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    Plenarprotokoll 12/208 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 208. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Inhalt: Nachruf auf den Abgeordneten Hans H. Gattermann 17921 A Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung der Republik Kuba, Dr. Ricardo Alarcón de Ozuesada, mit seiner Delegation 17921 C Verzicht des Abgeordneten Dr. Bertram Wieczorek (Auerbach) auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 17921 D Eintritt der Abgeordneten Dr. Christa Schmidt und Detlef Parr in den Deutschen Bundestag 17921 D Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 17921 D Absetzung des Punktes 6a von der Tagesordnung 17995 C Tagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache 12/6717) b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Drucksache 12/6718) c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Postverfassungsgesetzes (Drucksache 12/4329) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Dr. Ilja Seifert und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Reform der Deutschen Bundespost (Drucksache 12/6635) Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU . . 17922C Hans Gottfried Bernrath SPD . 17923D, 17935D Jürgen Timm F.D.P. 17927B, 17936 B Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 17929B Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU . 17930C Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 17931C Arne Börnsen (Ritterhude) SPD 17933 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 17935B, 17938A Hans-Eberhard Urbaniak SPD 17936 C Dr. Bernd Protzner CDU/CSU 17936D Peter Paterna SPD 17939 C Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ 17941C Erwin Marschewski CDU/CSU 17942 C Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . . . 17943B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 17944A Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMPT 17945A Tagesordnungspunkt 6: Aktionsprogramm für mehr Wachstum und Beschäftigung a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Beschäftigungsförderungsgesetzes 1994 (Drucksache 12/6719) II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes und der Bundeshaushaltsordnung (Drucksache 12/6720) c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts (Drucksache 12/6721) d) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (Drucksache 12/6699) e) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Rabattgesetzes und der Verordnung zur Durchführung des Rabattgesetzes (Rabattgesetzaufhebungsgesetz) (Drucksache 12/6722) f) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung (Drucksache 12/6723) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksache 12/6481) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Abgeordneten Petra Bläss und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Änderung des § 249 h des Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksache 12/6572) Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 17946C Siegmar Mosdorf SPD 17950B, 17955C, 17964 C Dr. Uwe Jens SPD 17951 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 17953 A Dieter-Julius Cronenberg (Arnsberg) FDP 17953C, 17962 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 17954D, 17969 C Ernst Schwanhold SPD . . . 17955B, 17968 D Dr. Peter Struck SPD 17958B Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 17959A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17961A Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 17963D Konrad Gilges SPD 17964D, 17966B, 17975D, 17982B Ernst Hinsken CDU/CSU 17967 B Hans-Eberhard Urbaniak SPD 17969B Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 17970 A Albert Pfuhl SPD 17970 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . 17970C, 17978 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU . . . . 17972 C Dr. Gisela Babel F.D.P. 17973 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 17974 C Konrad Gilges SPD 17977 A Dr. Gisela Babel F.D.P. 17977 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 17979 C Petra Bläss PDS/Linke Liste 17981 A Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ 17981 D Elke Wülfing CDU/CSU 17983 C Ursula Schmidt (Aachen) SPD 17985A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 17986 D Joachim Gres CDU/CSU 17987 D Dr. Nils Diederich (Berlin) SPD 17989C, 17995B Jürgen Türk F.D.P. 17991 A Dr. Rudolf Karl Krause (Bonese) fraktionslos 17991 B Georg Gallus F D P 17991 D Volker Kauder CDU/CSU 17992 C Robert Antretter SPD 17993 B Ursula Schmidt (Aachen) SPD 17994 C Tagesordnungspunkt 18: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) (Drucksache 12/6679) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. März 1993 zur Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und zu weiteren Übereinkünften (Drucksache 12/6477) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts und zur Umsetzung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Markenrechtsreformgesetz) (Drucksache 12/6581) Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 III d) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksache 12/6586) e) Antrag des Bundesministeriums für Wirtschaft: Rechnungslegung fiber das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1992 — (Drucksache 12/6533) . . . . 17995 C Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Freimut Duve, Hans Gottfried Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erhalt der Buchpreisbindung (Drucksache 12/3388) 17996A Zusatztagesordnungspunkt 6 b: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren Antrag der Abgeordneten Dr. Hans de With, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bekämpfung des Insider-Handels an deutschen Börsen (Drucksache 12/5437) . . . . . . . . . . . . . . . 17996A Tagesordnungspunkt 19: a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzabkommen vom 22. Dezember 1992 zum Abkommen vom 20. Oktober 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft fiber Arbeitslosenversicherung (Drucksachen 12/6536, 12/6634, 12/6645) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Tierzuchtgesetzes (Drucksachen 12/5741, 12/6660) c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur zeitlichen Begrenzung der Nachhaftung von Gesellschaftern (Nachhaftungsbegrenzungsgesetz) (Drucksachen 12/1868, 12/6569) d) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über den Transport von Gas durch eine Rohrleitung vom norwegischen Festlandsockel und von anderen Gebieten in die Bundesrepublik Deutschland (Europipe-Abkommen) (Drucksachen 12/5840, 12/6583) e) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 14. Juli 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Leistung gegenseitigen Beistands bei den Steuern (Deutsch-schwedisches Steuerabkommen) (Drucksachen 12/5838, 12/6651, 12/6652) f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Nichtanpassung von Amtsgehalt und Ortszuschlag der Mitglieder der Bundesregierung und der Parlamentarischen Staatssekretäre in den Jahren 1992 und 1993 (Drucksachen 12/5830, 12/6600, 12/6657) g) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 13. November 1992 zu den Protokollen vom 20. Dezember 1961 fiber die Errichtung der Internationalen Kommissionen zum Schutz der Mosel und der Saar gegen Verunreinigung und dem ergänzenden Protokoll vom 22. März 1990 zu diesen beiden Protokollen (Drucksachen 12/5446, 12/6617) h) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Verschollenheitsgesetzes (Drucksachen 12/5832, 12/6656) i) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Zusatzprotokoll vom 6. September 1989 zu dem Übereinkommen vom 4. September 1958 fiber den internationalen Austausch von Auskünften in Personenstandsangelegenheiten (Drucksachen 12/2657, 12/6668) j) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Arbeitsunterlage der Kommission Leitlinien für die Gemeinschaftsaktion im Bereich allgemeine und berufliche Bildung (Drucksachen 12/5358 Nr. 31, 12/6437) IV Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 k) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Mehl, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Naturschutz auf Bundeswehrliegenschaften (Drucksachen 12/3769, 12/6576) 1) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Abfalldeponien (Drucksachen 12/1072 Nr. 24, 12/6577) m) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 1112 Titel 681 11 — Eingliederungshilfe für Aussiedler — (Drucksachen 12/5907, 12/6593) n) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 1112 Titel 681 05 — Altersübergangsgeld für Empfänger in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet — (Drucksachen 12/6268, 12/6594) o) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 1112 Titel 681 04 — Vorruhestandsgeld für Empfänger in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet — (Drucksachen 12/6417, 12/6595) p) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 14 23 Titel 681 23 — Sonderleistungen, Mietbeihilfe und Wirtschaftsbeihilfe — (Drucksachen 12/6369, 12/6596) q) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Einhundertzweiundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — (Drucksachen 12/5935, 12/ 6642) 17996B Tagesordnungspunkt 2 (Fortsetzung): Fragestunde — Drucksache 12/6691 vom 28. Januar 1994 — Erlaß einer Verordnung zur Wärmenutzung MdlAnfr 12 Monika Ganseforth SPD Antw StSekr Clemens Stroetmann BMU 18000A ZusFr Monika Ganseforth SPD 18000B Vertrag der Bundesbaudirektion mit der privaten Firma ABE über die Bauüberwachung des Schürmann-Baus MdlAnfr 15, 16 Gabriele Iwersen SPD Antw BMin Dr. Irmgard Schwaetzer BMBau 18000D, 18002 B ZusFr Gabriele Iwersen SPD 18002 C ZusFr Peter Conradi SPD . . . 18001A, 18003 B ZusFr Otto Reschke SPD . . . 18001B, 18002D ZusFr Dr. Walter Hitschler F.D.P. 18001C, 18002D ZusFr Walter Schöler SPD 18001 D ZusFr Ina Albowitz F.D.P. 18001 D ZusFr Iris Gleicke SPD 18002 A Erlaß eines Baustopps für den gesamten Schürmann-Bau durch das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau; Konsequenzen für die mit der Bauleitung beauftragte private Firma ABE hinsichtlich der Abnahme nicht erbrachter Bauleistungen MdlAnfr 17, 18 Iris Gleicke SPD Antw BMin Dr. Irmgard Schwaetzer BMBau 18003C, 18005 C ZusFr Iris Gleicke SPD 18003 D ZusFr Peter Conradi SPD . . . 18004A, 18005D ZusFr Gabriele Iwersen SPD 18004 A ZusFr Otto Reschke SPD . . . 18004C, 18005 D ZusFr Achim Großmann SPD 18004 D ZusFr Dr. Walter Hitschler F.D.P. . . . 18005B ZusFr Walter Schöler SPD 18005 B Gespräch der Bundesministerin für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau mit der Präsidentin der Bundesbaudirektion am 11. Januar 1994 betr. Hochwasserschäden am Schürmann-Bau und Weggang der Präsidentin der BBD MdlAnfr 19, 20 Peter Conradi SPD Antw BMin Dr. Irmgard Schwaetzer BMBau 18006B, 18007 A ZusFr Peter Conradi SPD . . 18006B, 18007 B ZusFr Otto Reschke SPD . . 18006D, 18007 C Mit der Projektsteuerung für den Schürmann-Bau beauftragte Firmen MdlAnfr 21, 22 Otto Reschke SPD Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 V Antw BMin Dr. Irmgard Schwaetzer BMBau 18007 D, 18008 D ZusFr Otto Reschke SPD 18008B, D ZusFr Peter Conradi SPD . . . 18007D, 18009B ZusFr Achim Großmann SPD 18008 C ZusFr Dr. Walter Hitschler F.D.P. . . . 18009 C Bautagebuch zum Schürmann-Bau zur Klärung der Vollständigkeit der Hochwasserschutzmaßnahmen MdlAnfr 23 Achim Großmann SPD Antw BMin Dr. Irmgard Schwaetzer BMBau 18009 D ZusFr Achim Großmann SPD 18010A ZusFr Otto Reschke SPD 18010C ZusFr Dr. Walter Hitschler F.D.P. . . . 18010D ZusFr Dieter Maaß (Herne) SPD 18011A ZusFr Peter Conradi SPD 18011B Tagesordnungspunkt 7: Entwicklungshilfedebatte a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Aufbau und Stärkung kommunaler Selbstverwaltungsstrukturen in Entwicklungsländern zur Förderung von regionaler und lokaler Selbsthilfe (Drucksache 12/6727) b) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Gestaltung der Europäischen Entwicklungszusammenarbeit (Drucksache 12/6726) c) Antrag des Abgeordneten Konrad Weiß (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Reform der Weltbank (Drucksache 12/6168) d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Neunter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksachen 12/4096, 12/6659) e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. R. Werner Schuster, Rudolf Bindig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Repatriierung und Reintegration von Flüchtlingen (Drucksachen 12/4662, 12/6148) f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. R. Werner Schuster, Brigitte Schulte (Hameln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gesetzesvorlagen (Drucksachen 12/4350, 12/6326) g) Antrag der Abgeordneten Dr. R. Werner Schuster, Dr. Uwe Holtz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Stärkung der kommunalen Nord-SüdArbeit — Förderung der Lokalen Agenda 21 — Umsetzung der Charta von Berlin (Drucksache 12/6263) h) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Ursula Fischer, Dr. Hans Modrow und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Neunter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksachen 12/4871, 12/5451) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. R. Werner Schuster, Dr. Ingomar Hauchler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Europäische Entwicklungszusammenarbeit (Drucksachen 12/3647, 12/6707) Dr. Winfried Pinger CDU/CSU , . . . . 18012 C Ingrid Becker-Inglau SPD 18014 A Ingrid Walz F D P 18015B Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 18017C Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18019A Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 18020B Dr. Ingomar Hauchler SPD 18022A Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 18024 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 18026B Dr. Christian Ruck CDU/CSU 18027B Dr. Ingomar Hauchler SPD 18027 D Dr. R. Werner Schuster SPD 18029B Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (Drucksachen 12/5896, 12/ 6713) Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/CSU 18031B Dr. Gerald Thalheim SPD 18032 C Günther Bredehorn F D P 18034 A VI Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Tagesordnungspunkt 9: a) Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu den Verfahren nach § 44 b Abgeordnetengesetz (AbgG) (Überprüfung auf Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) (Drucksache 12/4613) b) Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu den Verfahren nach § 44 b Abgeordnetengesetz (AbgG) (Überprüfung auf Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) (Drucksache 12/5976) c) Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu den Verfahren nach § 44 b Abgeordnetengesetz (AbgG) (Überprüfung auf Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) (Drucksache 12/6655) Joachim Hörster CDU/CSU 18035 C Dieter Wiefelspütz SPD 18037 B Torsten Wolfgramm (Göttingen) F.D.P. 18038 C Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 18039A Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18040A Tagesordnungspunkt 19r: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 12/6646) Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste 18040D, 18043 A Dieter Wiefelspütz SPD 18041 D Tagesordnungspunkt 10: Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 122 zu Petitionen (Bundessozialhilfegesetz) (Drucksache 12/5803) 18043 B Tagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 135 zu Petitionen (Fördermittel für Ausbildungsbedarf in der Altenpflege) (Drucksache 12/6391) 18043B Tagesordnungspunkt 13: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Beibehaltung der Mitbestimmung beim Austausch von Anteilen und der Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften betreffen (Mitbestimmungs-Beibehaltungsgesetz) (Drucksachen 12/4532, 12/6714) Heribert Scharrenbroich CDU/CSU . . . 18043 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 18044 B Dr. Gisela Babel F.D.P. 18045B Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Drucksache 12/5673) b) Große Anfrage der Abgeordneten Johannes Singer, Gudrun Schaich-Walch, Dr. Ulrich Böhme (Unna), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umsetzung des Rauschgiftbekämpfungsplanes (Drucksachen 12/2803, 12/3956) Johannes Singer SPD 18046B Werner Ringkamp CDU/CSU 18047 D Karl Hermann Haack (Extertal) SPD . . 18049C Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Petra Bläss und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Änderung des § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksache 12/6674) . 18050 C Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Abgeordneten Konrad Weiß (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Anpassung der Arbeitserlaubnis bei laufenden Arbeitsverhältnissen (Drucksache 12/6325) 18050 C Nächste Sitzung 18050 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18051* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Sammelübersicht 122 zu Petitionen) (Bundessozialhilfegesetz) Franz Romer CDU/CSU 18051* C Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . . . . 18052* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 VII Dr. Eva Pohl F.D.P. 18053* C Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18054* A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Antrag: Änderung des § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes) Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 18054* D Adolf Ostertag SPD 18055* D Dr. Eva Pohl F.D.P. 18056* C Heinz-Adolf Hörsken CDU/CSU 18057* A Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (Sammelübersicht 135 zu Petitionen) (Fördermittel für Ausbildungsbedarf in der Altenpflege) Lisa Seuster SPD 18059* A Renate Diemers CDU/CSU 18060* A Dr. Ruth Fuchs PDS/Linke Liste 18061* B Birgit Homburger F D P 18061* D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (a — Gesetzentwurf zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, b — Große Anfrage: Umsetzung des Rauschgiftbekämpfungsplanes) Dr. Paul Hoffacker CDU/CSU 18062* C Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink F.D.P. 18063* D Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 18065* B Horst Seehofer, Bundesminister BMG . . 18066* A Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 16 (Antrag: Anpassung der Arbeitserlaubnis bei laufenden Arbeitsverhältnissen) Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18068* D Karl-Josef Laumann CDU/CSU 18069* C Gerd Andres SPD 18070* A Cornelia Schmalz-Jacobsen F D P 18071* A Anlage 7 Vor- und Nachteile der Städte Wittenberg und Dessau als Standort des Umweltbundesamtes MdlAnfr 7, 8 — Drs 12/6691 — Siegrun Klemmer SPD SchrAntw StSekr Clemens Stroetmann BMU 18071* C Anlage 8 Streit zwischen Umweltbundesamt und Wissenschaft (Prof. Staudt) über die Höhe der künftigen Entsorgungskosten; Anwachsen der Deponie- und Verbrennungskosten im Vergleich zu den Kosten der Werkstoffsammlung durch das Duale System Deutschland (DSD) MdlAnfr 9, 10 — Drs 12/6691 — Klaus Harries CDU/CSU SchrAntw StSekr Clemens Stroetmann BMU 18072* A Anlage 9 Genehmigung und Einbau der primärseitigen Druckentlastung zur Verhinderung eines Hochdruck-Kernschmelzens in den Kernkraftwerken Stade, Biblis und Unterweser MdlAnfr 11 — Drs 12/6691 — Horst Kubatschka SPD SchrAntw StSekr Clemens Stroetmann BMU 18072* C Anlage 10 Verhinderung des Exports nichtzugelassener Pflanzenschutzmittel und Biozid-Produkte in Drittländer MdlAnfr 13, 14 — Drs 12/6691 — Susanne Kastner SPD SchrAntw StSekr Clemens Stroetmann BMU 18072* D Anlage 11 Nichtvorliegen von Teilgenehmigungen zur Verhinderung der Hochwasserkatastrophe am Schürmann-Bau MdlAnfr 24 — Drs 12/6691 — Achim Großmann SPD SchrAntw BMin Dr. Irmgard Schwaetzer BMBau 18073* D VIII Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Anlage 12 Reaktion der Bundesbaudirektion und des Bundesbauministeriums auf das im Dezember 1993 erwartete Hochwasser im Zusammenhang mit dem Schürmann-Bau MdlAnfr 25, 26 — Drs 12/6691 — Norbert Formanski SPD SchrAntw BMin Dr. Irmgard Schwaetzer BMBau 18074* A Anlage 13 Entfernung des Hinweises des Bundesnachrichtendienstes aus den Prozeßakten des Berliner Mykonos-Verfahrens MdlAnfr 27, 28 — Drs 12/6691 — Christoph Matschie SPD SchrAntw StMin Bernd Schmidbauer BK 18074* B Anlage 14 Verwendungszweck der Zielkontrollkarten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR im Bundeskanzleramt MdlAnfr 29 — Drs 12/6691 — Norbert Gansel SPD SchrAntw StMin Bernd Schmidbauer BK 18074* D Anlage 15 Boykott Serbiens MdlAnfr 30 — Drs 12/6691 — Claus Jager CDU/CSU SchrAntw StMin Ursula Seiler-Albring AA 18075* A Anlage 16 Abschiedsfeierlichkeiten für die russischen Streitkräfte in den neuen Bundesländern und für die Alliierten Streitkräfte in Berlin MdlAnfr 31, 32 — Drs 12/6691 — Gernot Erler SPD SchrAntw StMin Ursula Seiler-Albring AA 18075* B Anlage 17 Einsatz elektronischer Abhörmittel beim Kampf gegen das organisierte Verbrechen in den USA; Information der Bürger über die Ziele der Lauschoperationen MdlAnfr 33, 34 — Drs 12/6691 — Georg Gallus F.D.P. SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 18075* C Anlage 18 Aufklärung der Bevölkerung über die im Zuge des „großen Lauschangriffs" geplanten Abhörmaßnahmen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen MdlAnfr 35, 36 — Drs 12/6691 — Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 18076* A Anlage 19 Forderungen der iranischen Botschaft für Schäden am Botschaftsgebäude aufgrund einer Demonstration von Exil-Iranern im April 1992; Maßnahmen zur Begrenzung von Schäden an Botschaftsgebäuden MdlAnfr 37, 38 — Drs 12/6691 — Herbert Werner (Ulm) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 18076* B Anlage 20 Änderung des Embryonenschutzgesetzes hinsichtlich der künstlichen Befruchtung nach der Menopause MdlAnfr 39 — Drs 12/6691 — Hubert Hüppe CDU/CSU SchrAntw PStSekr Rainer Funke BMJ . . 18076* D Anlage 21 Auswirkungen der EG-DistanzverkaufsRichtlinie auf die Touristikbranche MdlAnfr 40 — Drs 12/6691 — Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Rainer Funke BMJ . . 18077* A Anlage 22 Rahmenkonvention zur Verpflichtung der Mitglieder des Europarates hinsichtlich des Minderheitenschutz es MdlAnfr 41 — Drs 12/6691 — Robert Antretter SPD SchrAntw PStSekr Rainer Funke BMJ . . 18077* C Anlage 23 Abzug der Kirchensteuer von konfessionslosen Arbeitslosen; Verbleib der Gelder MdlAnfr 49 — Drs 12/6691 — Monika Ganseforth SPD SchrAntw PStSekr Rudolf Kraus BMA . . 18078* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 IX Anlage 24 Beitragssätze zur geplanten Pflegeversicherung MdlAnfr 50, 51 — Drs 12/6691 — Ingrid Walz F.D.P. SchrAntw PStSekr Rudolf Kraus BMA . . 18078* B Anlage 25 Zahl und Tätigkeit der Mitarbeiter des Bundeswehr-Bataillons „Operative Information" (früher psychologische Verteidigung) in Somalia MdlAnfr 52, 53 — Drs 12/6691 — Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 18079* A Anlage 26 Jährliche Einsparung bei Verzicht auf die Einberufung von 20 000 Wehrpflichtigen MdlAnfr 54 — Drs 12/6691 — Dr. Olaf Feldmann F.D.P. SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 18079* C Anlage 27 Privatisierung der Heimbetriebsgesellschaft mbH der Bundeswehr MdlAnfr 55, 56 — Drs 12/6691 — Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 18080* A Anlage 28 Neue Zielprogrammierungen der mit Nuklearsprengköpfen bestückten Interkontinentalraketen in den USA und in Rußland MdlAnfr 57 — Drs 12/6691 — Otto Schily SPD SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 18080* B Anlage 29 Folgen aus der Einrichtung einer europäischen Rüstungsagentur für das Bundesamt für Beschaffung; Ergebnisse der Bundesmarine bei der Durchsetzung des Embargos gegen Rest-Jugoslawien MdlAnfr 58, 59 — Drs 12/6691 — Hans Wallow SPD SchrAntw PStSekr'in Michaela Geiger BMVg 18080* C Anlage 30 Beibehaltung des Grenzwertes für Pestizide in der EG-Trinkwasserrichtlinie und der EG-Pestizidzulassungsrichtlinie bei Umsetzung der EG-Grundwasserrichtlinie in deutsches Recht MdlAnfr 63 — Drs 12/6691 — Benno Zierer CDU/CSU SchrAntw PStSekr'in Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 18081* B Anlage 31 Erweiterung des Vorsorgeuntersuchungskatalogs der Krankenkassen um die Feststellung einer evtl. Gonorrhoe bei Schwangeren und den Schwerhörigkeitstest bei Neugeborenen MdlAnfr 64, 65 — Drs 12/6691 — Antje-Marie Steen SPD SchrAntw PStSekr'in Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 18081* C Anlage 32 Qualifizierte Prüfung der Alternativpläne zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen MdlAnfr 66 — Drs 12/6691 — Horst Kubatschka SPD SchrAntw StSekr Dr. Wilhelm Knittel BMV 18081* D Anlage 33 Verschärfung der Bestimmung für den Gefahrguttransport auf Schiffen und der Haftungsbestimmungen im Zusammenhang mit dem jüngsten Giftskandal an der Nordseeküste MdlAnfr 67, 68 — Drs 12/6691 — Dietmar Schatz SPD SchrAntw StSekr Dr. Wilhelm Knittel BMV 18082* B Anlage 34 Ausschluß von Risiken beim Schiffstransport gefährlicher Chemikalien MdlAnfr 69 — Drs 12/6691 — Otto Schily SPD SchrAntw StSekr Dr. Wilhelm Knittel BMV 18082* D X Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Anlage 35 Erhaltung des Bundesbahn-Ausbesserungswerks in Weiden nach der Bahnreform; berufliche Situation der Bundesbahnbediensteten nach der Bahnreform MdlAnfr 70, 71 — Drs 12/6691 — Ludwig Stiegler SPD SchrAntw StSekr Dr. Wilhelm Knittel BMV 18083* B Anlage 36 Erneute Ausschreibung der Stahlbauarbeiten für die zweite Kanalbrücke in Kiel MdlAnfr 72 — Drs 12/6691 — Norbert Gansel SPD SchrAntw StSekr Dr. Wilhelm Knittel BMV 18083* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 17921 208. Sitzung Bonn, den 3. Februar 1994 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 3 **) Anlage 6 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Belle, Meinrad CDU/CSU 3. 2. 94 Berger, Hans SPD 3. 2. 94 Borchert, Jochen CDU/CSU 3. 2. 94 Clemens, Joachim CDU/CSU 3. 2. 94 Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 3. 2. 94 Duve, Freimut SPD 3. 2. 94 Ehrbar, Udo CDU/CSU 3. 2. 94 Eimer (Fürth), Norbert F.D.P. 3. 2. 94 Engelmann, Wolfgang CDU/CSU 3. 2. 94 Gries, Ekkehard F.D.P. 3. 2. 94 Dr. Guttmacher, F.D.P. 3. 2. 94 Karlheinz Henn, Bernd PDS/LL 3. 2. 94 Ibrügger, Lothar SPD 3. 2. 94 Jung (Limburg), Michael CDU/CSU 3. 2. 94 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 3. 2. 94 Kittelmann, Peter CDU/CSU 3. 2. 94 * Kolbe, Manfred CDU/CSU 3. 2. 94 Koschnick, Hans SPD 3. 2. 94 Marten, Günter CDU/CSU 3. 2. 94 Dr. Matterne, Dietmar SPD 3. 2. 94 Meißner, Herbert SPD 3. 2. 94 Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 3. 2. 94 Mischnick, Wolfgang F.D.P. 3. 2. 94 Molnar, Thomas CDU/CSU 3. 2. 94 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 3. 2. 94 * Müller (Zittau), Christian SPD 3. 2. 94 Nelle, Engelbert CDU/CSU 3. 2. 94 Neumann (Bremen), CDU/CSU 3. 2. 94 Bernd Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 3. 2. 94 Parr, Detlef F.D.P. 3. 2. 94 Philipp, Ingeborg PDS/LL 3. 2. 94 Rawe, Wilhelm CDU/CSU 3. 2. 94 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 3. 2. 94 * Dr. Riedl (München), CDU/CSU 3. 2. 94 Erich Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 3. 2. 94 Ingrid Sauer (Salzgitter), CDU/CSU 3. 2. 94 Helmut Dr. Schnell, Emil SPD 3. 2. 94 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 3. 2. 94 Christian Dr. Soell, Hartmut SPD 3. 2. 94 * Stachowa, Angela PDS/LL 3. 2. 94 Dr. von Teichman, F.D.P. 3. 2. 94 Cornelia Dr. Voigt (Northeim), CDU/CSU 3. 2. 94 Hans-Peter Dr. Waffenschmidt, Horst CDU/CSU 3. 2. 94 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Walter (Cochem), Ralf SPD 3. 2. 94 Welt, Jochen SPD 3. 2. 94 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 3. 2. 94 Zapf, Uta SPD 3. 2. 94 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Sammelübersicht 122 zu Petitionen) (Bundessozialhilfegesetz) Franz Romer (CDU/CSU): Der Ausgangspunkt für die Sammelübersicht 135 zu Petitionen war die Befürchtung von Altenpflegeschulen, daß durch die Einsparungen die gesamte Struktur dieses Ausbildungsbereichs auseinanderbrechen würde. Diese Angst beruhte wiederum auf einer Fehlinterpretation durch einige Arbeitsämter. Diese hatten die Absicht der Bundesanstalt für Arbeit mißverstanden, nur diejenigen Weiterbildungsmaßnahmen zu fördern, die ordnungsgemäß durchgeführt werden und deren Teilnehmer höchstwahrscheinlich wieder ins Arbeitsleben integriert werden. Manche Arbeitsämter hatten dies als vollständige Einstellung der Fördermaßnahmen ausgelegt. Daß dies von den Petenten für bedrohlich gehalten wurde, ist verständlich. Dieses Mißverständnis ist jedoch mittlerweile ausgeräumt worden. Die Mittel für die Fortbildung und Umschulung werden aber angesichts leerer Kassen nur noch gezielt dort eingesetzt, wo sie den Teilnehmern auch wirklich große Chancen auf dem Arbeitsmarkt bieten. Und dies ist ja genau bei den Altenpflegern der Fall. Daher kann in bezug auf die Petition getrost Entwarnung gegeben werden. So weit, so gut. Allerdings läßt mich wie immer, wenn von der SPD ein Änderungsantrag zu einer Sammelübersicht Petitionen eingebracht wird, auch hier ein Gefühl nicht los: daß die Opposition nämlich wieder Katastrophenstimmung erzeugen will. Sie wollen die Gelegenheit nutzen, um im Bundestag die Moritat von der ach so unsozialen Regierung Kohl anzustimmen. Meine Damen und Herren von der SPD, daß man auch als Politiker als Bänkelsänger Erfolg haben kann, hat nicht nur der zuständige Minister als Ordensträger in Aachen bewiesen. Aber es ist meines Erachtens unverantwortlich, in der Politik Schauermärchen - ob gesungen oder nicht - zu verbreiten. Sie unterhalten den Bürger damit nicht; sie verstellen ihm den Blick auf die Tatsachen. Und die lauten: Bei den Weiterbildungsmaßnahmen mußte gekürzt werden. 1,4 Millionen Teilnehmer waren auf Dauer nicht zu verkraften. 18052* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Die Haushaltslage machte es notwendig, die vorhandenen Mittel auf die notwendige Förderung zu konzentrieren. Die zweckmäßige Förderung gilt daher nur noch für die Übergangsfälle. Wir fördern in diesem Jahr wieder ca. 600 000 Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Dafür stehen mit dem Unterhaltsgeld insgesamt über 14 Milliarden DM zur Verfügung. Wir konzentrieren uns dabei aber auf die notwendigen Maßnahmen, die denen gezielt helfen, die arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Bei diesen Maßnahmen wird es verglichen mit 1993 wieder einen Anstieg der Teilnehmerzahlen geben. Und wir konzentrieren uns bei der Förderung auf Maßnahmen, die den Teilnehmern wirkliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnen. Das alles sollte auch Ihnen nicht verborgen geblieben sein, meine Damen und Herren Antragsteller von der Opposition. Vielleicht können Sie sich ja in Zukunft zur Information die Kristallkugel der Frau Vizepräsidentin leihen. Allerdings hätte auch schon ein Blick in den Haushaltsplan des BMA gezeigt, daß in diesem Bereich nicht von finanzieller Auszehrung gesprochen — oder gesungen — werden kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, statt einer Moritat wäre hier eher ein Loblied angesagt: Trotz des Sparzwanges haben wir es geschafft, die notwendigen Maßnahmen beizubehalten. Wir haben es allerdings nicht mehr vermocht, weiterhin für Hundertausende von Maßnahmen, die nicht dem Zweck des Erwerbs oder der Sicherung des Arbeitsplatzes dienten, zu zahlen. Dies wäre auch nicht mehr zu verantworten gewesen. Und der Hauptzweck finanzieller Förderung nach dem AFG heißt hier nun einmal: Hilfe zur Wiedereingliederung ins Arbeitsleben. Dies erklärt auch die Beschränkung auf Maßnahmen, die wirklichen Erfolg versprechen. Wenn also der Markt für eine Ausbildungssparte deutlich gesättigt ist, müssen die Arbeitsämter mit neuen Fördermaßnahmen warten. Denn es ist ein Gebot der Ehrlichkeit den Beitragszahlern gegenüber, nur notwendige Maßnahmen zu fördern. Und es ist ein Gebot der Fairneß den Lehrgangsteilnehmern gegenüber, sie nicht in die Arbeitslosigkeit fehlzuqualifizieren. Schließlich ist es angesichts leerer Haushaltskassen ein Gebot der Vernunft, Maßnahmen bei der Förderung zu bevorzugen, die tatsächlich auch höhere Chancen zum Wiedereinstieg ins Berufsleben bieten. Förderung um des Förderns willen ist nicht mehr möglich. Hier scheint mir der grundsätzliche Unterschied zwischen Ihnen von der Opposition und uns zu liegen: Sie sehen in der ständigen Erhöhung der AFG-Mittel bei gleichzeitiger Ausweitung der Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen das Allheilmittel. Aber es kann doch irgend etwas nicht ganz in Ordnung sein, wenn Gelder — und hier vor allem Beitragsgelder der Bundesanstalt für Arbeit — für Maßnahmen herangezogen werden, die das gewünschte Ziel nicht erreichen. Dies ist nicht redlich, meine Damen und Herren. Aber aus der vorliegenden Sammelpetition läßt sich noch ein weiterer grundsätzlicher Unterschied zwischen Ihnen und uns herleiten: Sie stellen fest, daß sich im Bereich der Altenpflege eine Trägerstruktur herausgebildet habe, die fast ausschließlich auf dem AFG beruht. Diese sei durch Kürzungen gefährdet. Es stimmt tatsächlich, daß gerade die Altenpflegeschulen stark von den Fördermaßnahmen für Fort- und Weiterbildung abhängen. Aber abgesehen davon, daß die Kürzungen die Altenpflege nicht gefährden, hinterfragen Sie schon gar nicht mehr, ob eine derartige Abhängigkeit noch als gesund zu bezeichnen ist. Man muß sich doch wirklich fragen, ob es denn „normal" sein kann, daß weit über 60 % eines Ausbildungsjahrgangs in der Altenpflege Zweitausbildungen sind, die mit Beitragsmitteln der Bundesanstalt für Arbeit gefördert werden. Kurzfristig läßt sich dies wohl nicht ändern: Wir brauchen die Altenpfleger und Altenpflegerinnen heute mehr denn je, und wir werden auch die Zweitausbildung weiter fördern. Aber mittel- und langfristig sollte dies ein Ansatz zum Umdenken in der Bildungspolitik sein. Denn offensichtlich ist die Attraktivität des Altenpflegeberufs für Schulabgänger nicht groß genug, um ihn zum Erstberuf zu machen. Hier sind die Länder gefragt: Nur wenn die Förderungslücken geschlossen werden und die Ausbildung zum Altenpfleger an Anziehungskraft gewinnt, kann eine gesunde Ausbildungs- und Berufsstruktur in diesem gesellschaftlich immer wichtiger werdenden Bereich geschaffen werden. Meine Damen und Herren, angesichts leerer Kassen müssen auch in der beruflichen Weiterbildung die Maßnahmen Vorrang haben, die den Menschen helfen, Arbeit zu bekommen oder zu behalten. Hauptmerkmal für die Förderwürdigkeit ist die Erfolgschance. Darauf werden wir auch weiterhin unsere Mittel konzentrieren. Dies ist im Interesse der Betroffenen, aber auch der Beitragszahler. Wir lehnen daher den Änderungsantrag der SPD ab. Ich danke Ihnen. Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD): Der Vorsitzende der Schulleiterkonferenz der staatlich anerkannten Lehranstalten für Altenpflege in Hessen hatte am 3. August 1993 in einem Schreiben, das schon einem Hilferuf gleichkommt, an die Fraktionen des Deutschen Bundestages appelliert, nicht länger die Mittel des AFG für Umschulung und Weiterbildung zu kürzen, weil dadurch die Altenpflegeausbildung in Hessen weitgehend zusammenbrechen werde. Ich zitiere aus dem Schreiben: Dies bedeutet konkret das Aus für die Altenpflegeausbildung in Hessen. Circa 60 % der Ausbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer an hessischen Altenpflegeschulen sind sogenannte „UmschülerInnen" . Bei der Reduzierung bzw. dem Wegfall der Förderung nach dem AFG wird die Anzahl der Auszubildenden drastisch sinken. Die geringe Zahl an vom Land geförderten Erstauszubildenen wird diese Lücke nicht schließen können ... Das Ergebnis wird kurz bis mittelfristig sein: Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18053* 1. Die Ausbildungsstätten werden zusammenbrechen, d. h. schließen müssen. 2. Es wird in den nächsten Jahren keine Altenpflegeausbildung mehr geben und auf dem Arbeitsmarkt auch kein Fachpersonal für die Pflege alter Menschen mehr zu haben sein. Dieser Hilferuf, der schließlich dem Petitionsausschuß zugeleitet wurde, müßte eigentlich die einmütige Unterstützung aller Abgeordneten dieses Hauses erhalten, die Land auf Land ab die Notwendigkeit der Qualifikation von Arbeitnehmern fordern und besonders auf die notwendige gesellschaftliche Aufgabe der Altenpflege hinweisen. Was sind eigentlich die Krokodilstränen über die noch nicht eingeführte Pflegeversicherung wert, wenn man gleichzeitig durch drastische Mittelkürzung verhindert, daß überhaupt genügend Pflegepersonal vorhanden ist? Die Koalitionsabgeordneten im Petitionsausschuß haben sich auch in dieser Frage koalitionsfromm verhalten, anstatt glaubhaft das umzusetzen, was man außerhalb des Parlaments verkündet: Durch die Pflegeversicherung entstünden 170 000 neue Arbeitsplätze im Pflegebereich. Wie soll das, so frage ich, möglich sein, wenn man gleichzeitig die dafür notwendigen Ausbildungskapazitäten zerstört? Genau dies ist der zweite Effekt der permanenten Kürzungsmaßnahmen in diesem Bereich. Über 60 % der Ausbildungskapazitäten werden dadurch zerstört, pikanterweise viele privat organisierte Ausbildungsstätten. Da reden die Schwadroneure der Koalition heute vormittag davon, wie sie durch Privatisierung angeblich Arbeitsplätze schaffen wollen, und machen durch die unsinnige Mittelkürzung auch private Einrichtungen wieder kaputt. Das ist keine plan- oder sinnvolle Politik, das ist Politik by Chaos eines ausgelaugten konservativen Regierungsverschnitts, der von müden und feigen Koalitionsabgeordneten durchgeschleppt wird. Denn wer behauptet, die bisher stattgefundenen Kürzungen hätten keine nachteiligen Auswirkungen, kann entweder nicht rechnen oder er glaubt immer noch, man könne die Zahl von 4 Millionen Arbeitslosen mit Nichtstun oder Strafaktionen verringern und Pflegekräfte bräuchten alleine guten Willen, aber keine Fachkenntnis. Alle Schönrednerei kann nicht verschleiern, daß die Kürzungsmaßnahmen dazu geführt haben, daß im Januar 1994 nur noch 340,9 Millionen DM für Fortbildung und Umschulung zur Verfügung stehen; im Januar 1993 waren es noch 608,8 Millionen DM. Wer angesichts dieser Zahlen noch behauptet, er könne mit der Hälfte der Mittel die gleiche Zahl aus Ausbildung bzw. Umschulung finanzieren, der hat entweder keine Kenntnis über die Struktur und Möglichkeit sowohl der Bildungsträger wie auch der Teilnehmer oder er meint immer noch, die Bürger würden solche Rechenkunststücke nicht durchschauen. Wer eine solche Zerstörung der Ausbildungskapazitäten auch und gerade im Altenpflegebereich, um den es hier im besonderen geht, bewußt in Kauf nimmt, indem er die Mittelkürzung auch noch schönredet, der muß sich vorhalten lassen, daß er es mit der Aufgabe, das Pflegeproblem zu lösen, nicht sonderlich ernst nimmt. Unser Volk hat anderes verdient als eine Parlamentsmehrheit, die nur, um eine Chaosregierung zu decken, auch den Pflegebereich personell zerstört. Deshalb dürfte es eigentlich kein anderes Votum geben, als eine Berücksichtigung dieser Eingabe zu beschließen, um damit die Regierung zum Umdenken zu bewegen. Ich habe auf Grund der Debatten der letzten Stunden allerdings geringe Hoffnung, daß dazu die Koalition überhaupt noch in der Lage ist. Ich setze deshalb mehr auf das Votum der Wähler im Herbst diesen Jahres, damit wieder Vernunft in dieses Parlament über eine Regierungsmehrheit für meine Partei einkehrt. Dr. Eva Pohl (F.D.P.): In der uns vorliegenden Sammelübersicht 135 zu Petitionen sowie in dem damit zusammenhängenden Änderungsantrag der SPD, über die wir hier diskutieren, geht es um den arbeitsmarktpolitisch relevanten Bereich der Förderung der beruflichen Bildung. Im Mittelpunkt dieser kontrovers im Petitionsausschuß beratenen Petition steht die Befürchtung des Petenten, daß infolge gekürzter Fördermittel nicht alle geplanten Maßnahmen zur Ausbildung von Altenpflegern und Altenpflegerinnen in Hessen für 1993, 1994 durchgeführt werden könnten. Dies führe, so der Petent weiter, zu einer „Vernichtung von Ausbildungsplätzen " und zu einem „Zusammenbruch und einer Zerschlagung der Ausbildungsstrukturen" in jenem Bundesland. Abgesehen von dieser schlimmen Wortwahl wie „Vernichtung, Zusammenbruch und Zerschlagung" in Zusammenhang mit der Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen, bestreite ich energisch die hier skizzierte Befürchtung, daß nämlich der Altenpflegeausbildung in Hessen in den nächsten Jahren das Ende drohe. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Rezession und struktureller Umbrüche ist die Förderung der beruflichen Weiterbildung ein wichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument, um auf ein drohendes weiteres Anwachsen der Arbeitslosigkeit aktiv zu reagieren. Dies war und ist Bestandteil der Arbeits- und Sozialpolitik unserer Bundesregierung, und dies war und ist Bestandteil der Politik auch der F.D.P. Nach Auskunft des Bundesarbeitsministeriums stehen aus diesem Grunde für das Jahr 1994 finanzielle Mittel in Höhe von rund 15 Milliarden DM für die Förderung der beruflichen Weiterbildung zur Verfügung. Damit wird die Bundesanstalt für Arbeit auch in diesem Jahr in der Lage sein, in erforderlichem Umfang Neueintritte in berufliche Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen zu fördern. Allerdings — und das muß ehrlicherweise auch gesagt werden — werden wir nicht jedem Arbeitslosen oder durch Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer ein entsprechendes Umschulungsprogramm anbieten können. Ein solches gigantisches Programm wäre weder arbeitsmarktpolitisch vertretbar noch finanziell realisierbar. Erinnern wir uns doch des großen finanziellen Einsatzes der letzten Jahre: über 1,4 Millionen Arbeitnehmer sind 1991 und 1992 neu in berufliche Weiterbildungsmaßnahmen eingetreten. 18054* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Auf einen Aspekt bei der Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen muß allerdings entschiedener als früher geachtet werden: Die Förderung muß sich konsequenterweise auf solche beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen konzentrieren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Wiedereingliederung der Teilnehmer in den Arbeitsmarkt führen, wie es ja auch schon der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit im letzten Jahr gefordert hat. Gerade das traf und trifft im übrigen auf den hier zu behandelnden Bereich der Altenpflege zu, in dem nach wie vor günstige Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Vor diesem Hintergrund kann ich nur zu dem Schluß kommen, daß auch in diesem Jahr unsere für Weiterbildung gebundenen Finanzmittel bei richtigem Einsatz — und das ist hier der springende Punkt — auch für die Aufrechterhaltung der Altenpflegeausbildung in Hessen ausreichen sollten. Die F.D.P. schließt sich somit dem Votum des Petitionsausschusses an, das Petitionsverfahren abzuschließen. Konrad Weiß (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit der 10. Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes wurde dem Bundesarbeitsminister die Möglichkeit gegeben, den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit auch gegen das Votum des Verwaltungsrates der Bundesanstalt zu bestimmen. Das war ein weiterer Baustein dafür, daß die Sozialpolitik dieser Bundesregierung zur unsozialen und rigiden Fiskalpolitik mutiert ist. Selbst vor der Vernichtung von Aus- und Weiterbildungsplätzen in der Altenpflege schreckt die Bundesregierung nicht mehr zurück. Daß für die Pflege alter Menschen Personal, ja mehr Personal als bisher nötig ist, wird noch niemand bestreiten können. Aber was tut die Bundesregierung? Sie streicht die ohnehin knappen Mittel in diesem Bereich drastisch zusammen. Zu welchen katastrophalen Folgen dies führen wird, macht die vorliegende Petition, nein, der Hilferuf der hessischen Schulleiterkonferenz für Altenpflege deutlich. Ich kann den hessischen Schulleitern nur zustimmen, wenn sie schreiben, daß „die Vernichtung von Ausbildungsplätzen in der Altenpflege im Zusammenhang mit der geplanten Pflegeversicherung blanker Widersinn ist". Die Altenpflegeausbildung ist in ihrer heutigen Struktur im wesentlichen auf die Fördermaßnahmen aus dem AFG angewiesen. Die Auskunft der Bundesregierung, auch 1994 stünden ausreichend Fördermittel zur Verfügung, ist schlichtweg falsch. Tatsächlich wurden die Mittel für Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen zusammengestrichen. Während der 1993er Haushalt dafür noch 9,57 Milliarden DM vorsah, sind für 1994 fast 250 Millionen DM weniger veranschlagt. Noch deutlichere Einsparungen ergeben sich beim Unterhaltsgeld, das um 6,35 auf 5,19 Milliarden DM reduziert wurde. Die KannFörderungsbestimmung des AFG und die Absenkung der Unterhaltsgeldsätze durch das SKWPG bedingen also allein beim Unterhaltsgeld 1,16 Milliarden DM weniger. Zusammengerechnet für 1994 macht dies ein Einsparungspotential von fast 1,4 Milliarden DM aus. Der Verweis der Bundesregierung auf die 1994 zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 14,5 Milliarden DM verschweigt somit, daß 1993 noch fast 2 Milliarden DM mehr vorhanden waren. Selbst ein Verweis auf die Verringerung der Überhangfinanzierung gegenüber dem Vorjahr kann nicht überzeugen, da die effektiven Einsparungen auf Kosten der Betroffenen und Maßnahmenträger gehen. Auch für den Altenpflegerberuf ergeben sich somit gravierende materielle Verschlechterungen, und dies angesichts eines stetig wachsenden Personalbedarfs. Die Sorge der Konferenz der Schulleiter der staatlich anerkannten Lehranstalten um den Bestand der Altenpflege in Hessen ist deshalb mehr als berechtigt. Angesichts dessen ist eine finanzielle Absicherung von beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen der Bundesanstalt dringend gefordert. Die im Dezember 1993 eingebrachte hessische Bundesratsinitiative für ein Altenpflegegesetz weist hier einen richtigen Weg. Nicht Einsparung und Abwertung, wie dies die Bundesregierung betreibt, sondern eine bundesweite Absicherung und Aufwertung des Altenpflegerberufs ist geboten. Lassen Sie die alten Menschen nicht im Stich. Wir wollen, daß die vorliegende Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung überwiesen wird, und stimmen daher dem Änderungsantrag der SPD zu. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Antrag: Änderung des § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes) Dr. Gregor Gysi (PDS/Linke Liste): Die Abgeordnetengruppe der PDS/Linke Liste will mit dem zur Diskussion stehenden Antrag dazu beitragen, daß die Bundesanstalt für Arbeit so schnell wie möglich wieder eine wirklich neutrale Rolle in Arbeitskämpfen einnehmen kann. Wir wollen die Gesetzesänderung vom 15. Mai 1986 rückgängig machen und an Arbeitskämpfen nicht beteiligten Arbeitnehmern wieder ein Recht auf Arbeitslosengeld einräumen, wenn die sonstigen Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Aktualität unseres Anliegens ergibt sich aus den gegenwärtigen Tarifauseinandersetzungen, insbesondere in der Metall- und Elektroindustrie. Dort wird deutlich, daß die Stellung der Gewerkschaften in unserer Gesellschaft im letzten Jahrzehnt massiv geschwächt wurde. Entscheidend war erstens die Politik der Deregulierung von Arbeitsschutzrechten seit 1982; ich erinnere insbesondere an das sogenannte Beschäftigungsförderungsgesetz vom 1. Mai 1985, das Zeitarbeitsverhältnis zu einer Massenerscheinung gemacht hat. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18055* Zweitens: die anhaltende Massenarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland sowie die politische Veruntreuung der Industriebasis in der ehemaligen DDR und die dadurch in Gesamtdeutschland auf etwa 5 Millionen angewachsene Massenarbeitslosigkeit. Drittens: die Parteinahme der Bundesregierung für die Arbeitgeber in den Tarifauseinandersetzungen, und zwar seit 1984 eben nicht mehr nur verbal, sondern ganz praktisch durch den „Franke-Erlaß" vom 18. Mai 1984, der ohne die politische Rückendekkung aus dem Hause Blüm nicht zustande gekommen wäre. Was beim „Franke-Erlaß" noch durch die Sozialgerichte korrigiert werden konnte, haben Kohl, Blüm u. a. dann auf die mit unserem heutigen Antrag angegriffene gesetzliche Ebene gestellt. Heute ist es so, daß sich die Arbeitgeber gar nicht mehr um eine vorsorgliche Lagerhaltung bei sich abzeichnenden Arbeitskämpfen kümmern, daß sich die Arbeitgeber nicht um eine ausreichende Diversifizierung der Zuliefererstrukturen bemühen, daß also die Arbeitgeber die öffentlich beklagten Fernwirkungen eines Arbeitskampfes regelrecht selbst herbeiführen. 100 000 Arbeitnehmer können so bewußt in eine kalte Aussperrung hineingetrieben werden — wie es 1984 der Fall war —, und sie können damit wegen der Versagung von Arbeitslosengeld faktisch zu Geiseln eines Arbeitskampfes werden, der irgendwo anders in der gleichen Branche stattfindet und an dem sie sonst nicht beteiligt sind. Tatsache ist, diese Regelung des § 116 AFG vom Mai '86 zielt auf solche Gewerkschaften von der Struktur der IG Metall, die als häufiger Vorreiter von Tarifforderungen in der alten Bundesrepublik besondere Angriffspunkte der Arbeitgeberverbände und ihrer politischen Helfershelfer war und ist. Die IG Metall soll in bundesweite Branchenabschlüsse hineingetrieben werden, mit bundesweiten Streiks und Aussperrungen. Jeder kann sich ausrechnen, was das finanziell bedeutet, wenn die Arbeitgeber durch heiße und kalte Aussperrung die Zahl der am Arbeitskampf beteiligten Arbeitnehmer hochtreiben können. Wenn nur 1 Million Arbeitnehmer für drei Wochen im Ausstand wären, müßte die betroffene Gewerkschaft rund 1,5 Milliarden DM für Unterstützungsleistungen aufbringen. Daß dies in die Kampfunfähigkeit führen muß, liegt auf der Hand. Deshalb müssen wir den alten Zustand im Arbeitsförderungsgesetz wieder herstellen, wir dürfen es nicht bei der Verschiebung der Machtstrukturen zugunsten der Arbeitgeberverbände belassen. Es gibt sicherlich weitere Faktoren für die Schwächung der Gewerkschaften, z. B. der Strukturwandel der Wirtschaft und die wachsende internationale Verflechtung des Kapitals, aber die entscheidenden politisch beeinflußbaren Faktoren sind bereits benannt. Die Folgen dieser für die Gewerkschaften negativen Entwicklung sind schon seit einigen Jahren erkennbar, wenn auch in Westdeutschland zeitweise verdeckt durch konjunkturelle Sonderentwicklungen 1990 und 1991, als der Profit aus dem Anschluß der DDR gezogen werden konnte. Erstens liegt der Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen heute niedriger als 1960, insbesondere wenn man die Anteilverschiebungen zwischen Selbständigen und Arbeitnehmern mit berücksichtigt. Zweitens sind wir von Vollbeschäftigung so weit entfernt wie nie zuvor in der Nachkriegszeit, ja, wir nähern uns Weimarer Verhältnissen in deren letztem Stadium, und gerade weil sich die Koordinaten im gesellschaftlichen Kräfteparallelogramm zu Lasten der sozial orientierten Kräfte verschoben haben, wird von konservativ-liberaler Seite das Vollbeschäftigungsziel wegdiskutiert und als nicht mehr erreichbar bezeichnet. Teile der Wissenschaft und Publizistik sekundieren dieser Position, in dem sie das „Ende der Arbeitsgesellschaft" postulieren. Ganz praktisch wären diese Folgen wiederum in der aktuellen Tarifauseinandersetzung bei Metall: Seit September 1993 signalisiert die IG Metall, daß es ihr vorrangig um Beschäftigungssicherung in der laufenden Tarifauseinandersetzung geht. Die Arbeitgeber aber setzen sich aufs hohe Roß und fordern ein tarifpolitisches Rückwärts in das 19. Jahrhundert. Dem Angriff der Arbeitgeber auf Urlaub und Urlaubsgeld und ihr Schweigen zu Beschäftigungssicherungspakten entsprechen die politischen Vorschläge der Herren Schäuble, Solms, Rexrodt & Co. Wer allen Ernstes die Schaffung von hunderttausenden Dienstmädchenjobs als Beschäftigungsoffensive ausgeben will, der befindet sich geistig schon wieder oder immer noch im 19. Jahrhundert. Hier wird aber auch deutlich, daß die Offensive der Arbeitgeber und die Haltung der Regierungsparteien im Kern über das normale Tarifgeschäft hinausgehen. Es geht um gesellschaftspolitische Weichenstellungen, es geht um eine Republik, in der starke Gewerkschaften keinen Platz haben sollen. Wir sehen unseren Antrag als einen Baustein, um einer solchen Entwicklung Widerstand entgegenzusetzen. Adolf Ostertag (SPD): Die Änderung des § 116 AFG im Mai 1986 hat zu schweren sozialen Auseinandersetzungen geführt. Sie hat schließlich die sogenannte „Waffengleichheit" in Tarifauseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften zugunsten der Arbeitgeber erheblich verschoben. Der noch amtierende Arbeitsminister und diese Regierungskoalition ließen sich zum Handlanger der Arbeitgeber machen. Der seitdem gültige § 116 AFG knebelt die Gewerkschaften in Tarifauseinandersetzungen. Die Aussperrung ist zu der Waffe geworden, die sich die Arbeitgeber schon 1899 wünschten: „Bevor wir nicht siegreich eine große Kraftprobe angestellt haben, werden wir nicht zur Ruhe und zum Frieden gelangen; eine solche Kraftprobe muß angestellt werden. Es muß dahin kommen, daß wir die Arbeiter in großen Bezirken, wenn nicht in ganz Deutschland, aussperren können, damit es mit den ungerechtfertigten Anforderungen ein Ende nimmt." 18056* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Seit 1986 können sie sich diese Wünsche erfüllen und mit dem Knüppel einer bundesweiten Aussperrung jeden Streik massiv beeinflussen. Mit dem seither geltenden § 116 AFG ist kalt ausgesperrten Arbeitnehmern der Anspruch auf Kurzarbeitergeld genommen. Konkret bedeutet dies: Die hiervon betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen bei einer solchen Aussperrung leer aus, weil eine finanzielle Unterstützung durch die Gewerkschaften zu deren Ruin führen würde. Damit werden große Gruppen von Beschäftigten potentiell zu Geiseln einer Tarifauseinandersetzung, auf die sie keinen direkten Einfluß nehmen können. „Waffengleichheit" heißt, den wahren Sachverhalt zu vernebeln: Die Beschäftigten werden durch das Übergewicht der Arbeitgeber in Arbeitskämpfen entsolidarisiert, die gewerkschaftlichen Streikkassen durch die kalte Aussperrung geplündert und die Kampfkraft geschwächt. Dieser Schlag gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften war nur ein Stück einer langfristig angelegten Gesamtstrategie der unsozialen Politik dieser Regierung. Schon damals zeigte sich, wessen Interessen diese Bundesregierung vertritt. Immer mehr Beschäftigte sollen im Rahmen der Deregulierung in ungesicherte, untertariflich bezahlte Arbeitsverhältnisse gepreßt werden. Uns will man weismachen, daß dadurch Arbeitsplätze erhalten oder neu geschaffen werden sollen. Doch die Arbeitslosigkeit steigt von Monat zu Monat trotz Einschränkungen von Arbeitnehmerrechten. Die konjunkturelle und strukturelle Krise dient als Vorwand, um Arbeitnehmerrechte zu durchlöchern und massiv in die Tarifautonomie einzugreifen. Die sozialstaatlichen Regelungen sind doch nicht Ursache der ökonomischen Krise, sondern Garant für das Funktionieren unseres Wirtschaftssystems. Wir Sozialdemokraten haben gegen die politisch durchgepaukte Schwächung der Gewerkschaften protestiert und die Änderung des § 116 AFG als verfassungswidrig angeprangert. Den Damen und Herren von den Regierungsparteien war damals die vernichtende Kritik eines Mannes aus ihren eigenen Reihen besonders lästig: Ernst Benda ließ keinen Zweifel daran, daß die Änderung des § 116 AFG „in schwerwiegender Art die Rechte der Arbeitnehmer beeinträchtigt" . Die SPD-Bundestagsfraktion und mehrere sozialdemokratisch regierte Bundesländer haben unmittelbar nach Abschluß der Novellierung des § 116 AFG Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Es ist ärgerlich, daß immer noch keine Entscheidung vorliegt, weil unter Umständen hunderttausende unbeteiligte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihren Familien auf ihre Sparpfennige und auf Sozialhilfe angewiesen wären. Durch mögliche Angriffs-Aussperrungen und vorgetäuschte Produktionsengpässe können die Arbeitgeber den Arbeitskampf jederzeit und durch wenige Maßnahmen unerträglich eskalieren lassen. Es ist ein Gebot des sozialstaatlichen Anstands, daß die Sicherung der Tarifautonomie und die Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen per Gesetz wiederhergestellt werden müssen. Dies haben wir Sozialdemokraten nach 1986 immer wieder gefordert und machen es auch zum Bestandteil unseres Arbeits- und Strukturförderungsgesetzes. Die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung wird nach der Wahl'94 in einem „sozialpolitischen Sofortprogramm für die ersten 100 Tage" den § 116 AFG entsprechend ändern und damit die Chancengleichheit wiederherstellen. Diese Korrektor gehört zu einer glaubwürdigen sozialdemokratischen Politik. Dr. Eva Pohl (F.D.P.): Die von der PDS in ihrem hier vorgelegten Antrag vorgeschlagene Änderung des § 116 Arbeitsförderungsgesetz entspricht der Fassung des Arbeitsförderungsgesetzes vor seiner Änderung durch die Bundesregierung im Jahre 1986. Bevor ich zu einer Wertung des Antrages der PDS komme, ist es sicher noch einmal vonnöten, kurz die Hintergründe jenes „Gesetzes zur Sicherung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen" vom 15. Mai 1986 zu skizzieren. Zu Beginn der 80er Jahre hatten die Unternehmen, um ihre Betriebskosten zu senken, ihre Lagerhaltung drastisch reduziert. Die Gewerkschaften hatten dies in ihrer Streiktaktik — der sogenannten Minimax-Strategie — berücksichtigt. Diese Taktik zielte darauf ab, ausgewählte Zulieferbetriebe zu bestreiken. Dies führte konsequenterweise dazu, daß Drittbetriebe, also mittelbar Betroffene, in den Arbeitskampf einbezogen werden mußten. An einem 1986 vielfach zitierten Beispiel wird diese Taktik deutlich: so hätten 7 500 Streikende in ausgesuchten Autozuliefererunternehmen 1,5 Millionen Arbeitnehmer in der Automobil- und Zulieferindustrie die Möglichkeit zu arbeiten nehmen können. Das hätte natürlich enorme Auswirkungen auf die Finanzierung des Gesamtstreiks gehabt: die Streikkasse der Gewerkschaft wäre nämlich nur für die wenigen Zulieferbetriebe aufgekommen. Für alle anderen aber hätte die Bundesanstalt für Arbeit sorgen müssen. Von einer Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei einem Streik — also genau das, was letztendlich die PDS hier groteskerweise durch ihren Antrag fordert — wäre nicht mehr die Rede gewesen. Anstatt Arbeit in diesen Antrag zu verwenden, hätten die Damen und Herren von der PDS vielleicht einmal nachlesen sollen, was in den Debatten im Februar und März 1986 hier im Bundestag dazu gesagt wurde und wie die Entwicklung nach Änderung des § 116 bis heute ausgesehen hat. Dieses Gesetz, so wetterten damals Abgeordnete von SPD und GRÜNEN, würde zu einem Abbau von Bürgerrechten, zu Sozialabbau und zu einer Störung des sozialen Friedens führen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18057* Nichts davon wurde wahr. Aber dank der mutigen Vorgehensweise von F.D.P. und CDU/CSU — trotz aller Verleumdungen und bitteren Vorwürfe auch von Gewerkschaftsseite — wurde die aus Beitragsmitteln finanzierte Kasse der Bundesanstalt für Arbeit nicht zur Streikersatzkasse. Nun begründet die PDS ihren Antrag mit der durch diese Novellierung hervorgerufenen, wie es heißt, „Unterlegenheit der abhängig Beschäftigten" und „einer generellen Entwertung des Streikrechts". Wenn die Damen und Herren von der PDS, die ja zum großen Teil ehemalige SED-Genossen waren, diese Forderungen vor sechs oder sieben Jahren in der DDR erhoben hätten, um auf die faktische Rechtlosigkeit der Arbeitnehmer in der DDR gerade hinsichtlich von Streikmöglichkeiten hinzuweisen, dann wäre ihnen Beifall sicher gewesen. So aber ist der Antrag lediglich ein weiterer offenkundiger Versucht sich mit opportunistischen Aktionen als Anwalt von Arbeitnehmern aufzuspielen. Nein, gerade der Teil des Arbeitsförderungsgesetzes, der sich mit dem Neutralitätsgrundsatz bei Arbeitskämpfen befaßt — also der § 116 —, mußte im Jahre 1986 zum Wohle aller gegen die Partikularinteressen einer Gruppe geändert werden. Daran hat sich auch 1994 nichts geändert. Heinz-Adolf Hörsken (CDU/CSU): Arbeitskämpfe —so hart ihre Auswirkungen für die betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch sein mögen, und so gern wir es auch sehen mögen, wenn Tarifverhandlungen ohne Arbeitskämpfe zum Abschluß gebracht werden — sind lebendiger Ausdruck einer freiheitlichen Gesellschaft, einer Gesellschaft, die es den Arbeitsvertragspartnern zutraut und ermöglicht, Konflikte um die Arbeitsbedingungen ohne staatliche Bevormundung auszutragen und zu lösen. In einer staatlichen Befehlswirtschaft gibt es keine Freiheit der Tarifpartner, Arbeitsbedingungen eigenverantwortlich auszuhandeln und zu vereinbaren. Da ist es schon ein Witz, wenn sich ausgerechnet die Befürworter des Staatsmonopolismus, die Nachfolger jener, die den Arbeitnehmern jahrzehntelang das Recht und die Fähigkeit abgesprochen haben, Löhne und Gehälter selbst zu erstreiten, als Wächter der Arbeitskampfparität profilieren wollen. Ich versichere Ihnen: Ihre Sorge ist unbegründet! Der freiheitliche Staat Bundesrepublik Deutschland hat sich Zeit seines Bestehens aus Arbeitskämpfen herausgehalten, und er wird dies auch weiter tun! Das Gesetz zur Sicherung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen, mit dem wir den § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes klarstellend und im Sinne einer größtmöglichen Rechtssicherheit überarbeitet haben, ist Ausdruck dieser Grundhaltung. Es sichert die Neutralität des Staates und damit den Unparteilichkeitsanspruch des Grundgesetzes, weil es gewährleistet, daß sich weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer der Bundesanstalt für Arbeit bedienen können, um die Arbeitskampfgewichte zu ihren Gunsten zu verschieben. Die Mittel der Beitragszahler nach dem Arbeitsförderungsgesetz sind weder als Streikgelder der Gewerkschaften noch als Aussperrungssubventionen der Arbeitgeber gedacht und dürfen als solche auch nicht mißbraucht werden. Selten ist ein Gesetzentwurf so intensiv vorbereitet und diskutiert worden, wie dies mit diesem Gesetz Anfang 1986 der Fall war: Seine Entstehungsgeschichte umfaßt einen Zeitraum von nahezu zwei Jahren. Rechtsgutachten wurden eingeholt, Gespräche mit den Tarifpartnern geführt, Verbände und Wissenschaftler haben sich in einer volle drei Tage andauernden Anhörung bis zu den feinsten Verästelungen der Problematik geäußert, Verfassungsfragen wurden hin und wieder zurückgewälzt, die Fachliteratur zu einem einzigen Paragraphen des Arbeitsförderungsgesetzes füllt inzwischen Bände. Und wir sind alle klüger geworden durch diese Diskussion: Wir wissen heute, daß der Gesetzgeber den Mut und die Kraft haben muß, die wesentlichen Grundsätze der Entscheidung, wann die Bundesanstalt für Arbeit Leistungen während laufender Arbeitskämpfe erbringen darf und wann nicht, ohne ihre Neutralitätspflicht zu verletzen, selbst treffen muß. Es ist rechtlich problematisch und politisch illusionär zu glauben, daß die Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit heute noch der richtige Ort wäre, diese Fragen der konkreten rechtlichen Umsetzung von Vorgaben unseres Grundgesetzes einvernehmlich zu lösen, ohne daß im Endeffekt die „öffentliche Bank" zum Ersatzgesetzgeber hochstilisiert würde. Die Damen und Herren von der PDS machen es sich — wie so oft — sehr einfach, wenn sie lapidar und ohne die Sachdiskussion der vergangenen Jahre auch nur in Ansätzen aufzuarbeiten den Gesetzeswortlaut von 1969 wieder einführen wollen, einen Gesetzeswortlaut, der — wie uns die Vergangenheit gezeigt hat — nicht dazu führt, daß Klarheit über Inhalt und Grenzen staatlicher Neutralitätspflicht herrscht, sondern jeden Arbeitskampf von neuem mit Unsicherheiten belastet. Wir haben die Neuregelung nicht aus Spaß an der Auseinandersetzung getroffen, sondern weil die Rechtslage — die Sie wieder einführen möchten — zu unerträglichen Unsicherheiten geführt hatte: jeder Arbeitskampf eine Zitterpartie um die Ansprüche auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld. Problematisch ist nicht, daß die Unparteilichkeit der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen verletzt wäre, „wenn deren Leistungen den Arbeitskampf beeinflussen" würden. Problematisch ist, wann dies der Fall ist. Der geltende § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes beantwortet diese Fragen in aller Klarheit: Erstens. Er legt unmißverständlich fest, daß Arbeitnehmer, die mittelbar vom Arbeitskampf betroffen sind, aber einem anderen Fachbereich angehören, immer Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erhalten. Wenn der öffentliche Dienst streikt und die Stromversorgung lahmlegt, geht dies 18058* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 nicht zu Lasten des Lohnersatzanspruches des Metallers im Automobilbetrieb. Zweitens. Mittelbar vom Arbeitskampf betroffene Arbeitnehmer innerhalb des fachlichen und räumlichen Geltungsbereichs des umkämpften Tarifvertrages erhalten — wie schon vor der Neuregelung — keine Leistungen. Das ist folgerichtig. Wenn in der Metallindustrie in Nordbaden um die Tarifbedingungen gestritten wird, sitzen alle Metaller in diesem Tarifgebiet in einem Boot, egal ob sie im Streik- oder Aussperrungsbetrieb oder in einem anderen Betrieb beschäftigt sind. Drittens. Auch die mittelbar vom Arbeitskampf betroffenen Arbeitnehmer außerhalb des räumlichen, aber innerhalb des fachlichen Geltungsbereichs des umkämpften Tarifvertrages erhalten im allgemeinen Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld. Nicht jeder Arbeitskampf in einem der räumlichen Tarifbezirke einer Tarifbranche führt — wie hier wieder suggeriert wird — zum Ruhen der Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit Die Fälle, in denen nicht gezahlt wird, sind vielmehr eng eingegrenzt. Nur im Falle des „Stellvertreter-Arbeitskampfes" — und dies stellt die geltende Regelung des § 116 AFG sicher —, d. h. nur wenn der Arbeitskampf stellvertretend auch für die Änderungen der Arbeitsbedingungen der mittelbar betroffenen Arbeitnehmer geführt wird und diese Arbeitslosen deshalb als beteiligt anzusehen sind, ruht der Leistungsanspruch. Das Gesetz regelt im einzelnen, wann ein solcher „Stellvertreter-Arbeitskampf" vorliegt, nämlich nur wenn der letzte Beschäftigungsbetrieb des Arbeitnehmers dem fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrages zuzuordnen ist, im Tarifbezirk des mittelbar betroffenen Arbeitnehmers eine Tarifforderung erhoben worden ist, diese erhobene Forderung nicht nur irgendeiner, sondern einer Hauptforderung des Arbeitskampfes nach Art und Umfang gleich ist, das Arbeitskampfergebnis aller Voraussicht nach in dem Tarifbezirk des mittelbar betroffenen Arbeitnehmers im wesentlichen übernommen wird und die Arbeitsbedingungen, die mit der Forderung erstrebt werden, bei ihrer Verwirklichung für den Arbeitnehmer persönlich in Betracht kommen. Der Leistungsanspruch ruht also nur, wenn der mittelbar betroffene Arbeitnehmer am Arbeitskampfergebnis auch partizipiert. Viertens. Im Gesetz ist ausdrücklich festgelegt, warm eine Forderung als erhoben gilt. Fünftens. Die Entscheidung, ob ein StellvertreterArbeitskampf vorliegt, trifft seit der Neuregelung nicht mehr der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, sondern der Neutralitätsausschuß, dem neben dem Präsidenten Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber angehören. Sechstens. Gegen die Entscheidung des Neutralitätsausschusses — auch das ist ein gravierender Fortschritt der Neuregelung — können Gewerkschaften und Arbeitgeber unmittelbar beim Bundessozialgericht klagen: eine entscheidende Beschleunigung des Rechtsweges. Siebtens. Arbeitgeber können einen Arbeitskampf in einem anderen Tarifgebiet nicht zum Vorwand nehmen, die Arbeit einzustellen, um dadurch Druck auf die Arbeitnehmer auszuüben. Die Arbeitgeber müssen — unter Kontrolle der Betriebsvertretung — nachweisen, daß ein Arbeitsausfall tatsächlich die Folge des Arbeitskampfes ist. Die „kalte" Aussperrung, die in der Begründung des PDS-Antrages angesprochen wird, wird damit gerade verhindert. Achtens. Zahlt der Arbeitgeber gleichwohl den Lohn nicht — wozu er verpflichtet ist —, tritt die Bundesanstalt in Vorleistung, damit der Arbeitnehmer gesichert bleibt. Die Öffentlichkeit wird sich selbst ein Bild davon machen, welche Regelung der zugegeben schwierigen und komplexen Materie besser gerecht wird. Ich bin mir sicher: Der Entwurf der PDS nach dem Motto „zurück in die Rechtsunsicherheit" wird keine Mehrheit finden. Da hilft den Antragstellern auch der von mir sehr geschätzte Ernst Benda nicht weiter. Es ist sein gutes Recht, als anerkannter Rechtswissenschaftler gutachtlich Rechtspositionen darzulegen. In der Sache sind wir nicht einer Meinung. Ich erinnere an das Gutachten, das die nicht minder anerkannten Professoren Dr. Ossenbühl und Dr. Richardi dem Bundesminister der Justiz und dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im August 1986 erstattet haben und dessen Lektüre ich Ihnen empfehle: Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, daß die Übereinstimmung des § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes mit dem Grundgesetz schlechterdings nicht zu bezweifeln ist. Allzu durchsichtig ist die Verknüpfung, die hier zwischen der leider hohen Zahl der Arbeitslosen des Jahres 1994 und der ,Änderung des § 116 1986 hergestellt werden soll. Das kann so nicht stehenbleiben! Wir wollen festhalten: Die hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern und zum Teil in den alten Bundesländern hat nichts mit der Arbeitskampffähigkeit der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände zu tun! Sie ist u. a. die Folge des katastrophalen Handelns und Wirtschaftens der SED-Diktatur, deren Auswirkungen wir nun mit hohem Aufwand und schmerzlichen Belastungen der Bürger in Ost und West beseitigen müssen. Niemand wird ernstlich behaupten können, daß die Ergebnisse der Tarifverhandlungen seit der Neuregelung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit im Jahre 1986 oder gar die Einführung einer Tariflandschaft in den neuen Bundesländern einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer gegangen wären. Das Märchen von der Einschränkung der Streikfähigkeit der Gewerkschaften ist von der Wirklichkeit als das bestätigt worden, was es ist: reine Propaganda! Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18059* Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (Sammelübersicht 135 zu Petitionen) (Fördermittel für Ausbildungsbedarf in der Altenpflege) Lisa Seuster (SPD): Obwohl sie sich als Lebensform längst etabliert haben, sind nichteheliche Lebensgemeinschaften gesetzgeberisch praktisch ausgegrenzt. Die Folge dieser ungeklärten rechtlichen Situation sind zahlreiche Gerichtsverfahren. Die einzige Möglichkeit für die betroffenen Paare besteht darin, von Einzelfall zu Einzelfall mühsam ihre rechtliche Situation klären zu lassen — ein Bemühen, das den speziellen Problemen der Betroffenen oft genug nicht in angemessener Weise Abhilfe schafft. So erging es beispielsweise auch einem Petenten, der seit Mai 1990 mit einer Partnerin zusammenlebt, die aufgrund einer chronischen Erkrankung ständig behandlungsbedürftig ist. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt die Frau entsprechend dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Hilfe zum Lebensunterhalt. Als sich das Paar dann entschloß, zusammenzuleben, erkundigte es sich vorher auf dem Sozialamt danach, ob die Frau auch künftig Krankenhilfe nach dem BSHG gewährt bekommen würde. Dem Petenten zufolge wurde diese Anfrage bejaht. Gut zwei Jahre lang, bis September 1992 wurde die Krankenhilfe dann auch gewährt. Als die Zahlungen ab diesem Zeitpunkt dann mit Hinweis auf die entsprechenden Paragraphen im BSHG ausblieben, legte das Paar im März 1992 schließlich bei verschiedenen Instanzen Widerspruch ein, bis heute allerdings ohne Erfolg. Der Petent hat sich in dieser Situation an den Petitionsausschuß gewandt, da er fürchtet, wirtschaftlich vernichtet zu werden, wenn sein Einkommen weiterhin bei der Finanzierung der Krankenhilfe seiner Partnerin angerechnet wird. Das Nettoeinkommen des Petenten beträgt 2 564 Mark. Davon zahlt er 548 Mark zur Krankenhilfe seiner Partnerin hinzu. Das sind, meine Damen und Herren, immerhin rund 22 % des Einkommens, das dem Petenten und seiner Lebensgefährtin monatlich netto zur Verfügung steht. Es kann nicht angehen, daß dieses Paar, wie zahlreiche andere Betroffene auch, bei der Berechnung der Sozialhilfe wie ein Ehepaar behandelt wird, bei der Krankenversicherung aber den günstigeren Tarif für Verheiratete nicht beanspruchen darf. Auch der Weg, sich über eine private Versicherung abzusichern, ist ihnen versperrt, da diese Versicherungen chronisch Kranke gar nicht oder nur zu einem immens hohen Beitragssatz aufnehmen. Wäre es möglich, daß der Petent seine Partnerin entsprechend den Bedingungen, wie sie für Ehefrauen bei seiner Versicherung, der Krankenversicherung für Bundesbahnbeamte, gelten, mitversichern könnte, müßte er einen Betragssatz von lediglich 53 Mark aufbringen — eine Summe, die in Anbetracht des Nettoeinkommens des Petenten durchaus akzeptabel wäre. Dazu käme noch ein 20prozentiger Eigenanteil bei Arznei- und Behandlungskosten. Die wesentlich höhere finanzielle Belastung, die der Petent jetzt zu tragen hat, wirkt dagegen wie eine Bestrafung dafür, daß er nicht jene Lebensform gewählt hat, wie sie von unserer Regierung gewünscht wird. Wir, die SPD-Fraktion, unterstützen den Petenten in seiner Forderung nach einer neuen rechtlichen Regelung. Die Koalitionsfraktionen haben dies im Petitonsausschuß abgelehnt. Daher bringen wir heute den vorliegenden Änderungsantrag ein, der die Bundesregierung auffordert, das Anliegen des Petenten zu berücksichtigen. Wie diese Neuregelungen gestaltet werden sollte, ob durch eine Änderung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung oder durch eine innerhalb der Sozialhilfe, müßte noch geprüft werden. Wenn sich Menschen auf Dauer zusammenschließen, um sich wechselseitig in allen Lebenslagen zu helfen, wenn sie miteinander die angenehmen, aber auch die schwierigen Seiten des Lebens verbringen wollen, darf man ihnen von gesetzgeberischer Seite aus nicht noch Steine in den Weg legen. Gerade das ist aber zur Zeit bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften noch gang und gäbe. Wer, wie im Fall des Petenten, Verpflichtungen auferlegt bekommt, muß genausogut die Möglichkeit erhalten, seine Partnerin oder seinen Partner in etwa so abzusichern, wie es im Rahmen einer Ehe möglich ist. Selbstverständlich ist uns klar, daß nichteheliche Lebensgemeinschaften entsprechend dem Art. 6 des Grundgesetzes rechtlich nicht besser gestellt werden dürfen als Ehepaare. Das ist auch nicht unsere Absicht, aber wir sind auch nicht bereit hinzunehmen, daß sie schlechter gestellt werden. Die eheähnliche Lebensgemeinschaft ist längst „eine typische Erscheinung des sozialen Lebens". So hat es das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil über den Schutz dieser Lebensform im November 1992 ausdrücklich formuliert. Dieser Tatsache muß nach Meinung unserer Fraktion endlich auch in der Gesetzgebung Rechnung getragen werden. Das heißt, nichtehelichen Lebensgemeinschaften muß endlich bisher fehlender rechtlicher Schutz zugesprochen werden, zumal die mangelnde juristische Absicherung auch hier wie in vielen anderen Lebensbereichen typischerweise zu Lasten des Schwächeren geht. Entgegen den gängigen Vorurteilen gehören solche Benachteiligungen von Anfang an zu dieser Lebensform. Auch auf juristischer Seite wird — und das zu Recht — kritisiert, daß Vorurteile wie: Lebensgefährten seien im Sozialrecht besser gestellt als Eheleute, etwa bei ihren Ansprüchen auf Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe oder Wohngeld, nicht der Realität entsprechen. Immer dann nämlich, wenn Regelungen sich zugunsten der Partner freier Lebensgemeinschaften auswirken können, werden ihre Ansprüche auf das Niveau vergleichbarer verheirateter Paare zurückge- 18060* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 schraubt. Das ist sowohl was die rechtlichen Regelungen anbetrifft, aber auch im Hinblick auf deren Umsetzung die gängige Praxis. Bevor einige von Ihnen diese Vorgehensweise als gerechtfertigt kommentieren werden, möchte ich noch einmal betonen, daß der Schutz der Familie, so wie er im Grundgesetz verankert ist, nicht bedeuten kann, daß andere Lebensformen stark benachteiligt werden. Die soziale Verpflichtung, wie sie im Falle der Petition von beiden Partnern tagtäglich eingegangen wird, muß anerkannt und unterstützt werden. Das gilt gerade in einer Lebensgemeinschaft, in der, wie im vorliegenden Fall, ein Partner ständig behandlungsbedürftig ist. Die Fürsorgepflicht und zusätzliche Belastung, die daraus entsteht, darf nicht zu einer zusätzlichen Benachteiligung für eine Lebensgemeinschaft werden. Der vorliegende Antrag gibt den Kolleginnen und Kollegen von der Regierungsfraktion die Gelegenheit, endlich vernünftige Regelungen im Sinne der Betroffenen zu beschließen. Renate Diemers (CDU/CSU): Bei der zur Entscheidung stehenden Petition wendet sich der Petent gegen die Regelung von § 122 Bundessozialhilfegesetz, nach der eheähnliche Gemeinschaften im Rahmen der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden dürfen als Ehegatten. Konkret geht es darum, daß der Petent für seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende nichteheliche Lebensgefährtin zur Zahlung von einkommensabhängiger Krankenhilfe herangezogen wird. Der Petent fordert eine gesetzliche Regelung, nach der künftig eine Inanspruchnahme von in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden für die Krankenhilfe der ständig behandlungsbedürftigen Partnerin bzw. des Partners ausgeschlossen sein soll. Die jetzige Rechtslage sei für die zahlungspflichtige Person wirtschaftlich nicht zumutbar. Dazu stelle ich fest: Erstens. Die Durchführung des Bundessozialhilfegesetzes und die Entscheidung im Einzelfall obliegt der Eigenverantwortlichkeit der Länder bzw. der Kommunalbehörden. Deshalb werde ich mich zu den in der Petition angesprochenen Zahlungsmodalitäten nicht äußern. Zweitens. Entscheidungserheblich für die Beurteilung des Petitionsbegehrens durch den Deutschen Bundestag ist jedoch die rechtliche Wertung. Diese muß von der prinzipiellen Erkenntnis ausgehen, daß nichteheliche Lebensgemeinschaften keine Vorteile gegenüber Ehepaaren haben dürfen. Diese Feststellung entspricht dem Schutzgebot von Ehe und Familie, wie es Art. 6 unseres Grundgesetzes fordert. Ich frage mich, ob diejenigen, die der Zielsetzung der Petition zustimmen, sich klar darüber sind, daß sie damit Ehepaare kraß benachteiligen. Denn wäre der Petent verheiratet und würde seine Ehefrau Krankenhilfe nach § 37 BSHG, die zur Hilfe in besonderen Lebenslagen zählt, beantragen, dann würde diesem Antrag nur dann stattgegeben werden können, wenn sowohl der Ehefrau als auch dem mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehemann die Aufbringung der Mittel aus Einkommen oder Vermögen nach gesetzlichen Maßstäben nicht zugemutet werden kann. In diesem Zusammenhang stellt sich zwangsläufig die Frage: Können, sollen oder dürfen in einer solchen Situation verheiratete zusammenlebende Ehegatten und die in einer eheähnlichen Gemeinschaft Zusammenlebenden unterschiedlich behandelt werden? Gemäß Art. 6 unseres Grundgesetzes stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Dieser verfassungsrechtlich gebotene Schutz verbietet eine Privilegierung, d. h. Bevorzugung nichtehelicher Lebensgemeinschaften gegenüber Eheleuten. Folgerichtig heißt es in § 122 BSHG: „Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. " Das bedeutet, diese Vorschrift gilt sowohl für die Hilfe zum Lebensunterhalt als auch für die Hilfe in besonderen Lebenslagen. Partner von nichtehelichen Lebensgemeinschaften müssen sich demnach in bezug auf die Einkommens- und Vermögensanrechnung im Sozialhilferecht so behandeln lassen wie Ehepaare. Damit werden eheähnliche Lebensgemeinschaften nicht der Ehe gleichgestellt. Es gilt jedoch der Grundsatz: Sozialhilfe ist die letzte Masche der sozialen Sicherung. Sie ist grundsätzlich nachrangig und kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn im Einzelfall jede Selbsthilfe außer Betracht kommt und wenn keine Hilfe von Unterhaltsverpflichteten oder Gleichgestellten zu erwarten ist bzw. wenn diese Hilfe nicht zugemutet werden kann. Die Bestimmungen von § 122 BSHG, daß sich nichteheliche Lebensgemeinschaften im Rahmen der Sozialhilfe wie Ehegatten behandeln lassen müssen, ist kein Verstoß gegen das Grundgesetz, sondern bekräftigt das darin garantierte Schutzgebot der Ehe. Auf keinen Fall kann § 122 BSHG die Funktion zugeschoben werden, sich aus anderen gesetzlichen Bestimmungen ergebende Benachteiligungen für eheähnliche Lebensgemeinschaften auszugleichen. Die Zielsetzung des § 122 BSHG ist darauf beschränkt, zu verhindern, daß Personen in nichtehelichen Lebensgemeinschaften günstiger behandelt werden als Eheleute. Damit ist nicht zum Ausdruck gebracht, daß solche Gemeinschaften Ehepaaren gleichgestellt sind oder daß eine Schlechterstellung gegenüber Ehepaaren untersagt ist. Nach meinem Verständnis entspricht es dem verfassungsrechtlichen Schutz der Ehe, daß diese Lebensform gesetzliche Vorteile genießt. Ich weiß, daß das vielen in der SPD-Bundestagsfraktion ein Dorn im Auge ist. Deshalb wundert es mich überhaupt nicht, daß die SPD in ihrem Änderungsan- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18061* trag ihre eigentliche Vorstellung von Ehe und Familie deutlich macht: Danach soll jede Lebensform, in der sich mehrere Personen auf unbestimmte Zeit wirtschaftlich zusammentun, Ehepaaren gleichgestellt werden, z. B. in der Familienversicherung zur Krankenversicherung. Als nächster Schritt käme dann wahrscheinlich, diesen Personenkreis in die Hinterbliebenenversorgung einzubeziehen. Mir sind die Anstrengungen, die die Vertreter der SPD in der Gemeinsamen Verfassungskommission zur Änderung von Art. 6 Grundgesetz unternommen haben, bekannt. Sie haben sich damit in der Gemeinsamen Verfassungskommission nicht durchgesetzt. Sie werden sich damit auch im Deutschen Bundestag nicht durchsetzen — auch dann nicht, wenn sie versuchen, wie sie es mit dem vorliegenden Änderungsantrag probieren, diese Veränderung scheibchenweise herbeizuführen. Das Bundesverfassungsgericht hat 1972 zu Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz ausgeführt, daß es sich hier um ein mehrdimensionales Grundrecht handelt: Institutionsgarantie, Verbürgung eines Menschenrechts und eine werteentscheidende Grundsatznorm. Deshalb sage ich, wer das Ehe- und Familienverständnis durch Veränderung von Rechtsnorm umkrempelt, verläßt diese werteentscheidende Grundsatznorm und verändert damit Staat und Gesellschaft. Das werden wir — wie gesagt, auch scheibchenweise — nicht zulassen, deshalb lehnen wir den Änderungsantrag der SPD-Fraktion nachdrücklich ab. Dr. Ruth Fuchs (PDS/Linke Liste): Die mehrheitlich getroffene Empfehlung des Ausschusses, das hier benannte Petitionsverfahren abzuschließen, kann auch ich nicht teilen; ebenfalls die Begründung des Votums nicht, welches da heißt — ich zitiere —, „daß eine Lebensgemeinschaft gegenüber einer Ehe nicht privilegiert werden dürfe". Beim besten Willen kann ich — bezogen auf den Inhalt der Petition — kein Privileg erkennen, sondern einzig und allein eine Forderung nach Gleichstellung bzw. Gleichbehandlung. Worum geht es: Ein berufstätiger Mann lebt mit einer häufig kranken Frau zusammen. Sie erhielt bisher problemlos die für sie notwendigen Krankenscheine von der Sozialhilfe. Jetzt wird ihr diese Krankenkostenbegleichung versagt, weil laut BSHG das Einkommen des Lebenspartners hinzugezogen werden muß. Hier ist die Gleichstellung für gesetzlich geregelte Verpflichtungen gegeben. Aber: Im Gegensatz zum Ehepartner wird dem Partner einer Lebensgemeinschaft die Mitversicherung der Lebensgefährtin über seine Krankenversicherung mangels eines Trauscheins verweigert. Das ist eindeutig eine Benachteiligung, und als Alternative bleibt, entweder sich in Schulden zur Bezahlung der Krankenbehandlungskosten zu verstricken oder die gerade für die kranke Frau seelisch und moralisch wichtige Gemeinschaft zu beenden. Die hier eindeutig ersichtliche Benachteiligung einer auf der einen Seite auch sozial erwünschten Lebensgemeinschaft ist meines Erachtens die Folge eines antiquierten Familienverständnisses und eines Sozialrechts, in dem Versicherungsmöglichkeiten für jeden — egal in welcher frei gewählten Form des Zusammenlebens er leben möchte — ausgeschlossen und in dem entwürdigende Bedürftigkeitsprüfungen zugelassen werden. Deshalb fordert die PDS/Linke Liste in ihrem — morgen zur Debatte stehenden — Entwurf für eine neue Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, daß „Familie, andere Lebensgemeinschaften und Lebensformen ... Schutz und Achtung durch den Staat (genießen)" sollen. Hierbei ist der gesicherte rechtliche Rahmen, den die Gesetzgebung, ausgehend vom Bürgerlichen Gesetzbuch, der Ehe zuerkennt, für uns Maßstab. Weiterhin setzen wir uns für eine soziale Grundsicherung mit einem Versicherungsschutz für alle ein, wodurch derartige Verwerfungen im. Sozialsystem vermieden werden. Vorerst unterstützen wir im Interesse des Petenten und seiner Partnerin so wie im Interesse vieler ähnlich gelagerter Fälle den Änderungsantrag der SPD, der Bundesregierung das Anliegen als gesetzgeberischen Handlungsbedarf zumindest „zur Erwägung zu überweisen" . Birgit Homburger (F.D.P.): Bei der heute abend auf der Tagesordnung stehenden Petition handelt es sich um einen sehr komplexen Sachverhalt. Es geht darum, daß der Petent sich gegen die Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes wendet, nach denen bei der Gewährung von Krankenhilfe das Einkommen des nichtehelichen Lebenspartners angerechnet wird. Der Petent lebt seit dem 1. Mai 1990 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einer Frau zusammen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt und Krankenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz erhielt. Die Tatsache der nichtehelichen Lebensgemeinschaft führte dazu, daß der Petent fortan für die Krankenhilfe seiner nichtehelichen Lebenspartnerin aufkommen mußte. Dabei wurde vom zuständigen Oberkreisdirektor das anrechenbare Einkommen des Petenten auf 2 564,23 DM festgestellt und damit ein Betrag von 548,85 DM als angemessener Beitrag der Beteiligung des Petenten an der Krankenhilfe der Lebenspartnerin festgesetzt. Dabei wies die zuständige Stelle darauf hin, daß in der Vergangenheit die entstandenen Kosten unter diesem Betrag lagen. Aus rechtlicher Sicht ist dieser Bescheid nicht zu beanstanden, denn Krankenhilfe nach § 37 BSHG ist gemäß § 28 BSHG nur zu leisten, wenn dem Hilfesuchenden und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und dem Vermögen nicht zugemutet werden kann. Außerdem bestimmt § 122 Satz 1 BSHG, daß Personen, die in eheähnlicher 18062* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzung sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden dürfen als Ehegatten. Diese Vorschrift gilt sowohl für die Hilfe zum Lebensunterhalt, als auch für die Hilfe in besonderen Lebenslagen, wozu die Krankenhilfe zählt. Insoweit ist diese Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Schwierigkeit des Falls liegt darin, daß der Petent beanstandet, seine nichteheliche Lebenspartnerin bei der Krankenversicherung nicht mitversichern zu können, und daß sie darüber hinaus auch die Anforderungen für eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt. Ersteres führt zwar dazu, daß in diesem Fall nichteheliche Partner zur Unterstützung des jeweils anderen Partners herangezogen werden können, aber keine Möglichkeiten haben, die Vergünstigungen, wie sie Ehegatten offenstehen, für sich zu beanspruchen. Hier stellt sich meines Erachtens die grundsätzliche Frage nach der Behandlung nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Meine Meinung ist, daß das Schutzwürdige an einer Partnerschaft einerseits ist, daß Partner sich gegenseitig Lebenshilfe geben und damit der einzelne bei Schwierigkeiten nicht auf die Hilfe der Allgemeinheit angewiesen ist. Zweitens sind — und das scheint mir der wichtigere Grund zu sein — das Schutzwürdige an ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften vor allem die Kinder. Insofern sieht die F.D.P. weiteren Regelungsbedarf bei der Gleichbehandlung von Kindern aus ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Ich sehe allerdings nicht, warum nichteheliche Lebensgemeinschaften in allen Punkten der Ehe gleichgestellt werden sollten. Die Schlußfolgerung, die ich aus den grundsätzlichen Überlegungen ziehe, ist, daß die Änderung des Bundessozialhilfegesetzes hier nicht weiterhilft, da eine Heranziehung des jeweiligen Partners zur Unterstützung des jeweils anderen Lebenspartners durchaus angemessen und gerechtfertigt ist. Auch eine Möglichkeit, daß nichteheliche Partner in der Krankenversicherung des jeweils anderen mitversichert werden können, ist nicht gerechtfertigt. Vielmehr muß es bei einer Reform der Krankenversicherungen darum gehen, daß niemand mehr ohne Beitragsleistung mitversichert werden kann, sondern jeder Versicherte auch einen entsprechenden Beitrag zur Solidarversicherung leistet. Insofern ist die vorgeschlagene Änderung des Bundessozialhilfegesetzes aus unserer Sicht nicht wünschenswert. Was das Problem der freiwilligen Versicherung angeht, so wird dies ab dem Jahre 1996 dadurch gelöst sein, daß Sozialhilfeempfänger dann grundsätzlich Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung sein werden, so daß die entsprechenden Voraussetzungen, die im Anschluß für eine freiwillige Versicherung erreicht werden müssen, normalerweise erfüllt sein werden. Als Schlußfolgerung bleibt, daß die F.D.P.-Bundestagsfraktion die vorgeschlagenen Lösungswege und die entsprechende Änderung des Bundessozialhilfegesetzes ablehnt, wir wohl aber eine Notwendigkeit sehen, über die Fragen der Behandlung von nichtehelichen und ehelichen Lebensgemeinschaften weiter nachzudenken. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (a — Gesetzentwurf zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, b — Große Anfrage: Umsetzung des Rauschgiftbekämpfungsplanes) Dr. Paul Hoffacker (CDU/CSU): Erstens. Der heute abend in erster Lesung eingebrachte Gesetzentwurf des Bundesrates kommt den durch das Grundgesetz aufgegebenen Schutzpflichten des Staates nicht nach. Er ist daher grundsätzlich abzulehnen! Das Menschenbild des Grundgesetzes ist das eines eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Menschen. Damit sind Sucht und Abhängigkeit nicht zu vereinbaren. Der Staat hat die Pflicht, Menschen vor dem Konsum von Drogen gleich welcher Art zu schützen und sie vor Abhängigkeit zu bewahren. Zweitens. Anlaß zur Entwarnung ist nicht gegeben. Nach den vorläufigen Zahlen für die Rauschgiftbilanz 1993 ist die Anzahl der Erstkonsumenten von Kokain und Amphetamin um 26 % bzw. 11,8 % gegenüber 1992 gestiegen. Dieser Trend ist besorgniserregend. Es zeigt sich, daß die Gefahr, die von sogenannten Einstiegsdrogen ausgeht, von immer mehr Menschen unterschätzt wird. Diese Gefahr dürfen wir nicht auch noch durch die Freigabe von Heroin verharmlosen. Dieser Trend wird auch nicht durch den — zu begrüßenden — Rückgang der Zahl der Drogentoten um 22 % in den ersten drei Quartalen des Jahres 1993 im Verhältnis zu 1992 widerlegt. Denn die Aussagekraft dieser traurigen Bilanz ist im Detail zu überprüfen, wie beispielsweise die These belegt, daß der Rückgang der Drogentoten in '93 im Verhältnis zu '92 nur auf einer Änderung der Erhebungsmethoden in einigen Bundesländern beruhe. Drittens. Oberstes Ziel unserer Präventions- und Drogenpolitik ist und bleibt die Drogenfreiheit. Dieses Ziel ist durch ein differenziertes Bündel von präventiven und kurativen Maßnahmen, aber auch und nicht zuletzt durch general- und individualpräventive Maßnahmen des Strafrechts zu erreichen. Prävention von einzelnen und von Risikogruppen durch Aufklärung und Abschreckung sind Aufgabe jeder realitätsbezogenen Drogenpolitik. Unser Ziel, nämlich die Freiheit von Drogen, wird durch die Freigabe von Heroin konterkariert! Durch eine — wenn auch kontrollierte — Versorgung mit Heroin wird kein Abhängiger von seiner Sucht befreit; es wird lediglich die Abhängigkeit verlängert, schlimmer noch, gesteigert: Nach amtsärztlichen Untersuchungen werden wegen der Gewöhnungseffekte an die Droge ständige Mengenanpassungen vonnöten sein. Der Weg endet also in jedem Fall letal: Eine Freigabe von Heroin käme damit einer Kapitulation vor unserem eigentlichen Ziel gleich, Drogenabhängigen die Rückkehr in ein drogenfreies Leben zu ermöglichen. Viertens. Wir können uns unserer gesellschaftspolitischen Verantwortung nicht dadurch entziehen, daß wir quasi als „Drogen-Dealer" eine zusätzliche He- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18063* roinquelle anbieten. Vielmehr müssen wir unseren Fürsorgepflichten dadurch nachkommen, daß wir geeignete Hilfsprogramme schaffen, um den Abhängigen die Reintegration in die soziale Gemeinschaft und in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Und gerade hier sind die Bundesländer gefragt. Warum gelingt es ihnen denn nicht, die Zahl der Therapieplätze deutlich zu erhöhen? Ist die Freigabe der Drogen, das Öffnen der Schleuse, das einzige, was ihnen noch einfällt, um der Problematik der Drogenabhängigkeit Herr zu werden? Fünftens. Studien haben ergeben, daß 90 % aller Drogenabhängigen letztendlich ein drogenfreies Leben anstreben. Ein Modell, das eine Freigabe von Heroin vorsieht, hätte für diese Gruppe, die noch eine Alternative zu Drogen sieht, fatale Folgen: Jeder weiß, daß ein Entzug von sogenannten harten Drogen einen sehr starken Willen erfordert und mit körperlichen Schmerzen verbunden ist. Eröffnet man den Drogenabhängigen nun einen bequemeren Weg zu dem Suchtmittel Heroin, so würde dies die Bereitschaft zur Therapie innerhalb dieser Gruppe auf unverantwortliche Weise gefährden. Das Risiko, daß durch die Freigabe von Heroin auch nur ein einziger Abhängiger den Willen zum Ausstieg endgültig aufgibt, da ihm ja eine Versorgung mit der Droge gewährleistet wird, ist gesellschaftspolitisch nicht zu vertreten. Sechstens. Eine kontrollierte Abgabe von Heroin könnte also allenfalls für die Drogenabhängigen diskutiert werden, die nicht mehr zu integrieren sind, für die der Weg über einen Entzug zurück in die Gesellschaft endgültig verschlossen ist. Die 90 % der Abhängigen, die — so die Meinungsumfragen — ein drogenfreies Leben anstreben, kommen für eine Freigabe von Heroin keinesfalls in Betracht. Damit geht aber auch das Argument, eine staatliche Versorgung mit Heroin könne zur Austrocknung der illegalen Drogenmärkte führen, völlig fehl: Kontrollierte Heroinabgabe käme — auch nach dem vorliegenden Entwurf des Bundesrates — nur für eine kleine Gruppe von Abhängigen in Betracht, so daß die Auswirkungen auf den Drogenmarkt geringfügig wären. Organisierte Drogenkriminalität würde sich zudem sofort auf die nicht von dem Modell erfaßte Gruppe konzentrieren. Siebtens. Gleiches gilt auch für das Argument, kontrollierte Heroinabgabe könne die Beschaffungs- und Begleitkriminalität verhindern. Zum einen wäre der nicht vom Modell erfaßte Personenkreis - und damit der überwiegende Teil aller Abhängigen — auch weiterhin auf Beschaffungskriminalität angewiesen. Zum anderen braucht ja auch der vom Modell erfaßte Personenkreis Geld, um den allgemeinen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Wenn aber ein Heroinabhängiger alle vier bis sechs Stunden — sei es auch unter ärztlicher Aufsicht — eine Injektion braucht, macht doch schon allein diese Tatsache eine Resozialisierung und einen geregelten Arbeitseinsatz unmöglich. Insgesamt wären also die Auswirkungen auf die Beschaffungs- und Begleitkriminalität gering. Achtens. Das Modell einer Freigabe von Heroin schließlich ist auch deshalb abzulehnen, weil es zur Verharmlosung dieser körpergefährdenden Droge beiträgt. Die Gefahr, daß die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber harten Drogen steigt — nach dem Motto: Was selbst der Staat vertreibt, kann doch nicht schädlich sein —, ist viel zu schwerwiegend, als daß wir uns auf ein Versuchsmodell einlassen dürften. Neuntens. Wir müssen das Problem der Drogenabhängigkeit vielmehr von einer anderen Seite angehen, indem wir an dem Ziel eines drogenfreien Lebens festhalten und die Abhängigen in ihrem Wunsch nach Drogenfreiheit unterstützen und ihnen Perspektiven schaffen. Aufklärung und Repression sind die Kernelemente einer an diesem Ziel orientierten realitätsbezogenen Drogenpolitik. Dringend erforderlich ist aber auch die Schaffung weiterer Entzugs-, Therapie- und Nachsorgeplätze. 30 bis 40 % derjenigen, die eine Therapie beginnen, schließen sie auch erfolgreich ab, und diese Quote müssen wir erhöhen. Dazu gehört auch, für Suchtgefährdete und Süchtige Zufluchtsorte wie Selbsthilfegruppen, Krisenzentren und Familienwohnheime zur Verfügung zu stellen, in denen sie psychologisch betreut werden und in denen sie Möglichkeiten zu Gesprächen, medizinischer Hilfe oder zur einfachen körperlichen Pflege haben. Daß dieser Weg der grundsätzlich erfolgversprechende ist, zeigt sich am Beispiel Großraum Nürnberg. Dort ist nach vorläufigen Zahlen für 1993 dank verbesserter Entzugs- und Therapiemöglichkeiten ein deutlicher Rückgang der Zahl der Drogentoten um 55 % festzustellen. Zehntens. Die Freigabe von Heroin ist zur Erreichung unseres Ziels auch nicht erforderlich und somit schädlich! Jeder, der der Freigabe von harten Drogen das Wort redet, macht sich daher nicht zuletzt auch an denjenigen schuldig, die — aus welchen Gründen auch immer — süchtig geworden sind und aus dem Teufelskreis der Drogensucht entfliehen wollen. Er macht sich aber auch — und das ist noch viel schlimmer — ohne Not an denjenigen schuldig, die — noch nicht — nach Drogen gegriffen haben. Denn denen wird mit derartigen Experimenten die Harmlosigkeit der Sucht vorgegaukelt. Gerade wegen unserer Kinder, um die es hierbei im Kern geht, kann es für die CDU/CSU-Fraktion eine Zustimmung zu diesem Entwurf des Bundesrates nicht gegeben. Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink (F.D.P.): Parteipolitische Dogmen nützen wenig, um Kranken zu helfen, und Süchtige sind Kranke. Wie helfen wir diesen Kranken? Konsens war bisher in der bundesdeutschen Drogenpolitik, Drogenabhängige zu rehabilitieren und drogengefährdete, meist junge Menschen, vor dem Einstieg in den Drogenkonsum zu schützen. Rehabilitierung meint Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Nun zeigen aber die letzten Jahre, daß es Drogenabhängige gibt, die nicht rehabilitierbar zu sein scheinen. Was machen wir mit diesen Menschen? Lassen wir sie an Straßenecken und auf Bahnhöfen vegetieren, bis sie sich den letzten „Schuß" setzen? Genau um dieses Problem, nämlich um die Situation der total verelendeten „Altfixer", geht es bei dem Antrag des Bundesrates. Das Ziel dieses Gesetzentwurfs ist, neue Erkenntnisse zur Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten für die Drogenabhängigen zu gewinnen und in einem neuen Paragraphen eine wissenschaftliche Forschung zu Behandlungs- 18064' Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 zwecken zuzulassen. Dies meint in erster Linie Modellversuche zur Heroinabgabe. Die Zielrichtung ist auf jeden Fall unterstützenswert und würde auch den Forderungen des Nationalen Drogenrates und des Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplanes nicht grundsätzlich widersprechen. Auch die F.D.P. bejaht die Möglichkeit, Heroin an eine sorgfältig ausgewählte Klientel unter strenger ärztlicher Kontrolle unter Aufsicht durch das Bundesgesundheitsamt, unterstützt durch ein unabhängiges wissenschaftliches Expertenteam, befristet abzugeben. Die Liberalen bedauern außerordentlich, daß der Antrag der Stadt Frankfurt am Main, einen auf fünf Jahre angelegten wissenschaftlich fundierten Modellversuch zur Versorgung von 100 Frankfurter schwerstgeschädigten „Altfixem" mit Heroin zu genehmigen, gerade durch das Bundesgesundheitsamt abgelehnt wurde. Diese Versuche wären notwendig gewesen, damit in den nächsten zwei Jahren Ergebnisse für die Suchtforschung vorliegen. Auch der Nationale Drogenrat hat in seinem Bericht im Dezember 1993 beklagt, daß die nationale und internationale Datenlage im Drogenbereich unbefriedigend und eine Intensivierung der Forschung unerläßlich sei. Problematisch erscheint der F.D.P. im Gesetzentwurf des Bundesrats, daß das Bundesgesundheitsamt (BGA) die Aufsicht verlieren soll. An die Stelle des BGA tritt — so der Entwurf — die oberste Gesundheitsbehörde eines Landes, die die Aufsicht über Modellversuche zur Heroinabgabe haben soll. Die F.D.P. wird den Gesetzentwurf ablehnen, weil das BGA nach unserer Auffassung die entscheidende Instanz bleiben muß. Trotz dieser Kritik sehe ich hier einen neuen Weg in der Drogenpolitik. Denn: Gestehen wir uns ehrlich ein, daß die bisherige offizielle, eher starre Drogenpolitik die wirklichen Probleme schlecht gelöst hat. Wir müssen uns alle — angesichts internationaler Erfahrungen — zu einer mehr „akzeptierenden" Drogenpolitik durchringen. Beispiel Liverpool: Die Drogenabgabe — keine Modellversuche, sondern bereits Regelsystem in der Krankenbehandlung — wird seit einigen Jahren mit großen Erfolgen praktiziert. Die Mortalität ist gering, der Gesundheitszustand der Süchtigen hat sich während des Programms verbessert, und die Zahl der AIDS-Kranken ist für eine Großstadt erstaunlich gering. Die Liverpooler Polizei ist heute der größte Verfechter der Drogenabgabe. Die Kriminalität ist in diesen Gebieten deutlich zurückgegangen. Auch die offene Drogenszene ist weitgehend verschwunden, und damit ist die Gefahrenzone für potentielle Neueinsteiger eingedämmt. Es existiert kein Schwarzmarkt mehr, da es aufgrund der Drogenabgabe auf Rezept keinen Grund gibt, die abgegebenen Drogen gegen „bessere" zu tauschen. Das Liverpooler Beispiel ist natürlich nicht übertragbar, denn wir reden hier nur von Modellversuchen, nicht von einer Regelabgabe. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Wir Liberale lehnen eine generelle Freigabe von weichen wie harten Drogen ab. Es gibt international keine Erkenntnisse darüber, daß eine Legalisierung die bestehenden Probleme lösen würde. Eine Legalisierung würde Abhängigen helfen — weniger Kriminalisierungsrisiko und Beschaffungskriminalität —, aber eine zunehmende Gefährdung von Jugendlichen aufgrund der Verfügbarkeit der Drogen nach sich ziehen. Ein weiterer wichtiger Grund ist, daß sich durch die Legalisierung das Suchtverhalten der Abhängigen nicht ändern würde. Damit komme ich zum Tagesordnungspunkt „Beratung der Großen Anfrage zum Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplan", der alle bereits angesprochenen Punkte tangiert. Die Daten über die Umsetzung des Rauschgiftbekämpfungsplanes, die in der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage erhalten sind, stammen vom Dezember 1992. Bedauerlich ist, daß es keine aktuelleren Daten gibt; ansonsten ist der Bericht der Bundesregierung informativ und ehrlich. Aus ihm wird deutlich, daß Sucht nicht in erster Linie mit den Mitteln des Strafrechts geheilt werden kann, sondern daß Süchtige individuelle Hilfsangebote brauchen. Schätzungsweise 80 000 bis 100 000 Menschen konsumieren in der Bundesrepublik harte Drogen. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es etwa 2,5 Millionen Alkoholabhängige — ca. 40 000 Alkoholtote — und eine vermutete Zahl von 800 000 Medikamentenabhängigen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist nikotinabhängig. Die Mehrfachabhängigkeit ist für Süchtige normal. Das Problem ist nicht der Stoff, sondern die Sucht. Die F.D.P. geht von einem Suchtbegriff aus, der Sucht in seiner ganzen Komplexität umfaßt, da Suchtentwicklung auf vielfältige Ursachen zurückzuführen ist. Sucht ist eine Krankheit, die im Betäubungsmittelgesetz handlungsleitend festgeschrieben werden sollte. Eine liberale Drogenpolitik in Deutschland müßte folgende Eckwerte haben: Erstens. Förderung der Grundlagenforschung über Voraussetzungen und Auswirkungen von Suchtverhalten und Langzeitbegleitforschung von Suchtkarrieren. Zweitens. Zielgruppenspezifische, kontinuierliche und flächendeckende Prävention ab dem Kindesalter. Ziel der Prävention muß sein, Kinder und Jugendliche anzuleiten, „Nein" zu Suchtmitteln zu sagen. Wir müssen viel mehr in Prävention als bisher —1993 rund 22,3 Millionen — investieren. Denn es sind unsere Kinder, denen wir helfen müssen. Drittens. Differenzierte und qualifizierte stationäre und ambulante Entgiftungs-, Entwöhnungs- und Entzugstherapieplätze sowie Nachsorgeplätze. Einrichtung landesweiter Zentralstellen für die Vermittlung von freien Therapieplätzen — wie in NRW — nach dem Dortmunder Modell „Therapie sofort". Durch einen Forschungsparagraphen im BTMG sollte die Erprobung neuer Therapiekonzepte ermöglicht werden. Viertens. Substitution als Hilfe zum Ausstieg, geregelt vom zuständigen Arzt, begleitet mit psychosozialen Betreuungsangeboten sowohl für die Abhängigen als auch für ihr soziales Umfeld. Substitution muß kurzfristig zur Verfügung gestellt werden können und zum Instrument in einem differenzierten Gesamtkonzept der Drogenhilfe gehören. Auch als Überbrükkungshilfe für einen Therapieplatz sollte sie nach Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18065* sorgfältiger Prüfung eingesetzt werden. Nach dem Vorliegen der Ergebnisse aus den laufenden Methadon-Modellversuchen einiger Bundesländer sind auch Ausweitungen von Substitutionsprogrammen denkbar. Fünftens. Bestimmung der Kostenträger vor der Methadon- bzw. Entzugs- und Nachsorgebehandlung. Die Schaffung anderer Therapieangebote darf zugunsten von preisgünstigeren Methadonprogrammen nicht vernachlässigt werden. Bürokratische Hemmnisse zwischen den verschiedenen Kostenträgern von Entwöhnungs-, Therapie-, Nachsorge- und Substitutionsprogrammen müssen abgebaut werden. Sechstens. Aufstellung eines Bund-Länder-Therapie-Plans und regelmäßige Kontrolle. Bund und Länder sollten die Anzahl der Therapieplätze in jedem Bundesland festlegen. Ich persönlich bin der Meinung, daß zur Finanzierung der Kosten des Bund-Länder-Therapie-Plans ein Betrag vorgesehen werden soll, der einem Prozent der Einnahmen aus der Branntweinsteuer und aus der Schaumwein- und Tabaksteuer (Einnahmen etwa 30 Milliarden DM) entspricht. Die auf diese Weise zur Verfügung stehenden Mittel, nämlich 300 Millionen, sollten für Prävention und Therapie verwendet werden. Fazit: Drogenpolitik muß offensiv-präventive und therapeutische Schwerpunkte setzen und sich lösen von einer reinen Defensiv-Strategie. Ihre Maßnahmen müssen sich gegen das Drogenproblem und nicht gegen die Drogenabhängigen richten. Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister des Innern: Die Forderung nach Legalisierung des Umgangs mit „weichen" Drogen und nach partieller „Entpönalisierung" des Besitzes von „harten" Drogen, bei jeweils kleinen Mengen zum sogenannten „Eigengebrauch" wird immer wieder damit begründet, es sei falsch, z. B. junge Leute schon deswegen zu kriminalisieren. Außerdem könne so wirksam zum Rückgang der Beschaffungskriminalität beigetragen werden. Die Polizei sei dann in der Lage, sich auf die eigentlich interessanten Dealer zu konzentrieren. Dazu einige Anmerkungen: Schon heute kann von einer „Kriminalisierung" von Ersttätern bei kleinen Mengen und zum Eigengebrauch überhaupt keine Rede sein. Ich wage die Behauptung, daß in einem solchen Fall des Umgangs mit „weichen" Drogen in den letzten Jahren in Deutschland kein einziges Mal gegen einen jugendlichen Täter eine Kriminalstrafe verhängt worden ist. Meist dürfte das Verfahren eingestellt worden sein. Die Forderung nach Entkriminalisierung ist daher eigentlich schon erfüllt. Andererseits gibt aber die „Strafbarkeit" der Polizei die Chance, schon in einem sehr frühen Stadium möglicherweise beginnender Suchtmittel-Abhängigkeit einzuschreiten und z. B. den Eltern den entscheidenden Hinweis auf den verhängnisvollen Umgang ihrer Kinder zu liefern. Wird der Polizei aber wie im Falle der Legalisierung überhaupt die Befugnis zum Einschreiten genommen, gibt es diese im wohlverstandenen Sinne dem Drogenkonsumenten selbst dienende Regelung erst dann, wenn der Betroffene schon mit „harten" Drogen Umgang pflegt. Dann ist es aber meist schon zu spät. Die Korrektur ist dann jedenfalls ungleich schwieriger und aufwendiger. Deshalb findet man viele mit dem Problem vertraute Eltern und Betroffene, die selbst entschieden gegen die Rücknahme der Strafbarkeit sind. Was die Hypothese vom Rückgang der Beschaffungskriminalität angeht, so gibt es dafür in den bis jetzt unternommenen Versuchen keinen Beweis aus der Praxis. Dies entspricht auch der objektiv gegebenen Sachlage. Tatsache ist nämlich: Die Abhängigkeit von Heroin diktiert den Tagesablauf eines Süchtigen. Sie läßt dem Opfer keinen Raum für ein auch nur den allgemeinen Lebensunterhalt sicherndes regelmäßiges Arbeitsverhältnis. Im Gegenteil, wegen der Notwendigkeit, sich alle vier bis sechs Stunden eine Dosis zu spritzen, müssen Heroinsüchtige fast wie stationäre Patienten in der Nähe der Abgabestelle bleiben, wenn das System überhaupt funktionieren soll. Dazwischen stehen sie unter dem Einfluß der Droge. Zudem fehlen alle organisatorischen Voraussetzungen für eine derartige Suchtversorgungsstrategie für die — nach einer u. a. von Frankfurt und Hamburg geforderten Versuchsphase — wohl Tausende, gemäß den vorgeschlagenen Kriterien als nicht mehr therapierbar einzustufenden Süchtigen. Häufig wird auch so getan, als sei die Kampagne zur Legalisierung des Umgangs mit Drogen mittlerweile zu einer Art internationaler Bewegung geworden. Dabei ist genau das Gegenteil richtig. So war es bei der Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September letzten Jahres in New York zum Thema „Drogenmißbrauch" für mich besonders eindrucksvoll, wie einmütig sich praktisch alle Redner gegen jede Legalisierung des Drogenkonsums ausgesprochen haben. Sogar der niederländische Vertreter hat nachdrücklich darauf hingewiesen, auch sein Land habe mittlerweile die Suchtstoffkonvention von 1988 ratifiziert. Damit wolle er verdeutlichen, auch die Niederlande dächten nicht an eine „Legalisierung". Der neue amerikanische „Drogenzar" Lee Brown fand besonders deutliche Worte. Er wies darauf hin, daß nach Auffassung seines Präsidenten die Legalisierung von Drogen der Anfang der Selbstaufgabe der Gesellschaft und des Staates sei. Bei meinem kürzlichen Besuch in Washington war es für mich besonders beeindruckend, daß gerade jene Gesprächspartner, die persönlich und beruflich besonders viel Erfahrung mit dem fast unkontrollierten Drogengeschehen in amerikanischen Großstädten haben, strikt gegen jede Legalisierung sind. Dabei wird zur Begründung auf die Erfahrungen mit Situationen wie in New York verwiesen. Dort sind Drogen zum Billigstpreis praktisch allgegenwärtig. Ob Lee Brown, vormals Polizeichef von New York, oder der neue FBI-Direktor Louis Freeh, früher als Richter und Bundesstaatsanwalt ebenfalls in New York tätig, oder der Kongreßabgeordnete Rangel aus Harlem, zu dessen Alltag noch heute Probleme von jung und alt mit Drogen gehören — alle befürchten sie 18066* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 eine drastische Zunahme des Konsums, erwarten keinen wesentlichen Rückgang der Beschaffungskriminalität, aber einen deutlichen Anstieg der Folgekriminalität. Dieser Gesichtspunkt wird im übrigen von den Befürwortern einer Gesetzesänderung hier in der Bundesrepublik immer zu sehr vernachlässigt. Dabei sind Straftaten unter der Wirkung von Drogen bei uns — ca. 20 bis 25 % aller Auffälligkeiten im Fahrverhalten! — offenbar sehr viel zahlreicher als allgemein angenommen, bzw. oft von besonders exzessiver Gewalt gekennzeichnet. Jemand, der sich — wie die Bundesregierung — in der Drogenpolitik auch immer der Wirkung von Maßnahmen auf Nichtsüchtige bewußt sein muß und der weiß, daß die Folgen einer falschen Entscheidung auf diesem Gebiet praktisch irreversibel sind, kann grundlegende Umsteuerungen nicht auf der Basis unbegründeter Hoffnungen in Betracht ziehen. Bislang gibt es zum Ziel, von der Sucht freizukommen, keine verantwortbare Alternative. Dieser Erkenntnis wird die Drogenpolitik der Bundesregierung auch weiterhin folgen. Horst Seehofer, Bundesminister für Gesundheit: Oberstes Ziel der Drogenpolitik der Bundesregierung bleibt es, für ein Leben ohne Drogen und Suchtmittel einzutreten. Dies gilt in ganz besonderem Maße für junge Menschen, die vor dem Einstieg in den Suchtmittelkonsum bestmöglich zu schützen sind. Dabei geht die Bundesregierung von den Zielen aus, die im Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplan einvernehmlich mit den Ländern, Gemeinden, Verbänden und allen maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppen festgelegt wurden. Dies bedeutet für die Prävention: totale Abstinenz von illegalen Drogen; selbstkontrollierter Umgang mit „legalen" Suchtmitteln wie z. B. Alkohol und Tabakerzeugnissen mit dem Ziel weitgehender Abstinenz; bestimmungsgemäßer Gebrauch von Medikamenten. Der Präventionsarbeit liegt somit ein breiter Suchtbegriff zugrunde, der illegale und legale Suchtmittel umfaßt. Legalisierung und Entkriminalisierung sind Irrwege. Die Bundesregierung lehnt es in Übereinstimmung mit dem Nationalen Drogenrat ab, die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes auf bestimmte illegale Drogenarten zu begrenzen und z. B. den Besitz von Haschisch nur noch als Ordnungswidrigkeit einzustufen oder gar freizugeben. Eine Streichung bzw. ein „Aufweichen" der gesetzlichen Verbote wäre gerade für die Prävention und die Verhütung des Drogenmißbrauchs bei jungen Menschen das falsche Signal. Diese Verbote sind zugleich Warnzeichen und dienen der Gefahrenabwehr. Sie unterstützen die Aufklärung und Vorbeugung durch Eltern, Erzieher und andere Multiplikatoren in der Jugendarbeit wirkungsvoll. Die Strafvorschriften helfen bei der Bekämpfung des Drogenangebotes. Sie ermöglichen es den Strafverfolgungsbehörden, konsequent und hart gegen den illegalen Drogenhandel und -schmuggel vorzugehen. Die internationalen Übereinkommen gegen den illegalen Verkehr mit Drogen, die Deutschland alle ratifiziert hat, garantieren weltweit das gleiche Verfolgungsniveau und die internationale Zusammenarbeit. Wer für einen Verzicht auf diese Elemente der Drogenpolitik plädiert, ist bereit, ein unkalkulierbares Risiko für die Ausbreitung von Drogen und die Verkürzung des Weges in die Abhängigkeit einzugehen. Zwar erlaubt die nationale und internationale Datenlage im Drogenbereich nur grobe Vergleiche. Aber alle verfügbaren Daten weisen aus, daß die Bundesrepublik gegenüber anderen Ländern beim Konsum illegaler Drogen und bei den Todesfällen eine vergleichbar günstige Situation aufweist. Nichts spricht für die Übernahme von Konzepten, die in anderen Ländern zu eher schlechteren Ergebnissen geführt haben. Nichts spricht für die Durchführung sozialer Experimente ohne Netz und sicheren Boden auf Kosten der Betroffenen. Zu diesem Ergebnis ist auch der Nationale Drogenrat gekommen, der in seinem Votum vom 16. Dezember 1993 festgestellt hat, daß sich Aussagen über die ursächliche Beziehung zwischen der durchgeführten Drogenpolitik und der Drogensituation in einem Land aus der Literatur nicht schlüssig belegen lassen. In dem Votum wird daraus der Schluß gezogen: Eine Übertragung von drogenpolitischen Konzepten anderer Länder auf Deutschland ist deshalb nicht gerechtfertigt. Die bisherigen Erkenntnisse aus dem internationalen Bereich, die wissenschaftlich schlecht abgesichert sind, sprechen dafür, daß die bundesdeutsche Drogenpolitik eigenständig weiterentwickelt und evaluiert wird. Drogenpolitik ist Hilfe für die Betroffenen. Die Drogenpolitik der Bundesregierung ist dies in besonderem Maße. Im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten hat der Bund das Beratungs- und Behandlungsangebot für Gefährdete und Abhängige sowie deren Angehörige ausgebaut und differenziert. Die Bundesregierung appelliert nachdrücklich an Länder, Kommunen und die Kostenträger, diese Angebote entsprechend dem Bedarf in gemeinsamer Planung abzustimmen und flächendeckend auszubauen, damit Drogenabhängigen schnell und möglichst unbürokratisch geholfen werden kann. Die z. T. unverhältnismäßig langen Wartezeiten für einen Entgiftungs- oder Therapieplatz entmutigen therapiewillige Drogenabhängige. Die überwiegende Mehrheit der Abhängigen will ihren Drogenkonsum aufgeben und ein drogenfreies Leben führen. In einer Befragung von Abhängigen durch die Mitarbeiter in der Drogenhilfe hatten nur 10 % eine ablehnende Einstellung zur Abstinenz. Fast 90 hatten eine Vielzahl von Maßnahmen unternommen, um abstinent zu werden; 30 % warteten zum Zeitpunkt der Befragung auf einen qualifizierten Entzugsplatz und weitere 30 % auf einen Therapieplatz. Diese Initiative und Bereitschaft des Abhängigen muß genutzt und darf nicht durch fehlende Therapie- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18067* plätze oder langwierige Auseinandersetzungen über die Kosten aufs Spiel gesetzt werden. Deshalb sollten sich die Länder auf den Ausbau der Therapieplätze konzentrieren, statt mit immer neuen Ersatzdrogen-Diskussionen aufzuwarten. Es wäre für die Glaubwürdigkeit der Politik ein schlechtes Zeichen, wenn hinter diesen Diskussionen die Überlegung stecken würde: Ein differenziertes Therapieangebot muß u. a. von den Ländern getragen werden, Ersatzdrogen aber zahlt die Krankenversicherung! —Meine Damen und Herren, die Bundesregierung wird dies nicht zulassen. Die Bundesregierung richtet ihre Politik darauf aus, Drogenabhängige von ihrer Sucht zu befreien und ihnen ein Leben ohne Drogen zu ermöglichen. Gleichwohl geht sie davon aus, daß für einige Drogenabhängige dieses Ziel nur sehr langfristig und für eine kleine Teilgruppe vielleicht sogar niemals zu erreichen ist. Deshalb befürwortet sie auch Teil- und Hilfsziele auf dem Weg in die Drogenfreiheit. Deshalb ist der Ausbau von niedrigschwelligen Angeboten als Überlebenshilfen für Abhängige gefördert worden. Deshalb sind auch Einrichtungen zur bedingungslosen Entgiftung aufgebaut worden. Methadontherapie braucht therapeutisches Umfeld. Deshalb ist auch durch Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung die Substitution mit Methadon erleichtert worden. Substitution kann in begründeten Einzelfällen zur Schadensbegrenzung beitragen und einen Schritt zum Ausstieg aus der Drogenszene darstellen. Von entscheidender Bedeutung neben der Verabreichung des Medikamentes ist aber die psychosoziale Begleitung, die leider bisher völlig unzureichend geleistet wird. Aus dem Abschlußbericht des Bundesmodellprogramms zur niedrigschwelligen Drogenarbeit wird deutlich, daß die Zahl der Substitutionsmaßnahmen die vorhandenen personellen Kapazitäten in den Drogenhilfeeinrichtungen weit übersteigt. Der Bedarf nach psychosozialer Unterstützung bei substituierten Klienten konnte von dem vorhandenen Drogenhilfesystem nicht gedeckt werden. Deshalb suchten die Klienten Hilfe in den Einrichtungen des Modellprogramms, obwohl dieses von seiner ursprünglichen Konzeption her solche Hilfen nicht vorsah. Eine Methadonvergabe ist deshalb mit einem Angebot an psychosozialen Betreuungsmaßnahmen zu verbinden, für das Kommunen, Länder und eventl. Kostenträger aufkommen müssen. Die Methadonsubstitution ist keineswegs der „Königsweg" zur Lösung des Drogenproblems, sondern in medizinisch und gesundheitspolitisch besonders begründeten Ausnahmefällen ein Instrument neben vielen anderen. Die Methadonsubstitution ist eine Übergangshilfe; sie darf nicht als ein auf Dauer angelegtes Therapiekonzept mißbraucht werden. Methadonsubstitution hat vor allem ihre Berechtigung bei AIDS-Kranken und Schwangeren, in begrenztem Umfang und unter strenger ärztlicher Kontrolle mit intensiver psycho-sozialer Begleitung. Alles andere lehnt die Bundesregierung ab, weil es nicht dem eigentlichen Ziel — dem Loskommen von der Sucht — dient. Deshalb lehnt die Bundesregierung auch den Gesetzentwurf des Bundesrates vom 18. Juni 1993 zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ab. Er sieht vor, daß das Bundesgesundheitsamt künftig eine Ausnahmegenehmigung für Forschungsvorhaben mit nichtverkehrsfähigen oder nichtverschreibungsfähigen Betäubungsmitteln, insbesondere Heroin, nicht mehr auf Grund eigenen fachlich-wissenschaftlichen Ermessens erteilen kann, sondern eine Genehmigung erteilen muß, wenn ein Land das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geltend macht. Diese Änderung zielt darauf ab, daß solche Betäubungsmittel, insbesondere Heroin, künftig unter staatlicher Aufsicht und Kontrolle durch Ärzte an Drogenabhängige oder im Rahmen einer Schmerztherapie verabreicht werden dürfen. Wer die kontrollierte Freigabe von Heroin fordert, begibt sich auf einen gefährlichen Irrweg mit unkalkulierbarem Ende. Experimente auf Kosten der Betroffenen lehnt die Bundesregierung ab. Die Bundesregierung steht zu ihrer Verantwortung. Und deshalb sagt sie ein klares „Nein" zu allen Experimenten, Sucht mit Suchtmitteln zu bekämpfen. Wir müssen vielmehr Suchtkranken jede Hilfe geben, sich aus dem Teufelskreis der Abhängigkeit zu befreien, und wir müssen der Vorbeugung und Verhütung höchste Priorität einräumen, denn dies ist die wirkungsvollste Strategie zur Reduzierung der Nachfrage nach Drogen. Sucht kann nicht durch Suchtmittel geheilt werden. Die Gesetzesinitiative des Bundesrates widerspricht völlig den bereits erwähnten Zielen der Drogenpolitik der Bundesregierung, nämlich Drogenabhängige von ihrer Sucht zu befreien und Drogengefährdete, meist junge Menschen, vor dem Einstieg in den Drogenkonsum bestmöglich zu schützen. Im übrigen kann die Initiative weder die Situation der Schmerzpatienten noch die der Drogenabhängigen verbessern. Für die Schmerztherapie steht heute bereits ein breites Spektrum von hochwirksamen und erprobten Betäubungsmitteln zur Verfügung. Es kommt jetzt nur darauf an, daß insbesondere die niedergelassenen Ärzte ihren Wissensstand über die moderne medikamentöse Schmerzbekämpfung auf dem neuesten Stand halten und die gesetzlichen Verschreibungsmöglichkeiten zugunsten dieser Patienten ausschöpfen. Und auch für Drogenabhängige ist durch die versuchsweise Verabreichung von Heroin keine Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten. Heroin ist ja kein Substitutionsmittel wie z. B. Methadon. Während Methadon bei fachgerechter Anwendung kaum eine euphorisierende Wirkung hat und im Laufe einer ärztlichen Behandlung auf eine „Erhaltungsdosis" eingestellt und sogar herunterdosiert werden kann, verschafft Heroin dem Abhängigen den ersehnten „Kick" und tendiert zur unkontrollierbaren Toleranz- und Dosissteigerung. 18068' Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Heroin muß in der Regel alle 4 bis 6 Stunden intravenös verabreicht werden. Damit ist es für den Abhängigen — anders als bei der nur alle 24 Stunden erforderlichen oralen Methadonvergabe — fast unmöglich, die für die soziale Integration unverzichtbaren mitmenschlichen Kontakte aufzubauen sowie regelmäßig geeignete Ausbildungs- oder Arbeitsstätten aufzusuchen. Heroin, auch wenn es vom Arzt verabreicht wird, verhindert somit im Ergebnis — anders als Methadon — jede wirksame Hilfe für den Abhängigen: Er bleibt abhängig, er bleibt isoliert, und er ist meist nicht in Arbeit und Wohnung vermittelbar. Damit bestehen auch die negativen Folgen der Abhängigkeit wie Beikonsum anderer Drogen, Beschaffungskriminalität und die Gefahr der tödlichen Überdosierung weitgehend fort. Therapie statt Suchtmittel: Schließlich ist zu befürchten, daß die staatliche Vergabe harter Drogen insgesamt zu einem weiteren Anstieg der Zahl der Süchtigen führen wird. Alle Süchtigen werden versuchen, Heroin zu bekommen, statt den schweren Weg einer Drogenentzugstherapie zu gehen. Und viele Neueinsteiger werden die Suchtgefahren von Heroin künftig unterschätzen, wenn der Gesetzgeber die ärztliche Verabreichung von Heroin an Abhängige zuläßt. Nicht zuletzt wird die Präventionsarbeit gegen illegale Drogen ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Die Vergabe von Heroin ist daher mit der erheblichen Gefahr verbunden, daß die Zahl der Heroinkranken nicht geringer, sondern größer wird. Auch die Güterabwägung der Interessen der Gesellschaft gegen die des Schwerstabhängigen zwingt dazu, den Abhängigen auf den Weg der Therapie zu verweisen und die bloße Befriedigung seiner Sucht mit Heroin auf Kosten und Gefahr der Allgemeinheit abzulehnen. Die Diskussion der letzten Monate hat deutlich gezeigt, daß sich die „Freigabe-Spirale" immer schneller dreht: Vor anderthalb Jahren hat man noch über Methadon diskutiert, jetzt ist man schon bei der Freigabe von Heroin, wenn auch unter dem Deckmantel von Forschung und Erprobung. Und z. T. wird ja heute schon öffentlich ein individuelles „Recht auf Rausch" proklamiert. Aber die daraus zwangsläufig entstehenden Folgeprobleme soll dann die Gemeinschaft tragen. Das wird die Bundesregierung nicht zulassen! Hilfe vor Bestrafung: Das Betäubungsmittelgesetz enthält — seit 1992 noch verbesserte — spezielle Regelungen, damit möglichst viele straffällige Drogenabhängige statt Strafvollzug den Weg zur Therapie wählen können. Darüber hinaus bestehen die Möglichkeiten der Einstellung von Strafverfahren, des Absehens von Strafe und der Aussetzung von Strafen zur Bewährung mit präventiven oder therapeutischen Auflagen. In Übereinstimmung mit dem Nationalen Drogenrat werde ich mich dafür einsetzen, daß diese Elemente zu einem wirksamen Instrument der „Hilfe vor Bestrafung" ausgebaut werden. So hat sich der Nationale Drogenrat insbesondere dafür ausgesprochen, daß die möglichen Instrumente zur Umsetzung des Prinzips „Hilfe vor Bestrafung" auf der Basis des geltenden Rechts bundesweit in gleicher Weise und in vollem Umfang ausgeschöpft werden. Hier stehen die Länder in der Pflicht. Weiter hat der Nationale Drogenrat angeregt, bei der Umsetzung des Prinzips „Hilfe vor Bestrafung" nicht ausschließlich auf das Kriterium der „geringen Menge" abzustellen, sondern alle individuellen Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Dies muß insbesondere dann gelten, wenn es sich z. B. um einen nicht der Drogenszene zuzuordnenden Zufallstäter handelt. Die Zukunftsperspektive junger Menschen darf nicht wegen einer Dummheit verbaut werden. Dies ist keine Aufweichung der Grundsätze der Drogenpolitik, sondern Hilfe und mehr Gerechtigkeit im Einzelfall. Gegen die Suchtprobleme gibt es keine Patentrezepte. Abhängigkeit ist eine Krankheit, die schwer zu behandeln ist. Es gibt aber Erfolgschancen. Bei einem Vergleich mit anderen Ländern erweist sich die Bundesrepublik als ein Land mit hoher Lösungskompetenz. Der Nationale Drogenrat hat die Bundesregierung in seiner Sitzung am 16. Dezember 1993 deshalb darin bestärkt, ihren Weg in der Drogenpolitik fortzusetzen und weiterzuentwickeln. Und genau dies werden wir tun. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 16 (Antrag: Anpassung der Arbeitserlaubnis bei laufenden Arbeitsverhältnissen) Konrad Weiß (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich möchte Ihnen an einem mir bekannten Fall das Anliegen unseres Antrages erläutern: Ein junger Mann aus der Türkei hält sich seit einigen Jahren in der Bundesrepublik Deutschland auf. Vor dem Verwaltungsgericht werden derzeit die Details seines Verfolgungsschicksals und damit seine Asylberechtigung geklärt. Vermutlich wird er als Asylberechtigter anerkannt werden, jedenfalls ist auf Grund drohender Verfolgung eine Abschiebung nicht möglich. Dieser junge Mann arbeitet seit drei Jahren in einer Fabrik als Produktionshelfer. Er zahlt Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und kann seinen Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe sicherstellen. Seine allgemeine Arbeitserlaubnis war von Anfang an auf das konkrete Arbeitsverhältnis beschränkt und zeitlich befristet, wurde jedoch zunächst vom Arbeitsamt mehrmals problemlos verlängert. Auf Grundlage eines neuen Erlasses der Bundesanstalt für Arbeit vom 5. März 1993 wurde dann jedoch die Verlängerung der Arbeitserlaubnis verweigert und der Firma ein deutscher Arbeitsuchender nachgewiesen. Die Firma kündigte notgedrungen ihrem türkischen Mitarbeiter und stellte den zugewiesenen arbeitslosen Deutschen ein. Der junge Türke erwirkte unter Hinweis auf die fehlende Einzelfallprüfung eine einstweilige Anordnung vor dem Sozialgericht dahin gehend, daß die Arbeitserlaubnis zu verlängern sei. Die Firma beschäftigte ihn weiter und mußte den Neueingestellten entlassen. Nach Auslaufen der auf drei Monate befristeten allgemeinen Arbeitserlaubnis wiederholte sich das Procedere. Wie es beim nächsten Auslaufen der Arbeitserlaubnis weitergeht, ist noch offen. Bei dieser bürokratischen Posse, die leider kein Einzelfall ist, gibt es nur Verlierer: Der junge Mann muß ständig den Verlust eines verhältnismäßig gesicherten Arbeitsplatzes fürchten. Zudem ist er durch die Kosten der Kündigungsschutzverfahren belastet. Die beiden vorübergehend eingestellten Ersatzkräfte wurden in ihrer Hoffnung auf einen Arbeitsplatz getrogen und erneut in die Arbeitslosigkeit abgedrängt. Der Arbeitgeber ist mit bürokratischem Aufwand und den Kosten für Ersatzeinstellungen und Anlernen belastet. Das Arbeitsamt muß die Kosten für die gerichtlichen Verfahren zahlen. Tatsächlich produziert werden Existenzangst für die Betroffenen und Ausländerfeindlichkeit. Durch diesen unwürdigen bürokratischen Aufwand fallen Unsicherheit, Kosten und Aufwand für alle Beteiligten an. Mit dem Erlaß vom 5. März werden Ausländer und Ausländerinnen bewußt in die Arbeitslosigkeit abgedrängt. Die Arbeitserlaubnisverordnung wird bewußt als Instrument zur Steuerung des Arbeitsmarktes benutzt. Der Erlaß gibt dies auch offen zu. Oder wie sonst soll man die Formulierung, daß angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der sich abzeichnenden weiteren Verschlechterung der Arbeitsmarktlage die hohe Zahl von Arbeitserlaubnissen nicht weiter hingenommen werden kann, verstehen? Insoweit steht der Erlaß in der Tradition, die sich auch schon im Umgang mit den sogenannten Gastarbeitern in den siebziger Jahren zeigte: Ausländische Arbeitskräfte werden ins Land gelassen, wenn Bedarf besteht. In einer Flaute oder Wirtschaftskrise sollen sie dann gefälligst möglichst schnell wieder verschwinden. In einer weitgehend über Beschäftigung definierten Gesellschaft wird den ausländischen Beschäftigten die Existenzgrundlage entzogen. Und welcher Arbeitgeber stellt bei den angehäuften Barrikaden schon freiwillig ausländische Arbeitskräfte ein — zumal in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit auch Deutsche und sogenannte bevorzugte Ausländer, d. h. in der Regel EG-Bürgerinnen und -Bürger, selbst die gesundheitsschädlichsten und schlechtestbezahlten Arbeiten annehmen. Sozialpolitische Verantwortung gegenüber Flüchtlingen, Einwanderern und ausländischen Arbeiterinnen und Arbeitern zählt offenbar nicht. Mit dem Erlaß wird Ausländerfeindlichkeit bewußt geschürt. Indem die Bundesregierung auf dem Arbeitsmarkt ein Mehrklassensystem eingeführt und legitimiert hat, trägt sie zur Ausgrenzung und Diskriminierung von Ausländern unmittelbar bei. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich, auch wenn von der Abteilung Agitation und Propaganda der PDS verleumderisch etwas anderes behauptet wird, für die völlige Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Ausländern in Deutschland ein. Wir wollen, daß alle Menschen, die sich rechtmäßig für längere Zeit im Bundesgebiet aufhalten, hier unabhängig von ihrer Nationalität und ihrem speziellen Aufenthaltsstatus arbeiten dürfen. Dem dient der vorliegende Antrag. Kurzfristig aber muß zumindest zu der früheren Praxis der Arbeitsämter zurückgekehrt werden, daß bei bestehenden Arbeitsverhältnissen die Arbeitserlaubnis im Regelfall verlängert wird. Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): Die Bundesanstalt für Arbeit hat im März 1993 ihre örtlichen Arbeitsämter angewiesen, vorrangig deutsche und gleichgestellte Ausländer, z. B. Bürger der Europäischen Union, bzw. langjährig bei uns lebende ausländische Mitbürger, zu vermitteln. Dies ist geschehen, weil sich der Arbeitsmarkt leider deutlich verschlechtert hat. Ich halte die Vorgehensweise der Arbeitsverwaltung für völlig angemessen, zunächst an unsere Landsleute zu denken, bevor ausländische Arbeitskräfte in Arbeit vermittelt werden. Hiergegen wendet sich der hier zur Debatte stehende Antrag der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Antrag läuft darauf hinaus, die Rechtsstellung bevorrechtigter deutscher Arbeitsuchender und der ihnen gleichgestellten Ausländer auf dem Arbeitsmarkt zugunsten von Ausländern, die die Mindestanforderungen für den freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt noch nicht erfüllen (5 Jahre Beschäftigung oder 6 Jahre Aufenthalt) zu verschlechtern. Eine solche Maßnahme wäre angesichts der kritischen Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht zu verantworten. Die Forderung nach genereller Verlängerung einer nur befristet erteilten Arbeitserlaubnis ohne Rücksicht darauf, daß bevorrechtigte und fachlich geeignete Arbeitsuchende auf den Arbeitsplatz durch das Arbeitsamt vermittelt werden, wäre außerdem mit dem gesetzlich festgelegten Beschäftigungsvorrang des § 19 AFG nicht zu vereinbaren. Die weitere Forderung, die der Erteilung der allgemeinen Arbeitserlaubnis vorgeschaltete Mindestprüfzeit von 4 Wochen zu verkürzen, würde die Vermittlungsaussichten bevorrechtigter inländischer Arbeitnehmer und damit die Aussicht auf Wiedereingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsprozeß verschlechtern. Die geforderten Vergünstigungen würden im übrigen— anders als dies in der Begründung des Antrages behauptet wird — in erster Linie Ausländern zugute kommen, die sich erst kurze Zeit in Deutschland aufhalten. Längerfristig in Deutschland lebende Ausländer sind Deutschen beim Zugang zum Arbeitsmarkt bereits aufgrund des geltenden Rechts gleichgestellt. Gegen die geforderten Erleichterungen für die Erteilung und Verlängerung von allgemeinen Arbeitserlaubnissen sprechen deshalb sowohl rechtliche als auch arbeitsmarktpolitische Überlegungen. Wir sollten in der augenblicklichen Situation alles unterlassen, was die Bundesrepublik Deutschland bei dem ohnehin bestehenden Wanderungsdruck für potentielle Zuwanderer noch attraktiver macht und damit den Arbeitsmarkt zusätzlich belastet. 18070* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Gerd Andres (SPD): Der Antrag des Abgeordneten Konrad Weiß und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den wir in erster Lesung beraten, ist sehr berechtigt. Der Tatbestand, der im Antragstext und in der Begründung geschildert wird, stimmt. Für viele Ausländer hat sich seit dem 5. März 1993 die Welt sehr verändert. Mit diesem Datum hat die Bundesanstalt für Arbeit mit ihrem Erlaß „zur Durchführung der Arbeitsmarktprüfung vor Erteilung der allgemeinen Arbeitserlaubnis an ausländische Arbeitnehmer" zwar keine neue Rechtslage geschaffen, aber eine vierwöchige Prüfpflicht eingeführt, die sich insbesondere bei bestehenden Arbeitserlaubnissen für viele Betroffene als tragisch erweist. Die Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes sehen schon seit vielen Jahren in § 19 vor, daß vor Erteilung einer allgemeinen Arbeitserlaubnis geprüft werden muß, ob Deutsche, Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EG, ausländische Arbeitnehmer mit einer besonderen Arbeitserlaubnis und Ausländer mit Aufenthaltsberechtigung für den entsprechenden Arbeitsplatz zur Verfügung stehen. Das Arbeitserlaubnisrecht kennt somit schon lange eine Zulassungshierarchie, die allerdings jetzt durch bürokratische Bestimmungen weiter verschärft wird und für viele betroffene Menschen tragische Auswirkungen zeigt. Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Ausländische Arbeitnehmer" bzw. „Migrationspolitik" der SPD-Bundestagsfraktion erreichten mich vielfältige Schreiben, in denen nach dem März 1993 folgender Tenor immer wiederkehrte: „Es sei sehr typisch, daß Politiker einerseits große Worte gegen Fremdenfeindlichkeit und für eine gemeinsame Zukunft mit in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Zuwanderern zu Protokoll geben, andererseits aber ein Recht und Verwaltungshandeln praktiziert wird, mit dem ein Qualitätsunterschied zwischen Menschen 1., 2. und möglicherweise 3. Klasse geschaffen wird." Absender waren meist unterschiedliche Arbeitgeber wie Ärzte, Rechtsanwälte, Freiberufler ganz allgemein sowie kleine selbständige Handwerksmeister, Landwirte mit in der Regel bis zu zehn Beschäftigten. Dies waren Arbeitgeber, die ihre Erfahrungen machten mit der neuen Erlaßpraxis. Immer wurde ihnen pauschal — sozusagen im Rundumschlag — durch die Arbeitsverwaltung mitgeteilt, daß sich die Zahl der allgemeinen Arbeitserlaubnisse auf knapp eine Million belaufen würde. Diese Entwicklung sei angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der sich abzeichnenden weiteren Verschlechterung der Arbeitsmarktlage und im Hinblick auf die geforderte Bekämpfung des Leistungsmißbrauchs so nicht mehr hinzunehmen, und nur durch eine konsequente Prüfung sei die vorrangige Einstellung von Arbeitskräften deutscher oder EG-Nationalität zu erreichen Seit dieser Zeit prüfen die Arbeitsämter bei Neuanträgen und Verlängerungen einer allgemeinen Arbeitserlaubnis stur vier bis sechs Wochen, ob es für die in Frage kommenden Stellen nicht etwa doch noch einen bevorrechtigten Arbeitnehmer — auch aus berufsübergreifenden Beschäftigungsfeldern oder Nachbararbeitsämtern — gibt, der kurz oder mittelfristig vermittelt werden kann. Besonders dramatisch wirkt sich dies bei der Verlängerung der allgemeinen Arbeitserlaubnis aus. Kein Wunder, daß betroffene Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber gegen die bürokratische Handhabung des Prüfungsantrages Sturm laufen. Der Redakteur der Wirtschaftswoche, Harald Schumacher, beschreibt die Situation in einem Artikel wie folgt: „Dieser blöde Erlaß aus Bonn", wie ihn Bäuerin Warband nennt, soll eigentlich verhindern, daß Ausländer Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen. Statt dessen beweist er in der Praxis einmal mehr, was renommierte Wirtschaftswissenschaftler seit langem behaupten: Den Deutschen entsteht kein Schaden durch die hier tätigen Ausländer. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln etwa findet „für die These, Ausländer blockierten Arbeitsplätze und trügen zu einer Verschärfung der Arbeitslosigkeit bei, keine Belege". Damit ist der Kern des Problems beschrieben. Der Erlaß folgt der Ideologie, Ausländer blockierten Arbeitsplätze und trügen zu einer Verschärfung der Arbeitslosigkeit bei. Daß diese Ideologie aufs schärfste zurückgewiesen werden muß, versteht sich von selbst. Umfangreich und nachdrücklich kann nachgewiesen werden, daß Ausländer Konsumnachfrage und damit zusätzliche Produktion, Sozialbeiträge und Steuern in weit größerem Umfang erwirtschaften, als sie selbst an „Kosten" verursachen. Sie sichern somit Beschäftigung und Wohlstand. Das RWI kommt zu dem schlichten Schluß: die Zuwanderer haben per Saldo die Arbeitslosigkeit in Westdeutschland vermindert. Leider können wir dem Antrag von Konrad Weiß und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nur in seiner Intention folgen, nicht in den Schritten, die als Lösung vorgeschlagen werden. Unserer Auffassung nach muß der § 19 AFG geändert werden. So wie der Erlaß jetzt wirkt, wirkt er nicht nur ausländerfeindlich und führt zu einer Bürokratisierung von Entscheidungen, sondern er sorgt tatsächlich dafür, daß in Hunderten von Fällen bestehende Arbeitsverhältnisse bedroht und gefährdet sind, ohne daß dem Anspruch, anderen Arbeitslosen zu helfen, damit entsprochen werden kann. Wir werden diesen Antrag an die Ausschüsse zur Beratung überweisen. Dabei werden wir ihnen reihenweise praktische Fälle präsentieren, die sich sowohl für die betroffenen Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber verheerend ausgewirkt haben. Wir werden ihnen gleichzeitig eine entsprechende Änderung des Art. 19 AFG präsentieren, der die Arbeitserlaubnispraxis nach den bisherigen Bestimmungen des Ausländerrechtes berücksichtigt und dennoch die Arbeitserlaubnispraxis verändert. Was dringend beseitigt werden muß, ist die absichtlich eingefügte mindestens vierwöchige, praktisch aber längere Prüfungspflicht, die extrem ausländerfeindlich und diskriminierend ist. Dazu reicht eine geänderte Erlaßfassung, die auch durch die Selbstverwaltungsorgane, durch die Bundesanstalt für Arbeit geschehen kann. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18071* Cornelia Schmalz-Jacobsen (F.D.P.): Der Antrag des Kollegen Konrad Weiß und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beleuchtet eine Sachlage, die viele Ausländer in unserem Land erheblich beunruhigt. Zum Teil ist diese Beunruhigung allerdings nicht auf die Gesetzeslage zurückzuführen, sondern auf mißverständliche Darstellungen in den Medien und in einigen Behörden. Ich stoße immer wieder auf eine falsche Anwendung des Erlasses, und das ist sehr ärgerlich. Es ist gut, dies im Deutschen Bundestag — wenn auch in aller Kürze — darstellen zu können. Durch den Erlaß vom 5. März letzten Jahres hat sich für mehr als 90 Prozent der ausländischen Arbeitnehmer überhaupt nichts geändert. Unbetroffen bleiben nämlich nicht nur alle Bürger der Europäischen Union, sondern auch alle Ausländer, die über eine Aufenthaltsberechtigung verfügen, den sichersten Aufenthaltsstatus, den man erlangen kann. Übrigens: Viele, die längst ein Anrecht darauf hätten, beantragen ihn aus Unwissenheit nicht, und häufig gibt es irgendwann ein böses Erwachen — aber das ist ein anderes Thema. Nicht betroffen sind darüber hinaus alle Ausländer, die im Besitz einer besonderen Arbeitserlaubnis sind, und das sind grundsätzlich alle nichtdeutschen Arbeitnehmer, die seit mindestens 5 Jahren in der Bundesrepublik erwerbstätig sind. Unbetroffen sind natürlich ausländische Familienangehörige von Deutschen sowie anerkannte Asylbewerber. Zu diesem Kreis der Nichtbetroffenen gehören auch alle diejenigen Ausländer, die seit 6 Jahren hier leben und eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis besitzen. Es besteht Anlaß hier zu betonen, daß türkische Arbeitnehmer zwar nicht den gleichen Schutz genießen wie Bürger der Europäischen Union, aber doch einen besseren als alle anderen Ausländer, und zwar aufgrund des Assoziationsratsbeschlusses. Daher ist die Zahl von 300 000 Betroffenen, die im vorliegenden Antrag genannt wird, meiner Erkenntnis nach nicht richtig. Tatsächlich sind es wohl knapp 160 000 Ausländerinnen und Ausländer, die über eine „allgemeine Arbeitserlaubnis" verfügen. Nun muß man fairerweise den Erlaß der Bundesanstalt im Zusammenhang sehen mit der gewachsenen Arbeitslosigkeit in unserem Land. Und ich halte es für sehr wohl gerechtfertigt, einem bestimmten Personenkreis eine Arbeitserlaubnis nur befristet und nur für ein bestimmtes Arbeitsverhältnis zu geben. Das ist im übrigen international gängige Praxis. Nach fast einem Jahr Erfahrung mit diesem Erlaß zeigen sich aber doch einige Schwächen des Erlasses. Und hier macht der Antrag durchaus konstruktive Vorschläge. Wenn zum Beispiel ein Arbeitnehmer seit einem Jahr bei ein und demselben Arbeitgeber beschäftigt ist und das Arbeitsverhältnis verlängert werden soll, dann dient die zwangsweise Unterbrechung weder dem Arbeitnehmer noch dem Arbeitgeber, noch den Arbeitslosen. Wenn vor einem Jahr kein bevorrechtigter Arbeitnehmer zu finden war, dann ist die Wahrscheinlichkeit doch sehr groß, daß auch jetzt keiner da ist. Mit anderen Worten: diese Regelung schafft nur Verdruß bei allen Beteiligten und einen Haufen Bürokratie. Auch der Vorschlag, die Dauer der Prüffrist einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen und sie der Praxis anzupassen, ist vernünftig. Die Arbeitsämter wissen doch hoffentlich ganz genau, in welchen Arbeitsbereichen ohnehin nur sehr schwer jemand zu finden ist, so daß man da auch kürzer prüfen kann. Mehr Flexibilität wäre auch hier nur sinnvoll und nützlich. Das Ziel, mehr Arbeitslose in Arbeit zu bringen, ist richtig und wichtig und hat hohe Priorität, das bestreitet auch niemand. Aber die Mittel, mit denen man dieses Ziel erreichen will oder es vorgeblich erreichen will, das ist eine andere Sache. Eines möchte ich jedenfalls nicht, und darum sage ich es hier auch ganz deutlich: Alles was das Vorurteil verstärkt, Ausländer nähmen den Deutschen die Arbeitsplätze weg, ist ungut und führt in die falsche Richtung. Und daß dies ein Vorurteil ist, haben sowohl Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerorganisationen immer wieder bestätigt. Anlage 7 Antwort des Staatssekretärs Clemens Stroetmann auf die Fragen der Abgeordneten Siegrun Klemmer (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 7 und 8): Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung Wissenschafts- und Forschungskapazitäten als Standortkriterien für das Umweltbundesamt (UBA) bei, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß bei der Verlagerung des Umweltbundesamtes der Universitätsstandort Wittenberg wegen seiner Nähe zum Raum Halle/Leipzig im Hinblick auf die fachliche Arbeit des Umweltbundesamtes wesentlich günstiger zu beurteilen ist als der Standort Dessau? Aus welchen Gründen sieht die Bundesregierung die mögliche Verlagerung des Umweltbundesamtes nach Dessau als sozialverträglich abgesichert an bzw. den Standort Dessau als sozialverträglicher als Wittenberg, und inwieweit ist die Problematik des Arbeitsplatzangebotes in Dessau für die Familienangehörigen von UBA-Mitarbeitern beachtet worden? Zu Frage 7: Die Bundesregierung sieht Wissenschafts- und Forschungskapazitäten in Fachrichtungen, die für die Aufgabenwahrnehmung des Umweltbundesamtes von Bedeutung sind, als ein wichtiges Kriterium neben anderen bei der Bewertung von Standorten für das Umweltbundesamt an. Sie teilt daher die vom Arbeitsstab „Verlagerung des Umweltbundesamtes nach Sachsen-Anhalt" vorgenommene Bewertung, die den Standort Wittenberg im Hinblick auf dieses Kriterium günstiger einschätzt als den Standort Dessau. In beiden Städten sind allerdings kaum nennenswerte umweltschutzrelevante Wissenschafts- und Forschungskapazitäten vorhanden. Hinzuweisen ist u. a. auf die Otto-von-GuerickeUniversität in Magdeburg, die Universität Halle/ Wittenberg mit ihrem naturwissenschaftlichen Schwerpunkt in Halle sowie Leipzig mit Universität und Umweltforschungszentrum. Zu Frage 8: Der Arbeitsstab „Verlagerung des Umweltbundesamtes nach Sachsen-Anhalt" weist schon in seiner 18072* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Stellungnahme darauf hin, daß wesentliche Voraussetzungen für die Sozialverträglichkeit der Verlagerung an beiden untersuchten Standorten derzeit noch nicht geschaffen sind. Dies gilt grundsätzlich auch für das Arbeitsplatzangebot. Der Arbeitsstab hat aber bei dieser Sachlage den Standort Dessau im Hinblick auf die Entwicklungsmöglichkeiten günstiger bewertet als den Standort Wittenberg. Ausschlaggebend dafür sind neben der Größe der Stadt (ca. 100 000 Einwohner gegenüber mehr als 50 000 Einwohnern in Wittenberg) vor allem die Einschätzung ihres Entwicklungspotentials aufgrund der landesplanerischen Ausweisung der Stadt Dessau als Oberzentrum sowie der zahlreichen Behörden und Gerichte am Standort. Anlage 8 Antwort des Staatssekretärs Clemens Stroetmann auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Harries (CDU/CSU) (Drucksache 12/6691 Fragen 9 und 10): Sieht sich die Bundesregierung in der Lage, in den Streit zwischen Umweltbundesamt und Wissenschaft (Prof. Staudt) über die Höhe der künftigen Entsorgungskosten klärend einzugreifen? Erwartet die Bundesregierung ein Anwachsen der Deponie- und Verbrennungskosten tendenziell im Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland, dagegen ein Absinken der Kosten der Wertstoffsammlung durch das Duale System Deutschland (DSD)? Zu Frage 9: Ja. Eine Klärung der geäußerten gegensätzlichen Positionen muß auf der Grundlage der Langfassung des von Prof. Staudt verfaßten Gutachtens erfolgen. Die Stellungnahme des Umweltbundesamtes vom 23. Dezember 1993 basierte auf der Kenntnis lediglich der Kurzfassung der Studie, sie steht unter dem Vorbehalt einer vertieften Untersuchung der Langfassung des Gutachtens. Das Umweltbundesamt ist derzeit mit der Prüfung des ausführlichen Textes befaßt. Zu Frage 10: Ein Anwachsen der Deponie- und Verbrennungskosten ist in den nächsten Jahren in denjenigen Regionen zu erwarten, wo Deponien und Behandlungsanlagen sowie weitere Maßnahmen zur Schadstoffsammlung und Abfallverwertung noch nicht dem in der TA Siedlungsabfall festgelegten umweltfreundlichen Stand der Technik entsprechen oder solche Anlagen/Verfahren noch neu geschaffen werden müssen. Höhere Kosten für die thermische Behandlung von Abfällen werden teilweise kompensiert durch die damit deutlich zurrückgehenden Mengen der abzulagernden Rückstände; der Deponiebedarf wird gesenkt. Eine weitere Kostendämpfung bei den Abfallgebühren ist durch steigende Erfassung von Wertstoffen z. B. über Duale Systeme zu erwarten; die von den entsorgungspflichtigen Körperschaften zu entsorgenden Restabfälle verringern sich damit entsprechend. Allerdings bedeutet dies keine totale Kostenentlastung für den Bürger; dieser muß die Kosten für die Erfassung und Verwertung von Wertstoffen verursachergerecht abhängig von seinem Konsumverhalten über den Produktpreis bezahlen. Die Gesamtkosten für eine stoffliche Verwertung von z. B. Verpackungen können höher sein als bei einer Entsorgung über Müllverbrennung und Deponie. Diese Mehrkosten können allerdings durch die Schaffung neuer Verwertungsverfahren spezifisch gegenüber dem heutigen Stand gesenkt werden. Anlage 9 Antwort des Staatssekretärs Clemens Stroetmann auf die Frage des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 11): Wann ist der Betrieb der gezielten primärseitigen Druckentlastung (pD) als Notfallmaßnahme zur Verhinderung eines Hochdruck-Kernschmelzens in den Kernkraftwerken Stade, Biblis A, Biblis B und Unterweser genehmigt und zu welchem Zeitpunkt eingebaut worden? Die Genehmigungen für diese Umrüstung erfolgten beim Kernkraftwerk Stade am 13. März 1991, bei Unterweser am 8. August 1991, bei Biblis, Block A, am 15. Mai 1990 und bei Biblis, Block B, am 22. Januar 1991. Diese Maßnahmen wurden noch im Jahr der Genehmigung realisiert und stehen seitdem betriebsbereit zur Verfügung. Die Genehmigung zum Betrieb dieser Einrichtungen im hypothetischen Fall eines auslegungsüberschreitenden Ereignisses liegt noch nicht vor. Diese Prozeduren werden in den Notfallhandübchern festgelegt, die von den jeweils zuständigen atomrechtlichen Landesbehörden und den von ihnen hinzugezogenen Sachverständigen geprüft werden. Diese Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen. Anlage 10 Antwort des Staatssekretärs Clemens Stroetmann auf die Fragen der Abgeordneten Susanne Kastner (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 13 und 14): Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahren, die durch den Export nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel und BiozidProdukte für Umwelt, Anwender und Verbraucher entstehen, und wie kann der Export von in der Bundesrepublik Deutschland und in der Europäischen Union nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln und Biozid-Produkten in Drittländer nach jetziger Rechtslage kontrolliert bzw. bei Gefahr für Mensch und Umwelt verboten werden? Wie sollte Produktion, Transport und Export von chemischen Schädlingsbekämpfungs- und -behandlungsmitteln in Europa gesetzlich geregelt werden, um Unfälle, Mißbrauch als Kampfmittel oder Ausfuhr zum Zweck der Entsorgung wirksam zu verhindern, und welche Initiativen wird die Bundesregierung unternehmen, um die dazu notwendigen nationalen und europäischen Rechtsvorschriften zu erreichen? Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18073* Zu Frage 13: Die Bundesregierung nimmt mögliche Gefahren ernst, die durch den Export nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel in Drittländern entstehen können. Im § 23 des Pflanzenschutzgesetzes, das den Export von Pflanzenschutzmitteln regelt, wird ausdrücklich auf den Verhaltenscodex für das Inverkehrbringen und die Anwendung von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln der FAO Bezug genommen. Dieser Codex ist in der Europäischen Union durch die Verordnung (EWG) 2455/92 des Rates vom 23. Juli 1992 betreffend die Ausfuhr und Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien umgesetzt worden. Mit dieser Verordnung wird EG-weit der Export von Pflanzenschutzmitteln im Drittländer, soweit im Anhang I und II aufgeführt, erfaßt und kontrolliert. Den Drittländern werden Anwendungsmöglichkeiten und mögliche Gefahren vor dem Ankauf mitgeteilt. Mit dem § 23 des Pflanzenschutzgesetzes sind weitere Anforderungen an die Ausfuhr von Pflanzenschutzmitteln, die in Deutschland hergestellt werden, festgelegt. Im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 2455/92 können Exporte von Chemikalien, die in der Europäischen Union verboten oder streng beschränkt sind oder die dem sogenannten PIC-Verfahren (= prior informed consent) der Vereinten Nationen unterliegen, kontrolliert werden. Fin Verstoß gegen diese EG-Verordnung wird in Deutschland mit hohen Geldbußen (bis zu 100 000,— DM) geahndet. Für die von ihnen genannten Biozid-Produkte gibt es derzeit weder ein nationales noch EG-weites Zulassungsverfahren. Das primär zu lösende Problem ist hier daher, im Rahmen eines gesetzlich zu verankernden Zulassungsverfahrens hinreichendes Datenmaterial zu erhalten, um eine Bewertung der Risiken für Umwelt und Gesundheit, die von diesen Mitteln ausgehen können, durchführen zu können. Die Bundesregierung begrüßt und unterstützt daher den im Juli 1993 vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten. Es ist im Rahmen der Verhandlungen zu diesem Richtlinienvorschlag zu prüfen, ob und inwieweit die für den Export von Pflanzenschutzmitteln vorgesehenen Bestimmungen auch für Biozide heranzuziehen sind. Bei neuen Stoffen, die erstmals seit dem 1. Januar 1990 hergestellt und nur außerhalb der Europäischen Gemeinschaften in den Verkehr gebracht werden und zu denen auch Wirkstoffe für die genannten BiozidProdukte zählen können, hat die Bundesregierung bereits 1990 mit Einführung des § 16b in das Chemikaliengesetz durch die 1. Novelle zu diesem Gesetz dafür gesorgt, daß der Anmeldestelle nach dem Chemikaliengesetz auch für diese Exportstoffe Prüfnachweise über gefährliche Eigenschaften mitzuteilen sind. Die wesentlichen Sicherheitsdaten sind den Behörden von Drittstaaten, in die ein Export stattfinden soll, auf Anfrage mitzuteilen. Zu Frage 14: Die Sicherheit „während der Produktion" hängt neben der Anlagensicherheit und der Arbeitsplatzsicherheit wesentlich von der Kenntnis der Stoffe und Zubereitungen ab. Insoweit verweise ich auf meine Ausführungen zu § 16b ChemG und zur Schaffung einer noch ausstehenden EG-weiten Regelung für Schädlingsbekämpfungsmittel außerhalb des landwirtschaftlichen Bereiches. Zur Frage der Sicherheit beim Transport, insbesondere auf See, gilt heute, daß alle Verpackungen zum Transport gefährlicher Güter mit Seeschiffen einer Bauartprüfung mit anschließender Zulassung durch die zuständige Behörde unterzogen werden. Bei der Bauartprüfung werden Anforderungen gestellt, die von den Vereinten Nationen entwickelt worden sind und u. a. Fall-, Dichtheits- und Stapeldruckprüfungen beinhalten sowie bei bestimmten Werkstoffen eine Prüfung ihrer Verträglichkeit gegenüber den Füllgütern. Vergleichbare Anforderungen existieren für Tankcontainer zum Transport gefährlicher Güter. UN-geprüfte Verpackungen und Großpackimttel dürfen grundsätzlich in Container verladen werden. Die Container unterliegen hierbei den Anforderungen des Internationalen Übereinkommens über sichere Container. Aktuelle Vorfälle, wie derzeit der Containerverlust des MS Sherbro, werden zum Anlaß genommen, fallbezogen prüfen zu lassen, ob sich Erkenntnisse ergeben, die zu anderen Anforderungen führen. Der für diese Fragen zuständige Bundesminister für Verkehr wird hierzu durch die technischen Ausschüsse „Stoff/Verpackungen" und „Tank/Technik" beraten. Die vorstehend genannten Anforderungen an Verpackungen gelten für alle internationalen europäischen Gefahrguttransportvorschriften im Straßen-, Eisenbahn- und Binnenschiffverkehr. Wenn die genannten Mittel (Pflanzenschutzmittel/ Biozide) durch Ablauf des Verfallsdatums etc. vor dem Export zu Abfall werden, wird die nach geltendem Recht erforderliche Genehmigung nach § 13 AbfG für Verbringungen in Entwicklungsländer und Staaten Mittel- und Osteuropas nach Kenntnis der Bundesregierung durch die zuständigen Landesbehörden nicht erteilt. Ab Anwendbarkeit der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung (259/93/EWG) zum 6. Mai 1994 und ergänzt durch das zur Zeit in der parlamentarischen Beratung befindliche Ausführungsgesetz zum Basler Übereinkommen wird ein umfassendes Regelungspaket einschließlich der Normierung von Wiedereinfuhrpflichten bei illegalen und gescheiterten Verbringungen sowie eines Straftatbestandes für illegale Verbringung zu einer weiteren Effektivierung des Vollzuges durch die Länder in diesem Bereich beitragen. Anlage 11 Antwort der Ministerin Dr. Irmgard Schwaetzer auf die Frage des Abgeordneten Achim Großmann (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 24): Welche Teilgenehmigungen lagen nicht vor, deren Umsetzung wesentlichen Einfluß gehabt hätten, die Hochwasserkatastrophe am Schürmann-Bau zu verhindern, und wer hat eventuelle Unterlassungen in diesem Bereich zu verantworten? 18074* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Bei der Ausführung der bisher erbrachten Bauleistungen lagen nach Auskunft der Bundesbaudirektion alle behördlichen Genehmigungen vor. Anlage 12 Antwort der Ministerin Dr. Irmgard Schwaetzer auf die Fragen des Abgeordneten Norbert Formanski (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 25 und 26): Wann haben die Bundesbaudirektion (BBD) und das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (BMBau) zum ersten Mal eine Lagebesprechung aufgrund der zu erwartenden Hochwasserflutwelle durchgeführt, und wie viele Lagebesprechungen sind bis zum 23. Dezember 1993 noch geführt worden? Ist das Lagezentrum des Bundesministeriums des Innern für Katastrophenfälle benachrichtigt worden über die Situation am Schürmann-Bau im Dezember 1993, und sind vom BMBau geeignete Institutionen zur Katastrophenbewältigung eingeschaltet worden? Zu Frage 25: Die Bundesbaudirektion hat vom 18. bis zum 23. Dezember 1993 aufgrund der zu erwartenden Hochwasserflutwelle regelmäßig Besprechungen durchgeführt. Die in den Besprechungen festgelegten Maßnahmen zum, Hochwasserschutz mußten wirkungslos bleiben, da die bauausführenden Firmen und die mit der Objektüberwachung beauftragte Arbeitsgemeinschaft ABE die Bundesbaudirektion nicht darüber informiert haben, daß der Hochwasserschutz teilweise noch nicht fertiggestellt ist und damit eine bedeutende Schwachstelle hat. Zu Frage 26: Das Lagezentrum beim Bundesministerium des Innern war selbstverständlich über die Hochwassersituation am Rhein und seinen Nebenflüssen unterrichtet, soweit die Öffentlichkeit betreffende allgemeine oder großräumige Maßnahmen zu treffen waren. Über Schäden an einzelnen Gebäuden war das Lagezentrum nicht zu unterrichten. Die Bundesbaudirektion hat vielmehr — richtigerweise — in der Nacht vom 22./23. Dezember 1993 unmittelbar die Polizei und Feuerwehr informiert. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Bernd Schmidbauer auf die Fragen des Abgeordneten Christoph Matschie (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 27 und 28): Welche Gründe haben das Bundeskanzleramt veranlaßt, den Hinweis des Bundesnachrichtendienstes, der zur Aufklärung des Berliner Mykonos-Attentats führte, aus den Prozeßakten entfernen zu lassen? Sind in dem Hinweis des Bundesnachrichtendienstes Informationen enthalten, die zu einer vorbehaltlosen Aufklärung des Mykonos-Attentats notwendig sind? Das Bundeskanzleramt hat keinen Hinweis aus den Prozeßakten entfernen lassen, sondern es hat durch eine Sperrerklärung nach § 96 Strafprozeßordnung bewirkt, daß ein Schreiben des BND, aus dem Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Quellen hätten gezogen werden können, nicht Eingang in die Prozeßakten gefunden hat. Der BND hatte dem Generalbundesanwalt am 6. Oktober 1992 ein Schreiben zugeleitet, dessen Inhalt wesentlich zur Festnahme der Angeklagten Amin und Rhayel beigetragen hat. Dieses Schreiben war zu den Akten genommen worden. Da das Schreiben in einzelnen Passagen Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Quellen zuließ, die bei einer Offenlegung gefährdet worden wären, hat das Bundeskanzleramt am 4. Dezember 1992 gemäß § 96 StPO erklärt, daß das Schreiben vom 6. Oktober 1992 nicht zur Vorlage im Ermittlungsverfahren freigegeben werden kann. Das Schreiben vom 6. Oktober 1992 ist daraufhin aus den Ermittlungsakten entnommen und durch ein neues Schreiben des Bundesnachrichtendienstes vom 5. Dezember 1992 ersetzt worden. Dieses unterscheidet sich von dem Ursprungsschreiben lediglich durch das Fehlen solcher Angaben, die zu einer Identifizierung und damit zu einer Gefährdung der Quellen führen könnten. Die Sperrerklärung vom 4. Dezember 1992 und das Schreiben vom 5. Dezember 1992 befinden sich bei den Prozeßakten und liegen dem erkennenden Gericht vor. Der Generalbundesanwalt hat erklärt, daß die gesperrten Angaben keine Informationen enthalten, die für die Aufklärung des „Mykonos-Attentats" erforderlich sind. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Bernd Schmidbauer auf die Frage des Abgeordneten Norbert Gansel (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 29): Bis zu welchem Zeitpunkt haben sich im Bundeskanzleramt Kopien von Zielkontrollkarten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR befunden, und welcher Verwendung sind diese Karten zugeführt worden? Im Bundeskanzleramt haben sich bis jetzt keine Kopien von Zielkontrollkarten des ehemaligen MfS befunden. Soweit sich Kopien von Zielkontrollkarten im Besitz der Dienste befunden haben, sind diese — nach Auswertung im jeweiligen Zuständigkeitsrahmen — vor Inkrafttreten des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vernichtet bzw. nach Inkrafttreten dieses Gesetzes entsprechend seinen Vorschriften behandelt worden. Über das nähere Verfahren ist die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet worden. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18075* Anlage 15 Antwort der Staatsministerin Ursula Seiler-Albring auf die Frage des Abgeordneten Claus Jäger (CDU/CSU) (Drucksache 12/6691 Frage 30): Erwägt die Bundesregierung zusammen mit ihren europäischen Verbündeten angesichts der jüngsten brutalen Verbrechen serbischer Tschetniks gegen die bosnische Zivilbevölkerung nunmehr einen vollständigen Boykott Serbiens zu Lande und in der Luft — ausgenommen dringend benötigter Medikamente —, und welche Maßnahmen wären dafür erforderlich? Die in Bosnien-Herzegowina begangenen Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung werden von der Bundesregierung und unseren Partnern schärfstens verurteilt. Die bereits vorherrschenden Sanktionsmaßnahmen der VN beinhalten ein umfassendes Wirtschaftsembargo gegen Serbien/Montenegro. Seine konsequente Umsetzung hat entscheidend zur dortigen katastrophalen Wirtschaftslage beigetragen. Eine nochmalige Verschärfung der Sanktionen im Sinne einer Schließung aller Grenzen („Totalisolierung") würde in erster Linie die nicht-serbischen nationalen Gemeinschaften und Minderheiten treffen, vor allem die Albaner im Kosovo, die Ungarn in der Vojvodina und die Moslems in Sandjak. Sie alle sind besonders stark darauf angewiesen, daß ihre Verbindungen zum Ausland nicht völlig unterbrochen werden. Zudem würden weitere „Isolierungsmaßnahmen" die Nachbarstaaten Serbien/Montenegros, die bereits jetzt unter gravierenden Einbußen zu leiden haben, zusätzlich belasten. Anlage 16 Antwort der Staatsministerin Ursula Seiler-Albring auf die Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 31 und 32): Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung zur Gestaltung der Abschiedsfeierlichkeiten anläßlich des Abzugs der Westgruppe der russischen Streitkräfte aus den neuen Bundesländern entwickelt? In welcher Weise wird die Bundesregierung die Abschiedsfeierlichkeiten für die Alliierten Streitkräfte in Berlin durchführen? Die Bundesregierung mißt der Verabschiedung der Westgruppe der Russischen Streitkräfte (WGT) anläßlich ihres Abzugs aus Deutschland ebenso wie der Verabschiedung der Alliierten Streitkräfte anläßlich ihres Abzugs aus Berlin eine besondere Bedeutung bei. Der Abzug dieser Truppen, der in Übereinstimmung mit den im Zwei Plus Vier-Vertrag getroffenen Vereinbarungen erfolgt, markiert das Ende der Nachkriegsgeschichte Deutschlands und zugleich die historischen Veränderungen in Europa. Der Bundeskanzler beabsichtigt, an den zentralen Feiern zur Verabschiedung der jeweiligen Truppen persönlich teilzunehmen. Über Einzelheiten sind die Überlegungen und Gespräche auf diplomatischer Ebene noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung wird die Ausschüsse des Parlaments so frühzeitig wie möglich unterrichten. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Georg Gallus (F.D.P.) (Drucksache 12/6691 Fragen 33 und 34): Kann die Bundesregierung Auskunft darüber erteilen, inwieweit durch den Einsatz elektronischer Abhörmittel beim Kampf gegen das Organisierte Verbrechen in den USA Erfolge erzielt worden sind? Kann die Bundesregierung bestätigen, daß bei der Diskussion um den sog. „Großen Lauschangriff" fälschlicherweise und wahrheitswidrig der Eindruck erweckt wird, als ginge es dabei um einen „Angriff" auf Wohnungen unbescholtener Bürger, als vielmehr um eine wirkungsvolle Maßnahme beim Kampf gegen das Organisierte Verbrechen? Zu Frage 33: Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes wurden in den USA 1991 aufgrund von 802 durchgeführten Abhörmaßnahmen 2 364 Personen festgenommen und 605 Personen verurteilt. Bei den Abhörmaßnahmen handelte es sich zum überwiegenden Teil um Telefonüberwachungen. Eine gesonderte Statistik für Erfolge mit elektronischen Abhörmitteln ist nicht verfügbar. Abhörmaßnahmen werden nicht nur zur Aufklärung der Organisierten Kriminalität eingesetzt. Die angegebenen Zahlen umfassen auch Festnahmen und Verurteilungen wegen Straftaten, die nicht der Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind. In den USA besteht außerdem die Möglichkeit des sog „consensual monitoring". Darunter sind die Fälle zu verstehen, in denen eine Partei mit dem Abhören einverstanden ist und daher Abhörmaßnahmen ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen zulässig sind. Über die Häufigkeit der Anwendung dieser Methode werden keine Statistiken geführt . Die amerikanische Drogenbehörde geht von 40 000 bis 45 000 Abhörmaßnahmen im Rahmen des „consensual monitoring" in den Jahren 1991 und 1992 aus. Die Zuständigen amerikanischen Stellen betonen, daß die Erfolge im Kampf gegen das Organisierte Verbrechen, insbesondere den Rauschgifthandel, ohne die Möglichkeiten zum Einsatz elektronischer Abhörmittel nicht denkbar seien. Zu Frage 34: Bei der Diskussion über den Einsatz elektronischer Wohnraumüberwachungsmittel im Rahmen der Verfolgung schwerster Straftaten wird die Frage einer möglichen Beeinträchtigung Unbeteiligter unberechtigterweise in den Vordergrund gerückt. Es tritt demgegenüber in den Hintergrund, daß elektronische Wohnraumüberwachungsmaßnahmen die Möglichkeit eröffnen sollen, in die Kernbereiche der Organisierten Kriminalität vorzudringen, was bei der von den kriminellen Banden praktizierten Abschottung nach außen mit den herkömmlichen Mitteln der Strafverfolgung in der Regel nicht möglich ist. 18076* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Erich Riedl (München) (CDU/CSU) (Drucksache 12/6691 Fragen 35 und 36): Ist die Bundesregierung mit mir der Auffassung, daß der Begriff „Großer Lauschangriff" nicht konkret das wiedergibt, was durch eine rechtlich gesicherte Abhörmaßnahme gegen Schwerstkriminalität im Interesse unserer Bevölkerung und der inneren Sicherheit dringend geboten ist, und daß dieses Wort insbesondere Assoziationen etwa derart wecken kann, als ob sich der Staat mit „kriegerischen" Mitteln als ungebetener „Lauscher an der Wand" gebärden möchte? Ist die Bundesregierung bereit, diesen meines Erachtens irreführenden Begriff „Großer Lauschangriff" gegenüber der Öffentlichkeit gründlich aufzuklären und die Bevölkerung insbesondere auf den wahren Gehalt von Abhörmaßnahmen gegenüber Gewalttätern, Kriminellen und Terroristen hinzuweisen? Zu Frage 35: Der in der Frage genannte Begriff ist irreführend. Er ist in der Tat geeignet, unpassende Assoziationen zu wecken. Es geht darum, im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens in Fällen bestimmter, schwerer Straftaten, die v. a. dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, elektronische Wohnraumüberwachungsmaßnahmen zu ermöglichen, wenn andere Ermittlungsinstrumente versagt haben. Zu Frage 36: Der Begriff wird von der Bundesregierung nicht verwandt. Der Bundesminister des Innern hat zuletzt in einer Pressemitteilung vom 3. Januar 1994 auf den wahren Gehalt des Abhörens von Gangsterwohnungen hingewiesen und ist bereit, dies auch in Zukunft zu tun. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Herbert Werner (Ulm) (CDU/ CSU) (Drucksache 12/6691 Fragen 37 und 38): Trifft es zu, daß im Verlaufe der im April 1992 vor der iranischen Botschaft stattgefundenen, der Bonner Polizei rechtzeitig bekanntgewordenen Demonstration aufgrund der sogenannten Deeskalations-Taktik des Bonner Polizeipräsidenten die Botschaft von Exil-Iranern verwüstet worden ist und nunmehr die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister des Auswärtigen, Forderungen der Botschaft in Höhe von 4 Mio. DM begleichen muß? Teilt die Bundesregierung die Meinung, daß bei einer rechtzeitigen und weitläufigen Absperrung der Botschaft dieser Schaden hätte vermieden werden können, und was gedenkt die Bundesregierung gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen zu tun, um das Ausmaß von Schäden an Botschaftsgebäuden infolge von gewalttätigen Demonstrationen in Zukunft so gering wie möglich zu halten? Zu Frage 37: Am 5. April 1992 erfolgten — wie in anderen europäischen Staaten — auch in der Bundesrepublik Deutschland mehrere gewalttätige Übergriffe iranischer Oppositioneller auf iranische Einrichtungen, u. a. auf die Botschaft in Bonn. Der Überfall auf die Botschaft in Bonn erfolgte nicht aus einer Demonstration heraus, sondern in der Weise, daß ca. 15 Personen überraschend und überfallartig gewaltsam auf das Botschaftsgelände und in das Botschaftsgebäude eindrangen. Die kurz nach ihrer Information an der Botschaft eingetroffene Bonner Polizei konnte erst mit zeitlicher Verzögerung die Botschaft betreten, da die Besetzer schwere Gegenstände auf die Straße warfen. Ein sofortiges Betreten des Gebäudes wäre nur unter erheblicher Gefährdung der Polizeikräfte möglich gewesen. Der Einsatz stand — entsprechend der Zuständigkeiten in der Bundesrepublik — ausschließlich unter Leitung der Landespolizei. Es trifft zu, daß bei der Verwüstung der Botschaft durch iranische Oppositionelle Schäden in Höhe von ca. 4 Millionen DM entstanden und diese mittlerweile von der Bundesregierung als „ex gratia Zahlung" gegenüber der iranischen Regierung erstattet worden sind. Ex gratia-Zahlungen entsprechen internationaler Übung nach allgemeinen Völkerrechtsregeln, besitzen jedoch keine Grundlage in völkervertraglichen Regelungen. Das Auswärtige Amt hat sich im konkreten Fall — wie allgemein üblich — lediglich per Note von der iranischen Botschaft die Anerkennung der Gegenseitigkeit zusichern lassen, d. h. eine entsprechende deutsche Forderung im Iran würde ebenfalls erfüllt. Zu Frage 38: Da im Vorfeld des Überfalls auf die iranische Botschaft in Bonn am 5. April 1992 bei den zuständigen Sicherheitsbehörden keine konkreten Gefährdungserkenntnisse vorlagen und die Aktion an der Botschaft überraschend und überfallartig durchgeführt wurde, bestanden keine Anhaltspunkte zur Durchführung zusätzlicher polizeilicher Schutzmaßnahmen, insbesondere einer weitläufigen Absperrung des gesamten Botschaftsgebäudes. Die Bundesregierung wird sich gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen und den übrigen betroffenen Ländern darum bemühen, daß die zuständigen Sicherheitsbehörden rechtzeitig Informationen über beabsichtigte Übergriffe auf ausländische Missionen und Einrichtungen gewinnen, um dadurch gezielte Schutzmaßnahmen für konkret gefährdete Objekte zu ermöglichen. Sie wird — wie bereits mehrfach erfolgt — auch in Zukunft insbesondere die Verpflichtung der Bundesrepublik aus den Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen und die außenpolitischen Konsequenzen unzureichender Schutzmaßnahmen an die zuständigen Länderinnenminister herantragen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rainer Funke auf die Frage des Abgeordneten Hubert Hüppe (CDU/CSU) (Drucksache 12/6691 Frage 39): Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18077* Sieht sich die Bundesregierung im Hinblick auf die Möglichkeit, daß sich eine Frau in jungen Jahren eine Eizelle entnehmen und mittels Kryokonservierung erst nach der Menopause wieder übertragen läßt, veranlaßt, das Embryonenschutzgesetz zu ändern? Die Bundesregierung vermag ein Bedürfnis für die von Ihnen angesprochene Ergänzung des Embryonenschutzgesetzes nicht zu sehen. Anhaltspunkte dafür, daß sich junge Frauen einem operativen Eingriff unterziehen werden, um sich die Möglichkeit einer Jahrzehnte später erfolgenden extrakorporalen Befruchtung offenzuhalten, sind ebensowenig ersichtlich wie Hinweise darauf, daß sich Ärzte zu einer derartigen Maßnahme bereitfinden würden. Schon mit Rücksicht auf den Ultima-ratio-Gedanken des Strafrechts ist dies zunächst als eine Frage des ärztlichen Standesrechts anzusehen. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rainer Funke auf die Frage des Abgeordneten Simon Wittmann (Tännesberg) (CDU/CSU) (Drucksache 12/6691 Frage 40): Wird die Bundesregierung trotz des Subsidiaritätsgebotes in den Maastricht-Vertragen der EG-Distanzverkaufs-Richtlinie zustimmen, und welche Auswirkungen hat diese EG-Richtlinie auf die Touristikbranche? 1. Haltung der Bundesregierung — Subsidiaritätsprinzip Die Bundesregierung lehnt den vorliegenden Vorschlag der EG-Kommission für eine DistanzgeschäfteRichtlinie ab. Einer der Gründe dafür ist das in der Frage angesprochene Prinzip der Subsidiarität. Wir sehen weder im Hinblick auf die Verwirklichung des Binnenmarktes noch aus Gründen des Verbraucherschutzes ein Bedürfnis für die Distanzgeschäfte-Richtlinie: Nach dem EWG-Schuldvertragsübereinkommen von Rom gilt bei grenzüberschreitenden Fernabsatzgeschäften grundsätzlich das Recht des Verbrauchers. Dieses Recht kann er nach dem Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen von Brüssel in aller Regel an seinem Wohnsitzgerichtsstand einklagen und ein Urteil in dem anderen Mitgliedstaat vollstrekken lassen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum der Schutz der Distanzgeschäfte-Richtlinie sogar für solche Verträge gelten soll, die über herkömmliche Kommunikationsmittel wie Brief und Telefon abgeschlossen werden. Seitens der EU sollten allenfalls Empfehlungen gegeben werden, wie dies die Kommission mit ihrer Empfehlung über die Verhaltenscodices zum Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (92/295/EWG) auch bereits getan hat. Um diese Haltung zu bekräftigen, ist der Vorschlag für eine Distanzgeschäfte-Richtlinie auch in die sogenannte „Deutsche Subsidiaritätsliste" vom 22. Juli 1993 aufgenommen worden. 2. Auswirkungen auf die Tourismusbranche Nach dem geänderten Richtlinienvorschlag, den die EG-Kommission im Oktober letzten Jahres vorgelegt hat, sollen die Vorschriften der DistanzgeschäfteRichtlinie — vom Widerrufsrecht des Artikels 12 abgesehen — auch für die Dienstleistungen mit Reservierungen gelten. Damit würden insbesondere auch die Pauschalreisen von der Distanzgeschäfte-Richtlinie erfaßt, obwohl der Verbraucherschutz insoweit bereits umfassend durch die Pauschalreise-Richtlinie (90/314/EWG) geregelt ist. Das führt zu Überschneidungen hinsichtlich der vor- und nachvertraglichen Informationspflichten. Außerdem kollidiert das Vorauszahlungsverbot des Artikels 8 der Distanzgeschäfte-Richtlinie mit der Pauschalreise-Richtlinie. Denn die PauschalreiseRichtlinie erkennt ausdrücklich an, daß der Veranstalter Vorauszahlungen verlangen kann. Vor diesem Hintergrund hat Deutschland — vorbehaltlich seiner insgesamt ablehnenden Haltung — bereits mehrfach in den zuständigen Gremien des Rates gefordert, die Dienstleistungen mit Reservierungen entsprechend der ursprünglichen Fassung des Vorschlags insgesamt von der DistanzgeschäfteRichtlinie auszunehmen. Auch bei den weiteren Beratungen des Richtlinienvorschlages werden wir diese Position mit Nachdruck vertreten. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rainer Funke auf die Frage des Abgeordneten Robert Antretter (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 41) : Inwieweit läßt sich die Bundesregierung bei der Ausarbeitung einer Rahmenkonvention, die den Mitgliedstaaten des Europarates bestimmte Verpflichtungen hinsichtlich des Minderheitenschutzes auferlegt, von einem gruppenbezogenen Ansatz leiten? Der Schutz von Minderheiten ist Teil des allgemeinen Schutzes der Menschenrechte. Mit den Menschenrechten sollen grundsätzlich die Rechte von einzelnen geschützt werden. Dementsprechend tritt die Bundesregierung in Übereinstimmung mit der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und mit dem Deutschen Bundestag für ein Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention ein. Die Entscheidung des Wiener Gipfels der Staats- und Regierungschefs des Europarates im Oktober 1993 für eine Rahmenkonvention eröffnet einen größeren Spielraum. Es besteht die Möglichkeit, Modelle für bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte zu schaffen. Die Rahmenkonvention kann Vorschläge für die nationale Gesetzgebung machen. Sie kann bindende Staatenverpflichtungen oder unmittelbare Rechte für einzelne oder Gruppen enthalten. Auf welches Ergebnis sich die Mitgliedstaaten des Europarats in diesem Zusammenhang einigen werden, ist derzeit noch völlig offen. Der Wiener Gipfel hat den Auftrag gegeben, in erster Linie Grundsätze 18078* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 aufzustellen, zu deren Einhaltung sich die Staaten verpflichten, um den Schutz nationaler Minderheiten sicherzustellen. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, außerdem Individualrechte zu schaffen. Solche Individualrechte können von Angehörigen einer nationalen Minderheit als Teil der Gruppe geltend gemacht werden. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Frage der Abgeordneten Monika Ganseforth (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 49): Was geschieht mit der Kirchensteuer, die Arbeitslosen abgezogen wird, auch wenn sie keiner christlichen Kirche angehören, und hält die Bundesregierung das für hinnehmbar? Die Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Berechnung der Höhe der Lohnersatzleistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz hat in der letzten Zeit durch eine nicht immer sachliche Darstellung in den Medien zu Mißverständnissen geführt. Richtig ist: Die Lohnersatzleistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz sind steuerfrei, Steuern werden deshalb weder einbehalten noch an Kirchen oder Finanzverwaltung abgeführt. Der in den Bundesländern geltende niedrigste Kirchensteuer-Hebesatz fließt lediglich als Rechenfaktor in die Ermittlung der Leistungssätze der Lohnersatzleistungen ein, die durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung einheitlich für das gesamte Bundesgebiet bestimmt werden. Zu den weiteren Einzelheiten habe ich mich in der Fragestunde bereits am 21. April 1992 zu den Fragen der Frau Abgeordneten Angelika Barbe ausführlich geäußert (Drucksache 12/2467 S. 12). Ich gestatte mir auf die damaligen Ausführungen zu verweisen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Fragen der Abgeordneten Ingrid Walz (F.D.P.) (Drucksache 12/6691 Fragen 50 und 51): Hält die Bundesregierung angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik Deutschland, die durch steigende Arbeitslosenzahlen, Betriebsschließungen, absehbare Nullrunden in den Tarifabschlüssen und Arbeitszeitverkürzungen mit Lohnverzicht gekennzeichnet ist, die Berechnung der Beitragssätze zur geplanten Pflegeversicherung noch für realistisch bzw. für überhaupt kalkulierbar? Inwieweit berücksichtigt die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Wahrscheinlichkeit überproportional steigender Pflegekosten und eine überproportional wachsende Zahl von Pflegebedürftigen bei der Berechnung der Beitragssätze zur geplanten Pflegeversicherung? Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation und ihren Auswirkungen auf Beschäftigung, Entgelte und Arbeitslosigkeit brauchen weder die Beitragssätze zur Pflegeversicherung angehoben noch die Leistungen gekürzt zu werden; eine Änderung der Rahmendaten der Pflegeversicherung ist nicht erforderlich. Den Berechnungen zur Pflegeversicherung liegen die wirtschaftlichen Daten und Annahmen vom Mai 1993 zugrunde, in denen auch die Wirtschaftsentwicklung nach damaligem Erkenntnisstand berücksichtigt ist. Im Gesetzentwurf zur Pflegeversicherung ist der Grundsatz einer einnahmenorientierten Ausgabenpolitik festgeschrieben. Nach § 26 des Entwurfs wird die Höhe der Leistungen im Rahmen des geltenden Beitragssatzes und der sich daraus ergebenden Einnahmen-Entwicklung angepaßt. Das geschieht durch Rechtsverordnung und nicht automatisch, so daß der Einnahme-Entwicklung der Pflegeversicherung Rechnung getragen wird. Gemeinhin werden die Auswirkungen einer rezessiven Wirtschaftsentwicklung auf die Finanzen der Pflegeversicherung allerdings überschätzt. So verändert z. B. ein Wechsel von Beschäftigung in Arbeitslosigkeit nicht die Anzahl der Beitragszahler, da Beiträge auch aus Lohnersatzleistungen gezahlt werden. Auf die Finanzen der Pflegeversicherung wirkt in diesem Fall nur die geringere Beitragsbezugsgröße. Darüber hinaus ist zu beachten, daß geringe Lohnanhebungen oder Lohn-Nullrunden — gerade auch im öffentlichen Dienst — zu einer erheblich gedämpften Kostenentwicklung der Pflegeversicherung beitragen, da die stationären Pflegekosten zu 70 bis 80 % aus Lohnkosten bestehen. Eine verhaltene Wirtschaftsentwicklung führt daher nicht, wie in Ihrer zweiten Frage unterstellt, zu überproportional steigenden Pflegekosten, sondern zu einer entsprechenden Dämpfung der Kostenentwicklung. Darüber hinaus wird nach Inkrafttreten der Pflegeversicherung durch die Einführung des Wirtschaftlichkeitsgebotes, durch Wirtschaftlichkeitsprüfungen und durch die Vereinbarung der Pflegesätze zwischen den Leistungserbringern und den Pflegekassen, die unter dem Gebot der Beitragssatzstabilität stehen, ein überproportionaler Anstieg der Pflegekosten vermieden. Die Bundesregierung geht auch nicht von einem überproportionalen Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen aus. Wir streben mit der Einführung der Pflegeversicherung eine Verbesserung der Rehabilitation Pflegebedürftiger und von Pflegebedürftigkeit Bedrohter aus. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat die Aufgabe, bei der Begutachtung der Pflegebedürftigen auch Möglichkeiten der Rehabilitation zu prüfen und ggf. die erforderlichen Maßnahmen zu empfehlen. Darüber hinaus wird die aktivierende Pflege ausdrücklich Teil der Leistungen der Pflegeversicherung, so daß auch dadurch Verschlimmerungen vermieden und wo möglich Besserungen der Fähigkeiten der Pflegebedürftigen erreicht werden können. Dies wird den Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen bremsen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode —208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18079* Die angesprochene Zunahme der Zahl Pflegebedürftiger ist entsprechend der abgestimmten Bevölkerungsvorausschätzung in den Berechnungen im Gesetzentwurf berücksichtigt. Wie in der finanziellen Begründung zum Gesetzentwurf erläutert, führt die demographisch bedingte Zunahme der Pflegebedürftigen langfristig nur zu einem moderaten Anstieg des Beitragssatzes. Anlage 25 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Fragen der Abgeordneten Ingrid Köppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 12/6691 Fragen 52 und 53): Für welchen Zeitraum befanden sich wie viele Mitarbeiter des Bundeswehr-Bataillons „Operative Information" (ehemals: Psychologische Verteidigung PSV) in Somalia anläßlich der dortigen VN-Aktion? Welche Tätigkeiten haben diese Bediensteten in welchen Teilen Somalias gegenüber der dortigen Bevölkerung oder im Hinblick auf die dort eingesetzten Truppen im einzelnen verrichtet? Zu Frage 52: In BELET UEN befindet sich ein Fernmelde-Zug des Fernmeldebataillons 950, Andernach, im Einsatz. Die Personalstärke war stufenweise der jeweiligen Auftragslage angepaßt. Sie umfaßte 3 Soldaten in der Vorbereitungsphase, 20 Soldaten in der Zeit von Mitte August bis Anfang Dezember 1993. Im Rahmen des Kontingentwechsels im Dezember 1993 wurde die Anzahl auf derzeit 14 Soldaten verringert. Vom 10. Februar 1994 bis zum Abschluß des Einsatzes des Deutschen Unterstützungsverbandes werden noch 5 Soldaten verbleiben. Bis zum Abschluß der Rückverlegung nach Deutschland werden insgesamt 34 Soldaten in SOMALIA gewesen sein. Zu Frage 53: Die Soldaten des Fernmeldezugs für Operative Informationen mit Lautsprechern, Handzetteln, Plakaten sowie einer Wochenzeitung die somalische Bevölkerung über Auftrag, Absicht und Maßnahmen des deutschen VN-Kontingents im Rahmen der humanitären Hilfsaktionen. Diese mit dem Presse- und Informationszentrum vor Ort abgestimmte Informationsarbeit wird in BELET UEN sowie in einem Umkreis von ca. 70 km um die Stadt durchgeführt. Diese Maßnahmen tragen erheblich zum guten Verhältnis zwischen dem deutschen Unterstützungsverband und der Bevölkerung im Umkreis von BELET UEN bei. Des weiteren haben die Soldaten somalische Redakteure des International Medical Corps (IMC) an Druckmaschinen ausgebildet und sie bei der Herausgabe einer Gesundheitszeitung für die Region unterstützt. Darüber hinaus betreiben die Soldaten des Fernmeldebataillons 950 im Lagerbereich einen Rundfunksender mit geringer Reichweite. Das von ihnen hergestellte Programm dient der Betreuung der eigenen Soldaten. Gesendet werden allgemeine Informationen, Grüße und Musikwünsche aus der Heimat. Die Sendungen werden von den Soldaten gerne gehört. Anlage 26 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Frage des Abgeordneten Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.) (Drucksache 12/6691 Frage 54): Wieviel wird die Bundesregierung pro Jahr einsparen, wenn auf die Einberufung von 20 000 Wehrpflichtigen verzichtet wird, und wie hoch sind die Kosten für einen Wehrpflichtigen pro Tag gemäß Kostenrichtlinie? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, auf 20 000 Wehrpflichtige zu verzichten. Eine derartige Mindereinberufung ist weder geplant noch in der Organisations- und Stationierungsstruktur der Bundeswehr realisierbar. Um die vom Haushalt vorgegebenen Einsparungen zu bewältigen, sind Eingriffe in den Betrieb und bei Investitionen unvermeidlich. Leitlinie ist dabei, daß die militärische Leistungsfähigkeit der Streitkräfte möglichst wenig beeinträchtigt wird. Unter anderem wird auch die Geldansatzstärke für Soldaten auf Zeit, Grundwehrdienstleistende und Zivilpersonal zeitlich befristet abgesenkt werden müssen. Angestrebt wird die Größenordnung von etwa 400 Zeit- und Berufssoldaten und etwa 1 500 Grundwehrdienstleistenden. Ferner können durch die Reduzierung von Wehrübungsplätzen Ausgaben gespart werden. Es wird erwartet, daß die genannten Personaleinsparungen zusammen mit den innerhalb der Quartale und über das Jahr ohnehin vorhandenen Schwankungen im Dezember 1994 zu einer vorübergehenden Tagesdienstsstärke zwischen 345 000 und 350 000 führen kann, um dann wieder anzusteigen. Gemäß der Kostenrichtlinie betragen die Personalkosten für einen Wehrpflichtigen im Jahr durchschnittlich 21 544 DM. Für wehrpflichtige Sanitätsoffiziere liegt dieser Betrag höher, nämlich bei 64 469 DM. Hieraus läßt sich der Tagessatz errechnen: er beträgt 59,02 DM für den Wehrpflichtigen und 176,63 DM für den wehrpflichtigen Sanitätsoffizier. Die genannten Personalkosten umfassen nur die personenbezogenen Kosten, wie zum Beispiel Wehrsold, Familienheimfahrten, Verpflegung. Sie umfassen nicht die ohnehin anfallenden und nicht einsparbaren Betriebskosten, wie zum Beispiel für Unterkunft. Eine Einsparung durch Mindereinberufung von Wehrpflichtigen kann nur in dem Maße realisiert werden, in dem die Lebens- und Betriebsfähigkeit der Truppenteile nicht beeinträchtigt wird. 18080* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Anlage 27 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) (F.D.P.) (Drucksache 12/6691 Fragen 55 und 56): Warum hat die Bundesregierung den am 25. November 1992 gefaßten Beschluß zur Privatisierung der Heimbetriebsgesellschaft mbH der Bundeswehr trotz des begleitenden Votums des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages bisher nicht vollzogen? Ist die Bundesregierung in der Lage, einen verbindlichen Zeitplan für die von der Koalition gewünschte Privatisierung der Heimbetriebsgesellschaft mbH der Bundeswehr vorzulegen? Zu Frage 55: Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung am 25. November 1993 aufgefordert, die Heimbetriebsgesellschaft mbH unter Beachtung der Kernforderungen eines flächendeckenden Angebotes und günstiger Preise zu privatisieren. In Ausführung des Beschlusses wurde zunächst mit dem einzigen Interessenten, einer Delegation des Bundesverbandes der Heimbetriebsleiter und Kantinenpächter e. V., über die Übernahme sowie deren vertragliche Ausgestaltung verhandelt. Im September 1993, als die Verhandlungen fast abgeschlossen waren, meldete sich als weiterer Interessent das Bundeswehr-Selbsthilfewerk GmbH des Deutschen Bundeswehr-Verbandes, unterstützt von der Bundesvereinigung der Offizier- und Unteroffizierheimgesellschaften. Mit diesem neuen Interessenten wurde gleichfalls verhandelt. Es ist erst jetzt ein Sachstand erreicht, der es ermöglicht, eine Entscheidung zu treffen, mit wem die abschließenden Verhandlungen geführt werden sollen. Der Gesamtvertrauenspersonenausschuß beim BMVg hat sich gegen eine Privatisierung der Heimbetriebsgesellschaft ausgesprochen, da er nachteilige Auswirkungen auf das Angebot und die Preise befürchtet. Zu Frage 56: Erst nach der Entscheidung, an welchen Interessenten die Anteile der Heimbetriebsgesellschaft veräußert werden sollen, können mit ihm die abschließenden Vertragsverhandlungen geführt werden. Wegen des Verkaufs von Bundeseigentum muß dabei der Bundesminister der Finanzen, wegen der Zustimmung zur Preisbindung für das Grundsortiment unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten der Bundesminister für Wirtschaft sowie das Bundeskartellamt beteiligt werden. Einen verbindlichen Zeitplan zum Abschluß der Privatisierung kann die Bundesregierung zur Zeit wegen der noch offenen Probleme und der Abhängigkeiten von Beteiligten die nicht ihrem Weisungsrecht unterliegen, nicht vorlegen. Anlage 28 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Frage des Abgeordneten Otto Schily (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 57): Ist der Bundesregierung bekannt, auf welche Ziele die mit Nuklearsprengköpfen bestückten Interkontinentalraketen der USA und Rußlands programmiert sind, nachdem die bisherigen Zielprogrammierungen aufgrund einer Vereinbarung zwischen Präsident Clinton und Präsident Jelzin gelöscht worden sind? Die Regierung der Vereinigten Staaten hat die Bundesregierung im Vorfeld der Bekanntgabe der amerikanisch-russischen Initiative über die beiderseitige Änderung der Zielprogrammierung bei den strategischen Raketensystemen unterrichtet. Die Vereinigten Staaten haben im Zusammenhang mit der Vereinbarung erklärt, daß beide Seiten ihre Flugkörper mit Koordinaten in den entlegensten Bereichen der Ozeane programmieren werden. Das dient der Minimierung von Schäden im Falle eines äußerst unwahrscheinlichen versehentlichen Starts. Die Clinton/Jelzin-Vereinbarung hat die Stärkung der strategischen Stabilität und die Stützung der Vertrauensbildung zum Ziel und dient in erster Linie der Sicherheit sowie der Klimaverbesserung zwischen den beiden großen Nuklearmächten. Anlage 29 Antwort der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die Fragen des Abgeordneten Hans Wallow (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 58 und 59): Welche Folgen in personeller und organisatorischer Hinsicht ergeben sich aus der Einrichtung einer europäischen Rüstungsagentur für das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) in Koblenz? Welche konkreten Ergebnisse hat die Bundesmarine bei ihrer Aufgabe im Rahmen der NATO, das Embargo gegen RestJugoslawien durchzusetzen, bisher erzielt? Zu Frage 58: Anläßlich des europäischen Gipfeltreffens von Maastricht am 10./11. Dezember 1991 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Westeuropäischen Union (WEU) u. a. den Vorschlag zu prüfen, die europäische Rüstungszusammenarbeit durch Schaffung einer europäischen Rüstungsagentur zu verstärken. Seit März 1992 untersucht eine Arbeitsgruppe der 13 in der Western European Armament Group zusammengeschlossenen Staaten die Realisierungsmöglichkeiten. Teil dieser Untersuchungen ist die Prüfung, welche nationalen Bereiche auf die Agentur übertragen werden könnten. Nach dem gegenwärtigen Verhandlungsstand ist die Neigung der beteiligten Länder eher gering, in nennenswertem Umfang Aufgaben und Kompetenzen an eine Europäische Rüstungsagentur abzugeben. Entscheidungen des WEU-Rates hierzu können frühestens im Spätherbst dieses Jahres erwartet werden. Eine Übertragung von nationalen deutschen Bereichen würde unter Umständen zum Wegfall der entsprechenden Aufgabenbereiche im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung führen. Personelle und organisatorische Auswirkungen können erst dann Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18081* konkret beurteilt werden, wenn feststeht, daß eine solche Agentur eingerichtet wird und ihre Aufgabenbereiche hinreichend definiert sind. Zu Frage 59: Das Bundeskabinett hat am 19. November 1992 beschlossen, daß das deutsche Schiff auch künftig im Rahmen seines bisherigen Auftrags im NATO-Verband der Adria präsent bleibt. Eine Teilnahme an Zwangsmaßnahmen (Stop and Search) kommt nicht in Betracht. Entsprechend diesem Beschluß hat sich die Bundesmarine seit Beginn der Embargo-Operation am 16. Juli 1992 ausschließlich auf die Überwachung der Adria in internationalen Gewässern beschränkt. Zur Zeit sind ständig zwei Schiffe in Fregatten-/Zerstörergröße präsent, die in das multinationale Gesamtkonzept der NATO und der WEU eingebunden sind. Mit Stand vom 28. Januar 1994 konnten die an dem multinationalen Verband beteiligten Schiffe folgende Ergebnisse erzielen: — 25 275 Schiffe wurden in See abgefragt, — 1 916 Schiffe wurden in See durchsucht, — 476 Schiffe wurden zur Untersuchung in italienische Häfen umgeleitet. Statistische Angaben zu den Leistungen der Schiffe einzelner Nationen liegen nicht vor. Anlage 30 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Frage des Abgeordneten Benno Zierer (CDU/ CSU) (Drucksache 12/6691 Frage 63): Mit welchen Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung für die Beibehaltung des strengen Grenzwertes für Pestizide in der 1989 in deutsches Recht umgesetzten EG-Trinkwasserrichtlinie 80/778/EWG ein, und wie wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß die strengen Grenzwerte der EG-Trinkwasserrichtlinie in Anhang VI der EG-Pestizidzulassungs-Richtlinie 91/414/EWG erhalten bleiben und bei der Umsetzung der EG-Grundwasserrichtlinie 80/68/EWG in deutsches Recht festgeschrieben werden? Die geltenden Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel sind in der EG-Trinkwasser-Richtlinie 80/778/EWG und in der Trinkwasser-Verordnung vom 5. Dezember 1990 verbindlich festgelegt. Die Kommission der Europäischen Union hat im Rahmen einer Initiative zur Novellierung der EG-Trinkwasser-Richtlinie bisher keinerlei Absicht erkennen lassen, die geltenden Werte zu verändern. Gleiches gilt für die von der Kommission in Aussicht genommene Novellierung der EG-Grundwasser-Richtlinie. Bei den derzeit laufenden Beratungen über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nach Anhang VI der EG-Pflanzenschutzmittel-Richtlinie bemüht sich die Bundesregierung mit Nachdruck, eine Abstimmung mit den Zielen des Gewässer- und Trinkwasserschutzes zu erreichen. Sie wird sich bei den weiteren Verhandlungen mit allen zu Gebote stehenden Mitteln für die Erhaltung des hohen Schutzniveaus für Trinkwasser einsetzen. Anlage 31 Antwort der Parl. Staatsskretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen der Abgeordneten Antje-Marie Steen (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 64 und 65): Hält es die Bundesregierung für empfehlenswert, zur Diagnose einer evtl. Gonorrhoe anstelle der für die Neugeborenen schmerzhaften Gabe von Silbernitrat in die Augen, einen Abstrich bei der Schwangeren einige Tage vor der Entbindung vorzunehmen, und könnte diese Maßnahme als Vorsorgemaßnahme bei Schwangerschaften von den Krankenkassen finanziert werden? Ist der Bundesregierung bekannt, daß Schwerhörigkeit bei Kindern direkt nach der Geburt festzustellen ist, und ist die Bundesregierung bereit, diesen Test in den Vorsorgekatalog für Kinder als präventive Maßnahme mitaufzunehmen? Zu Frage 64: Auf Veranlassung des BMG hat das Bundesgesundheitsamt die Frage geprüft, ob der medizinischen Wissenschaft neue Erkenntnisse oder neue Behandlungsmethoden vorliegen, die wirksamer oder unschädlicher sind als die „Credé'sche Prophylaxe" . Die beim Bundesgesundheitsamt dazu gebildete Expertenkommission hat 1993 die Empfehlung ausgesprochen, die 1 %ige Silbernitratlösung so lange für die Credé'sche Prophylaxe zu verwenden, bis ein anderes Schleimhaut-Antiseptikum mit der gleichen Wirksamkeit zur Verfügung steht. Zu Frage 65: Die Bundesregierung fördert seit Jahren Vorhaben, die das Ziel verfolgen, die Möglichkeiten der Früherkennung von Hörstörungen zu verbessern. Beispielhaft nenne ich die Vorhaben „Selektives Screening zur Frühdiagnostik angeborener und erworbener Hörstörungen bei Risikokindern im 1. Lebensjahr" sowie „Evaluation der Früherfassung von Seh- und Hörstörungen für Kinder" . Nach Kenntnis der Bundesregierung sind die bislang entwickelten Methoden für ein allgemeines Screening auf Hörschäden bei allen Neugeborenen noch nicht geeignet. Bei Verdacht auf Schwerhörigkeit z. B. bei bestimmten Risikogruppen stehen Untersuchungsverfahren zur Verfügung, die eine Schwerhörigkeit bereits in den ersten Lebenswochen sicher erfassen. Anlage 32 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wilhelm Knittel auf die Frage des Abgeordneten Horst Kubatschka (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 66): 18082* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 Hält die Bundesregierung eine qualifizierte Prüfung der Alternativpläne des Wiener Wasserbauexperten Prof. Ogris zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen für möglich angesichts der Tatsache, daß sich die mit der Überprüfung beauftragten Vertreter der Rhein-Main-Donau AG als auch der Bundesanstalt für Wasserbau bereits seit längerer Zeit auf die völlige Ablehnung der "Ogris-Methode" festgelegt haben? Eine vorurteilsfreie und qualifizierte Prüfung der Alternativpläne des Wiener Wasserbauexperten Prof. Ogris zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen sieht die Bundesregierung dadurch gewährleistet, daß entsprechend der zwischen dem Bundesverkehrsminister und der Bayerischen Staatsregierung getroffenen Absprache sowohl Prof. Orgis selbst als auch die Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe, mit dieser Prüfung beauftragt werden sollen. Darüber hinaus soll ein dritter, bisher nicht am Verfahren beteiligter Experte hinzugezogen werden. Die Rhein-Main-Donau AG ist lediglich mit der administrativen Abwicklung der durchzuführenden Untersuchungen beauftragt. Die genannte Absprache sieht ausdrücklich auch eine Einschaltung der Bundesanstalt für Wasserbau vor. Neben der im In- und Ausland anerkannten Qualifikation der Bundesanstalt für Wasserbau gebietet auch schon die Ehrlichkeit und Fairneß gegenüber einer Einrichtung, der selbst Prof. Ogris im Symposium vom Juli 1993 eine ausgezeichnete fachliche Arbeit bescheinigt hat, deren Beteiligung. Anlage 33 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wilhelm Knittel auf die Fragen des Abgeordneten Dietmar Schütz (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 67 und 68): Welche Initiativen wird die Bundesregierung ergreifen, um nach dem jüngsten Giftskandal vor der Nordseeküste die Übergangsfrist für die EU-Melderichtlinie für den Gefahrguttransport zu verkürzen, und welche weiteren Initiativen auf europäischer Ebene wird die Bundesregierung ergreifen, um die Sicherheitsanforderungen für die Verpackung, Verladung und Verschiffung von Gefahrgütern zu verschärfen? Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus dem Giftskandal hinsichtlich einer Verschärfung der Haftungsbestimmungen für Hersteller, Händler und Transporteure von Gefahrgütern ziehen? Zu Frage 67: In Artikel 14 der EU-Melderichtlinie 93/75/EWG vom 13. September 1993 ist vorgesehen, daß die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die erforderlichen nationalen Umsetzungsvorschriften bis zum 13. September 1994 zu erlassen haben, die dann ein Jahr später am 13. September 1995 in Kraft treten sollen. Gemäß Artikel 13 der Richtlinie sind für die 2. Phase ein umfassenderes europäisches SchiffsMeldesystem in den Seegebieten der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sowie elektronische Systeme des Datenaustauschs zwischen Schiffen und landseitigen Einrichtungen vorgesehen. Bei der ersten Beratung des Vorschlages der EU-Kommission zur 2. Phase in der Gruppe Verkehr des Rates am 9./10. Februar 1994 in Brüssel wird die deutsche Delegation vorschlagen, daß das Inkrafttreten der EU-Melderichtlinie auf den frühestmöglichen Zeitpunkt vorgezogen wird. Die Initiativen der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der Sicherheitsanforderungen für den Transport gefährlicher Güter mit Seeschiffen richten sich an die Internationale Seeschiffahrts-Organisation in London. Sie betreffen die international völkerrechtlich verbindliche Einführung des Internationalen Code für die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen sowie der Vorschriften für die Sicherung von Containern mit gefährlicher Ladung. — gemeinsame international abgestimmte Kontrollaktionen auf Einhaltung der vorhandenen internationalen Gefahrgutvorschriften im Internationalen Code für die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen, — eine Änderung der Stauvorschriften für Container mit verpackten Pestiziden von weniger großer Gefährlichkeit (Verpackungsgruppe III) mit dem Ziel, für diese Stoffe künftig nur noch die Stauung „Unter Deck" zuzulassen, — eine Initiative zur Einführung spezifischer Schulungsanforderungen für Schiffsoffiziere, damit diese noch besser als bisher über die Gefährlichkeit der Ladung, die einzuhaltenden Sicherheitsvorschriften und die eintretenden Folgen bei Nichtbeachtung informiert sind. Zu Frage 68: Die Verkehrsminister von Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich haben bei ihrem Treffen am 26. Januar 1994 ihre Entschlossenheit bekräftigt, auf die Fertigstellung eines Internationalen Übereinkommens über die zivilrechtliche Haftung für Schäden beim Transport von Gefahrgut auf See bis zum Jahre 1996 zu drängen. Sie haben weiter erklärt, daß bei einem Scheitern dieser Bemühungen als Dringlichkeitsmaßnahme die Einrichtung eines regionalen Entschädigungsfonds ins Auge gefaßt werden müsse. Der durch das französische Containerschiff „Shebro" ausgelöste Schadensfall verdeutlicht, daß eine befriedigende Lösung der Haftungs- und Entschädigungsfrage nicht durch nationale Gesetzgebung, sondern nur durch internationale Regelungen gewährleistet werden kann. Zur Fortsetzung ihrer Bemühungen und Initiativen auf internationaler Ebene sieht die Bundesregierung daher keine Alternative. Insbesondere muß bezweifelt werden, ob eine Verschärfung des nationalen Produkthaftrechts oder eine verschärfte Händlerhaftung Abhilfe und Sicherheit gegen derartige Unfälle bieten kann. Anlage 34 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wilhelm Knittel auf die Frage des Abgeordneten Otto Schily (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 69): Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um künftig Risiken beim Schiffstransport gefährlicher Chemikalien auszuschließen? Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Februar 1994 18083* Die Bundesregierung hatte im Januar 1993 eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung des BMV eingesetzt, die nach den jüngsten Tankerunfällen Maßnahmen zur Verbesserung der Schiffssicherheit und zum Schutz der Meeresumwelt sowie diesbezügliche Initiativen bei der Europäischen Gemeinschaft und der Internationalen SeeschiffahrtsOrganisation aufzeigen sollte. Bei der Überprüfung des Sicherheitssystems für den Schiffsverkehr mit gefährlichen Gütern, dazu zählen Öl- und Gastankschiffe und auch Schiffe, die andere schädliche Substanzen als Massengut befördern, hat die Arbeitsgruppe Schwachstellen insbesondere beim Betrieb der Schiffe, der Ausbildung ihrer Besatzungen und der Einhaltung bestehender Vorschriften aufgezeigt. Zur Lösung dieser Problempunkte enthält der Schlußbericht der Arbeitsgruppe Vorschläge für internationale Aktivitäten sowie zusätzliche nationale Maßnahmen. Dieser Bericht liegt als Bundesratsdrucksache Nr. 874/93 vom 2. Dezember 1993 vor. Nach dem Containerverlust des französischen Schiffes Shebro haben sich die Verkehrsminister von Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich kurzfristig am 26. Januar 1994 in Paris getroffen, um über weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit zu beraten. Die wesentlichen Ergebnisse sind: — die kürzlich erlassenen EU-Vorschriften über eine international verbindliche Meldepflicht für Seeschiffe mit gefährlichen Gütern gegenüber den Verkehrssicherungsdiensten der Küstenstaaten zum frühestmöglichen Zeitpunkt umzusetzen; — die deutsche Initiative in der Internationalen Seeschiffahrts-Organisation für ein Verfahren zur Annahme international verbindlicher Routenführung für Tanker und Gefahrgutschiffe in bestimmten Seegebieten zu unterstützen; — eine gemeinsame Initiative in der Internationalen Seeschiffahrts-Organisation über die künftige Stauung von Containern mit Pestiziden unter Deck; — eine engere regionale Zusammenarbeit der fünf Staaten bei der Schiffssicherheit und im maritimen Umweltschutz, insbesondere bei den Schiffskontrollen; die Ergebnisse dieser Kontrollen sollen veröffentlicht werden. Anlage 35 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wilhelm Knittel auf die Fragen des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksache 12/6691 Fragen 70 und 71): Was geschieht nach der Bahnreform mit der Ausbesserungswerkstätte (AwSt) Weiden, und wird die Bundesregierung dafür eintreten, daß die AwSt geschlossen als Aktionseinheit erhalten bleibt? Wie wird das berufliche Fortkommen der Bundesbeamten nach der Privatisierung gesichert, und wird die Bundesregierung den von der Bundeseisenbahnverwaltung vorgeschlagenen Stellenplan, der auch Beförderungsstellen ausbringt, genehmigen? Zu Frage 70: In Fragen der Planung der Personal- und Werkskapazitäten entscheidet der Vorstand der Deutschen Bahn Aktiengesellschaft entsprechend dem unternehmerischen Bedarf, für dessen Beurteilung der Vorstand nur den Aufsichtsorganen des Unternehmens gegenüber verantwortlich ist. Dies betrifft auch die Ausbesserungswerkstätte Weiden. Der Bundesminister für Verkehr hat nach geltendem Aktienrecht keine Möglichkeit der Einflußnahme. Zu Frage 71: Aufgrund des neu in das Grundgesetz eingefügten Artikels 143 a sind die Bundesbahnbeamten durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz „unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwortung des Dienstherren" der privatrechtlich organisierten Deutsche Bahn Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen worden. Für die Sicherung des beruflichen Fortkommens sieht Art. 1 § 12 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes daher die Zulässigkeit der Überschreitung der im Bundesbesoldungsgesetz festgelegten Stellenobergrenzen für Beförderungsämter nach Maßgabe sachgerechter Bewertung vor, soweit dies zur Vermeidung von Verschlechterungen der Beförderungsverhältnisse infolge laufender Verringerung des Personalbestandes beim Bundeseisenbahnvermögen erforderlich ist. Es ist davon auszugehen, daß der vom Präsidenten des Bundeseisenbahnvermögens aufzustellende Stellenplan gemäß Art. 1 § 16 Abs. 3 Eisenbahnneuordnungsgesetz vom Bundesministerium für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen genehmigt werden wird. Anlage 36 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wilhelm Knittel auf die Frage des Abgeordneten Norbert Gansel (SPD) (Drucksache 12/6691 Frage 72): Trifft es zu, daß der Stahlbau für die zweite Kanalbrücke in Kiel wegen unzuverlässiger Arbeiten nunmehr nicht in Südafrika, sondern in Belgien hergestellt werden soll, und ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen einer neuen Ausschreibung, den zuverlässigen und erfahrenen Unternehmen am Ort die Möglichkeit zu geben, ein neues Angebot für den Brückenbau zu unterbreiten? Die Bundesregierung bestätigt den Wechsel der Fertigungsstätte des Subunternehmers von Südafrika nach Belgien für die Stahlbaufertigung der Straßenhochbrücke Kiel-Holtenau. Der deutsche Hauptauftragnehmer hat diesen Wechsel nach Auswertung verschiedener Qualitätsmängel der Stahlbaufertigung bei zwei der insgesamt 29 Brückenabschnitte beantragt. Der Auftraggeber (Bund) hat diesem Antrag nach fachlicher Prüfung grundsätzlich zugestimmt. In Anbetracht der eigenverantwortlichen Konsequenz des Hauptauftragnehmers im Sinne der Qualitätssicherung ist eine neue Ausschreibung der Stahlbauleistung vertraglich nicht möglich.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Werner Ringkamp


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Aber wenn sie den Redner stützen, Herr Präsident!


Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

(Heiterkeit — Gerd Andres [SPD]: Außerdem müßten bei Kohl nur Zwischenrufe kommen! — Hans-Eberhard Urbaniak [SPD]: Das hat er nicht begriffen!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Ringkamp


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Wenn hier einer seine dritte Rede im Plenum hält, dann ist er noch nicht so schlagfertig wie jemand, der seit 25 Jahren im Plenum sitzt. Das ist doch wohl normal.
    Ich komme zurück zu den Erfahrungen in Schweden, die Sie sicherlich kennen: zwei Jahre legale Freigabe von Drogen, exakt Verdoppelung der von Heroin und Kokain Abhängigen in Schweden.

    (Johannes Singer [SPD]: Wir haben uns dagegen ausgesprochen!)

    Das Experiment ist ruck, zuck gestoppt worden.
    Eine wie auch immer geartete Lockerung illegaler Drogen erleichtert in jedem Fall die Zugänglichkeit. Der Staat verzichtet in diesem Falle nämlich darauf, grundsätzlich eine Mißbilligung auszusprechen. Damit geschieht zweierlei, meine Damen und Herren: Damit entfällt eine wichtige Information für Täter und Benutzer. Das Unwerturteil des Staates über Drogen ist aber auch für die gesamte Gesellschaft wichtig. Der Staat stellt mit seinem Urteil gewissermaßen Richtlinien, Regeln auf, an die man sich, bitte schön, zu halten hat. Wenn jemand diese Regeln nicht einhält, dann weiß er, daß er ein hohes Risiko eingeht, und zwar doppelter Art: einmal, indem er etwas für unwert Gehaltenes tut oder gebraucht, zum zweiten aber auch, indem er dem Risiko der Strafandrohung unterliegt.
    Natürlich wissen wir, meine Damen und Herren, daß nicht nur beim Schach und beim Mühlespiel gelegentlich Regeln übertreten werden. Das kann aber für uns kein Grund sein, keine Regeln aufzustellen. Sie wissen genausogut wie wir, daß die Schätzungen von 40 bis 140 Milliarden DM Steuerbetrug pro Jahr ausgehen; aber kein Politiker der Welt kommt doch auf die Idee, Steuergesetze abzuschaffen. Das Abschaffen von Gesetzen kann doch wohl nicht die Regel sein. Im Gegenteil. Je größer die Versuchung wird, Werte in Frage zu stellen und Regeln zu brechen, desto sorgfältiger muß der Staat durch Vorsorge und durch Druckmittel dafür sorgen, daß sich alle in einem vertretbaren Rahmen halten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Genau das ist die Haltung, die aus der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der SPD hervorgeht, wenn Sie sie einmal auf ihren letzten Grund hin abklopfen.
    Natürlich gebe ich zu: Regeln und Verbote sind kein Selbstzweck. Allem staatlichen Handeln, meine Damen und Herren, liegt ein bestimmtes Menschenbild zugrunde: zur Freiheit geboren, auf den Mitmenschen verwiesen. Wenn es einem Staat mit diesem freiheitlichen Menschenbild und mit der Selbstbestimmung seiner Würde ernst ist, dann muß er ein Unwerturteil über Drogen fällen. Wegen des hohen Suchtpotentials bedeutet der Konsum solcher Stoffe eine — ich nenne es einmal so — Entmenschlichung seiner selbst. Der Drogensüchtige wird abhängig vom Stoff. Er ist nicht mehr Herr seiner selbst.



    Werner Ringkamp
    Wir dürfen nicht zulassen, daß beim Drogenabhängigen der Verlust dieser Selbstbestimmung durch staatliches Dealertum anhält oder gar unnötig verlängert wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herausholen müssen wir sie aus ihrem Dahinvegetieren und aus ihrer Knechtschaft und zur freien Selbstentfaltung führen.
    Es ist zynisch — so schreibt die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren — Drogenabhängige unter dem Vorzeichen der gesellschaftlichen Akzeptanz ihrer Suchtstoffe nur noch zu betreuen, sie in ihrem Elend zu verwalten, anstatt Auswege aufzuzeigen und Hilfen vorzuhalten und damit Leiden zu lindern.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Johannes Singer [SPD]: Richtig! Ihr macht doch gar nichts!)

    Aber wenn Sie nach dem Bundesratsantrag Heroin auf Krankenschein verabreichen wollen, halten Sie die Leute im Elend und helfen ihnen nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Johannes Singer [SPD]: l'un Sie das doch! 90 % aller Drogensüchtigen bleiben unversorgt!)

    Der Gesetzentwurf des Bundesrates beinhaltet nicht nur einen ersten Schritt auf dem Weg zur Kapitulation vor der Drogenmafia. Er unterstellt sogar, daß staatliche Stellen diesen ersten Schritt tun sollen. Aber wenn es um Menschen geht, meine Damen und Herren, sind zunächst Menschen gefragt. Dann bitte ich Sie sehr herzlich: Gehen Sie einmal heraus in die Szene. Fragen Sie ehemalige Abhängige, wie wir es denn machen sollen. Dann werden Sie eindeutig unisono hören: Gebt nicht nach! Bleibt hart! Weicht keinen Zentimeter zurück!

    (Karl Hermann Haack [Extertal] [SPD]: Bleibt sauber!)

    Stecht keinen Deich an! Denn der Bundesrat will mit seinem Gesetzentwurf einem Kind, das in den Brunnen gefallen ist, im Grunde eine wärmende Decke nachwerfen. Wir wollen das Kind möglichst schnell aus dem Brunnen herausholen und Zäune aufrichten, damit künftig keine Kinder mehr hineinfallen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Abg. Johannes Singer [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)