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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/172 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 172. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksache 12/5500) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1993 bis 1997 (Drucksache 12/5501) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (Drucksache 12/5502) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungsund Wachstumsprogramms (Drucksache 12/5510) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt (Fortsetzung): Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz) (Drucksache 12/5630) Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 14735 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 14744 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 14754 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 14754 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 14758A Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 14760 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14764 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 14767 A Hans-Ulrich Klose SPD 14775 A Dr. Renate Hellwig CDU/CSU . . . 14778 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 14778B Friedrich Bohl CDU/CSU 14784 B Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU 14786B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 14786D Michael Glos CDU/CSU 14790 C Walter Kolbow SPD 14791 D Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . 14796 C Hans-Gerd Strube CDU/CSU 14798A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14799B Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 14800 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD 14802B, 14805C Helmut Schäfer (Mainz) F.D.P. . . . . 14805 B Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14805 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 14807 A Dr. Ingomar Hauchler SPD 14808 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14809 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU 14810B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 Ortwin Lowack fraktionslos 14812B Ernst Hinsken CDU/CSU 14812D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos . 14814B, 14848 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 14815C Michael Habermann SPD 14817 B Norbert Eimer (Fürth) F.D.P. . . . . . 14820 C Ortrun Schätzle CDU/CSU 14822 A Michael Habermann SPD 14822 D Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 14824 A Maria Michalk CDU/CSU 14825 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 14826D Dr. Edith Niehuis SPD 14829A Uta Würfel F D P. 14831 A Dr. Edith Niehuis SPD 14832 A Petra Blass PDS/Linke Liste 14833 A Susanne Jaffke CDU/CSU 14834 A Ralf Walter (Cochem) SPD 14835 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 14837 C Doris Odendahl SPD 14838 C Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . . 14841D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 14843 C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14844 B Carl-Ludwig Thiele F D P 14845 B Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 14846 D Dr.-Ing. Paul Krüger, Bundesminister BMFT 14849B Josef Vosen SPD 14851D, 14855 C Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F D P 14852 C Dietrich Austermann CDU/CSU 14855 B Siegmar Mosdorf SPD . . . 14856C, 14861A Werner Zywietz F D P 14857 D Josef Vosen SPD 14858 C Ingeborg Philipp PDS/Linke Liste . . . 14859 C Erich Maaß (Wilhelmshaven) CDU/CSU 14860B Nächste Sitzung 14862 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14863* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 14735 172. Sitzung Bonn, den 8. September 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 8. 9. 93 Bartsch, Holger SPD 8. 9. 93 Blunck (Uetersen), SPD 8. 9. 93** Lieselott Dr. Blunk (Lübeck), F.D.P. 8. 9. 93 Michaela Böhm (Melsungen), CDU/CSU 8. 9. 93 ** Wilfried Börnsen (Bönstrup), CDU/CSU 8. 9. 93 Wolfgang Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 8. 9. 93 * Clemens, Joachim CDU/CSU 8. 9. 93 Ebert, Eike SPD 8. 9. 93 Dr. Fischer, Ursula PDS/LL 8. 9. 93 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 8. 9. 93 Dr. Gautier, Fritz SPD 8. 9. 93 Heyenn, Günther SPD 8. 9. 93 Hollerith, Josef CDU/CSU 8. 9. 93 Jaunich, Horst SPD 8. 9. 93 Dr. Kübler, Klaus SPD 8. 9. 93 Lambinus, Uwe SPD 8. 9. 93 Lenzer, Christian CDU/CSU 8. 9. 93 ** Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 8. 9. 93 Meckel, Markus SPD 8. 9. 93 Michels, Meinolf CDU/CSU 8. 9. 93* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 8. 9. 93 * Müller (Düsseldorf), SPD 8. 9. 93 Michael Opel, Manfred SPD 8. 9. 93*** Pfuhl, Albert SPD 8. 9. 93 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 8. 9. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 8. 9. 93 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 8. 9. 93 Erich Dr. Scheer, Hermann SPD 8. 9. 93 * Schell, Manfred CDU/CSU 8. 9. 93 Schmidt (Nürnberg), SPD 8. 9. 93 Renate Stachowa, Angela PDS/LL 8. 9. 93 Dr. von Teichman, F.D.P. 8. 9. 93 Cornelia Weis (Stendal), Reinhard SPD 8. 9. 93 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Jahres 1994 ist Ausdruck unserer politischen Zielsetzung: auf der einen Seite Stabilität bei den Ausgaben zu wahren und das auf der anderen Seite mit sozial gerechtem Handeln zu verbinden. Deshalb müssen wir mit diesem Haushalt — das hat heute in der Debatte eine große Rolle gespielt — die Frage neu beantworten, wo die Grenzen des Staates verlaufen und welche Verantwortung die Gesellschaft in Zukunft übernehmen muß. Diese Meßlatte müssen wir auch an unseren Haushalt anlegen, den Haushalt des Ministeriums für Frauen und Jugend, der mit 2,64 Milliarden DM um 9,1 % niedriger ist als im Jahre 1993. Dennoch werden wesentliche Schwerpunkte unserer Arbeit deutlich sichtbar.
    Im Jugendbereich stehen im Rahmen des Bundesjugendplans, wenn wir das AFT-Programm nicht berücksichtigen, zusätzlich 8 Millionen DM zur Verfügung. Der Bundesjugendplan hat sich über die Jahre als Förderinstrument bewährt. Aber wir müssen auch sehen, daß es hier Verkrustungen gibt und daß es



    Bundesministerin Dr. Angela Merkel
    notwendig ist, auf neue Anforderungen zu reagieren. Wir sind deshalb dabei, die Richtlinien und die Förderpraxis des Bundesjugendplans zu überarbeiten. Diese Überarbeitung erfolgt in sehr engem Kontakt mit den Trägern der Jugendarbeit. Wir werden demnächst neue Richtlinien präsentieren können.
    Ich möchte auf vier Schwerpunkte unserer Jugendpolitik eingehen.
    Zum einen wollen wir entsprechend den Anforderungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes den Bundesjugendplan zu einem Kinder- und Jugendplan weiterentwickeln. Allein die Mittel für außerfamiliäre und außerschulische Hilfen für Kinder haben wir gegenüber 1992 mehr als verdreifacht. Auch der Ansatz für Erziehungshilfen und andere unterstützende Maßnahmen ist seit 1992 überdurchschnittlich um rund 30 % angehoben worden, d. h. seit dem Inkrafttreten des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes.
    Wir haben außerdem einen Schwerpunkt mit unserer Kampagne zum Schutz von Kindern vor Gewalt gesetzt. Diese Kampagne wollen wir vor allen Dingen deshalb weiterführen, um in der Öffentlichkeit ein Bewußtsein dafür zu erzeugen, daß Kinder in viel zu vielen Fällen Gewalt ausgesetzt sind und daß sie mehr Hilfs- und Beratungsangebote benötigen. Das erfordert allerdings auch, daß jeder in der Gesellschaft den Mut hat, sich notfalls in die Belange von Familien einzumischen, um Kinder vor Gewalt zu bewahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Weiter verstärken wir unsere Anstrengungen im internationalen Jugendaustausch. Wir alle wissen, wie wichtig es ist, daß Kinder und Jugendliche aus eigenem Erleben andere Kulturen kennenlernen und Freundschaften knüpfen können. Es gibt hier einen Zuwachs der Mittel von 31 Millionen DM in diesem Jahr auf 32,7 Millionen DM im Jahre 1994. Wir haben unsere Aktivitäten vor allen Dingen in Richtung der mittel- und osteuropäischen Staaten verstärkt. Vor kurzem wurden Abkommen mit der Ukraine und Ungarn abgeschlossen. Unser Ziel ist es auch, vertragliche Grundlagen für den deutsch-türkischen Jugendaustausch zu schaffen. Dies halten wir für außerordentlich wichtig.
    Drittens ist nach wie vor die Stärkung und der Aufbau von Jugendhilfestrukturen in Ostdeutschland ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Wir werden 1994 wichtige Sonderprogramme, so das Aktionsprogramm gegen Gewalt und das Programm zum Aufbau freier Träger, und auch die Schulung von Mitarbeitern der freien und öffentlichen Jugendhilfe weiterführen. Dennoch muß ich darauf hinweisen, daß mit dem Jahre 1995 die neuen Bundesländer durch die Ergebnisse der Solidarpaktverhandlungen in die Lage versetzt sind, diese Programme eigenständig fortführen zu können. Unsere Aufgabe im Jahre 1994 wird darin bestehen, diese Fortführung und den Übergang in die Verantwortung der Länder zu organisieren und möglich zu machen.
    Natürlich ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit weiter der Kampf gegen die Gewalt, die von Jugendlichen ausgeht. Das Aktionsprogramm gegen Aggressionen und Gewalt wird deshalb 1994 fortgesetzt. In zahlreichen Projekten dieses Programms ist bewiesen worden, daß die Eskalation von Gewalt keine Einbahnstraße sein muß, sondern daß es auch ein Zurück geben kann.

    (Dr. Konstanze Wegner [SPD]: Es gibt auch fragwürdige Projekte!)

    — Ich bin gerade dabei, Frau Wegner, es zu erwähnen. Trotzdem muß ich sagen, daß auch ich nicht die Patentantworten auf die Frage habe, wie jedes dieser Projekte gelingen und diese riskante Arbeit, die es in der Tat ist, in jedem Falle zum Erfolg geführt werden kann.
    Ich möchte Sie alle, die Sie an der Arbeit mit Jugendlichen interessiert sind, bitten, mit uns gemeinsam nach Wegen zu suchen, um diese Arbeit erfolgreich weiterzuführen. Kritik ist leicht geübt; ein Ausweg ist sehr viel schwieriger gefunden. Manchmal frage ich mich, wenn wir mit eindeutig gewaltorientierten Jugendlichen arbeiten, wie wir erwarten können, daß sie am nächsten Tag von allen ihren Verhaltensweisen weg sind.
    Wir brauchen ausgebildete und gut motivierte Sozialarbeiter. Es ist unsere Aufgabe, diese Personen und auch die Lösungswege zu finden. Wir werden daran weiterarbeiten. Auf jeden Fall werden wir im Jahre 1994 5 Millionen DM zusätzlich für Präventionsmaßnahmen in Ost- und auch in Westdeutschland zur Verfügung haben, um neue Modelle und neue Wege auszuprobieren. Ich weiß, als Jugendpolitiker dürfen wir auf diesem Wege nicht nachlassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Obwohl wir die Mittel für die Jugendpolitik in vielen Bereichen erhöhen konnten, müssen wir auch im Haushalt unseres Ministeriums sparen. Wir haben die Eingliederungshilfen für junge Aussiedler von 360 Millionen DM auf 300 Millionen DM zurückgenommen. Angesichts der geringeren Zahl von Aussiedlern halten wir diese Kürzung für verträglich.
    Wir müssen auch beim Zivildienst sparen. Diese Einsparungen dürfen und sollen nicht zu Lasten der Zivildienstleistenden gehen. Sie leisten einen wichtigen Dienst für unsere Gesellschaft. Vielmehr — und darum geht es bei diesen Einsparungen — sollen die Kosten diejenigen tragen, die vom Einsatz der Zivildienstleistenden nicht nur einen ideellen, sondern auch ganz konkret einen finanziellen Nutzen haben. Das sind in vielen Fällen öffentliche Kostenträger in den Kommunen und in den Ländern. Ich sage aber auch ganz deutlich: Es bleibt natürlich die Aufgabe des Bundes, eine ausreichende Zahl von Zivildienstplätzen bereitzustellen. Deshalb werden wir im Rahmen der Haushaltsberatungen weiter über die Frage diskutieren müssen, wie wir das garantieren können.
    Trotz einer angespannten Haushaltslage werden die Mittel zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern nicht zurückgeführt. Wir haben auf diesem Gebiet leicht ansteigende Haushaltsbeträge. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, daß in dieser Legislaturperiode die Mittel für die Frauenpolitik um 10 Millionen DM gesteigert



    Bundesministerin Dr. Angela Merkel
    werden konnten. Ich halte das für eine richtige und wichtige Sache.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Ralf Walter [Cochem] [SPD]: Wieviel sind das insgesamt?)

    — Es sind 25 Millionen DM, Herr Walter.
    Deshalb sind wir auch 1994 im Rahmen der Gleichberechtigungspolitik in der Lage, wichtige Vorhaben und Projekte der letzten Jahre zu Ende zu führen und neue Schwerpunkte zu entwickeln.
    Natürlich stellt sich auch die Frage: Was kann der Staat in der Gleichberechtigungspolitik leisten? Was muß von der Gesellschaft selbst geleistet werden?
    Ich möchte als erstes sagen, daß Frauenförderung natürlich ganz fest in der Wirtschafts- und Strukturpolitik verankert sein muß. Das heißt, daß Frauenpolitik nicht allein von der Bundesregierung gemacht werden kann, sondern daß sie selbstverständlich auch ein Anliegen der Tarifpartner sein muß und soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir haben im Juni dieses Jahres mit unserer konzertierten Aktion „Frauenerwerbstätigkeit in den neuen Bundesländern", die ich als Frauenministerin initiiert habe, hierzu einen ganz wesentlichen Beitrag geleistet. Es ist uns gelungen, die beteiligten Ressorts, den Deutschen Gewerkschaftsbund, die Arbeitgeberverbände, die Kammern und andere an einen Tisch zu bringen und auf eine gemeinsame Erklärung zu verpflichten, und — was ich für am allerwichtigsten halte — es ist uns auch gelungen, dieses Signal in die Kreise, die Länder und auch in die neuen Bundesländer zu tragen. Wir hoffen, daß diese Erklärung auch in konkretes Handeln umgesetzt wird.
    Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich dem Deutschen Frauenrat danken, der immer wieder auch auf einer solchen konzertierten Aktion bestanden hat und uns auch bei der Bewerkstelligung dieser Aktionen geholfen hat und dies auch bei der Umsetzung tun wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    — Dem Deutschen Frauenrat können Sie auch einen kleinen Beifall gönnen. Es wäre sonst traurig.

    (Dr. Edith Niehuis [SPD]: Tun wir im Herzen auch!)

    — Im Herzen, aber niemals, wenn von hier aus gesprochen wird.
    Unser Modellprojekt „Neue Wege der Arbeitsplatzbeschaffung", das wir in je einem Landkreis der neuen Bundesländer initiieren werden, ist auch ein Weg, um ganz deutlich und konkret Frauen bei der Suche nach neuen Arbeitsmöglichkeiten zu helfen; denn es ist keine Frage, daß dies das zentrale Problem in den neuen Bundesländern ist: Wie schaffen wir genug und ausreichend Arbeitsplätze, und dies gerade für Frauen, die von der Umstrukturierung sehr viel härter betroffen sind, als dies bei Männern der Fall ist.
    Ein wichtiges Ziel ist es natürlich, Frauen in den Strukturwandel einzubeziehen und sie dabei selber an den Dingen teilhaben zu lassen. So werden wir uns ganz speziell auf die Förderung von Frauen konzentrieren, die neue Unternehmen gründen wollen, also auf Existenzgründerinnen. Das ist ein Schwerpunkt, den wir in den letzten Jahren noch nicht in dem Maße hatten. Ich glaube, es ist ganz wichtig, daß Frauen anderen Frauen auch zeigen, welcher Weg in die Selbständigkeit führt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ein wesentliches Thema bleibt das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir werden unser Modellprogramm zur Wiedereingliederung von Frauen in den Beruf in den alten Bundesländern fortführen und auf die neuen Bundesländer ausdehnen.

    (Dr. Barbara Höll [PDS/Linke Liste]: Schaffen Sie erst einmal Arbeitsplätze für Frauen!)

    — Darüber habe ich gerade im Rahmen der konzertierten Aktion zur Erwerbstätigkeit gesprochen. Das können wir durch Aufblähung der öffentlichen Verwaltung am allerschlechtesten erreichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch ein Aspekt, der im Gleichberechtigungsgesetz eine sehr wichtige Rolle spielt. Wir werden die erste Lesung dieses Gleichberechtigungsgesetzes noch in diesem Monat haben. Ich bitte Sie alle, mit dazu beizutragen, daß dieses Gesetz in dieser Legislaturperiode so verabschiedet werden kann, daß es eine Hilfe bei der Durchsetzung der Gleichberechtigung für die Frauen in der Bundesrepublik Deutschland ist.
    Wir müssen Frauen — das halte ich für ganz wichtig — auch darin unterstützen, ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Hier ist es wichtig, daß Frauenverbände ein starkes Rückgrat für die Frauen bieten, die sich engagieren wollen. Wir haben als Bundesregierung in den letzten Jahren 10 Millionen DM aufgewendet und damit das Engagement von Frauen aus meiner Sicht gestärkt.
    Auf der vierten Gleichberechtigungskonferenz Anfang Dezember werden wir uns noch einmal ganz intensiv damit befassen, was Frauen hindert und was Frauen motiviert, sich in unserer Gesellschaft zu engagieren. Hier gibt es viele Defizite.
    Zum Abschluß gestatten Sie mir noch ein Wort zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs. Ich möchte darauf hinweisen, daß wir die Beratungen zügig voranbringen werden und daß es mir ganz besonders wichtig ist, daß dies kein Thema für den Wahlkampf wird, sondern die Regelung vom Parlament vorher verabschiedet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist wichtig, daß die sozialen Begleitmaßnahmen auch wirklich umgesetzt werden. Als Jugendministerin liegt mir hier die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz ganz besonders am Herzen.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)






Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, jetzt hat das Wort unsere Frau Kollegin Dr. Edith Niehuis.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Edith Niehuis


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, Frau Merkel, hier liegt ein Mißverständnis vor. Die Meßlatte, die wir an Sie legen, ist nicht der kleine 25-Millionen-Etat, sondern das ist die Frage: Was tut die Regierung insgesamt für die Frauen?

    (Beifall bei der der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Ich denke, da können Frauen nur in Resignation verfallen. Der Kanzler entdeckt den Standort Deutschland und meint, die Löhne seien zu hoch, es gebe zu viele ordnungsrechtliche Auflagen, und die Stabilität der sozialen Sicherungssysteme sei in Gefahr. Wissen Sie, wenn Frauen dieses hören, dann wissen sie, daß sie nicht gemeint sein können. Denn wer als Arbeiterin 30 % und als Angestellte 36 % weniger als der vergleichbare männliche Kollege verdient, kann sich vom Schimpf über zu hohe Löhne nicht angesprochen fühlen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das müssen Sie den Tarifpartnern sagen!)

    Es geht darum, was der Kanzler sagt.
    Wer wie die Gruppe der Frauen nach wie vor die schlecht abgesicherten Teilzeitarbeitsplätze nehmen muß und zunehmend in sozialversicherungsfreie Beschäftigungen geschickt wird, hat von dem Zuviel an ordnungsrechtlichen Auflagen noch nichts gehört. Wer im Leben immer wieder erfährt, daß unsere sozialen Sicherungssysteme auf einer durchgängigen Erwerbsbiographie beruhen — ob es das Arbeitsförderungsgesetz ist oder die Rentenversicherung —, diese als Frau objektiv aber selten vorweisen kann, hat von der Stabilität unseres sozialen Sicherungssystems wenig erfahren, ist stets durch dessen Maschen gefallen und schließlich bei der Sozialhilfe gelandet.
    Viel zu viele Alleinerziehende und Rentnerinnen können davon ein trauriges Lied singen. Das ist die weibliche Wirklichkeit, über die der Kanzler auch hätte reden können.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste — Uta Würfel [F.D.P.]: Herr Scharping übrigens auch!)

    Der Ausspruch „Die Armut ist weiblich" kommt doch nicht von heute, wo der Kanzler den Wirtschaftsstandort Deutschland entdeckt hat, sondern aus einer Zeit, als der Kanzler noch selbstgefällig die wirtschaftliche Blüte des Vaterlandes gepriesen hat. Nun könnte man meinen, wem es in sogenannten Schönwetterzeiten schon schlechtging, der würde in Schlechtwetterzeiten vor weiterem Unbill geschützt werden. Ich denke, es wäre trügerisch, wenn die Frauen diese Hoffnung hätten. Der soziale Kahlschlag, den Sie als Bundesregierung hier vorsehen, wird gerade Frauen besonders hart treffen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Darum werden Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, nicht damit rechnen können, daß wir Ihnen da die Hand reichen.
    Worum geht es? Da zeigen die Statistiken eine zunehmende Frauenarbeitslosigkeit, und im Osten stellen die Frauen fast 65 % der Arbeitslosen. Da sagt das Bundesministerium für Frauen und Jugend in dem Bericht über Frauenerwerbstätigkeit in den neuen Bundesländern voraus, daß Frauen immer mehr in das Stadium der Langzeitarbeitslosigkeit hineinwachsen werden. Das sind Zahlen, die alarmieren, weil Frauen ins soziale und finanzielle Abseits abgedrängt werden. Frau Merkel, da hilft die konzertierte Aktion mit Ihrem runden Tisch herzlich wenig.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste — Uta Würfel [F.D.P.]: Warum schreit ihr immer nach konzertierten Aktionen?)

    In dieser Situation stimmt die Bundesministerin für Frauen und Jugend im Kabinett den Kürzungen bei Sozialhilfe, bei Arbeitslosenhilfe, bei Arbeitslosengeld, dem Kahlschlag bei Fortbildungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz zu. Das sind alles Maßnahmen, die Frauen besonders hart treffen. Zumindest einen lauten Protest von Ihnen, Frau Ministerin, hätten die Frauen schon verdient gehabt.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Als zynisch empfinde ich, was Sie im Oktober 1992 vor der Frauen-Union in Sachsen-Anhalt sagten, nämlich: Frauen dürften nicht glauben, daß sie ihre Rechte „auf dem Silbertablett" präsentiert bekämen. Dazu kann ich nur feststellen: Für Arbeitslose und Sozialhilfeempfängerinnen ist das Bild vom Silbertablett eine demütigende Zumutung.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Dabei wissen Sie als Bundesregierung, daß die Frauen besonders getroffen werden. Zumindest hat die Ministerin Merkel, als wir die zehnte Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz hier zu verabschieden hatten, in Zeitungen gesagt, daß Kürzungen mit Bezug auf Qualifizierungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen besonders Frauen treffen. Dennoch bleibt der Protest aus.
    Ich will Ihnen sagen, was hier abläuft. Da redet auf der einen Seite der Kanzler von Arbeitszeitverlängerung, und auf der anderen Seite fordert die Frauenministerin vermehrte Teilzeitarbeit für Frauen, wobei Teilzeitarbeit doch nichts anderes ist als Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich.

    (Uta Würfel [F.D.P.]: Ach du meine Güte!)

    — Natürlich ist es das. Merken Sie, wohin dann die Politik der Bundesregierung läuft? Wenn Sie so weitermachen, führt sie letztendlich zur totalen Verdrängung der Frauen vom Arbeitsmarkt. Das werden wir nicht mitmachen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wollen Sie Teilzeitarbeit mit vollem Lohnausgleich?)

    Ich frage mich, wie viele alarmierende Zahlen die Bundesregierung noch braucht, um sich endlich auf



    Dr. Edith Niehuis
    die Seite der Frauen zu stellen? Frauen lassen sich sterilisieren, um einen Arbeitsplatz zu bekommen.

    (Uta Würfel [F.D.P.]: Ich kenne keine!)

    Frauen treten in einen Gebärstreik, denn wie soll man sonst das, was in den neuen Bundesländern passiert — von 1990 bis 1992 ein Rückgang der Geburtenrate um 50 % — bezeichnen? Frauen werden zunehmend psychisch krank, wie jetzt sogar der Chefarzt der Thüringer Burgklinik, Stadtlengsfeld, auch für die neuen Bundesländer — für die alten Bundesländer wissen wir das schon sehr viel länger — meldet. Vor diesen Meldungen darf eine Frauenministerin die Augen nicht verschließen.
    Es ist schon schlimm genug, daß die Bundesregierung ihrer Verantwortung gegenüber Frauen in keiner Weise nachkommt. Aber der Gipfel ist, daß der Bundesfinanzminister in einer Fußnote zum sogenannten Konsolidierungsprogramm die Länder und Kommunen geradezu einlädt, die Verwirklichung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz nicht ernst zu nehmen. Damit setzt die Bundesregierung auf ihre alte Steuerlüge eine Kindergartenlüge drauf. Sie können nicht erwarten, daß wir Ihnen dazu die Hand reichen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Schließlich geht es doch, Frau Würfel, um eine Gesetzgebung, die wir zusammen hier im Parlament mit großer, überparteilicher Mehrheit beschlossen haben. Zuerst verschieben Sie, die Bundesregierung, die Kosten auf andere — häufig auf die Kommunen — und nennen das fahrlässigerweise Sparprogramm. Dann sind es die Kommunen, die aus lauter Verzweiflung die Kindergartenbeiträge für die Eltern zunehmend erhöhen, so daß letztendlich die Inanspruchnahme des Kindergartenplatzes irgendwann schon aus finanziellen Gründen gefährdet ist. Dann hören Sie das Stöhnen der Kommunen und raten zum Nichternstnehmen eines Bundesgesetzes, des Gesetzes über den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Besser wäre es gewesen, die Bundesregierung würde sich durch eine Gemeinschaftsinitiative aktiv an dem Bau von Kindergärten beteiligen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Wir wissen alle: Sie zerstören durch diesen Vorstoß der Bundesregierung einen ganz wichtigen Kern des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes, wie Sie überhaupt, so meine ich, durch den Bundeshaushalt 1994 von der vom Verfassungsgericht vorgeschriebenen frauen-, familien- und kinderfreundlichen Gesellschaft erheblich abweichen. Das ist schlimm genug. Das Verfassungsgerichtsurteil hat die Eigenverantwortung der Frau in Schwangerschaftskonflikten gestärkt. Wenn Sie in den weiteren Beratungen wagen sollten, diese Eigenverantwortung der Frau zu unterlaufen, dann werden Sie auf unseren erbitterten Widerstand und, so denke ich, auch auf den erbitterten Widerstand der Bevölkerung stoßen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Nun frage ich mich, was eine Frauenministerin eigentlich mit der berechtigten Kritik macht. Dann kommt — das war die Substanz Ihrer Rede — der kleine Etatansatz von 25 Millionen DM zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frau und Mann. Mit diesem Ansatz zumeist für kleine Projekte werden Sie die struktuellen Verschlechterungen für Frauen nicht ausgleichen können. Bedenken Sie nur einmal, wie viele wichtige kleine Frauenprojekte, ja ein ganzes Frauennetzwerk, zerstört werden, weil keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mehr finanziert werden.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Diesen Rückschlag werden Sie mit Ihrem kleinen Etatansatz nie und nimmer ausgleichen können. Als Parlamentarierin möchte ich gerade wegen dieser 25 Millionen DM noch einiges anmerken. Es ist unbefriedigend, wenn man einen Etatposten sieht, der — dieser Etatposten ist so — eigentlich nur ein Merkmal hat, nämlich das Merkmal der Undurchsichtigkeit. Es ist noch unbefriedigender, wenn man hört, daß diese wenigen Gelder auch noch in den Sand gesetzt werden, weil Projektansätze falsch sind, wie z. B. bei dem von Ihnen gerade genannten Modellversuch „Wiedereingliederung der Frauen ins Berufsleben" . Dieses Projekt konnte nur durch eine Reform vor dem Scheitern bewahrt werden. Ich bin versucht zu sagen: Wenn keine vernünftigen Ideen da sind, dann braucht man auch kein Geld.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Wo sind denn Ihre Ideen?)

    Aber eines vermisse ich sehr: Wir haben es mit einer Bundesregierung zu tun, die nicht müde wird, die internationale Verantwortung Deutschlands anzumahnen und diese fahrlässig auf militärische Einsätze zu verkürzen. Viele Länder haben schon längst erkannt, was internationale Frauenpolitik bedeutet und spielen dort eine wichtige Rolle. Die Bundesrepublik Deutschland ist hier leider eine graue Maus, ob auf EG-Ebene oder auf UN-Ebene.
    Auch im Haushalt werden die Mittel für die internationale Frauenpolitik verschämt versteckt, vielleicht verschämt, weil sie beschämend sind. Ich wünschte mir hier mehr Engagement, weil internationale Frauenpolitik immer wichtiger wird und die Entwicklung der Welt zu wichtig ist, als daß wir sie allein den Männern überlassen könnten.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Wir, aber nicht nur wir, sondern auch der von mir sehr geschätzte Deutsche Frauenrat, der elf Millionen Frauen repräsentiert, sehen die frauenpolitische Richtung der Bundesregierung mit großer Sorge an. Ich kann Sie nur bitten: Kehren Sie um! Dieser Kurs ist fatal.

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)