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    Plenarprotokoll 12/194 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 194. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. November 1993 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 12/6007, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache 12/6019) Dr. Hans de With SPD 16825 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16826C Michael von Schmude CDU/CSU . . . . 16829 A Dr. Hans de With SPD 16830 D Jörg van Essen F.D.P. 16831D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS/Linke Liste . 16833D, 16839D Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16835 C Michael von Schmude CDU/CSU . . 16835D Norbert Geis CDU/CSU 16837 A Hans-Joachim Hacker SPD 16840 C Norbert Geis CDU/CSU 16841D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 16842 B Haushaltsgesetz 1994 (Drucksachen 12/6031, 12/6032) 16844 C Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1993 bis 1997 (Drucksachen 12/5501, 12/5870, 12/6190) 16844 D Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Häftlingshilfegesetzes und anderer Gesetze (Drucksache 12/5834) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 16. Dezember 1992 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation über Kriegsgräberfürsorge (Drucksache 12/5837) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Handels- und Lohnstatistikgesetzes (Statistikänderungsgesetz) (Drucksache 12/5886) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Rechtsakt vom 25. März 1993 zur Änderung des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank (Drucksache 12/5941) II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 194. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. November 1993 e) Erste Beratung des von der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Drucksache 12/6049) f) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Fritz Schumann (Kroppenstedt), Dr. Ilja Seifert, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur teilweisen Erstattung des bei der Währungsumstellung 1990 zwei zu eins reduzierten Betrages für ältere Bürgerinnen und Bürger sowie Alleinerziehende (Drucksache 12/6050) g) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Weinrechts (Drucksache 12/6060) h) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Werner Schulz (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre (Drucksache 12/6103) i) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Renate Blank, Dr. Dionys Jobst, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Ekkehard Gries, Horst Friedrich, Roland Kohn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Binnenschiffahrtsgesetzes (Drucksache 12/6147) j) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Fleischhygienegesetzes und des Geflügelfleischhygienegesetzes (Drucksache 12/6205) k) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 2. Oktober 1992 über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen (Drucksache 12/5836) l) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über den Transport von Gas durch eine Rohrleitung vom norwegischen Festlandsockel und anderen Gebieten in die Bundesrepublik Deutschland (Europipe-Abkommen) (Drucksache 12/5840) m) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Bekämpfung des Analphabetismus in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 12/5821) 16844 D Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohngeldsondergesetzes und des Wohngeldgesetzes (Drucksache 12/6218) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Achim Großmann, Siegfried Scheffler, Angelika Barbe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Novellierung des Wohngeldsondergesetzes und des Wohngeldgesetzes (Drucksache 12/5797) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Dr. Barbara Höll und der Gruppe der PDS/Linke Liste: Verbesserung der Sicherheit von Tankschiffen zum Schutz von Menschen und der Umwelt (Drucksache 12/5265) . . 16846A Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 5. Mai 1989 über das grenzüberschreitende Fernsehen (Drucksachen 12/3375, 12/6172) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Neuordnung der Rundfunkanstalten des Bundesrechts und des RIAS Berlin — Rundfunkneuordnungsgesetz — (Drucksachen 12/5825, 12/6201, 12/6202) c) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und der Spielverordnung (Drucksachen 12/4488, 12/6129) d) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Erwin Marschewski, Wolfgang Zeitlmann, Hartmut Büttner (Schönebeck) und der Fraktion der CDU/CSU, des Abgeordneten Gerd Wartenberg (Berlin) und der Fraktion der SPD sowie des Abgeordneten Dr. Burkhard Hirsch und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des StasiUnterlagen-Gesetzes (Drucksachen 12/5775, 12/6100) Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 194. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. November 1993 III e) — Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren (Drucksache 12/5985) — Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Eckhart Pick, Dr. Hans de With, Gerd Andres, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Konkursordnung (Drucksachen 12/5995, 12/6192) f) Beratung und Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Erhaltung des architektonischen Erbes und zum Schutz der Kulturgüter (Drucksachen 12/4506, 12/5944) g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Mehrwertsteuerregelung für die Personenbeförderung (Drucksachen 12/4131 Nr. 3.4, 12/6039) h) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG — Sonderregelung für Gold — (Drucksachen 12/4131 Nr. 3.6, 12/6059) i) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung der Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Sportboote (Drucksachen 12/2774 Nr. 2.33, 12/6061) j) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 127 zu Petitionen (Drucksache 12/6117) k) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 128 zu Petitionen (Drucksache 12/6118) l) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 129 zu Petitionen (Drucksache 12/6119) 16846 B Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (Drucksachen 12/6099, 12/6227) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung registerrechtlicher und anderer Verfahren (Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz) (Drucksachen 12/5553, 12/6228) 16846A Tagesordnungspunkt II: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870, 12/6001 bis 12/6032, 12/6240) Dr. Klaus Rose CDU/CSU 16849 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16852 B Rudi Walther (Zierenberg) SPD 16855 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 16861 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16861 B Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 16865 C Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16867 C Namentliche Abstimmung 16868 C Ergebnis 16869 B Nächste Sitzung 16871 Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16873* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Claus Jäger zur Abstimmung über den Einzelplan 07 — Geschäftsbereich Bundesministerium der Justiz (Tagesordnungspunkt I 29) 16874* A Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt II (Haushaltsgesetz 1994) Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/ CSU 16874* A Anlage 4 Amtliche Mitteilungen 16876* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 194. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. November 1993 16825 194. Sitzung Bonn, den 26. November 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 26.11.93 Augustin, Anneliese CDU/CSU 26.11.93 Bartsch, Holger SPD 26.11.93 Blunck (Uetersen), SPD 26.11.93 * Lieselott Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 26.11.93 Clemens, Joachim CDU/CSU 26.11.93 Cronenberg (Arnsberg), F.D.P. 26.11.93 Dieter-Julius Dr. Däubler-Gmelin, SPD 26.11.93 Herta Duve, Freimut SPD 26.11.93 Ehrbar, Udo CDU/CSU 26.11.93 Erler, Gernot SPD 26.11.93 Eylmann, Horst CDU/CSU 26.11.93 Dr. Fuchs, Ruth PDS/LL 26.11.93 Ganschow, Jörg F.D.P. 26.11.93 Gattermann, Hans H. F.D.P. 26.11.93 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 26.11.93 Gerster (Mainz), CDU/CSU 26.11.93 Johannes Gilges, Konrad SPD 26.11.93 Gleicke, Iris SPD 26.11.93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 26.11.93 Grotz, Claus-Peter CDU/CSU 26.11.93 Großmann, Achim SPD 26.11.93 Grünbeck, Josef F.D.P. 26.11.93 Hackel, Heinz-Dieter F.D.P. 26.11.93 Hämmerle, Gerlinde SPD 26.11.93 Frhr. von Hammerstein, CDU/CSU 26.11.93 Carl-Detlev Hasenfratz, Klaus SPD 26.11.93 Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 26.11.93 Heyenn, Günther SPD 26.11.93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 26.11.93 Hilsberg, Stephan SPD 26.11.93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 26.11.93 Ibrügger, Lothar SPD 26.11.93 Iwersen, Gabriele SPD 26.11.93 Janz, Ilse SPD 26.11.93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 26.11.93 Kleinert (Hannover), F.D.P. 26.11.93 Detlef Klose, Hans-Ulrich SPD 26.11.93 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 26.11.93 Koppelin, Jürgen F.D.P. 26.11.93 Kretkowski, Volkmar SPD 26.11.93 Kronenberg, CDU/CSU 26.11.93 Heinz-Jürgen Kuessner, Hinrich SPD 26.11.93 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 26.11.93 Lintner, Eduard CDU/CSU 26.11.93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 26.11.93 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Meißner, Herbert SPD 26.11.93 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 26.11.93 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 26.11.93 Molnar, Thomas CDU/CSU 26.11.93 Mosdorf, Siegmar SPD 26.11.93 Müller (Pleisweiler), SPD 26.11.93 Albrecht Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 26.11.93 Neumann (Gotha), SPD 26.11.93 Gerhard Oesinghaus, Günter SPD 26.11.93 Opel, Manfred SPD 26.11.93 Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 26.11.93 Otto (Frankfurt), F.D.P. 26.11.93 Hans-Joachim Palis, Kurt SPD 26.11.93 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 26.11.93 Dr. Pick, Eckhart SPD 26.11.93 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 26.11.93 * Reuschenbach, Peter W. SPD 26.11.93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 26.11.93 Ingrid Dr. Scheer, Hermann SPD 26.11.93* Schmidt (Aachen), Ursula SPD 26.11.93 Schmidt (Salzgitter), SPD 26.11.93 Wilhelm Dr. Schmude, Jürgen SPD 26.11.93 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 26.11.93 Schwanhold, Ernst SPD 26.11.93 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 26.11.93 Christian Seehofer, Horst CDU/CSU 26.11.93 Seibel, Wilfried CDU/CSU 26.11.93 Dr. Sonntag-Wolgast, SPD 26.11.93 Cornelie Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 26.11.93 Stachowa, Angela PDS/LL 26.11.93 Stockhausen, Karl CDU/CSU 26.11.93 Dr. Stoltenberg, Gerhard CDU/CSU 26.11.93 Dr. von Teichman, F.D.P. 26.11.93 Cornelia Terborg, Margitta SPD 26.11.93 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 26.11.93 Türk, Jürgen F.D.P. 26.11.93 Vosen, Josef SPD 26.11.93 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 26.11.93 Wartenberg (Berlin), SPD 26.11.93 Gerd Welt, Jochen SPD 26.11.93 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 26.11.93 Wetzel, Kersten CDU/CSU 26.11.93 Wohlleben, Verena SPD 26.11.93 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 26.11.93 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 26.11.93 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 16874* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 194. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. November 1993 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Claus Jäger zur Abstimmung über den Einzelplan 07 — Geschäftsbereich Bundesministerium der Justiz (Tagesordnungspunkt I 29) Dem Einzelplan 07 kann ich meine Zustimmung nicht geben. Die Zustimmung zu einem Einzelplan wird traditionell auch als Zustimmung zur Politik des betreffenden Ministers gewertet. Der Politik der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger kann ich meine Zustimmung nicht geben. Ihre Politik der Verhinderung wirksamer Maßnahmen zur Gewährleistung der inneren Sicherheit und zur Verhinderung wirksamer gesetzgeberischer Maßnahmen zum Schutz des Lebensrechts ungeborener Kinder lehne ich ab. Deshalb enthalte ich mich bei dieser Abstimmung der Stimme. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordungspunkt II (Haushaltsgesetz 1994) Hans Peter Schmitz (Baesweiler) (CDU/CSU): Die Debatte der letzten Tage über den heute zu verabschiedenden Bundeshaushalt 1994 hat vor allem im Zeichen der nach wie vor schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation gestanden. Auch die meisten Kolleginnen und Kollegen der Opposition scheinen — jedenfalls in der Theorie — nicht zu verkenen, daß die noch nicht überwundene weltweite Konjunkturkrise, den finanzpolitischen Handlungsspielraum einschränkt. Leider hat der Verlauf dieser Haushaltsdebatte Konzeptionslosigkeit der SPD in der Haushalts- und Finanzpolitik einmal mehr dokumentiert, weil Sie zwar alles kritisieren, aber keine eigenen ernstzunehmenden Alternativen vorlegen. Kurz gesagt: im wesentlichen haben Sie sich darauf beschränkt, die Spar- und Konsolidierungspolitik der Bundesregierung zu verurteilen, zusätzliche ausgabenwirksame Forderungen zu stellen und zu guter Letzt die Höhe der Staatsverschuldung zu beklagen. Wenn man sich die Mühe macht, die Beschlußübersicht Nr. 1 des Wiesbadener SPD-Parteitags der vergangenen Woche einmal genau zu studieren, dann kommt man an der Feststellung nicht vorbei, daß Ihre dortigen Ergebnisse auch nicht brauchbarer sind, als das, was Sie hier vorgetragen haben. Die Lektüre der 23 eng bedruckten Seiten ist mühsam, bisweilen gar quälend, denn dieses Papier ist von Widersprüchen, im günstigsten Fall aber von Unverbindlichkeiten gekennzeichnet. Später mehr dazu. Der heute zu verabschiedende Haushalt 1994 ist von den besonderen gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen und dem politischen Willen der Koalition gekennzeichnet, die in dieser Situation besonders deutlich zu Tage getretenen strukturellen Defizite abzubauen. Er ist, insbesondere im Zusammenhang mit den Beschlüssen zum Spar- und Wachstumsprogramm, richtungsweisend für die Zukunft. Mit diesem Spar- und Wachstumspaket wird allein der Bundeshaushalt 1994 um gut 21 Milliarden DM entlastet, bis 1996 sogar um rund 29 Milliarden DM. Zusammen mit den im Frühjahr beschlossenen Einsparungen von rund 10 Milliarden DM im Rahmen des Föderalen Konsolidierungsprogramms und den 40 Milliarden DM an Haushaltsentlastungen aus den Vorjahren haben wir alles unternommen, um die öffentlichen Defizite mittelfristig wieder zurückzuführen und das Vertrauen in die Stabilität der D-Mark weiter zu stärken. Auch der auf Bestreben der Koalitionsgruppen zustandegekommene Beschluß des Haushaltsausschusses, auf Grund konjunkturell bedingter Zusatzbelastungen Sachausgaben sowie Zuwendungen in Höhe von 10 % zu sperren, um daraus eine globale Minderausgabe in Höhe von 5 Milliarden DM zu erwirtschaften, ist ein mutiger und notwendiger Schritt der Haushaltskonsolidierung. Nur so kann die immer noch außerordentlich hohe Nettokreditaufnahme unter 70 Milliarden DM gehalten werden. Deshalb ist das durch die Beschlüsse zum Spar- und Wachstumsprogramm und die während der Haushaltsberatungen erzielten Umschichtungen und Einsparungen zusammengekommene Einsparpotential ein ganz wichtiges Signal für die nationalen und internationalen Kapitalmärkte. Auch die Bundesbank hat durch nicht weniger als bisher sieben Leitzinssenkungen innerhalb der letzten zwölf Monate die auf Konsolidierung ausgerichtete Politik der Koalition entsprechend positiv begleitet. Die Tatsache, daß die Inflationsrate jetzt erstmals wieder unter vier Prozent gesunken ist, bestätigt unseren eingeschlagenen Weg ebenfalls. Nur durch eine konsequente Fortsetzung dieser Politik der strikten Haushaltsdisziplin auch in den nächsten Jahren können die derzeit zu hohe Steuer- und Abgabenlast mittelfristig wieder gesenkt und neue Wachstumskräfte freigesetzt werden. Sowohl in den vor wenigen Wochen veröffentlichten Herbstgutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute als auch in dem in der letzten Woche vorgestellten Jahresgutachten des Sachverständigenrats wird ausdrücklich unterstrichen, daß eine Konsolidierung vor allem durch die Begrenzung des Ausgabenanstiegs und keinesfalls durch eine weitere Erhöhung der Steuer- und Abgabenbelastung erfolgen muß. Der Vorwurf der Opposition, bei den notwendigen Sparmaßnahmen, die im Rahmen des Spar- und Wachstumsprogramms beschlossen worden sind, handele sich es um sozialen Kahlschlag, geht fehl. Es ist doch völlig unstreitig, daß, will man erfolgreich konsolidieren, Einsparungen vor allem auch dort realisiert werden müssen, wo die Ausgabendynamik am größten ist. Zudem sind im Jahr 1992 mehr als Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 194. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Noveniber 1993 16875* 1 Billion DM, das sind über 1 000 Milliarden DM, für den gesamten Sozialbereich ausgegeben worden. Dies entspricht einenm guten Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Die Einsparungen im Sozialberich durch die Beschlüsse zum Spar- und Wachstumsprogramm machen damit gerade einmal 1,5 % des Sozialbudgets aus. Die Gesamtausgeben für soziale Sicherung erreichen mit rund 177 Milliarden DM absolutes Rekordniveau. Sie machen etwa 37 % des Gesamthaushaltes aus! Ihr Gerede von sozialen Kahlschlag und der Gefährdung des sozialen Friedens ist deshalb absurd. Sie sollten stattdessen zur Kenntnis nehmen, daß wir in Deutschland — auch nach den notwendigen Sparbeschlüssen — über ein in der Welt nahezu einzigartiges Sozialsystem verfügen. Und wenn Sie sich vor Augen führen, welche — zum Teil dramatischen — Sparmaßnahmen in unseren europäischen Nachbarländern, die keine sozialistische Erblast zu tragen haben, zur Zeit realisiert werden, dann sollten sie Ihre Wortwahl in diesem Zusammenhang einer kritischen Prüfung unterziehen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, welchen politischen Rattenfängern Sie mit solch einem unangemessenen Gerede dienen. Die Fakten beweisen zudem das Gegenteil. Die Sozialhilfe-Regelsätze sind doch von 1982-1992 mit einem nominalen Zuwachs von 60 % in weitaus größerem Umfang angestiegen als die Nettolöhne und Gehälter, die in diesem Zeitraum nominal um nur 37 % gestiegen sind. Ich will den Vorwurf des sozialen Kahlschlags deshalb zu Ihren Gunsten nicht allzu ernst nehmen. Denn ansonsten wäre Deutschland, wie die Zahlen eben verdeutlicht haben, zum Ende der Regierung Schmidt ein ziemlich unsozialer Staat gewesen. Wenn Sie dies wiederum mit Empörung abstreiten, was ich doch hoffe, verbietet sich jede weitere Kritik an unseren Sparbeschlüssen. Im Vorfeld Ihres Wiesbadener Parteitags hat ja der eine oder andere aus Ihren Reihen zumindest den Versuch gemacht, sich wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen etwas ernsthafter zu widmen. Dies hat Ihnen auch die eine oder andere positive Schlagzeile eingebracht. So hat das Handelsblatt am 18. November seinem Bericht über Ihren Parteitag die Schlagzeile „Staatsetat soll langsamer wachsen als die Wirtschaft" vorangestellt. Leider haben Sie weder auf Ihrem Parteitag noch hier in der Haushaltsdebatte erkennen lassen, wie Sie sich dies konkret vorstellen. Statt dessen fordern Sie in Ihren Wiesbadener Beschlüssen unter anderem einen nationalen Beschäftigungspakt mit staatlichen Arbeitsbeschaffungsprogrammen, die schon unter Helmut Schmidt als kostspielige Strohfeuer gescheitert sind, mehr Geld für Forschung, Bildung und Wissenschaft, mehr Geld für den Wohungsbau, höhere öffentliche Investitionen z. B. für Energieeinsparung, Verkehr etc., eine Absatzförderung von Waren aus den östlichen Bundesländern, eine umfangreichere Sanierungsarbeit der Treuhandanstalt, eine gezielte steuerliche Förderung von Zukunftsinvestitonen durch Abschreibungen und Investitionszulagen, die steuerliche Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen, ohne zu sagen, was aus Ihrer Sicht z. B. ein mittleres Einkommen ist, eine Erhöhung des Kindergeldes auf 250 DM für jedes Kind und auf 350 DM ab dem vierten Kind! Dies wollen Sie zwar, wie es so schön heißt, aufkommensneutral finanzieren, aber selbst bei Wegfall des Kinderfreibetrags und des Kindergeldzuschlags würde dies beim Bund eine Deckungslücke von 23,4 Milliarden DM ausmachen, während Länder und Gemeinden sogar um 9,4 Milliarden DM entlastet würden! Im nächsten Satz fordern Sie dann, daß der Anstieg der Staatsverschuldung gebremst und die Handlungsfähigkeit des Staates gesichert werden müsse. Nein, die Vielzahl Ihrer kostspieligen Forderungen bei völlig unabgestimmten Finanzierungsvorschlägen dokumentiert, daß die Staats-, Steuer- und Abgabenquote noch weit über den bisherigen Höchststand hinaus ansteigen würden, sollten die Beschlüsse Ihres Parteitags umgesetzt werden. Das hat alles nichts mit solider Politik zu tun. Sie bieten ein bunt gemischtes Sortiment politischer Aussagen an, von denen sich jeder die heraussuchen soll, die ihm am besten zusagt. Nur, stimmig und in sich schlüssig ist das alles nicht. Im Gegenteil: So kann man keine glaubwürdige Politik machen! Soweit zur Theorie. Wie sozialdemokratische Haushaltspoltik — ungeachtet Ihrer Sonntagsreden — in der Praxis aussieht, verrät ein Blick auf die Länderebene. Die Kritik des renommierten Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) am Finanzgebaren der rot-grünen Koalition in Niedersachsen hätte vernichtender kaum ausfallen können. Laut RWI ist dort trotz enorm verbesserter Einnahmen die Verschuldung in die Höhe getrieben und durch drastische Personalaufstockung dauerhaft so gebunden, daß praktisch kein Handlungsspielraum mehr besteht. Im Saarland werden die Haushalte Ihres neuen wirtschafts- und finanzpolitischen Vordenkers schon seit Jahren vom dortigen Rechnungshof als verfassungswidrig bezeichnet. Und, wer mit seinen eigenen Problemen nicht fertig wird, ist ein schlechter Ratgeber für andere! Tatsache ist doch auch, daß der Bund die hochverschuldeten Länder Saarland und Bremen in den kommenden fünf Jahren mit insgesamt 17 Milliarden DM unterstützt. Die wirtschaftliche Entwicklung in den jungen Bundesländern macht — auch nach Einschätzung des Sachverständigenrats — gute Fortschritte. Dies spiegelt sich in den dort deutlich steigenden Steuereinnahmen wider. Und, lassen Sie mich das noch einmal unterstreichen: Auch wenn es dem einen oder anderen nicht schnell genug gehen kann — es ist ja auch beeindruckend, wie es in den letzten Jahren in den jungen Bundesländern durch einen enormen politischen Kraftakt objektiv vorangegangen ist. Ich bin deshalb dem Kollegen Kriedner sehr dankbar, daß er in seiner Rede am Dienstag das Ausmaß der sozialistischen Erblast, die hier zu schultern ist, noch einmal eindrucksvoll dargestellt hat. Die Bewältigung dieser historischen Herausforderung 16876* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 194. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. November 1993 unterscheidet die aktuelle Situation von der Lage der Jahre 1975 und 1981. Einiges deutet darauf hin, daß sich die wirtschaftliche Lage in Westdeutschland stabilisiert. Dies entspricht auch dem jüngsten Konjunkturbericht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Die konjunkturellen Erwartungen für das nächste Jahr sind aber noch nicht so, wie wir uns dies allesamt gewünscht hätten. Wichtig ist aber, daß — auch nach Überzeugung des Sachverständigenrats — in den jetzt zu bewirkenden strukturellen Veränderungen entscheidende Chancen für ein kräftiges Wachstum in den nächsten Jahren liegen. Deshalb gibt es auch zur Spar- und Konsolidierungspolitik der Koalition keine Alternative. Eine noch höhere Beanspruchung des Kapitalmarkts verbietet sich ebenso wie weitere Steuererhöhungen. Nehmen Sie in diesem Zusammenhang doch endlich einmal zur Kenntnis, daß diejenigen, die Sie Besserverdienende nennen, bereits jetzt den mit Abstand größten Anteil am Aufkommen der Lohn- und Einkommensteuer erbringen! Das gleiche gilt auch für den ab 1995 wieder geltenden Solidaritätszuschlag. Nehmen Sie doch auch endlich einmal zur Kenntnis, daß seit 1990 Steuersubventionen in Höhe von 38 Milliarden DM abgebaut worden sind, was zum ganz großen Teil zur Lasten der Bezieher höherer Einkommen gegangen ist! Akzeptieren Sie, daß ein weiteres Drehen an der Steuerschraube in der jetzigen Situation zusätzliches Gift für die konjunkturelle Entwicklung wäre! Wenn wir die Herausforderungen der Zukunft in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir uns auf die veränderten Bedingungen einstellen. Ich nenne den wachsenden internationalen Wettbewerb, den zunehmenden Mangel an Arbeitsplätzen und auch die problematische demographische Entwicklung. Diese Herausforderungen sind aber nicht von der Politik allein zu bewältigen. Vielmehr kommt auch den Tarifparteien dabei entscheidende Mitverantwortung zu. Wenn wir den politischen Willen haben, die angesichts veränderter gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen notwendigen Entscheidungen konsequent umzusetzen und wenn auch die Sozialdemokraten im Bundesrat, dort, wo es auf ihre Zustimmung ankommt, ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung gerecht werden, wenn auch die anderen Gebietskörperschaften mehr als bisher ihre Haushalte konsolidieren, dann werden wir die derzeitigen und zukünftigen Herausforderungen in den Griff bekommen. Der Haushalt 1994, den wir gleich verabschieden werden, wird den schwierigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gerecht und sichert zugleich den notwendigen Handlungsspielraum für die Zukunft. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 10. November 1993 mitgeteilt, daß sie ihren Antrag Forderungen an den Sondergipfel der EG-Staats- und Regierungschefs am 29. Oktober 1993 in Brüssel und an die künftige Europapolitik der Bundesregierung (Drucksache 12/5993) zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/4502 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/5180 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/5358 Nr. 6 Drucksache 12/5749 Nrn. 3.9-3.27 Drucksache 12/5827 Nrn. 2.4-2.10 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/4833 Nr. 2.16 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 12/5749 Nrn. 3.54, 3.55 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/5749 Nr. 3.58
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der dritten Lesung des Bundeshaushalts kommt es nicht oft zu versöhnlichen Tönen. Heute ist das der Fall. In Vertretung unseres Fraktionsvorsitzenden Hans-Ulrich Klose, der wegen eines Trauerfalls nicht hier sein kann, möchte ich mich für die SPD-Fraktion sehr herzlich bei Rudi Walther bedanken.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Rudi Walther hat nach sechs Legislaturperioden entschieden, daß er nicht wieder für den Bundestag kandidiert. Somit war das heute seine letzte große Haushaltsrede, in der er wieder gezeigt hat, daß er sachkundig, engagiert und auch über Parteigrenzen hinweg uns vieles Nachdenkliche und Bedenkenswerte sagen kann.
    Rudi Walther kennt wie keiner in diesem Lande den Bundeshaushalt. Keiner hat so engagiert und fachkundig wie er für die Bundesfinanzen gestritten. Rudi Walther wird diesem Parlament als Haushaltskenner Nummer eins, als parlamentarisches Urgestein und als Freund fehlen.
    Herzlichen Dank.

    (Unter dem Beifall des ganzen Hauses überreicht Ingrid Matthäus-Maier [SPD] Rudi Walther [Zierenberg] [SPD] einen Blumenstrauß)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt dem Herrn Bundesfinanzminister, unserem Kollegen Dr. Theo Waigel, das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Rudi Walther, in den Dank, den ich dem Haushaltsausschuß, allen seinen Mitgliedern, aussprechen möchte, will ich ganz besonders den Vorsitzenden einbeziehen. Es ist schon von den
    Kollegen aller Fraktionen gesagt worden, aber ich möchte es auch als Bundesfinanzminister sagen: Rudi Walther steht in der großen Reihe der Ausschußvorsitzenden, die bei Schöttle begonnen hat. Auf sie alle kann das Parlament stolz sein; es sind große Figuren des Parlaments. Lieber Kollege Rudi Walther, dazu gehören auch Sie. Ich möchte Ihnen meine Anerkennung, meinen Respekt und auch meinen persönlichen Dank aussprechen.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Ich möchte mich bedanken für eine unparteiliche, für eine sachkundige und für eine kollegiale Sitzungsleitung im Haushaltsausschuß, die bei allen Schwierigkeiten in der Sache immer Fairneß, auch gegenüber dem Finanzministerium, hat walten lassen. Auch dafür möchte ich mich im Namen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herzlich bedanken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

    Lieber Kollege Walther, Ihre Rede enthielt bemerkenswerte Überlegungen über den Tag hinaus und über Parteigrenzen hinweg. Dies war eine Rede, die nachdenklich gestimmt hat, die man nicht einfach weglegen kann, auf die man nicht polemisch antworten kann und will, die uns zum Nachdenken zwingt. Ich wünschte mir, es würden öfters, von allen Seiten des Parlaments, solche Reden gehalten.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Ich bitte um Verzeihung dafür, daß ich am Dienstag als erster begonnen habe. Dafür habe ich erreicht, daß heute diese bemerkenswerten Reden im Fernsehen übertragen worden sind. Das Fernsehen wollte nämlich schon am Mittwoch und am Donnerstag übertragen. Nur, die Reden derer — das sage ich im Interesse der Haushälter —, die die Hauptlast dieser Arbeit tragen, wären am Dienstagnachmittag und auch heute bei der Fernsehübertragung nicht berücksichtigen worden. Es wäre eine Schande gewesen, wenn das Volk die Rede von Rudi Walther nicht in der ganzen Breite hätte erleben dürfen.

    (Beifall im ganzen Hause — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Ein außerordentlich uneigennütziger Einsatz!)

    — Ich habe damit auch Ihnen geholfen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Und sich selbst!)

    — Ich kämpfe jetzt um die letzten Minuten, um zu der Zeit, in der die Leute beim Essen sind und keine Politiker mehr sehen möchten, ebenfalls noch dabeizusein.

    (Heiterkeit)

    Lieber Kollege Walther, ich teile ausdrücklich Ihre Meinung über den Plenarsaal. Das ist meine ganz persönliche Meinung: Ich sehne mich nach dem alten Plenarsaal zurück.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    Aber wir können das nicht mehr ändern. Die Dinge sind durch eigene Entscheidung an uns vorbeigegangen.

    (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Machen wir es in Berlin besser!)

    Ein einziges Angebot, Kollege Walther, werden wir nicht annehmen: den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses zu stellen. Es ist zwar schade, daß Sie den Posten abgeben, aber geben Sie ihn an einen Kollegen der SPD weiter. Ich glaube, das sollte in dieser guten Ordnung bleiben: Sie als SPD kontrollieren den Haushalt und arbeiten kooperativ mit uns zusammen. Ich bin sicher, der Wähler hat Verständnis und wird diesen Wunsch akzeptieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Kollege Walther, Sie waren in den Jahren von etwa 1970 bis 1982 deswegen näher an der Prognose, weil Ihr Haushalt jeweils ein Nachtragshaushalt war. Sie wissen, daß der Haushalt in dieser Zeit selten rechtzeitig verabschiedet wurde. Das geht nicht auf Sie zurück. Wären Sie Finanzminister oder Staatssekretär gewesen, hätten Sie sich an das Grundgesetz gehalten. Aber die damaligen SPD-Finanzminister haben diese Notwendigkeit nicht eingehalten.

    (Dr. Klaus-Dieter Uelhoff [CDU/CSU]: Es waren zu viele!)

    Ich glaube, daß die globale Minderausgabe, die der Haushaltsausschuß beschlossen hat, ein wichtiges positives Signal für die Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik und an die Märkte dafür ist, daß wir mit aller Kraft weiterhin an diesem Konsolidierungskurs festhalten wollen. Es wird nicht einfach sein, durch Rahmenvorgaben an die Ressorts die Einsparungen zu erwirtschaften. Wir wollen, daß dies die Ressorts selber mit möglichst viel Freiraum umsetzen.
    Wir wollen vor allem im Verwaltungsbereich sparen. Deshalb ist z. B. der Verteidigungshaushalt, allein schon wegen seiner rund 550 000 Stellen (Soldaten und Zivilpersonen) — das sind etwa dreimal so viele wie im übrigen Bundesbereich —, wesentlich betroffen. Aber wir wissen auch, daß wir hier schlichtweg nicht proportional ansetzen können. Das würde der Verteidigungshaushalt, der schon in der Vergangenheit für Kürzungen sehr stark zur Verfügung stehen mußte, allein nicht tragen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Nun, lieber Kollege Walther — ich beziehe mich nicht auf Ihre Rede, sondern auf die vorangegangenen —, muß ich mit den SPD-Beiträgen etwas unsanfter umgehen. Das alles stand unter dem Leitsatz: Wir reden über alles, wovon wir nichts verstehen; wir fordern alles, was wir nicht können; und wir verteilen alles, was wir nicht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Dinge haben schlichtweg nicht zusammengepaßt. Man kann doch nicht mir, der Koalition und der Regierung vorwerfen, daß wir zusätzliche Schulden aus Jux und Tollerei gemacht hätten. Man muß schon einmal quantifizieren und qualifizieren, wieso diese
    Schulden entstanden sind und warum sie bis zum Jahre 1995 noch entstehen.

    (Beifall des Abg. Eduard Oswald [CDU/ CSU])

    Niemand kann doch leugnen, daß die deutsche Einheit die größte Herausforderung der deutschen Politik und auch der deutschen Finanzpolitik in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ist und dies mit den Vorgängen in 1981 und 1982 nicht vergleichbar ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Auch hier möchte ich den Kollegen Rudi Walther zitieren. Er hat differenzierter als andere am 28. Mai im „Berliner Kurier" gesagt:
    Gründe sind der steigende Einnahmeausfall bei den Steuern und gleichzeitig die höheren Ausgaben für die ansteigende Arbeitslosigkeit. Beides sind Auswirkungen des zurückgehenden Wirtschaftswachstums.
    Insofern blieb kein anderer Weg, als — wie in der Konjunkturwissenschaft und in der Konjunkturpolitik völlig unbestritten ist — die automatischen Stabilisatoren wirken zu lassen. Wir hätten die Mehrkosten von über 20 Milliarden DM im Bereich der Arbeitslosigkeit nicht auf einen Schlag durch Einsparungen in diesem oder in einem anderen Bereich ausgleichen können. Wenn wir dann daran gehen, in wichtigen Bereichen der Leistungsgesetze, aber auch bei den Subventionen Einsparvorschläge zu machen, und das im Bundestag und anschließend im Bundesrat verabschieden, müßte bei Ihnen konsequenterweise die Bereitschaft bestehen, das mitzutragen, um eine weitere Schuldenlast zu verhindern bzw. sie zu reduzieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, auch hier hat der Kollege Walther — wie ich meine: zu Recht — seinen Appell an die Länder gerichtet. Hier muß ein Stück Solidarität im Bundestag über alle Parteien hinweg erkennbar sein. Es kann nicht angehen, daß die Länder Punkt um Punkt ihre Wünsche addieren und das zu Lasten der Bundesfinanzen gehen soll. Der Bürger unterscheidet nicht, ob er sein Geld der Kommune, dem Land oder dem Bund gibt, sondern er fühlt sich als Bürger des gesamten Staatswesens. Die Länder und Kommunen können nicht daran interessiert sein, daß der Bund allmählich, indem er zuviel an die Länder abgibt, selber nicht mehr leistungsfähig ist, seinen ureigensten Aufgaben nicht mehr nachkommen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich glaube, man kann nicht die zu hohe Ausgabenrate des Bundes beklagen, Herr Kollege Wieczorek, wenn man weiß, daß wir unter Nichteinbeziehung der Bundesbahn nur bei 2,9 % Steigerung liegen. Wie soll finanziert werden, was wünschbar wäre? Der SPD- Parteitag fordert mehr Mittel für Forschung, Bildung und Wissenschaft, mehr öffentliche Investitionen, Absatzförderung für ostdeutsche Waren, Ausbau der Arbeitsmarktpolitik, ein flächendeckendes Angebot ganztägiger Kinderbetreuungseinrichtungen usw. Hierzu fällt mir der Satz ein: Versprechen von heute



    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    sind die Steuern von morgen. Ich bin der felsenfesten Überzeugung: Wir sind an der Grenze der Steuer-und Abgabenbelastung angelangt. Wir können uns mehr nicht mehr leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Man muß sich vor allen Dingen über eines im klaren sein: Sobald wieder Spielraum besteht, müssen wir bei der Senkung der Steuer- und Abgabenlast ansetzen.
    Meine Damen und Herren, Herr Scharping spricht vom Lebensstandort der Bürger. Der Arbeitnehmer kann sich seinen Arbeitsplatz nicht an einem beliebigen Ort aussuchen. Er hat nicht die Chance, wenn er aus Deutschland weg in ein anderes Land zieht, einen günstigeren Arbeitsplatz zu bekommen. Das Kapital allerdings kann sehr wohl aus Deutschland abziehen, das ausländische und das inländische Kapital. Wenn es abzieht, wenn es bei uns keine investitionslohnenden Bedingungen mehr gibt, dann kann das für die Arbeitnehmer zum Nachteil werden, die nicht die Chance zum Wechseln haben, sondern die auf unsere Solidarität angewiesen sind, um in unserem Land Arbeitsplätze zu behalten oder neue zu bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie doch die permanenten Vorwürfe der Schuldenmacherei! Sie wissen doch ganz genau, wofür die Schulden gemacht werden. Sie sollten sich dazu bekennen, daß die deutsche Einheit stattgefunden hat und ihren ökonomischen Preis verlangt, der in folgenden drei Bereichen gezahlt werden muß: erstens durch Einsparungen in der Größenordnung von 70 Milliarden DM — bei einem Haushaltsvolumen von 480 Milliarden DM kann sich das sehen lassen —, zweitens durch Steuer- und Abgabenbelastungen, die wir vor allen Dingen den Besserverdienenden zugemutet haben, und drittens durch vorübergehend hinnehmbare und unvermeidbare Schuldenerhöhungen, weil dieses große Gemeinschaftswerk nicht von einer Generation allein bewältigt werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Mischung dieser drei Finanzierungsformen ist der richtige Weg. Dazu gibt es keine Alternative.
    Es ist schon ein starkes Stück, wenn der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz die Finanzsituation des Bundes beklagt und sich bei den Verhandlungen über den Finanzausgleich 219 Millionen DM für politische Führung in Rheinland-Pfalz einhandelt. Es ist mir schon verdammt schwergefallen — das sage ich Ihnen ganz ehrlich —, dem zuzustimmen. Wie kommen wir eigentlich dazu, 60 % der Kosten der politischen Führung in Rheinland-Pfalz zu finanzieren und uns dann noch diese Frechheiten in den Reden anzuhören?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich will einmal die Defizite von 1982 in Erinnerung rufen. Damals waren es 70 Milliarden DM. Das öffentliche Defizit von 1989, ein Jahr vor der Einheit, betrug 27 Milliarden DM. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat dem Anstieg der Verschuldung nicht tatenlos zugesehen, sondern seit 1990 70 Milliarden DM auf der Ausgabenseite gekürzt. Es ist
    geradezu eine bescheidene Defizitüberschreitung, die in 1994 stattfindet. Sie sollten einmal mit berücksichtigen, daß wir den Plan allein von 1990 bis 1992 um über 30 Milliarden DM unterschritten haben und damit unter der Nettokreditaufnahme geblieben sind, die damals angesetzt war. Das ist etwa der Betrag, der jetzt wegen der konjunkturellen Situation nach oben revidiert werden mußte.
    In einer Pressemitteilung der Bundesregierung vom 4. September 1981 heißt es:
    Zwangsläufige Mehrausgaben gegenüber dem Finanzplan von 16 bis 18 Milliarden DM müssen berücksichtigt werden.
    Was damals galt, meine Damen und Herren von der Opposition, können Sie uns heute nicht vorwerfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In heutigen Bruttosozialproduktrelationen betrug das Bundesdefizit 1981 und 1982, also in der letzten Konjunkturkrise, fast 80 Milliarden DM — und das ohne die Aufgaben der deutschen Einheit. Wir haben — und darauf lege ich großen Wert —, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, die Schulden und Zukunftsbelastungen der besonderen Finanzierungsinstrumente immer öffentlich und ausführlich dargestellt. Wir haben nie behauptet, daß wir Schulden abbauen können, sondern von Konsolidierung — entsprechend internationalem Sprachgebrauch — dann gesprochen, wenn im Planungszeitraum die Defizite zurückgehen. Ich habe Anfang des Jahres auf die möglicherweise noch größere Belastung des Bundeshaushalts durch Konjunktureffekte hingewiesen.
    Deutschland beherrscht im internationalen Vergleich die Konjunktureffekte auf den Haushalt noch am besten, wie die Revision der Defizitschätzungen durch die EU-Kommission im November gegenüber Januar 1993 zeigt. Deutschland: Anhebung des Staatsdefizits für 1993 um 0,6 Prozentpunkte auf 4,2 % des Bruttoinlandsprodukts. Frankreich: Anhebung des Staatsdefizits um 2,7 Prozentpunkte auf 6 % des Bruttoinlandsprodukts. Spanien: Steigerung um 3 Prozentpunkte auf 7,2 % des Bruttoinlandsprodukts. Portugal: auf 8,9 % des Bruttoinlandsprodukts. Ich will jetzt auf den Gemeinschaftsdurchschnitt kommen: Steigerung um 0,9 Prozentpunkte auf 5,5 %, also deutlich mehr als in Deutschland.
    Meine Damen und Herren, wenn wir trotz der Größe der Herausforderung — kein anderes Land muß wie wir 5 % seines Bruttosozialprodukts für die größte Solidaraktion seiner Geschichte aufbringen — hier wesentlich besser abschneiden als alle anderen um uns herum und besser als der Durchschnitt, dann ist der Vorwurf der Opposition uns gegenüber nicht angebracht, nicht fair.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Noch eine Pressemitteilung:

    Bei dieser umfangreichen und tiefgreifenden Operation sind auch Eingriffe in Leistungsgesetze unvermeidbar.
    Auch dies war am 4. September 1981. Damals handelte es sich um das Kindergeld für das zweite und das



    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    dritte Kind, das um jeweils 20 DM gekürzt wurde, um BAföG-Einschränkungen, Wohngeldeinschränkungen, weniger Altershilfe für die Landwirtschaft.
    Wenn dies damals für die Konsolidierung zulässig war, dann sind ähnliche Maßnahmen heute nicht sozialer Kahlschlag, sondern ebenfalls im Interesse des Gemeinwohls notwendig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Recht hatte Herr Verheugen, als er 1981 sagte:
    Wenn der Staat nicht aus dem vollen schöpfen kann, muß er sich eben einschränken.
    Meine Damen und Herren, wenn Arbeitslose heute z. B. real 10 % mehr haben als 1982, dann kann man heute nicht von Verelendung sprechen. Waren wir damals ein Sozialstaat, oder waren wir kein Sozialstaat? Auch damals waren wir ein Sozialstaat, und dann kann man den Zuständen von heute und auch den maßvollen Kürzungen, die stattfinden müssen, nicht das Attribut „sozialer Kahlschlag" geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist ein irreführendes Schlagwort, das der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz geprägt hat: der Lebensstandort als Gegensatz zum Investitionsstandort. Es ist irreführend, soziale Bedürfnisse als Gegensatz zu den Bedürfnissen der Investoren zu formulieren. Einen guten Lebensstandort gibt es nur, wenn die Investitions- und Arbeitsplatzbedingungen stimmen. Und die Bedürfnisbefriedigung ist von der Produktion abhängig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir haben ein umfassendes Investitionsförderprogramm auf den Weg gebracht. Ich erinnere an die Investitionszulage, Verzicht auf Vermögen- und Gewerbekapitalsteuer im Osten, Gemeinschaftsaufgabe, großzügige Flächenbereitstellung, Verbilligung für neue Länder und dreistellige Milliardenbeträge für die Schuldenentlastung und Sanierung ostdeutscher Betriebe durch die Treuhand.
    Was war dagegen der Beitrag der SPD zur Wiedervereinigung? Ich will auf die Anfangsstimmen gar nicht eingehen. Dann nur das Klagen über die Kosten. Meine Damen und Herren, Sie müssen sich schon fragen lassen — ich sage das ohne jede Polemik —, in welchen Ländern insbesondere damit Polemik betrieben wurde, daß man bei jedem Kindergarten und bei jeder Schule, die nicht mehr finanziert werden konnte, auf die Kosten der deutschen Einheit verwies und den Menschen sagte: Das ist das Geld, das der Waigel wegen der Wiedervereinigung in Nordrhein-Westfalen oder in Niedersachsen nicht mehr zur Verfügung stellt. So ist gearbeitet worden!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren von der SPD, Sie erweisen dem Wiederaufbau in Ostdeutschland mit dem Treuhand-Untersuchungsausschuß keinen Dienst. Mich treffen Sie damit nicht, ganz sicher nicht. Sie treffen die Investoren, Sie treffen die, die Verantwortung tragen. Sie sollten sich noch einmal überlegen, warum alle Ministerpräsidenten aus den Ostländern,
    auch Herr Stolpe, Sie davor gewarnt haben, diesen Untersuchungsausschuß einzusetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    Meine Damen und Herren, der wirtschaftspolitische Sprecher der Sozialdemokratischen Partei hat auf dem Parteitag klargestellt, daß die SPD bei dem Versuch scheitern müßte, den Teufelskreis aus Wirtschafts-, Sozial- und Finanzkrise zu durchbrechen, indem er wörtlich bekannte: „Nirgendwo in Europa sind regierende Sozialdemokraten erfolgreich bei der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit." Wir dagegen können auf erhebliche Arbeitsplatzgewinne in den Jahren von 1983 bis 1992 hinweisen und sie verbuchen; es waren über 3 Millionen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wer wie die Opposition und vor allen Dingen die SPD-Länder im Bundesrat die Konsolidierung verweigert, verhindert eine weitere Zinssenkung, und er hilft auch nicht bei der Preisstabilisierung. Ich empfinde es in diesem Zusammenhang als eine ganz wichtige, positive Nachricht, daß gestern bekannt wurde: Die Inflationsrate liegt im November deutlich unter 4 %. Meine Damen und Herren, wir müssen alles daransetzen, um diese positiven Rahmenbedingungen weiter ausbauen zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Der Beitrag der SPD besteht in höheren Steuern. Es ist polemisch und hilft überhaupt nicht weiter, zu sagen: Wer 2 000 DM Steuern zahlt, kann auch 2 200 DM Steuern zahlen. Auch hierbei ist irgendwann eine Grenze erreicht, die nicht nur ökonomisch wirkt, sondern die auch den Investitionsstandort Deutschland beschädigt und damit die Möglichkeit, Arbeitsplätze zu schaffen.
    Sie versagen sich notwendiger Gemeinsamkeit beim Energiekonsens. Sie wissen ganz genau, daß wir auf Kernenergie nicht verzichten können und daß wir sie dringend benötigen, um relativ niedrige Energiepreise in Deutschland zu haben. Sie arbeiten auch nicht mit, wenn es um echte Deregulierung auf dem Arbeitsmarkt geht.
    Wir haben mit dem Föderalen Konsolidierungsprogramm eine wichtige Grundentscheidung für die nächsten Jahre getroffen. Wir haben mit dem Konsolidierungs- und Wachstumspaket, dem Vorziehen öffentlicher Investitionen und der Verfahrensbeschleunigung etwas Entscheidendes erreicht. Das Standortsicherungsgesetz hat erstmals bei Gegenfinanzierung die Steuersätze, die für Investitionen wichtig sind, gesenkt.
    Frau Kollegin Matthäus-Maier, Sie sollten sich wirklich im nachhinein einmal dafür entschuldigen, daß Sie uns permanent unterstellt haben, wir würden die Steuern für Reiche — für Heino oder wen auch immer — senken. Sie haben gewußt, daß das nicht der Fall ist. Wir haben die Steuern dort gesenkt — Sie haben im Bundesrat zugestimmt —, wo es um Investi-



    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    tionen für die Zukunft und um neue Arbeitsplätze geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Widerspruch der Abg. Ingrid MatthäusMaier [SPD])

    Das Finanzmarktförderungsgesetz ist ein weiterer Weg, um den Finanzplatz Deutschland zu stärken. Ich nenne ebenfalls das Gentechnikgesetz. Mit der Bahn- und Postreform sind wir auf dem richtigen Weg. Diese Maßnahmen wären vor fünf oder sechs Jahren notwendig gewesen. Gerade in Zeiten der Hochkonjunktur wären sie besser gewesen. Sie kommen aber auch jetzt, Gott sei Dank, nicht zu spät. Sie sind entscheidend notwendig, auch im Hinblick auf den Wettbewerb mit den anderen Ländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, während wir die Zukunft gestalten, steht die SPD daneben und versucht, uns manchmal noch Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

    (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Zukunft statt Verweigerung! — Genauso ist es!)

    Wir vergessen in unserer Solidarität keine Gruppe der Bevölkerung. Klaus Rose hat es vorhin zu Recht gesagt: Unsere Solidarität gilt allen, nicht nur einer Klasse. Sie gilt den Arbeitslosen, weil wir die Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung, wie in den achtziger Jahren, umfassend verbessern. Sie gilt den Deutschen im Osten, deren Lebensbedingungen sich durch umfassende Infrastrukturinvestitionen, durch die Förderung neuer Arbeitsplätze und durch das weit ausgespannte soziale Netz langsam, aber stetig verbessern. Sie gilt den Hilfs- und Pflegebedürftigen, zu deren Gunsten wir die Pflegeversicherung durchsetzen werden. Und sie gilt den ärmsten und vom Krieg betroffenen Menschen bei unseren nahen und fernen Nachbarn, denen wir im Rahmen der EU und der UNO unsere Hilfe zukommen lassen.
    Meine Damen und Herren, die Programme und Alternativen liegen vor. Wir stellen uns der Verantwortung.
    Ich wünsche dem Kollegen Rudi Walther und all denen, die bisher verantwortungsvoll mitgearbeitet haben, dann, wenn sie dieses Parlament — Gott sei Dank nicht heute, sondern erst im nächsten Jahr — verlassen, alles Gute für die Zukunft.
    Ich danke Ihnen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)