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    Plenarprotokoll 12/192 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 192. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Inhalt: Bestimmung des Abgeordneten Rolf Schwanitz als ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuß 16531 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 12/6004, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 12/ 6005, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 12/6014, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksachen 12/6027, 12/ 6030) Hans-Ulrich Klose SPD . . . . 16531D, 16592A Michael Glos CDU/CSU 16537A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 16544 C Hans-Ulrich Klose SPD 16544 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 16551A Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16554 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 16557 A Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 16566 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 16576B Michael Glos CDU/CSU 16577 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 16578 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 16578D Dr. Jürgen Schmude SPD 16580 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 16587 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU (zur GO) 16595 B Dietrich Austermann CDU/CSU 16595 C Ortwin Lowack fraktionslos 16598 D Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 16600 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16603B Ernst Waltemathe SPD 16605 D Udo Haschke (Jena) CDU/CSU 16608 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 16608 C Dr. Rudolf Krause (Bonese) fraktionslos 16609A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16610 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16612B Friedrich Bohl, Bundesminister BK . . 16613 D Dr. Hans Stercken CDU/CSU 16614B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16615A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . . . 16616D, 16630 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16618A Hans-Gerd Strube CDU/CSU 16622 A Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . 16623D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . 16626A, 16630 C Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . . 16627 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 16628 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 16630D Walter Kolbow SPD 16633 C Paul Breuer CDU/CSU 16636 B Dr. Karl-Heinz Klejdzinski SPD . . . 16637 B Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 16554 A Namentliche Abstimmung 16638 C Ergebnis 16644 D Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 12/6021, 12/6030) Helmut Esters SPD 16639 B Christian Neuling CDU/CSU 16641D Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . . 16646 D Werner Zywietz F D P 16647 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16649 C Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 16650 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 12/6006, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 12/6026) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 12/ 6028, 12/6030) Rudolf Purps SPD 16652 D Karl Deres CDU/CSU 16656 C Ina Albowitz F.D.P. 16659 A Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 16661 B Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16662 D Günter Graf SPD 16664 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16665 D Erwin Marschewski CDU/CSU 16666 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16668D Freimut Duve SPD 16670A Karl Deres CDU/CSU 16670 C Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16671A Klaus Lohmann (Witten) SPD 16672 C Manfred Kanther, Bundesminister BMI 16673 B Nächste Sitzung 16675 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16677' A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 12: Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt Dr. Klaus Rose CDU/CSU 16633' C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 13: Einzelplan 14 — Bundesministerium der Verteidigung Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/CSU 16679' A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 16531 192. Sitzung Bonn, den 24. November 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 24. 11. 93 Blunck (Uetersen), SPD 24. 11. 93 * Lieselott Böhm (Melsungen), CDU/CSU 24. 11. 93 * Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 24. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 24. 11. 93 Herta Ehrbar, Udo CDU/CSU 24. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 24. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 24. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 24. 11. 93 Großmann, Achim SPD 24. 11. 93 Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 24. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 24. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 24. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 24. 11. 93 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 24. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 24. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 24. 11. 93 Kraus, Rudolf CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 24. 11. 93 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 24. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 24. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 24. 11. 93 ** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 24. 11. 93 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 24. 11. 93 * Rappe (Hildesheim), SPD 24. 11. 93 Hermann Dr. Röhl, Klaus F.D.P. 24. 11. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 24. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 24. 11. 93 Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Scheer, Hermann SPD 24. 11. 93 * Schmidt (Salzgitter), SPD 24. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 24. 11. 93 Schröter, Karl-Heinz SPD 24. 11. 93 Schwanhold, Ernst SPD 24. 11. 93 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 24. 11. 93 Christian Dr. Soell, Hartmut SPD 24. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. von Teichman, F.D.P. 24. 11. 93 Cornelia Vosen, Josef SPD 24. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 24. 11. 93 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wollenberger, Vera BÜNDNIS 24. 11. 93 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 24. 11. 93* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 12: Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Klaus Rose (CDU/CSU): Mit besonders gemischten Gefühlen stehe ich jetzt am Rednerpult. Denn während wir hier im Warmen und in Sicherheit hehre Außenpolitik formulieren, frieren und sterben weitere Hunderte und Tausende von Menschen in Bosnien. Die Welt schaut zu, Europa schaut zu, Deutschland schaut zu. Eine erfolgversprechende außenpolitische Initiative gibt es nicht. Klaus Bressers Anklage vorgestern abend im deutschen Fernsehen ist zweifellos berechtigt. Seine Schlußfolgerungen einer einzigen Lösung, nämlich eines militärischen Einsatzes, versteht jeder, man schreckt aber davor zurück. In einem neuen Buch von Hans-Peter Schwartz wird der fehlende Mut, der fehlende Wille der Deutschen zur Machtpolitik moniert. Deutschland sei zwar schon lange ein wirtschaftlicher Riese mit automatischer Macht. Aber mit der Rolle des politischen Zwergs müsse es ein Ende haben. Weltmacht wider Willen könne man auf Dauer nicht sein, der politische Gestaltungswille müsse dazukommen. Ich höre jetzt natürlich den Aufschrei, daß die Deutschen wieder von einer großen Rolle in der Weltpolitik träumten. Nein, darum geht es nicht, zumindest nicht um eine Alleinträumerei der Deutschen. In der Weltgemeinschaft, in der Europäischen Gemeinschaft und in manchen internationalen Gremien muß Deutschland seiner Bedeutung gerecht werden. Diese Bedeutung ist nach der Wiedervereinigung naturgemäß anders als früher. Diese Neubewertung deutscher Außenpolitik, diese Umorientierung muß jetzt endlich in der Praxis geschafft werden. Deutschland muß sich sowieso darüber klar werden, daß die Welt sich weiterdreht und daß wir sehr schnell vom Rad geschleudert werden können. Bei der Einbringungsrede des Haushalts im September 1993 habe ich die Bedeutung einer deutschen Asienpolitik herausgestrichen. Ich freue mich deshalb über den Erfolg der Kanzlerreise nach China. Über eines darf der Blick nach Asien nicht hinwegtäuschen: Europa ist in großer Gefahr. Die Gefahr wird beim Blick auf die asiatische Weltkarte deutlich. Dort ist nämlich der Pazifikraum im Mittelpunkt und 16678* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Europa Randlage, wie wir es von Alaska oder von der Kamtschatka gewöhnt sind. Genau hier setzt das Problem ein. Haben nicht vor wenigen Tagen der amerikanische Präsident und verschiedene asiatische Regierungschefs die Zukunftsrichtung der amerikanisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) gewiesen? Hat nicht mit der NAFTA der nordamerikanische Wirtschaftsverbund den Wettbewerb mit der EG beschworen? Hat nicht der amerikanische Außenminister Warren Christopher gestern im ZDF-Morgenmagazin bei der Formulierung der amerikanischen Prioritäten die Stärkung der NATO erst an dritter Stelle genannt? Wir müssen erkennen, daß Europa aufpassen muß, damit es nicht wirtschaftlich, militärisch und finanziell zu einem unbedeutenden Markt wird. Mit der neuen Versuchung von Kleinstaaterei ist uns allen nicht gedient. Unverzichtbar ist für die EG und besonders für die Deutschen die Gewinnung der osteuropäischen Völker für Demokratie und Marktwirtschaft. Deshalb hatte der Haushaltsausschuß die Idee der Bundesregierung sehr begrüßt, mit der deutschen Beratungshilfe zum Aufschwung beizutragen. Über verschiedene Einzelpläne verteilt werden nächstes Jahr rund 300 Millionen DM eingesetzt. Es gibt am Ziel keinen Zweifel, denn der Aufbau von Forstverwaltungen, von Sparkassen oder von Konversionsprojekten bei früheren Rüstungsbetrieben kann nur unterstützt werden. Es wäre aber falsch, wenn wir am gleichen Weg wie bisher festhalten würden, nämlich alle Mittel an die Zentralregierungen zu geben. Es ist eine Tatsache, daß z. B. die russische Wirtschaft nur dann umgestaltet werden kann, wenn man das Potential der Regionen zur Wirkung bringt. Ich rede nicht einer politischen Dezentralisierung oder Destabilisierung das Wort. Denn ein weiterer Zerfall unter Krach und Donner ist nicht erstrebenswert. Eine einheitliche Rubelzone, eine Art Länderfinanzausgleich wären das Ziel. Doch so viel Demokratie als möglich, so viel föderative Strukturen als machbar sollten von uns herauskristallisiert werden. Mich als überzeugten Europäer, treuen Deutschen und begeisterten Föderalisten freut es jedenfalls, daß jetzt auch in der Republik Südafrika der deutschen Verfassung ähnliche Strukturen eingeführt werden. Die GUS, aber auch die Einzelnachfolger der Sowjetunion sollten auf jeden Fall, so sie es wünschen, beim Aufbau nicht bloß von demokratischen und marktwirtschaftlichen, sondern auch von föderativen Strukturen unterstützt werden. Im Rahmen des auswärtigen Etats muß ein weiteres Thema angesprochen werden. Es geht um die Hilfe in Katastrophenfällen, bei Not und Flüchtlingselend, bei Bürgerkriegen, die wir trotz eigener Haushaltsprobleme nicht vergessen dürfen. Ich erkenne in diesem Zusammenhang gerne die engagierte Leistung des Arbeitsstabs „Humanitäre Hilfe" im Auswärtigen Amt an. Mit der Soforthilfe, d. h. mit medizinischer Betreuung, Übergabe von Nahrungsmitteln und Kleidung, Herstellung von Notunterkünften oder Wiederherstellung von Strom-, Wasser-, Gasleitungen oder von Straßen und Brücken, wird viel Gutes geleistet, mit Sonderhilfen wird viel außenpolitischer Goodwill offenbart. 1993 sind bisher nahezu 500 Millionen DM für die humanitäre Hilfe eingesetzt worden, nicht bloß im Haushalt des Auswärtigen Amts, sondern auch beim BMZ, beim Innenminister oder beim Verteidigungsminister. Dazu kommen die internationalen Beiträge. Beliebig ausweiten läßt sich der vom Steuerzahler finanzierte Anteil an den Hilfsmaßnahmen aber auch nicht. Dankbar registrieren wir daher die Spendenbereitschaft der Deut-. schen insgesamt. Wir registrieren die wie Pilze aus dem Boden geschossenen privaten Unterstützungsorganisationen für die Not in Rußland, in Rumänien oder in Bosnien. Wir registrieren die selbstlose Einsatzfreude vieler Menschen in Deutschland, wenn es um spontane Hilfsmaßnahmen geht. Da wird viel gutgemacht, was durch andere Deutsche, ob glatzköpfige Schläger oder hohlköpfige Schreibtischtäter, an Schande über Deutschland gebracht wird. Wegen der Sperren im Haushaltsgesetz und der Globalkürzung um 5 Milliarden DM, die anteilsmäßig auch den Etat des Auswärtigen Amts betreffen und insgesamt 134 Millionen DM ausmachen könnten, steht die Auswärtige Kulturpolitik noch mehr als früher im Mittelpunkt des Interesses. Im gewünschten Ziel sind wir uns alle einig, nämlich möglichst viel und möglichst effektiv, möglichst überall und möglichst ständig kulturell präsent zu sein. Es sind, das hat der ehemalige Präsident des Goethe-Instituts, Hans Heigert, anerkannt, viele Milliarden DM in die bisherigen Kulturverbindungen mit dem Ausland gesteckt worden. Keinem fällt es leicht, wegen des allgemeinen Sparzwangs bei diesen Kulturbeziehungen Abstriche zu machen. Es war immerhin der Bundeskanzler selbst, der mehrmals betonte, daß die deutsche Sprache im Ausland noch stärker gefördert werden sollte und daß mit einem Sonderprogramm „Deutsche Sprache" besonders in Osteuropa zum Aufbau friedlicher Beziehungen beigetragen würde. Der Haushaltsausschuß jedenfalls hat diese Haltung respektiert und versucht zu helfen, wo zu helfen war — ohne deshalb die Arbeitslosenunterstützung im eigenen Land oder manch unverzichtbare Investition in den neuen Bundesländern zu gefährden. Von einer besonderen „Kultur" zeugt daher nicht, wenn die Verantwortlichen des Goethe-Instituts in München bei einer Pressekonferenz im Oktober dieses Jahres wieder einmal glaubten, von einer „Strafexpedition der Anti-Kultur-Politiker in Bonn" reden zu müssen, weil auch das GoetheInstitut einen Sparbeitrag zur allgemeinen Haushaltslage bringen muß. Am meisten wurde beklagt, daß vier Institute geschlossen werden müßten und daß damit erheblicher außenpolitischer Schaden einträte. Wollen Sie die Namen dieser vier Institute hören? Es handelt sich um Viña del Mar (Chile), Medellin (Kolumbien), San Juan (Argentinien) und Malmö (Schweden). Zumindest bei unseren schwedischen Freunden habe ich bisher keinen Liebesentzug feststellen müssen, dafür freuen sich aber die Städte, die bisher in der sozialistischen Abgeschiedenheit festgenagelt waren, wie St. Petersburg, Kiew, Minsk oder Tiflis, auch Alma Ata und Hanoi, daß ein neues Goethe-Institut dort hinkommt. Sollte etwa ein Sparzwang gar ein Anreiz zu neuem Denken sein? Ich kann nur ermuntern, auch stärker den europäischen Verbund zu sehen. Gemeinsame deutsch-französi- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 16679* sche Botschaften oder auch Kulturinstitute oder zumindest ein gemeinsames Dach dafür könnte so manchen Anstoß zu mehr Effektivität auch in der Kulturpolitik geben. Man ist noch lange kein KulturMuffel, wenn man sich Gedanken über das Aufbrechen verkrusteter Strukturen macht. Heilsam ist letzteres im gesamten staatlichen Haushalt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 13 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Hans-Werner Müller (Wadern) (CDU/CSU): Unsere Soldaten sind aus Kambodscha zurückgekehrt. Unsere Soldaten leisten humanitäre Hilfe in Somalia. Es sind besonders viele aus den Standorten meiner saarländischen Heimat dabei. Unsere Soldaten versorgen Teile der bosnischen Bevölkerung aus der Luft. Unsere Soldaten erfüllen diese Aufträge mit hohem Verantwortungsbewußtsein und vorbildlicher Haltung. Sie dienen dem Ansehen unseres Landes, dafür gebührt ihnen unser Dank. Unsere Soldaten können dies leisten, weil wir eine einsatzbereite, modern ausgestattete und bündnisfähige Bundeswehr haben, und auch weiter haben wollen. Dazu bedarf es erheblicher staatlicher Mittel, die im Einzelplan 14 des hier zu beratenden Haushaltes zur Verfügung gestellt werden. Der 94er Haushalt für die Verteidigung steht im besonderen Maße unter der Notwendigkeit substantieller Einsparungen, weil die Staatsfinanzen insgesamt gesehen zu konsolidieren sind. Konsolidierung der Staatsfinanzen ist erfolgreiche Zukunftssicherung Deutschlands. Dies ist oft genug gesagt worden. Im Wettbewerb um die knappen Ressourcen sind in der Öffentlichkeit gerade die Verteidigungsausgaben besonders zu begründen. Werden doch rund 48 Milliarden ausgegeben, aber immerhin fast 3 Milliarden weniger als 1992. Wir sind, um das gleich vorweg zu sagen, an eine Grenze gestoßen, die wir nicht mehr unterschreiten dürfen, ohne das Ganze zu gefährden. Im vergangenen Jahr wollte die SPD noch 5 Milliarden aus dem Verteidigungshaushalt herausstreichen, heute wird dieser Haushalt anders, wesentlich realistischer beurteilt; man läßt erkennen, durch einige Sprecher zumindestens, daß hier in diesem Einzelplan des Bundesministers der Verteidigung nichts mehr zu holen ist. Ich meine dies ist ein Fortschrittt. Ich will auch sagen, daß in diesem Jahr die Beratungen gerade dieses Haushaltes aus meiner Sicht besonders schwierig waren, im Vergleich zu den früheren Jahren. Ich habe ja die Ehre, schon seit einigen Jahren diesen Haushalt zu bearbeiten. Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich bei den Beamten des Verteidigungsministeriums für die gute Zusammenarbeit bedanken. Die Beratungen waren aber schwierig, weil es halt immer schwierig ist, die Wünsche, so berechtigt sie auch sind, und die Realität in Einklang zu bringen, wobei wir selbstverständlich den Weg des Ministers unterstützen, der durch energisches Sparen im Bereich der Betriebsausgaben der Bundewehr sich Freiräume zu schaffen sucht für neue Gestaltungsmöglichkeiten und planerische Initiativen. Wir gehen diesen Weg mit, Herr Minister, so wenn wir z. B. ca. 200 Millionen DM Betriebsausgaben sparen und dafür 200 Millionen DM investieren. Es gibt einen militärischen Grundsatz, der da lautet: Entsprechend der Auftragserteilung sind die erforderlichen Mittel bereitzuhalten. Das heißt: Wenn wir über die Auftragserteilung einig sind — und wir sind das in der Union —, dann gilt dreierlei: Erstens. Wir brauchen eine Bestätigung der Verteidigungsausgaben in den nächsten Jahren, zumindest für den Zeitraum des Finanzplanes, also bis 1997. Damit gibt man der Bundeswehr den Planungsrahmen und die erforderliche Planungssicherheit. Zweitens. Der Haushalt für 1994 für den Bundesminister der Verteidigung ist in dieser Größenordnung von etwas über 48 Milliarden DM ein Schritt in diese Richtung. Drittens. Der Haushalt des Bundesministeriums der Verteidigung muß nach entsprechender Umschichtung wiederum etwa 30 Prozent für Investitionen enthalten. Wir werden bald die Stärke von 370 000 Soldaten erreicht haben. Man spricht von Zielstrukturen. Wir hatten einmal in der alten Bundesrepublik 490 000 Soldaten. Trotz der zurückgehenden Zahl sollten wir an der Wehrpflicht festhalten. Die Bundeswehr hat damit einen ständigen Kontakt mit der jungen Generation, einen Kontakt, der prägt. Nahezu die Hälfte der Zeit- und Berufssoldaten rekrutiert sich aus den Teilnehmern am Wehrdienst. Damit bleibt die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber mit dem Angebot einer jährlichen Einstellung von rund 20 000 Soldaten auf die Zeit von 4 Jahren und länger. Im nächsten Jahr werden wir die Zielstruktur von 370 000 planmäßig erreichen. Dies gilt sowohl für Umfang als auch für Qualität. Die Laufbahnentwicklung ist damit auch von besonderer Bedeutung. Attraktivität des Soldatenberufes ist nämlich sehr wichtig. So haben wir in diesem Haushalt auch rund 3 000 Hebungen für Oberfeldwebel und 1 000 Hebungen für Stabsunteroffiziere vorgesehen. Die Beförderungswartezeiten für Zeitsoldaten werden radikal reduziert. Wir denken, daß auch dies in der Öffentlichkeit allgemein und bei den betroffenen Jugendlichen zu einer größeren Akzeptanz des Dienstes in den Streitkräften geführt hat. Deswegen gehen die Quoten der Wehrdienstverweigerung auch zurück, obwohl von einer Trendwende noch nicht gesprochen werden kann. Auch beim Zivilpersonal bauen wir im nächsten Jahr mehr als 8 500 Stellen ab. Dies geschieht ausschließlich durch Fluktuation des Personals. Kein Mitarbeiter wird entlassen. Die Sozialverträglichkeit 16680* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 kann durch Anwendung des Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetzes voll gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal die Bitte vortragen, daß das Verteidigungsministerium alsbald ein Personalstrukturmodell für die zivilen Bediensteten der Bundeswehr vorlegt, damit die Organisation nach neuen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen gestaltet werden kann. Mit diesen wenigen Sätzen wollte ich darstellen, was wir u. a. mit diesen 48 Millionen DM im Bereich unserer Verteidigung machen. Ich möchte abschließend darauf hinweisen, daß die Größe, die Struktur und der Auftrag sowie das Selbstverständnis der Bundeswehr hier nicht nur allein etwas mit Geld zu tun haben, sondern daß es auch um eine politische Grundeinstellung geht. Karl Feldmeier hat vor einigen Tagen in der FAZ einen Artikel geschrieben mit der Überschrift „Wozu dient die Bundeswehr?" Er führt dort aus: „Maßgebend wird letzten Endes die Entscheidung darüber sein, ob Politik und Gesellschaft Deutschlands die veränderte Wirklichkeit annehmen und ob sie den Willen zur Selbstbehauptung aufbringen. Es geht darum, ob Deutschland eine gleichberechtigte Macht im Kreise seiner Verbündeten sein oder zum Objekt der Macht anderer werden soll. Ohne den Willen zur Selbstbehauptung wären Streitkräfte überflüssig." Soweit dieses Zitat. Wir, die wir uns mit diesem Haushalt intensiv befaßt haben, sind davon überzeugt, daß wir mit unseren Entscheidungen der Bundeswehr einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung ihrer vielseitigen Aufgaben geliefert haben.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmut Esters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir jetzt zur Beratung des Etats des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kommen, muß uns dabei bewußt sein, daß die öffentlichen Leistungen der Geberländer gegenüber positiven Signalen aus dem Bereich der GATT-Verhandlungen für die Lander der Dritten Welt nur eine periphere Bedeutung haben. Wenn die Länder der Dritten Welt mit ihren Produkten offenen Zugang zu den Märkten der Industriestaaten bekämen, dann würde dies eine dauerhafte Verbesserung der Lebensbedingungen vieler Menschen in diesen Ländern bedeuten.
    Ich wundere mich von daher schon seit einiger Zeit über die allzu geringe Lautstärke der Proteste aus den Ländern des Südens gegen die lange Verhandlungsdauer der Uruguay-Runde und der nicht absehbaren Folgen eines Scheiterns dieser Veranstaltung.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Resignation!)

    Wir wissen natürlich auch, daß der Marktzugang für Produkte aus den Ländern der Dritten Welt zwangsläufig auch zu Strukturveränderungen in den Industriestaaten selbst führen wird. Wer aber für einen freien Welthandel eintritt, der muß den Strukturwandel bei uns zugunsten der Dritten Welt bejahen; denn auch das versteht man unter internationaler Arbeitsteilung in unserer einen Welt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der F.D.P.)

    In unserem eigenen Interesse als Exportnation und ganz besonders im Interesse der Entwicklungsländer müssen wir also auf einen Erfolg bei der GATT-Runde setzen und hoffen, daß die protektionistischen Interessen einzelner Industriestaaten nicht zum Tragen kommen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der F.D.P.)

    Im Zuge unseres Vereinigungsprozesses haben wir erkennen müssen, eines wie hohen finanziellen Aufwandes es bedarf, um die Lebensbedingungen der Bevölkerung in den neuen Ländern schrittweise auf das Niveau der alten Bundesländer — obwohl es auch da regionale Unterschiede gibt — heranzuführen. Wenn wir für diesen Bereich mittelfristig einen jährlichen Bedarf von mehr als 150 Milliarden DM feststellen, dann kann jeder leicht ermessen, eine welch zu vernachlässigende Größe der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland mit rund 8,3 Milliarden DM für alle Länder des Südens ist. Die große Mehrheit der Bevölkerung auf unserer Erdkugel lebt nun einmal in der südlichen Hemisphäre.
    Wenn wir nun bei der Beratung des Einzelplans 23 berücksichtigen müssen, daß uns selbst, dem Bundesministerium und damit auch dem Parlament, ein nur geringer Gestaltungsspielraum offensteht, dann auch deshalb, weil rund 35 % des Etatvolumens Ansätze sind, die durchlaufende Posten im Einzelplan 23 ohne Projektsteuerung durch das Ministerium darstellen. Dies sind die Beiträge, die entweder durch Gesetz oder durch internationale Verabredungen, im Bereich der internationalen Banken, des Internationalen Währungsfonds — dieser wird vom BMF gesteuert —, der Europäischen Gemeinschaft — dieser wird vom Bundesminister für Wirtschaft ausgehandelt —, festgesetzt sind. Damit begrenzt sich schon das Volumen, das für Ausgaben im bilateralen Bereich zur Verfügung steht, ganz erheblich.
    Von daher halte ich es für richtig, daß die Koalitionsfraktionen im Haushaltsausschuß deutlich gemacht haben, daß sie den bilateralen Teil der Beiträge — auch aus nationalen Eigeninteressen heraus — auf einem bestimmten Niveau halten wollen und, bevor die Bundesregierung oder einzelne Bundesminister im internationalen Bereich Zusagen geben, zunächst den Haushaltsausschuß über ihre Absichten unterrichten.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Denn in diesem Bereich ist es auch ein wichtiger Punkt, daß — folgt man den vielen Berichten, die man hin und wieder bekommt — die internationalen Organisationen, einschließlich der europäischen, an die Effektivität des bilateralen Bereiches bei uns bei weitem nicht herankommen.

    (Hans-Günther Toetemeyer [SPD]: Da gibt es keine Kontrolle!)

    — Ja, sicherlich. — Dann ist es wichtig, daß wir für den bilateralen Bereich entsprechende Möglichkeiten offenhalten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der F.D.P.)




    Helmut Esters
    Die Bundesregierung hat im Laufe der letzten Jahre wiederholt dargelegt, daß die Mittel für den Bereich der wirtschaftlichen Kooperation steigen werden, auch nach dem Vereinigungsprozeß, wo anerkanntermaßen die Finanzlage für den Bund insgesamt schwieriger geworden ist. Das ist allerdings an der Regierungsvorlage nicht erkennbar. Nach den Beratungen im Haushaltsausschuß sind nochmals rund 26 Millionen DM heruntergenommen worden, so daß eine Erhöhung des Entwicklungsetats in diesem Jahr leider nicht möglich war. Das ist zu bedauern, zumal wir damit von dem Ziel eines bestimmten Prozentsatzes am Bruttosozialprodukt immer weiter wegkommen.
    Dazu kommt noch ein anderes: Wenn der Entwicklungsetat auch noch von der 5-Milliarden-DM-Sperre, von der hier schon verschiedentlich die Rede war, in erheblichem Umfang betroffen wird — das wird ein Betrag von etwa 100 Millionen DM sein —, dann wird das bei den entsprechenden Titelgruppen zu folgenden Konsequenzen führen müssen. Wir unterhalten dann in wichtigen Bereichen unter Umständen den ganzen Personalapparat für den wesentlichen Bereich der Aus- und Fortbildung, haben aber keine operativen Mittel mehr, mit denen wir die entsprechenden Maßnahmen einleiten könnten.

    (Beifall bei der SPD)

    Das wäre natürlich fatal. Es könnte z. B. sein, daß wir im Bereich der Journalistenausbildung zwar das Personal bei Deutscher Welle und Deutschlandfunk verfügbar hätten, aber mangels Masse niemanden mehr dorthin bringen könnten, der ausgebildet wird, oder wenn die Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung das Personal in Berlin speziell für den Bereich der Schulung der Mitarbeiter für öffentliche Verwaltungen vorhält, aber niemanden mehr einladen kann, weil die operativen Mittel nicht da sind. Das kann so nicht gehen.

    (Beifall des Abg. Jochen Feilcke [CDU/ CSU])

    Ich wäre dem Finanzminister außerordentlich dankbar, wenn er bei der Erstellung der entsprechenden Liste auf diesen Teil besonderes Augenmerk legen und berücksichtigen würde, daß diese Bereiche auch in die Kategorie der zukunftsorientierten Politik der Bundesrepublik Deutschland fallen. Der Bundeskanzler selbst hat heute morgen nochmals eindrucksvoll dargelegt, daß speziell die berufliche Aus- und Fortbildung für ihn hohe Priorität hat. Dann kann ich mir nicht vorstellen, daß die Administration des Finanzministeriums hingeht, lieber Herr Finanzminister, und für die Durchführung keine operativen Mittel verfügbar hält. Das hat sicherlich auch die Koalition mit den Sparbeschlüssen nicht gewollt.

    (Beifall des Abg. Hans Georg Wagner [SPD])

    Der Haushaltsausschuß ist weiterhin auf Vorschlag der Koalition — auch dafür bin ich dankbar — davon ausgegangen, daß es in Zukunft zu einer Konzentration kommt. Ich verstehe darunter auch, daß man mittel- oder längerfristige Schwerpunkte in ausgewählten Sektoren bildet, weil man dann vor allem der mittelständischen Wirtschaft Rahmenbedingungen in
    Ländern in bestimmten Sektoren schafft, damit sie dann auch entsprechende Investitionen tätigen, wenn von den Rahmenbedingungen die Sicherheit gegeben ist, daß man in bestimmten Branchenbereichen bleibt.
    Ich will hier auch sagen: Ich bin den Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit außerordentlich dankbar, die sich schon frühzeitig um die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Kooperation mit Vietnam bemüht haben. Das ist jetzt endlich in Gang gekommen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der F.D.P.)

    Wenn wir in einem Land wie Vietnam — ich will im Moment dabei verweilen, weil ich dies in der augenblicklichen Situation für wichtig halte — ungeheuer viele Menschen haben, die in der früheren DDR ausgebildet worden sind, dann ist es eine wichtige Funktion, daß wir diesen Goodwill auch für die gesamte Bundesrepublik Deutschland erhalten.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Viele von ihnen sind an der damaligen Technischen Hochschule für Verkehrswesen in Dresden ausgebildet worden.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Die hatten das mit der Teilung gar nicht gewußt!)

    Sie befinden sich jetzt in wichtigen Funktionen im ganzen Bereich des Eisenbahnwesens.
    Ich könnte mir vorstellen, daß man einmal hier im Parlament darüber nachdenkt, ob es nicht sinnvoll ist, daß man das, Herr Kollege Pinger, was wir im Bereich der Lokomotiven begonnen haben, fortsetzt und sagt, über einen längeren Zeitraum von beispielsweise zehn Jahren werden wir uns in der Hauptsache auf diesem Gebiet mit den Vietnamesen verständigen, damit dies für uns im entwicklungspolitischen Bereich eine Schwerpunktaktivität wird. Dann wird man auch die entsprechenden Zuliefererbetriebe aus der mittelständischen Wirtschaft zu Investitionen in Vietnam bekommen, weil sie dann eine mittelfristige Sicherheit haben, daß es ihnen etwas bringt. Damit verbunden ist der ganze Teil, der mit der Aus- und Fortbildung zusammenhängt.
    Ich könnte mir vorstellen, daß man sich auf so etwas — auch aus Gründen unseres nationalen Eigeninteresses; das darf man ruhig sagen — verständigen kann. Ich sehe allerdings kommen — dies ist eine Befürchtung, die ich habe —, daß die Institutionen, in denen andere überwiegend das Sagen haben — ich meine die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank —, den Vietnamesen als erstes vorschlagen, sie sollten einen großen Highway von Saigon nach Hanoi bauen, damit Japan dann die Autos entsprechend verkaufen kann und die Autos die jetzt vorhandenen Mopeds in dem Land ablösen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Lieber im Intercity!)

    Nur, das werden dann auch wiederum die ersten sein,
    die dieses Land auf die Anklagebank des Pariser



    Helmut Esters
    Clubs bringen, wenn dann eine entsprechende Schuldentilgung ansteht, wo Inlandsdinge in dieser Form nicht devisenbringend ausgegeben werden.
    Da müssen wir, Herr Minister, aufpassen, daß wir dabei nicht in diese Richtung mitgehen. Wir wissen doch aus der eigenen Erfahrung — ich bleibe bewußt bei dem Thema —, wie schwierig es ist, wenn man dem Individualverkehr lange Jahre Vorfahrt gegeben hat, auf den Schienenverkehr zurückzukommen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Dies sehen wir bei der Bahnreform, die wir jetzt haben. Daher halte ich es für wichtig, daß wir in diese Richtung gehen.
    Wichtig ist hierbei auch das Rückkehrerprogramm, durch das viele, die früher in der DDR im beruflichen Bereich ausgebildet wurden, jetzt mit unserer Hilfe zu entsprechenden klein- und mittelständischen Unternehmen wachsen. Dieses Programm ist in Vietnam, in Eritrea und anderswo eines der erfolgreichsten, das wir überhaupt in Gang gesetzt haben. Deswegen muß dies intensiv fortgesetzt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen allerdings auch sehen, daß die Entwicklungsländer selbst die entsprechenden Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen und, damit verbunden, den Ausbildungsbereich im dualen System schaffen müssen. Wir können dies nur unterstützen.
    Dazu gehört, daß es Rechtssicherheit geben muß, daß man funktionierende öffentliche Verwaltungen und ähnliches mehr braucht.
    Diese Aufgaben können wir lösen, wenn wir für diese Bereiche auch die entsprechenden operativen Mittel verfügbar haben. Es darf in diesem Bereich auch ruhig Aufträge von anderen Ministerien im Bereich der früheren GUS-Staaten geben. Da die Durchführungsorganisationen — ob dies die Kreditanstalt, die GTZ, die Deutsche Stiftung oder die Carl-Duisberg-Gesellschaft ist — in anderen Bereichen über hervorragende Auslandserfahrungen verfügen, brauche ich bei uns nicht zusätzliche Organisationen zu etablieren. Dann darf auch ruhig eines der acht Ministerien, die jetzt noch dafür zuständig sind, diese Institutionen beauftragen, auch wenn sie beim BMZ angesiedelt sind. Dann würde auch mit Sicherheit erreicht, daß das große Durcheinander, das wir in dem ganzen Bereich der Beratungshilfe haben und das im Haushaltsausschuß mehrfach diskutiert wurde, künftig vermieden wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Bei der Enge dieses Etats und den im Zuge der globalen Minderausgabe von fünf Milliarden DM noch anstehenden Kürzungen müssen wir aber auch sehen, daß die Bemühungen, Wanderungsbewegungen durch aktive Entwicklungspolitik einzudämmen und den Menschen Chancen zu geben, in ihrer Heimat ein menschenwürdiges Leben zu führen, aus diesem Einzelplan nicht mehr finanziert werden können.

    (Beifall bei der SPD)

    Da dies alle Fraktionen des Bundestages bewußt betreiben, müssen die Mittel hierfür zusätzlich kommen, weil dieser Einzelplan das vom Volumen her nicht hergibt

    (Hans-Günther Toetemeyer [SPD]: Das ist richtig!)

    und alles, was als Baransatz vorhanden ist, bereits gebunden ist.
    Hinzu kommt: Wenn es im Laufe des nächsten Jahres zu von uns allen zu Recht verlangten Sofortmaßnahmen für Struktur- und Wiederaufbauhilfen in Konfliktregionen, vor allein in Ländern im Nahen Osten, in Nordostafrika und im südlichen Afrika, kommt, dann sind hierfür in diesem Einzelplan keine Reserven vorhanden. Wenn die Bundesregierung oder der Bundestag etwas derartiges beschließen, müssen diese Mittel aus anderen Einzelplänen oder aus dem Gesamthaushalt — sprich: aus dem Einzelplan 60 — aufgebracht werden. Denn diese Maßnahmen werden von uns allen gewollt. Wir halten sie für ungeheuer wichtig. Dann muß das entsprechend anders finanziert werden.
    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der nächste Redner ist unser Kollege Dr. Christian Neuling.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Christian Neuling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Helmut Esters, ich möchte kurz ein Stichwort von dir aufnehmen, nämlich das der GATT-Verhandlungen. Mit Sicherheit steht der Erfolg der GATT- Verhandlungen gleichzeitig für die Glaubwürdigkeit all dessen, was wir als westliche Industrieländer den Entwicklungsländern predigen, nämlich Marktwirtschaft, freier Handel und internationaler Wettbewerb. Wenn die GATT-Verhandlungen nicht zum Erfolg kommen, ist gleichzeitig unsere Glaubwürdigkeit auch in der Entwicklugspolitik nicht nur gefährdet, sondern im Prinzip gescheitert. Insoweit, glaube ich, ist es hier im Haus einvernehmlich, daß wir alle nachhaltig für einen Erfolg der GATT-Verhandlungen eintreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir beraten und verabschieden ja heute vermutlich zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode den Einzelplan des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

    (Rudolf Bindig [SPD]: Dieser Regierung!)

    — Nicht so voreilig, lieber Kollege. So manch einer hat zu früh „Hurra" geschrien und ist dann auf die Schnauze gefallen, wie wir in Berlin sagen; es ist etwas burschikos, ich gebe das zu.
    Ich möchte meine Rede so anlegen, daß ich sage, daß wir in den letzten drei Jahren im großen und ganzen eigentlich einvernehmlich über den Einzelplan 23 gesprochen und wichtige Weichenstellungen



    Dr. Christian Neuling
    vorgenommen haben und ich eigentlich gerade am Schluß dieser Legislaturperiode bei der letzten Beratung ein bißchen Bilanz ziehen und Ausblick über die zweite Hälfte der neunziger Jahre geben möchte. Das hat sicherlich damit zu tun — der eine oder andere weiß das —, daß ich zum letzten Mal zu diesem Etat Stellung nehmen werde.
    Ich möchte als ersten Punkt den Umfang der Entwicklungshilfe ansprechen, wie er sich anhand der ODA-Quote, d. h. an der offiziellen Entwicklungshilfe, am Bruttoinlandsprodukt gemessen, darstellt. Hier klaffen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Anspruch und Wirklichkeit auseinander. Das ist so, und das muß man zugestehen, ganz egal, ob man in der Opposition oder in der Regierung ist.
    Wir setzen das Ziel von 0,7 % des Bruttoinlandsproduktes. Würde man das auf den Etat 1994 umlegen, müßte der Etat des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei 17,2 Milliarden DM liegen. Wir sind weit davon entfernt. Der Finanzplanungsrahmen sieht vor, daß die ODA-Quote nicht etwa steigt, sondern unter 0,3 % sinken wird.

    (Hans-Günther Toetemeyer [SPD]: So ist es!)

    Ich meine, daß es mit der Aufstellung des Etats 1995 Zeit wäre, hier einen realistischen Ansatz zu finden. Ich möchte sagen, daß die Forderung der SPD in ihrem Gesetzentwurf zur Entwicklungspolitik, dieses Ziel schrittweise bis zum Jahr 2000 zu realisieren, schlicht unsinnig ist. Das wissen Sie ja auch. Denn er müßte dann im Jahre 2000 bei 23 Milliarden DM liegen. Das ist nicht zu erreichen.

    (Hans-Günther Toetemeyer [SPD]: Das hat der Kanzler doch gesagt!)

    — Wir führen ja hier eine sachliche Auseinandersetzung, Herr Kollege, wie wir es im Haushaltsausschuß eigentlich tun.

    (Hans-Günther Toetemeyer [SPD]: Der Kanzler hat das doch erzählt!)

    Ich bitte, zu bedenken, daß wir einmal überlegen müßten, ob wir uns nicht mit dem Etat 1995 als Richtlinie vornehmen müßten, eine ODA-Quote von 0,35 %, das ist der Durchschnitt der westlichen Geberländer, zu erreichen. Dies würde natürlich eine gewisse Prioritätenveränderung innerhalb der einzelnen Etats und innerhalb dieses Bundesetats zur Folge haben. Dies würde schlichtweg bedeuten, daß ca. 3 Milliarden DM in den Jahren 1995 bis 1997 auf diesen Etat zukommen würden. Das ist nicht die Fraktionsmeinung.
    Meine persönliche Meinung ist, daß auf Grund der gewachsenen Aufgaben, die wir international haben, insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer internationalen Vernetzung mit außenwirtschaftlichen Gesichtspunkten, gerade im Bereich der Entwicklungspolitik eine derartige Neustrukturierung sinnvoll wäre.
    Ich sage noch einmal in die Richtung des Kollegen aus dem AWZ der SPD: Dies ist der Versuch eines sachlichen Beitrages, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, und es ist überhaupt nicht geeignet für irgendwelche polemischen Äußerungen.
    Ich komme zweitens zu der Frage auch des multilateralen Anteils der Entwicklungshilfe. Der Kollege Esters hat schon die Entwicklung aufgezeigt, und ich kann mich deswegen auf die Beschlußempfehlung beschränken, die wir als Koalitionsfraktionen eingebracht haben, und durch die wir die Bundesregierung auffordern, den Anteil der multilateralen Zusammenarbeit im Einzelplan 23 innerhalb der nächsten Jahre wieder auf höchstens 30 % zurückzuführen.

    (Helmut Esters [SPD]: Richtig!)

    Dies würde in etwa ein Umschichtungsvolumen von 1,5 Milliarden DM an der obersten Kante bedeuten. Es kann aber gar kein Zweifel sein, daß gerade im Interesse einer mittelfristigen Planungssicherheit bei den privaten Trägern und einer wirksamen Umsetzung eigener entwicklungspolitischer Ziele diesem Trend in die Richtung endgültig entgegengewirkt werden muß, wohin wir die bilaterale Entwicklungshilfe bekommen wollen. Wir müssen auch in dieser Hinsicht wieder zu klaren Eckpunkten kommen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Drittens. Auch hier haben wir seitens der Koalitionsfraktion einen Vorstoß gemacht, wir haben nämlich die Beteiligung des Parlaments bei finanziellen Zusagen bzw. vertraglichen Verpflichtungen seitens der Bundesregierung schlichtweg neu geregelt. Ich kann das wie folgt in einem Satz sagen: Vor jeder entsprechenden finanziellen Zusage ist zukünftig die Einwilligung des Haushaltsausschusses einzuholen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Winfried Pinger [CDU/ CSU])

    — Selbstverständlich haben wir auch die Kollegen aus
    dem Fachausschuß logischerweise eingebunden.
    Herr Kollege Pinger, das ist doch selbstverständlich.
    In diesem Zusammenhang, und das war der Ausgangspunkt der Diskussion, spielte die Entwicklung des Europäischen Entwicklungsfonds eine besondere Rolle. Hier gab es durchschnittliche Steigerungsraten von ca. 12 % in den letzten acht Jahren als Beitrag zum EEF, das ist der europäische Entwicklungsfonds, während der Etat selbst nur um ca. 3 % in diesem Zeitraum gestiegen ist. Dies ist schlichtweg eine Fehlentwicklung.
    Wir müssen uns politisch entscheiden, was wir wollen. Legen wir, wie z. B. die Japaner, den Schwerpunkt unverändert auf den bilateralen Bereich, dann müssen wir uns dazu aufschwingen, endlich auch bestimmte Grenzen zu akzeptieren, auch dann, wenn es schwierig wird, sie durchzuhalten. Das ist übrigens grundsätzlich auch eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit.

    (Beifall der Abg. Jochen Feilcke [CDU/CSU] und Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    Viertens. Wir haben gefordert, daß im Interesse einer Steigerung der Effektivität schlichtweg die Mittel konzentriert werden müssen. Derzeit haben wir an Entwicklungshilfe in über 100 Ländern fast 9 000 Projekte in 18 Sektoren. Der Bewilligungsrahmen je Projekt bewegt sich dabei von 1 000 DM bis zu dreistelligen Millionenzahlen.



    Dr. Christian Neuling
    Wir müssen uns auch hier, wie üblich, entscheiden, ob das nun im beruflichen Leben, in der Familie oder auch in der Politik ist. Deutsche Entwicklungshilfe muß sich wieder auf ihre eigenen Stärken besinnen und konzentrieren. Das ist in erster Linie — so habe ich immer gesagt — die duale berufliche Ausbildung, die Förderung von Existenzgründungen, die Schaffung von mittelständischen Strukturen und die Durchführung von Infrastrukturvorhaben.
    Wir müssen weg von der breitgestreuten Vielzahl an Projekten, wie ich immer sage: vom Angorakaninchen bis hin zum Zitrusanbau. Wir müssen die Mittel im Interesse des Erfolgs dieser Projekte konzentrieren. Ich sage noch einmal: Letztendlich verwalten wir die Steuergelder auch des einzelnen Steuerzahlers. Der hat ein Recht darauf, daß wir mit den Mitteln vernünftig umgehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir haben der Bundesregierung deswegen auferlegt, die Anzahl der Partnerländer weiter zu reduzieren und die Anzahl der Projekte um 30 bis 40 % abzubauen, gleichzeitig die Zusammenarbeit in den großen Regionen auf ca. vier bis fünf Sektoren zurückzuführen und eine verbesserte Erfolgskontrolle bei den Projekten durchzuführen.
    Im fünften Punkt spreche ich die konsequente Abstimmung der bilateralen Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen an. Um eine Größenordnung zu nennen: Die weltweit geleistete Entwicklungshilfe liegt derzeit bei über 100 Milliarden DM. Die multilateralen Organisationen, und hier insbesondere die Weltbankgruppe und die Europäische Union, sind die größten Geberorganisationen.
    Wir müssen unabhängig von der Größenordnung, des Betrags, den wir selbst z. B. über den Einzelplan 23 über 2 Milliarden DM in diese internationalen Organisationen zahlen, ganz offensichtlich bei der Kreditvergabe und bei der Projektdurchführung Reformen einleiten.
    An dieser Stelle möchte ich nur für die Insider an den Wapenhans-Bericht und an den Prüfungsbericht des Europäischen Rechnungshofs erinnern. Das, was wir im bilateralen Bereich, im nationalen Bereich feststellen, gilt für die internationalen Organisationen genauso.
    Effektivität ist da nicht immer angesagt, und wir haben die Pflicht und Schuldigkeit, gerade im Bereich der internationalen Organisationen mehr Effektivität sicherzustellen und uns dafür einzusetzen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir müssen zu ressortübergreifenden Ansätzen auch in der Entwicklungspolitik kommen. Ich meine, liebe Kollegen Helmut Esters und Werner Zywietz, hier haben wir eine wichtige Weichenstellung bei der Haushaltsberatung erreicht.
    Es ist bekannt, daß die Schwellenländer, aber auch die bevölkerungsreichen Länder wie China und Indien, einen hohen Nachholbedarf an Infrastrukturvorhaben haben. Bekannt sind die vier Felder. Generell werden genannt: Energie, Telekommunikation und Verkehr. Ich füge hinzu: Abfallwirtschaft ist genauso wichtig. Bei der Akquisition derartiger Projekte herrscht ein globaler, brutaler, harter Wettbewerb, bei dem oftmals staatlich geförderte Finanzierungsinstrumente über die Auftragsvergabe mitentscheidend sind.
    Wir haben deshalb eine Erweiterung im Haushaltsgesetz vorgenommen, um im Rahmen einer sogenannten Mischfinanzierung staatlich abgesicherte Darlehen mit günstigen Zinskonditionen zu ermöglichen. Der Gewährleistungsrahmen ist zunächst mit 500 Millionen DM eingesetzt worden. Nach meiner persönlichen Meinung muß er in den kommenden Jahren erheblich aufgestockt werden.
    Mit dieser Maßnahme wollen wir entwicklungs- und außenwirtschaftspolitische Aspekte koppeln. Wir unterstützen unsere exportorientierte Wirtschaft z. B. in einem so dynamischen Wachstumsmarkt wie Asien, in dem mit ca. 3 Milliarden Menschen knapp 60 % der Weltbevölkerung leben. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir sichern mit einer derartigen Maßnahme zudem Arbeitsplätze bei uns in Deutschland.

    (Beifall des Abg. Jochen Feilcke [CDU/ CSU])

    Deswegen finde ich es auch richtig, daß man einmal weg von dem Schubladendenken und hin zu ressortübergreifenden Ansätzen in der Politik kommt. Dies wird in den nächsten Jahren noch öfters nötig sein.
    Siebentens. Auf die besondere Rolle der europäischen Entwicklungspolitik ist schon eingegangen worden. Es stört hier schlichtweg die traditionelle Ausrichtung gerade bestimmter Mitglieder der Europäischen Union auf ihre ehemaligen Kolonien, was bedeutet, daß bestimmte Entwicklungsländer zu kurz kommen, z. B. in Asien und Lateinamerika. Hier müssen wir in Zukunft auf eine wesentlich stärkere Ausgewogenheit achten. Das wird unsere Aufgabe sein.
    Wir haben deswegen auch im Haushaltsausschuß beschlossen, daß die Bundesregierung bis zum 30. April einen Bericht vorzulegen hat, wie diese Abstimmung in Europa effektiver gestaltet werden kann und wie insbesondere der deutsche Anteil an Lieferungen und Leistungen von derzeit ca. 11 % auf 20 % angehoben werden kann. Dies ist unverändert eine hohe Diskrepanz, wie sie bei Italien, Großbritannien und Frankreich nicht auftritt.
    Ich finde, nur eine selbstbewußte Vertretung deutscher Interessen innerhalb der Europäischen Union kann der wachsenden Skepsis gegenüber der für den einzelnen kaum noch durchschaubaren EG-Bürokratie nützlich sein, um ihr wirksamer zu begegnen.

    (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    Das hat nichts mit einer übertriebenen nationalen Einstellung zu tun.
    Achtens. Wir haben eine besondere Verantwortung für die neuen unabhängigen Staaten und für die Staaten in Mittel- und Osteuropa. Hierüber, Helmut



    Dr. Christian Neuling
    Esters, hast du schon kurz gesprochen. Dies ist einvernehmlich unstrittig.
    Ich möchte nur hinzufügen, weil diese Zahl oftmals auch bei uns gar nicht mehr in Erinnerung ist: Seit 1990 haben wir als Deutschland ca. 90 Milliarden DM für die neuen unabhängigen Staaten an Hilfe bereitgestellt. Wir sind weitaus der größte Geber. Ich würde mir eigentlich wünschen, daß die Industrie langsam aufwacht und im Einvernehmen mit der Politik auch entsprechende Konsequenzen in diesen Staaten sucht und sich nicht immer heimlich versteckt. Es ist ein Trauerspiel, wenn man erkennt, wie wenig diese Chancen begriffen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Beratungshilfe darf nicht zu einem Förderungsprogramm für deutsche Beratungsunternehmen degenerieren, wie ich sage, sondern sie muß vielmehr die Grundlagen für eine möglichst schnelle wirtschaftliche und politische Umgestaltung in diesen Ländern schaffen.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. — Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Sehr wichtige Anmerkungen!)

    Neuntens. Ich trete unverändert für einen progressiven Kurs bei Umschuldungswünschen und für einen restriktiven Kurs bei dem Erlaß von Schulden ein. Angesichts unserer eigenen finanziellen Situation haben wir keinen Grund, großzügig mit Schuldenerlassen zu sein. Wir haben allen Grund, großzügig bei Umschuldungswünschen zu sein, aber nicht bei dem Erlaß. Dies ist auch meine Meinung zu diesem Thema.
    Zehntens. Es gilt, die neuen Gestaltungsräume in der Entwicklungspolitik nach Beendigung des Ost-West-Konflikts zu nutzen.
    Im Verlauf dieser Debatte ist schon des öfteren auf die weitreichenden Auswirkungen in vielen Feldern der Politik nach Beendigung des Ost-West-Konflikts hingewiesen worden. Dies gilt in besonderem Maße auch für die Entwicklungspolitik.
    Eine Vielzahl von neuen Entwicklungsländern ist hinzugekommen. Wir müssen unsere Mittel konsequent konzentrieren und Prioritäten setzen. Abstimmungsprozesse auf nationaler wie auf internationaler Ebene sind mehr denn je erforderlich.
    Das aus den 60er und 70er Jahren bekannte Ausspielen der beiden Blöcke Ost gegen West hat ausgespielt. Wir müssen verstärkt Kooperationsmodelle auf internationaler Ebene entwickeln, um die in vielen Ländern anstehenden gewaltigen Transformationsprozesse wirksamer unterstützen zu können.
    Weltweit ist ein gnadenloser Kampf um die neu entstandenen Märkte entbrannt — z. B. in China und in Indien, aber auch in Lateinamerika. Wir werden in diesem harten Wettbewerb nur bestehen können, wenn Wirtschaft und Politik gemeinsam ihre Kräfte bündeln. Wir müssen auch Abschied nehmen vom Schubladendenken und nach neuen ressortübergreifenden Ansätzen suchen — z. B. in der Vernetzung von Entwicklungspolitik mit der Außen-, Wirtschafts- und Forschungspolitik.
    Last but not least muß unserer Entwicklungspolitik in der zweiten Hälfte der 90er Jahre nach meiner persönlichen Meinung im Gesamtetat eine deutlich höhere Priorität eingeräumt und die wesentlichen finanziellen Eckwerte im Einzelplan neu festgelegt werden.
    Soweit die zehn Punkte.
    Lassen Sie mich zum Abschluß noch sagen: Ich bedanke mich recht herzlich auch bei den Berichterstattern Werner Zywietz und Helmut Esters — bei dir persönlich, Werner, habe ich immer ausgesprochen die Kunst bewundert, wie du rhetorische Oppositionsübungen verbunden hast mit deinen, wie wir alle wissen, sehr realitätsnahen Überlegungen; es ist schon eine Meisterleistung gewesen — und bei den Kollegen vom AWZ sowie auch bei den Kollegen respektive Mitarbeitern des BMZ. Sehr geehrter Herr Bundesminister Spranger, stellvertretend habe ich immer den hohen Einsatz respektiert. Ich habe auch viel gelernt, habe zwar nicht immer die Meinung vertreten, sondern habe mir durchaus die Freiheit genommen, eigene Schlußfolgerungen zu ziehen. Aber es war immer ein besonderes Vergnügen, mit Ihren Mitarbeitern zu diskutieren.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Deine Entscheidung wird bedauert!)

    Insoweit möchte ich sagen: Halten wir uns an eines: Mit Humor geht vieles leichter im Leben. In diesem Sinne: Tschüs und alles Gute!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)