage ist, ob die mit dem heute abend in erster Lesung beratenen Entwurf eines Nichtraucherschutzgesetzes verbundene „Verbotsphilosophie" der richtige Weg zur Lösung der hier anstehenden Fragen ist. Die „Etatisten" unter uns, d. h. diejenigen, die auf eine umfassende Regelungskompetenz eines allmächtigen Staates vertrauen, halten das Verbot des Gesetzgebers auch zur Regelung der hier anstehenden gesundheitspolitischen Frage für geeignet und auch für notwendig. Ich persönlich möchte auch als Gesundheitspolitiker betonen: Ich teile diese Auffassung nicht! Zwar ist richtig, daß die Freiheit des einen da aufhört, wo die Freiheit des anderen beginnt. Ich wage jedoch zu bezweifeln, ob gesetzliche Ver- und Gebote der richtige Weg sind, um den hier anstehenden Interessenausgleich zu lösen. Auch der Freiheit desjenigen, der sich durch den Rauch eines anderen beeinträchtigt fühlt, ist durch Regeln nicht gedient, die in der Praxis nur mit unverhältnismäßigem Aufwand oder sogar um den Preis der Lächerlichkeit durch staatliche Organe durchgesetzt werden können. Wir, d. h. der Gesetzgeber, laufen Gefahr, uns lächerlich zu machen, wenn wir derartige Dinge beschließen. Gerade die teilweise hitzige Diskussion Anfang dieses Jahres belegt dies mit übergroßer Deutlichkeit. Und — diese Randbemerkung sei mir erlaubt — die Gesetzgebungsorgane sollten auch nicht zu „Public-Relations-Kampagnen", zu welchen Themen auch immer, mißbraucht werden. Glauben Sie denn tatsächlich, daß ein Anti-Raucher-Gesetz das von uns gemeinsam verfolgte Ziel obrigkeitsstaatlich erzwingen bzw. durchsetzen könnte? Ich sage ganz klar: nein! Ich bin davon überzeugt: Höflichkeit läßt sich nicht erzwingen, und schon gar nicht per Gesetz. So hat ein kluger Kommentator einer führenden Tageszeitung Anfang dieses Jahres zu Recht darauf aufmerksam gemacht, daß vieles — wenn auch nicht alles —, das unter dem Stichwort „Nichtraucherschutz" diskutiert wird, eigentlich eine Frage von Umgangsformen, von zwischenmenschlichen Vereinbarungen, d. h. letztendlich von Höflichkeit war bzw. sein sollte. Leider nimmt jedoch auch die Zahl höflicher Menschen rapide ab, was dem Trend zur Individualisierung in unserer Gesellschaft zweifelsohne entspricht. Daraus jedoch folgern zu wollen, daß Rücksichtnahme per Gesetz zu verordnen wäre, das wäre eindeutig der falsche Weg. In dem Bereich aber, in dem staatlicher Regelungsbedarf — auf welcher Ebene auch immer — unstreitig besteht, sind die notwendigen Regelungsoptionen vorhanden und werden auch genutzt. Gerade im Bereich des Arbeitsschutzes, d. h. des Nichtraucherschutzes im Betrieb, haben die Tarifvertragsparteien bzw. die Sozialpartner im Betrieb ausreichende Optionen, derartige Fragen zu regeln, sofern sie von den Sozialpartnern als regelungsbedürftig erachtet werden. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, gilt im Kern auch für die übrigen angesprochenen Regelungsbereiche. Ich bin davon überzeugt, daß intelligente Lösungen, die mehr vom Grundsatz der Eigenvorsorge und Eigenverantwortung ausgehen, dem gesundheitspolitischen Thema des Nichtraucherschutzes weit eher angemessen sind als der Ruf nach Ge- bzw. Verboten durch den Gesetzgeber. Gerade auf diesem Gebiet besteht noch weitgehender Diskussionsbedarf, der auch bei den parlamentarischen Beratungen der heute erörterten Vorlagen aufgegriffen werden konnte. Intelligente innovative Ideen sind auch in der Gesundheitspolitik gefragt! Dazu zähle ich jedoch nicht den Ruf nach immer neuen Ge- und Verboten, d. h. den Ruf nach immer noch mehr Staat. Gudrun Schaich-Walch (SPD): Die Forderung nach einem Gesetz zum Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher hat zu einer Flut von Reaktionen geführt. Die einen fühlten sich vom Staat durch Reglementierungswut entmündigt und unnötig eingegrenzt. Andere sehen sich in den wirtschaftlichen Ruin getrieben. Betriebsräte in der Tabakindustrie und die Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten kritisieren die Forderung als einen Eingriff in ihre Mitbestimmungsrechte. Den negativen Reaktionen steht jedoch eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, die für sich endlich einen Lichtblick sehen. Sie hoffen, daß sie künftig vor ungewollten Belästigungen durch Tabakqualm und vor der Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen geschützt werden. Ich möchte ganz nüchtern das Pro und Kontra in die Waagschale werfen. Krebsexperten haben unwiderlegbar nachgewiesen, daß zwischen dem Rauchen und dem Risiko einer Krebserkrankung ein direkter Zusammenhang existiert. Über 40 Substanzen sind im Tabakrauch bisher identifiziert worden, die nachgewiesenermaßen krebserregend sind. Diese Substanzen — und dies ist ebenfalls bewiesen — befinden sich auch im ausgeatmeten Tabakrauch. Damit liegt klar auf der Hand: Jede Raucherin und jeder Raucher verunreinigt die Luft mit krebserregenden Stoffen. Ich bin davon überzeugt, wenn wir uns in einer umweltpolitischen Debatte um Maßnahmen gegen Luftverschmutzung befänden, dann müßte ich hier nicht mehr des langen und breiten die Notwendigkeit der Verbesserung der Luft erläutern. Filter auf den Kamin, Katalysator ins Auto, und zwar per Gesetz oder Verordnung — und fertig. So leicht ist es im vorliegenden Fall leider nicht. Denn schließlich können wir rauchende Menschen nicht mit Abluftfilteranlagen bestücken. 20686* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Passivrauchen ist aber als Belästigung und Gefährdung der Gesundheit einzustufen. Somit muß sich die Gesundheitspolitik mit diesem Thema beschäftigen und andere Lösungswege aufzeigen. Hier kommt nun das Argument ins Spiel, der Staat solle sich aus den Bereichen heraushalten, die die Gesellschaft für sich regeln könne. Dies ist ein wichtiger Einwand. Auch wir, die wir den SPD-Gruppenantrag zur Schaffung eines Nichtraucherschutzgesetzes unterzeichnet haben, wollen keine Überfrachtung mit unnötigen Regelungen und keine Einengung von individueller Freiheit in Problembereichen, die im gesellschaftlichen Konsens gelöst werden können. Somit ist eine Abwägung zwischen dem Anspruch auf Schutz und dem Ausleben persönlicher Neigungen und Süchte zu treffen. Dazu haben wir uns Fragen gestellt wie: Ist die Gesellschaft generell in der Lage, die Gefährdung durch Passivrauchen in einem Prozeß des Dialogs in den Griff zu bekommen? Diese Frage könnte man, ausgestattet mit viel Optimismus, durchaus mit Ja beantworten. Doch wie lange wird ein solcher Prozeß dauern? Wie groß sind die gesundheitliche Gefährdung und die Beeinträchtigung des persönlichen Wohlbefindens? Ist das Zuwarten bis zu einer gesellschaftlichen Lösung bei der Gegenüberstellung der unterschiedlichen Interessenlagen überhaupt zu verantworten? Dies war für uns der Punkt, an dem wir gesagt haben: Die Gesundheitspolitik darf nicht abwarten, weil die Beeinträchtigung und die Gefährdung zu groß sind und eine gesellschaftliche Lösung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Zu dieser Überzeugung sind wir u. a. deshalb gelangt, weil die Zahl der rauchenden Menschen sich zwar im Zeitraum von 1978 bis 1989 um ca. 5 % verringert hat, jedoch immer noch ca. 43 % der Erwachsenen und ca. 31 % der jüngeren Menschen zwischen 15 und 25 Jahren rauchen. Viele Raucherinnen und Raucher sind nicht ohne weiteres in der Lage, den Konsum zu reduzieren oder gar einzustellen, und Rücksicht gegen Nichtraucher gehört auch nicht unbedingt zu den Stärken der meisten Raucherinnen und Raucher. Deshalb ist unser Antrag stark am Schutzgedanken orientiert. Nun zu den wirtschaftlichen Auswirkungen, die die Umsetzung unseres Antrags auf die Gastronomie und die Tabakindustrie hätte. Erstens sollen nur gastronomische Betriebe mit über 50 Sitzplätzen Raucherzonen errichten. Zweitens sollen auch diese Betriebe die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen haben, wenn beispielsweise die Räumlichkeiten keine Möglichkeit des Umbaus gestatten oder der Umbau nur mit hohem finanziellen Aufwand zu ermöglichen wäre. Allerdings müssen dann Hinweisschilder angebracht werden, die einen solchen Betrieb als Raucherrestaurant oder Raucherkneipe ausweisen. Wir glauben, daß wir dadurch zugleich die Gefahr des wirtschaftlichen Ruins für die Betriebe gebannt und den Menschen, die sich der Belästigung durch Rauch nicht aussetzen wollen, die Möglichkeit gegeben haben, solche Räume zu meiden. Die Tabakindustrie hat großen Aufwand betrieben, um ihren Einfluß gegen unseren Vorschlag geltend zu machen. Meine Damen und Herren, die Aufgeregtheiten, die dort entstanden sind, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Unser Vorschlag ist kein Instrument zu Gesundheitsprävention mit Richtung auf die Reduzierung des Tabakkonsums, wiewohl dies eine besonders wichtige Aufgabe der Gesundheitspolitik ist, die es ständig zu fördern gilt. Hier geht es erst einmal um den Schutz der nichtrauchenden Bevölkerung vor den Immissionen von Seiten des rauchenden Teils. Differenziert werden muß allerdings zwischen Freizeit und dem Arbeits- oder Geschäftsbereich. Dort sind die wichtigsten Punkte unseres Vorschlags: das Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz und die Einrichtung von Raucherzonen in allen öffentlichen Gebäuden des Bundes und öffentlichen Verkehrsmitteln. Was wir nicht wollen, ist die Hexenjagd auf Raucher, geschweige denn eine Kriminalisierung. Deshalb ist in unserem Antrag auch keine Verfolgung derjenigen vorgesehen, die entgegen bestehenden Rauchverboten dennoch rauchen. Die Ausübung des Hausrechts reicht allemal aus, um dem Verbot die notwendige Ernsthaftigkeit zu verleihen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage der Abgeordneten Ingrid Köppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 12/7990 Frage 1): Inwieweit trifft der Bericht im DER SPIEGEL Nr. 22/1994 zu, wonach die Bundesregierung — u. a. vermittelt durch die Bundesanwaltschaft sowie durch das Bundeskriminalamt am 30. Juni 1992 — über die Funktion des Solinger Kampfsportlehrers und V-Manns des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, B. Sch., sowie über dessen Verbindungen zu Rechtsextremisten noch vor dem Brandanschlag in Solingen informiert war, und welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus diesem Wissen gezogen, um derartige Verbrechen zu verhindern oder zumindest anschließend über solche Hintermänner öffentlich aufzuklären? Es ist ständige Praxis der Bundesregierung, zu laufenden Strafverfahren und zu Vorgängen im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der Länder keine Stellung zu nehmen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Fragen des Abgeordneten Arne Fuhrmann (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 3 und 4): Wie ist die Belastung der Altersrenten in den Ländern der EU durch Steuern und Beiträge? Gibt es in einem der EU-Länder oder in einem anderen (Industrie-)Land Alterssicherungssysteme, die nicht (allein) auf das Individuum abstellen, sondern den jeweiligen Haushalt betreffen? Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20687* Zu Frage 3: Sie fragen, ob und in welchem Umfang Altersrenten der FU-Staaten durch Krankenversicherungsbeiträge belastet werden. Die Regelungen hierzu sind in den einzelnen Staaten unterschiedlich. In folgenden Staaten werden von den Rentnern keine Beiträge zur Krankenversicherung erhoben: Dänemark, Spanien, Portugal und Großbritannien. Die Regelungen in den übrigen Staaten sehen wie folgt aus: In Belgien werden 3,55 % von der Rente abgezogen, soweit die Rente dadurch nicht unter einen Mindestbetrag sinkt. In Frankreich beträgt der Abzug 1,4 %, in Luxemburg 2,5 %, in Griechenland 4 %, in Irland 1,25 % und in Italien 0,2 %. In den Niederlanden wird die Rente mit 9,7 % und einem Festbetrag von 27 Gulden monatlich belastet. In Deutschland beträgt die Belastung im Durchschnitt 7%. Die Frage in Bezug auf die Steuerbelastung in den Ländern der Europäischen Union ist wie folgt zu beantworten: Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Altersversorgung haben in allen Staaten der EU grundsätzlich Einkommenscharakter und sind von daher einkommensteuerpflichtig. In den meisten Staaten gelten sie als Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit (Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Spanien, Vereinigtes Königreich), teils bilden sie aber auch eine eigenständige Einkunftsart (Luxemburg, Portugal) oder gehören wie in Belgien zusammen mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit zu den sog. „Berufseinkünften". In Deutschland gehören sie zu den sonstigen Einkünften. Grundsätzlich unterliegen Rentenzahlungen in voller Höhe der Steuerpflicht. Eine Ausnahme bildet nur Deutschland, wo die Besteuerung auf den „Ertragsanteil" begrenzt wird. Soweit nach den hier vorliegenden Unterlagen festgestellt werden konnte, gelten allerdings in einigen Staaten steuerliche Vergünstigungen, die in den unterschiedlichsten Formen gewährt werden. Ein internationaler Vergleich der steuerlichen Belastung von Altersrenten zeigt, daß die Renten in Deutschland steuerlich besonders günstig gestellt sind. So ergibt sich z. B. aus einer statistischen Untersuchung von Eurostat aus dem Jahr 1993, daß die steuerliche Belastung eines alleinstehenden Beziehers einer Durchschnittsrente außer in Deutschland nur noch in Belgien, Portugal und im Vereinigten Königreich bei 0 v. H. liegt, während sie z. B. in Luxemburg 12 v. H. und in Italien sogar 14 v. H. beträgt. Bei höheren Renten beläuft sich die steuerliche Belastung nur in Deutschland auf 0 v. H., dagegen beträgt sie z. B. in Italien 20 v. H. und in Luxemburg sogar 21 v. H. Sofern Sie an einer kurzen Darstellung der Besteuerung der Altersrenten in den EU-Staaten interessiert sind, bin ich gerne bereit, Ihnen eine kurze Aufzeichnung darüber zuzusenden. Zu Frage 4: Ihre Frage ist mit „ja" zu beantworten. In vielen Ländern der Europäischen Union gibt es Alterssicherungssysteme, in denen die Höhe der Rente nicht nur von den zurückgelegten Versicherungszeiten bzw. Wohnzeiten abhängig ist, sondern auch davon, ob der Rentenbezieher einen unterhaltsberechtigten Ehegatten bzw. unterhaltsberechtigte Kinder hat. Dies ist insbesondere in solchen Systemen der Fall, in denen die Rente nicht (oder nur eingeschränkt) beitragsbezogen ist, sondern die Funktion einer Mindestversorgung hat; ferner ist dies der Fall in Systemen mit einem niedrigen Leistungsniveau. Da der Mindestsicherungsbedarf auch davon abhängt, ob unterhaltsberechtigte Ehegatten und Kinder vorhanden sind, ist es nur konsequent, wenn diese Systeme in solchen Fällen Zuschläge für die Rentenempfänger vorsehen. Derartige Zuschläge enthalten die Rentensysteme folgender Mitgliedstaaten der Europäischen Union: Belgien, Dänemark, Griechenland, Spanien, Frankreich, Irland, Niederlande, Portugal, Großbritannien. Von den Staaten außerhalb der Europäischen Union sei als Beispiel Schweden erwähnt. In diesen Staaten ist es in der Tat so — wie Sie fragen —, daß die Alterssicherungssysteme nicht allein auf das „Individuum" abstellen, sondern den gesamten Haushalt berücksichtigen. Im deutschen Rentenversicherungssystem, das sich durch ein hohes Leistungsniveau auszeichnet und das mehr als jedes Rentensystem der anderen EU-Staaten von Gedanken der Beitragsäquivalenz geprägt ist, würden solche Zuschläge einen Systembruch darstellen. Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Cornelia Yzer auf die Fragen der Abgeordneten Petra Bläss (PDS/Linke Liste) (Drucksache 12/7990 Fragen 6 und 7): Trifft es zu, daß wegen eines Artikels in der Zeitschrift „Tendenz" Zuschüsse an die Jugendemokraten/Junge Linke für 1994 in Höhe von 50 000 DM zurückgefordert und für das Haushaltsjahr 1994/95 alle Zuschüsse an diese Organisation gestrichen werden sollen, und welche Erkenntnisse der damit befaßten Stellen liegen der vom Bundesministerium für Frauen und Jugend gegebenen Einschätzung zugrunde, daß diese Zeitschrift verfassungsfeindlichen Charakter trägt? Nach welchen finanziellen und politischen Kriterien werden Fördermittel für politische Bildungsarbeit gegenwärtig vergeben, welche Kriterien werden insbesondere vom Bundesministerium für Frauen und Jugend zugrundegelegt? Zu Frage 6: Zuwendungen, die der Jugendverband Jungdemokraten/Jungdemokratinnen/Junge Linke für die beanstandeten Ausgaben der Zeitschrift „Tendenz" erhalten hat, werden zurückgefordert. Dies erfolgt unter Berücksichtigung von § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz, da Bestimmungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes nicht beachtet worden sind. Einer Feststellung der „Verfassungsfeindlichkeit" dieser beanstandeten Ausgabe bedarf es hierzu nicht. 20688* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 Zu Frage 7: Fördermittel des Bundes für politische Bildungsarbeit werden auf der Grundlage des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfegesetz) — SGB VIII — in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Mai 1993 (BGBl. I S. 637) und nach Maßgaben der Richtlinien des Kinder- und Jugendplans des Bundes vom 20. Dezember 1993 vergeben. Im Blick auf den in der Frage zuvor genannten Jugendverband und der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Tendenz" hat das Bundesjugendkuratorium, das die Bundesregierung gemäß § 83 Abs. 2 SGB VIII in grundsätzlichen Fragen der Jugendhilfe berät, festgestellt: „Das Bundesjugendkuratorium ist der Auffassung, daß der Bundesverband ,Jungdemokraten/Junge Linke' in einer Reihe von Veröffentlichungen, die dem Bundesjugendkuratorium vorgelegt wurden, seine Verantwortung als Zuwendungsempfänger von Mitteln aus dem Bundesjugendplan nicht ausreichend wahrgenommen hat. Dies aber ist formal und inhaltlich unabdingbarer Teil der notwendigen Qualität politischer Bildungsarbeit." Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Peter Repnik auf die Frage des Abgeordneten Dr. Klaus Kübler (SPD) (Drucksache 12/7990 Frage 9): Wie beurteilt die Bundesregierung das geplante Dammprojekt im Selous-Wildreservat in Tansania insbesondere aus umweltpolitischer Sicht, und welche Auswirkungen auf deutsche Entwicklungshilfe-Projekte hat dieses Dammprojekt nach Ansicht der Bundesregierung? Die japanische Entwicklungsorganisation JICA plant zur Verbesserung der Wasserversorgung von Daressalam ein großes Dammprojekt an der Grenze des Selous-Wildreservats und mitten in einer dörflichen Waldbewirtschaftungszone. Der Damm würde nach den derzeit vorliegenden Plänen zu einer Überflutung des größten Teils einer wertvollen Kurzgrassteppe mit einer für den Süden Tansanias einmaligen Wilddichte führen. Kleinere Teile des Selous-Wildreservats, eine „World Heritage Site", würden ebenfalls überflutet (ca. 6 000 Menschen müßten umgesiedelt werden). Das Gebiet wird im Rahmen der deutschen Technischen Zusammenarbeit (Selous Conservation Programm) gefördert. Dieses Vorhaben würde durch die Auswirkungen des Dammprojektes in erheblichem Maße beeinträchtigt. Die GTZ hat daher gegenüber dem JICA-Consultant gravierende Bedenken gegen die Planung geltend gemacht. Die tansanische Regierung hat gefordert, daß als erster Schritt eine Studie über die Umweltverträglichkeit durchgeführt wird. Das Thema war auch Gegenstand der deutschtansanischen Regierungsverhandlungen am 7./8. Juni 1994 in Bonn. Es wurde Einigkeit darüber erzielt, daß die Studie über die Umweltverträglichkeit von einer unabhängigen Institution wie dem WWF durchgeführt und nach Möglichkeit von Deutschland und Japan gemeinsam finanziert werden sollte. Die Angelegenheit soll in diesem Sinne bei den bevorstehenden deutschjapanischen Regierungskonsultationen besprochen werden. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Fragen des Abgeordneten Jürgen Koppelin (F.D.P.) (Drucksache 12/7990 Fragen 10 und 11): Wie viele Mitarbeiter hat die bundeseigene Gesellschaft für Industriebeteiligung mbH (GEFI), und wie hoch ist der Besoldungsetat dieser Gesellschaft pro Jahr? Welche Aufgaben hat die GEFI, und ist die Bundesregierung bereit, eine Überprüfung der Notwendigkeit dieser Gesellschaft durchzuführen? Zu Frage 10: Die GEFI beschäftigt zwei Geschäftsführer, einen Prokuristen und eine Mitarbeiterin. Einer der beiden Geschäftsführer ist hauptamtlich Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der GEFI. Der Besoldungsetat der GEFI betrug 1993 einschließlich Personalnebenkosten rund 602 000 DM. Zu Frage 11: Die GEFI ist eine nicht-operative Holding. Sie hat die Aufgabe, die Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften mit zur Zeit rund 3 200 Beschäftigten zu koordinieren, zu steuern, übergreifende Funktionen wahrzunehmen und die Gesellschaften mit Beendigung ihrer öffentlichen Aufgaben nach Möglichkeit zu privatisieren. Die Bundesregierung überprüft regelmäßig die Notwendigkeit bundeseigener Unternehmen. Für die GEFI gilt: Sobald sich die Zahl der Tochtergesellschaften vermindert, sei es durch die Beendigung ihrer öffentlichen Aufgaben, sei es durch Privatisierung, wird sich die Frage nach der Notwendigkeit einer Führungsholding für die verbliebenen Gesellschaften neu stellen. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Joachim Grünewald auf die Frage der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Drucksache 12/7990 Frage 13): Mit welchen Argumenten erklärt die Bundesregierung die Gewährung einer finanziellen Soforthilfe von je 10 Mio. DM an die Bundesländer Sachsen-Anhalt und Thüringen zur Regulierung der Hochwasserschäden, während entsprechende Sofortmaßnahmen für das ebenfalls im besonderen Maße vom Hochwasser betroffene strukturschwache Bundesland RheinlandPfalz unterblieben, und wie ist diese Regelung mit dem Rechtsgrundsatz der Gleichbehandlung vereinbar? Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20689* Nach den verfassungsmäßigen Grundsätzen ist die Beseitigung von Hochwasserschäden Aufgabe der Länder. Die Soforthilfe des Bundes für Sachsen-Anhalt und Thüringen war auf der Grundlage von Artikel 143 Abs. 2 Grundgesetz, wonach Abweichungen von der Finanzverfassung bis Ende 1995 möglich sind, gerechtfertigt. Angesichts der schwierigen Finanzlage der beiden betroffenen Bundesländer und der im Vergleich zu den alten Bundesländern noch nicht ausreichenden Hilfsmittel bei der Bekämpfung derartiger Notlagen hielt die Bundesregierung ein Zeichen der gesamtstaatlichen Solidarität bei der Beseitigung der Hochwasserschäden in diesen beiden Ländern für dringend geboten. Dabei war auch zu berücksichtigen, daß die Hochwasserschäden eingeräumten Steuererleichterungen den Menschen in den neuen Ländern wegen der unterschiedlichen steuerlichen Grundbelastung nicht in entsprechendem Umfang zugute kommen wie in den alten Ländern. Anlage 20 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Fragen der Abgeordneten Birgit Homburger (F.D.P.) (Drucksache 12/7990 Fragen 21 und 22): Wie steht die Bundesregierung dazu, daß zwischenzeitlich bei der Bundeswehr nicht mehr nur das Geld für Übungen fehlt und somit die Ausbildung nicht mehr in allen Bereichen sichergestellt ist, sondern teilweise jetzt auch Dienstreisen in unvertretbarem Maße eingeschränkt werden, teilweise Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen notwendiger Art gestrichen werden und darüber hinaus teilweise sogar Einschränkungen des Postverkehrs angeordnet wurden, und welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um diesem unerträglichen Mißstand schnellstmöglich abzuhelfen? Wie steht die Bundesregierung zu vernünftigen Sparmaßnahmen z. B. durch Personaleinsparungen, die beispielsweise durch die Erneuerung vorsintflutlicher Verwaltungsausstattung genauso erreicht werden könnte wie durch einen dringend notwendigen Bürokratieabbau insbesondere im Bundesministerium der Verteidigung, oder geht die Bundesregierung davon aus, daß zukünftig die Mitarbeiter des Bundesministeriums der Verteidigung die Verteidigung unseres Landes übernehmen sollen, da es dort zumindest keine hinreichenden Einschränkungen, Sparmaßnahmen und Personalabbau gibt? Zu Frage 21: Die verringerte Finanzausstattung hat 1994 zu einer Schere zwischen dem Auftrag der Bundeswehr und den zugewiesenen Haushaltsmitteln geführt. Die Bundesregierung ist entschlossen, diese Schere zu schließen und zugleich finanziellen Spielraum für die Neugestaltung der Bundeswehr zu gewinnen. Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, und durch Verlagerung von Haushaltssperren den Übungsbetrieb im In- und Ausland weitgehend sichergestellt. Da 1994 der Einzelplan 14 um mehr als 1,26 Milliarden DM gekürzt wurde, sind Auswirkungen auf den Übungsbetrieb jedoch unausweichlich. Von diesen Auswirkungen sind vor allem die Hauptverteidigungskräfte, weniger die Truppenteile der Krisenreaktionskräfte betroffen. Diese Tatsache kann angesichts der Haushalts-, insbesondere aber der sicherheitspolitischen Lage, vorübergehend hingenommen werden. Die Haushaltsmittel für Dienstreisen sind vom Deutschen Bundestag überproportional um 15 Prozent gekürzt worden, was natürlich auch zu Konsequenzen führen muß. Als Folge der reduzierten Ansätze bei der Aus- und Fortbildung wurden die Lehrgänge an den Schulen und den Akademien der Streitkräfte gekürzt und gestrafft. Nicht eingegriffen wurde dabei in Lehrgänge, die aufgrund laufbahnrechtlicher und gesetzlicher Bestimmungen durchgeführt werden müssen. Die von Ihnen erwähnten Einschränkungen des Postverkehrs können seitens des Bundesministeriums der Verteidigung nicht bestätigt werden. Insgesamt darf ich feststellen: Die globalen Minderausgaben im Haushaltsjahr 1994 führen zu spürbaren Einschränkungen auch im Betrieb der Bundeswehr. Dies macht deutlich, daß weitere Einschränkungen im Gesamtetat der Bundeswehr ohne irreparable Folgen nicht mehr aufzufangen sind. Zu Frage 22: Der Bundesminister der Verteidigung hat am 11. Mai 1994 Weisung erteilt, den gesamten Betrieb der Bundeswehr unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu rationalisieren und wo zweckmäßig zu privatisieren. Hierzu gehören auch Personaleinsparungen, die Erneuerung der Ausstattung der Verwaltung und der Abbau entbehrlicher bürokratischer Strukturen. Mit der umfassenden Rationalisierung der Bundeswehr ist auch eine Neuordnung des Ministeriums verbunden. Das Bundesministerium der Verteidigung baut derzeit im Rahmen der „Zielstruktur 1997" rund 1 000 Dienstposten ab. Das „Organisatorische Konzept zur Straffung des Bundesministeriums der Verteidigung" sieht eine Reduzierung um weitere rund 1 000 Dienstposten vor. Der Bundesminister der Verteidigung wird in Kürze über dieses Konzept entscheiden. Der Verteidigungsausschuß, der Haushaltsausschuß und die Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik der F.D.P.-Bundestagsfraktion wurden hierüber schriftlich unterrichtet. Durch die vorgesehenen Maßnahmen wird das Bundesministerium der Verteidigung bis Ende der 90er Jahre um knapp 40 Prozent seines Personalbestandes reduziert werden. Anlage 21 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Fragen des Abgeordneten Stephan Hilsberg (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 23 und 24): Wie konnte es passieren, daß es am Donnerstag, dem 9. Juni 1994, im Luftraum über Finsterwalde (Land Brandenburg) zu einem Beinahezusammenstoß zwischen einer MIG 29 der Bundeswehr, welche nicht höher als 500 Fuß unangemeldet über 20690* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 dem Flugplatz Finsterwalde/Schacksdorf flog, und einem Sportflugzeug, das sich dort völlig regulär in einem rechtzeitig angemeldeten Luftraum bewegte, kam? Auf welcher Flugstrecke befand sich die MIG 29? Zu Frage 23: Der Hintergrund zu der Frage ist schwer nachvollziehbar, weil keiner der beiden Luftfahrzeugführer eine nach dem Luftrecht erforderliche Meldung über einen Beinahezusammenstoß abgegeben hat. Der Landeplatz Finsterwalde besitzt seit dem 16. September 1993 keine Kontrollzone mehr. Eine Betriebsgenehmigung für einen Flugplatz ist im Bundesministerium der Verteidigung nicht bekannt. Eine Schutzzone, die den militärischen Übungsflugbetrieb im niedrigen Höhenband ausschließt, wurde bislang weder beantragt noch eingerichtet. Damit ist der Luftraum über dem Landeplatz wie der Luftraum außerhalb einer Kontrollzone zu behandeln. Der Luftfahrzeugführer der MIG 29 hatte den Auftrag, im Rahmen des taktischen Ausbildungsprogramms einen Übungseinsatz im niedrigen Höhenband durchzuführen. Nach dem Start in Preschen stieg er auf eine Flughöhe von 400 m (ca. 1 200 Fuß). In dieser Höhe wurde der Flugplatz Finsterwalde etwa 5 Minuten später überflogen. Nach dem derzeit gültigen Luftrecht hätte der Landeplatz Finsterwalde in einer für den militärischen Tiefflug zulässigen Höhe von mindestens 1 000 Fuß (300 m) überflogen werden können. Im vorliegenden Fall wurde durch das Einhalten einer Flughöhe von 400 m der zulässige Rahmen nicht ausgeschöpft. Ein Fehlverhalten des Bundeswehrpiloten kann somit nicht festgestellt werden. Zu Frage 24: Die MIG 29 startete um 15.30 Uhr vom Flugplatz Preschen, überflog gegen 15.35 Uhr den Flugplatz Finsterwalde und landete um 16.55 Uhr auf dem Zielflugplatz Pferdsfeld. Anlage 22 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Fragen der Abgeordneten Lydia Westrich (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 25 und 26): Was unternimmt die Bundesregierung, damit eine privatwirtschaftliche Nutzung der bisher militärisch genutzten Pipelines und Tanklager in der Westpfalz ermöglicht werden kann (Tanklager in Hinterweidenthal, Bedesbach und Walshausen), die zur Zeit von der Fernleitungsbetriebsgesellschaft des Bundes betrieben werden, und ist in diesem Zusammenhang die Bundesregierung bereit, dieses als Konversionsprojekt zu fördern und zu behandeln? Wie hoch sind die Transportkosten pro Tonne über das Pipelinesystem im Vergleich zu den Kosten beim Transport auf der Straße bzw. auf der Schiene, und wie viele Arbeitsplätze könnten bei privatwirtschaftlicher Nutzung erhalten und neu geschaffen werden? Zu Frage 25: Seit 1989 werden jährlich ca. 1 Million Kubikmeter Kraftstoffe für private Auftraggeber im Central European Pipeline System transportiert. Die zuständigen NATO-Gremien sowie die nationalen Betriebsgesellschaften unternehmen erhebliche Anstrengungen, um zusätzliche private Kunden zur günstigeren Auslastung des Pipeline-Systems zu finden. Der Flughafen Rhein-Main konnte als Großkunde gewonnen werden, die Verträge sind zwischenzeitlich unterzeichnet. Der Anschluß weiterer Großabnehmer ist grundsätzlich möglich. Für die Tanklager Hinterweidenthal und Bedesbach besteht kein militärischer Bedarf mehr. Nach Abgabe der Liegenschaften aus dem NATO-Bestand und Prüfung des Bedarfes der Bundeswehr werden sie in das allgemeine Grundvermögen des Bundes übergeben werden. Unter Berücksichtigung der vorgegebenen Fristen wird die Abgabe nicht vor Ende 1995 realisiert werden können. Es ist vorgesehen, das Tanklager Walshausen (Zweibrücken) zu erhalten, eine zivile Mitbenutzung ist grundsätzlich möglich. Die Umsetzung von Konversionsprogrammen ist allein Sache der Bundesländer. Die Bundesregierung ist den Ländervorstellungen durch den Kompromiß zum Steueränderungsgesetz 1992 entgegengekommen. Ausweislich des Protokolles der Bundesratssitzung am 14. Februar 1992 wurde der Anteil der Bundesländer an der Mehrwertsteuer von 35 auf 37 Prozent ausdrücklich im Zusammenhang mit der Konversion erhöht. Zu Frage 26: Transporte für private Kunden können in Verbindung mit militärischen Transporten zu Tarifen angeboten werden, die den Transporten auf der Straße, Schiene und Wasserstraße entsprechen. Durch das Pipelinesystem wird keine Konkurrenz zu Niedrigpreisen geschaffen. Die Frage der Arbeitsplätze nach einer möglichen Privatisierung von Anlagenteilen kann leider nicht beantwortet werden, da dies letztlich in der Hand der dann zuständigen privaten Betreiber liegt. Anlage 23 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Frage des Abgeordneten Jürgen Augustinowitz (CDU/CSU) (Drucksache 12/7990 Frage 27): Wie beurteilt die Bundesregierung die Anti-WehrdienstBeratung eines P. Z. aus Waldshut, und was tut die Bundesregierung gegen diese wehrkraftzersetzenden Aktivitäten? Die Anti-Wehrdienst-Beratung des Herrn Peter Z. ist bereits im Jahre 1990 Gegenstand eines gegen ihn geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gewesen. Durch die zuständige Staatsanwaltschaft wurden der Straftatbestand der verfassungsfeindlichen Einwirkung auf die Bundeswehr (§ 105 StGB), der Straftatbestand der öffentlichen Aufforderung zu Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20691* Straftaten (§ 111 StGB) sowie die Anstiftung bzw. Beihilfe zur Wehrpflichtentziehung durch Täuschung (§ 109a StGB) geprüft. Die rechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft hat ergeben, daß die Herausgabe des sogenannten Anti-WehrdienstReports keine strafbare Handlung darstellt. Das bedeutet für die Bundesregierung, daß mit den Mitteln des Strafrechts nicht gegen die Aktivitäten des Herrn Peter Z. vorgegangen werden kann, sofern sie sich im bisherigen Rahmen halten. Die Kreiswehrersatzämter und insbesondere die Musterungsärzte sind über die auf Täuschung angelegten Vorschläge des Herrn Peter Z. informiert. Anlage 24 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen der Abgeordneten Uta Würfel (F.D.P.) (Drucksache 12/7990 Fragen 28 und 29): Stehen die Risikoabwehrmaßnahmen für in der Homöopathie verwendete Stoffe, wie z. B. Stufenplanverfahren, die sich häufig auf an Labortieren unter überhöhten Dosen der Stoffe beobachtete mutagene Wirkungen stützen, in angemessenem Verhältnis zu der tatsächlich beobachteten Zahl von Nebenwirkungen durch diese Stoffe in der Praxis? Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß auch für die Nachzulassung homöopathischer Tierarzneimittel Sachverständige hinzuzuziehen sind, die auf dem Gebiet der Toxikologie vor allem biogener Stoffe, wie sie in der Homöopathie verwendet werden, gearbeitet haben? Zu Frage 28: Die Überprüfung des mutagenen Potentials eines Stoffes ist ein Verfahren, das für allopathische wie für homöopathische Arzneimittel angewendet werden muß. Die Erfassung des mutagenen Potentials geschieht nach wissenschaftlichen Kriterien, die für alle Stoffe gleich sein müssen. Da der Kausalzusammenhang zwischen dem mutagenen Potential und einer beispielsweise tumorigen Eigenschaft einer Substanz durch das Auftreten von Tumoren wegen der langen Latenzzeit im Regelfalle nicht mehr hergestellt werden kann, kann zu den in der Praxis durch solche Stoffe verursachten Nebenwirkungen keine Aussage gemacht werden. Insofern müssen an Stoffe, die mutagene bzw. genotoxische Eigenschaften haben, im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes strenge Maßstäbe im Zulassungsverfahren sowie im Rahmen des Stufenplanverfahrens angelegt werden. Zu Frage 29: Derzeit sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit, die Zusammensetzung der Kommission F und ihrer Untergruppe Homöopathische Arzneimittel zu verändern. In dieser Kommission ist genügend Sachverstand vorhanden, um auch die Fragen der Toxikologie „biogener" Stoffe zu beantworten. Anlage 25 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen der Abgeordneten Anneliese Augustin (CDU/CSU) (Drucksache 12/7990 Fragen 30 und 31): Wie hat sich die Zahl der BTM (Betäubungsmittel)-Rezepte nutzenden Ärzte nach Inkrafttreten der 5. BetäubungsmittelVerschreibungsverordnung im Verhältnis zu den beiden Vorjahren entwickelt, und wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung im Hinblick auf das Ziel der Novelle, die Versorgung schwerstkranker Patienten mit hochwirksamen Schmerzmitteln zu verbessern? Hält die Bundesregierung Ärzte und Patienten für ausreichend über die veränderten Möglichkeiten informiert, zum Wohle der Patienten Betäubungsmittel zu verschreiben, und plant die Bundesregierung gegebenenfalls, eine eigene Informationskampagne zu starten? Zu Frage 30: Bis Ende 1992 hatten 77,8 % aller niedergelassenen Ärzte mindestens einmal Betäubungsmittelrezepte beim Bundesgesundheitsamt angefordert. Neuere Zahlen liegen z. Zt. noch nicht vor, jedoch ist aufgrund der Auswirkungen der 4. und 5. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung von einem weiteren Anstieg dieser Zahl auszugehen. Nach Einschätzung der Bundesregierung ist für die bessere Versorgung schwerstkranker Patienten eine qualifizierte Aus-, Fort- und Weiterbildung insbesondere der niedergelassenen Ärzte auf dem Gebiet der Schmerztherapie erforderlich. Dies ist eine Aufgabe der Ärzteschaft. Die Bundesregierung hat dafür gesorgt, daß die Schmerztherapie seit 1990 Prüfungsfach bei der ärztlichen Ausbildung ist. Neuere Zahlen werden schriftlich nachgereicht. Zu Frage 31: Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Medien regelmäßig über die erweiterten Verschreibungsmöglichkeiten für Betäubungsmittel informiert. Die allgemeine und die Fachpresse haben hierüber ausführlich berichtet (vgl. z. B. Rheinisches Ärzteblatt vom 25. März 1993, S. 221 ff. und Deutsches Ärzteblatt vom 18. Juni 1993 S. 1861 ff.). Die Beseitigung der noch bestehenden Defizite in der Schmerzbehandlung ist in erster Linie eine Aufgabe der ärztlichen Organisationen im Rahmen der Fortbildung. Die Bundesregierung geht davon aus, daß diese Aufgabe erfüllt wird. Die Bundesregierung wird die Ärzteschaft dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Manfred Carstens auf die Frage des Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/ CSU) (Drucksache 12/7990 Frage 32): Wie ist der Stand der Vorbereitungen für den Ausbau der Schnellbahntrasse Mannheim-Paris auf französischer Seite im Bereich des Teilstücks zwischen der deutsch-französischen Grenze und dem Trennpunkt der aus Paris kommenden Trasse bis Metz, wo diese sich in Richtung Saarbrücken-Mannheim gabelt? Die französische Regierung hat am 23. September 1993 beschlossen, den Bau der Schnellbahnverbin- 20692* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 dung Paris-Ostfrankreich-Südwestdeutschland auf französischem Gebiet in zwei Stufen zu realisieren. Zwischen Paris und dem Moseltal im Raum Metz/ Nancy einerseits und zwischen Saarburg durch die Vogesen nach Straßburg andererseits soll eine Neubaustrecke bis zum Jahr 2000 fertiggestellt werden. Danach ist der Neubau im dazwischen liegenden Bereich einschließlich eines neuen Abzweigs in Richtung Saarbrücken vorgesehen. Mit diesem Vorgehen ist eine gleichwertige Anbindung sowohl über Saarbrücken wie über Straßburg an das deutsche Hochgeschwindigkeitsnetz gegeben. Hier wird die Fertigstellung der deutschen Abschnitte Saarbrücken-Mannheim und Kehl-Appenweier zeitlich parallel angestrebt, so daß im Jahr 2000 zwischen beiden Ländern der durchgehende Hochgeschwindigkeitsverkehr über beide Äste aufgenommen werden kann. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Manfred Carstens auf die Fragen des Abgeordneten Christoph Matschie (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 33 und 34): Wann soll nach den Planungen der Bundesregierung mit dem beschlossenen Ausbau der Schienenverbindung Weimar-JenaGera-Lauchau-Chemnitz begonnen werden, und welcher Ausbaustandard ist dabei vorgesehen? Wird sich die Bundesregierung beim Ausbau der A 4 im Raum Jena-Lobeda für eine Absenkung und Deckelung der Trasse einsetzen, nachdem das Autobahnamt Thüringen festgestellt hat, daß eine Deckelung nur etwa 12 % Mehrkosten verursacht? Zu Frage 33: Die Bundesregierung hat die Bahn gebeten, für die Schienenverbindung Paderborn-Bebra-Erfurt-Weimar-Jena-Chemnitz eine Gesamtkonzeption für den Ausbau und den Betrieb zu erarbeiten. Nach den bisherigen Erkenntnissen beabsichtigt die Deutsche Bahn AG, den Abschnitt Weimar-Jena-Gera-Glauchau in Stufen auszubauen. Mit den ersten Arbeiten wurde bereits begonnen. Mittelfristig ist der Einsatz von modernen Fahrzeugen mit Neigetechnik in der Relation Ruhrgebiet-Erfurt-Gera-Dresden vorgesehen. Zu Frage 34: Das Bundesministerium für Verkehr hat die Auftragsverwaltung Thüringen beauftragt, den sechsstreifigen Ausbau der A 4 im Raum Jenau-Lobeda untersuchen zu lassen und die Ergebnisse in einer Entscheidungsvorlage vorzulegen. Erst wenn diese Ergebnisse vorliegen, kann das Bundesministerium für Verkehr unter Abwägung der Belange Verkehr, Ökologie, Stadtentwicklung und Wirtschaftlichkeit die endgültige Ausbaukonzeption festlegen und auch über notwendige Einhausungen der A 4 entscheiden. Die Entscheidungsvorlage der Auftragsverwaltung Thüringen liegt dem Bundesministerium für Verkehr bisher nicht vor. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Helga Otto (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 35 und 36): Hat die Bund-Länder-Kommission (BLK) den Ländern ausreichend Mittel für das WissenschaftlerintegrationsprogrammHochschulerneuerungsprogramm (WIP-HEP) übergeben, so daß für die WIP-Gefährdeten die Vordienstzeiten bis 1996 auch finanziell abgesichert waren? Wie ist die Anerkennung der Vordienstzeiten für die Wissenschaftler, welche im WIP-HEP-Programm integriert worden sind, bei Integration in Hochschulen/Fachhochschulen/Universitäten, bei Integration in Fraunhofer-Gesellschaft, Großforschungseinrichtungen und bei Integration in sonstige Einrichtungen geregelt? Zu Frage 35: Für das Wissenschaftler-Integrationsprogramm (WIP) sind im Rahmen des Hochschulerneuerungsprogramms (HEP) insgesamt 600 Millionen DM vorgesehen, an denen sich der Bund mit rd. 444,4 Millionen DM (75 %) beteiligt. Die Finanzierung/Einstufung der WIP-Geförderten in den Jahren 1992 und 1993 (vor der Integration) erfolgte durch KAI e. V. auf der Grundlage der Vorschriften des BAT-Ost. Ab 1994 (nach der Integration) ist die gehaltliche Einstufung Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarung zwischen den WIP-Geförderten und der jeweiligen Hochschule. Zur Unterstützung des Integrationsprozesses werden gemäß Beschluß der BLK vom 15. März 1993 ab 1994 im Rahmen des HEP Mittelpauschalen pro Integrationsfall 97 TDM (Berlin-West: 116 TDM) je Wissenschaftler, 50 TDM (Berlin-West: 62,5 TDM) je Nichtwissenschaftler, die neben der Deckung der Personalkosten einen Sachkostenanteil von 20 TDM enthalten, bereitgestellt. Es ist vorgesehen, die Höhe dieser Pauschalen auch für das Jahr 1995 vorzuschreiben. Mit der pauschalen Mittelzuweisung ist nur der Mittelfluß zwischen dem Bund und den einzelnen Ländern geregelt, die Ausstattung der Hochschulen zur Finanzierung der Integrierten sowie der differenzierte Einsatz der Fördermittel je nach arbeitsvertraglicher Gestaltung obliegt dem jeweiligen Land bzw. der jeweiligen Hochschule. Zu Frage 36: Die Anerkennung von Vordienstzeiten für die im Rahmen des WIP, das Teil des HEP ist, geförderten Wissenschaftler durch die Länder richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften des BAT-O, der u. a. Übergangsvorschriften für die Berücksichtigung von Zeiten vor dem 1. Januar 1991 enthält. Wie ich vor kurzem dem Kollegen Bartsch zur gleichen Thematik mitgeteilt habe, haben sich in der Vergangenheit Probleme daraus ergeben, daß nach den einschlägigen Bestimmungen bei einem Mitarbeiterwechsel zwischen privatrechtlich verfaßten Forschungseinrichtungen und dem öffentlichen Dienst im engeren Sinne — also inbesondere den Hochschulen — teilweise Zeiten nicht anerkannt wurden, die in der bisherigen Forschungseinrichtung oder zuvor in einem Institut der ehemaligen Akademie der Wissenschaften (AdW) absolviert wurden. Dies betraf auch WIP-geförderte Personen, mit denen die von den Ländern gegründete KAI e. V. nach Auflösung der AdW-Institute Arbeitsverträge abgeschlossen hatte und die anschließend zu einer Hochschule wechselten. Nach einer zunächst gemeinsam mit der BundLänder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) erfolglosen Initiative konnte das BMFT inzwischen erreichen, daß sich das Bundesministerium des Innern und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder damit einverstanden erklärt haben, daß bei einer privatrechtlich verfaßten Forschungseinrichtung und bei KAI e. V. verbrachte Zeiten bei einem Wechsel zu anderen Forschungseinrichtungen und Hochschulen weitgehend anerkannt werden können. Bei einem Wechsel in Forschungseinrichtungen (einschließlich der Fraunhofer-Gesellschaft), die unter Federführung des Bundes gemeinsam gefördert werden, bleiben auch Vordienstzeiten bei der AdW erhalten, die von der bisherigen Forschungseinrichtung bzw. KAI e. V. bereits anerkannt waren. Für die Hochschulen entscheidet hierüber jedes Land in eigener Zuständigkeit. Das BMFT hat die für die Wirtschaft und Forschung zuständigen Landesministerien auf die Praxis des Bundes hingewiesen und empfohlen, ähnlich zu verfahren. Darüber hinausgehende rechtliche Möglichkeiten hat die Bundesregierung nicht. Die Bundesregierung hat damit die im Rahmen ihrer Zuständigkeit möglichen Initiativen bereits ergriffen. Ein darüber hinausgehender Handlungsbedarf wird gegenwärtig auf Bundesseite nicht gesehen. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bernd Neumann auf die Frage des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 12/7990 Frage 37): Wie beurteilt die Bundesregierung die Befürchtungen, wie sie in der „Wirtschafts-Woche" vom 3. Juni 1994 geäußert werden, daß die deutsche Industrie gegenüber den amerikanischen und japanischen Anbietern technologisch im Bereich Hochtemperatur-Supraleiter ins Hintertreffen geraten wird, und hält sie eine verstärkte Förderung der Forschung sowie Anreize für die Anwender dieser Technologie für notwendig? Unmittelbar nach Entdeckung der neuen Hochtemperatur-Supraleiter im Jahre 1986 hat die Bundesregierung die Erforschung und Entwicklung dieser vielversprechenden Technologie verstärkt gefördert. Neben der Grundlagenforschung wurde von Anfang an die industrielle Verbundforschung stimuliert; von 1989 bis heute hat das BMFT ca. 250 Millionen DM an Projektmitteln für den neuen Förderschwerpunkt Supraleitung aufgewendet, die Industrie etwa 150 Millionen. Auch die BMFT-Analysen zu den Schlüsseltechnologien für das 21. Jahrhundert weisen den Technologien der Supraleitung eine zentrale Rolle — ähnlich den Halbleitertechnologien in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts — zu. Es ist der deutschen Forschung in Universitäten, staatlichen Forschungseinrichtungen und auch in der Industrie gelungen, Anschluß an die weltweite Entwicklung zu halten und in Einzelfällen sogar Spitzenleistungen zu erbringen. Mit Voranschreiten der Entwicklung dieser Technologie ist ein zunehmend stärkeres Engagement der potentiellen Anwender vonnöten, wie es in den genannten Ländern bereits feststellbar ist. Die Bundesregierung unterstützt weiter die Entwicklung dieser Technologie und sucht gleichzeitig die Einbeziehung potentieller Anwender. Dabei ist ihr klar, daß mit höheren Entwicklungsstufen auch der notwendige finanzielle Aufwand ansteigt. Da der wirtschaftliche Einsatz supraleitender Komponenten und Systeme in größerem Umfang ganz offensichtlich noch in weiterer Ferne liegt und mit entsprechenden Risiken behaftet ist, wird auch die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten bis auf weiteres einen maßgeblichen Beitrag leisten. Das schließt notwendige, stärker anwendungsorientierte Forschungsarbeiten in den Großforschungseinrichtungen mit ein. Die Bundesregierung kann dieses aber nur rechtfertigen, wenn auch die industriellen Anwender ihr ernstes Interesse am Einsatz dieser Technologie durch ein verstärktes Engagement dokumentieren. Anlage 30 Antwort des Staatsministers Anton Pfeifer auf die Fragen des Abgeordneten Hans Wallow (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 38 und 39): Welche Gesamtkosten entstehen dem Steuerzahler anläßlich des Besuches des Bundeskanzlers und seiner Delegation bei der Fußballweltmeisterschaft 1994 in den USA? In welcher Höhe und mit welcher Begründung nehmen der Bundeskanzler und die Bundesregierung finanzielle Unterstützung oder sonstige geldwerte Leistungen (Finanzierung des Airbusfluges laut Süddeutscher Zeitung vom 16. Juni 1994) für die Reise des Bundeskanzlers und seiner Delegation zur Fußballweltmeisterschaft 1994 entgegen? Die Reise des Bundeskanzlers zum Eröffnungsspiel der XV. Fußballweltmeisterschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika diente wesentlich dazu, ein Zeichen für die große gesellschaftliche und völkerverbindende Wirkung des Sports und insbesondere auch des Fußballs zu setzen. Zahllose Anrufe und Briefe an den Bundeskanzler sowie die überwiegende Mehrheit der Berichterstatter in Presse, Funk und Fernsehen haben dieses Signal verstanden. Der Deutsche Fußballbund als größter Fachverband des deutschen Sports verdient die Unterstützung der Bundesregierung und auch des Deutschen Bundestages, die in der Mitreise von Abgeordneten aller Fraktionen des Deutschen Bundestages ihren Ausdruck fand. Dies sollte, so denke ich, zwischen uns unstreitig sein. Darüber hinaus hat der Bundeskanzler die Reise auch zum politischen Meinungsaustausch vor allem mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika genutzt. Der Bundeskanzler hat eine Reihe von Persönlichkeiten des Sports eingeladen, ihn auf dieser Reise zu begleiten. Es handelte sich dabei vor allem um ehrenamtlich in der Vereinsarbeit Tätige sowie andere in 20694* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 besonderer Weise gesellschaftlich engagierte Personen, ehemalige und heute noch aktive Sportlerinnen und Sportler aus den Bereichen Fußball und Leistungssport der Behinderten. Der Bundeskanzler hat diese stellvertretend für viele eingeladen, um Dank zu sagen für ihren Einsatz in der Gesellschaft sowie für die gute, über das Sportliche hinausgehende Repräsentanz als Botschafter unseres Landes. Durch die Mitreise dieser Gäste wurden keine den Bundeshaushalt belastenden Kosten verursacht. Sie wurden von einem Sponsor übernommen. Nicht zuletzt deshalb ist die erbetene Angabe der Gesamtkosten nicht möglich. Die Flugbereitschaft der Bundeswehr, die den Mitgliedern der Bundesregierung zur Verfügung steht, hat den Flug durchgeführt. Dafür werden Haushaltsmittel in den jährlichen Bundeshaushalt eingestellt, die vom Parlament gebilligt werden. Eine Einzelabrechnung der Flüge erfolgt nicht. Der Bundeskanzler wird auch in Zukunft im Interesse unseres Landes seine Unterstützung des Sports durch persönlichen Besuch nationaler und internationaler Sportveranstaltungen von hohem Rang dokumentieren. Anlage 31 Antwort des Staatssekretärs Dieter Vogel auf die Fragen des Abgeordneten Ludwig Eich (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 40 und 41): Auf welcher Rechtsgrundlage verweigert die Bundesregierung dem Parlament das grundgesetzlich verankerte Recht auf Information über Art und Tätigkeit der Ferenczy Publicity GmbH, die im Auftrag des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung und mehrerer Ressorts Öffentlichkeitsarbeit betreibt? Mit welcher rechtlichen Begründung verweigert die Bundesregierung dem Parlament das grundgesetzlich verankerte Recht auf Information bei der namentlichen Nennung der Medien, die Ergebnisse der Öffentlichkeitsarbeit der Ferenczy Publicity GmbH veröffentlicht haben, obwohl im Mai dieses Jahres die Angaben über die Resultate (Veröffentlichungen jeglicher Art) dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung vorgelegt wurden? Als Antwort auf eine entsprechende Frage des Abgeordneten Wallow, hatte ich bereits am 21. April 1994 mitgeteilt, daß die Ferenczy Publicity GmbH im Auftrag des Bundespresseamtes 1993 Beiträge zu Fragen der Einigung Europas vor allem aus osteuropäischer Sicht sowie zur inneren Einheit und dem Standort Deutschland geschrieben und an Zeitungen und Illustrierte weitergegeben hat. Das Prinzip des Vertrauensschutzes gebiete es, abdruckende Medien nicht zu nennen. Diesen Vertrauensschutz hätten auch Vorgänger-Regierungen bei vergleichbaren Fragen in Anspruch genommen. Die mit diesem Vertrauensschutz verbundene Auskunftseinschränkung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Regierung, wenn dem im Einzelfall wichtige Gründe entgegenstehen: Dazu gehören Berufs- und Geschäftsgeheimnisse i. S. v. § 203 Abs. 2 StGB. Im vorliegenden Fall gehören neben Kalkulationen, Auftragssummen und Vergütungen auch die Abdrucklisten zu den besonderen schützenswürdigen Interessen. Die geschäftliche Basis für solche Spezialagenturen liegt gerade darin, daß sie mit ihren Informationen und Handreichungen bestimmte Mediensegmente besser als andere erreicht. Eine Veröffentlichung von Abdrucklisten würde daher der Agentur im Verhältnis zu ihren Geschäftspartnern schaden und potentiellen Mitbewerbern nutzen. Deshalb werden im Presseamt seit Jahrzehnten Vorgänge wie die Zusammenarbeit mit der Ferenczy Publicity GmbH unter „VS-NfD" eingestuft. Der Vollständigkeit halber füge ich hinzu, daß in den Bundesministerien 1993 nach eigenen Angaben keine vertraglichen Beziehungen zu dieser Agentur unterhalten wurden. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dieter Vogel auf die Fragen der Abgeordneten Verena Wohlleben (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 42 und 43): Welche Medien wurden mit welchen Inhalten vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und den Ressorts im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Europa in der Vorwahlzeit zur Bundestagswahl, also ab dem 16. Februar 1994, eingesetzt? In welcher anderen Form — z. B. bezahlte journalistische Beiträge in Printmedien, Rundfunk- und Fernsehsendungen — erfolgte neben den Anzeigen und Beiheftern die Information über das Thema Europa in der Zeit vom 10. April 1994 im Auftrag des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung oder einzelner Bundesministerien? Zu Frage 42: Das Presse- und Informationsamt hat im Herbst 1993 eine gemeinsame Öffentlichkeits-Aktion zur Europawahl mit dem Deutschen Bundestag sowie dem Informationsbüro des Europäischen Parlaments und der EU-Vertretung in Bonn verabredet und bis Mitte Mai 1994 durchgeführt. Diese Aktion „Wählen gehen!" war strikt überparteilich ausgerichtet. Sie hatte das Ziel, in der Gesamtdarstellung des europäischen Einigungsprozesses die wichtige Rolle des Europäischen Parlaments darzustellen. Ferner ging es darum, die demokratische Substanz in der Europäischen Union weiter zu stärken, auch durch die Beteiligung der wahlberechtigten Frauen und Männer an der Europawahl am 12. Juni 1994. Diese Aktion fand wegen ihres hohen informativen Gehalts breite Anerkennung — von der internationalen Wochenzeitung „The EUROPEAN", die in einer vergleichenden Darstellung der Öffentlichkeitsarbeit in den EU-Staaten der deutschen Informationsaktion eine „best geplante" und „gediegene Arbeit" bescheinigte, bis hin zur SPD-Wahlkampfzeitung ZaS, die in ihrer Ausgabe vom 12. Juni 1994 eine Doppelseite veröffentlichte, die dominiert wurde von dem Plakatmotiv der Aktion „Wählen gehen!" (Europa-Ballon im Aufwind) und von neun prominenten Schauspielern und Fernsehmoderatoren, die für Europa und die Europawahl werben: Sie wurden wörtlich übernommen von den Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20695* Anzeigen unserer gemeinsamen Aktion „Wählen gehen!". Die Aktion „Wählen gehen! " hat gemeinsame Aktivitäten vor allem in folgenden Bereichen durchgeführt: — Anzeigenaktion in 26 Publikumszeitschriften mit Hinweisen zur Wahl. — Schwarz-weiß-Anzeigen in den Tageszeitungen der neuen Bundesländer (1/4 Seite). — Achtseitiger Beihefter in Programmzeitschriften; Inhalt: Bitte wählen! — Plakate mit den Motiven „Aufwind für Europa" und den „Kurs bestimmen". — Kinospot, der sich im wesentlichen an jugendliche Zuschauer (Erstwähler) richtet. Auch hier Inhalt: An der Wahl teilnehmen ist wichtig. — TV-Spots, die in Zusammenarbeit mit der Europäischen Bewegung Deutschland produziert wurden; sie wurden von öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehanstalten ausgestrahlt. — Sonderauflage der Broschüre „Europa vor der Wahl '94". Diese und weitere Materialien waren zwischen den Teilnehmern der Aktion „Wählen gehen!" abgestimmt. Sie trugen als Absender jeweils den Hinweis auf die vier Kooperationspartner. Das Auswärtige Amt und das Bundeswirtschaftsministerium haben im herkömmlichen Umfang Broschüren mit Europathemen herausgegeben. Zur Klarstellung noch eine Anmerkung: Die sogenannte Vorwahlzeit zur Bundestagswahl läuft nicht, wie in der Frage unterstellt, ab 16. Februar, sondern ab 16. Mai 1994. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Urteil vom 2. März 1977 den Zeitpunkt, an dem der Bundespräsident den Wahltag bestimmt, lediglich als „Orientierungspunkt" für den Beginn der Vorwahlzeit angesprochen. Im Rahmen ihrer Aufgabe, die für die Öffentlichkeitsarbeit gesetzten Grenzen näher zu konkretisieren, haben sich Bund und Länder bereits 1977 geeinigt, die Vorwahlzeit auf fünf Monate festzulegen, und sie haben dies seitdem auch so praktiziert. Zu Frage 43: In dem in der Frage angesprochenen Zeitraum wurden lediglich zehn Rundfunk-Beiträge produziert, die insbesondere privaten Rundfunksendern zur Ausstrahlung angeboten wurden. Es handelte sich um Informations-Beiträge mit Originaltönen, zum Beispiel Interview mit dem Bundeswahlleiter. Bei den Beiträgen wurde jeweils auf die Finanzierung durch das Bundespresseamt hingewiesen. Außerdem wurde monatlich eine halbe Reproseite (in Zusammenarbeit mit der Standortpresse) hergestellt, die kleinen Tageszeitungen und Anzeigenblättern zur Verfügung gestellt wurde. Andere Ressorts haben diese Form der Informationsvermittlung nicht praktiziert. Anlage 33 Antwort des Staatssekretärs Dieter Vogel auf die Fragen des Abgeordneten Karl Diller (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 44 und 45): Wie begründet die Bundesregierung die massive Verbreitung von Anzeigen, Plakaten, Beiheftern und Beilagen sowie Broschüren in der Zeit vom 10. April bis 13. Juni 1994 zu den Themen Europa, Renten, Pflegeversicherung und Ausbildungsförderung in wöchentlichen Abständen? Welche Gesamtbeträge wurden seit dem 15. Februar 1994 für die Öffentlichkeitsarbeit im Inland und Ausland (Zielgruppe der im Ausland lebenden Deutschen) zum Thema Europa von der Bundesregierung ausgegeben? Zu Frage 44: Ihrer Frage entsprechend möchte ich die Antwort in vier Abschnitte gliedern: Europa: Für „Informationspolitische Maßnahmen zum europäischen Einigungsprozeß" hat der Deutsche Bundestag einen eigenen Haushaltstitel (536 02) eingerichtet. Das Europäische Parlament gewinnt im europäischen Einigungsprozeß zunehmend an Bedeutung. Es war deshalb notwendig, durch eine Vielzahl von informativen Anzeigen die Rolle des Europäischen Parlaments herauszuarbeiten, um so die Wahlberechtigten zur Stimmabgabe und damit zur Stärkung der demokratischen Substanz der Europäischen Union zu motivieren. Renten: Am 11. März 1994 wurde die Rentenanhebung in ganz Deutschland zum 1. Juli 1994 bekanntgemacht. Aus diesem akuten Anlaß wurde in Anzeigen das Zustandekommen der in Ost und West unterschiedlichen Rentenanpassungen erläutert. Zur Gesamtaktion gehörten auch zwei erläuternde Broschüren, die auf Anfrage abgegeben wurden. Mit der Anzeigenaktion wurde wegen der Wahltermine (13. März Niedersachsen, 20. März Schleswig-Holstein) erst am 21. März begonnen; sie wurde am 24. April 1994 beendet. Pflegeversicherung: Das Pflegeversicherungsgesetz wurde am 29. April 1994 vom Bundesrat verabschiedet. Aus diesem akuten Anlaß wurde die Information der betroffenen Bürgerinnen und Bürger in der Tages- und Wochenpresse aufgenommen. Die Aktion war auf einen Zeitraum von drei Wochen — 2. Mai bis 24. Mai (Pfingsten) — begrenzt. Die zum Thema Pflegeversicherung ebenfalls entwickelten Broschüren wurden auf Anfrage abgegeben. Ausbildungsförderung: Die zeitliche Konzentration der Anzeigenaktion zur Steigerung der Ausbildungsbereitschaft in den neuen Bundesländern (Motto „Was machen! ") hängt sachlich mit dem Ende des Schuljahres zusammen. Erfah- 20696* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 rungsgemäß sind das Interesse und die Aufmerksamkeit für Fragen der Berufsausbildung in dieser Zeit besonders groß. Eine Kampagne, deren Schwerpunkt — wie schon in den letzten Jahren — in diesen Zeitraum gelegt wird, ist deshalb besonders effizient. Zu Frage 45: Für die im Ausland lebenden Deutschen sind vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung keine Informationsmaßnahmen durchgeführt worden. Im Inland wurden für „Informationspolitische Maßnahmen zum europäischen Einigungsprozeß", so die Zweckwidmung des vom Deutschen Bundestag eingerichteten Haushaltstitels 536 02, in der ersten Jahreshälfte 1994 rund 15 Millionen DM eingesetzt. Davon wurden rund 12 Millionen DM für die „Aktion wählen gehen!" zur Verfügung gestellt. Anlage 34 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Claus Jager (CDU/CSU) (Drucksache 12/7990 Frage 46): Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung eingedenk deutscher Botschaftsflüchtlinge 1989 in Prag gegenüber der kubanischen Regierung ergreifen, um sicherzustellen, daß die in der deutschen Botschaft in Havanna befindlichen kubanischen Flüchtlinge das Land ungehindert verlassen können, wenn sie die Botschaft verlassen haben? Die Bundesregierung bemüht sich gemeinsam mit ihren europäischen Partnern um eine schnelle Lösung des Problems der Botschaftsflüchtlinge in Havanna, von dem neben Deutschland u. a. auch Belgien betroffen ist. Die Troika der Missionschefs der EU in Havanna ist am 15. Juni 1994 bei der amtierenden Außenministerin, Vize-Außenministerin Allende, vorstellig geworden. In dem Gespräch wurde die kubanische Zusage erbeten, daß die Flüchtlinge nach Verlassen der Botschaften wegen des Eindringens in die Missionen weder strafrechtlich verfolgt, noch auf irgendeine Weise diskriminiert werden. Außerdem wurde auf die Absicht der europäischen Botschaften hingewiesen, gemeinsam die Einhaltung der Zusagen der kubanischen Regierung aufmerksam zu verfolgen und den Flüchtlingen die Möglichkeit einzuräumen, sich wegen Nichteinhaltung der Zusagen an jede der EU-Botschaften vor Ort zu wenden. Die Bundesregierung und die anderen EU-Partner erwarten, daß die kubanische Regierung die geforderten Zusicherungen in Kürze förmlich bestätigt. Die kubanische Regierung hat im übrigen wiederholt versichert, daß alle Kubaner, die dies wünschen, ein reguläres Ausreiseverfahren betreiben können. Wir werden darauf achten, daß dies auch gegenüber den sich derzeit in der deutschen Botschaft befindenden Kubanern eingehalten wird. Anlage 35 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Klaus Kübler(SPD) (Drucksache 12/7990 Frage 47): Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse der von der Internationalen Juristenplattform (IPJ) durchgeführten ersten internationalen Ost-Timor-Konferenz in Manila, und inwieweit wird sie diesen in den bilateralen Beziehungen zu Indonesien Rechnung tragen? Die Bundesregierung hat die Ergebnisse der Konferenz mit Interesse zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß nur mit Beteiligung der indonesischen Regierung, die auf der Konferenz nicht vertreten war, eine Verbesserung der Lage in Osttimor erreicht werden kann. Die Bundesregierung verweist auf die von der EU-Troika (B, GR, D) getragene einvernehmliche Erklärung ( „ chairman's statement") zu OstTimor auf der VN-Menschenrechtskonferenz in Genf im März 1994. Die Bundesregierung wird darauf achten, daß die indonesische Regierung den dort eingegangenen Verpflichtungen nachkommt. Anlage 36 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 12/7990 Fragen 48 und 49): Wie beurteilt die Bundesregierung Vorschläge, im Rahmen der Europäischen Union eine Initiative zur Ortung und Beseitigung von Landminen zu ergreifen und dabei die Einsatzmöglichkeiten luftgestützter Mikrowellentechnik, die vom EMSL (European Microwave Signature Laboratory) in Ispra getestet werden könnte, zu prüfen? Welche Vorschläge hat die Bundesregierung in Sachen Minenbeseitigung für den unter VN-Schirmherrschaft stehenden „Export Workshop on Ordnance Recovery and Disposal in the Framework of International Operations" in Stockholm vorbereitet und eingebracht? Zu Frage 48: Der Bundesregierung sind Vorschläge, im Rahmen der Europäischen Union eine Initiative zur Ortung und Beseitigung von Landminen zu ergreifen, bisher nicht bekannt geworden. Die EU hat jedoch eine Initiative im Rahmen der VN ergriffen, einen Fonds zur Minenbeseitigung zu schaffen. Hierzu wird der VN-Generalsekretär voraussichtlich in der kommenden VN-Generalversammlung Stellung nehmen. Das Bundeskabinett hat am 8. Juni 1994 ein Exportmoratorium für Anti-Personen-Minen beschlossen. Mit diesem Beschluß entspricht die Bundesregierung auch einer einstimmig angenommenen Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen (48/75 K), in welcher die Staaten zur Verhängung eines Exportmoratoriums für Anti-Personen-Minen aufgefordert werden, Die Bundesregierung will mit Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 235. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1994 20697* diesem Beschluß auch einen Anstoß geben für eine Verbesserung des Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen. Das Übereinkommen — insbesondere dessen sog. Minenprotokoll — ist unzureichend. Es gilt bisher nicht für innerstaatliche Konflikte und zählt erst 40 Vertragsstaaten. Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, hier Abhilfe zu schaffen. Sie setzt sich darüber hinaus dafür ein, die Bestimmungen des Minenprotokolls zu verschärfen und durch Produktions- und Exportverbote für bestimmte Minentypen zu ergänzen. Die luftgestützte Mikrowellentechnik ist im März d. J. im Institut für angewandte Fernerkundung (IARS) der gemeinsamen EU-Forschungsstelle in Ispra, Italien, erstmals erprobt worden. Es sind jedoch weitere Versuche nötig, um beispielsweise den Mikrowellenfrequenzbereich zu optimieren und Minen unter realistischen Geländebedingungen nachzuweisen. Inwieweit diese Technik zu einer wesentlichen Verbilligung und Verbesserung der Ortung und Beseitigung von Landminen führen wird, ist wohl z. Z. noch nicht eindeutig geklärt. Zu Frage 49: Da die Bundesregierung nach Kenntnis des Auswärtigen Amts bisher keine Einladung zu dem Expert Workshop on Ordnance Recovery and Disposal in the Framework of International Operations in Stockholm erhalten hat, hat sie auch hierfür keine Vorschläge vorbereitet und eingebracht. Anlage 37 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Frage der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Drucksache 12/7990 Frage 50): Welche Informationen besitzt die Bundesregierung über die Verurteilung von 21 jungen indonesischen Menschenrechtsaktivisten Mitte Juni 1994 durch das High Court of Jakarta, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung, ausgehend von ihrem Bekenntnis, daß die „unbefriedigende Menschenrechtslage ein Hindernis für Rüstungsexporte sein könnte" (Drucksache 12/6512), aus der nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen willkürlichen, elementarste Rechtsgrundsätze verletzenden Prozeßführung? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind die 21 Menschenrechtsaktivisten am 18. Mai 1994 wegen Präsidentenbeleidigung zu 6 Monaten Haft verurteilt worden. Damit blieb das Urteil zunächst hinter den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurück, die Haftstrafen von 8-18 Monaten gefordert hatte. Die Staatsanwaltschaft hat Berufung gegen dieses Urteil eingelegt, worauf die Strafen für einige Studenten auf 8-14 Monate erhöht wurden. Gegenwärtig ist noch unklar, ob dieses Urteil bereits rechtskräftig ist. Es wird gegen Anrechnung der Untersuchungshaft damit gerechnet, daß die Mehrheit der Studenten Anfang August 1994 entlassen wird. Erst nach Abschluß des Verfahrens kann eine endgültige Bewertung vorgenommen werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Ramsauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Man kann also davon ausgehen, Herr Staatssekretär, daß die Bundesregierung nach wie vor der Meinung ist, die Abgabe nichtalkoholischer Getränke gleicher Menge, die billiger sind als alkoholische Getränke, sei im hohen Maße geeignet, auch die Unfallzahlen — besonders bei jüngeren Menschen — zu senken?
    Dr. Reinhard Göhner, Parl. Staatssekretär: Wir halten es nach wie vor für sinnvoll, daß ein nichtalkoholisches Getränk mindestens zum gleichen Preis — oder möglichst noch günstiger — wie ein alkoholisches Getränk angeboten wird. Wir sehen auch Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit.


Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Zusatzfrage des Abgeordneten Hollerith.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Hollerith


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Staatssekretär, Sie haben soeben aus einer Unfallstatistik zitiert. Weist diese Unfallstatistik in bezug auf alkoholisierte Unfallopfer und Unfallverursacher auch eine Unterscheidung hinsichtlich des Geschlechts, also männlich und weiblich, auf?
    Dr. Reinhard Göhner, Parl. Staatssekretär: Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht beantworten. Ich gehe aber davon aus, daß das für diese Frage zuständige Verkehrsministerium Ihre Frage beantworten kann.