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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/192 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 192. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Inhalt: Bestimmung des Abgeordneten Rolf Schwanitz als ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuß 16531 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 12/6004, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 12/ 6005, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 12/6014, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksachen 12/6027, 12/ 6030) Hans-Ulrich Klose SPD . . . . 16531D, 16592A Michael Glos CDU/CSU 16537A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 16544 C Hans-Ulrich Klose SPD 16544 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 16551A Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16554 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 16557 A Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 16566 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 16576B Michael Glos CDU/CSU 16577 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 16578 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 16578D Dr. Jürgen Schmude SPD 16580 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 16587 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU (zur GO) 16595 B Dietrich Austermann CDU/CSU 16595 C Ortwin Lowack fraktionslos 16598 D Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 16600 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16603B Ernst Waltemathe SPD 16605 D Udo Haschke (Jena) CDU/CSU 16608 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 16608 C Dr. Rudolf Krause (Bonese) fraktionslos 16609A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16610 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16612B Friedrich Bohl, Bundesminister BK . . 16613 D Dr. Hans Stercken CDU/CSU 16614B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16615A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . . . 16616D, 16630 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16618A Hans-Gerd Strube CDU/CSU 16622 A Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . 16623D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . 16626A, 16630 C Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . . 16627 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 16628 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 16630D Walter Kolbow SPD 16633 C Paul Breuer CDU/CSU 16636 B Dr. Karl-Heinz Klejdzinski SPD . . . 16637 B Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 16554 A Namentliche Abstimmung 16638 C Ergebnis 16644 D Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 12/6021, 12/6030) Helmut Esters SPD 16639 B Christian Neuling CDU/CSU 16641D Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . . 16646 D Werner Zywietz F D P 16647 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16649 C Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 16650 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 12/6006, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 12/6026) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 12/ 6028, 12/6030) Rudolf Purps SPD 16652 D Karl Deres CDU/CSU 16656 C Ina Albowitz F.D.P. 16659 A Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 16661 B Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16662 D Günter Graf SPD 16664 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16665 D Erwin Marschewski CDU/CSU 16666 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16668D Freimut Duve SPD 16670A Karl Deres CDU/CSU 16670 C Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16671A Klaus Lohmann (Witten) SPD 16672 C Manfred Kanther, Bundesminister BMI 16673 B Nächste Sitzung 16675 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16677' A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 12: Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt Dr. Klaus Rose CDU/CSU 16633' C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 13: Einzelplan 14 — Bundesministerium der Verteidigung Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/CSU 16679' A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 16531 192. Sitzung Bonn, den 24. November 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 24. 11. 93 Blunck (Uetersen), SPD 24. 11. 93 * Lieselott Böhm (Melsungen), CDU/CSU 24. 11. 93 * Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 24. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 24. 11. 93 Herta Ehrbar, Udo CDU/CSU 24. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 24. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 24. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 24. 11. 93 Großmann, Achim SPD 24. 11. 93 Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 24. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 24. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 24. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 24. 11. 93 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 24. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 24. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 24. 11. 93 Kraus, Rudolf CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 24. 11. 93 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 24. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 24. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 24. 11. 93 ** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 24. 11. 93 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 24. 11. 93 * Rappe (Hildesheim), SPD 24. 11. 93 Hermann Dr. Röhl, Klaus F.D.P. 24. 11. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 24. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 24. 11. 93 Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Scheer, Hermann SPD 24. 11. 93 * Schmidt (Salzgitter), SPD 24. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 24. 11. 93 Schröter, Karl-Heinz SPD 24. 11. 93 Schwanhold, Ernst SPD 24. 11. 93 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 24. 11. 93 Christian Dr. Soell, Hartmut SPD 24. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. von Teichman, F.D.P. 24. 11. 93 Cornelia Vosen, Josef SPD 24. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 24. 11. 93 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wollenberger, Vera BÜNDNIS 24. 11. 93 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 24. 11. 93* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 12: Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Klaus Rose (CDU/CSU): Mit besonders gemischten Gefühlen stehe ich jetzt am Rednerpult. Denn während wir hier im Warmen und in Sicherheit hehre Außenpolitik formulieren, frieren und sterben weitere Hunderte und Tausende von Menschen in Bosnien. Die Welt schaut zu, Europa schaut zu, Deutschland schaut zu. Eine erfolgversprechende außenpolitische Initiative gibt es nicht. Klaus Bressers Anklage vorgestern abend im deutschen Fernsehen ist zweifellos berechtigt. Seine Schlußfolgerungen einer einzigen Lösung, nämlich eines militärischen Einsatzes, versteht jeder, man schreckt aber davor zurück. In einem neuen Buch von Hans-Peter Schwartz wird der fehlende Mut, der fehlende Wille der Deutschen zur Machtpolitik moniert. Deutschland sei zwar schon lange ein wirtschaftlicher Riese mit automatischer Macht. Aber mit der Rolle des politischen Zwergs müsse es ein Ende haben. Weltmacht wider Willen könne man auf Dauer nicht sein, der politische Gestaltungswille müsse dazukommen. Ich höre jetzt natürlich den Aufschrei, daß die Deutschen wieder von einer großen Rolle in der Weltpolitik träumten. Nein, darum geht es nicht, zumindest nicht um eine Alleinträumerei der Deutschen. In der Weltgemeinschaft, in der Europäischen Gemeinschaft und in manchen internationalen Gremien muß Deutschland seiner Bedeutung gerecht werden. Diese Bedeutung ist nach der Wiedervereinigung naturgemäß anders als früher. Diese Neubewertung deutscher Außenpolitik, diese Umorientierung muß jetzt endlich in der Praxis geschafft werden. Deutschland muß sich sowieso darüber klar werden, daß die Welt sich weiterdreht und daß wir sehr schnell vom Rad geschleudert werden können. Bei der Einbringungsrede des Haushalts im September 1993 habe ich die Bedeutung einer deutschen Asienpolitik herausgestrichen. Ich freue mich deshalb über den Erfolg der Kanzlerreise nach China. Über eines darf der Blick nach Asien nicht hinwegtäuschen: Europa ist in großer Gefahr. Die Gefahr wird beim Blick auf die asiatische Weltkarte deutlich. Dort ist nämlich der Pazifikraum im Mittelpunkt und 16678* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Europa Randlage, wie wir es von Alaska oder von der Kamtschatka gewöhnt sind. Genau hier setzt das Problem ein. Haben nicht vor wenigen Tagen der amerikanische Präsident und verschiedene asiatische Regierungschefs die Zukunftsrichtung der amerikanisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) gewiesen? Hat nicht mit der NAFTA der nordamerikanische Wirtschaftsverbund den Wettbewerb mit der EG beschworen? Hat nicht der amerikanische Außenminister Warren Christopher gestern im ZDF-Morgenmagazin bei der Formulierung der amerikanischen Prioritäten die Stärkung der NATO erst an dritter Stelle genannt? Wir müssen erkennen, daß Europa aufpassen muß, damit es nicht wirtschaftlich, militärisch und finanziell zu einem unbedeutenden Markt wird. Mit der neuen Versuchung von Kleinstaaterei ist uns allen nicht gedient. Unverzichtbar ist für die EG und besonders für die Deutschen die Gewinnung der osteuropäischen Völker für Demokratie und Marktwirtschaft. Deshalb hatte der Haushaltsausschuß die Idee der Bundesregierung sehr begrüßt, mit der deutschen Beratungshilfe zum Aufschwung beizutragen. Über verschiedene Einzelpläne verteilt werden nächstes Jahr rund 300 Millionen DM eingesetzt. Es gibt am Ziel keinen Zweifel, denn der Aufbau von Forstverwaltungen, von Sparkassen oder von Konversionsprojekten bei früheren Rüstungsbetrieben kann nur unterstützt werden. Es wäre aber falsch, wenn wir am gleichen Weg wie bisher festhalten würden, nämlich alle Mittel an die Zentralregierungen zu geben. Es ist eine Tatsache, daß z. B. die russische Wirtschaft nur dann umgestaltet werden kann, wenn man das Potential der Regionen zur Wirkung bringt. Ich rede nicht einer politischen Dezentralisierung oder Destabilisierung das Wort. Denn ein weiterer Zerfall unter Krach und Donner ist nicht erstrebenswert. Eine einheitliche Rubelzone, eine Art Länderfinanzausgleich wären das Ziel. Doch so viel Demokratie als möglich, so viel föderative Strukturen als machbar sollten von uns herauskristallisiert werden. Mich als überzeugten Europäer, treuen Deutschen und begeisterten Föderalisten freut es jedenfalls, daß jetzt auch in der Republik Südafrika der deutschen Verfassung ähnliche Strukturen eingeführt werden. Die GUS, aber auch die Einzelnachfolger der Sowjetunion sollten auf jeden Fall, so sie es wünschen, beim Aufbau nicht bloß von demokratischen und marktwirtschaftlichen, sondern auch von föderativen Strukturen unterstützt werden. Im Rahmen des auswärtigen Etats muß ein weiteres Thema angesprochen werden. Es geht um die Hilfe in Katastrophenfällen, bei Not und Flüchtlingselend, bei Bürgerkriegen, die wir trotz eigener Haushaltsprobleme nicht vergessen dürfen. Ich erkenne in diesem Zusammenhang gerne die engagierte Leistung des Arbeitsstabs „Humanitäre Hilfe" im Auswärtigen Amt an. Mit der Soforthilfe, d. h. mit medizinischer Betreuung, Übergabe von Nahrungsmitteln und Kleidung, Herstellung von Notunterkünften oder Wiederherstellung von Strom-, Wasser-, Gasleitungen oder von Straßen und Brücken, wird viel Gutes geleistet, mit Sonderhilfen wird viel außenpolitischer Goodwill offenbart. 1993 sind bisher nahezu 500 Millionen DM für die humanitäre Hilfe eingesetzt worden, nicht bloß im Haushalt des Auswärtigen Amts, sondern auch beim BMZ, beim Innenminister oder beim Verteidigungsminister. Dazu kommen die internationalen Beiträge. Beliebig ausweiten läßt sich der vom Steuerzahler finanzierte Anteil an den Hilfsmaßnahmen aber auch nicht. Dankbar registrieren wir daher die Spendenbereitschaft der Deut-. schen insgesamt. Wir registrieren die wie Pilze aus dem Boden geschossenen privaten Unterstützungsorganisationen für die Not in Rußland, in Rumänien oder in Bosnien. Wir registrieren die selbstlose Einsatzfreude vieler Menschen in Deutschland, wenn es um spontane Hilfsmaßnahmen geht. Da wird viel gutgemacht, was durch andere Deutsche, ob glatzköpfige Schläger oder hohlköpfige Schreibtischtäter, an Schande über Deutschland gebracht wird. Wegen der Sperren im Haushaltsgesetz und der Globalkürzung um 5 Milliarden DM, die anteilsmäßig auch den Etat des Auswärtigen Amts betreffen und insgesamt 134 Millionen DM ausmachen könnten, steht die Auswärtige Kulturpolitik noch mehr als früher im Mittelpunkt des Interesses. Im gewünschten Ziel sind wir uns alle einig, nämlich möglichst viel und möglichst effektiv, möglichst überall und möglichst ständig kulturell präsent zu sein. Es sind, das hat der ehemalige Präsident des Goethe-Instituts, Hans Heigert, anerkannt, viele Milliarden DM in die bisherigen Kulturverbindungen mit dem Ausland gesteckt worden. Keinem fällt es leicht, wegen des allgemeinen Sparzwangs bei diesen Kulturbeziehungen Abstriche zu machen. Es war immerhin der Bundeskanzler selbst, der mehrmals betonte, daß die deutsche Sprache im Ausland noch stärker gefördert werden sollte und daß mit einem Sonderprogramm „Deutsche Sprache" besonders in Osteuropa zum Aufbau friedlicher Beziehungen beigetragen würde. Der Haushaltsausschuß jedenfalls hat diese Haltung respektiert und versucht zu helfen, wo zu helfen war — ohne deshalb die Arbeitslosenunterstützung im eigenen Land oder manch unverzichtbare Investition in den neuen Bundesländern zu gefährden. Von einer besonderen „Kultur" zeugt daher nicht, wenn die Verantwortlichen des Goethe-Instituts in München bei einer Pressekonferenz im Oktober dieses Jahres wieder einmal glaubten, von einer „Strafexpedition der Anti-Kultur-Politiker in Bonn" reden zu müssen, weil auch das GoetheInstitut einen Sparbeitrag zur allgemeinen Haushaltslage bringen muß. Am meisten wurde beklagt, daß vier Institute geschlossen werden müßten und daß damit erheblicher außenpolitischer Schaden einträte. Wollen Sie die Namen dieser vier Institute hören? Es handelt sich um Viña del Mar (Chile), Medellin (Kolumbien), San Juan (Argentinien) und Malmö (Schweden). Zumindest bei unseren schwedischen Freunden habe ich bisher keinen Liebesentzug feststellen müssen, dafür freuen sich aber die Städte, die bisher in der sozialistischen Abgeschiedenheit festgenagelt waren, wie St. Petersburg, Kiew, Minsk oder Tiflis, auch Alma Ata und Hanoi, daß ein neues Goethe-Institut dort hinkommt. Sollte etwa ein Sparzwang gar ein Anreiz zu neuem Denken sein? Ich kann nur ermuntern, auch stärker den europäischen Verbund zu sehen. Gemeinsame deutsch-französi- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 16679* sche Botschaften oder auch Kulturinstitute oder zumindest ein gemeinsames Dach dafür könnte so manchen Anstoß zu mehr Effektivität auch in der Kulturpolitik geben. Man ist noch lange kein KulturMuffel, wenn man sich Gedanken über das Aufbrechen verkrusteter Strukturen macht. Heilsam ist letzteres im gesamten staatlichen Haushalt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 13 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Hans-Werner Müller (Wadern) (CDU/CSU): Unsere Soldaten sind aus Kambodscha zurückgekehrt. Unsere Soldaten leisten humanitäre Hilfe in Somalia. Es sind besonders viele aus den Standorten meiner saarländischen Heimat dabei. Unsere Soldaten versorgen Teile der bosnischen Bevölkerung aus der Luft. Unsere Soldaten erfüllen diese Aufträge mit hohem Verantwortungsbewußtsein und vorbildlicher Haltung. Sie dienen dem Ansehen unseres Landes, dafür gebührt ihnen unser Dank. Unsere Soldaten können dies leisten, weil wir eine einsatzbereite, modern ausgestattete und bündnisfähige Bundeswehr haben, und auch weiter haben wollen. Dazu bedarf es erheblicher staatlicher Mittel, die im Einzelplan 14 des hier zu beratenden Haushaltes zur Verfügung gestellt werden. Der 94er Haushalt für die Verteidigung steht im besonderen Maße unter der Notwendigkeit substantieller Einsparungen, weil die Staatsfinanzen insgesamt gesehen zu konsolidieren sind. Konsolidierung der Staatsfinanzen ist erfolgreiche Zukunftssicherung Deutschlands. Dies ist oft genug gesagt worden. Im Wettbewerb um die knappen Ressourcen sind in der Öffentlichkeit gerade die Verteidigungsausgaben besonders zu begründen. Werden doch rund 48 Milliarden ausgegeben, aber immerhin fast 3 Milliarden weniger als 1992. Wir sind, um das gleich vorweg zu sagen, an eine Grenze gestoßen, die wir nicht mehr unterschreiten dürfen, ohne das Ganze zu gefährden. Im vergangenen Jahr wollte die SPD noch 5 Milliarden aus dem Verteidigungshaushalt herausstreichen, heute wird dieser Haushalt anders, wesentlich realistischer beurteilt; man läßt erkennen, durch einige Sprecher zumindestens, daß hier in diesem Einzelplan des Bundesministers der Verteidigung nichts mehr zu holen ist. Ich meine dies ist ein Fortschrittt. Ich will auch sagen, daß in diesem Jahr die Beratungen gerade dieses Haushaltes aus meiner Sicht besonders schwierig waren, im Vergleich zu den früheren Jahren. Ich habe ja die Ehre, schon seit einigen Jahren diesen Haushalt zu bearbeiten. Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich bei den Beamten des Verteidigungsministeriums für die gute Zusammenarbeit bedanken. Die Beratungen waren aber schwierig, weil es halt immer schwierig ist, die Wünsche, so berechtigt sie auch sind, und die Realität in Einklang zu bringen, wobei wir selbstverständlich den Weg des Ministers unterstützen, der durch energisches Sparen im Bereich der Betriebsausgaben der Bundewehr sich Freiräume zu schaffen sucht für neue Gestaltungsmöglichkeiten und planerische Initiativen. Wir gehen diesen Weg mit, Herr Minister, so wenn wir z. B. ca. 200 Millionen DM Betriebsausgaben sparen und dafür 200 Millionen DM investieren. Es gibt einen militärischen Grundsatz, der da lautet: Entsprechend der Auftragserteilung sind die erforderlichen Mittel bereitzuhalten. Das heißt: Wenn wir über die Auftragserteilung einig sind — und wir sind das in der Union —, dann gilt dreierlei: Erstens. Wir brauchen eine Bestätigung der Verteidigungsausgaben in den nächsten Jahren, zumindest für den Zeitraum des Finanzplanes, also bis 1997. Damit gibt man der Bundeswehr den Planungsrahmen und die erforderliche Planungssicherheit. Zweitens. Der Haushalt für 1994 für den Bundesminister der Verteidigung ist in dieser Größenordnung von etwas über 48 Milliarden DM ein Schritt in diese Richtung. Drittens. Der Haushalt des Bundesministeriums der Verteidigung muß nach entsprechender Umschichtung wiederum etwa 30 Prozent für Investitionen enthalten. Wir werden bald die Stärke von 370 000 Soldaten erreicht haben. Man spricht von Zielstrukturen. Wir hatten einmal in der alten Bundesrepublik 490 000 Soldaten. Trotz der zurückgehenden Zahl sollten wir an der Wehrpflicht festhalten. Die Bundeswehr hat damit einen ständigen Kontakt mit der jungen Generation, einen Kontakt, der prägt. Nahezu die Hälfte der Zeit- und Berufssoldaten rekrutiert sich aus den Teilnehmern am Wehrdienst. Damit bleibt die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber mit dem Angebot einer jährlichen Einstellung von rund 20 000 Soldaten auf die Zeit von 4 Jahren und länger. Im nächsten Jahr werden wir die Zielstruktur von 370 000 planmäßig erreichen. Dies gilt sowohl für Umfang als auch für Qualität. Die Laufbahnentwicklung ist damit auch von besonderer Bedeutung. Attraktivität des Soldatenberufes ist nämlich sehr wichtig. So haben wir in diesem Haushalt auch rund 3 000 Hebungen für Oberfeldwebel und 1 000 Hebungen für Stabsunteroffiziere vorgesehen. Die Beförderungswartezeiten für Zeitsoldaten werden radikal reduziert. Wir denken, daß auch dies in der Öffentlichkeit allgemein und bei den betroffenen Jugendlichen zu einer größeren Akzeptanz des Dienstes in den Streitkräften geführt hat. Deswegen gehen die Quoten der Wehrdienstverweigerung auch zurück, obwohl von einer Trendwende noch nicht gesprochen werden kann. Auch beim Zivilpersonal bauen wir im nächsten Jahr mehr als 8 500 Stellen ab. Dies geschieht ausschließlich durch Fluktuation des Personals. Kein Mitarbeiter wird entlassen. Die Sozialverträglichkeit 16680* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 kann durch Anwendung des Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetzes voll gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal die Bitte vortragen, daß das Verteidigungsministerium alsbald ein Personalstrukturmodell für die zivilen Bediensteten der Bundeswehr vorlegt, damit die Organisation nach neuen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen gestaltet werden kann. Mit diesen wenigen Sätzen wollte ich darstellen, was wir u. a. mit diesen 48 Millionen DM im Bereich unserer Verteidigung machen. Ich möchte abschließend darauf hinweisen, daß die Größe, die Struktur und der Auftrag sowie das Selbstverständnis der Bundeswehr hier nicht nur allein etwas mit Geld zu tun haben, sondern daß es auch um eine politische Grundeinstellung geht. Karl Feldmeier hat vor einigen Tagen in der FAZ einen Artikel geschrieben mit der Überschrift „Wozu dient die Bundeswehr?" Er führt dort aus: „Maßgebend wird letzten Endes die Entscheidung darüber sein, ob Politik und Gesellschaft Deutschlands die veränderte Wirklichkeit annehmen und ob sie den Willen zur Selbstbehauptung aufbringen. Es geht darum, ob Deutschland eine gleichberechtigte Macht im Kreise seiner Verbündeten sein oder zum Objekt der Macht anderer werden soll. Ohne den Willen zur Selbstbehauptung wären Streitkräfte überflüssig." Soweit dieses Zitat. Wir, die wir uns mit diesem Haushalt intensiv befaßt haben, sind davon überzeugt, daß wir mit unseren Entscheidungen der Bundeswehr einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung ihrer vielseitigen Aufgaben geliefert haben.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ursula Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS/LL)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 30. Januar 1991 hat der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung verkündet:
    Wir werden als vereinigtes Deutschland unsere Entwicklungshilfe auch in Zukunft steigern.
    Die Realität sieht bekanntlich ganz anders aus. Auch in der zweiten und dritten Lesung des Haushaltsgesetzes 1994 bietet der Einzelplan 23 ein besorgniserregendes Bild. Schon der erste Entwurf dieses Einzelplanes war völlig unzureichend. Daran haben auch die anschließenden Beratungen in den Ausschüssen recht wenig ändern können.
    Unsere Kritik gilt unverändert der Tatsache, daß die Entwicklungspolitik ihren hohen Ansprüchen von Armutsbekämpfung nicht genügt, weil sie die Ursachen für Massenarmut und Massenflucht nur einseitig benennt und demzufolge auch nicht bekämpfen kann.
    Entwicklungspolitik in ihrem bisherigen konzeptionellen Verständnis kann bestenfalls nur einen Bruchteil dessen abfangen, was die Weltwirtschaft in der Mehrzahl der Entwicklungsländer anrichtet. Solange die diskriminierenden weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter bestehen, werden sich die bereits gravierenden globalen Probleme und Gegensätze immer weiter zuspitzen. Diese Probleme gefährden



    Dr. Ursula Fischer
    die Existenz der gesamten Menschheit. Das ist bekannt.
    Nur entschlossenes Handeln in Nord und Süd könnte noch eine Wende bringen. Diese Einsicht schien in Rio selbst Politikern der Industrieländer gekommen zu sein. Bei der Erarbeitung des vorliegenden Haushaltsentwurfs für 1994 haben die Erkenntnisse von Rio jedoch offensichtlich keine Rolle gespielt.
    Die auf dieser Weltkonferenz vom Bundeskanzler erneut bekräftigten 0,7 % des Bruttosozialprodukts, die für Entwicklungshilfe aufgewendet werden sollen, rücken weiter in die Ferne. Ich nehme an, das gilt für andere Haushalte ebenfalls. Noch gerade 0,36 % sind es, die die Bundesrepublik 1994 für Armutsbekämpfung aufzubringen bereit ist. Es ist nicht immer Armutsbekämpfung, was hier gemacht wird. Die Bundesrepublik wird mit diesem Entwicklungshaushalt weder ihren internationalen Verpflichtungen noch den objektiven Notwendigkeiten der Weltentwicklung gerecht.
    Meine Damen und Herren, völlig unverständlich ist mir, daß ausgerechnet im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit alle Vorschläge der Oppositionsparteien abgelehnt werden, die dazu beitragen könnten, die magischen 0,7 % des Bruttosozialproduktes für Entwicklungshilfe zu verwenden. Wer, wenn nicht die Entwicklungspolitiker, soll denn dafür sorgen, daß Regierungserklärungen nicht nur Makulatur sind?
    Es ist erschreckend, feststellen zu müssen, daß die Behandlung des Haushaltes auch diesmal in den gewohnten Bahnen abläuft. Wie bereits in den Vorjahren begann nach Bekanntwerden der Haushaltsplanung für Bundesminister Spranger das Fettreden der mageren Ergebnisse. Selbst sein Begriff der Nullrunde muß kritisch hinterfragt werden. Erstens sinken die Ausgaben im Einzelplan um 30 Millionen DM; das ist also ein absoluter Rückgang. Zweitens sinkt der Anteil des Entwicklungsetats am Gesamthaushalt, denn dieser steigt um 4,8 %. Es ist also auch ein relativer Rückgang zu konstatieren. Von einer Nullrunde kann folglich keine Rede sein.

    (Hans-Günther Toetemeyer [SPD]: Eine Minusrunde!)

    Das Regierungskonzept für 1994 auf diesem Gebiet ist eine eindeutige Minusrunde. So sehe ich das auch.
    Zwar weist der Bundesminister darauf hin, daß die wenigen Mittel nun konzentriert und kontrolliert eingesetzt werden müssen. 1993 bestand das Problem, wenige Mittel auf eine größere Zahl von Empfängern aufteilen zu müssen. Heute entfallen auf nur zehn von über 100 Ländern, unter ihnen die Türkei, Israel, China, Indonesien und Indien, allein 53,3 % der geplanten Zusagen der finanziellen Zusammenarbeit. Auf die Tatsache, daß ein und derselbe Kriterienkatalog des Hauses Spranger für einige Länder die Streichung der Entwicklungshilfe motiviert, während er eine intensive Zusammenarbeit mit Ländern wie der Türkei und Indonesien ermöglicht, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen; leider habe ich nicht soviel Zeit.
    Meine Damen und Herren, wenn die kritische Beurteilung der Effizienz von multilateraler Entwicklungszusammenarbeit durch Koalition und SPD berechtigt ist, wovon ich ausgehe: Wie kann dann eine Umverteilung von 300 Millionen DM für multilaterale Zwecke vorgenommen werden? Natürlich muß die Bundesregierung internationale Verpflichtungen erfüllen, die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit darf darunter jedoch nicht leiden. Ich habe sehr aufmerksam zugehört und auch die Forderungen hinsichtlich der Koalitionsparteien gehört. Man wird sehen, wie sich das weiterentwickelt. Ich bin da keinesfalls so optimistisch wie mein Kollege.
    Bezeichnend ist auf jeden Fall, auf wessen Kosten die unter Sparzwang stehende Bundesregierung die katastrophale Haushaltslage entspannen will. Im Inland trifft es die ohnehin sozial Schwachen und Benachteiligten, deren Zahl mit einer solchen Politik, wie sie im Moment betrieben wird, überdies nur steigen kann; nach außen geht militärisches und wirtschaftliches Imponiergehabe vor solidarische Unterstützung.
    Mit 48,6 Milliarden DM bleibt der Einzelplan 14, der Verteidigungshaushalt, der fünftgrößte Einzelhaushalt. Wenn die Bundesregierung im Sinne von Frieden, Entwicklung, sozialer Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung aktiv werden wollte, wäre genau an dieser Stelle Gelegenheit gewesen, deutliche Zeichen zu setzen. Das ist bestimmt auch in diesem Jahr nicht zufällig ausgeblieben.
    Meine Damen und Herren, auch der vorliegende Haushalt 1994 des BMZ wird den Erfordernissen der Zeit nicht gerecht. Daher kann die PDS/Linke Liste nicht zustimmen.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, nun hat unser Kollege Werner Zywietz das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Zywietz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, die letzten Worte, die wir zum Thema der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gehört haben, waren sehr realitätsfern.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Rudolf Bindig [SPD]: Die waren sachkundig!)

    Die Worte allerdings, die wir eingangs vom Kollegen Helmut Esters gehört haben, waren sehr realistisch und machten eigentlich das gute Klima der Beratungen im Haushaltsausschuß zwischen den Fraktionen der Opposition und der CDU/CSU- und der F.D.P.-Fraktion mit einem sehr guten Dialog mit dem Hause deutlich. Das, was der Kollege Helmut Esters gesagt hat, war zu meinem eigenen Erstaunen kein Klagelied über den stagnierenden Haushalt, sondern eine sehr realistische Darstellung, was wir aus der Leistungskraft der Bundesrepublik Deutschland heraus zur Unterstützung anderer Länder auf diesem Globus im Moment anbieten können.
    Beim zugrundeliegenden Haushalt für das Jahr 1994 geht es um einen Haushalt, der sich auf dem Niveau des Jahres 1993 bewegt. Das ist eine Tatsache. Aber man muß sich im klaren sein, wie der Hinter-



    Werner Zywietz
    grund der Leistungsmöglichkeiten aus dem Einzelplan 23 aussieht. Dies war eigentlich der Leitfaden der Debatte seit gestern mittag. Der immense Aufwand, der sich durch den Zusammenbruch der kommunistischen Staaten in Osteuropa ergeben hat, und die Kosten der deutschen Einheit liegen in der Tat sehr viel höher, als wir noch vor drei Jahren angenommen haben. Dies müssen wir bei der Bemessung der Leistungen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit berücksichtigen.
    Wenn man auf Reisen ist und mit Entwicklungspolitikern anderer Länder spricht, stellt man fest, daß einige erstaunt sind, daß wir trotz des immensen Aufwands, den wir im wiedervereinigten Deutschland zu leisten haben, ein entwicklungspolitisches Niveau halten können, wie wir es auch zuvor gehabt haben. Denn der Transfer innerhalb Deutschlands, die Kosten für den Aufbau in den fünf neuen Bundesländern und auch die Ausgleichsleistungen sind doch viel höher, als wir angenommen haben. Das ist doch seit gestern mittag erneut deutlich geworden. Dennoch leisten wir unseren Beitrag gegenüber der Dritten Welt. Ich finde, das ist äußerst positiv, und für mich verbietet es sich herumzumäkeln, ob da noch 100 oder 200 Millionen DM an Steigerungsraten fehlen. Ich persönlich und die F.D.P. finden, daß dies ein ganz besonders erfreulicher Tatbestand ist.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wir alle müssen davon abrücken, in Ressortkategorien zu denken. Entscheidend für die Hilfe gegenüber Dritten ist doch, daß man zur Hilfe auch materiell imstande ist. Alle, die hier sitzen, und andere haben doch eine hohe Verantwortung, die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft der Bundesrepublik Deutschland auf hohem Niveau zu halten. Denn nur wenn wir das tun, wenn das eigene Haus zumindest ökonomisch in Ordnung ist, können wir etwas für andere tun. Ansonsten bleiben es doch nur freundliche Worte, aber keine konstruktiven, unterstützenden Taten mehr. Deswegen sind auch alle, die ein besonderes Interesse an der Hilfe für die Dritte Welt haben, aufgerufen, auch ihren Teil für eine funktionierende Wirtschaft und für erhaltbare soziale Netze im eigenen Land zu leisten.

    (Zurufe von der PDS/Linke Liste)

    — Ja, weil Sie früher viel zuviel verwirtschaftet haben. Diese Mehrkosten, die in den letzten drei, vier Jahren aufzuwenden waren, sind genau das, was zu einem gewissen Teil der Dritten Welt entzogen wurde. Wäre dieser Aufwand nicht so groß, hätten wir hier möglicherweise ein Stück mehr leisten können. Das ist auch ein Stück der Wahrheit, so wie sie sich entwickelt hat.
    Aus dieser Ausgangsposition heraus sind wir also gehalten, die Steigerung der Effizienz im Bereich der Entwicklungshilfe noch stärker in den Mittelpunkt unserer Anstrengungen zu stellen als zuvor. Den Geldappetit von außen können wir gewiß nicht ausreichend stillen. Was wir allerdings können, ist, gesellschaftliche Infrastrukturen, die selbsttragend wirken, aufbauen zu helfen und zu unterstützen. Wir können auch Einsichten in demokratische, in pluralistische Entwicklungen und marktwirtschaftliche
    Orientierungen unterstützen. Ebenso können wir Motivationen für die Möglichkeiten zur Selbsthilfe unterstützen. Ein Bedienen von Erwartungshorizonten schlichtweg mit geldlichen Mitteln kann nicht der Sinn von Entwicklungshilfe sein.

    (Beifall des Abg. Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [fraktionslos])

    Vor diesem Hintergrund bin ich sehr sicher, daß die hier erwähnte Akzentverschiebung, bei der multilateralen Hilfe vorsichtiger zu sein, ausgesprochen richtig ist. Ich will nicht unbedingt unbesehen dem japanischen Beispiel folgen, aber ich habe gelesen, daß die Japaner 80 % für die bilaterale Hilfe und nur 20 % für die multilaterale Hilfe ausgeben. Wenn wir uns mit unserem Beschluß auf eine Relation 70:30 zubewegen, ist das, glaube ich, eine sehr vernünftige Grundentscheidung.

    (Beifall bei der F.D.P., bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [fraktionslos])

    Das wird zur Folge haben, daß wir unsere Leistungen an einzelne UNO-Organisationen stärker daraufhin zu überprüfen haben, was versprochene Beiträge, was verankerte Pflichtbeiträge und was freiwillige Beiträge sind; denn ohne eine solche Analyse werden wir auch keine Umsteuerung erreichen. Wir müssen uns erst einmal Klarheit über den Gestaltungsspielraum schaffen.
    Bei dem Stichwort UNO-Organisationen sage ich auch ganz deutlich: Keiner ist durch seine Bezeichnung, durch die Titulierung unantastbar oder heiliggesprochen. Auch eine Organisation wie die UNICEF, die zweifelsohne viel Gutes auf der Welt leistet, muß sich genauer befragen lassen — und wir werden das tun —, ob sie in der Zwischenzeit nicht reichlich viele Rücklagen bilden konnte, während sie immer noch höhere Beiträge verlangt und keine Rechenschaft darüber gibt, was sie mit dem gehorteten Geld anfängt.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Das soll ja keine Sparkasse sein!)

    — So ist es. Es sollte eine Hilfsorganisation sein und keine Sparkasse, die — wie der Rechnungshofbericht festgestellt hat — in der Größenordnung von mehreren hundert Millionen DM Gelder mit Zinsen parkt. Hilfe sollte sie leisten mit den Beiträgen, die ihr von anderen gegeben werden.
    Die Beiträge an die UNO-Organisationen belaufen sich auf über 1 Milliarde DM. Aus einem Haushalt von 8,4 Milliarden DM ist das schon ein gutes Stück. Auf eine knappe Milliarde, auf etwas unterhalb dieses Niveaus, belaufen sich die Beiträge, die wir an die europäischen Organisationen geben. Sowohl unsere eigenen Recherchen als auch Prüfungsberichte haben offenbart, daß eher die Bürokratie wächst, daß tendenziell der administrative Aufwand wächst, und immer weniger für die Projekte übrigbleibt. Auch das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Wir werden stärker unser Augenmerk darauf zu richten haben,



    Werner Zywietz
    daß wirklich Hilfe geleistet und nicht nur Geld gezahlt wird.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ebenfalls darauf zu achten ist — auch das benenne ich ganz deutlich —, daß unter einem wohlklingenden europäischen Namen für einen Fonds, d. h. unter einem multilateralen Etikett, nicht doch sehr viel getarnte nationale Hilfe und nationale Absichten abgewickelt werden. Auch das gehört zu einem Gutteil der Wahrheit.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Der sehr universell klingende Fondsname ist noch kein Beweis dafür, daß sich dahinter nicht allerlei nationale Egoismen verbergen.
    Was unsere eigene bilaterale Hilfe anbelangt — die technische Hilfe beläuft sich auf über 1 Milliarde DM und die finanziellen Zuweisungen an andere Staaten auf 2,7 Milliarden DM —: Auch hier ist eine Konzentration, wie es die Kollegen Christian Neuling und auch Helmut Esters angesprochen haben, vonnöten. Wir geben bilateral, von Staat zu Staat, Budgethilfe an 66 Staaten. Das sind gewiß einige zuviel. Da auch andere Länder, insbesondere im Osten, der Hilfe bedürfen, werden wir diese Zahl zu reduzieren haben. Nach meiner Meinung führt daran kein Weg vorbei.
    Wir werden auch stärker darauf zu achten haben, daß die finanzielle Hilfe eher in Aufträge und Projekte mit einer sinnvollen Begleitung der technischen Zusammenarbeit fließt. Wenn wir das duale System, d. h. Berufsausbildung, exportieren — das ist mit das Beste, was wir zur Entwicklungshilfe in der Welt anbieten können —, dann sollten wir darauf achten, daß dies angemessen geschieht.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Jochen Feilcke [CDU/CSU]: Das hat schon der Kollege Neuling gesagt!)

    — Sehr berechtigt. Ich habe schon einleitend gesagt, daß wir in der Grundanalyse und in dem, was erforderlich ist, inhaltlich sehr dicht beieinander sind.
    Herr Präsident, habe ich noch eine Minute?
    Vizepräsident Helmuth Becker Nein, Ihre Redezeit ist längst überschritten.