19936 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1994
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Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Bartsch, Holger SPD 20.5.94
Beckmann, Klaus F.D.P. 20.5.94
Blunck (Uetersen), SPD 20.5.94
Lieselott
Böhm (Melsungen), CDU/CSU 20.5.94 **
Wilfried
Borchert, Jochen CDU/CSU 20.5.94
Catenhusen, SPD 20.5.94
Wolf-Michael
Conradi, Peter SPD 20.5.94
Dr. Däubler-Gmelin, SPD 20.5.94
Herta
Doss, Hansjürgen CDU/CSU 20.5.94
Ehrbar, Udo CDU/CSU 20.5.94
Ewen, Carl SPD 20.5.94
Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 20.5.94 *
Formanski, Norbert SPD 20.5.94
Dr. Fuchs, Ruth PDS/Linke 20.5.94
Liste
Fuchs (Verl), Katrin SPD 20.5.94
Ganschow, Jörg F.D.P. 20.5.94
Dr. Gautier, Fritz SPD 20.5.94
Dr. von Geldern, CDU/CSU 20.5.94
Wolfgang
Gerster (Mainz), CDU/CSU 20.5.94
Johannes
Grünbeck, Josef F.D.P. 20.5.94
Günther (Duisburg), CDU/CSU 20.5.94
Horst
Dr. Gysi, Gregor PDS/Linke 20.5.94
Liste
Haack (Extertal), SPD 20.5.94
Karl-Hermann
Hackel, Heinz-Dieter fraktionslos 20.5.94
Haschke CDU/CSU 20.5.94
(Großhennersdorf),
Gottfried
Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 20.5.94
Dr. Hauchler, Ingomar SPD 20.5.94
Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 20.5.94
Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 20.5.94
Henn, Bernd PDS/Linke 20.5.94
Liste
Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 20.5.94
Heyenn, Günther SPD 20.5.94
Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 20.5.94
Homburger, Birgit F.D.P. 20.5.94
Iwersen, Gabriele SPD 20.5.94
Jungmann (Wittmoldt), SPD 20.5.94
Horst
Kauder, Volker CDU/CSU 20.5.94
Köppe, Ingrid BÜNDNIS 20.5.94
90/DIE
GRÜNEN
Dr. Kolb, Heinrich F.D.P. 20.5.94
Kolbe, Regina SPD 20.5.94
Kolbow, Walter SPD 20.5.94
Koschnick, Hans SPD 20.5.94
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Kossendey, Thomas CDU/CSU 20.5.94
Kraus, Rudolf CDU/CSU 20.5.94
Kretkowski, Volkmar SPD 20.5.94
Kubatschka, Horst SPD 20.5.94
Dr. Kübler, Klaus SPD 20.5.94
Dr. Leonhard-Schmid, SPD 20.5.94
Elke
Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 20.5.94
Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 20.5.94
Klaus W.
Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 20.5.94
Erich
Dr. Matterne, Dietmar SPD 20.5.94
Mattischeck, Heide SPD 20.5.94
Dr. Meyer zu Bentrup, CDU/CSU 20.5.94
Reinhard
Mischnick, Wolfgang F.D.P. 20.5.94
Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 20.5.94
Müller (Pleisweiler), SPD 20.5.94
Albrecht
Müller (Schweinfurt), SPD 20.5.94
Rudolf
Müller (Völklingen), SPD 20.5.94
Jutta
Müller (Wadern), CDU/CSU 20.5.94
Hans-Werner
Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 20.5.94
Neumann (Gotha), SPD 20.5.94
Gerhard
Otto (Frankfurt), F.D.P. 20.5.94
Hans-Joachim
Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 20.5.94
Pfuhl, Albert SPD 20.5.94
Priebus, Rosemarie CDU/CSU 20.5.94
Dr. Probst, Albert CDU/CSU 20.5.94
Rauen, Peter Harald CDU/CSU 20.5.94
Reichenbach, Klaus CDU/CSU 20.5.94
Reimann, Manfred SPD 20.5.94
Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 20.5.94
Reuschenbach, Peter W. SPD 20.5.94
Reuter, Bernd SPD 20.5.94
Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 20.5.94
Ingrid
Romer, Franz CDU/CSU 20.5.94
Rother, Heinz CDU/CSU 20.5.94
Rühe, Volker CDU/CSU 20.5.94
Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 20.5.94
Schaich-Walch, Gudrun SPD 20.5.94
Schanz, Dieter SPD 20.5.94
Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 20.5.94
Scheffler, Siegfried SPD 20.5.94
Schmidt (Aachen), Ursula SPD 20.5.94
Schmidt (Salzgitter), SPD 20.5.94
Wilhelm
Schmidt-Zadel, Regina SPD 20.5.94
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 20.5.94
Hans Peter
Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 20.5.94
Schuster, Hans F.D.P. 20.5.94
Seiler-Albring, Ursula F.D.P. 20.5.94
Dr. Soell, Hartmut SPD 20.5.94 *
Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 20.5.94
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Stachowa, Angela PDS/Linke 20.5.94
Liste
Dr. Starnick, Jürgen F.D.P. 20.5.94
Dr. von Teichman, F.D.P. 20.5.94
Cornelia
Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 20.5.94
Titze-Stecher, Uta SPD 20.5.94
Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 20.5.94
Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter CDU/CSU 20.5.94
Verheugen, Günter SPD 20.5.94
Vosen, Josef SPD 20.5.94
Waltemathe, Ernst SPD 20.5.94
Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 20.5.94
Wettig-Danielmeier, Inge SPD 20.5.94
Wieczorek-Zeul, SPD 20.5.94
Heidemarie
Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 20.5.94
Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 20.5.94
Wollenberger, Vera BÜNDNIS 20.5.94
90/DIE
GRÜNEN
Zierer, Benno CDU/CSU 20.5.94 **
Zurheide, Burkhard F.D.P. 20.5.94
Zywietz, Werner F.D.P. 20.5.94
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Dr. Franz Möller und Wilhelm
Rawe (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den
Gesetzentwurf über die Entschädigung nach dem
Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und
über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage (Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz - EALG) und zum Antrag
über die Beseitigung der Investitionshemmnisse im
eigentumsrechtlichen Bereich der neuen Bundesländer und Sicherung des Rechtsfriedens
(Zusatztagesordnungspunkt 5 a + b)
Nahezu vier Jahre nach der Herstellung der deutschen Einheit ist es an der Zeit, die noch offenen Fragen der Entschädigungen und Ausgleichsleistungen zu klären. Gleichwohl sehen wir uns nicht in der Lage, dem vorliegenden Entwurf unsere Zustimmung zu erteilen.
Das Gesetz genügt unserer Überzeugung nach nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot eines angemessenen und gerechten Ausgleichs für erlittenes Unrecht.
Das durch die rechtswidrigen Enteignungen entstandene Unrecht besteht noch heute fort. Es entspricht dem Gebot unserer Verfassung, dieses fortbestehende Unrecht soweit wie möglich wiedergutzumachen. Dieser Anforderung wird der vorliegende
Gesetzentwurf nach unserer Überzeugung nicht gerecht. Diese Auffassung wird von nahezu allen Verfassungsrechtlern, die sich in den beiden Anhörverfahren des Finanz- und des Rechtsausschusses dazu geäußert haben, geteilt.
Außerdem wird das Gesetz nicht im gebotenen Maße der Bedeutung des Eigentums als einem konstitutiven Element unserer Gesellschafts- und Verfassungsordnung gerecht.
Das aus den rechtswidrigen Enteignungsmaßnahmen stammende Vermögen ist mit unterschiedlichen Anteilen auf den Bund, die jungen Bundesländer und die Kommunen übergegangen. Länder und Gemeinden sollen nach dem Gesetz diese Vermögenswerte uneingeschränkt behalten dürfen, soweit nicht nach anderen rechtlichen Bestimmungen Rückübertragungsansprüche bestehen. Demgegenüber werden die ehemaligen Eigentümer auf die Rückerwerbsmöglichkeit eines Bruchteils ihres Eigentums verwiesen, zudem noch belastet mit einer großen Anzahl von Beschränkungen.
Des weiteren sind wir der Auffassung, daß das Gesetz nicht den Anforderungen des Art. 3 Grundgesetz entspricht; denn die Wertschere zwischen der nach dem Vermögensgesetz vorgesehenen Restitution und den Leistungen nach dem EALG klafft zu weit auseinander.
Da zugleich dem Staat mit diesem Gesetz Verfügungsmacht über fremdes Eigentum eingeräumt wird, befürchten wir, daß hier ein Weg eingeleitet wird, der zur Aushöhlung der verfassungsmäßigen Eigentumsordnung nach Art. 14 des Grundgesetzes führen kann.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Maria Eichhorn, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) und Wolfgang Zöller (alle CDU/
CSU) zur Abstimmung über den Gesetzentwurf über
die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung
offener Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage
(Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz -
EALG) und zum Antrag über die Beseitigung der
Investitionshemmnisse im eigentumsrechtlichen Bereich der neuen Bundesländer und Sicherung des
Rechtsfriedens
(Zusatztagesordnungspunkt 5 a + b)
Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des § 14 GG aushöhlen könnte.
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1994 19939*
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Anlage 4
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Joachim Clemens, Carl-Detlev
Freiherr von Hammerstein, Klaus-Jürgen Hedrich,
Dr. Volkmar Köhler (Wolfsburg), Helmut Sauer (Salzgitter), Reinhard Freiherr von Schorlemer, Dr. Rudolf
Sprung und Dr. Fritz Wittmann (alle CDU/CSU) zur
Abstimmung über den Gesetzentwurf über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener
Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher
oder besatzungshoheitlicher Grundlage (Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz — EALG) und
zum Antrag über die Beseitigung der Investitionshemmnisse im eigentumsrechtlichen Bereich der
neuen Bundesländer und Sicherung des
Rechtsfriedens
(Zusatztagesordnungspunkt 5 a + b)
Bei der Verabschiedung des Einigungsvertrages am 20. September 1990 im Deutschen Bundestag gaben 68 CDU-Abgeordnete eine schriftliche Erklärung ab. Darin hieß es u. a.:
„Die von 1945 bis 1949 in der damaligen SBZ durchgeführte Bodenreform hatte keine Rechtsgrundlage. Vielmehr handelt es sich um politisch motivierte Willkürakte. Als Aufgabe der Bodenreform wurde genannt:
,1. Die Liquidierung des feudal-junkerlichen Großbesitzes und die Beendigung der Herrschaft der Junker und Großbesitzer im Dorfe, weil diese Herrschaft immer eine Bastion der Reaktion und des Faschismus in unserem Lande darstellte und eine der Hauptursachen der Aggression und der Eroberungskriege gegen andere Völker war,
2. die Erfüllung des jahrhundertealten Traumes der landlosen und landarmen Bauern nach Übergabe des Großgrundbesitzes in ihre Hände.'
Es stellt eine nachträgliche Verhöhnung von Widerstandskämpfern des 20. Juli 1944 dar, daß auch ihr Eigentum durch die Bodenreform entschädigungslos enteignet wurde. Von den mehr als 11 000 enteigneten Höfen hatten rund 4 300 eine Betriebsgröße von unter 100 ha. Vertrieben, inhaftiert und enteignet wurde jeder, der der kommunistischen Diktatur im Wege stand.
Die Väter unseres Grundgesetzes ließen sich auf Grund unserer geschichtlichen Erfahrung von den Grundsätzen leiten: Nie wieder darf Macht vor Recht gehen und: Auf altes Unrecht darf kein neues Unrecht geschehen.
Eine wie auch immer geartete Anerkennung der mit brutaler Gewalt erzwungenen Bodenreform lehnen
wir aus moralischen, rechtlichen und politischen Gründen ab."
Zur Abstimmung des Entschädigungs- und Ausgleichsgesetzes (EALG) erklären wir heute:
Mit der Mehrheit der vom Finanz- und Rechtsausschuß angehörten Staatsrechtslehrer sind wir der Auffassung, daß das vorliegende Gesetz (EALG) aus mehreren Gründen gegen das Grundgesetz verstößt. Denn nach dem Votum der angehörten Verfassungsrechtler sind die zwischen 1945 und 1949 Enteigneten nicht lediglich in Geld zu entschädigen. Vielmehr ist das Unrechtsvermögen in erster Linie zurückzugeben, soweit es in öffentlichen Händen noch verfügbar ist, da ohnehin privatisiert werden muß und sofern schutzwürdige Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Außerdem nimmt das Gesetz eine unvertretbare „Wertschere" zwischen denen in Kauf, die Rückgabe (also den Verkehrswert) erhalten, und denen, die sich mit einer allzu stark gekürzten Entschädigungszahlung abfinden müssen.
Es wird durchaus gewürdigt, daß die Rawe-Gruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum eingebrachten Gesetzentwurf Verbesserungen, wie z. B. eine günstigere Behandlung der Waldflächen, erreicht hat.
Gleichwohl können wir aus grundsätzlichen, moralischen und rechtspolitischen Gründen diesem Gesetz nicht zustimmen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, hier steht Politik vor Recht.
Das Schicksal der von 1945 bis 1949 in der ehemaligen SBZ bzw. DDR enteigneten, von ihren Höfen und aus ihren Häusern mit unsäglichem Leid verschleppten und vertriebenen Menschen darf vor unserer Geschichte und im Rechtsstaat so nicht abgehandelt werden. Dieses Gesetz wird bei den Betroffenen nicht mehr Gerechtigkeit und Vertrauen zum Rechtsstaat, sondern tiefe und enttäuschte Verbitterung hervorrufen.
„Hier wird", wie Hermann-Josef Abs, ein Wegbegleiter Konrad Adenauers, kurz vor seinem Tode schrieb „gröbstes Unrecht legalisiert und damit dem Gedanken des Eigentums sowie des Rechtsstaates schwerer Schaden zugefügt".
Anlage 5
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten
Wilfried Böhm (Melsungen), Hartmut Büttner (Schönebeck), Horst Gibtner, Georg Janovsky, Hartmut
Koschyk, Hans Klein (München), Rudolf Meinl,
Dr. Gerhard Päselt, Angelika Pfeiffer, Erika Reinhardt, Kurt J. Rossmanith, Werner H. Skowron, Erika
Steinbach, Dr. Alexander Warrikoff und Herbert
Werner (Ulm) (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über
den Gesetzentwurf über die Entschädigung nach dem
Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und
über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage (Entschädigungs- und Aus-
19940* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1994
gleichsleistungsgesetz — EALG) und zum Antrag
über die Beseitigung der Investitionshemmnisse im
eigentumsrechtlichen Bereich der neuen Bundesländer und Sicherung des Rechtsfriedens
(Zusatztagesordnungspunkt 5 a + b)
Erika Steinbach und Hartmut Koschyk (beide CDU/
CSU): Wir begrüßen, daß den durch den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen besonders betroffenen Vertriebenen der Erlebnisgeneration in den neuen Ländern, die bisher keine dem Lastenausgleich vergleichbare Leistungen erhalten haben, in Anerkennung ihres Vertreibungsschicksals im Rahmen des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes auf der Grundlage des Vertriebenenzuwendungsgesetzes ein Anspruch auf eine einmalige Zuwendung von 4 000 DM zuerkannt wird.
Hierzu stellen wir insbesondere fest, daß diese Zuwendungen weder die Vermögensrechte der Vertriebenen berührt noch einen Verzicht auf deren Wiederherstellung oder auf Ersatzleistung durch die Schädiger enthält, so daß die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Schädiger durch die Annahme dieser Leistung nicht ausgeschlossen wird.
Unsere Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf stützen wir nicht zuletzt darauf, daß der ursprüngliche Regierungsentwurf im Verlaufe der parlamentarischen Beratungen durch unsere Initiative wesentlich verbessert werden konnte:
— das Vertriebenenzuwendungsgesetz wird nicht erst mit Inkrafttreten des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes wirksam, sondern tritt rückwirkend zum 1. Januar 1994 in Kraft; ab diesem Zeitpunkt sind auch die Ansprüche auf Gewährung der Leistung vererblich und übertragbar;
— die Fälligkeiten für die Gewährung der Zuwendung wurden um jeweils zwei Jahre vorgezogen, so daß bereits im Jahre 1994 die Geburtsjahrgänge vor 1916, ab 1. Januar 1996 die Geburtsjahrgänge vor 1928 und ab 1. Januar 1998 alle übrigen Berechtigten die Leistung erhalten können;
— die Erfüllung der Ansprüche erfolgt nicht — wie ursprünglich vorgesehen — durch Ausgabe von Schuldverschreibungen, sondern durch Barzahlung;
— der Stichtag für die Anspruchsberechtigung wurde vom Termin des Inkrafttretens des Gesetzes auf den 3. Oktober 1990 vorverlegt, so daß Vertriebene, die nach diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz aus der früheren DDR in die alten Bundesländer verlegt haben, ebenfalls die einmalige Zuwendung erhalten.
Wir würden es begrüßen, wenn im weiteren Gesetzgebungsverfahren Einmütigkeit dahin gehend erzielt werden könnte, die Altersgrenze für die Auszahlungsfälligkeiten weiter herabzusetzen.
Wir sind der Überzeugung, daß diese modifizierte Zuwendungsregelung für die Vertriebenen in den neuen Ländern nicht nur ein wichtiger Schritt zur Vollendung der inneren Einheit Deutschlands ist; sie trägt insbesondere auch dem berechtigten Wunsch
der Betroffenen auf offizielle Anerkennung ihrer Vertriebeneneigenschaft und Gleichbehandlung mit den Heimatvertriebenen in den alten Bundesländern weitgehend Rechnung.
Wilfried Böhm (Melsungen) (CDU/CSU): Hiermit
erkläre ich mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Hartmut Büttner (Schönebeck) (CDU/CSU): Hiermit
erkläre ich mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Horst Gibtner (CDU/CSU): Hiermit erkläre ich mich
einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Georg Janorsky (CDU/CSU): Hiermit erkläre ich
mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß
§ 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines
Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes
— EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Hans Klein (München) (CDU/CSU): Hiermit erkläre
ich mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Rudolf Meinl (CDU/CSU): Hiermit erkläre ich mich
einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Dr. Gerhard Päselt (CDU/CSU): Hiermit erkläre ich
mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß
§ 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines
Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes
— EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Angelika Pfeiffer (CDU/CSU): Hiermit erkläre ich
mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Erika Reinhardt (CDU/CSU): Hiermit erkläre ich
mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß
§ 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1994 19941*
Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Hiermit erkläre ich
mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
WemerH. Skowron (CDU/CSU): Hiermit erkläre ich
mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Dr. Alexander Warrikoff (CDU/CSU): Hiermit
erkläre ich mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Herbert Werner (Ulm) (CDU/CSU): Hiermit erkläre
ich mich einverstanden, daß die Erklärung gemäß o 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes — EALG — (Drucksachen 12/4887, 12/7588, 12/7593) auch in meinem Namen abgegeben wird.
Anlage 6
Erklärungen nach § 31 GO
zur Abstimmung über den Gesetzentwurf fiber die
Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage
(Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz —
EALG) und zum Antrag über die Beseitigung der
Investitionshemmnisse im eigentumsrechtlichen Bereich der neuen Bundesländer und Sicherung des
Rechtsfriedens
(Zusatztagesordnungspunkte 5 a + b)
Wilfried Bohlsen (CDU/CSU): Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit allergrößten Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG aushöhlen würde.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen einmaligen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise Präzedenzfallwirkung haben kann und ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Albert Deß (CDU/CSU): Es fällt mir schwer, dem
vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.
Es widerspricht meiner Auffassung von Eigentumsrecht, was in diesem Gesetz beschlossen wird. Das Verständnis vom Eigentumsbegriff, das in diesem Gesetz zum Ausdruck kommt, könnte dazu führen, daß die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG zumindest in fortgeführter Form ausgehöhlt werden könnte.
Ich betrachte dieses in der Tat eigentumswidrige Gesetz als einen einmaligen Sonderfall, damit die Folgen einer über 40jährigen kommunistischen Gewaltherrschaft einer — wenn auch für viele Betroffenen unbefriedigenden - Regelung zugeführt werden können. Diese Regelung darf nicht dazu führen, daß sie in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt wird.
Im Bewußtsein, daß für eine meinen Vorstellungen entsprechende Lösung keine parlamentarische Mehrheit zu erreichen ist, stimme ich mit großen Bedenken diesem Gesetz zu.
Wolfgang Ehlers (CDU/CSU): Dem vorliegenden
Entwurf eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes stimme ich nicht zu. lin Gegensatz zur Opposition im Bundestag und zu Landespolitikern aus Mecklenburg-Vorpommern vertrete ich die Auffassung, daß der Gesetzentwurf viele richtige Lösungsansätze enthält, um das Unrecht von Vertreibung und Bodenreform aufzuarbeiten.
Ich begrüße ausdrücklich, daß es mit der Verabschiedung eines Vertriebenenzuwendungsgesetzes nun endlich zur Auszahlung der einmaligen Zuwendung kommen wird. Als äußerst wichtig erachte ich auch die Feststellung, daß mit der Gewährung und Annahme der einmaligen Zuwendung weder die Vermögensrechte der Vertriebenen berührt werden noch auf Wiederherstellung oder Ersatzleistung durch die Schädiger verzichtet wird.
Da die einmalige Zuwendung in Anerkennung des Vertreibungsschicksals erfolgt und demzufolge keine individuelle Entschädigung ist, akzeptiere ich nicht, daß die Vertriebenen, die Bodenreformland erhalten haben, diese Zuwendung nicht erhalten sollen.
Weiterhin wäre es erforderlich gewesen, die Fälligkeit des Zuwendungsbetrages so zu gestalten, daß in diesem Jahr auch Vertriebene der Geburtsjahrgänge von 1924 berücksichtigt werden.
Im Zusammenhang mit der anhaltenden Diskussion zu Fragen der Bodenreform ist zu sagen, daß der Gesetzentwurf vernünftige Regelungen für Alteigentümer, Wiedereinrichter und Neueinrichter beim Flächenerwerb vorsieht.
Unzureichend werden jedoch die LPG-Nachfolgeunternehmen berücksichtigt. Ihnen muß beispielsweise eine gleichberechtigte Teilnahme am Siedlungskauf oder die Möglichkeit eingeräumt werden, Pachtverträge, die über zwölf Jahre hinausgehen, abzuschließen.
Dr. Karl H. Fell (CDU/CSU): Sosehr ich begrüße, daß
die langwierigen Verhandlungen über die Lösungsvorschläge zum Ausgleich insbesondere der Enteignungsmaßnahmen in den Jahren von 1945 bis 1949 endlich zu einer Entscheidung geführt werden, so wenig bin ich in der Lage, dem vorliegenden Gesetz zuzustimmen. Das Gesetz genügt nach meiner Überzeugung nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot eines angemessenen und gerechten Ausgleichs für erlittenes Unrecht.
Das aus den Enteignungsmaßnahmen stammende Vermögen ist mit unterschiedlichen Anteilen auf den Bund, die neuen Länder und die Kommunen übergegangen. Länder und Gemeinden sollen nach dem Gesetz diese Vermögenswerte uneingeschränkt behalten dürfen, soweit nicht nach anderen rechtlichen Bestimmungen Rückübertragungsansprüche bestehen. Das auf den Bund übergegangene Vermögen wird über die Regelungen zum Landerwerb — bei voller Inanspruchnahme der Rückerwerbsoption durch alle Betroffenen — zu höchstens 27 % der Gesamtflächen an die Opfer der Enteignungsmaßnahmen zurückgegeben. Der Bund behält 73 % des enteigneten Grundbesitzes; er ist lediglich gehalten, im Rahmen des sogenannten Siedlungskaufs zu besonders attraktiven Bedingungen an den durch die betreffenden Regelungen begünstigten Personenkreis Flächen zu verkaufen.
Da als Folge der nach dem Einigungsvertrag erfolgten Rechtsnachfolge der Bundesrepublik Deutschland der Unrechtstatbestand der Enteignungen rechtlich fortbesteht, genügt das EALG mit seinen Regelungen nicht den aus Art. 14 GG resultierenden Anforderungen. Die öffentliche Hand bereichert sich praktisch auf Kosten derjenigen, denen ihr Eigentum grob rechtswidrig entzogen worden ist, ohne einen angemessenen Ausgleich zu leisten.
Damit aber wird letztlich die für unsere Verfassungsordnung konstitutive Eigentumsordnung in Frage gestellt. Der Landrückerwerb hätte in größerem Umfang zugelassen werden müssen.
Aus grundsätzlichen Erwägungen kann ich daher dem EALG nicht zustimmen.
Wolfgang Gröbl (CDU/CSU): Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit größten Bedenken zu.
Meine Kritik bezieht sich auf den Teil des Gesetzes, der sich mit dem Eigentumsrecht der „Alteigentümer„ befaßt. Diese Alteigentümer werden zu Unrecht unvergleichlich schlechter behandelt als die vor 1945 und nach 1949 im Gebiet der ehemaligen DDR enteigneten Eigentümer von land- und forstwirtschaftlichem Grund und Boden. Bei den Enteignungen von 1945 bis 1949 handelt es sich auch um Beraubung privater Eigentümer durch Kommunisten und somit um Unrecht. Daß dieses Unrecht nur in einem so geringen Umfang wie im vorliegenden Gesetzentwurf wiedergutgemacht wird, ist mit meinen Vorstellungen des staatlichen Schutzes von Eigentum an Grund und Boden nicht vereinbar. Wenn ich diesem Gesetzentwurf heute dennoch zustimme, hat dies folgende Gründe:
Erstens. Der vorliegende Entwurf berücksichtigt in hohem Maß den Willen, jetzt vom Staat mit hohen Kosten verwaltete Flächen zu reprivatisieren und insbesondere Bauern und Bäuerinnen zu Eigentum an land- und forstwirtschaftlichen Flächen zu verhelfen.
Zweitens. Eine Entschädigung für Vertriebene, die in der ehemaligen DDR lebten, wird festgelegt.
Drittens. Ohne Gesetz ist weder den Alteigentümern noch den Siedlern und anderen Betroffenen geholfen.
Viertens. Dieser Gesetzentwurf gibt den beraubten Alteigentümern die Chance, bewegliches Vermögen mit hohem persönlichen Bindungswert wieder zurückzuerhalten, wenn auch erst nach 20 Jahren.
Fünftens. Ich erwarte schon bald eine Novellierung dieses Gesetzes, insbesondere dann, wenn sich herausstellen sollte, daß die Alteigentümer das für sie jetzt errechnete Minimalkontingent von 346 000 ha Land und 164 000 ha Wald nicht in Anspruch nehmen können. Durch eine solche Novellierung müßte der Zugang der Alteigentümer zu diesem geringen Teil des ihnen von Kommunisten geraubten Eigentums verbessert werden.
Sechstens. Die in dieser Debatte geoffenbarte Negativ-Einstellung zum Eigentum an Grund und Boden durch Redner der SPD und PDS gleichermaßen zeigt, wie wichtig es ist, ein Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz zu beschließen, das diesen Namen verdient, selbst wenn es große Schwächen hat.
Ernst Hinsken (CDU/CSU): Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Siegfried Homung (CDUICSU): Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Rege-
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1994 19943*
lung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Claus Jäger (CDU/CS U): Dem Entschädigungs- und
Ausgleichsleistungsgesetz kann ich meine Zustimmung in der vorliegenden Fassung des Finanzausschusses nicht geben.
Ich halte das Gesetz in bezug auf die Art. 3 und 14 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich in hohem Maße für bedenklich. Wie hier mit Eigentumsrechten umgesprungen wird, kann auf der Grundlage christlich-demokraktischer Grundsätze von mir nicht mitvertreten werden.
Ich bedaure, daß ich mit meinem Nein zu dem Gesetz auch dem Vertriebenenzuwendungsgesetz meine Zustimmung versagen muß. Dies wird mir freilich dadurch erleichtert, daß auch dieses Gesetz in zahlreichen Punkten ungerecht ist und den Belangen der Betroffenen nicht ausreichend Rechnung trägt.
Insgesamt gilt: Wenn der Staat Wohltaten verteilt, kann er, ja muß er dies sogar nach Maßgabe seiner Finanzlage tun. Wenn er in Rechte des Bürgers eingreift oder Gleichbehandlung nach Art. 3 zu gewährleisten hat, kann die Kassenlage nicht das ausschlaggebende Kriterium sein.
Susanne Jaffke (CDU/CSU): Zu meinem ablehnenden Abstimmungsverhalten zum Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz führe ich folgende Gründe an:
Erstens. Die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage in der damaligen SBZ waren meines Erachtens ein reiner Willkürakt.
Zweitens. Der Gesetzentwurf regelt Rückgabeansprüche unzureichend, indem gleiche Tatbestände unterschiedlich behandelt werden, so z. B. Landwirtschaft anders als Gewerbe.
Drittens. Die im Art. 9 vorgesehene Einmalzahlung für Vertriebene mit erhaltenem Bodenreformland gegenzurechnen, stellt für mich eine Form von Lastenausgleich dar, der mit pauschalierten 4 000 DM nicht in Ansatz gebracht werden kann. Diese Leistung sollte das Schicksal der Vertriebenen anerkennen und kann somit nicht „verrechnet" werden.
Dr.-Ing. Dietmar Kansy (CDU/CSU): Ich stimme
dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist, Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Ingnaz Kiechle (CDU/CSU): Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Manfred Kolbe (CDU/CSU): Als Vertreter des ländlichen Wahlkreises Döbeln-Grimma-Oschatz muß ich den heute zur Abstimmung stehenden Entwurf des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (EALG) ablehnen.
Bereits vom Verfahren her ist es unmöglich, einem Gesetzesentwurf zuzustimmen, der derart weitreichende Auswirkungen hat und in seinen entscheidenden Passagen zum Landerwerb und Siedlungskauf erst seit vier Tagen schriftlich vorliegt. Aufgrund des Zeitdrucks war es nicht möglich, die konkreten Auswirkungen vor Ort zu prüfen. Es wird sich bald herausstellen, daß der Gesetzentwurf nachgebessert werden muß.
In der Sache selbst schließt der Entwurf beim sehr zu begrüßenden Siedlungskauf den größten Teil der ostdeutschen Landwirte, nämlich die aktiv tätigen Gesellschafter in juristischen Unternehmen der Landwirtschaft — also über 25 000 Gesellschafter, die 2/3 des Bodens in Sachsen bewirtschaften — leider aus. Dies, obwohl bisher immer wieder die Gleichbehandlung und Chancengleichheit aller Rechtsformen in der Agrarpolitik betont wurde. Soweit Wieder- oder Neueinrichtern ein Erwerbsrecht zusteht, ist zu befürchten, daß ihnen die notwendigen finanziellen Mittel fehlen.
Sinnvoll wäre es gewesen, denjenigen ihr Eigentum mit gewissen Obergrenzen zurückzuerstatten, die nach der Wende dorthin zurückgekehrt sind und tatsächlich wieder das Land selber bewirtschaften wollen. Der vorliegende Entwurf gestattet demgegenüber den Landerwerb für Alteigentümer unabhängig von jeder Bewirtschaftung und Ortsansässigkeit, so daß allein Vermögensinteressen den Ausschlag für den Landerwerb geben werden. Soweit ein Landerwerb an ehemaligen Flächen des Berechtigten ausscheidet, ist ein „Erwerbstourismus" in besonders attraktive Anbaugebiete — z. B. in die Lommatzscher Pflege im Kreis Döbeln — zu befürchten. Dort kann es dann zu gänzlich unausgewogenen Eigentumsstrukturen und einer weiteren Verschlechterung des OstWest-Verhältnisses kommen.
Mit diesem Entwurf wird das Gesamtsystem staatlicher Wiedergutmachungsleistungen noch unausgewogener als schon bisher. Das Bundesverfassungsgericht hat 1991 gefordert, bei der Gewichtung der Eigentumsschäden zu bedenken, daß in der fraglichen Zeit auch andere Güter — etwa Leben, Gesund-
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heit, Freiheit und berufliches Fortkommen — beeinträchtigt worden sind, und dies bei den Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen zu berücksichtigen. Der vorliegende Entwurf privilegiert eindeutig die rd. 7 000 ehemaligen Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Flächen als „Opfer de luxe", mit starker parlamentarischer Lobby. Demgegenüber müssen sich Hunderttausende, die zu SBZ- und DDR-Zeiten verfolgt oder benachteiligt wurden, unter Hinweis auf leere Kassen mit relativ geringen Leistungen nach den beiden SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen begnügen, und auch die rd. 2 Millionen Vertriebenen Ost werden mit 4 000 DM pauschal abgefunden. Auch innerhalb der Eigentumsschäden werden die ehemaligen Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Flächen gegenüber gewerblichen oder Hauseigentümern privilegiert, und die Kreispachtgeschädigten und Inventarbeitragsgeschädigten im Osten warten noch heute auf eine gesetzliche Regelung.
Hans-Ulrich Köhler (Hainspitz): (CDU/CSU): Ich
stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Dr. Immo Lieberoth (CDU/CSU): Die Entscheidung,
wie ich beim EALG abstimmen soll, fällt mir ausgesprochen schwer. Für mich stellt sich als Gewissensfrage folgender Tatbestand: Ich gehöre zu den wenigen Alteigentümern, die nach der im Rahmen der Bodenreform erfolgten Enteignung ihres landwirtschaftlichen Betriebes in der damaligen SBZ, später DDR, trotz aller Schikanen geblieben sind. Ich kann mich noch genau erinnern, wie im Oktober 1945 auf unserem Hof demonstriert wurde und wir mit Schimpfworten in nur wenigen Stunden von Haus und Hof vertrieben, aus dem Kreis Döbeln/Sachsen verwiesen und in Radeberg bei Dresden interniert wurden. Mein Vater kam im Lager Fünfeichen bei Neubrandenburg 1947 um. Meine Mutter ist zu einem späteren Zeitpunkt (1961) aus politischen Gründen nochmals verhaftet worden. Mit Hilfe eines Arztes aus der Haftanstalt in Waldheim sowie eines Rechtsanwaltes wurde die zu erwartende Gefängnisstrafe in eine dreijährige Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik umgewandelt.
Durch dieses neue Gesetz ist es möglich, daß natürliche Personen, wenn sie Pächter sind, den Vorrang beim Erwerb haben, und das noch zu den gleichen Konditionen wie die Alteigentümer. Abgesehen von anderen Ungerechtigkeiten kann ich allein schon aus diesem Grund dem EALG nicht zustimmen. Als langjähriges CDU-Mitglied (seit 1948) und ehemaliger DDR-Bürger sehe ich mich — und das gilt stellvertretend auch für viele andere Alteigentümer — durch dieses Gesetz benachteiligt. Ich persönlich fühle mich doppelt bestraft. Andererseits kann ich auch nicht die günstigen Festlegungen in diesem Gesetz für viele Bürger in den neuen Bundesländern übersehen. Ich werde mich deshalb bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Meinoff Michels (CDU/CSU): Zunächst möchte ich
allen, die über mehrere Jahre an diesem Kompromißentwurf gearbeitet haben, meinen hohen Respekt zum Ausdruck bringen. Es ist viel guter Wille investiert worden.
Eine solche Aufgabe zu lösen ist noch keiner Generation aufgegeben gewesen.
Nach sorgfältiger und quälender Prüfung sehe ich mich jedoch nicht in der Lage, den vorliegenden Gesetzentwurf mittragen zu können.
Meine Begründung ist folgende:
Erstens. Nach meinem Eigentumsverständnis gebührt den Alteigentümern die erste Priorität in einem vergleichbaren Umfang bei der Rückgabe des ihnen widerrechtlich genommenen Eigentums.
Zweitens. Ich bin einverstanden mit einem Kaufangebot nur für Bewohner der ehemaligen „DDR"; aber zu Bedingungen, die nicht neue Ungleichbehandlungen schaffen: Ungleichbehandlungen zwischen so Begünstigten und Nicht-Begünstigten in den neuen Bundesländern einerseits, andererseits zwischen den so Begünstigten und allen Landwirten in Deutschland.
Denn die Bedingungen sind so, daß einige wenige, gemessen an der Gesamtbevölkerung der fünf neuen Bundesländer, bei einem Kaufpreis in Höhe des dreifachen Einheitswertes (ca. 3 000 DM je ha) in einem solchen Ausmaß bedacht werden, wie dies in der Geschichte noch nie vorgekommen ist.
Und nicht selten erfüllen gerade diejenigen die vorgegebenen Bedingungen, die in DDR-Zeiten die LPG-Leitung in ihren Händen hatten, so daß gerade sie die vorgesehenen Möglichkeiten voll ausschöpfen können.
Der sich hieraus für einige wenige ergebende Vermögenszuwachs ist für vergleichbare bäuerliche Familien in Deutschland in Generationen harter Arbeit und sparsamster Lebensführung nicht einmal annähernd möglich.
Das Bemühen, diese einmalige Situation zu überwinden, ist nötig und ehrenwert.
Leider ist heute schon absehbar, daß durch das vorliegende Vorhaben vorhandene alte Wunden nicht heilen, aber viele neue Wunden entstehen werden.
Gerade in einer so schwierigen Situation ist es unverzichtbar, bewährte und vergleichbare Grundsätze zu beachten.
Das Eigentumsrecht ist von den Kommunisten mit Füßen getreten worden.
Auch 45 Jahre können aus Unrecht nicht Recht werden lassen — insbesondere nicht, wenn zu Lasten
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der Betroffenen eine Meine Zahl — unvergleichbar und ohne je Eigentum verloren zu haben — in beispielloser Weise bevorzugt werden soll.
Aus meinem Rechts-, Eigentums- und Wählerverständnis sehe ich leider keine Möglichkeit, der in Rede stehenden Vorlage meine Zustimmung geben zu können.
Dr. Angela Merkel (CDU/CSU):
— Die Verabschiedung eines Entschädigungsgesetzes ist dringend erforderlich, um bestehende Investitionshemmnisse durch ungeklärte Eigentums- und Entschädigungsgrundlagen schnellstens beseitigen zu können.
— Die Vertriebenen müssen endlich ihren Ausgleich in Höhe der versprochenen 4 000 DM erhalten.
— Für das Land Mecklenburg-Vorpommern ist die Frage der Rückgabe land- und forstwirtschaftlichen Eigentums von besonderer Bedeutung, da wir in unserem Land von Alteigentümern mit Restitutionsansprüchen bedrängt werden und für die Entwicklung unserer einheimischen Landwirtschaft weiter die richtigen Weichen gestellt werden müssen.
— Für uns kam nie in Frage, die Bodenreform rückgängig zu machen. Jeder, dem Bodenreformland als Eigentum seit 1990 gehört, behält sein Land. Wie im Einigungsvertrag festgelegt ist, wird die Bodenreform nicht rückgängig gemacht. Wenn die SPD zur Zeit anderes behauptet, betreibt sie auf dem Rücken der Menschen eine Politik der Angst.
Folgendes konnte in zweijährigen zähen Verhandlungen durch das Engagement der Landesregierung und der ostdeutschen CDU-Bundestagsabgeordneten für unsere Landwirte erreicht werden:
Erstens. Die ortsansässigen Neu- und Wiedereinrichter können bis zu 50 Prozent der von ihnen bewirtschafteten Flächen bis zu 8 000 Bodenpunkten zum dreifachen Einheitswert des Jahres 1935, also deutlich unter dem Verkehrswert, erwerben. Mit der günstigen Flächenerwerbsmöglichkeit wird den ortsansässigen Neu- und Wiedereinrichtern eine gute Perspektive eröffnet, auf Dauer eine gesunde und solide Betriebsgrundlage zu erlangen. Dies ist ein hervorragendes Programm, Eigentum in den neuen Bundesländern zu bilden. Jeder kann bis zum 30. September 1995 an diesem Programm teilnehmen, wenn er Flächen gepachtet hat.
Zweitens. Natürliche Personen, also Neu- und Wiedereinrichter, die bereits Flächen von der Treuhandanstalt gepachtet haben, werden beim Flächenerwerb grundsätzlich vorrangig vor eventuellen Flächenerwerbswünschen der Alteigentümer behandelt. Die berechtigten Interessen der Neu- und Wiedereinrichter werden damit gewahrt. Hier hat sich das engagierte Eintreten der Landesregierung und der ostdeutschen CDU-Bundestagsabgeordneten voll ausgezahlt.
Drittens. Bei den Verhandlungen konnte auch durchgesetzt werden, daß Alteigentümer, so sie Eigentum erwerben können, verpflichtet sind, mit den jeweiligen Pächtern die bestehenden Pachtverträge auf 12 Jahre zu verlängern. Diese Regelung ist vor
allem deshalb wichtig, weil gerade die LPG-Nachfolgeunternehmen in vielen Fällen von der BVVG nur kurzfristige Pachtverträge erhalten haben.
Viertens. Einen weiteren Verhandlungserfolg konnten wir für unsere juristischen Personen, also die LPG-Nachfolgeuntemehmen, verbuchen. Gerade in den letzten Tagen konnten wir erreichen, daß auch diese landwirtschaftlichen Betriebe einen Rechtsanspruch erhalten sollen, 30 Prozent der selbstbewirtschafteten ehemals volkseigenen Flächen erwerben zu können. Allerdings sollen die LPG-Nachfolgeunternehmen nicht wie die Neu- und Wiedereinrichter den Vorzugspreis des dreifachen Einheitswertes des Jahres 1935 behalten, sondern den Verkehrswert.
Dies sind wichtige Fortschritte für unsere Landwirte, aber wir sind nicht zufrieden mit dem, was für die juristischen Personen, d. h. die LPG-Nachfolgeunternehmen, erreicht wurde. Auch sie müssen wie die Alteigentümer Land zum verbilligten Preis erwerben können.
Dennoch muß das Gesetz jetzt auf den Weg durch den Bundestag in den Bundesrat gebracht werden.
Ich habe mich für dieses Gesetz im Bundestag ausgesprochen, weil ich glaube, daß wir im Augenblick das Mögliche für Mecklenburg-Vorpommern erreicht haben. Ich will dieses Erreichte nicht aufs Spiel setzen. Das Gesetz muß verabschiedet werden.
Dr. Rainer Ortleb (F.D.P.): Hiermit erkläre ich
gemäß § 31 der Geschäftsordnung zum Gesetzentwurf 12/4887:
Dem Entschädigungsausgleichsleistungsgesetz
werde ich meine Stimme nicht geben können. Ich stimme mit Nein.
Dazu hat mich bewegt, daß die Formel gut gemeint, aber falsch ist, obwohl ich sehr genau die eigentlich gute Absicht des Gesetzes erkenne, zu versuchen, Gerechtigkeit durch Summe anderer Ungerechtigkeiten zu schaffen. Die Ungerechtigkeiten liegen aber mehr in Ostdeutschland und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern. Daher ist eben der Ansatz falsch und führt zu falschen Regelungen und Schlüssen.
Mögen andere andere Lösungen finden.
Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Ich stimme dem
vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinender und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des § 14 des Grundgesetzes aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedigung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Dagegen ist zu begrüßen, daß den durch den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen besonders betroffenen Vertriebenen der Erlebnisgeneration in den neuen Ländern, die bisher keine dem Lastenausgleich vergleichbare Leistungen erhalten haben, in Anerkennung ihres Vertreibungsschicksals im Rahmen dieses Gesetzes ein Anspruch auf eine einmalige Zuwendung von 4 000 DM zuerkannt wird.
Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Die nach langen
Verhandlungen nun mit dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz endlich vorgelegten Lösungsvorschläge zum Ausgleich der Enteignungsmaßnahmen machen es mir sehr schwer, eine Entscheidung zu treffen.
Erstens. Mit der Mehrheit der vom Finanz- und vom Rechtsausschuß am 2. Februar 1994 angehörten Staatsrechtslehrer bin ich der Auffassung, daß die Enteigneten nicht lediglich in Geld zu entschädigen sind, sondern daß Unrechtsvermögen des Staates — das ohnehin privatisiert werden muß — in erster Linie zurückzugeben ist, soweit es in öffentlichen Händen noch verfügbar ist bzw. schutzwürdige Rechte Dritter nicht entgegenstehen.
Von dem aus den Enteignungsmaßnahmen stammenden Grundvermögen, das mit unterschiedlichen Anteilen auf den Bund, auf die neuen Länder und auf die Kommunen übergegangen ist, soll nun nur weniger als ein Drittel den Opfern der Enteignungsmaßnahmen zum Erwerb aus Mitteln der Entschädigungen angeboten werden. Ich halte es in einem Rechtsstaat für absolut unannehmbar, daß sich der Staat an unrechtmäßig enteignetem Gut bereichert. Deshalb geht auch das Argument fehl, der Staat müsse im Zeichen beengter Staatsfinanzen zusätzliche Ausgaben vermeiden. Die Einbuchung des geraubten Vermögens konnte bestenfalls als durchlaufender Posten erfolgen, keinesfalls als endgültige Inbesitznahme. Ich halte deshalb auch den Verkauf von Liegenschaften, deren Eigentumsverhältnisse vom Gesetzgeber noch nicht geklärt sind, für absolut unerträglich.
Zweitens. Aus Verlautbarungen der Betroffenen und der von ihnen gegründeten Interessenverbände wurde immer wieder deutlich, daß von dieser Seite nicht daran gedacht wird, altes Unrecht durch neues zu ersetzen und redlichen Neuerwerbern ihr Eigentum wieder wegzunehmen. Es wurde sogar Verständnis dafür geäußert, Landwirten einen Teil der Flächen für Siedlungskäufe zu besonders attraktiven Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Daß aber nunmehr beim Zugriff auf Rückerwerb neue Siedler vor Alteigentümern begünstigt werden sollen, ist rechtsstaatlich unvertretbar.
Drittens. Größte Bedenken habe ich auch der ungewöhnlich scharfen Degression gegenüber, die für die Leistungen nach dem EALG — sowohl für die vor 1949 als auch für die nach 1949 Enteigneten — gelten soll. Bei angemessenen Entschädigungen im Sinne der Eigentumsordnung des Grundgesetzes wird — und dies mit Recht — niemals ein Unterschied nach der Größenordnung der Entschädigung gemacht. Außerdem führt die Degression zu einer unvertretbaren „Wertschere" zwischen den Restitutionsfällen auf der einen Seite und den Entschädigungs- bzw. Ausgleichsleistungsfällen auf der anderen Seite. Dem fiskalischen Argument gegenüber gilt wiederum: Zumindest kann gerecht das anteilig zurückgegeben werden, was in der Hand des Staates ist.
Trotz dieser schwerstwiegenden Bedenken, zu denen weitere treten, die ich hier nicht aufführen will, werde ich dem Gesetz deshalb meine Zustimmung geben, weil für die Betroffenen eine Nicht-Regelung der Materie eine noch schlechtere Ausgangssituation bedeutete als diese Regelung. So wird z. B. die Rückgabe persönlichen Besitzes wie Bilder, Möbel oder dergleichen, wenn damit nicht endlich begonnen wird, im Sande verlaufen. Auch können Rechtsmittel im Einzelfall erst eingelegt werden, wenn es auch ein entsprechendes Gesetz gibt. Nur deshalb stimme ich dem Gesetz zu.
Helmut Rode (Wietzen) (CDU/CSU): Ich stimme
dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zu.
Die Verluste an Hab und Gut als Folge des Krieges 1939/45 konnten für den einzelnen Bürger in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR natürlich nicht entschädigt werden.
Nach dem Krieg entstanden jedoch in der DDR durch Maßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht und durch Folgegesetze der kommunistischen DDR-Regierung Enteignungen an Grund und Boden, auch an Häusern und an betrieblichen Einrichtungen.
Soweit es sich um Teile handelt, die redlich aufgekauft wurden, ist ein Kompromiß zwischen „alten" und „neuen" Besitzern herzustellen. Das ist sicher einwandfrei möglich.
Jene nach dem Krieg politisch gewollt und willkürlich vorgenommenen Enteignungen können im Gegensatz zu vielen anderen Kriegfolgeschäden wieder geordnet werden, weil sich viele Grundstücke im Besitz der öffentlichen Hand befinden.
Da der Eigentumsbegriff bei uns eine hohe und ganz zentrale Bedeutung hat, muß Grund und Boden zurückgegeben werden, wenigstens soweit er sich im Besitz der öffentlichen Hand befindet. Der vorliegende Gesetzentwurf tut das nicht oder in einem Maße, der meinem Rechtsempfinden nicht entspricht. Da meiner Meinung nach der hohe Wert des Eigentumsbegriffes hier nicht genügend geschützt, sondern eher ausgehöhlt wird, kann ich dem Gesetz nicht zustimmen.
Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Der Erklärung zur Abstimmung der Kollegen Erika Steinbach, Hartmut Koschyk u. a. stimme ich vollinhaltlich zu. Dasselbe gilt hinsichtlich der Zuwendung an die Vertriebenen.
Die Entschädigungsregelung, die das Unrecht des SED-Systems, das vielen Deutschen widerfahren, ist, wiedergutmachen soll, kann keine absolute Gerechtigkeit herstellen. Ich stimme den Regelungen zu, weil sie der Ausdruck des ernsthaften Willens unseres demokratischen Staatswesens ist, mit den verfügbaren finanziellen Möglichkeiten die katastrophale Mißachtung des Grundrechts auf Eigentum in der DDR
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wenigstens teilweise zu kompensieren. Dabei ist mir bewußt, daß nicht alle Schäden so ausgeglichen werden können, wie es wünschenswert wäre. Meine Zustimmung stütze ich insbesondere auf die Tatsache, daß im land- und forstwirtschaftlichen Bereich eine akzeptable Möglichkeit des Rückerwerbs gefunden worden ist.
Eine weitere Fortsetzung der Diskussion um Form und Maß der Entschädigungsregelungen wäre deswegen schon nicht akzeptabel, weil weitere zeitliche Verzögerungen die Realisierbarkeit von Ansprüchen - Rückerwerb von Grund und Boden — beeinträchtigen könnten, aber auch das Rechtsbewußtsein Schaden erleiden würde. Aus diesem Grunde ist die im Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz gefundene Regelung trotz der genannten Vorbehalte unterstützenswert.
Dem Gesetz stimme ich deswegen in seiner Gesamtheit zu.
Michael von Schmude (CDU/CSU): Die von 1945 bis
1949 in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone durchgeführte Bodenreform hatte keine Rechtsgrundlagen. Die entschädigungslosen, willkürlichen Enteignungen, häufig verbunden mit brutaler Vertreibung, Zwangsumsiedlung, Körperverletzung und Mord, können auch nachträglich von mir weder hingenommen noch anerkannt werden.
Das Entschädigungs- und Ausgleichsgesetz wird von mir abgelehnt, weil eine materielle Gleichbehandlung der entschädigungslos Enteigneten vor und nach 1949 nicht gegeben ist, das Prinzip Rückgabe vor Entschädigung in den Fällen, wo dies möglich wäre, nicht eingehalten wird, die teilweise Rückerwerbsmöglichkeit für Land- und Forstwirte unzureichend ist.
Die vorgesehenen gesetzlichen Regelungen stellen für die Bodenreformgeschädigten weder eine angemessene Entschädigung bzw. Ausgleichsleistung dar, noch entsprechen sie dem Ziel einer Wiedergutmachung.
Es ist darüber hinaus bedauerlich, daß das Gesetz in seinem Vorblatt keinen Hinweis auf das Unrecht der Bodenreform und das schwere Schicksal der Betroffenen enthält.
Egon Susset (CDU/CSU): Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des § 14 des Grundgesetzes aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Ferdi Tillmann (CDU/CSU): Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit allergrößten Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des Art. 14 des Grundgesetzes aushöhlen würde.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen einmaligen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise Präzedenzfallwirkung haben kann und ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Insofern teile ich auch die gravierenden Bedenken, die die Kollegen Dr. Franz Müller und Willi Rawe in ihrer Erklärung zur Abstimmung wie folgt formuliert haben:
„Nahezu vier Jahre nach der Herstellung der Deutschen Einheit ist es an der Zeit, die noch offenen Fragen der Entschädigungen und Ausgleichsleistungen zu klären . . .
Das Gesetz genügt unserer Überzeugung nach nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot eines angemessenen und gerechten Ausgleichs für erlittenes Unrecht.
Das durch die rechtswidrigen Enteignungen entstandene Unrecht besteht noch heute fort. Es entspricht dem Gebot unserer Verfassung, dieses fortbestehende Unrecht soweit wie möglich wiedergutzumachen. Dieser Anforderung wird der vorliegende Gesetzentwurf nach unserer Überzeugung nicht gerecht. Diese Auffassung wird von nahezu allen Verfassungsrechtlern, die sich in den beiden Anhörungsverfahren des Finanz- und des Rechtsausschusses dazu geäußert haben, geteilt.
Außerdem wird das Gesetz nicht in dem gebotenen Maße der Bedeutung des Eigentums als einem konstitutiven Element unserer Gesellschafts- und Verfassungsordnung gerecht.
Das aus den rechtswidrigen Enteignungsmaßnahmen stammende Vermögen ist in unterschiedlichen Anteilen auf den Bund, die jungen Bundesländer und die Kommunen übergegangen. Länder und Gemeinden sollen nach dem Gesetz diese Vermögenswerte uneingeschränkt behalten dürfen, soweit nicht nach anderen rechtlichen Bestimmungen Rückübertragungsansprüche bestehen. Demgegenüber werden die ehemaligen Eigentümer auf die Rückerwerbsmöglichkeit eines Bruchteils ihres Eigentums verwiesen, zudem noch belastet mit einer großen Anzahl von Beschränkungen.
Desweiteren sind wir der Auffassung, daß das Gesetz nicht den Anforderungen des Art. 3 Grundgesetz entspricht; denn die Wertschere zwischen der nach dem Vermögensgesetz vorgesehenen Restitution und den Leistungen nach dem EALG klafft zu weit auseinander.
Da zugleich dem Staat mit diesem Gesetz Verfügungsmacht über fremdes Eigentum eingeräumt wird, befürchten wir, daß hier ein Weg eingeleitet
19948* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1994
wird, der zur Aushöhlung der verfassungsmäßigen Eigentumsordnung nach Artikel 14 des Grundgesetzes führen kann."
Hans-Peter Voigt (Northeim) (CDU/CSU): Die nach
langen Verhandlungen nun mit dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz endlich vorgelegten Lösungsvorschläge zum Ausgleich der Enteignungsmaßnahmen machen es mir sehr schwer, eine Entscheidung zu treffen.
Schon beim Einigungsvertrag habe ich mich mit vielen anderen gegen die vorgesehene Aufnahme eines neuen Art. 143 Abs. 3 in das Grundgesetz und die damit verbundene Anerkennung der Ergebnisse der sogenannten Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone ausgesprochen. Ein gesamtdeutsches Parlament müsse eine angemessene Entschädigung durch Ausgleichszahlungen und/oder Landrückgabe an die durch die Bodenreform Betroffenen sicherstellen.
Dieses Ziel ist mit dem vorgelegten Gesetz leider nicht in genügendem Maße gesichert:
Erstens. Von dem aus den Enteignungsmaßnahmen stammenden Grundvermögen, das mit unterschiedlichen Anteilen auf den Bund, auf die neuen Länder und auf die Kommunen übergegangen ist, soll nun nur ein Bruchteil den Opfern der Enteignungsmaßnahmen zum Erwerb aus Mitteln der Entschädigungen angeboten werden. Ich halte es in einem Rechtsstaat für absolut unannehmbar, daß der Staat sich an unrechtmäßig enteignetem Gut bereichert. Deshalb geht auch das Argument fehl, der Staat müsse im Zeichen beengter Staatsfinanzen zusätzliche Ausgaben vermeiden. Die Einbuchung des geraubten Vermögens konnte bestenfalls als durchlaufender Posten erfolgen, keinesfalls als endgültige Inbesitznahme. Ich halte deshalb auch den Verkauf von Liegenschaften, deren Eigentumsverhältnisse vom Gesetzgeber noch nicht geklärt sind, für absolut unerträglich.
Vielmehr bin ich mit der Mehrheit der vom Finanz- und vom Rechtsausschuß am 2. Februar 1994 angehörten Staatsrechtler der Auffassung, daß unrechtmäßig oder entschädigungslos enteignetes Vermögen, soweit es bei öffentlichen Händen noch verfügbar ist, in erster Linie an die rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben ist, soweit schutzwürdige Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Das gilt umso mehr, wenn das Vermögen ohnehin privatisiert werden soll.
Zweitens. Aus Verlautbarungen der Betroffenen und der von ihnen gegründeten Interessenverbände wurde immer wieder deutlich, daß von dieser Seite nicht daran gedacht wird, altes Unrecht durch neues zu ersetzen und redlichen Neuerwerbem ihr Eigentum wieder wegzunehmen. Es wurde sogar Verständnis dafür geäußert, Landwirten einen Teil der Flächen für Siedlungskäufe zu besonders attraktiven Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Daß aber nunmehr beim Zugriff auf Rückerwerb ortsansässige Pächter, oft Führungskräfte alter und neuer Agrargroßbetriebe, vor Alteigentümern begünstigt werden sollen, ist rechtsstaatlich unvertretbar.
Drittens. Größte Bedenken habe ich auch der scharfen Degression gegenüber, die für die Leistungen
nach dem EALG — sowohl für die vor 1949 als auch für die nach 1949 Enteigneten — gelten soll. Bei angemessenen Entschädigungen im Sinne der Eigentumsordnung des Grundgesetzes wird, und dies mit Recht, niemals ein Unterschied nach der Größenordnung der Entschädigung gemacht.
Trotz dieser schwerwiegenden Bedenken, zu denen weitere treten, die ich hier nicht aufführen will, werde ich dem Gesetz deshalb meine Zustimmung geben, weil für die Betroffenen eine Nicht-Regelung der Materie eine noch schlechtere Ausgangssituation bedeutet als diese Regelung. So wird z. B. die Rückgabe persönlichen Besitzes, wie Bilder, Möbel oder dergleichen, wenn damit nicht endlich begonnen wird, im Sande verlaufen. Auch können Rechtsmittel im Einzelfall erst eingelegt werden, wenn es auch ein entsprechendes Gesetz gibt. Schließlich läßt sich ein bestehendes Gesetz schneller verbessern als ein neues schaffen. Nur deshalb stimme ich dem Gesetz zu.
Alois Graf von Waldburg-Zeil (CDU/CSU): Die nach
langen Verhandlungen nun mit dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz endlich vorgelegten Lösungsvorschläge zum Ausgleich der Enteignungsmaßnahmen machen es mir sehr schwer, eine Entscheidung zu treffen.
Schon beim Einigungsvertrag habe ich mich mit vielen anderen gegen die vorgesehene Aufnahme eines neuen Art. 143 Abs. 3 in das Grundgesetz und die damit verbundene Anerkennung der Ergebnisse der sogenannten Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone ausgesprochen. Ein gesamtdeutsches Parlament müsse eine angemessene Entschädigung durch Ausgleichszahlungen und/oder Landrückgabe an die durch die Bodenrefom Betroffenen sicherstellen.
Dieses Ziel ist mit dem vorgelegten Gesetz leider nicht in genügendem Maße gesichert:
Erstens. Von dem aus den Enteignungsmaßnahmen stammenden Grundvermögen, das mit unterschiedlichen Anteilen auf den Bund, auf die neuen Länder und auf die Kommunen übergegangen ist, soll nun nur ein Bruchteil den Opfern der Enteignungsmaßnahmen zum Erwerb aus Mitteln der Entschädigungen angeboten werden. Ich halte es in einem Rechtsstaat für absolut unannehmbar, daß der Staat sich an unrechtmäßig enteignetem Gut bereichert. Deshalb geht auch das Argument fehl, der Staat müsse im Zeichen beengter Staatsfinanzen zusätzliche Ausgaben vermeiden. Die Einbuchung des geraubten Vermögens konnte bestenfalls als durchlaufender Posten erfolgen, keinesfalls als endgültige Inbesitznahme. Ich halte deshalb auch den Verkauf von Liegenschaften, deren Eigentumsverhältnisse vom Gesetzgeber noch nicht geklärt sind, für absolut unerträglich.
Vielmehr bin ich mit der Mehrheit der vom Finanz- und vom Rechtsausschuß am 2. Februar 1994 angehörten Staatsrechtler der Auffassung, daß unrechtmäßig oder entschädigungslos enteignetes Vermögen, soweit es bei öffentlichen Händen noch verfügbar ist, in erster Linie an die rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben ist, soweit schutzwürdige Rechte Drit-
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ter nicht entgegenstehen. Das gilt umso mehr, wenn das Vermögen ohnehin privatisiert werden soll.
Zweitens. Aus Verlautbarungen der Betroffenen und der von ihnen gegründeten Interessenverbände wurde immer wieder deutlich, daß von dieser Seite nicht daran gedacht wird, altes Unrecht durch neues zu ersetzen und redlichen Neuerwerbern ihr Eigentum wieder wegzunehmen. Es wurde sogar Verständnis dafür geäußert, Landwirten einen Teil der Flächen für Siedlungskäufe zu besonders attraktiven Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Daß aber nunmehr beim Zugriff auf Rückerwerb ortsansässige Pächter, oft Führungskräfte alter und neuer Agrargroßbetriebe, vor Alteigentümern begünstigt werden sollen, ist rechtsstaatlich unvertretbar.
Drittens. Größte Bedenken habe ich auch der scharfen Degression gegenüber, die für die Leistungen nach dem EALG — sowohl für die vor 1949 als auch für die nach 1949 Enteigneten — gelten soll. Bei angemessenen Entschädigungen im Sinne der Eigentumsordnung des Grundgesetzes wird, und dies mit Recht, niemals ein Unterschied nach der Größenordnung der Entschädigung gemacht.
Trotz dieser schwerwiegenden Bedenken, zu denen weitere treten, die ich hier nicht aufführen will, werde ich dem Gesetz deshalb meine Zustimmung geben, weil für die Betroffenen eine Nicht-Regelung der Materie eine noch schlechtere Ausgangssituation bedeutet als diese Regelung. So wird z. B. die Rückgabe persönlichen Besitzes, wie Bilder, Möbel oder dergleichen, wenn damit nicht endlich begonnen wird, im Sande verlaufen. Auch können Rechtsmittel im Einzelfall erst eingelegt werden, wenn es auch ein entsprechendes Gesetz gibt. Schließlich läßt sich ein bestehendes Gesetz schneller verbessern als ein neues schaffen. Nur deshalb stimme ich dem Gesetz zu.
Günther Bredehorn (F.D.P.): Dem Entschädigungs-
und Ausgleichsleistungsgesetz werde ich nicht zustimmen, weil ich es für verfassungswidrig halte. Nach Auffassung namhafter Verfassungsrechtler sind auch die Enteignungen der Jahre 1945 bis 1949 nicht lediglich in Geld zu entschädigen, sondern in erster Linie zurückzugeben, soweit das Unrechtsvermögen in öffentlichen Händen noch verfügbar ist, ohnehin privatisiert werden muß und schutzwürdige Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Dem wird das vorliegende Gesetz nicht gerecht. Die begrenzten Rückerwerbsmöglichkeiten für „Alteigentümer" sind zudem so ausgestattet, daß nur ein begrenzter Kreis von Betroffenen davon Gebrauch machen kann. Die Regelung enthält eine nicht zu rechtfertigende, erneute Diskriminierung der Opfer kommunistischen Unrechts gegenüber Pächtern in den neuen Bundesländern.
In der Bundestagsdebatte zum Einigungsvertrag am 20. September 1990 hat der Bundestagsabgeordnete Hans H. Gattermann auch im Namen von weiteren einunddreißig Mitgliedern der F.D.P.-Bundestagsfraktion erklärt: „Die F.D.P. ist als Rechtsstaatspartei den Grundrechten, also auch der Eigentumsgarantie, verpflichtet. Deshalb können wir die getroffene Regelung für die Enteignungen der Jahre 1945 bis 1949 auf
dem Gebiet der DDR als Festschreibung von Unrecht nicht unkorrigiert hinnehmen." Durch das jetzt vorliegenden EALG-Gesetz wird nach meiner Überzeugung altes Unrecht nicht gutgemacht, ich befürchte sogar, es wird neues Unrecht zugefügt. Für mich ist die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes die Grundlage unserer freiheitlichen Rechts-, Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Dieses Gesetz kann ein erster Schritt zur Aushöhlung des Eigentumsrechts, dem unsere Bürger vertrauen, sein.
Dr. Walter Hitschler (F.D.P.): Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des § 14 GG aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Hans Paintner (F.D.P.): Ich stimme dem vorliegen-
den Gesetzentwurf nur mit großen Bedenken zu.
Durch dieses Gesetz wird in zentraler Weise der Eigentumsbegriff berührt, der für mich von wesentlicher Bedeutung für unsere Verfassungsordnung ist. Das Gesetz basiert auf einem Verständnis des Eigentumsbegriffs, das zumindest in verallgemeinernder und fortgeführter Form die Eigentumsgarantie des § 14 GG aushöhlen könnte.
Ich sehe in diesem objektiv eigentumswidrigen Gesetz einen Sonderfall zur Befriedung der Folgen kommunistischer Gewaltherrschaft, aber keine Regelung, die in irgendeiner Weise ordnungspolitisch wiederholt werden darf.
Dr. Christoph Schnittler (F.D.P.): Das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz konnte auf Grund der extrem unterschiedlichen Interessenlage nur ein Kompromiß sein. Dieser Kompromiß ist nicht sehr glücklich; er enthält eine Reihe ernster Fehler, die schon im geistigen Ansatz zur Lösung des Problems enthalten waren. Ich nenne nur einige Aspekte:
Erstens. Menschen, die 50 Jahre lang ein Stück Boden bewirtschaftet haben, haben auf seinen Besitz ein ebensolches Anrecht erworben wie die, die vor 50 Jahren vom kommunistischen Regime davon verjagt worden sind. Das ist eine moralische Position, keine juristische; sie hätte die Diskussion wesentlich mitbestimmten müssen.
Zweitens. Dieses Gesetz hätte nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die Zukunft gerichtet sein müssen. Das heißt, es hätte nicht vordergründig versuchen sollen, Unrecht wiedergutzumachen, das vor 50 Jahren geschehen ist; ein solcher Versuch ist ohnehin wenig erfolgversprechend. Es hätte vielmehr als wich-
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tigstes Ziel Voraussetzungen für die Entwicklung gesunder landwirtschaftlicher Betriebe in den neuen Ländern schaffen müssen; um so mehr, als dies der einzige Wirtschaftsbereich war, in dem die strukturellen Voraussetzungen für wirtschaftliche Gesundung besser als in den alten Ländern waren. Dies ist nur in Ansätzen gelungen.
Drittens. Das Vertriebenenzuwendungsgesetz hat mit den Entschädigungen und Ausgleichsleistungen nicht das geringste zu tun. Es hätte schon längst als selbständiges Gesetz verabschiedet werden müssen. Statt dessen ist es auf dem Rücken der Vertriebenen als Druckmittel eingesetzt worden, um das gesamte EALG konsensfähig zu machen.
Viertens. Nach 1945 wurden sowohl Deutsche aus der damaligen sowjetischen Besatzungszone vertrieben als auch andere aus Gebieten jenseits unserer heutigen Ostgrenze in die sowjetische Besatzungszone. Beide Gruppen haben den Anspruch auf eine vergleichbare Entschädigung. Ernsthafte politische Anstrengungen, um diesem moralischen Erfordernis gerecht zu werden, sind leider nie unternommen worden. Die einmalige Zuwendung von DM 4 000 ist erfreulich, aber letztlich wohl nicht mehr als eine Beruhigung des Gewissens. Im übrigen halte ich es für unerträglich, daß in diesem Jahr nur die Berechtigten der Geburtsjahrgänge vor 1916 und nicht wenigstens schon die 70jährigen berücksichtigt werden sollen.
Allerdings, Regelungen der Eigentumsansprüche und die Sicherstellung der 4 000-Mark-Zuwendung sind dringend erforderlich; und ein besserer Kompromiß war wohl nicht erreichbar. Deshalb tue ich das, was ein Abgeordneter bei einem solchen wichtigen Gesetz in der Regel nicht tun sollte: Ich werde mich der Stimme enthalten.
Anlage 7
Zu Protokoll gegebene Rede
zu Zusatztagesordnungspunkt 5 (a — Gesetzentwurf
Aber die Entschädigung nach dem Gesetz zur
Regelung offener Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf
besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher
Grundlage b — Antrag: Beseitigung der Investitionshemnisse im eigentumsrechtlichen Bereich der
neuen Bundesländer und Sicherung des Rechtsfriedens)
Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär beim
Bundesminister der Finanzen: Die erste Lesung dieser Gesetzesvorlage war am 13. Mai 1993, also vor genau einem Jahr und einer Woche. Die Regierungsvorlage stieß damals auf heftige Kritik. Sie kam aus ganz unterschiedlichen Lagern. Wie schon zuvor, ist seither mächtig gerungen worden. Herumreden hilft nicht: Der ehrgeizige Vorsatz der Haushaltsneutralität, mit welchem die Bundesregierung — und natürlich allen voran der Bundesfinanzminister — angetreten war, ließ sich nicht halten. Der Entschädigungsfonds mußte massiv aufgestockt werden.
Ursache war die fehlende Akzeptanz für die Vermögensabgabe. Mit ihr konnten sich weder die neuen Bundesländer noch die schließlich mit dem Vorhaben befaßten maßgebenden Abgeordneten anfreunden.
Der Verzicht auf dieses dem Lastenausgleich nachgebildete Instrument hatte einschneidende Folgen für den Entschädigungsfonds. Denn die Ausgewogenheit erforderte, im Gegenzug gleichzeitig die Höhe der Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen anzuheben. Der Entschädigungsfonds wird also doppelt belastet: Durch Mindereinnahmen infolge des Wegfalls der Vermögensabgabe und durch Mehrausgaben für höhere Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen.
Das eine zieht das andere nach sich. Auch die Entschädigungen für NS-verfolgungsbedingte Vermögensverluste mußten erhöht werden. Und bei der Vertriebenenzuwendung gehen wir jetzt von einer geschätzten Zahl der Berechtigten von 800 000 Personen aus. Dem entspricht ein Finanzbedarf von 3,2 Milliarden DM.
Die aus Mitteln des Bundeshaushalts zu deckende Finanzierungslücke beläuft sich auf insgesamt 11 Milliarden DM. Diese gewaltige Summe kann derzeit bei bestem Willen nicht verfügbar gemacht werden. Daher blieb nur der Ausweg: Verschiebung der Fälligkeit um 10 Jahre bei gleichzeitiger Erfüllung der Ansprüche durch Zuteilung handelbarer Schuldverschreibungen. Die Entschädigungsberechtigten können damit auch schon vor dem Jahre 2004, wenn auch abgezinst Bargeld bekommen.
Bei den Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen handelt es sich um Wiedergutmachung, und zwar um die Wiedergutmachung von Unrechtsmaßnahmen, die der Bundesrepublik Deutschland nicht zugerechnet werden können. Der Gesetzgeber hat hier einen weiten Gestaltungsraum, der nur durch das Rechts- und Sozialstaatsprinzip und den allgemeinen Gleichheitssatz begrenzt ist. Wie schon im Regierungsentwurf sollen die Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen pauschal bemessen werden, und zwar auf der Grundlage der Einheitswerte von 1935, die durch einen nach Grundstücksarten differenzierten und im Gesetz selbst normierten Multiplikator an den angenommen Verkehrswert zum 3. Oktober 1990 herangeführt werden. Wie schon bei der Vermögensabgabe sind die Multiplikatoren, so gut es ging, nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der deutschen Vereinigung gewählt worden. Dieser Ansatz allein reicht aber nicht, um zu einer insgesamt, also auch im Verhältnis zu sonstigen Wiedergutmachungsleistungen, ausgewogenen und finanzierbaren Regelung zu gelangen. Daherkommt, wiederum nach dem Vorbild des Lastenausgleichs, das aus dem Sozialstaatsprinzip abgeleitete Instrument der Degression hinzu.
Um es klar zu sagen: Die Erhöhung der Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen kommt vor allem der Masse der Geschädigten zugute, die mittlere Vermögensverluste haben hinnehmen müssen. Die Geschädigten mit großen oder gar besonders großen Vermögensverlusten müssen sich mit sehr viel geringeren Verbesserungen begnügen.
Der am stärksten umkämpfte Punkt war die Frage, ob den besatzungsrechtlich Enteigneten, also den
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Geschädigten zwischen 1945 und 1949, Entschädigung in Natur oder wenigstens ein Rückerwerbsrecht zusätzlich zu den Ausgleichsleistungen eingeräumt werden kann. Hier ist ein Kompromiß in Gestalt einer bevorzugten Rückerwerbsmöglichkeit gefunden worden, wobei es vor allem auf zwei Punkte ankommt:
Erstens. Zwar ist die Rückerwerbsmöglichkeit für den Geschädigten sehr günstig, doch ist sie im Umfang durch seine Ausgleichsleistung beschränkt.
Zweitens. Die vergünstigte Erwerbsmöglichkeit wird nicht nur den geschädigten Alteigentümern, sondern in gleicher Weise auch den heutigen Nutzern, die ihr Land selbst bewirtschaften, also den Pächtern, eingeräumt. Auch diese Landerwerbsmöglichkeit ist im Ausgleichsleistungsgesetz ausdrücklich geregelt.
Damit ist aus meiner Sicht ein sozial verträglicher Ausgleich unterschiedlicher Interessen gefunden worden, wie er uns mit der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 aufgegeben war.
Noch ein Wort zu den Entschädigungen für NS-Verfolgte und zur Vertriebenenzuwendung.
Der geänderte EALG-Entwurf enthält für NS-Verfolgte nunmehr eine besondere gesetzliche Regelung. Sie nimmt inhaltlich einerseits auf das alliierte Rückerstattungsrecht, daß im Bundesrückerstattungsgesetz von 1957 kodifiziert worden ist, Bezug und berücksichtigt andererseits die Ergebnisse des Entschädigungsabkommens vom 13. Mai 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA. Deshalb wird unter Berücksichtigung des zeitlichen Aspektes, also unter Einbeziehung einer gedachten Verzinsung, die Entschädigung von Grundvermögen und von Unternehmen nach dem vierfachen Einheitswert von 1935, und zwar ohne Degression und ohne Abzinsung, bemessen. Zur Vermeidung von Doppelleistungen sind etwaige für den betreffenden Vermögensverlust schon gewährte Wiedergutmachungsleistungen anzurechnen. Dieses Prinzip gilt selbstverständlich generell für alle Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen.
Auch die einmalige Zuwendung an Vertriebene im Beitrittsgebiet in Höhe von 4 000 DM ist wesentlich verbessert worden. Sie soll in bar ausgezahlt werden, und zwar gestaffelt nach Altersjahrgängen. Wer 78 oder älter ist, bekommt seine 4 000 DM sofort. Die heute 66jährigen und Ältere sind ab 1. Januar 1996 berechtigt, die übrigen ab 1. Januar 1998.
Von den Forderungen und Anregungen der Opposition ist eine ganze Reihe in der geänderten Gesetzesvorlage berücksichtigt. Für die NS-Verfolgten ist eine besondere Regelung geschaffen worden; das Wahlrecht wurde auf mindestens sechs Monate verlängert; die Vermögensabgabe für reprivatisierte Unternehmen ist entfallen. Andere Vorstellungen wie z. B. die Abtrennung des Vertriebenenzuwendungsgesetzes, die Erhöhung der Vermögensabgabe bei Restitution auf 50 % oder eine Schmälerung der Ausgleichsleistungen im Vergleich zu den Entschädigungen konnten keine Berücksichtigung finden. Derartige Regelungen würden die befriedende Wirkung der jetzt gefundenen Gesamtlösung nur gefährden.
Zusammen mit den beiden SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen und dem Sachenrechtsänderungsgesetz ist das EALG so etwas wie der Schlußstein im Brückenbogen der deutschen Vereinigung. Noch ist der Prozeß der inneren Vereinigung nicht voll geleistet. Rechtssicherheit ist die grundlegende Voraussetzung für das Heilen der Wunden und darüber hinaus für das Aufblühen von Handel und Wandel. Erst wenn der Gesetzgeber gesprochen hat, kann Ruhe einkehren. Wer die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts einerseits und den jetzt gefundenen Kompromiß andererseits unvoreingenommen auf sich wirken läßt, wird zum Schluß kommen: Es ist dies eine auch verfassungsrechtlich tragfähige Lösung.
Das Deutschlandlied beschwört „Einigkeit und Recht und Freiheit" als Unterpfand des Glückes. So groß die Mühe war, bis hierher zu gelangen, so zuversichtlich bin ich, daß sich diese Mühe gelohnt hat. Ich danke allen, die engagiert an diesem Vorhaben mitgewirkt haben.
Anlage 8
Zu Protokoll gegebene Reden
zu Zusatztagesordnungspunkt 6
(Gesetzentwurf zur Neuregelung der Vorschriften
über den Bundesgrenzschutz)
Joachim Clemens (CDU/CSU): Die Novellierung
des BGS-Gesetzes aus dem Jahr 1972 ist auf Grund der inzwischen eingetretenen Entwicklung des Allgemeinen Polizeirechts und des Datenschutzes notwendig geworden. Der Gesetzentwurf regelt unter Einbeziehung der durch das Aufgabenübertragungsgesetz vom 23. Januar 1992 vom BGS übernommenen zusätzlichen Aufgaben der Bahnpolizei und der Luftsicherheit die vielfältigen Tätigkeitsbereiche des BGS als Polizei des Bundes.
Die Probleme in diesem Gesetz halten sich in Grenzen. Für die CDU/CSU-Fraktion könnte ich mir vorstellen, daß sich Koalition und SPD-Opposition im Innenausschuß und später erneut im Plenum einig werden. Darüber zu sprechen bietet dann die zweite und dritte Lesung gute Gelegenheit.
Ich möchte diese Erste Lesung zum Anlaß nehmen, über anstehende Probleme des BGS zu reden. Es gibt zwei Hauptaufgaben des BGS, nämlich die Sicherung der Grenzen, speziell der zukünftigen EG-Außengrenzen (derzeitig Schengen) durch den Grenzschutzeinzeldienst und die Gewährleistung der inneren Sicherheit im Inland durch BGS-Verbände auf Anforderung und zur Unterstützung der Länder.
Vorher möchte ich noch kurz auf die Bahnpolizei zu sprechen kommen. Auch hier möchte ich im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem Bundesinnenminister Kanther dafür danken, daß er sich vor Ort, d. h. auf der Wache Köln, der bei der Bahnpolizei noch reichlich vorhandenen Probleme angenommen hat, Ich würde mir wünschen, daß noch viele seiner Mitarbeiter in der Polizeiabteilung des BMI seinem Beispiel folgten, anstatt nach Aktenlage oder nach
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dem für die Bahnpolizei nicht zutreffenden — vorläufigen — Organisations- und Dienstplan (ODP) zu entscheiden. Nach mehreren persönlichen Besuchen auf Bahnpolizeiwachen kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, daß die Bahnpolizei in den alten Bundesländern in bezug auf Personal und Ausstattung etwas stiefmütterlich behandelt wird.
Angesichts der insbesondere an den Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik überbordenden organisierten Kriminalität kommt der vom BGS im Verbund mit dem Zoll zu leistenden Grenzsicherheit eine immense Bedeutung in bezug auf die allgemeine Verbrechensbekämpfung im Inland zu.
Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt das Engagement des Bundesinnenministers, durch verstärkte Neueinstellungen und Personalverstärkungen — die leider nur von den BGS-Verbänden kommen (können) — eine intensivere Grenzfahndung und Grenzüberwachung zu gewährleisten. Trotz anerkannter Bemühungen des BMI scheint sie nicht auszureichen. Einer Meldung im Nachrichtenspiegel Inland des Presse- und Informationsamtes vom 5. Mai 1994 ist zu entnehmen, daß sich Zoll und BGS an der ostdeutschen Grenze überfordert fühlen und auf die wohl bevorstehende Reisefreiheit der Russen nicht vorbereitet sind. Außer Personalverstärkungen bedarf es dringend bi-oder multilateraler Vereinbarungen mit den Nachbarländern, vornehmlich Polen und Tschechische Republik, um bereits im Vorfeld illegale Einreise und illegalen Grenzübertritt ständig zu vermeiden, zumindestens erheblich zu beschränken.
Auch müssen polizeiliche Nacheile und grenzüberschreitende Observation in diesen Ländern möglich sein. Wer EG-Ambitionen anmeldet, sollte früh genug beweisen, daß er Grenzsicherheit gewährleisten kann.
Ebenso gewichtig ist die Bewältigung besonderer polizeilicher Lagen mit hohem Störpotential, für die der BGS auf Anforderung und zur Unterstützung der Bundesländer „Polizeiverbände und Spezialkräfte mit ihren besonderen Führungs- und Einsatzmittel" zur Verfügung stellt.
Obwohl in dem durch die Innenministerkonferenz (IMK) im Jahr 1994 fortgeschriebenen „Programm Innere Sicherheit" von der „Beibehaltung der Verbandsstrukturen und dem Vorhalten von gut ausgebildeten, qualifiziert geführten und präsenten Einsatzeinheiten in ausreichendem Umfang" zu lesen ist, muß in jüngerer Zeit der umgekehrte Trend beklagt werden.
In einer Reihe von Bundesländern wird die verbandlich gegliederte Bereitschaftspolizei abgebaut. In einigen Ländern ergibt sich ihr Vorhandensein nur noch auf dem Papier.
Aber auch die BGS-Verbände sind durch ständige und verstärkte Inanspruchnahme für Grenzsicherheitsaufgaben und für andere notwendige Einzeldiensttätigkeiten an die absolute Grenze ihrer Personaldecke gestoßen. Sie ist eigentlich schon bei weitem überzogen. Ihre Spezialkräfte, wie z. B. vorgehaltene Zugriffseinheiten, stehen an der östlichen oder südöstlichen „Grünen Grenze", anstatt die notwendige Fitness und das Zusammenspiel trainieren
zu können. Für Großeinsätze müssen in den Verbänden schon die letzten Reserven mobilisiert werden.
Ein Umdenken tut dringend not, wenn man nicht Gefahr laufen will, bei schwierigen polizeilichen Lagen zweiter Sieger zu bleiben, d. h. die Kontrolle über gewalttätiges Störpotential zu verlieren.
Diese von mir angerissenen sehr aktuellen Probleme können durch dieses Gesetz nicht gelöst werden. Wir brauchen, wenn wir das Grundrecht des Schutzes unserer Bürger vor Kriminalität ernst nehmen, in erster Linie gut ausgebildete Personalverstärkungen, und zwar jetzt für die Verbände. Es klingt zwar schon ein bißchen abgedroschen, aber innere Sicherheit ist nicht zum Nulltarif zu haben.
Der Bundesgrenzschutz als die Polizei des Bundes ist ohne starke, gut trainierte Polizeiverbände und ihre Spezialkräfte neben dem ebenso verantwortungsvollen Einzeldienst an der Grenze einschließlich Bahnpolizei und Luftsicherheitskräften nicht denkbar. Nur so ist der BGS Garant für die innere Sicherheit und den Schutz unserer Bürger vor Gewalt und Verbrechen.
Günter Graf (SPD): Es ist schon erstaunlich und
erlaubt Spekulationen über die Arbeitsweise dieser Bundesregierung und den Stellenwert, den sie der inneren Sicherheit einräumt, daß erst heute der Entwurf eines Gesetzes „zur Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz" eingebracht wird.
Mehr als 10 Jahre sind seit dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichtes vergangen, ohne daß dem Bundesgrenzschutz die zwingend erforderlichen gesetzlichen Befugnisnormen, insbesondere für die polizeiliche Datenverarbeitung, zur Verfügung standen. Daß sich die Polizei — gerade im Bereich der Datenverarbeitung — nicht mehr auf einen Übergangsbonus berufen kann, beweist das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, das die Vernichtung vom BKA erhobener personenbezogener Daten eines Straftäters anordnete, weil dort eben noch keine gesetzliche Regelung über die Aufbewahrung, Speicherung und die Verwertung personenbezogener Daten existiert.
Daß nunmehr entsprechende gesetzliche Regelungen für den BGS beabsichtigt sind, ist grundsätzlich zu begrüßen, zu kritisieren ist jedoch, daß es diese Bundesregierung nicht geschafft hat, die entsprechenden gesetzlichen Regelungen für das Bundeskriminalamt noch in dieser Legislaturperiode zu schaffen.
Die SPD begrüßt ausdrücklich, daß der — seit langem von ihr geforderte — Entwurf nunmehr vorliegt. Dieser Entwurf enthält im wesentlichen Ansätze, die wir Sozialdemokraten mittragen können. Besonders hervorheben will ich den Verzicht auf den Kombattantenstatus der BGS-Verbände (bisheriger § 64 BGS-Gesetz).
Lassen Sie mich dennoch auf einige Punkte eingehen, bei denen aus unserer Sicht eine Klarstellung erforderlich ist bzw. die die SPD in dieser Fassung nicht mittragen kann:
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Erstens. Nicht mittragen können wir die Vorschrift über die Unterstützung des Bundesamtes für Verfassungsschutz durch den Bundesgrenzschutz auf dem Gebiet der Funktechnik (§ 10). Durch diese Vorschrift wird die gesetzliche Grundlage für eine besondere Form der Unterstützung des Bundesamtes für Verfassungsschutz geschaffen, die der Bundesgrenzschutz durch eine spezielle Organisationseinheit, die Gruppe Fernmeldewesen mit Sitz in Swisttal - Heimerzheim, schon seit 1955 (ohne gesetzliche Regelung!) im Wege einer Art Organleihe durchführt. Hinsichtlich der Unterstützung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der anderen Nachrichtendienste durch den BGS auf dem Gebiet der Funktechnik wird eine Daueramtshilfe festgeschrieben, die nach unserer Ansicht rechtlich nicht zulässig ist. Hier besteht nicht nur politischer, sondern auch rechtlicher Erörterungsbedarf im Hinblick auf einen Verstoß gegen das organisatorische Trennungsgebot von Verfassungsschutz und Polizei. Wir halten hier eine organisatorische Lösung für sachgerecht, durch die dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine eigene Personal- und Sachmittelausstattung zur Wahrnehmung dieser Aufgabe zur Verfügung gestellt wird.
Zweitens. Wir werden darüber zu diskutieren haben, ob die Beibehaltung der Grenzschutzdienstpflicht nach wie vor erforderlich ist. Nach unserer Ansicht ist die Grenzschutzdienstpflicht mit dem Charakter des Bundesgrenzschutzes als moderner Polizei nicht vereinbar. Die Heranziehung von Wehrpflichtigen zu polizeilichen Aufgaben kann den hohen Anforderungen des Polizeiberufes nicht gerecht werden. Weitere Bedenken ergeben sich auch aus der Gesamtschau der Grenzschutzdienstpflicht mit der Regelung über Hilfspolizeibeamte. Es besteht nach unserer Ansicht die Gefahr, daß durch diese Regelungen zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben anstelle von qualifiziert ausgebildeten Polizeivollzugsbeamten im BGS verstärkt nicht hinreichend qualifizierte Hilfspersonen eingesetzt werden.
Drittens. Zur Verwendung des Bundesgrenzschutzes im Ausland (§ 8): Die SPD erkennt die Notwendigkeit der Verwendung des Bundesgrenzschutzes im Ausland. Wir begrüßen es, daß die Frage, in welcher Weise der Deutsche Bundestag an der Entscheidung der Bundesregierung über Entsendung des Bundesgrenzschutzes beteiligt werden soll, in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages, analog der zu erwartenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Verwendung der Bundeswehr im Ausland geklärt werden soll. Dennoch halten wir eine Klarstellung in § 8 in der Weise für erforderlich, daß die Voraussetzungen des Bundesgrenzschutzes zur Mitwirkung an polizeilichen oder anderen nichtmilitärischen Aufgaben präzisiert werden und weitestgehend sichergestellt wird, daß der Bundesgrenzschutz nicht in Ländern eingesetzt wird, bei denen von vornherein eine Gefahr für Leib und Leben der eingesetzten Beamten zu befürchten ist.
Viertens. Zu diskutieren wird auch sein, ob die in § 42 geregelte Unterbindungsgewahrsamsdauer von 4 Tagen erforderlich ist.
Im Hinblick auf das vereinte Europa ist es notwendig, daß nicht nur die gesetzlichen Grundlagen für den
Bundesgrenzschutz geschaffen werden, sondern es muß auch sichergestellt werden, daß der Bundesgrenzschutz organisatorisch so gestaltet wird, daß er den neuen Herausforderungen insbesondere an den deutschen Ostgrenzen gerecht werden kann. Deshalb, meine Damen und Herren, muß bei den Beratungen zu diesem Gesetzentwurf auch auf die organisatorische und personelle Situation sowie die Einsatzbereitschaft und Verwendung des Bundesgrenzschutzes eingegangen werden.
Ich halte es für zwingend erforderlich, daß wir auch im Rahmen dieser Debatte über grundsätzliche Neukonzeptionen des Bundesgrenzschutzes nachdenken müssen. Neue Situationen erfordern neue Lösungsmöglichkeiten.
Der Grundsatz, verschärfte Kontrollen an den äußeren Grenzen durchzuführen, hat zur Folge, daß die Sicherheitskontrollen im wesentlichen von den inneren Grenzen — auch wenn gewisse Kontrollen dort beibehalten werden können — an die äußeren verlegt werden müssen. Dieser so einfach klingende Grundsatz ist jedoch sehr schwierig in die Tat umsetzbar. Bisher sind die polizeilichen Kontrollen jedenfalls unzulänglich. Grund dafür ist u. a. die nach wie vor unzureichende personelle und sachliche Ausstattung der an den Ostgrenzen zuständigen Grenzschutzbehörden.
Darüber hinaus ist es bisher — gerade an den Außengrenzen — nicht gelungen, pragmatische Lösungen zu finden, die sicherstellen, daß Kontrollen z. B. durch paritätisch besetzte Dienststellen durchgeführt werden können. So läge z. B. die Verhaftungsgewalt bei dem Polizisten mit der Staatsangehörigkeit des Staates, auf dessen Hoheitsgebiet die gemeinsame Dienststelle sich im Augenblick der Festnahme befindet. Dies würde dazu beitragen, vorhandene Rechtsprobleme zu vermeiden und eine effektivere Kontrolle und somit eine effektivere Kriminalitätsbekämpfung zu ermöglichen, die letztlich sogar Kosten einsparen wurden, und zwar auf beiden Seiten.
Die Schaffung gemeinsam besetzter Polizeidienststellen an den Grenzkontrollpunkten ist auch eine wesentliche Voraussetzung für die polizeiliche Kooperation. Diese kann nur erfolgreich sein, wenn Informationen über Weisungen an nachgeordnete Dienststellen ausgetauscht werden und wenn die Aus- und Fortbildung der Beamten an die jeweilige Grenzsituation angepaßt wird. Derartige Maßnahmen sind durchaus nicht neu. So gibt es z. B. einen Austausch von Interpol-Verbindungsbeamten zwischen Deutschland und Italien, Spanien, Frankreich. Auch das Bundeskriminalamt verfügt über Verbindungsbeamte in EG- und Nicht-EG-Ländern wie z. B. in der Türkei und Argentinien. Ziel dieser Maßnahmen muß sein, den Informationsaustausch zur präventiven und repressiven Verbrechensbekämpfung zu verstärken sowie Unterstützung bei polizeilicher und justitieller Rechtshilfe in Strafsachen zu leisten.
Ich meine, wir sollten auch darüber nachdenken und miteinander reden, ob es nicht sinnvoll wäre, den Schutz unserer Außengrenzen einer europäischen Grenzpolizei (einer Schengener Grenzpolizei), die sich aus Mitgliedern aller angehörigen Staaten zusammensetzt, zu übertragen.
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In diesen Sinne appelliere ich an Sie, meine Damen und Herren, lassen Sie uns sachlich und zügig über diesen Gesetzentwurf beraten, auch aus Gründen der Fürsorge des Dienstherrn gegenüber seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Lassen Sie uns gemeinsam die erforderlichen Entscheidungen treffen, mit denen unser Bundesgrenzschutz künftig seine schwierigen Aufgaben — auf einer klaren gesetzlichen Basis — erfüllen kann!
Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.): Der BGS hat einen
langen Weg hinter sich. Das Wort „Grenzschutz" erinnert daran, daß der BGS einmal eine militärähnliche Einrichtung war mit Kombattantenstatus, mit Dienstbezeichnungen und Uniformen, die militärähnlich waren. Es gab eine Dienstpflicht, man konnte zum BGS eingezogen werden. Den einen oder anderen Rest findet man noch wieder, sozusagen der genetische Wurmfortsatz der Vergangenheit, aber — und das ist das Entscheidende — der Bundesgrenzschutz ist auf dem Weg zur normalen Polizei des Bundes nahezu am Ziel angelangt. Er ist eine notwendige Verstärkung der Polizei der Länder, ohne die gerade die kleinen Bundesländer ihre Sicherheitsprobleme nicht mehr lösen können. Das gilt auch für die neuen Bundesländer und für Aufgaben, die früher unzweifelhaft Landessache waren wie z. B. die Sicherheit der Flughäfen. Auch die Aufgaben der Bahnpolizei sind vom BGS übernommen worden.
Wir brauchen also eine enge polizeiliche Zusammenarbeit und nach Möglichkeit auch übereinstimmende polizeiliche Befugnisse. Zur föderalen Polizei gehört mehr Zusammenarbeit und mehr Koordination in der Ausbildung, bei der Einsatztaktik, bei gemeinsamen Übungen und Einsätzen und natürlich im Polizeirecht selbst.
Wir schlagen nun gesetzliche Regelungen vor, die einem modernen Polizeirecht entsprechen und die eine wesentliche Aufgabe erfüllen können: nämlich ein Schnittmuster zu werden für polizeiliche Regelungen der Länder, bei denen wir mit Sorge beobachten, daß sich die polizeilichen Kompetenzen zum Nachteil der Rechtssicherheit, zum Nachteil der Bürger und zum Nachteil der Polizei auseinanderentwickeln. Dabei haben sich Tendenzen ergeben, die problematisch sind. Die Polizei soll nicht nur in der Lage sein, Gefahren abzuwehren, sie soll nach der Vorstellung mancher Länder auch Gefahren und Straftaten abwehren, die noch gar nicht drohen oder noch nicht begangen worden sind, sondern von denen man nur annimmt, daß sie in Zukunft begangen werden könnten. Wie gehen wir mit dem Bürger um, der nicht in Verdacht geraten ist etwas Verbotenes getan zu haben, sondern von dem die Polizei annimmt, er könnte vielleicht in Zukunft etwas Verbotenes tun? Bei den mir zugestandenen fünf Minuten kann ich das Problem nur erwähnen, aber nicht seine Lösung vortragen.
Ähnliches gilt zum sogenannten Unterbindungsgewahrsam, also zu der Frage: Darf denn die Polizei und für wie lange mit richterlicher Entscheidung Leute festhalten, nicht weil sie etwas getan haben, sondern weil man annimmt, daß sie etwas tun werden oder wieder tun werden? Wir suchen die Lösung in der Überlegung, daß die Polizeirechte dann anders aussehen können, wenn bereits ein manifester Landfriedensbruch oder eine ähnliche öffentliche Straftat vorliegt.
Schließlich bedarf es einer Überlegung, welche parlamentarischen Mitwirkungsrechte dann gegeben sein müssen, wenn der Bundesgrenzschutz außerhalb seiner eigentlichen Aufgabe im Ausland in operativer Weise auf Wunsch der Vereinten Nationen oder eines Regionalbündnisses eingesetzt werden soll. Wir müssen uns in dieser Frage an der zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Bundeswehr orientieren.
Wir werden diese Gesetzgebung nicht abschließen können ohne zu wissen, welche Vorstellungen die Bundesländer im Bundesrat dazu beschließen. Wir haben eine föderale Polizei. Sie soll das bleiben. Darum ist die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern von größter Bedeutung. Wir wollen in dieser Legislaturperiode fertig werden, aber wir müssen uns die dafür erforderliche Zeit nehmen. In diesem Sinne wollen wir bereits in der kommenden Woche im Innenausschuß mit der Beratung des Gesetzentwurfes beginnen.
Ulla Jelpke (PDS/Linke Liste): Ich muß Ihnen sagen,
daß ich eine Wut im Bauch hatte, als vor zwei Tagen in „Kennzeichen D" der Bundesinnenminister Pastoren über rechtsstaatliches Verhalten belehrte. Die Pastoren hatten Asylsuchende versteckt. Manfred Kanther wies darauf hin, daß auch Pastoren Normen und Gesetze zu respektieren, ja zu wertschätzen hätten und daß es nicht in die Beliebigkeit des einzelnen gestellt sei, sich sein eigenes Recht zu basteln.
Erwischt habe ich nun die Herren Marschewski und Clemens, die eigentlich keinen Hehl daraus machen, daß sie sich keineswegs an Normen und Gesetze halten, wenn es beispielsweise um den Einsatz und die Aufgabenstellung des Bundesgrenzschutzes geht. Hier wurde in einer Grauzone der Illegalität, ohne Rechtsgrundlage, über Jahre eine Praxis entwickelt, die sich vor allem an Kriterien der Effektivität moderner Verbrechensbekämpfung orientierte und sich ganz offensichtlich im Widerspruch zu Verfassungsnormen bewegte.
Ich will das mal so ausdrücken: Es war doch in diesem Lande den Strategen der inneren Sicherheit und den Verantwortlichen durchaus bewußt, daß es ein glasklarer Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdienst war, als man den BGS beauftragte, für den Verfassungsschutz zu horchen. Und ich will auch mal behaupten, daß man sich darüber im klaren war, daß eine Regelung dieses permanenten Verfassungsbruches durch interne Richtlinien weiterhin ein Verfassungsbruch blieb. Und dieser Verfassungsbruch wurde dadurch verschlimmert, daß man dem Parlament die Kontrolle über diese institutionelle Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und BGS weitgehend entzog.
Erwischt habe ich die Herren Marschewski und Clemens, weil sie in einer gemeinsamen Presseerklärung zur Novellierung des BGS-Gesetzes ausführten — ich zitiere: „Schaffung normenklarer Grundlagen
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für die Aufgaben und die bislang nicht geregelten sonstigen Verwendungen des BGS" . Ja, und der Hammer ist, daß dann eine ellenlange Aufzählung folgt, was denn alles zu regeln ist: vor allem die Datenerhebung, -speicherung und -weitergabe; der Einsatz von V-Leuten; der verdeckte Einsatz von technischen Mitteln zur Überwachung von Personen außerhalb der Wohnung; Einsatz selbsttätiger Bildaufnahmegeräte an der Grenze usw. usw. Alles seit Jahren praktiziert ohne Rechtsgrundlage!
Ich möchte betonen: Die letzte Novellierung des BGS-Gesetzes ist noch gar nicht lange her. Da hat die Regierung mit ihrem Gesetz das föderale Prinzip, nach dem Polizei Ländersache ist, weiter ausgehoben. Die Klage des Landes Nordrhein-Westfalen vor dem Bundesverfassungsgericht harrt immer noch einer Klärung.
Es wird Sie nicht überraschen, daß es mir natürlich lieber ist, wenn Pastoren und ganze Kirchengemeinden aus humanitären und christlichen Gründen sich gegen staatliche Anmaßung stellen, als wenn der Staat aus Gründen der Machtzusammenballung und aus irgendwelchen Effizienzgründen demokratische Prinzipien aushebeln dürfte. Für den Bürger und die Demokratie ist nur das letztere gefährlich.
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Mit der Neufassung des Bundesgrenzschutzgesetzes soll der Bundesgrenzschutz verbesserte und zukunftsweisende Rechtsgrundlagen für seine anspruchsvollen und vielfältigen Aufgaben als Polizei des Bundes erhalten. Ich erinnere daran, daß zu seinen Aufgaben nicht nur seine klassische Tätigkeit als Grenzpolizei gehört, sondern seit 1992 auch die Aufgaben der Bahnpolizei und der Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs auf den meisten größeren Flughäfen der Bundesrepublik. Hinzu kommen noch Aufgaben des Objektschutzes für Verfassungsorgane und Ministerien des Bundes sowie Aufgaben auf hoher See, die insbesondere den Umweltschutz betreffen.
Das Zusammenwachsen Europas führt zu einer weiteren Internationalisierung und Professionalisierung des Verbrechens. Die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität ist daher ein wichtiger Baustein für ein auch in Zukunft friedliches Zusammenleben im Inneren unseres Landes. Bei der Bekämpfung der illegalen Zuwanderung, des Rauschgiftschmuggels, der internationalen Kfz-Verschiebung, des Waffenhandels und der Schleuserkriminalität gewinnt die Grenzsicherheit eine Bedeutung, die weit über das polizeiliche Vorgehen an der Grenze selbst hinausgeht.
Verbrechensbekämpfung und Grenzsicherheit sind untrennbar miteinander verbunden. Die Bedeutung des Bundesgrenzschutzes bei der Gewährleistung der Grenzsicherheit kann daher gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Damit der Bundesgrenzschutz den ihm gestellten Anforderungen gerecht werden kann, hat die Bundesregierung wesentliche Voraussetzungen hierfür in den letzten Jahren durch eine erhebliche Verstärkung des Personals geschaffen. 1993 konnten sämtliche
3 140 Ausbildungsplätze beim Bundesgrenzschutz besetzt werden. 1994 werden weitere 3 700 Polizeibewerber im Bundesgrenzschutz eingestellt. Wenn diese Anwärter für den Polizeiberuf im Bundesgrenzschutz ihre Ausbildung beendet haben, wird der Bundesgrenzschutz erstmals in seiner Geschichte planmäßig über rund 29 000 Polizeivollzugsbeamte und -beamtinnen verfügen.
Neben der Personalverstärkung ist die Schaffung eines geeigneten und effizienten polizeilichen Instrumentariums für den Bundesgrenzschutz unabdingbare Voraussetzung für seine Aufgabenerfüllung. Nach dem Verbrechensbekämpfungsgesetz 1994 mit einer Vielzahl von konkreten Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung ist die Vorlage des Bundesgrenzschutzgesetzes ein weiterer wichtiger Baustein einer konsequenten Sicherheitspolitik der Bundesregierung.
Der Gesetzentwurf sieht daher vor allem für die präventive Bekämpfung der grenzbezogenen Kriminalität und zur Verhinderung illegaler Grenzübertritte verbesserte und zum Teil erweiterte polizeiliche Befugnisse vor. Zu nennen sind Rechtsgrundlagen für die grenzpolizeiliche Beobachtung und die längerfristige Observation verdächtiger Personen, eine wirksamere Grenzfahndung sowie erweiterte Befugnisse zur Identitätskontrolle auch im Hinterland diesseits zur Grenze.
Außerdem wird die Möglichkeit geschaffen, gewalttätige Straftäter und Störer, insbesondere Rädelsführer, aufgrund richterlicher Anordnung bis zu vier Tagen in Gewahrsam zu nehmen, um die Fortsetzung von Straftaten des Landfriedensbruchs und der gemeinsam begangenen Nötigung zu unterbinden (sogenannter verlängerter Unterbindungsgewahrsam). Im Zuständigkeitsbereich des Bundesgrenzschutzes ist diese Vorschrift vor allem anwendbar bei gewalttätigen Ausschreitungen, etwa Blockaden von Grenzübergängen oder Bahngleisen.
Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt des Gesetzentwurfs ist die Schaffung tragfähiger Rechtsgrundlagen für die Datenerhebung und -verarbeitung durch den Bundesgrenzschutz. Dabei wird den Belangen der inneren Sicherheit und des Datenschutzes gleichermaßen Rechnung getragen.
Weiterhin enthält der Entwurf klarstellende Regelungen für bislang nicht gesetzlich geregelte Verwendungen des Bundesgrenzschutzes. Dabei geht es insbesondere um die Beteiligung an Polizeieinsätzen im Rahmen von Friedensmissionen der Vereinten Nationen. Polizeiliche Aufgaben im Ausland hat der Bundesgrenzschutz schon mehrfach übernommen: Namibia 1989/90, Kambodscha 1992/93, zur Zeit in der West-Sahara sowie an der Donau zur Verstärkung des VN-Embargos gegen Rest-Jugoslawien.
Mit dem Gesetzentwurf wird schließlich eine Rechtsangleichung an die Polizeigesetze der Länder angestrebt, um eine wirkungsvolle polizeiliche Zusammenarbeit sicherzustellen. Auch für die internationale Zusammenarbeit enthält der Entwurf Bestimmungen, die zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Kriminalitätsbekämpfung einen Informationsaustausch sowie eine europäische und inter-
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nationale Zusammenarbeit auf der Grundlage völkerrechtlicher Vereinbarungen ermöglichen.
Die Bundesregierung hat am 11. Mai einen inhaltsgleichen Entwurf beschlossen, der derzeit bereits im Bundesrat erörtert wird. Die Stellungnahme des Bundesrates wird nach einem abgekürzten Zuleitungsverfahren schon am 10. Juni erwartet, damit dessen Vorschläge noch in die Ausschußberatung des Deutschen Bundestages zu dem Koalitionsentwurf einfließen können.
Mit diesem zweigleisigen Verfahren sollte es möglich sein, die für die innere Sicherheit wichtige Neufassung des Bundesgrenzschutzgesetzes noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.
Anlage 9
Amtliche Mitteilungen
Der Bundesrat hat in seiner 668. Sitzung am 29. April 1994 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen:
Gesetz zur Vereinheitlichung und Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts (Arbeitszeitrechtsgesetz — ArbZRG)
Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz — MPhG)
... Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes
Zehntes Gesetz zur Änderung des Häftlingshilfegesetzes und anderer Gesetze
... Strafrechtsänderungsgesetz — §§ 175, 182 StGB (... StrÄndG)
Gesetz zur Änderung von Vorschriften über das Schuldnerverzeichnis
Gesetz zu dem Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (Zustimmungsgesetz zum Basler Übereinkommen)
Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz — PflegeVG)
Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs — 2. SGBÄndG)
Zweites Gesetz zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes
... Gesetz zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes Elftes Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften
Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung gefaßt.
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht:
Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/5461 Innenausschuß
Drucksache 11/4985 Drucksache 11/7561 Drucksache 12/541 Drucksache 12/5174 Drucksache 12/5549 Finanzausschuß
Drucksache 12/6628
Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/1249 Drucksache 12/2382 Drucksache 12/4055 Drucksache 12/4188 Drucksache 12/5620 Drucksache 12/6170 Drucksache 12/6676 Drucksache 12/6840 Drucksache 12/6844 Drucksache 12/6907
Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat:
Innenausschuß
Drucksache 12/210 Nr. 30 Drucksache 12/4131 Nrn. 3.2, 3.3
Finanzausschuß
Drucksache 12/6902 Nrn. 2.5, 2.6, 2.7
Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/2582 Nr. 2.4 Drucksache 12/3182 Nr. 12 Drucksache 12/5358 Nr. 7 Drucksache 12/6649 Nr. 2.9 Drucksache 12/7180 Nm. 3, 4
Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/6902 Nr. 2.52
Zum Elften Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften
1. Der Bundesrat begrüßt den Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages, der wesentlich zur weiteren Flexibilisierung und Ausweitung der Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten beiträgt.
Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, daß die neue Fassung des § 44 a Abs. 5 BRRG noch nicht ausreichend ist, um den geänderten gesellschaftlichen Bedürfnissen hinreichend Rechnung zu tragen. Deshalb sollte geprüft werden, ob in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren § 44 a Abs. 5 BRRG wie folgt gefaßt werden kann:
„Abweichend von den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann Beamten mit Dienstbezügen nach einer Teilzeitbeschäftigung oder Beurlaubung im öffentlichen Dienst von zusammen mindestens 15 Jahren und nach Vollendung des fünfzigsten Lebensjahres auf Antrag Teilzeitbeschäftigung bis zur Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit bewilligt werden, ...".
Begründung:
§ 44a Abs. 5 BRRG ermöglicht in der derzeitigen Fassung Teilzeitbeschäftigung ab dem 50. Lebensjahr nur, wenn der Antragsteller vorher mindestens 15 Jahre teilzeitbeschäftigt war und die Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung nicht mehr zuzumuten ist. Gerade für Beamte, die während der maßgeblichen 15 Jahre nicht nur teilzeitbeschäftigt, sondern zeitweise sogar beurlaubt waren, kann die Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung eine besondere Härte darstellen.
Es ist den Betroffenen nicht vermittelbar, warum Bedienstete, die während der maßgeblichen 15 Jahre auch nur kurze Zeit zur Kinderbetreuung oder Pflege naher Angehöriger beurlaubt waren, von der Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung nach der neuen Fassung des § 44 a Abs. 5 BRRG ausgeschlossen sein sollen.
Da derartige Beurlaubungsmöglichkeiten in der Regel von Frauen wahrgenommen werden, wurde auch schon der Vorwurf erhoben, § 44 a Abs. 5 BRRG stelle eine mittelbare Diskriminierung der Frauen dar.
Im Hinblick auf die dargestellte Problematik sollte die Möglichkeit einer entsprechenden Änderung des § 44 a Abs. 5 BRRG in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft werden.
Angesichts der Dringlichkeit des Elften Dienstrechtsänderungsgesetzes wird auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet.
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Mai 1994 19957*
2. Der Bundesrat bittet ferner zu prüfen, ob
— in § 44a Abs. 1 Satz 1 BRRG und § 72a Abs. 1 Satz 1 BBG nach den Worten "im öffentlichen Dienst zu beschäftigen," die Worte "oder in Bereichen, in denen wegen des Wegfalls von Stellen ein Personalüberhang besteht,"
sowie
— in § 48b Abs. 1 und § 76a Abs. 2 Satz 1 DRig jeweils nach den Worten „im öffentlichen Dienst zu beschäftigen," die Worte „oder in Fällen, in denen wegen des Wegfalls von Stellen ein Personalüberhang besteht, "
einzufügen sind.
Begründung:
Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf — BR-Drs. 509/93 (Beschluß) — gefordert, daß auch in Bereichen, in denen wegen des Wegfalls von Stellen ein Personalüberhang besteht, auf Antrag Teilzeitbeschäftigung und Urlaub ohne Dienstbezüge bewilligt werden kann.
Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 10. März 1994 des Gesetz beschlossen, den Änderungswunsch des Bundesrates jedoch nicht übernommen.
Nach Auffassung des Bundesrates können die von der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Bundestag dargelegten Gründe nicht überzeugen. Auch die Pflicht zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist durch das Grundgesetz vorgegeben. Die dringend erforderlichen Personalkosteneinsparungen können insbesondere durch Stellenabbau erreicht werden. Die Schaffung der neuen Fallgruppe ist durchaus als "Sondermaßnahme" zur Beseitigung der stark angespannten Haushaltslage zu verstehen, es handelt sich hierbei auch um eine Ausnahmeregelung nur für einen eng begrenzten Bereich.
Darüber hinaus verkennt die Bundesregierung, daß auch dieser Teilzeitbeschäftigungs- und Beurlaubungsgrund der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit dient und damit ebenfalls vom Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gedeckt ist. Die öffentlichen Haushalte der Bundesrepublik müssen in größerem Umfang Stellen einsparen. Durch eine Umverteilung der vorhandenen finanzierten Arbeit im öffentlichen Dienst auf mehr Beschäftigte wird mit oder ohne Personalüberhang erreicht, daß mehr Beschäftigungsmöglichkeiten als ohne eine derartige Maßnahme erhalten bleiben.