Plenarprotokoll 12/204
Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
204. Sitzung
Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1994
Inhalt:
Tagesordnungspunkt 1: Fragestunde
— Drucksache 12/6584 vom 14. Januar 1994 —
Beteiligung der Telekom an TV-Satelliten
MdlAnfr 1, 2
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) F.D.P.
Antw PStSekr Dr. Paul Laufs BMPT . . . 17629B
ZusFr Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
FDP 17629D
ZusFr Horst Kubatschka SPD 17630 C
Lufttransport von Plutonium vom Frankfurter Flughafen nach Dounreay/Schottland
MdlAnfr 9
Dr. Klaus Kübler SPD
Antw StSekr Clemens Stroetmann BMU . 17630 D
ZusFr Dr. Klaus Kübler SPD 17631 B
ZusFr Horst Kubatschka SPD . . . . . 17631 C
Tagung der Reaktorsicherheits-Kommission am 18. Januar 1994 zum Thema „Wasserstoff-Abbau im Sicherheitsbehälter von Druckwasserreaktoren "
MdlAnfr 12
Horst Kubatschka SPD
Antw StSekr Clemens Stroetmann BMU 17631 D
ZusFr Horst Kubatschka SPD 17632 B
ZusFr Dr. Klaus Kübler SPD 17632 D
Häufung von Leukämie-Erkankungen bei Kindern im nahen Umkreis ostdeutscher Atomanlagen
MdlAnfr 13
Horst Kubatschka SPD
Antw StSekr Clemens Stroetmann BMU 17633A
ZusFr Horst Kubatschka SPD 17633B
Nachrichtendienstliche Informationen über Björn Engholm; Unterrichtung von Mitgliedern der SPD-Fraktion durch die Bundesregierung
MdlAnfr 25, 26
Jürgen Koppelin F.D.P.
Antw PStSekr Eduard Lintner BMI . . . 17633 C,
17634 D
ZusFr Jürgen Koppelin F.D.P. . 17633D, 17634 D
ZusFr Wolfgang Lüder F.D.P. 17634B
ZusFr Dr. Erich Riedel (München) CDU/
CSU 17634 C
Sammlung persönlicher Daten über politisch Andersdenkende durch neonazistische Organisationen; Schutz der Bürger
MdlAnfr 27, 28 Gernot Erler SPD
Antw PStSekr Eduard Lintner BMI . 17635B, D
ZusFr Gernot Erler SPD . . . 17635B, 17636A
ZusFr Otto Schily SPD 17635 C
Auswirkungen der vom Bundesministerium des Innern erlassenen Verbote gegen rechtsextremistische Vereinigungen
MdlAnfr 29
Jürgen Augustinowitz CDU/CSU
Antw PStSekr Eduard Lintner BMI . . . 17636B
ZusFr Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . 17636D
II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1994
Reaktivierung der Grenzschutzdienstpflicht nach § 49 Bundesgrenzschutzgesetz angesichts der hohen Zahl illegaler Einreisen
MdlAnfr 30
Jürgen Augustinowitz CDU/CSU
Antw PStSekr Eduard Lintner BMI . . . 17637 A
ZusFr Jürgen Augustinowitz CDU/CSU 17637 A
ZusFr Dietmar Schütz SPD 17637 B
ZusFr Otto Schily SPD 17637 C
ZusFr Horst Kubatschka SPD . . . . . 17637 C
Gespräche der Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit der F.D.P.-Landtagsabgeordneten Hiersemenzel bzw. dem bayerischen Justizministerium betreffend Verpachtung von Mandantenstämmen
MdlAnfr 34, 35
Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU
Antw PStSekr Rainer Funke BMJ . . . . 17637D,
17638D
ZusFr Dr. Erich Riedl (München) CDU/
CSU 17638A, 17639A
ZusFr Otto Schily SPD . . 17638B, 17639A
ZusFr Horst Kubatschka SPD 17638B, 17639 C
ZusFr Herbert Frankenhauser CDU/CSU 17638 C
ZusFr Dr. Hans de With SPD 17638D, 17639C
ZusFr Ludwig Stiegler SPD 17639D
Tätigkeit der früheren Bundesminister Dr. Hans-Jochen Vogel und Hans A. Engelhard als Rechtsanwälte während ihrer Amtszeit
MdlAnfr 36
Herbert Frankenhauser CDU/CSU
Antw PStSekr Rainer Funke BMJ . . . . 17640B
ZusFr Dr. Hans de With SPD . . . . . 17640 C
ZusFr Otto Schily SPD 17640C
Nächste Sitzung 17640D
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17641' A Anlage 2
Entwicklungspolitische Zusammenarbeit und militärische Ausbildungshilfe für Zaire
MdlAnfr 3 — Drs 12/6584 —Dr. Klaus Kübler SPD
SchrAntw PStSekr Hans-Peter Repnik
BMZ 17641' C
Anlage 3
Krankheits-Durchschnittsquoten von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten
MdlAnfr 7, 8 — Drs 12/6584 — Ernst Hinsken CDU/CSU
SchrAntw PStSekr'in Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 17642* A
Anlage 4
Aufnahme des Naturschutzprojektes „Kossautal" in das Gewässerrandstreifenprogramm
MdlAnfr 10, 11 — Drs 12/6584 — Ulrike Mehl SPD
SchrAntw StSekr Clemens Stroetmann
BMU 17642* B
Anlage 5
Sitz von Bundesministerien und Bundeseinrichtungen in Bonn auf Grund des Gesetzentwurfs zum Berlinbeschluß; Gefahr der Existenz von zwei Hauptstädten
MdlAnfr 20, 21 — Drs 12/6584 — Dr. Christoph Schnittler F.D.P.
SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 17642* B Anlage 6
Verhinderung von Gewalttaten gegen wehrlose Behinderte
MdlAnfr 22, 23 — Drs 12/6584 — Claus Jäger CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 17643' B Anlage 7
Auswirkungen des Spar-, Konsolidierungs-
und Wachstumsprogramms auf die Beihilfeberechtigung studierender Beamtensöhne
MdlAnfr 24 — Drs 12/6584 —
Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU
SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 17643* D Anlage 8
Erfolge mit dem Einsatz elektronischer Abhörmittel beim Kampf gegen das organisierte Verbrechen in Italien
MdlAnfr 31 — Drs 12/6584 — Georg Gallus F.D.P.
SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 17644* A Anlage 9
Nutzung von Objekten der Stasi durch Bundes- oder Landesbehörden
MdlAnfr 32, 33 — Drs 12/6584 —
Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 17644* B
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1994 17629
204. Sitzung
Bonn, den 19. Januar 1994
Beginn: 13.00 Uhr
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Barbe, Angelika SPD 19.1.94
Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 19.1.94
Peter Harry
Dr. Däubler-Gmelin, SPD 19.1.94
Hertha
Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 19.1.94
Eimer (Fürth), Norbert F.D.P. 19.1.94
Feilcke, Jochen CDU/CSU 19.1.94
Dr. Gautier, Fritz SPD 19.1.94
Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 19.1.94
Dr. Glotz, Peter SPD 19.1.94
Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 19.1.94 * *
Grünbeck, Josef F.D.P. 19.1.94
Heyenn, Günther SPD 19.1.94
Ibrügger, Lothar SPD 19.1.94 * *
Kiechle, Ignaz CDU/CSU 19.1.94
Lörcher, Christa SPD 19.1.94
Marten, Günter CDU/CSU 19.1.94
Dr. Matterne, Dietmar SPD 19.1.94
Mehl, Ulrike SPD 19.1.94
Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 19.1.94
Mischnick, Wolfgang F.D.P. 19.1.94
Müller (Pleisweiler), SPD 19.1.94
Albrecht
Müller (Zittau), Christian SPD 19.1.94
Neumann (Bramsche), SPD 19.1.94
Volker
Neumann (Gotha), SPD 19.1.94
Gerhard
Opel, Manfred SPD 19.1.94
Pofalla, Ronald CDU/CSU 19.1.94
Poß, Joachim SPD 19.1.94
Reddemann, Gerhard CDU/CSU 19.1.94 *
Reuter, Bernd SPD 19.1.94
Ringkamp, Werner CDU/CSU 19.1.94
Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 19.1.94
Ingrid
Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 19.1.94
Schuster, Hans F.D.P. 19.1.94
Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 19.1.94
Christian
Seesing, Heinrich CDU/CSU 19.1.94
Dr. Sperling, Dietrich SPD 19.1.94
Dr. von Teichman, F.D.P. 19.1.94
Cornelia
Wetzel, Kersten CDU/CSU 19.1.94
Wiechatzek, Gabriele CDU/CSU 19.1.94
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Wieczorek (Auerbach), CDU/CSU 19.1.94
Bertram
Wolfgramm (Göttingen), F.D.P. 19.1.94
Torsten
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Peter Repnik auf die Frage des Abgeordneten Dr. Klaus Kübler (SPD) (Drucksache 12/6584 Frage 3):
Welche Formen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit und der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildungshilfe bestanden 1993 mit der Republik Zaire, und beabsichtigt die Bundesregierung, die entwicklungspolitische Zusammenarbeit und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildungshilfe mit der Republik Zaire zukünftig fortzuführen?
Die Bundesregierung hat im Januar 1992 ihre Entwicklungszusammenarbeit mit Zaire, bis auf Maßnahmen, die im Bereich der humanitären Hilfe angesiedelt sind, suspendiert. Zaire wurden im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit seit 1990 keine neuen Mittel zugesagt.
Nach der wiederholt von Bundestag und Bundesregierung vertretenen Linie, bei der Suspendierung der EZ die doppelte Bestrafung der Bevölkerung zu vermeiden, hat das BMZ im Oktober 1992 entschieden, vier TZ-Vorhaben erneut mit Teamleitern zu besetzen. Es handelt sich hierbei um solche Vorhaben, die einen unmittelbar humanitären Charakter aufweisen („Blutbank Kinshasa"), die in der Durchführung eng mit zairischen NRO's und Selbsthilfegruppen zusammenarbeiten und zur Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse beitragen („Ländliche Entwicklung Kabaré", „Förderung von Kleinbauern in der Nordost-Region") und die dem Umweltschutz dienen („Integrierter Naturschutz Ost-Zaire").
Die Finanzierung dieser Vorhaben erfolgt aus Restmitteln. Nach wie vor ist eine Einigung der politischen Lage im Hinblick auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung nicht in Sicht - diese innenpolitische Pattsituation gibt wenig Anlaß zu der Hoffnung, daß die für die Wiederaufnahme der entwicklungspolitischen Beziehungen erforderlichen politischen und ökonomischen Reformen in unmittelbarer Zukunft eingeleitet werden können.
Die militärische Ausbildungshilfe ist seit November 1991 eingestellt worden. Zwei laufende Projekte aus diesem Bereich werden aus sachlichen Gründen fortgeführt. Es handelt sich um zwei Offiziere, die seit dem 3. Januar 1989 an den Universitäten der Bundes-
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wehr studieren (Maschinenbau/Hamburg und Bauingenieur/München), nachdem sie vorher zu Offizieren der Pioniertruppe ausgebildet wurden. Die Förderung läuft voraussichtlich am 20. Dezember 1996 aus. An eine Wiederaufnahme der militärischen Ausbildungshilfe für Zaire ist bis auf weiteres nicht gedacht und bedürfte bei erneuter Prüfung einer positiven Bewertung des AA und einer Entscheidung des BMVg.
Anlage 3
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 12/6584 Fragen 7 und 8):
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse und Zahlen darüber vor, wie hoch die Krankheits-Durchschnittsquoten im Vergleich von Teilzeitbeschäftigten zu Vollzeitbeschäftigten — ggf. in den einzelnen Beschäftigungszweigen — sind?
Kann die Bundesregierung Zahlen über Unterschiede hierzu zwischen den einzelnen Bundesländern nennen?
Zu Frage 7:
Die Statistik der Krankenkassen läßt eine Unterscheidung weder nach einzelnen Beschäftigungsverhältnissen noch nach Beschäftigungszweigen zu, da beides für die Krankenkassen keine leistungsrelevanten Kriterien sind. Der Krankenstand wird nur für bestimmte Versichertengruppen (z. B. Pflichtmitglieder ohne Rentner, Studenten, Jugendliche und Behinderte, Vorruhestandsgeldempfänger) erfaßt. Er wird von jeder einzelnen Krankenkasse gemeldet.
Zum Krankenstand in einzelnen Beschäftigungszweigen können Angaben von den Betriebskrankenkassen gemacht werden, die sich auf die Branchenzugehörigkeit des Mutterbetriebes beziehen. Aber auch hier wird nicht erfaßt, ob der arbeitsunfähig kranke Mitarbeiter in der Verwaltung, in der Produktion oder im Vertrieb beschäftigt ist, welche Funktion er innehat und ob es sich um einen Teil- oder Vollzeitbeschäftigten handelt.
Zu Frage 8:
Durch die Meldung der Krankenstandsdaten für jede einzelne Krankenkasse ist für die landesunmittelbaren Krankenkassen eine Zuordnung nach Bundesländern möglich. Ich stelle Ihnen die letztverfügbaren Jahresdurchschnittswerte aus dem Bundesarbeitsblatt (Heft 10 aus 1993, Tabelle 305) zur Verfügung.
Anlage 4
Antwort
des Staatssekretärs Clemens Stroetmann auf die Fragen der Abgeordneten Ulrike Mehl (SPD) (Drucksache 12/6584 Fragen 10 und 11):
Hat die Bundesregierung die Absicht, das Naturschutzprojekt noch in diesem Jahr in das Gewässerrandstreifenprogramm aufzunehmen, und wenn ja, ab wann?
Warum hat die Bundesregierung eine Prüfung dieses Projektes beim Bundesamt für Naturschutz beantragt, und welche Gründe können dazu führen, daß das Kossautal nicht in das Programm aufgenommen wird?
Zu Frage 10:
Die Bundesregierung beabsichtigt, das Projekt „Kossau" baldmöglichst, d. h. nach Abschluß der noch erforderlichen Prüfungen in die Förderung gemäß den Richtlinien für Naturschutzgroßprojekte aufzunehmen.
Zu Frage 11:
Das Bundesamt für Naturschutz ist für die Betreuung von Naturschutzgroßprojekten zuständig und deshalb mit der Prüfung aller einschlägigen Unterlagen beauftragt. Falls die in den o. g. Förderrichtlinien genannten Zuwendungsvoraussetzungen nicht gegeben sind, kann dies dazu führen, daß das Projekt „Kossau" nicht in das Programm aufgenommen wird. Es spricht nach dem gegenwärtigen Prüfungsstand aber nichts gegen eine Aufnahme des Projektes Kossautal in das Förderprogramm.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Christoph Schnittler (F.D.P.) (Drucksache 12/6584 Fragen 20 und 21):
Wie groß wäre die Zahl der Bundesministerien, die in Bonn verbleiben, der in Bonn zu schaffenden Dienststellen derjenigen Bundesministerien, die nach Berlin umziehen, der in Bonn ohnehin verbleibenden übrigen Bundeseinrichtungen und der zusätzlich nach Bonn zu verlagernden Bundeseinrichtungen aufgrund des Gesetzentwurfes des Bundesministeriums des Innern vom 29. November 1993 zur Umsetzung des Berlin-Beschlusses?
Wie will die Bundesregierung der Gefahr begegnen, daß es in Zukunft auf Grund dieses Gesetzentwurfes und insbesondere der Festlegung eines besonderen Status von Bonn als „Bundesstadt" und der Doppelpräsenz der Bundesministerien in Berlin und Bonn realiter zwei Hauptstädte in Deutschland geben wird, mit allen daraus erwachsenden nachteiligen Konsequenzen für die zukünftige deutsche Politik und mit einem zeitlich unbegrenzten Anstieg der Verwaltungskosten?
Zu Frage 20:
Das von Ihnen angesprochene Berlin-Bonn-Gesetz soll als interfraktioneller Antrag aus der Mitte des Deutschen Bundestages eingebracht werden.
Nach der Gesamtkonzeption der Bundesregierung zur Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 zur Vollendung der Einheit Deutschlands vom 29. Mai 1992, die am 26. Juni 1992 vom Deutschen Bundestag zusammen mit dem zweiten Zwischenbericht der Konzeptkommission des Ältestenrates des Deutschen Bundestages zustimmend zur Kenntnis genommen worden ist (Bundestags-Drucksache 12/2850), verbleiben acht Bun-
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desministerien in Bonn. Die neben dem Chef des Bundeskanzleramtes und dem Presse- und Informationsamt nach Berlin zu verlagernden Bundesministerien werden geschlossene Aufgabenbereiche in unterschiedlicher Größenordnung in Bonn belassen.
Zum Ausgleich der durch den Verlust des Parlamentssitzes und von Regierungsfunktionen wegfallenden Arbeitsplätze in den Ministerien, dem Bundespräsidialamt und der Verwaltung des Deutschen Bundestages sowie zur Schaffung von Politikbereichen in Bonn werden 22 Bundeseinrichtungen oder Teile davon nach Bonn verlagert. Mit diesen Behördenverlagerungen wird die Bundesregierung sicherstellen, daß von den ca. 12 000 Arbeitsplatzverlusten in ihrem unmittelbaren Verantwortungsbereich (ca. 7 200 der Bundesregierung, 2 400 der Verwaltung des Deutschen Bundestages und ca. 2 500 bei Fraktionen und Abgeordneten) etwa 7 300 Arbeitsplätze ausgeglichen werden.
Mit der schwerpunktmäßigen Verlagerung von Bundeseinrichtungen aus Berlin verbindet dabei die Bundesregierung die Absicht, entstehende soziale Problemlagen durch personalwirtschaftliche Maßnahmen abzufedern. So können in nicht unerheblichem Umfang Berliner Beschäftigte bei den verlagerten obersten Bundesbehörden, Bonner Beschäftigte in den nach Bonn verlagerten Einrichtungen eine weitere Verwendung finden.
Zu Frage 21:
Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin. Berlin wird Sitz des Deutschen Bundestages und des Verfassungsorgans Bundesregierung.
Mit der Aufteilung der Bundesministerien auf Berlin und Bonn entspricht die Bundesregierung den Forderungen des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991, wonach der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesmnisterien in Bonn erhalten bleiben soll. Die Bundesregierung vermag nicht zu erkennen, daß sich hieraus zwei Hauptstädte in Deutschland ergeben, wohl aber, daß in Bonn weiterhin politische Funktionen wahrgenommen werden.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Claus Jäger (CDU/CSU) (Drucksache 12/6584 Fragen 22 und 23):
Wie viele strafbare Gewalttaten gegen wehrlose Behinderte sind im Jahr 1993 bekanntgeworden, und trifft es zu, daß solche Straftaten in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben?
Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung gegen zunehmende Gewalttaten gegen wehrlose Behinderte zu ergreifen, und gehört dazu auch eine Verschärfung des Strafrechts?
Zu Frage 22:
Dem Bundeskriminalamt wurden für das Jahr 1993 7 Übergriffe/Straftaten gegen Behinderte gemeldet, die vermutlich rechtsextremistisch motiviert waren. Weitere Übergriffe/Straftaten richteten sich:
4 gegen Behinderteneinrichtungen
1 gegen eine Person, die Behinderte betreut.
Polizeiliche Vergleichszahlen aus den Vorjahren liegen nicht vor, da eine Erfassung nach spezifischen Opfermerkmalen wie z. B. körperlicher und/oder geistiger Behinderung in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht erfolgt.
Zu Frage 23:
Konkrete Maßnahmen obliegen in erster Linie den für die Verfolgung derartiger Straftaten zuständigen Länderstellen (Polizei und Justiz).
Die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen bereiten derzeit einen Gesetzentwurf vor, der Maßnahmen vorsieht, um den strafrechtlichen Schutz vor tätlichen Angriffen zu verstärken und die Strafverfolgung bei Gewalttaten zu verbessern. Zu diesem Zweck sollen die Strafdrohungen bei Körperverletzungsdelikten verschärft werden; im Bereich des Strafverfahrensrechts sollen die Verhängung von Untersuchungshaft bei Wiederholungsgefahr erleichtert, die Möglichkeiten zur Aburteilung im beschleunigten Verfahren ausgebaut und ein zentrales staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister eingerichtet werden. Weitere Maßnahmen gegen Gewalt — insbesondere im Bereich der Aufklärung, der Jugendarbeit und im Bildungswesen — sind Gegenstand des Zwischenberichts „Offensive gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit — Stand: Januar 1994", den das Bundeskabinett am 13. Januar 1994 beschlossen hat. Es handelt sich um Maßnahmen, die geeignet sind, auch speziellen Gewaltphänomenen wie der Gewalt gegen Behinderte entgegenzuwirken.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage des Abgeordneten Simon Wittmann (Tännesberg) (CDU/CSU) (Drucksache 12/6584 Frage 24):
Welche Auswirkungen hat das „Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms" auf die Beihilfeberechtigung von studierenden Beamtensöhnen, und in welcher Weise will die Bundesregierung die Beihilfevorschriften ändern, um diese Auswirkungen abzuschwächen?
Die Berücksichtigungsfähigkeit von Kindern in der beamtenrechtlichen Beihilfe stellt auf den Ortszuschlag nach dem Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) ab, dessen Zahlung wiederum vom Kindergeldbezug nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) abhängt. Damit kann bei Wegfall des Kindergelds aufgrund des
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Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms die Berücksichtigungsfähigkeit von Kindern in der Beihilfe entfallen.
Um die Auswirkungen bezüglich der Beihilfe und der Anpassung des Versicherungsschutzes praktikabel zu gestalten, ist durch Änderung der Hinweise zu dem maßgeblichen § 3 der Beihilfevorschriften des Bundes sichergestellt worden, daß bei zeitlich begrenzten Beschäftigungen der Kinder bis zu einer zusammenhängenden Erwerbstätigkeit von vier Monaten die Kinder weiterhin in der Beihilfe berücksichtigt werden.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage des Abgeordneten Georg Gallus (F.D.P.) (Drucksache 12/6584 Frage 31):
Kann die Bundesregierung Auskunft darüber erteilen, inwieweit durch den Einsatz elektronischer Abhörmittel beim Kampf gegen das organisierte Verbrechen in Italien Erfolge erzielt worden sind?
Akustische Überwachungsmaßnahmen werden von den italienischen Behörden als äußerst wichtiges Instrument angesehen und verstärkt in Kombination mit Telefonüberwachungsmaßnahmen durchgeführt. Einige spektakuläre Fahndungserfolge im Kampf gegen die Mafia sind nach Angaben der italienischen Behörden auf den Einsatz dieses Instrumentariums zurückzuführen. Weitere Aussagen zum Erfolg italienischer Behörden beim Kampf gegen das organisierte Verbrechen durch Einsatz elektronischer Abhörmittel sind der Bundesregierung nicht möglich, da statistische Aufzeichnungen dazu in Italien nicht geführt werden. Ebenso werden konkrete Fallschilderungen vermieden, um dieses erfolgreiche Mittel nicht zu gefährden.
Anlage 9
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen der Abgeordneten Ingrid Köppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 12/6584 Fragen 32 und 33):
Welche Dienststellen des Bundes oder — nach Kenntnis der Bundesregierung — der Länder haben am 3. Oktober 1990 jeweils welche ehemals vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR genutzten Objekte übernommen?
Von wem wurden bzw. werden diese Objekte seither jeweils wie genutzt?
Zu Frage 32:
Nach Artikel 21 und 22 des Einigungsvertrages i. V. mit der 4. Durchführungsverordnung zum Treuhandgesetz stehen das Verwaltungs- sowie das Finanzvermögen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der Treuhandanstalt zu, soweit es am 1. Oktober 1989 von der Stasi genutzt und nicht bis 3. Oktober 1990 von den verantwortlichen Stellen der früheren DDR neuen sozialen oder öffentlichen Zwecken zugeführt worden ist. Demzufolge sind alle unter diese Kriterien des Einigungsvertrages fallenden Objekte am 3. Oktober 1990 in das Treuhandvermögen übergegangen. Aufgaben der Treuhandanstalt — bzw. seit Beginn des 2. Halbjahres 1991 der Liegenschaftsgesellschaft der Treuhandanstalt — ist es, diese Objekte zu verwerten.
Die ehemals vom MfS genutzten Objekte, die mit Beginn der Auflösung der Stasi im November 1989 bis zum 3. Oktober 1990 neuen sozialen oder öffentlichen Zwecken zugeführt worden waren, sind am 3. Oktober 1990 z. T. auch von Dienststellen des Bundes, der Länder und der Kommunen übernommen worden. Eine zentrale, listenmäßige Erfassung derartiger Übernahmen, aus der sich ergibt, welche Liegenschaft an welche Stellen gegangen ist und in welcher Weise sie genutzt wird, besteht nicht.
Zu Frage 33:
Bei der Beantwortung dieser Frage bitte ich zu berücksichtigen, daß die Stasi nach den bisherigen Feststellungen über rund 10 000 Objekte, und zwar von
— unbebauten Grundstücken über
— Ferienheime
— Gästehäuser
— konspirative Objekte und konspirative Wohnungen
— Wohnhäuser bis hin zu
— den großen Dienstobjekten in der Zentrale in Berlin, den Bezirken und Kreisdienststellen
verfügt hat.
Eine Aufstellung, welche Stellen oder Personen diese Objekte bei der Vermögensabwicklung übernommen haben und auf welche Weise das jeweilige Objekt am 3. Oktober 1990 bzw. jetzt genutzt wird, existiert — wie gesagt — nicht. Eine derartige umfassende Feststellung würde einen immensen Verwaltungsaufwand erfordern. Anhand der einzelnen Objektarten müßte für jedes der Objekte eine Anfrage bei den übernehmenden Behörden, sozialen Einrichtungen bzw. Käufern über die Nutzung am 3. Oktober sowie die jetzige Verwendung durchgeführt werden.
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 204. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1994 17645*
Für den Bereich des Bundes kann ich jedoch zusammenfassend folgende Institutionen beispielhaft nennen, die MfS-Objekte übernommen haben und für die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nutzen:
— Deutsche Bundespost — Telekom
— Bundeswehr
— Bundesgrenzschutz
— Zollverwaltung
— Bundesanstalt für Arbeit
— Bundesfinanzverwaltung
— Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.