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    Plenarprotokoll 12/172 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 172. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksache 12/5500) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1993 bis 1997 (Drucksache 12/5501) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (Drucksache 12/5502) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungsund Wachstumsprogramms (Drucksache 12/5510) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt (Fortsetzung): Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz) (Drucksache 12/5630) Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 14735 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 14744 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 14754 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 14754 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 14758A Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 14760 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14764 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 14767 A Hans-Ulrich Klose SPD 14775 A Dr. Renate Hellwig CDU/CSU . . . 14778 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 14778B Friedrich Bohl CDU/CSU 14784 B Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU 14786B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 14786D Michael Glos CDU/CSU 14790 C Walter Kolbow SPD 14791 D Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . 14796 C Hans-Gerd Strube CDU/CSU 14798A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14799B Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 14800 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD 14802B, 14805C Helmut Schäfer (Mainz) F.D.P. . . . . 14805 B Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14805 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 14807 A Dr. Ingomar Hauchler SPD 14808 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14809 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU 14810B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 Ortwin Lowack fraktionslos 14812B Ernst Hinsken CDU/CSU 14812D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos . 14814B, 14848 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 14815C Michael Habermann SPD 14817 B Norbert Eimer (Fürth) F.D.P. . . . . . 14820 C Ortrun Schätzle CDU/CSU 14822 A Michael Habermann SPD 14822 D Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 14824 A Maria Michalk CDU/CSU 14825 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 14826D Dr. Edith Niehuis SPD 14829A Uta Würfel F D P. 14831 A Dr. Edith Niehuis SPD 14832 A Petra Blass PDS/Linke Liste 14833 A Susanne Jaffke CDU/CSU 14834 A Ralf Walter (Cochem) SPD 14835 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 14837 C Doris Odendahl SPD 14838 C Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . . 14841D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 14843 C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14844 B Carl-Ludwig Thiele F D P 14845 B Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 14846 D Dr.-Ing. Paul Krüger, Bundesminister BMFT 14849B Josef Vosen SPD 14851D, 14855 C Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F D P 14852 C Dietrich Austermann CDU/CSU 14855 B Siegmar Mosdorf SPD . . . 14856C, 14861A Werner Zywietz F D P 14857 D Josef Vosen SPD 14858 C Ingeborg Philipp PDS/Linke Liste . . . 14859 C Erich Maaß (Wilhelmshaven) CDU/CSU 14860B Nächste Sitzung 14862 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14863* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 14735 172. Sitzung Bonn, den 8. September 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 8. 9. 93 Bartsch, Holger SPD 8. 9. 93 Blunck (Uetersen), SPD 8. 9. 93** Lieselott Dr. Blunk (Lübeck), F.D.P. 8. 9. 93 Michaela Böhm (Melsungen), CDU/CSU 8. 9. 93 ** Wilfried Börnsen (Bönstrup), CDU/CSU 8. 9. 93 Wolfgang Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 8. 9. 93 * Clemens, Joachim CDU/CSU 8. 9. 93 Ebert, Eike SPD 8. 9. 93 Dr. Fischer, Ursula PDS/LL 8. 9. 93 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 8. 9. 93 Dr. Gautier, Fritz SPD 8. 9. 93 Heyenn, Günther SPD 8. 9. 93 Hollerith, Josef CDU/CSU 8. 9. 93 Jaunich, Horst SPD 8. 9. 93 Dr. Kübler, Klaus SPD 8. 9. 93 Lambinus, Uwe SPD 8. 9. 93 Lenzer, Christian CDU/CSU 8. 9. 93 ** Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 8. 9. 93 Meckel, Markus SPD 8. 9. 93 Michels, Meinolf CDU/CSU 8. 9. 93* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 8. 9. 93 * Müller (Düsseldorf), SPD 8. 9. 93 Michael Opel, Manfred SPD 8. 9. 93*** Pfuhl, Albert SPD 8. 9. 93 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 8. 9. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 8. 9. 93 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 8. 9. 93 Erich Dr. Scheer, Hermann SPD 8. 9. 93 * Schell, Manfred CDU/CSU 8. 9. 93 Schmidt (Nürnberg), SPD 8. 9. 93 Renate Stachowa, Angela PDS/LL 8. 9. 93 Dr. von Teichman, F.D.P. 8. 9. 93 Cornelia Weis (Stendal), Reinhard SPD 8. 9. 93 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Carl-Ludwig Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! „Über allen Gipfeln ist Ruh"', so beginnt Johann Wolfgang von Goethe sein Gedicht. Zur Hochschulpolitik:
    Über allen Gipfeln ist Ruh',
    aber darunter spürest du
    nicht nur einen Hauch.
    Es ist ein Brausen und Toben, bis endlich droben
    über des Parlamentes Niederungen kommt er ans Licht gedrungen.
    Oder kommt der Bildungsgipfel etwa nicht?

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Selten wurde im Bereich der Hochschulen über ein Thema über einen so langen Zeitraum mit einer so unklaren Zeitsetzung räsoniert wie über den Bildungsgipfel. Für den Deutschen Bundestag gibt es bei den Beratungen des Haushalts 1994 fast keinen anderen Einzelposten, bei dem man — wie beim Hochschulbau — nicht weiß, ob der Regierungsansatz von 1,68 Milliarden DM das letzte Wort ist, weil — Parlament hin, Parlament her die Regierung möglicherweise doch einen Gipfel macht, der dann natürlich nicht nur mit symbolischen oder sibyllinisch verkrypteten Erklärungen enden darf, sondern konkrete Ergebnisse für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland bringen soll.
    Dieser Gipfel ist allerdings nicht nur für den Hochschulbau erforderlich, sondern auch aus vielen anderen Gründen. So muß es doch in dem zusammenwachsenden Deutschland möglich sein, die Zeit für die Erlangung der allgemeinen Hochschulreife einvernehmlich auf zwölf Jahre zu regeln.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Die F.D.P. fordert dies schon seit langem.
    Ferner muß deutlich werden, daß Deutschland eine lebendige Kulturnation bleibt. Das Ansehen Deutschlands in der Welt wird maßgeblich von der Vielfalt und dem Reichtum seiner Kultur geprägt. Auch deshalb war und ist Bildung nicht nur auf ökonomische Zwecke hin orientiert.
    Persönlichkeitsentwicklung und Stärkung der Eigenverantwortung sind neben der Wissensvermittlung wichtige Ziele, an denen sich die Bildung orientieren muß.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Der beste Platz, an dem dies vermittelt werden kann, ist die Familie. Unser Bildungssystem muß den Familien aber bei ihrer Erziehungsaufgabe beistehen. Die Vermittlung von positiven Wertvorstellungen wie Toleranz, Anständigkeit, Ehrlichkeit und auch die Einübung demokratischer Tugenden ist für das Zusammenleben der Menschen unerläßlich. Dieses muß durch unser Vorbild und durch Möglichkeiten geschehen, diese Werte erfahren und erlernen zu können.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Zum Hochschulbau haben wir im Haushaltsausschuß vor kurzem eine Vorstellung davon erhalten, wieviel von diesen Geldern gar nicht für den Hochschulneubau, sondern für Reparaturen, Asbestsanierungen und ähnliches ausgegeben wird. Ich frage mich in diesem Zusammenhang — auch über den Einzelplan 31 hinaus —, ob wir uns die preußisch genaue Durchsetzung von Asbestsanierungen im gesamten öffentlichen Bereich noch leisten wollen oder ob es hier nicht angesichts geringer gesundheitlicher Gefährdung durch Asbest — verglichen z. B. mit Passivrauchen; dieses ist nach Auffassung des Bundesgesundheitsamtes nämlich hundertmal schädlicher als Asbestgefährdung —, angesichts 'der Situation der öffentlichen Kassen, angesichts des knappen Ansatzes für den Hochschulbau nicht endlich angezeigt ist, das Vorschriftendickicht der Asbestsanie-



    Carl-Ludwig Thiele
    rung zu überprüfen oder es zumindest für einen auf einige Jahre befristeten Zeitraum auszusetzen. Ich meine, daß wir dieses über Parteien und alle öffentlichen Körperschaften übergreifend tun sollten. Lassen Sie uns nicht nur davon reden, daß wir Verkrustungen in unserem System haben! Lassen Sie uns auch einmal einige konkret beim Namen nennen und aufbrechen!

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Unabhängig davon halte ich es für notwendig zu überprüfen, ob nicht wieder Kolleggelder für Lehrveranstaltungen oder andere Formen finanzieller Anreize für Professoren geschaffen werden könnten; dann werden auch die Kapazitäten auf nicht ausgeschöpfte Kapazitäten überprüft.

    (Zuruf von der SPD: Zusätzlich zum Gehalt!)

    — Einverstanden.
    Während meines Studiums vor ca. 15 Jahren sagte mir ein befreundeter Arzt, daß die Zahl der Studienplätze für die Medizinstudenten trotz entsprechender Mittel für die Neueinrichtung von Studienplätzen deshalb nicht gestiegen sei, weil die Kolleggelder abgeschafft worden sind. Wir brauchen auch im öffentlichen Dienst eine Anreizförderung, damit sich dort etwas mehr bewegt, als es derzeit der Fall ist.
    Die Arbeiten, die wir verantwortlich für heranwachsende Generationen im Bildungsbereich erbringen müssen, umfassen aber nicht nur universitäre Maßnahmen, sondern auch entsprechende Maßnahmen der beruflichen Bildung. Dies gilt für die F.D.P. ebenso wie der Grundsatz, daß Begabtenförderung und Breitenförderung keine Gegensätze sind. Jeder einzelne, aber auch unsere Gesellschaft insgesamt ist darauf angewiesen, daß möglichst viele Menschen ihr individuelles Potential optimal entwickeln können. Besondere Begabungen werden nicht nur in Wissenschaft und Kunst, sondern auch in der Berufspraxis gebraucht. Wir benötigen deshalb in allen Bereichen von Aus- und Weiterbildung eine systematische Begabtenförderung; und ich freue mich, daß auch dieser Haushaltsentwurf entsprechende Mittel für die Begabtenförderung im beruflichen Bereich enthält.
    Unser duales System der beruflichen Bildung hat sich bewährt und wird international nachgefragt. Es ist allerdings erforderlich, die Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und allgemeiner Bildung zu erhöhen, das System der beruflichen Bildung stärker zu differenzieren und seine Attraktivität im Vergleich zum Studium deutlich zu erhöhen, auch hinsichtlich erreichbarer Beschäftigungspositionen.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Dieses muß endlich dazu führen, daß die Berufsbildung die Durchlässigkeit zu anderen Ausbildungswegen und entsprechende Aufstiegsmöglichkeiten auch für beruflich Qualifizierte eröffnet.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich begrüße es an dieser Stelle ausdrücklich, daß das Bundeskabinett dem Vorschlag des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, Professor Dr. Rainer Ortleb, für eine Gemeinschaftsinitiative des Bundes, der Wirtschaft und der neuen Länder zur Sicherung der Berufsbildung in den neuen Bundesländern zugestimmt hat.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU — Doris Odendahl [SPD]: Das hat aber auch lange gedauert!)

    — Aber es kommt dann ja! Und nicht jeder Schnellschuß von Ihnen muß richtig sein.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Auch wer zu früh kommt, wird vom Leben bestraft!)

    Dieses Lehrstellenprogramm für Ostdeutschland für die Schaffung von bis zu 10 000 zusätzlichen außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen stellt auch angesichts der schwierigen finanziellen Situation des Haushalts einen enormen Kraftakt dar. Ich erwarte, daß die neuen Bundesländer dieses Angebot des Bundes positiv aufgreifen und die entsprechende Gegenfinanzierung sicherstellen.
    Ich weiß, daß sich die Haushaltspolitik und auch die Haushaltspolitiker häufig den Vorwürfen der Kollegen — allerdings selten innerhalb unserer Fraktion

    (Zurufe von der SPD: Na, na!)

    — lassen Sie mich meine Kollegen doch einmal ins Wort nehmen! — aus der Sozial-, Kultur- und Bildungspolitik ausgesetzt sehen, daß zuwenig für diese Bereiche getan werde. Dem kann ich nur entgegenhalten, daß Haushaltskonsolidierung Zukunftssicherung im besten Sinne des Wortes darstellt. Zukunftssicherung bedeutet eben auch, die Menschen davon zu überzeugen, daß sie nicht auf Kosten anderer und nicht auf Kosten ihrer eigenen Zukunft über ihre Verhältnisse leben können.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Sehr gut!)

    Gerade dieser Haushalt ist ein richtiger Schritt in diese Richtung. Lassen Sie uns hieran mitarbeiten!

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Graf von Waldburg-Zeil das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Graf Alois von Waldburg-Zeil


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf auf die Rede meiner geschätzten Kollegin Frau Odendahl zurückkommen, die mich sehr beeindruckt hat, die ich als Allgäuer aber in einem Punkt korrigieren muß: Sie haben den Herrn Finanzminister mit einem Roßtäuscher verglichen. Aber das ist die andere Rolle. Das haben Sie verwechselt. Er ist nicht der Roßtäuscher, sondern der Roßkäufer. Im Allgäu ist es üblich, bevor man das Roß kauft, zweimal in den Geldbeutel zu schauen, ob auch genug Geld da ist.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Liebe Frau Kollegin, natürlich ist es angenehmer, in den guten Jahren zu sprechen und zu sagen: Hier tun wir noch etwas drauf, und dort tun wir noch etwas drauf! Aber wir sind nun einmal in den mageren



    Alois Graf von Waldburg-Zeil
    Jahren. In den mageren Jahren ist es eigentlich fast interessanter, zu sehen, wo man dann das Geld hintut, das man zum Schluß noch zusammenkratzen konnte, wo da die Prioritäten liegen.
    Es ist schon Georg Picht angesprochen worden. Vor fast drei Jahrzehnten, 1964, erschien sein berühmter Artikel. Seitdem haben wir uns angewöhnt, Bildungspolitik hauptsächlich mit Hochschulpolitik zu identifizieren. Ausschöpfung von Begabungsreserven, horizontale und vertikale Durchlässigkeit, Steigerung der Abiturientenquote, Steigerung der Studentenquote standen im Vordergrund.
    Auch in diesem Jahr spielen Hochschule und Wissenschaft eine wichtige Rolle im Haushalt. Wir alle kennen die Diskussion um die dringend nötige Aufstockung der Bundesmittel für die Hochschulbauförderung, und es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, daß man lieber mehr Mittel hätte als die veranschlagten 1,68 Milliarden DM. Nun sind aber die 500 Millionen DM, die noch zusammengekratzt worden sind, die wir dort gut hätten gebrauchen können, in eine andere erste Priorität gegangen, eben in die Garantie, daß jeder Ausbildungsplatzsuchende in den neuen Ländern auch einen Ausbildungsplatz erhält.
    Nun werden Sie, meine Damen und Herren von der SPD, mit Recht sagen: Wir haben ja von vornherein gesagt, daß das zuwenig sein wird und daß ihr etwas tun müßt! — Richtig! Bloß, man muß so etwas spät ankündigen, sonst ist die Wirtschaft lahm und tut nicht das, was sie tun soll.
    Jetzt, im rechten Moment, ist das Programm angekündigt worden. Zunächst einmal war es unerläßlich, die Wirtschaft zeigen zu lassen, was sie entsprechend ihren Zusagen realisieren kann. In der Tat ist Ende August die Ausbildungsplatzlücke um rund 12 geringer als im Vorjahr. Ich glaube, daß es am Platz ist, denjenigen zu danken, die Ausbildungsplätze angeboten haben, bevor man diejenigen anspricht, die noch etwas unternehmen können, was wir natürlich alle tun müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Trotz dieser Verbesserung der Lehrstellensituation ist das Angebot an Ausbildungsplätzen aber nicht befriedigend, da im Vorjahr 16 000 Jugendliche in außerbetriebliche Maßnahmen geleitet wurden, was wegen Wegfalls der Rechtsgrundlage in diesem Jahr nicht mehr möglich ist. Also war es die erste und wichtigste Aufgabe, dafür zu sorgen, daß auch in diesem Jahr keine Lücke offenbleibt.
    Ich begrüße deshalb außerordentlich die Gemeinschaftsinitiative zur ergänzenden außerbetrieblichen Ausbildung mit Vorrang in den unterrepräsentierten Dienstleistungs- und kaufmännischen Berufen sowie — ganz wichtig — in den Angeboten für junge Frauen.
    Das Programm wird teuer sein, da die Förderung die gesamte Ausbildungsdauer umfaßt, also bei einem dreieinhalbjährigen Ausbildungsberuf bis 1997 dauert, soweit es nicht gelingt, Jugendliche aus diesen außerbetrieblichen Ausbildungsgängen mit der Zeit dann doch noch in eine betriebliche Ausbildung zu vermitteln.
    Der Gesamtbetrag für das Programm wird zwischen Bund und Ländern aufgeteilt, einschließlich Berlin für den Ostteil, wobei aber jeweils die Hälfte der Kosten von Bund und Ländern durch Mittel des Europäischen Sozialfonds gedeckt werden kann. Übrigens, wer immer davon redet, daß wir die Zahlmeister in Europa sind, sollte auch einmal dieses Faktum erwähnen.
    Lassen Sie mich aber noch einen Moment bei der Prioritätensetzung verweilen. Als Georg Picht davor warnte, daß wir in der Bundesrepublik zuwenig Akademiker hätten, erreichten knapp 7 % eines Altersjahrgangs die Hochschule. Er meinte, daß man das verdoppeln sollte. Das Ziel ist mittlerweile weit überschossen; viel mehr als das Vierfache ist mittlerweile zur Universität gegangen.
    Ich möchte darüber kein Klagelied anstimmen, weil ich einen hohen Respekt vor Bildungsentscheidungen junger Menschen habe. Es ist aber nötig, mit dem Realitätssinn, der für Politik unerläßlich ist, zu erkennen, daß es nicht möglich ist, für eine höchstmögliche Zahl von Interessenten eine entsprechende Menge teuerster akademischer Ausbildungsplätze zum Nulltarif vorzuhalten, wenn nicht folgende Bedingungen erfüllt sind — ich möchte nur einige aufzählen:
    Erstens. Wer nicht schwimmen kann, darf nicht ins Schwimmbad gehen, wo es tief ist. Wer Hochschulreifen bescheinigt, die die akademische Schwimmfähigkeit nicht garantieren, handelt fahrlässig an den jungen Studenten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Folge ist zwar nicht Ertrinken wie im Schwimmbad, sondern Studienabbruch, der mittlerweile einem Drittel der Studierenden widerfährt, in manchen Studienfächern sogar der Hälfte.
    Die Verantwortung liegt bei den Ländern. Ich erwähne das Thema demnach hier im Bundestag nur, weil Gespräche über weiteren Hochschulausbau nur Sinn machen, wenn die Länder hier handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zweitens. In den 50er Jahren haben die Hochschulrektoren den Abiturienten zwar gute Allgemeinbildung bescheinigt — die berühmte Tagung in Tutzingen —, aber die Unfähigkeit zum Wählen. Man hat dann die Oberstufenreform geschaffen, bei der das Wählen allerdings durch den Numerus clausus vergällt wurde, da nicht nach eigenen Neigungen, sondern im Hinblick auf den Notendurchschnitt gewählt wurde.
    Heute beschweren sich die Rektoren darüber, daß die Studenten zuwenig Allgemeinbildung besitzen und zu spezialisiert seien. Damit will ich wiederum nicht einer Totalrevision das Wort reden. Nichts ist in der Bildungspolitik schädlicher als ständige Totalwechselbäder. Aber Bildungspolitik bewegt sich zwischen Versuch und Irrtum und muß Mittelwege finden.
    Die Schulzeitverkürzungsdiskussion gibt nur Sinn, wenn das Volumen an Spezialwissen, das sich ja selbst ständig überholt, reduziert und die Allgemeinbildung wieder gestärkt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)




    Alois Graf von Waldburg-Zeil
    Wiederum bewege ich mich auf der Zuständigkeitsebene der Länder, aber bewußt; denn wenn der Bund im Hochschulbereich, etwa beim Hochschulbau, handeln soll, kann er es nur im Kontext mit Reformbemühungen und Anstrengungen der Länder tun.
    Drittens. Das Beispiel Studienzeiten. Länder und Universitäten müssen endlich mit der Studienzeitverkürzung ernst machen.
    Viertens. Die Problematik Nulltarif für Langzeitstudenten. Es kann nicht angehen, daß der noch größere Teil der Jugend bereits Steuern zahlt, mit denen der Nulltarif universitäre Einrichtungen sozusagen über Gerechte und Ungerechte, über Arme und Reiche gleichermaßen gestreut wird.
    Selbst wenn man einer Zwangsexmatrikulation von Dauerstudenten nicht zustimmt, wie ich das tue, so kann man doch zumindest erwarten, daß sie sich an der Finanzierung beteiligen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das ist aber nur ein sehr geringer Prozentsatz!)

    Ich finde die Vorschläge des baden-württembergischen Wissenschaftsministers oder des Berliner Wissenschaftssenators in dieser Hinsicht außerordentlich interessant.
    Darf ich Ihnen kurz widersprechen? Da liegt nämlich das Problem. Darüber haben wir alle noch nicht so richtig nachgedacht. Schauen Sie sich einmal das BAföG an: Ein Drittel ist BAföG-berechtigt. Wir haben mittlerweile sehr hohe Einkommensgrenzen, mit bis zu 80 000 DM kann man noch ins BAföG gelangen. Zwei Drittel können es nicht in Anspruch nehmen. Ich rede von den alten Ländern, nicht von den neuen.
    Wie ist das eigentlich? Muß wirklich der Sohn des Millionärs den Nulltarif haben? Darüber werden wir sicher bei Gelegenheit noch nachdenken.
    Ich nenne schließlich die stärkere Gliederung der Hochschullandschaft. Sie hat sich von der Menge ihrer Inanspruchnahme her grundlegend verändert. Konnte sie früher für eine kleine und homogene Gruppe weitgehend einheitlich sein, muß sie sich heute, um der Vielfalt der Begabungen und Bildungswege gerecht zu werden, stärker differenzieren. Ein Stichwort ist der Ausbau der Fachhochschulen, ein anderes die bundesweite Anerkennung von Berufsakademien. Ich muß es als Baden-Württemberger jedesmal sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das liegt auch im Sinne von Sachsen!)

    Ich breche die Aufzählung ab, die nur deutlich machen soll, wie unerläßlich das Gespräch zwischen Bund und Ländern in diesem Themenbereich ist, das mit dem Stichwort Bildungsgipfel verbunden ist. Das Beispiel zeigt: Gerade im Bildungsbereich kann man nicht die Menge des ausgegebenen Geldes mit der Güte des Erreichten gleichsetzen. Oder umgekehrt: Man kann nicht einfach in Bereiche Geld pumpen, ohne voher dafür gesorgt zu haben, daß die Mittel auch optimal wirken.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)