Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer in den letzten Wochen vor Ort in die Bevölkerung und in die Familien hineinhörte — und dazu bot sich ja für uns Abgeordnete reichlich Gelegenheit —, der war in aller Schärfe mit Zukunftssorgen konfrontiert, mit der Sorge um den Arbeitsplatz, mit der Sorge um die Übernahme der Kinder durch den Betrieb nach abgeschlossener Ausbildung, mit der Sorge um die Staatsfinanzen und die weitere Entwicklung bei uns in Deutschland, aber auch draußen in der Welt.
Der dringende Wunsch nach einer ordnenden politischen Hand war spürbar, und war von Zukunftssicherung und vom Sparen die Rede, dann wurde auch eigene Sparbereitschaft signalisiert, aber nur unter der Bedingung, daß die Wertmaßstäbe unseres sozialen und gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht außer acht gelassen werden, vorrangig in der Familien- und Seniorenpolitik, denn Familien- und Seniorenpolitik ist nicht ausschließlich nur Finanzpolitik.
Der vorliegende Haushaltsentwurf des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für Familie und Senioren wird diesen Ansprüchen gerecht. Der Einzelplan 18 erfährt keine unverantwortbaren Einbrüche; er sieht keinen Kahlschlag vor. Er geht im Rahmen der Sparauflagen wie alle anderen Haushaltsbereiche die Verpflichtung ein, strukturelle Veränderungen zugunsten einer gerechteren Verteilung der knapp bemessenen Haushaltsmittel vorzunehmen.
Der Haushalt für Familien und Senioren darf sich dem Ordnungsprinzip nicht verschließen, einkommensschwache Familien stärker zu unterstützen als einkommensstarke Familien. Es ist ein gutes Stück Zukunftssicherung für Familien, wenn unterstützungsbedürftige Familien in ihrer Existenz gefestigt werden, indem grundsätzlich die Leistungsberechtigung an die Höhe des Familieneinkommens gekoppelt wird.
Die bisherige Haushaltsdebatte hat verdeutlicht, daß der Sozialstaat mit seinen bisherigen Angeboten nicht mehr finanzierbar ist. Daher darf kein Haushaltsbereich tabu sein, wenn es darum geht, Überversorgung, Unwirtschaftlichkeit, auch Ungleichheit oder gar Mißbrauch abzubauen.
Ich meine, vor allem aus Verantwortung gegenüber der jungen Generation darf kein Blankoscheck auf deren Zukunftsbelastung ausgestellt werden.
Die Bundesregierung orientiert ihre Maßnahmen an den veränderten Lebensformen von Familien. Das Einkommen des nichtehelichen Lebenspartners wird in die Einkommensbewertung mit einbezogen. Auch das ist für mich Zukunftssicherung von Familien und
Kindern durch die stärkere Mitverantwortung meist der Väter.
Die neuen Kriterien für den Bezug von Erziehungsgeld sind von sogenannten Großverdienern oft eingefordert worden. Hat nicht die finanzpolitische Sprecherin der SPD oft über die Medien gefragt, warum sie und entsprechende Einkommensbezieher nicht auf das Erziehungs- bzw. Kindergeld verzichten dürften? — Jetzt ist es soweit.
Der Bezug von Erziehungsgeld soll grundsätzlich von Anfang an einkommensabhängig erfolgen.
Verheiratete und Partnerschaften mit einem Jahreseinkommen von netto über 100 000 DM und andere Berechtigte mit einem Einkommen von über 75 000 DM verlieren ihre vollen Ansprüche.
Bisher wurde das Erziehungsgeld in den ersten sechs Monaten grundsätzlich einkommensunabhängig in Höhe von 600 DM pro Monat gezahlt. Danach erfolgte die einkommensabhängige Zahlung bis zum 24. Lebensmonat des Kindes.
Interessant ist, daß 76,5 % der Erziehungsgeldempfänger in den alten Bundesländern auch nach dem sechsten Lebensmonat des Kindes das Erziehungsgeld in voller Höhe von 600 DM erhielten,
was beweist, daß nur ein kleiner Teil, nämlich keine 25 %, zu den Höherverdienenden zählt und von den neuen Maßnahmen betroffen sein wird.
In den neuen Bundesländern macht die betroffene Elterngruppe einen verschwindend geringen Teil der Eltern aus, nämlich nur 2,6 %, die ab dem siebenten Lebensmonat des Kindes nicht mehr berechtigt sein werden, Erziehungsgeld zu beziehen. Für die neuen Bundesländer ist diese Neuregelung kein Thema.