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    Plenarprotokoll 12/166 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 166. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 14325 B Absetzung der Punkte 14 und 15 von der Tagesordnung 14325B, 14347 C Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Berichts des Petitionsausschusses: Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag (Tätigkeitsbericht 1992) (Drucksache 12/4961) Dr. Gero Pfennig CDU/CSU 14305 B Lisa Seuster SPD 14307 B Günther Friedrich Nolting F.D.P. 14308 D Dr. Ruth Fuchs PDS/Linke Liste 14310C Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14311C Martin Göttsching CDU/CSU 14313A Angelika Barbe SPD 14314B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. 14316A Gertrud Dempwolf CDU/CSU 14317 A Jutta Müller (Völklingen) SPD 14318C Wolfgang Dehnel CDU/CSU 14320 B Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 106 zu Petitionen (Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) (Drucksache 12/5050) Martin Göttsching CDU/CSU 14321 B Horst Peter (Kassel) SPD 14322 C Birgit Homburger F.D.P. 14324 A Ulla Jelpke PDS/Linke Liste 14324 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14324 C Zusatztagesordnungspunkt: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Beteiligung der Bundeswehr an UNOSOM II (Drucksache 12/5248) Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 14325B Otto Schily SPD 14326B, 14334 C Walter Kolbow SPD 14326 C Günter Verheugen SPD 14328 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU 14330 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. 14333 B Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14333 D Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 14334 D Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste 14335 D Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14337 C Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD (gemäß § 27 GO) 14338D Volker Rühe CDU/CSU (gemäß § 27 GO) 14339B Ulrich Irmer F.D.P. (gemäß § 27 GO) 14339D Ortwin Lowack fraktionslos 14340B Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1990 — Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 1990) zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1992 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Feststellungen zur Jahresrechnung des Bundes 1990) (Drucksachen 12/2561, 12/3250, 12/5171) Wilfried Bohlsen CDU/CSU 14341 A Uta Titze-Stecher SPD 14343 A Carl-Ludwig Thiele F.D.P. 14345 A Karl Diller SPD 14346 C Nächste Sitzung 14347 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14349* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebener Teil der Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Sammelübersicht 106 zu Petitionen) (Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) Birgit Homburger F.D.P. 14349* D Anlage 3 Zu Protokoll gegebener Teil der Rede zu Tagesordnungspunkt 13 (Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1990 — Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes — Jahresrechnung 1990 — und Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1992 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung einschließlich der Feststellung der Jahresrechnung des Bundes 1990) Wilfried Bohlsen CDU/CSU 14350* C Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1990 — Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes — Jahresrechnung 1990 — und Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1992 zur Haushaltsund Wirtschaftsführung einschließlich der Feststellung der Jahresrechnung des Bundes 1990) Karl Deres CDU/CSU 14351* D Thea Bock SPD 14353* C Anlage 5 Amtliche Mitteilungen 14353 * C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 14305 166. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Baum, Gerhart Rudolf F.D.P. 24. 6. 93 Böhm (Melsungen), CDU/CSU 24. 6. 93 Wilfried Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 24. 6. 93 Peter Harry Ehrbar, Udo CDU/CSU 24. 6. 93 Dr. Enkelmann, PDS/LL 24. 6. 93 Dagmar Dr. Faltlhauser, Kurt CDU/CSU 24. 6. 93 Gattermann, Hans H. F.D.P. 24. 6. 93 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 24. 6. 93 Genscher, F.D.P. 24. 6. 93 Hans-Dietrich Gerster (Mainz), CDU/CSU 24. 6. 93 Johannes Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 24. 6. 93 Grochtmann, Elisabeth CDU/CSU 24. 6. 93 Huonker, Gunter SPD 24. 6. 93 Dr. Klejdzinski, SPD 24. 6. 93 Karl-Heinz Dr. Köhler (Wolfsburg), CDU/CSU 24. 6. 93 Volkmar Koschnick, Hans SPD 24. 6. 93 Kretkowski, Volkmar SPD 24. 6. 93 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 24. 6. 93 Elke LeutheusserSchnarrenberger, F.D.P. 24. 6. 93 Sabine Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 24. 6. 93 Matschie, Christoph SPD 24. 6. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 24. 6. 93 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 24. 6. 93* Nolte, Claudia CDU/CSU 24. 6. 93 Odendahl, Doris SPD 24. 6. 93 Oesinghaus, Günther SPD 24. 6. 93 Pfuhl, Albert SPD 24. 6. 93 Dr. Pick, Eckhart SPD 24. 6. 93 Reuschenbach, SPD 24. 6. 93 Peter W. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Rose, Klaus CDU/CSU 24. 6. 93 Schaich-Walch, SPD 24. 6. 93 Gudrun Scheffler, Siegfried SPD 24. 6. 93 Willy Schluckebier, Günther SPD 24. 6. 93 von Schmude, CDU/CSU 24. 6. 93 Michael Dr. Soell, Hartmut SPD 24. 6. 93* Stachowa, Angela PDS/LL 24. 6. 93 Dr. Stercken, Hans CDU/CSU 24. 6. 93 Tietjen, Günther SPD 24. 6. 93 Dr. Töpfer, Klaus CDU/CSU 24. 6. 93 Vosen, Josef SPD 24. 6. 93 Welt, Jochen SPD 24. 6. 93 Dr. Wernitz, Axel SPD 24. 6. 93 Wieczorek-Zeul, SPD 24. 6. 93 Heidemarie Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 24. 6. 93 Zapf, Uta SPD 24. 6. 93 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebener Teil der Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Sammelübersicht 106 zu Petitionen) (Anerkennung ausländischer Flüchtlinge)*) Birgit Homburger (F.D.P.): Im vorliegenden Fall handelt es sich um zwei Personen pakistanischer Staatsangehörigkeit, die Mitglied der sog. Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft sind. Sie reisten im August 1990 in die Bundesrepublik ein und beantragten wegen ihrer Zugehörigkeit zur Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft Asyl. Die Petenten berufen sich darauf, daß in Pakistan für diese Glaubensgemeinschaft eine Gruppenverfolgung vorliegt, da allein auf Grund gruppenspezifischer Merkmale eine Verfolgung zu befürchten sei. In der Tat enthält das Pakistanische Strafgesetzbuch für Ahmadis Vorschriften, die es ihnen verbietet, ihre Führer mit islamischen Titeln anzusprechen und sich selbst als Muslime zu bezeichnen oder ihren Glauben zu predigen. Darüber hinaus führte Pakistan im Jahre 1986 einen weiteren Artikel in seinem Strafgesetzbuch ein, wonach jede Beleidigung des Propheten Mohammed unter Strafe *) Vgl. Seite 14324B 14350* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 gestellt wird. Die zwingende Rechtsfolge dieser Vorschrift ist die Todesstrafe. Bei weiterer Auslegung dieser Norm ist jede Behauptung, Mohammed sei nicht der letzte Prophet gewesen, ein Verstoß gegen diese Norm des Pakistanischen Strafgesetzbuches. Nach den vorliegenden Berichten des Innenministeriums und des Auswärtigen Amtes sind Verurteilungen wegen dieser Strafrechtsnorm in Pakistan bislang, was das Verbot für Ahmadis, sich als Moslems zu bezeichnen bzw. bestimmte Titel zu führen, angeht, nur sehr vereinzelt und individuell erfolgt, Verurteilungen auf Grund des Artikels der zur Todesstrafe bei Beleidigung des Propheten führt, sind bislang gar nicht bekannt. Das Bundesverwaltungsgericht hat mittlerweile in mehreren Leitentscheidungen eine Gruppenverfolgung der Ahmadiyyas in Pakistan verneint. Wir haben uns die Entscheidung im Petitionsausschuß nicht einfach gemacht. Denn auch der Petitionsausschuß verkennt nicht, daß die Lage in Pakistan für die Ahmadis zumindest nicht ungefährdet ist. Daher bedarf es nach meiner Auffassung auch weiterhin einer sorgfältigen Beobachtung der Entwicklung der Situation dieser Glaubensgruppe durch das Auswärtige Amt, das dies — oft gemeinsam mit Botschaften der anderen europäischen Länder — intensiv verfolgt. Daher plädiert der Petitionsausschuß dafür, im Einzelfall zu entscheiden. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hatte die Antragssteller zunächst als Asylberechtigte anerkannt, da es von einer Gruppenverfolgung ausgegangen war. Doch selbst das Bundesamt schreibt in seiner Begründung: „Die Antragsteller vermochten zwar ... nicht zu überzeugen, daß sie in der Vergangenheit persönlich einer individuellen asylerheblichen Verfolgung ausgesetzt waren." Wegen der unterschiedlichen Entscheidungen hinsichtlich der Asylberechtigung von Mitgliedern der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft hat der Bundesbeauftragte gegen den Anerkennungsbescheid geklagt. Mit der Petition wird begehrt, daß der Bundestag auf den Bundesbeauftragten dahingehend einwirke, daß er diese Klage fallenlasse und eine letztinstanzliche Entscheidung nicht herbeiführt. Auf Grund der genannten Argumente sieht der Petitionsausschuß keinen Grund, hier einzugreifen. Ich habe auch Vertrauen in die zuständigen Organe, daß sie die Fälle sorgfältig prüfen und verantwortungsbewußt entscheiden. Eine letzte Bemerkung zur Aufgabe des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten. Seine Aufgabe besteht darin, Fälle, die erstinstanzlich uneinheitlich entschieden wurden, einer einheitlichen Rechtsprechung zuzuführen. Eine solche einheitliche Behandlung von Personen mit demselben Hintergrund ist wünschenswert. Es wäre aus meiner Sicht dann aber auch sinnvoll, wenn der Bundesbeauftragte aus Gründen dieser Einheitlichkeit nicht nur gegen Fälle Klage erhebt, die angenommen wurden, sondern auch gegen Fälle, die abgelehnt wurden. Ich empfehle für die F.D.P.-Fraktion, die Beschlußempfehlung des Petitionsausschuss es anzunehmen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebener Teil der Rede des Abgeordneten Wilfried Bohlsen*) zu Tagesordnungspunkt 13 (Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1990 — Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes — Jahresrechnung 1990 — und Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1992 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung einschließlich der Feststellung der Jahresrechnung des Bundes 1990) Wilfried Bohlsen (CDU/CSU): Ich darf mal einige Beispiele aus meinem eigenen Bereich als Berichterstatter nennen: Herstellung ausländischer Banknoten bei der Bundesdruckerei. Der Bundesrechnungshof hatte beanstandet, daß die Bundesdruckerei von 1980 bis 1990 Aufträge zur Herstellung ausländischer Banknoten zu nicht kostendekkenden Preisen entgegengenommen hatte, um freie Kapazitäten zu nutzen. In diesem Fall hat sich der Rechnungsprüfungsausschuß der Kritik des Bundesrechnungshofes nicht angeschlossen. Auf den ersten Blick mag der Vorwurf des Rechnungshofs berechtigt sein. Wer als Privatunternehmer nicht kostendeckende Aufträge entgegennimmt, der kann sicherlich mittelfristig sein Geschäft schließen. In diesem Fall haben wir detaillierter geprüft und haben gefragt, was wäre, wenn die Bundesdruckerei die Aufträge nicht entgegengenommen und ihre Druckkapazitäten stattdessen völlig ungenutzt hätte stehenlassen. Und wir haben festgestellt: Dann wäre der Verlust noch größer gewesen. Durch die Entgegennahme der Aufträge hat die Bundesdruckerei wenigstens ihre variablen Kosten und einen Teil der Fixkosten abgedeckt. Sie hat Deckungsbeiträge erwirtschaftet. Insofern konnten wir die Bemerkung nicht zustimmend zur Kenntnis nehmen. Jahresabschluß 1990 der Deutschen Bundespost. Der Bundesrechnungshof hat als rechtswidrig beanstandet, daß die Postunternehmen in ihrer Bilanz ihre Vermögenspositionen mit einem zu geringen Wert angesetzt hatten. Er hatte vermutet, daß die Postunternehmen die buchmäßig entstandenen Verluste in Höhe von 10 Milliarden DM aus dem allgemeinen Bundeshaushalt ersetzt erhalten wollten. Wir konnten auch diese Bemerkung nicht zustimmend zur Kenntnis nehmen. Wir haben den Fall genau untersucht und festgestellt, daß sich die Postunternehmen bei ihrer Bewertung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften des Handelsrechts bewegt haben. Die in der Bilanz ausgewiesenen Wertansätze waren rechtmäßig und nicht rechtswidrig gewesen. Zeitgerechte Einleitung der Zurruhesetzung von dienstunfähig erkrankten Beamten. Der Bundesrechnungshof hatte beanstandet, daß Postdienst und Telekom die dauerhaft erkrankten ') Vgl. Seite 14342B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 14351* Beamten nicht rechtzeitig auf ihre Dienstfähigkeit untersuchten. Der Rechnungsprüfungsausschuß hatte sich der Kritik des Bundesrechnungshofes nicht in vollem Umfang angeschlossen. Er hat die Auffassung vertreten, daß das Zurruhesetzungsverfahren nach den gesetzlich vorgesehenen drei Monaten nicht eingeleitet werden muß. Aber er hat gleichzeitig die Meinung vertreten, daß die Behörde verpflichtet ist, eine Entscheidung zu treffen, aus der ersichtlich wird, daß sie von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht hat. Der Bundesminister wurde in diesem Zusammenhang aufgefordert, darauf hinzuwirken, daß die Generaldirektion Postdienst und Telekom künftig die Einhaltung der beamtenrechtlichen Zeitvorgaben zur Feststellung der Dienstunfähigkeit sicherstellen. Arbeitsplatzvergütung für Postbedienstete bei einer Beschäftigung in den neuen Bundesländern. Der Bundesrechnungshof hatte beanstandet, daß das Unternehmen Postdienst den Bediensteten aus den alten Bundesländern, die in die neuen Bundesländer abgeordnet werden, eine überhöhte Aufwandsentschädigung zahlen. Der Rechnungsprüfungsausschuß war der Auffassung, daß die Sondervergünstigungen, die sich die Bediensteten des Postdienstes bewilligen, nicht gerechtfertigt sind. Wir haben dies damit begründet, daß die Bediensteten der anderen Postunternehmen Postbank und Telekom keine Sondervergütungen erhalten. Postversorgung im Landbereich. Der Bundesrechnungshof hatte die Ansicht vertreten, daß im Landbereich 3 027 kleinere Postämter geschlossen werden könnten. In diesem Fall ist der Rechnungsprüfungsausschuß der Auffassung vom Bundesrechnungshof nicht gefolgt. Wir sehen die flächendeckende Versorgung mit Postleistungen als eine wichtige staatliche Aufgabe an. Eine ersatzlose Schließung von Postämtern wurde abgelehnt. Schließungen werden nur dann hingenommen, wenn ein gleichwertiger Ersatz bereitgestellt werden kann. Vernichtung von Postwertzeichen in den neuen Bundesländern. Der Bundesrechnungshof hatte beanstandet, daß der Postdienst bei der Vernichtung von Briefmarken keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte, so daß die bis Ende 1991 gültigen Postwertzeichen wieder in den Verkehr gebracht werden konnten. Dadurch waren Einnahmenausfälle in Millionenhöhe entstanden. Der Postdienst hatte die Beanstandungen anerkannt und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Der Rechnungsprüfungsausschuß hat die eingeleiteten Maßnahmen begrüßt und den Minister aufgefordert, die Sicherheitsvorkehrungen bei der Vernichtung von Postwertzeichen durch intensivere Fachaufsicht zu verbessern. Prüfung der Organisation und Personalausstattung des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation. Der Bundesrechnungshof hatte die personelle Überbesetzung des Ministeriums nach der Neuorganisation beanstandet; er hatte vorgeschlagen, 52 Stellen einzusparen. Der Rechnungsprüfungsausschuß wie auch der Haushaltsausschuß haben sich eingehend mit der Personalsituation befaßt und daraufhin 40 Stellen beim Bundesministerium gestrichen. Personaleinsatz der Deutschen Bundespost Postdienst in den neuen Bundesländern. Der Bundesrechnungshof hatte den Personaleinsatz bei den Postämtern in den neuen Bundesländern überprüft und dabei vielfältige Mängel festgestellt. Es wurden Vorschläge zur Verbesserung gemacht. Inzwischen hat der Postdienst neue Regelungen erlassen, die einen strafferen Personaleinsatz zum Gegenstand haben. Dabei konnten 11 800 Arbeitskräfte im Jahre 1992 eingespart werden. Bundespost-Betriebskrankenkasse. Der Rechnungsprüfungsausschuß hatte die Bundespost-Betriebskrankenkasse aufgefordert, diejenigen Bezirksverwaltungen aufzulösen, die satzungsmäßig nicht vorgesehen sind. Die Betriebskrankenkassen haben darauf reagiert und nicht nur die satzungsmäßige, sondern eine erheblich größere Rationalisierung durchgeführt, als zunächst gefordert war. Dabei kam es zu erheblichen Einsparungen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden*) zu Tagesordnungspunkt 13 (Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1990 — Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes — Jahresrechnung 1990 — und Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1992 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung einschließlich der Feststellung der Jahresrechnung des Bundes 1990) Karl Deres (CDU/CSU): I. Auch in diesem Jahr sind wir Parlamentarier wieder aufgefordert, zu prüfen, ob die Regierung die Steuergelder der Bürger überwiegend sachgemäß verwendet hat. Unsere Beanstandungen betreffen relativ wenige Einzelfälle, gemessen am gesamten Verwaltungshandeln. Jeder weiß, daß bei einem Haushaltsvolumen von fast 400 Millarden DM immer wieder Fehlentscheidungen vorkommen, daß immer wieder Geld unnötigerweise ausgegeben wird. Aber verstehen Sie diese Aussage nicht falsch, denn sie ist keine Entschuldigung für Fehlverhalten und schon gar nicht eine Absolution für kommende Sünden. In der heutigen Zeit, die durch sehr knappe Haushaltsmittel gekennzeichnet ist und in der wir der Bevölkerung zahlreiche Opfer zumuten, muß das *) Vgl. Seite 14342D 14352* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 Parlament erwarten, daß die Verwaltung bei allen Entscheidungen den Grundsatz äußerster Sparsamkeit beachtet. Als Abgeordnete haben wir unseren Bürgern gegenüber die Verpflichtung, unnachsichtig alle Fälle von Geldverschwendung aufzudecken. Immer wieder stellen wir fest, daß sich fremder Leute Geld leichter ausgeben läßt als eigenes. Vor allem Ressorts, die über umfangreiche Haushaltsmittel verfügen, neigen schnell dazu, Geld für unnötige Zwecke zu verwenden. Wer Geld verschwendet, wer grob fahrlässig handelt, der wird vom Ausschuß zur Rechenschaft gezogen. In vielen Fällen haben wir darauf bestanden, daß die erforderlichen Regreßverfahren, ja daß sogar Strafverfahren eingeleitet werden. II. Lassen Sie mich ein paar Worte zur Bedeutung der Haushaltskontrolle sagen. Das Haushaltsrecht und das daraus abgeleitete Haushaltskontrollrecht ist ein besonders bedeutsames Parlamentsrecht. Die drei großen Aufgabenbereiche des Parlamentes sind 1. die Gesetzgebung, 2. die Haushaltsmittelbewilligung und 3., damit in Zusammenhang stehend, die Haushaltsmittelkontrolle. Gesetzgebung und Haushaltsmittelbewilligung als wichtige Parlamentsaufgaben sind jedem Bürger bekannt. Die Haushaltsmittelkontrolle, der dritte große wichtige Bereich, gerät oft unter die Räder heißer Informationen, schon deshalb, weil wir zum Teil Vergessenheit bewältigen, die umfangreiche Arbeit im Stillen leisten und zu sehr Zurückhaltung in der sog. „Verkaufspolitik" geübt haben. Deshalb haben wir jetzt das zweite Mal in der fast 45jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Pressekonferenz abgehalten und starken Widerhall im Fernsehen, beim Rundfunk und bei den Zeitungen gefunden. Der Bürger hat Anspruch auf diese Informationen. Ebenfalls das zweite Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland werden die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zusammen mit den Beschlüssen des Rechnungsprüfungsausschusses in schlichter Buchform herausgegeben. Die Schrift soll dazu beitragen, daß künftig vergleichbare Fehler vermieden werden. III. Finanzkontrolle besteht nicht nur darin zu prüfen, ob die Regierung in der Vergangenheit alles richtig gemacht hat, sie besteht auch darin, vorbeugend tätig zu werden. Rechnungsprüfungsausschuß und Haushaltsausschuß versuchen darauf zu achten, daß unvernünftige Maßnahmen von vornherein unterbleiben. Sehr oft beauftragen wir deshalb den Bundesrechnungshof mit der Prüfung, ob die von der Regierung beabsichtigten Maßnahmen sinnvoll sind. Nur mal ein Beispiel in diesem Zusammenhang: Gästehaus Petersberg. Sie wissen alle: Die Kosten für dieses Bauprojekt sind unerwartet stark gestiegen. Wir haben festgestellt: Ursächlich dafür waren zum größten Teil Änderungswünsche, die während der Bauphase immer wieder gestellt worden sind. Konsequenz: Wir haben die Regierung verpflichtet, bei allen künftigen Bauvorhaben so detailliert vorzuplanen, daß Änderungswünsche nicht mehr notwendig sind. Die Bundesbaudirektion ist nicht mehr berechtigt, von sich aus irgendeinen kostenwirksamen Änderungswunsch zu erfüllen. Wenn eine Änderung wirklich unabdinbar erforderlich sein sollte, so muß der Haushaltsausschuß eingeschaltet werden, der dann die Kostenfrage stellt und beurteilt, ob in diesem Fall ausnahmsweise der Änderungswunsch vertretbar ist. IV. Gestatten Sie mir, einen weiteren Gedanken zur Geldverschwendung im öffentlichen Sektor vorzutragen. Jede Verwaltung ist dadurch charakterisiert, daß sie dazu neigt, mehr Geld als notwendig auszugeben. Ich will das begründen: Jeder Mensch strebt danach, seinen persönlichen Nutzen zu maximieren. Jeder Mensch will soviel Ansehen wie möglich erlangen. In der privaten Wirtschaft besteht die Nutzenmaximierung darin, daß ein Unternehmen soviel Umsatz und vor allem soviel Gewinn wie möglich erzielt. Wer viel Gewinn erzielt, genießt das beste Ansehen, hat die besten Chancen, im Wettbewerbskampf zu überleben. Dem Bereich der Privatwirtschaft ist es daher wesensimmanent, soviel wie möglich einzusparen, so effektiv wie möglich zu arbeiten, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Wem das nicht gelingt, der muß aus dem Wettbewerbskampf ausscheiden. Die Bediensteten des öffentlichen Bereichs streben ebenfalls nach privater Nutzenmaximierung. Auch sie wollen so angesehen wie möglich sein mit Hilfe anderer Leute Geld, der Steuergroschen der Bürger. Nur die Kriterien sind andere. Angesehen ist, wer einen großen Aufgabenbereich hat, wer über viele Mitarbeiter verfügt. Also besteht wesensimmanent die Gefahr, den eigenen Bereich zu vergrößern. Man fordert Mitarbeiter an, die man gar nicht benötigt, nur um angesehen zu sein. All dies führt zu erheblichen zusätzlichen Kosten. Dem öffentlichen Sektor ist es daher wesensimmanent, mehr Geld auszugeben als notwendig. Wir müssen runter vom System der immanenten Geldverschwendung. Ich will das an weiteren Beispielen erläutern: 1. Dezemberfieber. Sie alle wissen: Je mehr man in diesem Jahr an Geld ausgibt, um so mehr bekommt man in nächsten Jahr. Dieser Mechanismus verursacht das sogenannte Dezemberfieber: Anschaffung von Gegenständen, die eigentlich nicht unbedingt benötigt werden. 2. Staatliche Subventionszahlungen mit automatischem Verlustausgleich. Jedes Wirtschaftssubjekt arbeitet unter der Prämisse der „privaten Nutzenmaximierung" . Bei Unternehmen, deren Verluste durch staatliche Zuschüsse ausgeglichen werden, ist die Gewinnerzielung nicht mehr primäres Unternehmensziel. Die private Nutzenmaximierung besteht hier in der Regel darin, den Umfang der staatlichen Zuschüsse zu maximieren! Und das ist sehr bedenklich! Das führt dazu, daß wir in vielen Fällen unnötige Auszahlungen in Milliardenhöhe leisten. 3. Besoldungsmäßige Eingruppierung nach der Anzahl der Mitarbeiter. In weiten Bereichen der Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 14353* öffentlichen Verwaltung hängt die Eingruppierung des Dienstpostens eines Vorgesetzten davon ab, wie viele Mitarbeiter er hat. Folglich wird der betreffende Vorgesetzte in erster Linie darauf achten, weitere Mitarbeiter zu bekommen, um selbst besoldungsmäßig zu steigen. Je breiter der Kegel an der Grundlinie, um so höher gerät der Bau der Pyramide. Ausgabensteigerung ist vorprogrammiert! 4. Die institutionalisierten Mangel kosten sehr viel Geld. Diese Mängel kann der Rechnungsprüfungsausschuß nicht von sich aus beseitigen. Der Ausschuß kann immer nur einschreiten, wenn Geld „rechtswidrig" verschwendet wird. Parlament und Regierung sollten gemeinsam versuchen, künftig die systemimmanenten Mängel zu beseitigen. V. In vielen Sitzungstagen und vielen Sitzungsstunden hat der Rechnungsprüfungsausschuß die Grundlagen für die Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses in der vorliegenden BT-Drucksache 12/5171 erarbeitet. Wenn hierauf die Entlastung nach einer kurzen Aussprache von einer Stunde erfolgen kann, so möchte ich doch bemerken, daß darin eine lange und intensive Arbeit steckt. Hervorheben möchte ich die gute Arbeitsatmosphäre in unsrem Ausschuß. Das liegt nicht nur an der persönlichen Wertschätzung, die wir untereinander haben. Dies beruht auch auf der gemeinsamen Einsicht, daß die Finanzkontrolle die Aufgabe des gesamten Parlamentes gegenüber der Regierung ist. Kollege Bohlsen, der Jahresberichterstatter des Rechnungsprüfungsausschusses, hat vorhin herausgestellt, wie detailiert wir prüfen. Das ist richtig, das kann ich nur bestätigen. Wenn wir gleichwohl über 90 % der Bemerkungen des Bundesrechnungshofs „zustimmend" zur Kenntnis genommen haben, so ist das ein überzeugender Beweis für die Qualität der Arbeit des Bundesrechnungshofs. Nachdrücklich möchte ich deshalb dem Präsidenten des Bundesrechnungshofs, der diesmal wohl das letzte Mal in seiner Eigenschaft als Präsident bei uns hier im Plenum ist, Herrn Dr. Zavelberg, ganz herzlich für die wertvolle Arbeit danken, die er im letzten Jahrzehnt für das Parlament geleistet hat. Ich darf betonen, daß Dr. Zavelberg ein Präsident ist, der seine Aufgaben nicht nur als Beruf ausgeübt hat. Jeder, der ihn kennt, weiß, daß bei ihm der Beruf gleichzeitig Hobby und Lebensaufgabe ist. Wir bedauern daher sehr, ihn in seiner Eigenschaft als Präsident zu verlieren. Zugleich bedanke ich mich nochmals ganz herzlich und wünsche ihm für die Zukunft alles Gute. Bedanken möchte ich mich auch bei den Mitarbeitern des Bundesrechnungshofs, die es uns ermöglicht haben, unsere Kontrollarbeit so effektiv auszuüben. In meinem Dank eingeschlossen sind die Mitarbeiter des Sekretariats, die den Ausschuß in unauffälliger, aber sehr effektiver Weise unterstützt haben. Im Namen aller Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses bitte auch ich darum, der Bundesregierung die Entlastung für das Haushaltsjahr 1990 zu erteilen, unter — wie wir im Ausschuß sagen — „zustimmender Kenntnisnahme" der Erläuterungen, die wir hier im Plenum vorgetragen haben. Thea Bock (SPD): Ein Thema läßt die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses schier verzweifeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen ich sage nur das Stichwort: Einsatz der Informationstechnik. Nachdem der Rechnungsprüfungsausschuß sich in den letzten Jahren immer wieder mit erheblichen Mängeln beim Einsatz der neuen Informationstechniken in den verschiedenen Bundesverwaltungen beschäftigen mußte und selbst nachdem eine „Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung" (KBSt) eingerichtet worden ist, die Abhilfe schaffen sollte, hat sich die Situation kaum verbessert. Ziel der Koordinierungsstelle soll sein, Koordinierungsaufgaben wahrzunehmen und darauf zu achten, daß die neuen Informationstechniken in der Bundesverwaltung optimal und wirtschaftlich eingesetzt werden. Der Haushaltsausschuß hat deshalb den Bundesrechnungshof gebeten, einen Bericht über die Koordination der KBSt zu erstellen. Der Bundesrechnungshof hat festgestellt: — daß bedeutende Bereiche der IT-Technik der KBSt entzogen sind — daß die Wirtschaftlichkeitsberechnungen in IT-Rahmenkonzepten überwiegend unzulänglich sind, — daß Sicherheitskonzepte und Risikoanalysen teilweise ganz fehlen, — daß keine ressortübergreifenden IT-Beschaffungen unter Federführung der KBSt durchgeführt werden. Bei den Beratungen wurde uns erzählt, daß der Bundesfinanzminister keinerlei Gelder bewillige, wenn die KBSt die entsprechenden Ausgaben nicht für sinnvoll angesehen hat. Auf diese Weise würden die knappen Finanzmittel nur für sinnvolle Aufgaben verwandt. Erst auf Nachfragen wurde zugegeben, daß das Verteidigungsministerium überhaupt nicht mit der KBSt zusammenarbeitet, daß das Verteidigungsministerium auch nicht bereit ist, seine IT-Rahmenkonzepte dem Bundesrechnungshof vorzulegen. Der Ausschuß hat kritisiert, daß noch nicht alle Ministerien die KBSt in Anspruch nehmen. Der Finanzminister wurde aufgefordert, Haushaltsmittel für IT-Technik nur noch dann bereitzustellen, wenn die KBSt den Einsatz der IT-Technik ausdrücklich befürwortet hat. Die Ministerien wurden aufgefordert, stärker als bisher zu einer gemeinsamen Beschaffung von IT-Technik überzugehen, um auf diese Weise Preisvorteile beim Einkauf zu erzielen. Wir erwarten, daß der Beschluß des RPA zu weiteren Verbesserungen führt. Wir fordern das Verteidigungsministerium auf, die Blockade aufzugeben und mit der KBSt zusammenzuarbeiten. Wie wichtig das ist, zeigt folgendes Beispiel, mit dem der RPA sich dieses Jahr beschäftigen mußte: Der Bundesrechnungshof hat bei einer Vielzahl von Einzelprüfungen im Bundesministerium der Verteidigung im Bereich der Informationsverarbeitung gravierende Sicherheitsmängel festgestellt. Auch nach 14354* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 der Einrichtung eines „Sonderbeauftragtren für IT-Sicherheit in Rechenzentren der Bundeswehr und Wehrtechnischen Rechenzentren" bestehen nach wie vor erhebliche Mängel im Sicherheitsbereich. Die theoretisch möglichen Gefahren dürfen sich keinesfalls realisieren. Auf den Katastrophenfall ist niemand vorbereitet. Im Laufe der Behandlung dieses Themas weist der Rechnungshof daraufhin, daß bei fast allen Bundesbehörden vergleichbar schwerwiegende Sicherheitsmängel bestehen. Der Verteidigungsminister ist vom Ausschuß aufgefordert worden, schnellstens die bestehenden Mängel zu beseitigen und über das Veranlaßte und dessen Ergebnis dem Ausschuß bis zum 1. September 1994 zu berichten. Wir halten es für außerordentlich wichtig, daß der Bundesrechnungshof in diesem Bereich sehr kritisch weiter prüft, denn die folgenden Beispiele zeigen, daß in Zusammenarbeit mit dem RPA Erfolge erzielt werden konnten: Der Bundesrechnungshof hatte beanstandet, daß die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung keinen Gesamtüberblick über die eingesetzten Datenverarbeitungsgeräte hatte. Planung und Koordinierung waren mit Mängeln behaftet, so daß unnötige Sach- und Personalkosten entstanden. Außerdem sei die Wartung der IT-Geräte nicht sachgerecht erfolgt. Ein Wartungskonzept habe gefehlt, die Wartungsverträge seien nicht hinreichend überwacht worden. Der Bundesminister hat die Beanstandung anerkannt. Abhilfemaßnahmen wurden eingeleitet. Der Bundesrechnungshof hatte darauf hingewiesen, daß die Bundesbahn bei der Beschaffung von Datenverarbeitungsgeräten häufig nicht überprüft, ob Miete oder Kauf wirtschaftlicher ist. In den untersuchten Fällen entstanden in der Vergangenheit vermeidbare Kosten in Höhe von 2 Millionen DM. Die Deutsche Bundesbahn hat die Feststellung anerkannt. Gemietete Geräte hat sie zum Zeitwert gekauft. Der Ausschuß hatte beanstandet, daß die Bundesdruckerei eine Datenverarbeitungsanlage ohne ausreichende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung betrieb. Er hatte die Bundesdruckerei verpflichtet, eine Personalneubemessung durchzuführen und das Datenverarbeitungsprojekt den Vorgaben des Ausschusses entsprechend umzugestalten. Die Bundesdruckerei ist den Auflagen nachgekommen. Dadurch können kurzfristig 187 Stellen eingespart werden. Der Ausschuß hatte beanstandet, daß die Bundesanstalt für Güterfernverkehr die Möglichkeiten der Datenverarbeitung nur unzureichend nutzt. Trotz vorhandener Anlagen hatte sie weiterhin mit hohem Personalbestand auf manueller Basis gearbeitet. Der Ausschuß hat die Anstalt verpflichtet, die Möglichkeiten der Datenverarbeitungsanlage zu nutzen und die daraus resultierenden Personaleinsparungen vorzunehmen. Die Bundesanstalt hat die Auflagen erfüllt. 250 Personalstellen können eingespart werden. Ich spreche dieses Thema ausdrücklich in dieser Debatte an, damit nicht nur auf Druck des Rechnungshofes und des Rechnungsprüfungsausschusses gehandelt wird, sondern die verschiedenen Bundesverwaltungen von sich aus die Wirtschaftlichkeit ihrer Informationstechnik überprüfen und die Koordinierungsstelle ihre Aufgaben intensiver wahrnimmt. Anlage 5 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 658. Sitzung am 18. Juni 1993 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: 1. Gesetz zu dem Abkommen vom 16. Dezember 1991 über eine Zusammenarbeit und eine Zollunion zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino 2. Gesetz zu dem Vertrag vom 9. April 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Argentinischen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen 3. Elftes Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes 4. Gesetz zur Aufhebung der Tarife im Güterverkehr (Tarifaufhebungsgesetz — TAufhG) 5. Gesetz zur Ausführung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen (Ausführungsgesetz Suchtstoffübereinkommen 1988) 6. Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (Vertragsgesetz Suchtstoffübereinkommen 1988) 7. Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft 8. Gesetz zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz — Rü-ErgG) 9. Sechzehntes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (16. BAföGÄndG) 10. Gesetz über technische Assistenten in der Medizin (MTA-Gesetz — MTAG) Zu den unter den Nummern 6 bis 10 genannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zu Nr. 6: Der Bundesrat verzichtet auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Vertragsgesetz Suchtstoffübereinkommen 1988. Er geht dabei davon aus, daß das Abkommen der ggf. notwendigen Weiterentwicklung der Einschränkung der Strafverfolgung des Anbaus, des Erwerbs und des Besitzes einer geringen Mengen Drogen zum Eigenverbrauch nicht entgegensteht. Nach Auffassung des Bundesrates bietet Artikel 3 Abs. 2 i. V. m. der von der Bundesregierung beabsichtigten Interpretationserklärung dafür ausreichenden Handlungsspielraum. Zu Nr. 7: Der Bundesrat stellt fest, daß die Bundesregierung in der EG die Fortführung des 3 %igen Mehrwertsteuerausgleichs von 1993 bis 1995 im Umfang von insgesamt 4,3 Mrd. DM durchgesetzt, im Bundeshaushalt jedoch nur Mittel in Höhe von ca. 2,8 Mrd. DM eingestellt bzw. eingeplant hat. Demzufolge ist den Ländern, ohne daß ihre Zustimmung vorlag, vom Bund ein Finanzierungsanteil von 1,5 Mrd. DM zugedacht worden. Die Länder haben jedoch bereits anläßlich der Mitfinanzierung des soziostrukturellen Einkommensausgleichs im Haushaltsjahr 1992 wiederholt und nachdrücklich darauf hingewiesen, daß sie sich an einer erneuten Finanzierung aus Landesmitteln ab 1993 nicht beteiligen werden. Deutscher Bundestag - 12 Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1993 14355* Der Bundesrat bekräftigt seine Auffassung, daß es sich beim währungsbedingten Einkommensausgleich um eine Bundesaufgabe handelt, die entsprechend den grundsätzlichen Regelungen der Finanzverfassung in vollem Umfang durch den Bund zu finanzieren ist. Im übrigen ist der Bundesrat der Auffassung, daß die EG-Agrarreform und der EG-Binnenmarkt eine Neuorientierung der Förderpolitik zwingend notwendig machen. Eine breit gestreute Förderung nach dem „Gießkannenprinzip" ist angesichts der finanziellen Not der öffentlichen Haushalte nicht mehr zu verantworten. Nach Auffassung des Bundesrates sollten der „Soziostrukturelle Einkommensausgleich" und die Anpassungshilfen letztmalig 1993 ausgezahlt werden. Die künftige Förderung muß sich (unter Berücksichtigung der sehr angespannten Haushaltslage) an folgenden Grundsätzen ausrichten: — Unterstützung und Stärkung einer Landwirtschaft, die sich an den Erfordernissen des Marktes und der Umwelt ausrichtet, — Umsetzung der flankierenden Maßnahmen, — Schaffung vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten der EG, — soziale Flankierung des Strukturwandels, — Weiterentwicklung und Förderung der ländlichen Räume und Dörfer. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, in diesem Sinne die Agrarstruktur- und Sozialpolitik weiter zu entwickeln und zur Finanzierung der Maßnahmen ab 1994 die im Bundeshaushalt eingestellten Mittel für eine nach diesen Grundsätzen ausgestattete Regelung zu verwenden. Zu Nr. 8: Der Bundesrat begrüßt die im Gesetz zur Ergänzung der Rentenüberleitung enthaltenen Maßnahmen zur Beschleunigung des Bearbeitungsverfahrens und zur Verbesserung bei den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen. Unabhängig davon weist der Bundesrat schon jetzt darauf hin, daß sich auf der Grundlage des Gutachtens, das die neuen Länder und Berlin zu diesem Gesetz in Auftrag gegeben haben, und den Schlußfolgerungen daraus weitere Änderungsvorschläge ergeben können. Die Rentenversicherungsträger haben bei der Umsetzung des § 307a Abs. 8 SGB VI im Verwaltungsverfahren zu gewährleisten, daß die Neufassung dieser Vorschrift für Rentnerinnen und Rentner nicht zu Problemen führt und auch in angemessener Zeit eine Überprüfung der Umwertungsbescheide auch von Amts wegen erfolgt. Sollte dies nicht gewährleistet werden können, behält sich der Bundesrat vor, dann auch die in der bisher geltenden Fassung des § 307 a Abs. 8 SGB VI vorgesehene Überprüfung der Renten von Amts wegen erneut einzufordern. Zu Nr. 9: Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Bericht, der dem Deutschen Bundestag rechtzeitig vor Auslaufen der Studienabschlußförderung im Herbst 1996 abzugeben ist, auch dem Bundesrat zuzuleiten. Zu Nr. 10: Die Verlängerung der MTA-Ausbildung wird — abgesehen von einer jedenfalls vorübergehenden Reduzierung der Ausbildungsplätze — für die Schulträger nicht unerhebliche Organisationsprobleme und Kostenmehrungen zur Folge haben. Der Bundesrat bittet deshalb das Bundesministerium für Gesundheit, beim Erlaß der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (§ 8 MTAG) besonders darauf zu achten, daß die praktische Ausbildung in vollziehbarer Weise gestaltet wird. Im übrigen bittet der Bundesrat, daß bei künftigen Gesetzgebungsvorhaben im Bereich der Heilberufe, welche Ausbildungsdauer und/oder -inhalte berühren, von vornherein bereits zusammen mit dem Gesetzentwurf der Entwurf der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung vorgelegt wird. Die Notwendigkeit hierfür hat sich gerade in letzter Zeit z. B. bei den Entwürfen zur Neuregelung des Rechts der Masseure und Krankengymnasten sowie der Diätassistenten gezeigt. Nur auf diese Weise ist den Ländern eine sachgerechte Beurteilung und Behandlung des jeweiligen Regelungsvorhabens möglich. Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 12/3774 Drucksache 12/4330 Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Drucksache 12/210 Nrn. 94, 96, 99, 102
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    Rede von Uta Titze-Stecher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Von wegen!
    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, die Luft ist aus der Debatte heraus. Ich frage mich, wie man es aushält, hier ohne Spannung einem solchen Bericht zuzuhören. Auf der anderen Seite muß ich in Richtung Zuschauertribüne darauf aufmerksam machen: Selbst die Gelder für den Somalia-Einsatz bedürfen der Bewilligung durch den Haushaltsausschuß, und nach dieser Bewilligung wird im Rechnungsprüfungsausschuß geschaut,

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sehr gut!)

    ob die Gelder auch zweckvoll verwendet worden sind. Das heißt, auch die Verwendung solcher Gelder unterliegt der Haushaltskontrolle.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Dem Zweck entsprechend! „Zweckvoll" haben wir nicht zu entscheiden!)

    Deswegen ist es nicht ganz unwichtig, das zu tun, was wir heute machen, nämlich die Wirtschafts- und Rechnungsführung des Bundes zu kontrollieren, zu begleiten und den Bund zu entlasten.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Deswegen sitzen jetzt auch 20 Leute hier, während vorhin 200 da waren!)

    Auf den Tag genau vor einem Jahr, liebe Kolleginnen und Kollegen, nämlich am 24. Juni 1992, haben Kolleginnen und Kollegen des Rechnungsprüfungsausschusses, der ein Unterausschuß des Haushaltsausschusses ist, zur Vorlage der Haushalts- und Vermögensrechnung des Bundes sowie zu den Bemerkungen des Bundesrechnungshofs zur Haushalts- und Wirtschaftsführung Stellung genommen, damals allerdings auf das Jahr 1989 bezogen. In Vorbereitung auf die heutige Debatte habe ich mir die Redebeiträge von damals zu Gemüte geführt, und siehe da, ich stelle fest, es sind akkurat die gleichen Probleme, die uns, das Parlament, aber auch den Bundesrechnungshof nach wie vor beschäftigen. Ich stelle sogar fest, Herr Kollege Bohlsen, daß Sie in Ihrer Rede schwerpunktmäßig auch das angesprochen haben, was mir Herzensangelegenheit ist. Das spricht für uns.
    *) Anlage 4
    Das bedeutet zweierlei: Erstens. Selbst wenn Probleme erkannt und benannt sind, ja, selbst wenn Lösungsvorschläge und Empfehlungen für eine effektivere Handhabung bei der Verwendung öffentlicher Gelder aufgezeigt worden sind, selbst wenn die so abstrakten Ziele wie Wirtschaftlichkeit der Verwaltung, Sparsamkeit und Effizienz in der Handhabung finanzieller Ressourcen für das Gemeinwohl in Handbüchern festgelegt und nachlesbar sind, bedeutet das noch lange nicht, daß auch entsprechend gehandelt würde, denn sonst wären unsere Arbeit und die Arbeit des Bundesrechnungshofs doppelt gemoppelt und schlicht umsonst. Eben deshalb lautet die erste Schlußfolgerung: Die begleitende und kontrollierende Arbeit des Rechnungsprüfungsausschusses auf der Grundlage der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Bundesrechnungshof — ein Blick auf die Tribüne zu Herrn Zavelberg — ist und bleibt ständige Aufgabe nach dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle aber immer noch besser".

    (Beifall im ganzen Hause)

    Schließlich kann wohl keiner von einer Verwaltung erwarten, daß sie ihre Ausgaben selbstkritisch prüft oder im Extremfall sogar in Frage stellt. Das müssen andere tun. Wie sagte der Rechnungsprüfungsausschußvorsitzende Karl Deres auf der Pressekonferenz am vergangenen Freitag auf die Frage eines Reporters, was denn diese Arbeit unter dem Strich bringe, so schön? „Seien Sie versichert, wir machen uns bezahlt. "
    Zweite Schlußfolgerung: Daß hier im Plenum wie im Rechnungsprüfungsausschuß selbst Jahr für Jahr ein Thema mit Variationen vorgetragen wird, liegt nicht nur an die Dickfälligkeit von Verwaltungen, sondern schlicht und einfach daran, daß die jährliche Beschäftigung mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes aus Anlaß der Entlastung der Bundesregierung für das jeweilige Haushaltsjahr nicht nur aus dem eben genannten Grund, nämlich der Haushaltskontrolle, notwendig ist. Nein, im Klartext kommt eines noch hinzu: Jedes Jahr hat das Parlament zu prüfen — deswegen eingangs die Bemerkung zu Somalia —, ob Mittel ausgegeben worden sind, die nicht bewilligt wurden — auch das kommt vor —, und ob Mittel, die bewilligt wurden, zweckwidrig verwendet wurden; auch dies kommt vor. Dies bietet Gelegenheit, Parlament und Öffentlichkeit gegenüber zu dokumentieren, daß wahrgenommene Kontrollrechte in dem einen oder anderen Fall auch positive Wirkungen hatten. Ohne diese positive Rückmeldung aber — Kollegin Bock und Kollege Wagner können wegen der verkürzten Debattenzeit genau solche Beispiele jetzt leider nicht vorführen — wäre die Arbeit sowohl für den Rechnungsprüfungsausschuß als auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bundesrechnungshofs schlicht frustrierend, denn im allgemeinen — auch das wurde vom Kollegen Bohlsen schon angesprochen — läuft die Kontrolle nachträglich ab.
    Dies ist ein, wie ich denke, struktureller Nachteil, der dazu führt, daß oftmals der eingetretene Schaden von uns zwar benannt und beziffert, aber nicht beseitigt werden kann. Sinn machte das Ganze eigentlich nur, wenn gewährleistet wäre, daß die Regierung auf Grund der festgestellten Fehler der Vergangenheit ihr



    Uta Titze-Stecher
    künftiges Vorgehen ändern würde. Um Mißverständnissen vorzubeugen — Zwischenrufe erwarte ich von den Kollegen hier nicht —: Ich beziehe mich hier strikt auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im Umgang mit öffentlichen Geldern und auf sonst nichts. Dies ist eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen. Da dem aber nicht so ist, achten Haushalts- und Rechnungsprüfungsausschuß im Sinne einer vorbeugenden Kontrolle in zunehmendem Ausmaß darauf, daß von der Regierung beabsichtigte unvernünftige Maßnahmen von vornherein unterbleiben.

    (Rudolf Purps [SPD]: Das ist bei dieser Regierung auch nötig, Frau Kollegin!)

    — Da würde ich keine Regierung ausnehmen, Kollege Purps.

    (Rudolf Purps [SPD]: Völlig richtig! — Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Das war die staatstragende Bemerkung. — Daher nimmt die Zahl der Fälle zu, in denen Haushaltsausschuß und Rechnungsprüfungsausschuß den Bundesrechnungshof mit der Prüfung von beabsichtigten Maßnahmen der Regierung beauftragen, denn es ist immer noch leichter — das wissen wir aus dem konkreten Leben —, Geldausgaben zu vermeiden, als verschwendete Gelder über Regreßforderungen wiederzugewinnen, wie wir aus leidvoller Erfahrung mit dieser Thematik wissen.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Sehr richtig!) — Freut mich, Herr Kollege Thiele.

    Ich denke, daß eines deutlich geworden ist: Der Rechnungsprüfungsausschuß kann ohne die vermittelnde Tätigkeit des Bundesrechnungshofs, ob nun in die Vergangenheit oder in die Zukunft hinein gesehen, seine Kontrollaufgabe schlechterdings nicht erfüllen. Deshalb an dieser Stelle erstens ein ausdrückliches Wort des Dankes an den Bundesrechnungshof für seine Arbeit und zweitens eine klare Aussage zur Rolle des Bundesrechnungshofs aus unserer, aus parlamentarischer Sicht. Wir — ich denke, ich darf die Kolleginnen und Kollegen hier mit einbeziehen —, die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses, sind nur so gut, wie der Bundesrechnungshof gut ist, d. h. unabhängig und in ausreichender personeller Besetzung arbeiten kann. Wenn also laut Aussage des Präsidenten des Bundesrechnungshofs — gestern abend —

    (Karl Deres [CDU/CSU]: Ein schöner Abend!)

    — richtig! — von 104 Stellen im höheren Dienst lediglich 69 besetzt sind, d. h. 35 Stellen unbesetzt sind, dann müssen wir als Parlamentarier an der Beseitigung dieses unerquicklichen Zustands höchst interessiert sein, uns aber auch fragen, wie es zu dieser Situation kommen konnte.
    Vielleicht passend aus parlamentarischer Sicht einen Rat an den Bundesrechnungshof im Zusammenhang mit dem Stichwort Personalgewinnung, Gewinnung von qualifizierten Kräften für diese Arbeit: Um der Klage in diesem Bereich abzuhelfen, sollte man sich seitens des Bundesrechnungshofs vielleicht überlegen, selbst für Nachwuchs zu sorgen und ihn durch Ausbildung heranzuziehen, wie das
    beispielsweise beim Nachbarn Frankreich bereits gemacht wird.

    (Wilfried Bohlsen [CDU/CSU]: Sehr gute Idee!)

    Auf den Punkt, daß die Prüfung da anders organisiert ist, gehe ich hier nicht ein.
    Zwei Themen möchte ich noch ansprechen, die bereits bei der Debatte vor einem Jahr eine sehr große Rolle vor allem in der Rede des Jahresberichterstatters Thiele gespielt haben. Diese Themen möchte ich speziell ansprechen, weil sie den Rechnungsprüfungsausschuß nicht nur im vergangenen Jahr begleitet haben, sondern mit Sicherheit auch in den nächsten Jahren beschäftigen werden. Es ist dies einmal der Aufbau der Finanzverwaltung in den neuen Ländern, und zum anderen sind es die Folgen der zunehmenden Privatisierung von Bundesunternehmen bzw. die Tendenz, die Sie, Herr Kollege Bohlsen, auch schon mit Vorschlägen versehen, beschrieben haben, öffentliche Aufgaben durch privatrechtlich organisierte Gesellschaften erbringen zu lassen, und die Folgen dieser Handhabung.
    Sowohl im Haushaltsausschuß als auch im Rechnungsprüfungsausschuß wurde nicht verkannt, daß die Probleme in den Bereichen Finanz- und Steuerverwaltung in den neuen Bundesländern zunächst auf das Konto anlaufbedingter Schwierigkeiten gehen. Inzwischen aber hat, wie wir alle wissen, Verwaltungshilfe stattgefunden, wenn auch nach Meinung der SPD nicht in ausreichendem Maße. Beweis: Es gäbe ja sonst weniger Defizite. Nun stellt sich heraus, daß unsere vor einem Jahr geäußerten Befürchtungen Wahrheit geworden sind, erstaunlicherweise aber in unterschiedlichem Ausmaß, betrachtet man die einzelnen Bundesländer. Namen möchte ich hier nicht nennen; Sie warten vergeblich darauf. Das Ganze decken wir einmal mit dem Mantel der Nächstenliebe zu, bis der Hammer der Rechnungsprüfung die Länder erwischen wird.
    Solange dieser Zustand anhält, solange also die Steuerverwaltungen in diesen Ländern nicht ordnungsgemäß funktionieren,

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Meinen Sie das Saarland?)

    — nein, nein, ich schaue nach Osten, Herr Kollege, im Saarland sind die Probleme inzwischen geprüft, kontrolliert, und es liegen Lösungsvorschläge auf dem Tisch, wie Sie wissen —, wird die Bereitschaft zur Gewährung neuer Gelder vom Bund an die neuen Länder auch unter diesem Gesichtspunkt kritisch unter die Lupe zu nehmen sein.

    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Richtig!)

    — Das freut mich. Denn in diesem Falle müssen wir wirklich schauen, wo Staatsgelder hingehen und wie sie verwendet werden.
    Zum zweiten Dauerthema: In letzter Zeit häufen sich Fälle, in denen privatrechtlich organisierte Gesellschaften Zuschüsse in Millionenhöhe erhielten und diese unsachgemäß verwendeten. — Ich weiß, Herr Präsident; ich sehe die rote Lampe leuchten. — Beispiele sind die GFBA, bahnabhängige Gesellschaften und Großforschungseinrichtungen.



    Uta Titze-Stecher
    Ich komme zum Schluß, weil dieses Gebiet ja von Ihnen, Herr Bohlsen, bereits angesprochen wurde. Ich denke, daß diese Situation, nämlich öffentliche Aufgaben privatrechtlich zu organisieren und dann die entstehenden Verluste zu sozialisieren, d. h. durch den Bund ausgleichen zu lassen, nicht mehr hingenommen werden kann und daß wir in Zukunft darauf achten müssen — da hoffe ich auf die Unterstützung aller Kollegen in diesem Haus; Sie haben sie ja bereits angekündigt —, daß der Umfang der künftigen Haushaltskontrollbefugnis durch das Parlament vertraglich in all den Bereichen abgesichert wird, in denen auch nur eine einzige müde Mark an öffentlichen Geldern beansprucht wird.
    Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P. — Rudolf Purps [SPD]: Hervorragend, Frau Kollegin!)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, als letzter Redner zu Tagesordnungspunkt 13 erhält nunmehr unser Kollege Carl-Ludwig Thiele das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Carl-Ludwig Thiele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die verbundene Debatte über die Jahresrechnung 1990 sowie über die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes findet nicht die öffentliche Resonanz, die dieses Thema eigentlich verdient hätte.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Da haben Sie wohl recht!)

    Gleichwohl möchte ich an dieser Stelle dem Bundesrechnungshof, insbesondere Ihnen, Herr Präsident Zavelberg, aber auch Karl Deres als Vorsitzendem des Rechungsprüfungsausschusses herzlich danken.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)

    Das Jahr 1990, über welches wir uns hier unterhalten, war das Jahr der deutschen Einheit. Dies hat auch haushaltsmäßige Auswirkungen, deren teilweise bittere Realität uns erst langsam bewußt und inzwischen immer klarer geworden ist, aber in den Auswirkungen bis zum heutigen Tage noch immer nicht richtig verarbeitet wurde. Inzwischen spüren wir allerdings viel deutlicher, welche Erblast uns der real existierende Sozialismus tatsächlich beschert hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wahr!)

    Da wir hier über den Haushalt sprechen, möchte ich auf die zukünftige Haushaltslage des Bundes eingehen. Der Bundeshaushalt beträgt derzeit etwa 460 Milliarden DM. Hiervon entfallen allein 120 Milliarden DM, d. h. 26 % des Gesamtetats auf das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, auf den Etat von Norbert Blüm. Dies ist eine gigantische Zahl. Sie beträgt das Zweieinhalbfache des Verteidigungsetats.
    Der nächstgroße Ausgabenposten des Bundes ist der Zinsdienst, für den 1993 60 Milliarden DM eingestellt sind. Bei einer geplanten Nettoneuverschuldung von 70 Milliarden DM pro Jahr und einem Zinssatz von 8 % erhöht sich der Zinsdienst des Bundes durch die Neuverschuldung um gut 11 Milliarden DM Zinsen pro Jahr. Das bedeutet, daß wir allein aus diesem Grund im Etat 1995 durch die dann in den Haushalt eingestellte Neuverschuldung 1993/94 70 Milliarden DM Zinsen pro Jahr zu zahlen haben.
    Im Jahre 1995 werden dann die Schulden aus der Konkursmasse des SED-Regimes in Höhe von etwa 500 Milliarden DM in den Haushalt eingestellt, was weitere 40 Milliarden DM kosten wird.

    (Zuruf von der SPD: Das habt ihr selbst verschuldet!)

    — Die deutsche Einheit haben wir nicht verschuldet. Über die deutsche Einheit sind wir glücklich; andere hatten eine andere Auffassung.
    Der Anteil des Zinsdienstes am Gesamthaushalt beträgt dann 110 Milliarden DM, fast ein weiteres Viertel des Gesamtetats.
    Wir müssen also feststellen, daß 1995 — bei unterstellten ähnlichen Rahmenbedingungen des Haushaltes wie zur Zeit — ca. 50 % des Etats durch das Ministerium für Arbeit und Soziales sowie durch den Zinsdienst gebunden sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir kommen dadurch in die Situation, daß die politische Gestaltungsfähigkeit innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nicht nur gegen null geht, sondern ins Minus geht.
    Wir müssen erkennen, daß der Staat und die Staatsquote in einem Ausmaß wachsen, das nur noch Angst und Sorge verbreitet.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wer regiert denn eigentlich? — Gegenruf des Abg. Joachim Hörster [CDU/CSU]: Die Regierung!)

    Der Haushalt der Bundesrepublik Deutschland steigt nach dem bisherigen Stand —leider, muß ich sagen — um 7,3 %. Der Staat entwickelt sich zum Inflationstreiber Nummer eins in diesem Land. Zeitgleich steigt die Belastung für unsere Bürger immer stärker. Die Belastbarkeit der Bürger ist aber nicht unbegrenzt.

    (Zuruf von der SPD: Ein Lob nach dem anderen für diese Regierung!)

    Wir müssen aufpassen, daß sich Leistung in unserem Staate noch lohnt und daß nicht die Leistenden in einer Form zur Kasse gebeten werden, die jeden Anreiz zu mehr Leistung erstickt.
    Wir als Parlament haben die Pflicht — das sage ich gerade als Koalitionsabgeordneter —, auf notwendige Veränderungen zu drängen und diese auch herbeizuführen. Noch schöner wäre es allerdings, wenn die Regierung mit klaren Richtlinien und eindeutigen Handlungen vorangehen würde.

    (Rudolf Purps [SPD]: Das ist wahr!)

    Nicht alles vermeintlich Unpopuläre ist auch wirklich unpopulär. Daß bei Sparaktionen die Betroffenen aufschreien und sich dagegen zur Wehr setzen, ist normal. Die Politik versagt aber, wenn sie sich der Summe von Einzelinteressen beugt und dadurch das Gesamtinteresse aus den Augen verliert. Dies setzt aber z. B. voraus, daß der Finanzminister bei Vorlagen der Ministerien für den Haushaltsausschuß nicht nur als reine Durchreichungsbehörde agiert, sondern end-



    Carl-Ludwig Thiele
    lich eine selbständige und an den Notwendigkeiten des Haushalts orientierte Vorprüfung vornimmt.
    Hinzu kommt teilweise noch, daß die Öffentlichkeit und die Abgeordneten mit populistischen Vorschlägen einzelner bekannter Politiker befaßt werden, z. B. die Zahl der Bundestagsabgeordneten auf 500 zu reduzieren.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sehr gut!)

    Ich halte solche Überlegungen für ausgemachten Unfug. Vor der deutschen Einheit wurde die Zahl von 518 Abgeordneten zu 60 Millionen Einwohnern, d. h. 115 000 Einwohner pro Abgeordneten, nie in Frage gestellt. Nachdem sich die Bevölkerung durch die deutsche Einheit um knapp ein Drittel vergrößerte, wurde auch die Zahl der Abgeordneten um knapp ein Drittel erhöht.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Dann müßten die Amerikaner ja ein Riesenparlament haben!)

    — Nun hören Sie doch erst einmal zu!
    Nunmehr, in einer Zeit, in der über Bürgerferne der Politiker und Staatsferne der Bürger geklagt wird, soll das Verhältnis um ein gutes Drittel verschlechtert, nämlich auf 160 000 Einwohner pro Abgeordneten gesenkt werden. Dies ist in meinen Augen grober Unfug.

    (Uwe Lühr [F.D.P.]: Sehr richtig!)

    Zudem müßten für die Durchsetzung eines solchen Vorhabens sämtliche Wahlkreise neu geschnitten werden. Da insbesondere die beiden großen Parteien in jedem Wahlkreis eigene Interessen haben, die nicht ohne weiteres unter einen Hut zu bringen sind, und da das Neuschneiden von Wahlkreisen von den direkt gewählten Abgeordneten, die immerhin die Hälfte dieses Hauses darstellen, abgelehnt werden dürfte, ist dies eine reine Beschäftigungsmaßnahme, die außer Schlagzeilen nicht viel bringt.
    Man muß sich fragen — auch ich frage mich dies —: Warum kommen solche Vorschläge von Abgeordneten, die in ihren hohen Funktionen — auch in Gesamtverantwortung für den Haushalt — eigentlich wichtigere und finanziell bedeutsamere Aufgaben zu erfüllen haben?