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    Plenarprotokoll 12/192 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 192. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Inhalt: Bestimmung des Abgeordneten Rolf Schwanitz als ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuß 16531 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksachen 12/5500, 12/5870) Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 12/6004, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 12/ 6005, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 12/6014, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksachen 12/6027, 12/ 6030) Hans-Ulrich Klose SPD . . . . 16531D, 16592A Michael Glos CDU/CSU 16537A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 16544 C Hans-Ulrich Klose SPD 16544 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . . 16551A Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16554 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 16557 A Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 16566 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 16576B Michael Glos CDU/CSU 16577 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 16578 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 16578D Dr. Jürgen Schmude SPD 16580 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 16587 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU (zur GO) 16595 B Dietrich Austermann CDU/CSU 16595 C Ortwin Lowack fraktionslos 16598 D Andrea Lederer PDS/Linke Liste . . . 16600 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16603B Ernst Waltemathe SPD 16605 D Udo Haschke (Jena) CDU/CSU 16608 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 16608 C Dr. Rudolf Krause (Bonese) fraktionslos 16609A Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 16610 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16612B Friedrich Bohl, Bundesminister BK . . 16613 D Dr. Hans Stercken CDU/CSU 16614B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16615A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . . . 16616D, 16630 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 16618A Hans-Gerd Strube CDU/CSU 16622 A Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . 16623D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. . . 16626A, 16630 C Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . . 16627 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 16628 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 16630D Walter Kolbow SPD 16633 C Paul Breuer CDU/CSU 16636 B Dr. Karl-Heinz Klejdzinski SPD . . . 16637 B Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 16554 A Namentliche Abstimmung 16638 C Ergebnis 16644 D Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 12/6021, 12/6030) Helmut Esters SPD 16639 B Christian Neuling CDU/CSU 16641D Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . . 16646 D Werner Zywietz F D P 16647 D Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16649 C Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 16650 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 12/6006, 12/6030) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 12/6026) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 12/ 6028, 12/6030) Rudolf Purps SPD 16652 D Karl Deres CDU/CSU 16656 C Ina Albowitz F.D.P. 16659 A Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 16661 B Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16662 D Günter Graf SPD 16664 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16665 D Erwin Marschewski CDU/CSU 16666 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 16668D Freimut Duve SPD 16670A Karl Deres CDU/CSU 16670 C Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 16671A Klaus Lohmann (Witten) SPD 16672 C Manfred Kanther, Bundesminister BMI 16673 B Nächste Sitzung 16675 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16677' A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 12: Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt Dr. Klaus Rose CDU/CSU 16633' C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 13: Einzelplan 14 — Bundesministerium der Verteidigung Hans-Werner Müller (Wadern) CDU/CSU 16679' A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 16531 192. Sitzung Bonn, den 24. November 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 24. 11. 93 Blunck (Uetersen), SPD 24. 11. 93 * Lieselott Böhm (Melsungen), CDU/CSU 24. 11. 93 * Wilfried Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 24. 11. 93 Clemens, Joachim CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 24. 11. 93 Herta Ehrbar, Udo CDU/CSU 24. 11. 93 Ganschow, Jörg F.D.P. 24. 11. 93 Gleicke, Iris SPD 24. 11. 93 Dr. Göhner, Reinhard CDU/CSU 24. 11. 93 Großmann, Achim SPD 24. 11. 93 Dr. Herr, Norbert CDU/CSU 24. 11. 93 Heyenn, Günther SPD 24. 11. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 24. 11. 93 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 24. 11. 93 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 24. 11. 93 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 24. 11. 93 Kiechle, Ignaz CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 24. 11. 93 Kraus, Rudolf CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 24. 11. 93 Günther Kretkowski, Volkmar SPD 24. 11. 93 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 24. 11. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 24. 11. 93 ** Dr. Ortleb, Rainer F.D.P. 24. 11. 93 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 24. 11. 93 * Rappe (Hildesheim), SPD 24. 11. 93 Hermann Dr. Röhl, Klaus F.D.P. 24. 11. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 24. 11. 93 Ingrid Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 24. 11. 93 Schartz (Trier), Günther CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. Scheer, Hermann SPD 24. 11. 93 * Schmidt (Salzgitter), SPD 24. 11. 93 Wilhelm Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 24. 11. 93 Schröter, Karl-Heinz SPD 24. 11. 93 Schwanhold, Ernst SPD 24. 11. 93 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 24. 11. 93 Christian Dr. Soell, Hartmut SPD 24. 11. 93** Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 24. 11. 93 Dr. von Teichman, F.D.P. 24. 11. 93 Cornelia Vosen, Josef SPD 24. 11. 93 Wohlleben, Verena SPD 24. 11. 93 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wollenberger, Vera BÜNDNIS 24. 11. 93 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 24. 11. 93* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 12: Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Klaus Rose (CDU/CSU): Mit besonders gemischten Gefühlen stehe ich jetzt am Rednerpult. Denn während wir hier im Warmen und in Sicherheit hehre Außenpolitik formulieren, frieren und sterben weitere Hunderte und Tausende von Menschen in Bosnien. Die Welt schaut zu, Europa schaut zu, Deutschland schaut zu. Eine erfolgversprechende außenpolitische Initiative gibt es nicht. Klaus Bressers Anklage vorgestern abend im deutschen Fernsehen ist zweifellos berechtigt. Seine Schlußfolgerungen einer einzigen Lösung, nämlich eines militärischen Einsatzes, versteht jeder, man schreckt aber davor zurück. In einem neuen Buch von Hans-Peter Schwartz wird der fehlende Mut, der fehlende Wille der Deutschen zur Machtpolitik moniert. Deutschland sei zwar schon lange ein wirtschaftlicher Riese mit automatischer Macht. Aber mit der Rolle des politischen Zwergs müsse es ein Ende haben. Weltmacht wider Willen könne man auf Dauer nicht sein, der politische Gestaltungswille müsse dazukommen. Ich höre jetzt natürlich den Aufschrei, daß die Deutschen wieder von einer großen Rolle in der Weltpolitik träumten. Nein, darum geht es nicht, zumindest nicht um eine Alleinträumerei der Deutschen. In der Weltgemeinschaft, in der Europäischen Gemeinschaft und in manchen internationalen Gremien muß Deutschland seiner Bedeutung gerecht werden. Diese Bedeutung ist nach der Wiedervereinigung naturgemäß anders als früher. Diese Neubewertung deutscher Außenpolitik, diese Umorientierung muß jetzt endlich in der Praxis geschafft werden. Deutschland muß sich sowieso darüber klar werden, daß die Welt sich weiterdreht und daß wir sehr schnell vom Rad geschleudert werden können. Bei der Einbringungsrede des Haushalts im September 1993 habe ich die Bedeutung einer deutschen Asienpolitik herausgestrichen. Ich freue mich deshalb über den Erfolg der Kanzlerreise nach China. Über eines darf der Blick nach Asien nicht hinwegtäuschen: Europa ist in großer Gefahr. Die Gefahr wird beim Blick auf die asiatische Weltkarte deutlich. Dort ist nämlich der Pazifikraum im Mittelpunkt und 16678* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 Europa Randlage, wie wir es von Alaska oder von der Kamtschatka gewöhnt sind. Genau hier setzt das Problem ein. Haben nicht vor wenigen Tagen der amerikanische Präsident und verschiedene asiatische Regierungschefs die Zukunftsrichtung der amerikanisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) gewiesen? Hat nicht mit der NAFTA der nordamerikanische Wirtschaftsverbund den Wettbewerb mit der EG beschworen? Hat nicht der amerikanische Außenminister Warren Christopher gestern im ZDF-Morgenmagazin bei der Formulierung der amerikanischen Prioritäten die Stärkung der NATO erst an dritter Stelle genannt? Wir müssen erkennen, daß Europa aufpassen muß, damit es nicht wirtschaftlich, militärisch und finanziell zu einem unbedeutenden Markt wird. Mit der neuen Versuchung von Kleinstaaterei ist uns allen nicht gedient. Unverzichtbar ist für die EG und besonders für die Deutschen die Gewinnung der osteuropäischen Völker für Demokratie und Marktwirtschaft. Deshalb hatte der Haushaltsausschuß die Idee der Bundesregierung sehr begrüßt, mit der deutschen Beratungshilfe zum Aufschwung beizutragen. Über verschiedene Einzelpläne verteilt werden nächstes Jahr rund 300 Millionen DM eingesetzt. Es gibt am Ziel keinen Zweifel, denn der Aufbau von Forstverwaltungen, von Sparkassen oder von Konversionsprojekten bei früheren Rüstungsbetrieben kann nur unterstützt werden. Es wäre aber falsch, wenn wir am gleichen Weg wie bisher festhalten würden, nämlich alle Mittel an die Zentralregierungen zu geben. Es ist eine Tatsache, daß z. B. die russische Wirtschaft nur dann umgestaltet werden kann, wenn man das Potential der Regionen zur Wirkung bringt. Ich rede nicht einer politischen Dezentralisierung oder Destabilisierung das Wort. Denn ein weiterer Zerfall unter Krach und Donner ist nicht erstrebenswert. Eine einheitliche Rubelzone, eine Art Länderfinanzausgleich wären das Ziel. Doch so viel Demokratie als möglich, so viel föderative Strukturen als machbar sollten von uns herauskristallisiert werden. Mich als überzeugten Europäer, treuen Deutschen und begeisterten Föderalisten freut es jedenfalls, daß jetzt auch in der Republik Südafrika der deutschen Verfassung ähnliche Strukturen eingeführt werden. Die GUS, aber auch die Einzelnachfolger der Sowjetunion sollten auf jeden Fall, so sie es wünschen, beim Aufbau nicht bloß von demokratischen und marktwirtschaftlichen, sondern auch von föderativen Strukturen unterstützt werden. Im Rahmen des auswärtigen Etats muß ein weiteres Thema angesprochen werden. Es geht um die Hilfe in Katastrophenfällen, bei Not und Flüchtlingselend, bei Bürgerkriegen, die wir trotz eigener Haushaltsprobleme nicht vergessen dürfen. Ich erkenne in diesem Zusammenhang gerne die engagierte Leistung des Arbeitsstabs „Humanitäre Hilfe" im Auswärtigen Amt an. Mit der Soforthilfe, d. h. mit medizinischer Betreuung, Übergabe von Nahrungsmitteln und Kleidung, Herstellung von Notunterkünften oder Wiederherstellung von Strom-, Wasser-, Gasleitungen oder von Straßen und Brücken, wird viel Gutes geleistet, mit Sonderhilfen wird viel außenpolitischer Goodwill offenbart. 1993 sind bisher nahezu 500 Millionen DM für die humanitäre Hilfe eingesetzt worden, nicht bloß im Haushalt des Auswärtigen Amts, sondern auch beim BMZ, beim Innenminister oder beim Verteidigungsminister. Dazu kommen die internationalen Beiträge. Beliebig ausweiten läßt sich der vom Steuerzahler finanzierte Anteil an den Hilfsmaßnahmen aber auch nicht. Dankbar registrieren wir daher die Spendenbereitschaft der Deut-. schen insgesamt. Wir registrieren die wie Pilze aus dem Boden geschossenen privaten Unterstützungsorganisationen für die Not in Rußland, in Rumänien oder in Bosnien. Wir registrieren die selbstlose Einsatzfreude vieler Menschen in Deutschland, wenn es um spontane Hilfsmaßnahmen geht. Da wird viel gutgemacht, was durch andere Deutsche, ob glatzköpfige Schläger oder hohlköpfige Schreibtischtäter, an Schande über Deutschland gebracht wird. Wegen der Sperren im Haushaltsgesetz und der Globalkürzung um 5 Milliarden DM, die anteilsmäßig auch den Etat des Auswärtigen Amts betreffen und insgesamt 134 Millionen DM ausmachen könnten, steht die Auswärtige Kulturpolitik noch mehr als früher im Mittelpunkt des Interesses. Im gewünschten Ziel sind wir uns alle einig, nämlich möglichst viel und möglichst effektiv, möglichst überall und möglichst ständig kulturell präsent zu sein. Es sind, das hat der ehemalige Präsident des Goethe-Instituts, Hans Heigert, anerkannt, viele Milliarden DM in die bisherigen Kulturverbindungen mit dem Ausland gesteckt worden. Keinem fällt es leicht, wegen des allgemeinen Sparzwangs bei diesen Kulturbeziehungen Abstriche zu machen. Es war immerhin der Bundeskanzler selbst, der mehrmals betonte, daß die deutsche Sprache im Ausland noch stärker gefördert werden sollte und daß mit einem Sonderprogramm „Deutsche Sprache" besonders in Osteuropa zum Aufbau friedlicher Beziehungen beigetragen würde. Der Haushaltsausschuß jedenfalls hat diese Haltung respektiert und versucht zu helfen, wo zu helfen war — ohne deshalb die Arbeitslosenunterstützung im eigenen Land oder manch unverzichtbare Investition in den neuen Bundesländern zu gefährden. Von einer besonderen „Kultur" zeugt daher nicht, wenn die Verantwortlichen des Goethe-Instituts in München bei einer Pressekonferenz im Oktober dieses Jahres wieder einmal glaubten, von einer „Strafexpedition der Anti-Kultur-Politiker in Bonn" reden zu müssen, weil auch das GoetheInstitut einen Sparbeitrag zur allgemeinen Haushaltslage bringen muß. Am meisten wurde beklagt, daß vier Institute geschlossen werden müßten und daß damit erheblicher außenpolitischer Schaden einträte. Wollen Sie die Namen dieser vier Institute hören? Es handelt sich um Viña del Mar (Chile), Medellin (Kolumbien), San Juan (Argentinien) und Malmö (Schweden). Zumindest bei unseren schwedischen Freunden habe ich bisher keinen Liebesentzug feststellen müssen, dafür freuen sich aber die Städte, die bisher in der sozialistischen Abgeschiedenheit festgenagelt waren, wie St. Petersburg, Kiew, Minsk oder Tiflis, auch Alma Ata und Hanoi, daß ein neues Goethe-Institut dort hinkommt. Sollte etwa ein Sparzwang gar ein Anreiz zu neuem Denken sein? Ich kann nur ermuntern, auch stärker den europäischen Verbund zu sehen. Gemeinsame deutsch-französi- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 16679* sche Botschaften oder auch Kulturinstitute oder zumindest ein gemeinsames Dach dafür könnte so manchen Anstoß zu mehr Effektivität auch in der Kulturpolitik geben. Man ist noch lange kein KulturMuffel, wenn man sich Gedanken über das Aufbrechen verkrusteter Strukturen macht. Heilsam ist letzteres im gesamten staatlichen Haushalt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt I 13 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Hans-Werner Müller (Wadern) (CDU/CSU): Unsere Soldaten sind aus Kambodscha zurückgekehrt. Unsere Soldaten leisten humanitäre Hilfe in Somalia. Es sind besonders viele aus den Standorten meiner saarländischen Heimat dabei. Unsere Soldaten versorgen Teile der bosnischen Bevölkerung aus der Luft. Unsere Soldaten erfüllen diese Aufträge mit hohem Verantwortungsbewußtsein und vorbildlicher Haltung. Sie dienen dem Ansehen unseres Landes, dafür gebührt ihnen unser Dank. Unsere Soldaten können dies leisten, weil wir eine einsatzbereite, modern ausgestattete und bündnisfähige Bundeswehr haben, und auch weiter haben wollen. Dazu bedarf es erheblicher staatlicher Mittel, die im Einzelplan 14 des hier zu beratenden Haushaltes zur Verfügung gestellt werden. Der 94er Haushalt für die Verteidigung steht im besonderen Maße unter der Notwendigkeit substantieller Einsparungen, weil die Staatsfinanzen insgesamt gesehen zu konsolidieren sind. Konsolidierung der Staatsfinanzen ist erfolgreiche Zukunftssicherung Deutschlands. Dies ist oft genug gesagt worden. Im Wettbewerb um die knappen Ressourcen sind in der Öffentlichkeit gerade die Verteidigungsausgaben besonders zu begründen. Werden doch rund 48 Milliarden ausgegeben, aber immerhin fast 3 Milliarden weniger als 1992. Wir sind, um das gleich vorweg zu sagen, an eine Grenze gestoßen, die wir nicht mehr unterschreiten dürfen, ohne das Ganze zu gefährden. Im vergangenen Jahr wollte die SPD noch 5 Milliarden aus dem Verteidigungshaushalt herausstreichen, heute wird dieser Haushalt anders, wesentlich realistischer beurteilt; man läßt erkennen, durch einige Sprecher zumindestens, daß hier in diesem Einzelplan des Bundesministers der Verteidigung nichts mehr zu holen ist. Ich meine dies ist ein Fortschrittt. Ich will auch sagen, daß in diesem Jahr die Beratungen gerade dieses Haushaltes aus meiner Sicht besonders schwierig waren, im Vergleich zu den früheren Jahren. Ich habe ja die Ehre, schon seit einigen Jahren diesen Haushalt zu bearbeiten. Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich bei den Beamten des Verteidigungsministeriums für die gute Zusammenarbeit bedanken. Die Beratungen waren aber schwierig, weil es halt immer schwierig ist, die Wünsche, so berechtigt sie auch sind, und die Realität in Einklang zu bringen, wobei wir selbstverständlich den Weg des Ministers unterstützen, der durch energisches Sparen im Bereich der Betriebsausgaben der Bundewehr sich Freiräume zu schaffen sucht für neue Gestaltungsmöglichkeiten und planerische Initiativen. Wir gehen diesen Weg mit, Herr Minister, so wenn wir z. B. ca. 200 Millionen DM Betriebsausgaben sparen und dafür 200 Millionen DM investieren. Es gibt einen militärischen Grundsatz, der da lautet: Entsprechend der Auftragserteilung sind die erforderlichen Mittel bereitzuhalten. Das heißt: Wenn wir über die Auftragserteilung einig sind — und wir sind das in der Union —, dann gilt dreierlei: Erstens. Wir brauchen eine Bestätigung der Verteidigungsausgaben in den nächsten Jahren, zumindest für den Zeitraum des Finanzplanes, also bis 1997. Damit gibt man der Bundeswehr den Planungsrahmen und die erforderliche Planungssicherheit. Zweitens. Der Haushalt für 1994 für den Bundesminister der Verteidigung ist in dieser Größenordnung von etwas über 48 Milliarden DM ein Schritt in diese Richtung. Drittens. Der Haushalt des Bundesministeriums der Verteidigung muß nach entsprechender Umschichtung wiederum etwa 30 Prozent für Investitionen enthalten. Wir werden bald die Stärke von 370 000 Soldaten erreicht haben. Man spricht von Zielstrukturen. Wir hatten einmal in der alten Bundesrepublik 490 000 Soldaten. Trotz der zurückgehenden Zahl sollten wir an der Wehrpflicht festhalten. Die Bundeswehr hat damit einen ständigen Kontakt mit der jungen Generation, einen Kontakt, der prägt. Nahezu die Hälfte der Zeit- und Berufssoldaten rekrutiert sich aus den Teilnehmern am Wehrdienst. Damit bleibt die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber mit dem Angebot einer jährlichen Einstellung von rund 20 000 Soldaten auf die Zeit von 4 Jahren und länger. Im nächsten Jahr werden wir die Zielstruktur von 370 000 planmäßig erreichen. Dies gilt sowohl für Umfang als auch für Qualität. Die Laufbahnentwicklung ist damit auch von besonderer Bedeutung. Attraktivität des Soldatenberufes ist nämlich sehr wichtig. So haben wir in diesem Haushalt auch rund 3 000 Hebungen für Oberfeldwebel und 1 000 Hebungen für Stabsunteroffiziere vorgesehen. Die Beförderungswartezeiten für Zeitsoldaten werden radikal reduziert. Wir denken, daß auch dies in der Öffentlichkeit allgemein und bei den betroffenen Jugendlichen zu einer größeren Akzeptanz des Dienstes in den Streitkräften geführt hat. Deswegen gehen die Quoten der Wehrdienstverweigerung auch zurück, obwohl von einer Trendwende noch nicht gesprochen werden kann. Auch beim Zivilpersonal bauen wir im nächsten Jahr mehr als 8 500 Stellen ab. Dies geschieht ausschließlich durch Fluktuation des Personals. Kein Mitarbeiter wird entlassen. Die Sozialverträglichkeit 16680* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. November 1993 kann durch Anwendung des Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetzes voll gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal die Bitte vortragen, daß das Verteidigungsministerium alsbald ein Personalstrukturmodell für die zivilen Bediensteten der Bundeswehr vorlegt, damit die Organisation nach neuen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen gestaltet werden kann. Mit diesen wenigen Sätzen wollte ich darstellen, was wir u. a. mit diesen 48 Millionen DM im Bereich unserer Verteidigung machen. Ich möchte abschließend darauf hinweisen, daß die Größe, die Struktur und der Auftrag sowie das Selbstverständnis der Bundeswehr hier nicht nur allein etwas mit Geld zu tun haben, sondern daß es auch um eine politische Grundeinstellung geht. Karl Feldmeier hat vor einigen Tagen in der FAZ einen Artikel geschrieben mit der Überschrift „Wozu dient die Bundeswehr?" Er führt dort aus: „Maßgebend wird letzten Endes die Entscheidung darüber sein, ob Politik und Gesellschaft Deutschlands die veränderte Wirklichkeit annehmen und ob sie den Willen zur Selbstbehauptung aufbringen. Es geht darum, ob Deutschland eine gleichberechtigte Macht im Kreise seiner Verbündeten sein oder zum Objekt der Macht anderer werden soll. Ohne den Willen zur Selbstbehauptung wären Streitkräfte überflüssig." Soweit dieses Zitat. Wir, die wir uns mit diesem Haushalt intensiv befaßt haben, sind davon überzeugt, daß wir mit unseren Entscheidungen der Bundeswehr einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung ihrer vielseitigen Aufgaben geliefert haben.
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    Rede von Hans-Gerd Strube


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Horst Jungmann, ich habe mich bei Ihrer Rede gefragt: Was hätten Sie bloß heute gesagt, wenn wir die 5 Milliarden DM nicht global gesperrt hätten? Es muß doch ein ganz besonders hervorragendes Gefühl für Sie gewesen sein, einmal in eine andere Rolle schlüpfen zu dürfen.

    (Ernst Waltemathe [SPD]: Ach, Sie haben ihm die Rede ermöglicht? Das war der eigentliche Grund?)

    Der Verteidigungshaushalt 1994 sieht nach den Empfehlungen des Haushaltsausschusses Ausgaben in Höhe von rund 48,5 Milliarden DM vor. Das sind etwa 1,4 Milliarden DM weniger, als der Plafond für 1993 ausweist, bzw. rund 1 Milliarde DM weniger, als der Verteidigungsminister nach Abzug der im Nachtragshaushalt ausgebrachten Sperren und Verstärkungen für die Lohnrunde 1993 in diesem Jahr ausgeben kann.
    Nach Abschluß der Beratungen im Haushaltsausschuß mußten die Steuereinnahmeschätzungen nach unten korrigiert werden; denn auch die „fünf Weisen" des Sachverständigenrates sehen für 1994 noch keine Konjunkturbelebung. Da wir einen ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden haben und uns nicht noch höher verschulden können, müssen die Staatsausgaben in größtmöglichem Umfang eingeschränkt werden. Deshalb haben wir im Bundeshaushalt eine globale Minderausgabe von 5 Milliarden DM vorgesehen, zu der auch der Verteidigungshaushalt seinen Beitrag leisten muß.
    Im Haushaltsgesetz haben wir vorgesehen, daß alle Sachausgaben, aber auch alle militärischen Beschaffungen, Entwicklungen und Infrastrukturausgaben in Höhe von 10 % gesperrt werden. Dies — das sei eingeräumt — würde eine überproportionale Beteiligung der Verteidigungsausgaben an der Erbringung der globalen Minderausgaben bedeuten und, wäre dies das letzte Wort, zugleich unvertretbare Einschnitte in Betrieb und Struktur der Bundeswehr notwendig machen.

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Sehr mutig!)

    Durch das Haushaltsgesetz wollen wir aber den Finanzminister ermächtigen, im Benehmen mit dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages Ausnahmen zuzulassen, damit rechtliche Verpflichtungen erfüllt und zukunftsorientierte Politikschwerpunkte beibehalten werden können. Hier ist also zunächst die Regierung gefordert, mit Augenmaß und nicht mit der Rasenmähermethode zu agieren.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Die soll das bringen?)

    Nun mag man uns vorwerfen, wir selbst hätten uns des Rasenmähers bedient und unser Budgetrecht aufgegeben. Dies ist nicht der Fall. Ohne parlamentarische Beteiligung läuft nichts. Aber wir erhalten eine
    Flexibilität bei der Haushaltsdurchführung, die es der Regierung im Benehmen mit uns gestattet, alle unabweisbar notwendigen Ausgaben zu leisten und dabei der Entwicklung der finanziellen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen.
    Natürlich kann niemand erwarten, der Verteidigungsbereich könne voll entlastet werden. Aber, meine Damen und Herren, ebenso kann niemand erwarten, daß der Verteidigungsminister die Hälfte der globalen Minderausgaben erbringt. Auch ohne Berücksichtigung dieser haushaltsgesetzlichen Sperre haben wir der Bundeswehr mit dem Verteidigungshaushalt einen so engen Anzug geschneidert, daß er nicht nur kneift, sondern eine Schlankheitskur erfordert.
    Die Bundeswehr muß schlanker werden. Der Friedensumfang wird bis Ende 1994 auf 370 000 Soldaten reduziert. Nur, ganz verzichten können wir auf eine einsatzfähige, entsprechend den Erfordernissen im Bündnis ausgerüstete Bundeswehr nicht. Denn auch wenn sich die Aufgaben im Bündnis wandeln und eine große Konfrontation mit dem Osten weniger aktuell ist, so müssen wir doch feststellen, daß zahlreiche Konfliktherde mit allen ihren Risiken weiter bestehen, ja, noch neu entstehen. Das Bündnis der NATO ist für unsere nationale Sicherheit unverzichtbar. Es steht nicht zur Disposition.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aus Anlaß der ersten Lesung des Haushalts 1994 habe ich beklagt, daß der Regierungsentwurf ein weiteres Absinken der Investitionen um rund 1,6 Milliarden DM auf einen Anteil von nur noch knapp 21,5 % am Verteidigungshaushalt vorgesehen hat. Ich habe angekündigt, daß wir bei den Beratungen im Haushaltsausschuß auf eine Verbesserung der Situation achten würden. In Höhe von rund 300 Millionen DM konnten wir eine Strukturverbesserung durch Umschichtung aus dem Betriebsbereich in die Investition erreichen und damit den Anteil der Investitionen am Verteidigungsplafond auf rund 21,9 % verbessern. Ich räume ein: Es ist ein bescheidener Erfolg. Doch auch wir haben bei den Beratungen der Tatsache Rechnung tragen müssen, daß die Betriebskosten nicht beliebig abgesenkt werden können und daß langfristige rechtliche Verpflichtungen in vielfältiger Hinsicht bestehen, die erfüllt werden müssen.
    Der Gestaltungsmöglichkeit unter Beibehaltung der bisherigen Eckdaten sind enge Grenzen gesetzt. Ohne eine einschneidende Neustrukturierung der Bundeswehr werden die Probleme wohl nicht zu meistern sein.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Jetzt geben Sie mir doch recht, Herr Kollege Strube!)

    Der Verteidigungshaushalt 1994 ist auch ohne Berücksichtigung der haushaltsgesetzlichen Sperre ein Sparhaushalt, der den Verteidigungsminister zwingt, die Umstrukturierung der Bundeswehr voranzutreiben. Der Verteidigungshaushalt 1994 ist als ein



    Hans-Gerd Strube
    weiterer Übergangshaushalt für die Bundeswehr auf ihrem Weg zu ihrer neuen Gestalt zu werten.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Das ist schon der vierte Übergangshaushalt!)

    Meine Damen und Herren, es sollte nicht hingenommen werden, daß sich die Sanierung der Bundeswehrliegenschaften in den neuen Bundesländern verzögert. Bei Planungssicherheit könnte hier sehr wohl privates Kapital eingesetzt werden. Der Bund müßte dann lediglich den vereinbarten Mietzins zahlen.
    Bei den militärischen Beschaffungen müssen auch laufende Verträge auf ihre Strukturgerechtigkeit hin überprüft werden. Wenn ohne wirtschaftliche Nachteile möglich, sollten auch Stückzahlen neu überdacht werden.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Das kommt aber sehr spät!)

    Denn unabdingbar notwendig scheint mir zu sein, daß die Ausrüstung der Bundeswehr auf ihren künftigen Einsatz als Krisenreaktionskräfte hin optimiert wird.
    In diesem Zusammenhang muß auch beklagt werden, daß sich bisweilen die Neuordnung von Verträgen besonders im Bündnis nur schleppend gestalten läßt.
    Die vom Verteidigungsminister angestrebte Umorientierung beim neuen europäischen Jagdflugzeug hat immer noch keine befriedigende Gestalt angenommen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der F.D.P. und der SPD)

    Die Einbindung in die europäische Partnerschaft erfordert eine zeitraubende Rücksichtnahme. Ich bin aber sicher, daß sich die von uns gesetzten Zeichen auszahlen werden und daß am Ende ein der veränderten Sicherheitslage angepaßtes und auch finanzierbares Jagdflugzeug entwickelt sein wird. Es ist hochinteressant, daß auch die SPD durch Herrn Schröder nunmehr signalisiert, daß sie bereit ist, dieses Flugzeug möglicherweise mitzutragen. Man staunt und staunt, was man vor Wahlen nicht alles zum Ausdruck bringen kann.
    Wegen der Kosten für die Entwicklung des Jagdflugzeuges wird der Anteil der Forschung und Entwicklung am Verteidigungsplafonds trotz Absinkens des nominalen Ansatzes von 5,0 auf 5,2 % anwachsen. Die Ansätze sind nach meiner Überzeugung an der untersten Grenze der Tragbarkeit angesiedelt. Weitere Kürzungen würden unsere Dialogfähigkeit im Bündnis einschränken

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Das haben Sie auch im letzten Jahr schon gesagt!)

    und den Standort Deutschland für die Verteidigungsindustrie in Frage stellen.
    Der Verteidigungshaushalt 1994 sieht, wenn die Folgen der haushaltsgesetzlichen Sperre ausgeklammert bleiben, für die Beschaffungen einen Anteil von noch 12,2 % vor. Mit diesem Ansatz — obwohl über 1 Milliarde DM unter dem Ansatz von 1993 — können
    Beschaffungen für die Bundeswehr eingeleitet werden, die für ihren Einsatz als Krisenreaktionskräfte von großer Wichtigkeit sind. Ich denke hier besonders an die Führungsmittel, z. B. Heros oder die Funkgeräte SEM 93, Satellitenanlagen, aber auch an die Sanitäts- und Bekleidungsausstattung für humanitäre Einsätze.
    Gestatten Sie mir noch ein abschließendes Wort: Wenn auch Verteidigungsaufträge kein Mittel zur Struktur- und Beschäftigungspolitik sein sollen, so darf ihre Wirkung auf Beschäftigung und Konjunktur doch nicht unterschätzt werden. Ein mehr oder weniger totaler Auftragsstopp wirkt kontraproduktiv. Nicht nur beeinflußt er den Arbeitsmarkt und die Konjunkturlage negativ, sondern er kann auch den Rückzug der deutschen Industrie vom Rüstungsmarkt bedeuten. Das, meine Damen und Herren, können wir nicht wollen.
    Die Bundesrepublik Deutschland muß an einer deutschen Rüstungsindustrie festhalten und alles tun, um die Dialogfähigkeit im Bündnis zu erhalten. Ich bin davon überzeugt, daß es dem Verteidigungsminister gelingen wird, trotz der knappen Haushaltsmittel die Bundeswehr angemessen für ihren Auftrag auszustatten und ihr eine Struktur zu geben, mit der sie im Bündnis leistungsstark bleibt.
    Ich möchte mich herzlich bei den Beamten des Hauses und bei Ihnen, Herr Verteidigungsminister, für die gute und konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Die CDU/CSU-Fraktion wird dem Einzelplan 14 ihre Zustimmung geben.
    Meine Damen und Herren, da dies vermutlich meine letzte Etatrede zum Verteidigungshaushalt war,

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Wer bleibt denn bei Ihnen überhaupt?)

    möchte ich mich auch ganz herzlich bei den Mitberichterstattern bedanken, bei Hans-Werner Müller, Carl-Ludwig Thiele, Horst Jungmann und Rudi Walther. Wir haben in der Sache sehr oft gestritten, aber ich meine, wir haben an der Sache orientiert gearbeitet, wenn auch aus verschiedenen Aufgabenstellungen heraus. Herzlichen Dank für die gute und kollegiale Zusammenarbeit!

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Hans Modrow das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Modrow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Haushaltsdebatten sind Stunden der Wahrheit. Geprüft wird nicht nur das Kassenbuch der Bundesregierung, sondern auch deren Politik.
    In der Debatte zum Haushalt des Auswärtigen Amtes und zum Verteidigungshaushalt ist vor allem zu fragen: In welchem Verhältnis zueinander stehen Absichtserklärungen der deutschen Außenpolitik und ihre tatsächlichen Schritte? Wird die Außenpolitik der heutigen Bundesregierung den neuen Herausforderungen gerecht oder nicht?



    Dr. Hans Modrow
    Das Fazit lautet, daß „die deutsche Außenpolitik zu einer Sammlung guter Vorsätze erstarrt, hinter der man verbirgt, daß sie gar nicht stattfindet" — Zitat aus der „Welt", der man gewiß nicht nachsagen kann, daß sie PDS-Nähe demonstriert.
    In der Tat vermag man in der deutschen Außenpolitik beträchtliche Aktivitäten auszumachen, dafür um so weniger konstruktive Ergebnisse, aber zugleich viel Ungereimtes und viele Fragezeichen.
    Das ist schon deshalb nicht verwunderlich, weil es bisher seit 1990/91 keine wirklich grundsätzliche Diskussion zur Neubewertung der Außen- und Verteidigungspolitik des größeren Deutschland gegeben hat. Es müßten endlich Richtlinien für eine Außenpolitik erlassen werden, damit das größere Deutschland seine wiedergewonnene Souveränität und seine internationale Verantwortung wahrnimmt, indem es sein politisches, ökonomisches, wissenschaftlich-technisches und geistiges Potential ausschließlich auf zivile Weise nutzt und einsetzt. Der Bundesrepublik würde es gut anstehen, nicht im alten und traditionellen Sinne zu einem „normalen" Staat zu werden, der wiederum wachsende militärische Stärke an die Seite seiner wirtschaftlichen Macht stellt und auf diese Weise erneut großmachtpolitische unheilvolle Vergangenheit heraufbeschwört.
    Der in London, Paris, Prag und anderswo gehegte Argwohn ist doch nicht aus der Luft gegriffen, und schon gar nicht läßt er sich — wie immer wieder versucht wird — als bloßer Neid auf deutsche Tüchtigkeit abtun.
    Ich nehme dabei zu drei Hauptbereichen besonders Stellung:
    Erstens. Schaut man nach Westeuropa, so haben trotz der erneuten Bekenntnisse des Bundeskanzlers wie des Außenministers zum europäischen Integrationsprozeß eine große Widersprüchlichkeit und Verunsicherung Platz gegriffen. Sie beruhen darauf, daß es in dieser Bundesrepublik Kräfte gibt, die auch immer prononcierter auftreten, die eine deutsche Vormachtrolle ohne irgendeine vertragliche Einbindung durch eine europäische Außen- und Wirtschaftspolitik gesichert sehen wollen. Die konzeptionellen Mängel von Maastricht haben ihnen noch Vorschub geleistet. Frühere Versäumnisse der Bundesregierung im europapolitischen Bereich tun das Ihre. Wer unter Europapolitik in erster Linie die Schaffung einer westeuropäischen Armee versteht, wer der Wirtschafts- und Währungsunion Vorrang vor einer Sozialunion einräumt, der eigenen Bevölkerung eine Mitsprache in allen Europa betreffenden Fragen im Grunde vorenthält und mehr verbal als ernsthaft für eine Stärkung des europäischen Parlaments eintritt, der muß sich nicht wundern, wenn diese Saat aufgeht, wenn der deutsche Nationalismus wieder sein Haupt erhebt und der Revanchismus befördert wird.
    Zweitens. Nimmt man die Osteuropapolitik, gibt es nicht weniger Appelle. Aber man vermißt ein wirkliches Konzept. Urteilt man nach dem Kalender der diplomatischen Aktivitäten, scheint es überhaupt nur den Präsidenten Jelzin zu geben. Die einstige Sowjetunion bestand aber nicht nur aus Rußland und vielleicht noch aus Kaliningrad und den baltischen Staaten. Natürlich sind wir weit davon entfernt, die Bedeutung eines guten deutsch-russischen Verhältnisses oder etwa die Beziehungen zum Baltikum geringzuschätzen. Hier würden wir uns vor allem wünschen, daß die Bundesregierung wirklich dem ganzen Spektrum der Hauptkräfte des riesigen Landes die gebührende Beachtung entgegenbringt.
    Hier sind heute vom Herrn Bundeskanzler auch Bemerkungen gemacht worden, daß der Niedergang der Sowjetunion und der anderen ehemaligen sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas besonders auf den NATO-Doppelbeschluß von 1983 zurückzuführen sei. Das war noch die Zeit der westlichen Hochrüstung und der östlichen Totrüstung. Der Westen braucht keine solche Hochrüstung mehr und klagt nun über Rezession, und der Osten leidet weiter an der Totrüstung, insbesondere die Staaten der ehemaligen Sowjetunion.
    Die Probleme Osteuropas und damit Europas liegen somit auch in der Ukraine und in Weißrußland, Polen, Tschechien, der Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Albanien; vom ehemaligen Jugoslawien und der unrühmlichen Rolle deutscher Außenpolitik bei der Beschleunigung seines Zerfalls einmal ganz abgesehen. Hier gibt es — ich wiederhole den Vorwurf — kein tragfähiges Konzept, weder für eine solide wirtschaftliche Zusammenarbeit und Einbeziehung noch hinsichtlich eines alle Staaten einbindenden europäischen Sicherheitssystems.
    Offensichtlich glaubt man, mit der Aufnahme einiger osteuropäischer Lander in die NATO bzw. die WEU alles in den Griff zu bekommen. Mir scheint, hier wiederholt sich die gleiche Leichtfertigkeit wie bei der deutschen Vereinigung, die man zunächst auch aus der Portokasse zu begleichen hoffte. Aber dann betrieb man doch eine falsche Politik, die alles in die Krise steuerte. Es geht darum, gemeinsam mit diesen Staaten dauerhafte politische und ökonomische Lösungen zu suchen.
    Der KSZE, der man einen politischen Dornröschenschlaf verordnet hat, muß dabei eine wichtige Rolle zukommen, und zwar mit all ihren Körben. Nicht einmal die vorhandenen Streitschlichtungsmittel werden heute genutzt. Das Forum für Sicherheitskooperation trägt zwar einen wohlklingenden Namen; für substantielle Verhandlungen über denkbare Anschlußverträge wird es jedoch nicht genutzt. Hier läge aber ein weites Feld für praktische Initiativen der deutschen Außenpolitik, damit dieses Forum aller europäischen Staaten, der USA und Kanadas nicht bei Maßnahmen hauptsächlich deklaratorischen Charakters stehenbleibt.
    Was den ökonomischen Bereich betrifft, geht es nicht nur schlechthin um die Ausweitung der Handelsbeziehungen, sondern um eine wirkliche Öffnung des EG-Marktes. Es ist doch geradezu tragisch und beschämend, wenn z. B. für ein so kleines Land wie Bulgarien die Inkraftsetzung des Interimsabkommens immer noch weiter herausgezögert wird. Den interessierten Staaten muß eine klare Perspektive des Beitritts zur Europäischen Union eröffnet werden. Das wäre auch wirtschaftlich, sozial, umweltpolitisch usw. von Vorteil, denn sie würden um so schneller an dieselben Standards, Handelsvorschriften, Steuergesetze, Umweltschutzbedingungen u. ä. herangeführt.



    Dr. Hans Modrow
    Dies wäre für diese Länder politisch ohnehin nur akzeptabel, wenn es im Zusammenhang mit der Vergrößerung der europäischen Einigung geschieht.
    Drittens. Angekündigt wurden ein großes Paket von Reformvorschlägen für die UNO und ein entsprechend aktiver Beitrag zu seiner Umsetzung. In der UNO registriert man tatsächlich aber nur eines: ein aufdringliches Begehren nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat, vom Außenminister persönlich überall vorgetragen, und den hektischen Bundeswehreinsatz in Somalia, der offensichtlich das Eintrittsgeld dafür darstellen soll.
    Statt nennenswerter Initiativen zur Erleichterung und Lösung der Probleme der Dritten Welt erreicht die deutsche Entwicklungshilfe heute aber nicht einmal das von der UNO beschlossene Minimum. Dafür werden um so mehr Steuergelder zum Fenster hinausgeworfen, wenn es darum geht, verfassungswidrige Auslandseinsätze der Bundeswehr zu finanzieren. Der Somalia-Einsatz ist inzwischen gründlich gescheitert. Die indischen Soldaten, die man angeblich nicht schnell genug unterstützen konnte — drei sollen gesehen worden sein —, treffen im Aktionsraum der Bundeswehr nicht ein.
    Es bedarf wohl keines weiteren Kommentars, wenn der Generalinspekteur der Bundeswehr vergangene Woche mahnte — ich zitiere —:
    Die Entscheidung über den weiteren Einsatz der Bundeswehr darf und kann nicht bestimmt werden von Fragen wie die der Bewerbung im UNO-Sicherheitsrat.
    Zur Entschuldigung sagt der Außenminister: Es ist nicht alles so gelaufen, wie wir es uns gedacht haben. Hingehen war, glaube ich, falsch. Hingeben der 400 Millionen oder 500 Millionen DM für Unterstützung und Entwicklungshilfe wäre dann schon richtiger gewesen.
    Eine andere Bemerkung möchte ich hier einfügen: Nicht zum erstenmal wird angemahnt, die neue internationale Rolle Deutschlands müsse im Land selbst beginnen. Noch immer sind Tausende von qualifizierten Mitarbeitern des außenpolitischen Dienstes der DDR politisch und beruflich ausgegrenzt. Das gereicht dem internationalen Ansehen der Bundesrepublik nicht zur Ehre.
    Nun hat Herr Genscher als früherer Außenminister kürzlich vor der Enquete-Kommission eingeräumt, daß es an der Zeit sei, diese Haltung zu überdenken und Abhilfe zu schaffen. Es wäre demzufolge an der Zeit, dazu auch hier im Bundestag ein klärendes Wort zu sprechen. Ich fordere die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auf, eine Kurskorrektur vorzunehmen und damit ein Zeichen für eine neue Haltung im Zusammenwachsen der alten und der neuen Bundesländer zu setzen, ein Zeichen, wie man der neuen Verantwortung nach innen wie nach außen gerecht werden will.
    Die PDS/Linke Liste kann diesem Haushalt, der eine in wesentlichen Aspekten verfehlte Außen- und Verteidigungspolitik finanzieren soll, ihre Zustimmung nicht geben. Dieser Etatentwurf ist in seiner
    Anlage und in seinen Eckpunkten ebenso falsch wie der von der Regierung vorgelegte Gesamthaushalt.
    Die verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung hat zu schwerwiegenden Konsequenzen, zu Massenarbeitslosigkeit im ganzen Land, zur Zerstörung der ostdeutschen Industrie, Wissenschaft und Forschung geführt. Um die sozialen und politischen Folgen zu mildern, sieht sich die Regierung jetzt gezwungen, umfangreiche, wenn auch bei weitem nicht ausreichende Mittel einzuplanen. Dabei ist es geradezu ein Hohn, daß diese Mittel — neben der weiteren kollossalen Neuverschuldung — vor allem durch die Opfer dieser Politik erbracht werden sollen.
    Einigen in dieser Regierung ist offensichtlich jedes Gefühl und jedes Gespür für die Sorgen und Nöte, aber auch Ängste der Menschen, vor allem der lohnabhängigen Beschäftigten, der Arbeiterfamilien, der Rentner, der Arbeitslosen, der Sozialhilfeempfänger und der Alleinstehenden verlorengegangen. Zur Kasse gebeten werden die Armen und Ärmsten dieser Gesellschaft, während die Reichen, die Vermögenden ein weiteres Mal ungeschoren davonkommen. Hier stellt sich die Frage: Soll dieser Vorgang der soziale Umbau sein, von dem heute der Herr Bundeskanzler gesprochen hat?
    Die PDS/Linke Liste bekräftigt deshalb ihre Forderung, für die Reichsten dieses Landes endlich eine Vermögensbesteuerung einzuführen. Immerhin verfügen sie allein über ein Vermögen von etwa 4 Billionen DM.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mit oder ohne PDS?)

    Interessant ist, daß Georg Kronawitter, der frühere SPD-Oberbürgermeister Münchens, zu den gleichen Ergebnissen und Forderungen kommt, wie in dieser Woche in einem Nachrichtenmag azin nachzulesen ist. Ich habe kein Problem, mich in diesem Zusammenhang auf seine absolut logische Darlegung zu beziehen. Ob das alle in diesem Haus können, ist eine andere Frage.
    Nur 10 % der Haushalte vereinen die Hälfte des Gesamtvermögens dieser Bundesrepublik auf sich. 1 % davon verfügt sogar über 23 % des Vermögens. Es ist deshalb höchste Zeit, daß endlich die relativ kleine Gruppe der wirklich Vermögenden zur Bewältigung der Finanzkrise herangezogen wird,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Besser, es geht allen unterschiedlich gut als allen gleich schlecht!)

    statt die Lohn- und Gehaltsempfänger immer unerträglicher zu belasten.
    Bei einer Vermögensteuer von etwa 15 % bis 20 % könnten dem Haushalt 600 Milliarden DM zugeführt werden, die — bis zur Jahrtausendwende verteilt — einen jährlichen Beitrag von rund 75 Milliarden bis 80 Milliarden DM in die Kassen des Finanzministers fließen lassen würden. Für die Reichsten wird also das Nötige getan.
    Auf alle Fälle ist es notwendig, daß die vergleichbaren Opfer, die hier sozial gefordert werden, einmal genauer in Augenschein genommen werden. Die



    Dr. Hans Modrow
    Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes wird das mit Recht erwarten. Die Regierung sollte über den eigenen Schatten springen.
    Die PDS/Linke Liste wird deshalb diesem Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Sie wird beantragen, ihn erneut in die Ausschüsse zurückzuüberweisen und bei der Überarbeitung einen völlig neuen Ansatz zu wählen.

    (Beifall bei der PDS/Linke Liste)