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    Plenarprotokoll 12/192 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 192. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Inhalt: Bestimmung des Abgeordneten Rolf Schwanitz als ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuß 16531 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 12/6004, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 12/ 6005, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 12/6014, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksachen 12/6027, 12/ 6030) Hans-Ulrich Klose SPD . . . . 16531D, 16592A Michael Glos CDU/CSU 16537A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 16544 C Hans-Ulrich Klose SPD 16544 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 16551A Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16554 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 16557 A Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 16566 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 16576B Michael Glos CDU/CSU 16577 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 16578 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 16578D Dr. Jürgen Schmude SPD 16580 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 16587 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU (zur GO) 16595 B Dietrich Austermann CDU/CSU 16595 C Ortwin Lowack fraktionslos 16598 D Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 16600 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16603B Ernst Waltemathe SPD 16605 D Udo Haschke (Jena) CDU/CSU 16608 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 16608 C Dr. Rudolf Krause (Bonese) fraktionslos 16609A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16610 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16612B Friedrich Bohl, Bundesminister BK . . 16613 D Dr. Hans Stercken CDU/CSU 16614B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16615A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . . . 16616D, 16630 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16618A Hans-Gerd Strube CDU/CSU 16622 A Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . 16623D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . 16626A, 16630 C Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . . 16627 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 16628 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 16630D Walter Kolbow SPD 16633 C Paul Breuer CDU/CSU 16636 B Dr. Karl-Heinz Klejdzinski SPD . . . 16637 B Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 16554 A Namentliche Abstimmung 16638 C Ergebnis 16644 D Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 12/6021, 12/6030) Helmut Esters SPD 16639 B Christian Neuling CDU/CSU 16641D Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . . 16646 D Werner Zywietz F D P 16647 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16649 C Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 16650 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 12/6006, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 12/6026) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 12/ 6028, 12/6030) Rudolf Purps SPD 16652 D Karl Deres CDU/CSU 16656 C Ina Albowitz F.D.P. 16659 A Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 16661 B Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16662 D Günter Graf SPD 16664 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16665 D Erwin Marschewski CDU/CSU 16666 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16668D Freimut Duve SPD 16670A Karl Deres CDU/CSU 16670 C Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16671A Klaus Lohmann (Witten) SPD 16672 C Manfred Kanther, Bundesminister BMI 16673 B Nächste Sitzung 16675 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16677' A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 12: Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt Dr. Klaus Rose CDU/CSU 16633' C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 13: Einzelplan 14 — Bundesministerium der Verteidigung Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/CSU 16679' A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 16531 192. Sitzung Bonn, den 24. November 1993 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 24. 11. 93 Blunck (Uetersen), SPD 24. 11. 93 * Lieselott Böhm (Melsungen), CDU/CSU 24. 11. 93 * Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 24. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 24. 11. 93 Herta Ehrbar, Udo CDU/CSU 24. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 24. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 24. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 24. 11. 93 Großmann, Achim SPD 24. 11. 93 Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 24. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 24. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 24. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 24. 11. 93 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 24. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 24. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 24. 11. 93 Kraus, Rudolf CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 24. 11. 93 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 24. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 24. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 24. 11. 93 ** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 24. 11. 93 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 24. 11. 93 * Rappe (Hildesheim), SPD 24. 11. 93 Hermann Dr. Röhl, Klaus F.D.P. 24. 11. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 24. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 24. 11. 93 Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Scheer, Hermann SPD 24. 11. 93 * Schmidt (Salzgitter), SPD 24. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 24. 11. 93 Schröter, Karl-Heinz SPD 24. 11. 93 Schwanhold, Ernst SPD 24. 11. 93 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 24. 11. 93 Christian Dr. Soell, Hartmut SPD 24. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. von Teichman, F.D.P. 24. 11. 93 Cornelia Vosen, Josef SPD 24. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 24. 11. 93 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wollenberger, Vera BÜNDNIS 24. 11. 93 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 24. 11. 93* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 12: Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Klaus Rose (CDU/CSU): Mit besonders gemischten Gefühlen stehe ich jetzt am Rednerpult. Denn während wir hier im Warmen und in Sicherheit hehre Außenpolitik formulieren, frieren und sterben weitere Hunderte und Tausende von Menschen in Bosnien. Die Welt schaut zu, Europa schaut zu, Deutschland schaut zu. Eine erfolgversprechende außenpolitische Initiative gibt es nicht. Klaus Bressers Anklage vorgestern abend im deutschen Fernsehen ist zweifellos berechtigt. Seine Schlußfolgerungen einer einzigen Lösung, nämlich eines militärischen Einsatzes, versteht jeder, man schreckt aber davor zurück. In einem neuen Buch von Hans-Peter Schwartz wird der fehlende Mut, der fehlende Wille der Deutschen zur Machtpolitik moniert. Deutschland sei zwar schon lange ein wirtschaftlicher Riese mit automatischer Macht. Aber mit der Rolle des politischen Zwergs müsse es ein Ende haben. Weltmacht wider Willen könne man auf Dauer nicht sein, der politische Gestaltungswille müsse dazukommen. Ich höre jetzt natürlich den Aufschrei, daß die Deutschen wieder von einer großen Rolle in der Weltpolitik träumten. Nein, darum geht es nicht, zumindest nicht um eine Alleinträumerei der Deutschen. In der Weltgemeinschaft, in der Europäischen Gemeinschaft und in manchen internationalen Gremien muß Deutschland seiner Bedeutung gerecht werden. Diese Bedeutung ist nach der Wiedervereinigung naturgemäß anders als früher. Diese Neubewertung deutscher Außenpolitik, diese Umorientierung muß jetzt endlich in der Praxis geschafft werden. Deutschland muß sich sowieso darüber klar werden, daß die Welt sich weiterdreht und daß wir sehr schnell vom Rad geschleudert werden können. Bei der Einbringungsrede des Haushalts im September 1993 habe ich die Bedeutung einer deutschen Asienpolitik herausgestrichen. Ich freue mich deshalb über den Erfolg der Kanzlerreise nach China. Über eines darf der Blick nach Asien nicht hinwegtäuschen: Europa ist in großer Gefahr. Die Gefahr wird beim Blick auf die asiatische Weltkarte deutlich. Dort ist nämlich der Pazifikraum im Mittelpunkt und 16678* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Europa Randlage, wie wir es von Alaska oder von der Kamtschatka gewöhnt sind. Genau hier setzt das Problem ein. Haben nicht vor wenigen Tagen der amerikanische Präsident und verschiedene asiatische Regierungschefs die Zukunftsrichtung der amerikanisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) gewiesen? Hat nicht mit der NAFTA der nordamerikanische Wirtschaftsverbund den Wettbewerb mit der EG beschworen? Hat nicht der amerikanische Außenminister Warren Christopher gestern im ZDF-Morgenmagazin bei der Formulierung der amerikanischen Prioritäten die Stärkung der NATO erst an dritter Stelle genannt? Wir müssen erkennen, daß Europa aufpassen muß, damit es nicht wirtschaftlich, militärisch und finanziell zu einem unbedeutenden Markt wird. Mit der neuen Versuchung von Kleinstaaterei ist uns allen nicht gedient. Unverzichtbar ist für die EG und besonders für die Deutschen die Gewinnung der osteuropäischen Völker für Demokratie und Marktwirtschaft. Deshalb hatte der Haushaltsausschuß die Idee der Bundesregierung sehr begrüßt, mit der deutschen Beratungshilfe zum Aufschwung beizutragen. Über verschiedene Einzelpläne verteilt werden nächstes Jahr rund 300 Millionen DM eingesetzt. Es gibt am Ziel keinen Zweifel, denn der Aufbau von Forstverwaltungen, von Sparkassen oder von Konversionsprojekten bei früheren Rüstungsbetrieben kann nur unterstützt werden. Es wäre aber falsch, wenn wir am gleichen Weg wie bisher festhalten würden, nämlich alle Mittel an die Zentralregierungen zu geben. Es ist eine Tatsache, daß z. B. die russische Wirtschaft nur dann umgestaltet werden kann, wenn man das Potential der Regionen zur Wirkung bringt. Ich rede nicht einer politischen Dezentralisierung oder Destabilisierung das Wort. Denn ein weiterer Zerfall unter Krach und Donner ist nicht erstrebenswert. Eine einheitliche Rubelzone, eine Art Länderfinanzausgleich wären das Ziel. Doch so viel Demokratie als möglich, so viel föderative Strukturen als machbar sollten von uns herauskristallisiert werden. Mich als überzeugten Europäer, treuen Deutschen und begeisterten Föderalisten freut es jedenfalls, daß jetzt auch in der Republik Südafrika der deutschen Verfassung ähnliche Strukturen eingeführt werden. Die GUS, aber auch die Einzelnachfolger der Sowjetunion sollten auf jeden Fall, so sie es wünschen, beim Aufbau nicht bloß von demokratischen und marktwirtschaftlichen, sondern auch von föderativen Strukturen unterstützt werden. Im Rahmen des auswärtigen Etats muß ein weiteres Thema angesprochen werden. Es geht um die Hilfe in Katastrophenfällen, bei Not und Flüchtlingselend, bei Bürgerkriegen, die wir trotz eigener Haushaltsprobleme nicht vergessen dürfen. Ich erkenne in diesem Zusammenhang gerne die engagierte Leistung des Arbeitsstabs „Humanitäre Hilfe" im Auswärtigen Amt an. Mit der Soforthilfe, d. h. mit medizinischer Betreuung, Übergabe von Nahrungsmitteln und Kleidung, Herstellung von Notunterkünften oder Wiederherstellung von Strom-, Wasser-, Gasleitungen oder von Straßen und Brücken, wird viel Gutes geleistet, mit Sonderhilfen wird viel außenpolitischer Goodwill offenbart. 1993 sind bisher nahezu 500 Millionen DM für die humanitäre Hilfe eingesetzt worden, nicht bloß im Haushalt des Auswärtigen Amts, sondern auch beim BMZ, beim Innenminister oder beim Verteidigungsminister. Dazu kommen die internationalen Beiträge. Beliebig ausweiten läßt sich der vom Steuerzahler finanzierte Anteil an den Hilfsmaßnahmen aber auch nicht. Dankbar registrieren wir daher die Spendenbereitschaft der Deut-. schen insgesamt. Wir registrieren die wie Pilze aus dem Boden geschossenen privaten Unterstützungsorganisationen für die Not in Rußland, in Rumänien oder in Bosnien. Wir registrieren die selbstlose Einsatzfreude vieler Menschen in Deutschland, wenn es um spontane Hilfsmaßnahmen geht. Da wird viel gutgemacht, was durch andere Deutsche, ob glatzköpfige Schläger oder hohlköpfige Schreibtischtäter, an Schande über Deutschland gebracht wird. Wegen der Sperren im Haushaltsgesetz und der Globalkürzung um 5 Milliarden DM, die anteilsmäßig auch den Etat des Auswärtigen Amts betreffen und insgesamt 134 Millionen DM ausmachen könnten, steht die Auswärtige Kulturpolitik noch mehr als früher im Mittelpunkt des Interesses. Im gewünschten Ziel sind wir uns alle einig, nämlich möglichst viel und möglichst effektiv, möglichst überall und möglichst ständig kulturell präsent zu sein. Es sind, das hat der ehemalige Präsident des Goethe-Instituts, Hans Heigert, anerkannt, viele Milliarden DM in die bisherigen Kulturverbindungen mit dem Ausland gesteckt worden. Keinem fällt es leicht, wegen des allgemeinen Sparzwangs bei diesen Kulturbeziehungen Abstriche zu machen. Es war immerhin der Bundeskanzler selbst, der mehrmals betonte, daß die deutsche Sprache im Ausland noch stärker gefördert werden sollte und daß mit einem Sonderprogramm „Deutsche Sprache" besonders in Osteuropa zum Aufbau friedlicher Beziehungen beigetragen würde. Der Haushaltsausschuß jedenfalls hat diese Haltung respektiert und versucht zu helfen, wo zu helfen war — ohne deshalb die Arbeitslosenunterstützung im eigenen Land oder manch unverzichtbare Investition in den neuen Bundesländern zu gefährden. Von einer besonderen „Kultur" zeugt daher nicht, wenn die Verantwortlichen des Goethe-Instituts in München bei einer Pressekonferenz im Oktober dieses Jahres wieder einmal glaubten, von einer „Strafexpedition der Anti-Kultur-Politiker in Bonn" reden zu müssen, weil auch das GoetheInstitut einen Sparbeitrag zur allgemeinen Haushaltslage bringen muß. Am meisten wurde beklagt, daß vier Institute geschlossen werden müßten und daß damit erheblicher außenpolitischer Schaden einträte. Wollen Sie die Namen dieser vier Institute hören? Es handelt sich um Viña del Mar (Chile), Medellin (Kolumbien), San Juan (Argentinien) und Malmö (Schweden). Zumindest bei unseren schwedischen Freunden habe ich bisher keinen Liebesentzug feststellen müssen, dafür freuen sich aber die Städte, die bisher in der sozialistischen Abgeschiedenheit festgenagelt waren, wie St. Petersburg, Kiew, Minsk oder Tiflis, auch Alma Ata und Hanoi, daß ein neues Goethe-Institut dort hinkommt. Sollte etwa ein Sparzwang gar ein Anreiz zu neuem Denken sein? Ich kann nur ermuntern, auch stärker den europäischen Verbund zu sehen. Gemeinsame deutsch-französi- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 16679* sche Botschaften oder auch Kulturinstitute oder zumindest ein gemeinsames Dach dafür könnte so manchen Anstoß zu mehr Effektivität auch in der Kulturpolitik geben. Man ist noch lange kein KulturMuffel, wenn man sich Gedanken über das Aufbrechen verkrusteter Strukturen macht. Heilsam ist letzteres im gesamten staatlichen Haushalt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 13 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Hans-Werner Müller (Wadern) (CDU/CSU): Unsere Soldaten sind aus Kambodscha zurückgekehrt. Unsere Soldaten leisten humanitäre Hilfe in Somalia. Es sind besonders viele aus den Standorten meiner saarländischen Heimat dabei. Unsere Soldaten versorgen Teile der bosnischen Bevölkerung aus der Luft. Unsere Soldaten erfüllen diese Aufträge mit hohem Verantwortungsbewußtsein und vorbildlicher Haltung. Sie dienen dem Ansehen unseres Landes, dafür gebührt ihnen unser Dank. Unsere Soldaten können dies leisten, weil wir eine einsatzbereite, modern ausgestattete und bündnisfähige Bundeswehr haben, und auch weiter haben wollen. Dazu bedarf es erheblicher staatlicher Mittel, die im Einzelplan 14 des hier zu beratenden Haushaltes zur Verfügung gestellt werden. Der 94er Haushalt für die Verteidigung steht im besonderen Maße unter der Notwendigkeit substantieller Einsparungen, weil die Staatsfinanzen insgesamt gesehen zu konsolidieren sind. Konsolidierung der Staatsfinanzen ist erfolgreiche Zukunftssicherung Deutschlands. Dies ist oft genug gesagt worden. Im Wettbewerb um die knappen Ressourcen sind in der Öffentlichkeit gerade die Verteidigungsausgaben besonders zu begründen. Werden doch rund 48 Milliarden ausgegeben, aber immerhin fast 3 Milliarden weniger als 1992. Wir sind, um das gleich vorweg zu sagen, an eine Grenze gestoßen, die wir nicht mehr unterschreiten dürfen, ohne das Ganze zu gefährden. Im vergangenen Jahr wollte die SPD noch 5 Milliarden aus dem Verteidigungshaushalt herausstreichen, heute wird dieser Haushalt anders, wesentlich realistischer beurteilt; man läßt erkennen, durch einige Sprecher zumindestens, daß hier in diesem Einzelplan des Bundesministers der Verteidigung nichts mehr zu holen ist. Ich meine dies ist ein Fortschrittt. Ich will auch sagen, daß in diesem Jahr die Beratungen gerade dieses Haushaltes aus meiner Sicht besonders schwierig waren, im Vergleich zu den früheren Jahren. Ich habe ja die Ehre, schon seit einigen Jahren diesen Haushalt zu bearbeiten. Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich bei den Beamten des Verteidigungsministeriums für die gute Zusammenarbeit bedanken. Die Beratungen waren aber schwierig, weil es halt immer schwierig ist, die Wünsche, so berechtigt sie auch sind, und die Realität in Einklang zu bringen, wobei wir selbstverständlich den Weg des Ministers unterstützen, der durch energisches Sparen im Bereich der Betriebsausgaben der Bundewehr sich Freiräume zu schaffen sucht für neue Gestaltungsmöglichkeiten und planerische Initiativen. Wir gehen diesen Weg mit, Herr Minister, so wenn wir z. B. ca. 200 Millionen DM Betriebsausgaben sparen und dafür 200 Millionen DM investieren. Es gibt einen militärischen Grundsatz, der da lautet: Entsprechend der Auftragserteilung sind die erforderlichen Mittel bereitzuhalten. Das heißt: Wenn wir über die Auftragserteilung einig sind — und wir sind das in der Union —, dann gilt dreierlei: Erstens. Wir brauchen eine Bestätigung der Verteidigungsausgaben in den nächsten Jahren, zumindest für den Zeitraum des Finanzplanes, also bis 1997. Damit gibt man der Bundeswehr den Planungsrahmen und die erforderliche Planungssicherheit. Zweitens. Der Haushalt für 1994 für den Bundesminister der Verteidigung ist in dieser Größenordnung von etwas über 48 Milliarden DM ein Schritt in diese Richtung. Drittens. Der Haushalt des Bundesministeriums der Verteidigung muß nach entsprechender Umschichtung wiederum etwa 30 Prozent für Investitionen enthalten. Wir werden bald die Stärke von 370 000 Soldaten erreicht haben. Man spricht von Zielstrukturen. Wir hatten einmal in der alten Bundesrepublik 490 000 Soldaten. Trotz der zurückgehenden Zahl sollten wir an der Wehrpflicht festhalten. Die Bundeswehr hat damit einen ständigen Kontakt mit der jungen Generation, einen Kontakt, der prägt. Nahezu die Hälfte der Zeit- und Berufssoldaten rekrutiert sich aus den Teilnehmern am Wehrdienst. Damit bleibt die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber mit dem Angebot einer jährlichen Einstellung von rund 20 000 Soldaten auf die Zeit von 4 Jahren und länger. Im nächsten Jahr werden wir die Zielstruktur von 370 000 planmäßig erreichen. Dies gilt sowohl für Umfang als auch für Qualität. Die Laufbahnentwicklung ist damit auch von besonderer Bedeutung. Attraktivität des Soldatenberufes ist nämlich sehr wichtig. So haben wir in diesem Haushalt auch rund 3 000 Hebungen für Oberfeldwebel und 1 000 Hebungen für Stabsunteroffiziere vorgesehen. Die Beförderungswartezeiten für Zeitsoldaten werden radikal reduziert. Wir denken, daß auch dies in der Öffentlichkeit allgemein und bei den betroffenen Jugendlichen zu einer größeren Akzeptanz des Dienstes in den Streitkräften geführt hat. Deswegen gehen die Quoten der Wehrdienstverweigerung auch zurück, obwohl von einer Trendwende noch nicht gesprochen werden kann. Auch beim Zivilpersonal bauen wir im nächsten Jahr mehr als 8 500 Stellen ab. Dies geschieht ausschließlich durch Fluktuation des Personals. Kein Mitarbeiter wird entlassen. Die Sozialverträglichkeit 16680* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 kann durch Anwendung des Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetzes voll gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal die Bitte vortragen, daß das Verteidigungsministerium alsbald ein Personalstrukturmodell für die zivilen Bediensteten der Bundeswehr vorlegt, damit die Organisation nach neuen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen gestaltet werden kann. Mit diesen wenigen Sätzen wollte ich darstellen, was wir u. a. mit diesen 48 Millionen DM im Bereich unserer Verteidigung machen. Ich möchte abschließend darauf hinweisen, daß die Größe, die Struktur und der Auftrag sowie das Selbstverständnis der Bundeswehr hier nicht nur allein etwas mit Geld zu tun haben, sondern daß es auch um eine politische Grundeinstellung geht. Karl Feldmeier hat vor einigen Tagen in der FAZ einen Artikel geschrieben mit der Überschrift „Wozu dient die Bundeswehr?" Er führt dort aus: „Maßgebend wird letzten Endes die Entscheidung darüber sein, ob Politik und Gesellschaft Deutschlands die veränderte Wirklichkeit annehmen und ob sie den Willen zur Selbstbehauptung aufbringen. Es geht darum, ob Deutschland eine gleichberechtigte Macht im Kreise seiner Verbündeten sein oder zum Objekt der Macht anderer werden soll. Ohne den Willen zur Selbstbehauptung wären Streitkräfte überflüssig." Soweit dieses Zitat. Wir, die wir uns mit diesem Haushalt intensiv befaßt haben, sind davon überzeugt, daß wir mit unseren Entscheidungen der Bundeswehr einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung ihrer vielseitigen Aufgaben geliefert haben.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei den beiden Berichterstattern, die ausscheiden werden, für ihre Arbeit und für ihre Reden bedanken. Ich darf mit Hans-Gerd Strube anfangen. Er war immer ein wirklicher Freund der Bundeswehr und hat viel für die Soldaten getan. Ich



    Bundesminister Volker Rühe
    kann es ein bißchen nachempfinden, wenn er jetzt, gegen Ende seiner Tätigkeiten, manchmal noch in einer sehr schwierigen Situation, in einem Gewissenskonflikt arbeiten muß. Ich glaube, wir hätten ihm alle gewünscht, daß ihn das nicht ereilt hätte. Bei mir ist das nicht so schlimm. Ich bin ja erst am Anfang. Aber wenn man am Ende in eine so schwierige Situation kommt, ist das etwas anderes.

    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Wie geht es dann weiter?)

    — Die F.D.P. ist beunruhigt, daß ich erst am Anfang bin. Warten Sie einmal ab.
    Ich bin sicher, lieber Hans-Gerd Strube, daß du bis zur letzten Minute dafür kämpfen wirst, daß die Bundeswehr einen vernünftigen Finanzrahmen bekommt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zum Kollegen Horst Jungmann: Bei ihm möchte ich mich ebenfalls für seine Rede bedanken. Es ist heute nicht nur von einer Seite Richtiges über den Haushalt gesagt worden. Es war ja ein bißchen Ball paradox. Sie als Beschützer der Bundeswehr zu sehen, erinnert mich ein wenig an den Ball paradox im Café Keese. Einen Augenblick lang habe ich mich geärgert, dann habe ich aber gesagt: Im Grunde genommen hat er das aber auch verdient. Er war als Seemann immer ein Freund der Bundeswehr und hatte viel unter den Genossen zu leiden,

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    die ihm in den vergangenen Jahren diese Rolle nicht zugebilligt haben. Jetzt ernsthaft: Auch Ihnen vielen Dank für die Arbeit, die Sie immer geleistet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Ich weiß nicht, ob Rudi Walther da ist. Ich habe es ihm auch schon persönlich gesagt. Er hat als Vorsitzender des Haushaltsausschusses und auch als Berichterstatter immer sehr viel für die Bundeswehr getan. Er hat ebenfalls die schwierigsten Kämpfe geführt; das sind nämlich immer die in der eigenen Partei. Das weiß ich besonders zu schätzen.
    Es ist richtig, daß der Verteidigungsminister heute keine Klarheit über seinen Haushalt hat und auch am Ende der Woche nicht haben wird. Ich rede immer so, wie es ist. Das ist natürlich eine ungewöhnliche und schwierige Situation. Aber klar ist aus meiner Sicht ebenfalls, daß es nicht zu diesen Einsparungen kommen wird, die hier genannt werden. Wir müssen um eine Schadensbegrenzung kämpfen, denn es gibt keine weiteren Möglichkeiten zu sparen mehr, ohne daß großer Schaden in der Bundeswehr angerichtet würde. Wenn es zu dieser Einsparung käme — aber der Finanzminister hat schon deutlich gemacht, daß das nicht der Fall sein wird —, bestünde die Gefahr eines inneren Kollaps der Bundeswehr.
    Ich will noch einmal schildern, wie die Entwicklung ist. Wir haben in den letzten Jahren rund 7 Milliarden DM eingespart. Wir hatten noch vor wenigen Jahren einen Anteil von 18 % am Bundeshaushalt und sind jetzt bei 10,5 % angelangt. Niemals zuvor in der Geschichte der Bundeswehr, mit Ausnahme des
    Beginns, standen wir vor solchen Herausforderungen, nämlich daß sich so viel auf einmal ändert. Wir reduzieren um fast die Hälfte. Deswegen habe ich mich immer über diejenigen gewundert, die gesagt haben: Da muß noch etwas draufgesattelt werden. Das muß noch übersteuert werden. Ich sage: Das ist eine gewaltige Leistung. Wer weiß denn schon, daß seit 1990 266 Einheiten der Bundeswehr in Westdeutschland aufgelöst wurden? Im nächsten Jahr werden noch einmal 66 Einheiten aufgelöst.

    (Gerlinde Hämmerle [SPD]: Dann brauchen wir gar keinen Verteidigungsminister mehr! — Gegenruf von der F.D.P.: Ein sehr guter Beitrag!)

    — Es bleiben schon noch Einheiten übrig, gnädige Frau.
    Viele Verbände werden in neue Standorte verlegt. Die Bundeswehr soll gleichzeitig eine neue Struktur bekommen. Sie soll eine wegweisende Rolle im Einheitsprozeß spielen. Ich glaube, daß sie das bisher mit Bravour gemacht hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Schließlich wird die Bundeswehr auf neue Aufgaben ausgerichtet. Sie hat ebenfalls gezeigt, daß sie international solidarisch handeln kann.
    Parallel dazu muß sich die wehrtechnische Industrie dem verringerten Bedarf und den finanziellen Bedingungen anpassen. Das habe ich nun wirklich noch nicht gehört, Herr Kollege Jungmann, daß ich zu wenig in die Rüstungspolitik eingegriffen hätte. Das habe ich von der ersten Minute an gemacht, indem ich gesagt habe: Keine Mark mehr gegen die alten Bedrohungen, sondern jede Mark jetzt für die neue Situation.
    Bisher wurden schon über 100 000 Arbeitsplätze abgebaut. Es ist ja richtig, daß ein Sozialdemokrat wie Herr Schröder angefangen hat, sich darüber Sorgen zu machen. Es ist wichtig, daß Sie einmal eine einhellige Meinung herstellen, daß ein Betriebsrat von Ihnen genau dasselbe sagt wie ein Ministerpräsident oder auch ein Bundestagsabgeordneter. Klar ist: Wir brauchen Stetigkeit und Verläßlichkeit. Sonst kann man keine Bundeswehrplanung machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sonst gibt es auch keine Grundlage für die Industrie, an der sie sich orientieren könnte. Genau darum habe ich mich bemüht. Ich glaube, wir haben auch für mehr Stetigkeit und Ruhe gesorgt. Aber ein Schlüsselfaktor ist natürlich der Verteidigungshaushalt, der die Mindestbedürfnisse unserer Sicherheit und unserer internationalen Handlungsfähigkeit erfüllen muß und der die Voraussetzung für die mittelfristige Planungssicherheit ist.
    Wir haben nach den kurzfristigen Einschnitten vor Monaten, am Anfang des Jahres, Verhandlungen in der Regierung geführt mit genau diesem Ziel, zu einer Verstetigung der Ausgaben zu kommen. Das Ergebnis war ein harter Sparhaushalt: 48,6 Milliarden in diesem Jahr und dann schon in der mittelfristigen Finanzplanung für drei Jahre festgelegt: 47,5 Milliarden DM.



    Bundesminister Volker Rühe
    Im Haushaltsausschuß waren nach wochenlangen Beratungen ganze 117 Millionen DM strittig. Dann kam der Beschluß, dessen Auswirkungen wir im einzelnen noch nicht kennen. Ich möchte jedoch alle aufrufen, daran mitzuwirken, den Schaden zu begrenzen und das, was der Verteidigungshaushalt zusätzlich erbringen muß, möglichst stark herunterzudrükken.
    Nun haben Sie gesagt, Sie hätten die Befürchtung, ich würde das in die Zukunft verschieben und Sie müßten vielleicht darunter leiden. Da kann ich Sie in zweifacher Hinsicht beruhigen. Erstens werden Sie nach dem nächsten Oktober nicht in der Situation sein, daß Sie ein solches Erbe übernehmen müssen,

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    und zweitens — und das ist noch viel wichtiger — werde ich in dem Moment, in dem wir die abschließenden Zahlen kennen, sehr schnell die notwendigen kurzfristigen Entscheidungen treffen. Ich werde ohne Rücksicht auf innenpolitische Termine die notwendigen Entscheidungen im nächsten Jahr treffen, und ich werde auch ohne Rücksicht auf innenpolitische Termine die Zukunftssicherung der Bundeswehr auf der Basis, die dann gegeben ist, betreiben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Sie sollten mich eigentlich soweit kennen, daß Sie wissen, daß ich das sehr ernst meine. Ich sage hier noch einmal, weil ich schon im Frühjahr Hunderte von Abgeordnetenbriefen bekommen habe, als wir noch eine bessere finanzielle Grundlage hatten und eine schwierige Stationierungsdebatte führten: Es gibt keinen Spielraum mehr für Rücksichten, die die Strukturpolitik betreffen.
    Die Bundeswehr hat nicht die Hauptaufgabe, stationiert zu sein. Mit dem, was jetzt an neuen finanziellen Belastungen auf uns zukommt, muß ich mich ausschließlich an der militärischen Leistungsfähigkeit der Bundeswehr orientieren. Das werde ich auch machen und die Zukunftssicherung der Bundeswehr betreiben. Denn für alles andere gibt es in diesem Haushalt keinen Spielraum mehr.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wichtig ist, daß die Sparbelastungen so abgesenkt werden, daß wir kontinuierlich an dieser Planung arbeiten können und daß es nicht zu sofortigen und heftigen Einbrüchen kommt. Daher ist meine Bitte an alle Beteiligten, sich in diesem Sinne einzusetzen.
    Jetzt hat das Jagdflugzeug eine Rolle gespielt. Ich verstehe im Augenblick die Aufregung nicht. Wir sind dabei, die Umstellung international auszuhandeln. Daß das schwer ist, ist klar. Es gibt aber auf dem Weg Erfolge. Im Augenblick hat das Flugzeug technische Schwierigkeiten. Kein Verteidigungsminister der Welt kann es den Technikern abnehmen, daß das Flugzeug fliegt.
    Wir werden 1995 sehen: Erfüllt es die technischen Voraussetzungen, erfüllt es die finanziellen Voraussetzungen; wenn das der Fall ist, dann ist es doch das
    Natürlichste der Welt, daß wir versuchen, auch dieses europäische Jagdflugzeug auf den Weg zu bringen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Im Moment gibt es aber technische Schwierigkeiten; das ist überhaupt keine Frage.
    Ich möchte jetzt noch kurz etwas zu Somalia und zu den internationalen Einsätzen sagen. Herr Thiele, ich wollte es eigentlich nicht. Aber ich muß doch ein Wort zu Ihnen sagen, weil ich das zurückweisen muß, was Sie sagen: nichts wie weg aus Somalia.

    (Vorsitz : Vizepräsident Helmuth Becker)

    Ich kann das nicht erkennen. Sie müssen doch zur Kenntnis nehmen, daß die Bundeswehr all ihre Verpflichtungen gegenüber den Vereinten Nationen erfüllt hat. Wir sind mit der Pünktlichkeit eines Intercity in Somalia gelandet. Nur der Gegenzug ist nicht eingelaufen. Daraus kann man uns keinen Vorwurf machen.
    Im übrigen haben andere Länder wie die Vereinigten Staaten, wie Frankreich und Belgien einseitige Entscheidungen getroffen, die uns bestimmte Grundlagen weggenommen haben. Die Vereinten Nationen haben auch die Geschäftsbedingungen geändert. Wenn ich in der Situation nicht nur als Minister, sondern auch als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt nun mit sehr großer Sorgfalt darauf achte, daß unsere Soldaten nicht in eine gefährliche Situation kommen und daß wir alles Material rechtzeitig aus Somalia herausbringen, dann entspricht das — so glaube ich — meiner Verantwortung. Ich weise das zurück, wenn gesagt wird: Es handelt sich um eine „Nichts-wie-weg-Haltung".

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Damit hat das nichts zu tun.
    Im übrigen bin ich mit dem Außenminister einig, daß wir noch im Monat Dezember die Entscheidung über die Frage des Rückzugs treffen, und das ist ausreichend für die Soldaten. Aber das muß auch geschehen, damit wir hier nicht in eine schwierige Lage kommen.
    Zu den Sozialdemokraten: Es ist eben richtig, daß sie mit ihren Parteitagsbeschlüssen nicht bündnisfähig sind, wobei das eigentliche Problem nicht Einsätze wie in Somalia oder Kambodscha sind — da kann man ja oder nein sagen; man muß nur im Prinzip dazu bereit sein —, sondern das eigentliche Problem sind die NATO-Einsätze. Daraus ergibt sich die Bündnisunfähigkeit.
    Ich war Anfang der Woche bei dem AWACS- Verband in Geilenkirchen, wo zwölf Nationen ein Flugzeug betreiben. Wenn die NATO im Auftrag der UNO diese Flugzeuge einsetzt und wir nicht in der Lage sind, uns zu beteiligen, wie elf andere Nationen auch, dann werden wir bündnisunfähig. Dann kommt es zu einer Renationalisierung der Verteidigungspolitik. Das ist ein riesiger Schaden, der dort eintreten würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Bundesminister Volker Rühe
    Wenn der Ministerpräsident Scharping vor einer Renationalisierung allgemein gewarnt hat, dann kann ich nur sagen: Eine solche Art der Integration wie in diesem Flugzeug oder wie in den integrierten NATO-Stäben, an denen wir eben auch mitwirken können und müssen, oder bei anderen NATO-Einsätzen gibt es nirgendwo anders auf der Welt. Das ist der eigentliche qualitative Fortschritt, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa erreicht worden ist.
    Wenn wir nicht dieselben Einsatzbedingungen haben wie andere Nationen auch, müßten wir aus diesen integrierten Stäben ausscheiden — im Augenblick haben wir ja auch entsprechende Probleme —, dann müßten wir aus solchen integrierten Verbänden wie bei AWACS ausscheiden. Dann kann es keine deutsch-französische Brigade, kein Eurocorps auf die Dauer geben.
    Hier stellt sich die Frage der Bündnisfähigkeit, und hier liegt der eigentliche Grund dafür, warum es eben nicht reicht, daß wir Blauhelm-Soldaten schicken. Wir müssen vielmehr in der Lage sein, genau das zu tun, was die anderen NATO-Staaten auch tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nun hat Herr Klose gesagt, Sie stünden ja zu den jetzigen Bündnisverpflichtungen, aber nicht zu den zukünftigen der NATO. Er übersieht aber, daß die zukünftigen Verpflichtungen sozusagen schon zu den jetzigen geworden sind. Die NATO ist schon mitten drin in der neuen Zeit. Ohne das NATO-Hauptquartier, ohne die NATO-Flugzeuge — AWACS und Jagdflugzeuge — gäbe es überhaupt keine Möglichkeiten der Vereinten Nationen, in Jugoslawien einzugreifen. Das sind die wahrscheinlichsten Einsätze der nächsten Jahre, und daran müssen wir auch teilnehmen.
    Es nützt überhaupt gar nichts, wenn Sie sagen: Wir stehen zu den alten Bündnisverpflichtungen. Dabei handelt es sich um die unwahrscheinlichsten Situationen, nämlich die Frage eines Großangriffs auf die NATO. Wer soll das eigentlich durchführen?
    Wer also die Existenzsicherung der NATO auch in der Zukunft betreiben will, der muß auch zu diesen neuen Aufgaben stehen. Deswegen ist es richtig: Sie werden bündnisunfähig, wenn Sie nicht bereit sind, über Blauhelm-Missionen hinauszugehen. Darüber sollten Sie noch einmal sehr gründlich nachdenken.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir am Schluß auch ein Wort des Dankes an alle Angehörigen und Mitarbeiter der Streitkräfte, an die Soldaten und die zivilen Mitarbeiter. Ich weiß, daß sie in schwierigen Zeiten ihren Dienst machen, daß wir ihnen auch einiges durch schnell aufeinanderfolgende politische Entscheidungen zumuten.
    Aber ich meine, daß wir alle in dem Urteil übereinstimmen, daß sie eine große Leistung erbracht haben, daß es nicht selbstverständlich ist, mitten in diesem schwierigen deutschen Einigungsprozeß eine Führungsrolle zu übernehmen, wie die Bundeswehr das gemacht hat, und gleichzeitig neue internationale Aufgaben zu übernehmen.
    Ich denke, es wäre angemessen, wenn das ganze Parlament einen Dank aussprechen würde an die
    Bundeswehr und wenn diesem Dank auch das Geld folgen würde bei den Haushaltsberatungen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie des Abg. Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD])



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe eine Bitte. Der Kollege Müller (Wadern) möchte gerne seine Rede zu Protokoll geben.*)

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr vernünftig! Wer noch?)

Gibt es Bedenken? — Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich möchte Sie dann noch darauf aufmerksam machen, daß nach dem Debattenverlauf kurz vor 20 Uhr die namentliche Abstimmung über den Haushalt 04 stattfinden wird.
Nun erteile ich das Wort unserem Kollegen Walter Kolbow.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Kolbow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte auch ich dem Kollegen Horst Jungmann, der im Haushaltsausschuß Berichterstatter für den Einzelplan 14 ist, für die freundschaftliche, sachkundige und der Bundeswehr dienliche Zusammenarbeit danken.

    (Beifall bei der SPD)

    Horst, du wirst uns fehlen.
    Ich möchte aber auch sagen — nicht weil ich das vorhin erfahren habe, Herr Kollege Strube, sondern weil die Debatten über den Verteidigungsetat dies immer wieder deutlich gemacht haben —, daß wir Ihnen danken für die Sachlichkeit und auch für die Klarheit der Ausführungen, die Sie zu dem Einzelplan 14 im Rahmen der Berichterstattung, aber auch als engagierter Streiter im besten Sinne des Wortes für unsere Bundeswehr gemacht haben. Gelegentlich werden wir bei uns, wenn Ihr Nachfolger spricht, darauf hinweisen können: Das hätte der Kollege Strube sicherlich etwas anders formuliert.
    Ich weiß nicht, ob die Auffassung, die Sie heute geäußert haben, daß die Bundeswehr schlanker werden muß und daß, was auch der Kollege Thiele eingebracht hat, die Streitkräfte nicht auf einer Stärke von 370 000 Mann bestehen können, die Mehrheitsfähigkeit bei der Koalition hat. Ein Denkprozeß hat bei Ihnen aber für eine Position, die wir in Wiesbaden beschlossen haben, ersichtlich begonnen. Ich fordere Sie auf, weiterhin diesen Dialog mit uns zu führen. Denn es muß — auch wenn wir darüber noch nicht einer Meinung sind — ein Ergebnis sein, daß Sicherheit, aber auch Streitkräfte legitime Mittel des Ausdrucks eines souveränen Staates sind.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Jungmann hat profund den Bundesminister der Verteidigung angesprochen. Bevor ich auf Sie,
    *) Anlage 3



    Walter Kolbow
    Herr Bundesminister, eingehe, will ich mir im Rahmen meiner Redezeit erlauben, einen Punkt anzusprechen, der mir außerordentlich am Herzen liegt, auch nach den Besuchen, die wir in Belet Uen und in Phnom Penh gemacht haben. Ich möchte darauf hinweisen, daß wir auch national bei uns zuwenig tun, keine Vorausschau getroffen haben und auch kein Projekt haben, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, zur Erhöhung der Sicherheit der Bevölkerung in ehemaligen Bürgerkriegsgebieten vor Gefahr durch Minen und andere gefährliche Munition.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich bin froh, daß am 19. September in Belet Uen ein Prothesenhilfsprogramm begonnen worden ist, mit dem 100 Minenopfern geholfen wird. Wir wissen, daß in dem orthopädischen Zentrum in Battampang in Phnom Penh auch mit der Unterstützung von deutscher Seite 2 000 Minenverletzte von April bis Oktober behandelt worden sind. Dies reicht aber nicht aus. Deswegen, meine ich, müssen wir hier für Angola, Mosambik, Afghanistan, aber auch für Kambodscha und Somalia ein Projekt miteinander entwickeln, das die Minengefahr beseitigen hilft und womit wir für die Menschen vor Ort dann auch konkret Lebensrettung betreiben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich glaube, daß auch bei den Finanzdiskussionen um Somalia so manch einer oder eine sagen wird: Manche Mark aus Deutschland wäre für ein solches Minenhilfsprogramm, für ein solches Projekt, bei der UNHCR, also bei der UNO angesiedelt, gut angelegt gewesen. Wir wollen — das liegt uns auch nicht; dazu, meine ich, leisten unsere Soldaten in Somalia zu gute Arbeit, auch in Phnom Penh haben sie das getan, solange sie dort waren —, so wie der Außenminister das heute gesagt hat, diesen Einsatz nicht miesmachen. Darum geht es nicht. Wir müssen ihn analysieren, und wir müssen ihn politisch bewerten.
    Herr Holtz sagt im ZDF zum deutschen Einsatz:
    Er wird als das riesengroße Somalia-Windei in Erinnerung bleiben. Diese indische Brigade, der die deutschen Soldaten angeblich zur Hand gehen sollten, geistert wie der Fliegende Holländer durch die Träume der deutschen Politiker. In der Wirklichkeit taucht sie niemals auf. Aber der deutsche Drang nach Afrika entstand schließlich nur aus politischem Antrieb. Die Bundesregierung strebt nach einem Dauersitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, und dorthin kommt einer nur mit Helm. Ohne Militäreinsatz kein Prestige.
    Das ist der Punkt, an dem wir ansetzen und bei dem wir der Meinung sind, daß wir Ihnen das nicht ersparen können. Die „Augsburger Allgemeine Zeitung", Herr Rühe, schreibt unter der Überschrift — die ich mir in der abendlichen Stimmung nicht vollinhaltlich zu eigen machen möchte — „Rühe wird zum Reinfall" das folgende:
    Auch wenn es der allzeit bereite Wehrminister
    heute eher ungern hört — vor allem er war es, der
    vor Jahresfrist gegen anfänglichen Widerstand
    des Außenamts auf eine deutsche Beteiligung am Somalia-Abenteuer drängte. Ohne klare rechtliche Grundlage, ohne ein tragfähiges Einsatzkonzept wurde die Bundeswehr ans Horn von Afrika entsandt. Es ging Rühe dabei weder um humanitäre Hilfe noch um eine wirkliche militärische Aufgabe. Der verhinderte Außenpolitiker wollte ein Signal setzen: Wir sind wieder dabei — auf Biegen oder Brechen. Nun ist die Verfassung verbogen, die UN-Mission zerbricht,
    — wie wir sehen —
    der Minister will seine Soldaten lieber heute als morgen zurückholen:
    — da stimmen wir zu —
    Vorwärts, Kameraden — wir müssen zurück!
    So der Kommentar aus der „Augsburger Allgemeinen Zeitung", Herr Kollege Rossmanith, die nun nicht im Verdacht steht, sozialdemokratischen Umtrieben empfänglich zu sein.

    (Beifall bei der SPD — Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Darm hätten Sie auch sagen sollen, wer ihn geschrieben hat!)

    Für uns jedenfalls — da komme ich Ihnen wieder näher, Herr Kollege Rühe — steht die Sicherheit unserer Soldaten in Somalia an erster Stelle. Dies heißt, daß wir uns aus Somalia zurückziehen müssen und daß — das sagt, wie nachzulesen ist, heute auch Kollege Hornhues —, wenn die Amerikaner herausgehen, wir wegen der Sicherheit unserer Soldaten vorher herausgehen müssen. Wenn wir dann geordnet abziehen, so muß man jetzt damit anfangen. Die Entscheidung im Kabinett, die Sie gestern abend getroffen haben, stellt den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Außenminister und Verteidigungsminister dar. Hier rufe ich Sie nachdrücklich auf: Setzen Sie sich im Kabinett einmal durch, und sorgen Sie dafür, daß dieser Beschluß gefaßt wird!
    Auch nicht im Kabinett durchgesetzt, jedenfalls bis jetzt und auch in der Vergangenheit nicht, Herr Kollege Rühe, haben Sie sich bei den Mitteln, die die Bundeswehr gerade jetzt in schwierigen Haushaltssituationen braucht. Es ist schon merkwürdig. Wir haben rechtzeitig einen Abrüstungs- und Rüstungskontrollansatz gehabt. Wir haben gesagt, wir können den Umfang der Bundeswehr reduzieren. Wir haben uns, noch in der Jacobsen-Kommission, sogar auf gemeinsame Eckwerte verständigt, weil wir — das ist für die Opposition nicht so einfach wie für die Regierung — die Kassenlage nicht genau kennen konnten. Als wir dies erkannt haben, haben wir aus dem rüstungs- und abrüstungskontrollpolitischen Ansatz heraus und auch wegen der Notwendigkeiten, die jetzt von Ihnen von der Finanzseite her kommen, gesagt: Reduziert den Umfang auf 300 000 Mann! Es sind auch andere Zahlen genannt worden, die ich persönlich für falsch halte. Der Wiesbadener Parteitag hat diese 300 000 beschlossen. Herr Thiele, dies ist der Anfang einer Kooperation in der Sache — über anderes habe ich nicht zu spekulieren; darüber wird der Wähler zu entscheiden haben —, für schlankere Streitkräfte, die Sicherheit garantieren. Diese Streitkräfte müßten dann aber optimiert sein und auch die



    Walter Kolbow
    Beträge erhalten, die wir insgesamt vor dem Steuerzahler verantworten können.
    Herr Bundesminister, es ist nun eine Aufgabe, die Sie zu leisten haben, nicht unter die Kürzungsvorschläge zu gehen, die wir bei einer Gesamtwertung des Haushalts und unter Berücksichtigung anderer Prioritäten gefunden haben. Sie wissen, wir sind etwa bei 800 Millionen DM. Auch ich bin der Meinung, daß es, wenn es tiefer geht, in die von Ihnen und auch vom Kollegen Jungmann angesprochene Substanz geht. Diese Summe ist das Mögliche, was wir noch machen können, mehr nicht. Ich sage Ihnen heute aber auch, daß Sie die Unterstützung der sozialdemokratischen Fraktion für das, was bei der Bundeswehr darüber hinausgeht, bekommen.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Na, na!)

    — Wir kommen wieder darauf zurück, Frau Kollegin Albowitz. So wie wir Sie beim Wort nehmen, können Sie auch uns beim Wort nehmen.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Das ist ein Wort!)

    Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn es in der Bundeswehr eine solche Mißstimmung gibt, dann nicht deshalb, weil die Planungssicherheit durch die Opposition nicht gegeben wäre, sondern weil der Bundesverteidigungsminister Planungsunsicherheit, seitdem er im Amt ist, zu verantworten hat.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Er hat es nicht geschafft, uns zur Sitzung des Verteidigungsausschusses am 8. Dezember und zur Bundeswehrplanungsklausur des Hauses am 7. Dezember die Bundeswehrplanung vorzulegen, weil sich die Finanzpolitiker und insbesondere der Finanzminister eingeschaltet haben. Sie müssen doch dem Generalinspekteur Abbitte leisten. Der Mann arbeitet sich zusammen mit den Teilstreitkräfteinspekteuren fast zu Tode, dann hat er ein Ergebnis, und dann kommen die Finanzpolitiker wieder an und sagen: Ist nicht, davon kommen 2,4 Milliarden DM herunter! — Dann kann er das alles wieder in den Papierkorb der Hardthöhe schmeißen. Umsonst wird er Ihnen nicht einen persönlichen Vermerk in dieser Richtung geschickt haben, denn er muß ja auch gegenüber seinen Soldaten auf der sicheren Seite sein. Das hat dieser Generalinspekteur, dem auch wir als Sozialdemokraten in konstruktiver Kritik begegnen, nicht verdient, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Gemogelt und nicht Sicherheit in die Gesellschaft und zu unseren jungen Menschen gebracht wird doch auch bei dem vollmundigen Bekenntnis zur Wehrpflicht ohne Wenn und Aber; denn gleichzeitig wird kräftig Hand an deren Legimitation gelegt, indem Grundwehrdienstleistende bei UNO-Missionen eingesetzt und aus Geldmangel kurzfristig 10 000 Wehrpflichtige einfach nicht einberufen werden.
    Die Zustimmung zur Wehrpflicht ist mit 29 % auf einem Tiefpunkt angelangt. Ausländische Beispiele wie die Abschaffung der Wehrpflicht in Belgien und die Empfehlung des niederländischen Parlaments,
    dies bis zum Jahre 2001 ebenfalls zu tun, tragen erheblich dazu bei.
    Dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es uns aber nicht um die Kernfrage, ob der Bürger noch bereit ist, für den Schutz des Landes Pflichten zu übernehmen. Ganz im Gegenteil, der Bürger stellt fest, daß auf die veränderte Lage durch die Politik nicht angemessen reagiert wird. Er sieht nicht mehr den Sinn des zwölfmonatigen Opfers, wenn eine existentielle Bedrohung Deutschlands nicht mehr existiert, wie Sie selbst wiederholt festgestellt haben.
    Bei den Jugendlichen liegt die Quote der Ablehnung der Wehrpflicht noch höher. Das ist meines Erachtens — das kommt zum Ausdruck, wenn man mit ihnen spricht — auch kein Wunder, wenn man mit denen, die bereits ein Opfer für die Allgemeinheit bringen, so umgeht wie die Regierung. Wir sind traurig darüber, daß wir das nicht haben verhindern können und sind hier auch schuldhaft verstrickt mit im Boot. Ich sage das ausdrücklich. Die Kürzung des Entlassungsgeldes um 18 % und die Kürzung des Verpflegungsgeldes sind wahrlich kein Ruhmesblatt für uns alle hier im Deutschen Bundestag.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die SPD sieht die großen Vorteile der Wehrpflicht und will sie deshalb, solange es möglich ist und Sinn macht, erhalten. Die Wehrpflicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf aber einer wünschenswerten und möglichen weiteren Reduzierung — davon ist heute auch gesprochen worden — nicht im Wege stehen; denn die jetzige Zahl von Grundwehrdienstleistenden wird schon in Kürze nicht mehr zu bezahlen sein. Wir werden genau aufpassen, ob Sie die Zahl der Wehrpflichtigen und die Manipulation mit dieser Zahl dazu benutzen, sich haushaltsmäßig in eine bessere Position als die zu bringen, in der Sie sind.
    Die jetzt schon nicht mehr sicherzustellende Dienstgerechtigkeit wird bei weiterem Personalabbau deutlich abnehmen und damit zu einem verfassungsrechtlichen Problem. Bei Verringerung des Streitkräfteumfangs um mehr als ein Drittel — darum kommen auch Sie mit Ihren Sonntags- und Werktagsreden nicht herum — stellt sich unausweichlich die Frage der Wehrform. Die Beibehaltung der Wehrpflicht wird auch — das wissen zumindest die Verteidigungspolitikerinnen und -politiker — von der weiteren Modernisierung und Professionalisierung der kleineren Streitkräfte in Frage gestellt, weil diese eine längere und intensivere Ausbildung bedingen.
    Sagen Sie also die Wahrheit, gehen Sie zu den Bürgerinnen und Bürgern und sagen Sie ihnen, daß mit dieser Struktur nicht in das Jahr 2000 gegangen werden kann! Wenn Sie die Zukunftssicherung der Bundeswehr unabhängig von Wahlterminen betreiben wollen, was Sie, meine ich, auch tun müssen, dann werden Sie sagen müssen, daß Sie 370 000 bis 1996, 1998 oder spätestens 2000 nicht halten werden. Dann werden Sie sich letztlich dem anschließen, was der Bundeskanzler schon auf der Wehrkundetagung im Februar 1993 gesagt hat, wobei ich mich immer wundere, daß Sie nach wie vor an 370 000 festhalten und diese Eckwertposition nicht verlassen. Denn Sie



    Walter Kolbow
    sind, wie Sie heute in der Debatte gemerkt haben, Herr Rühe, auf der Verliererseite in bezug auf die Glaubwürdigkeit und auch die Konzeption.

    (Beifall bei der SPD)

    Das hat die Bundeswehr nicht verdient. Auch wir — dort treffen wir uns — danken den Soldaten für das, was sie für den Frieden tun und was sie humanitär leisten.
    Es besteht die Notwendigkeit und auch die politische Pflicht, den Soldaten für ihre Auslandsverwendungen Rechts- und Verfassungssicherheit zu geben, damit sie auch im Ausland besser Sicherheit produzieren können.
    Ich danke für die Geduld.

    (Beifall bei der SPD — Manfred Richter [Bremerhaven] [F.D.P.]: Ihr seid in der Verantwortung in dieser Frage!)